Crossing the Borders Reisen in der Antike

Crossing the Borders – Reisen in der Antike Odysseus und seine Gefährten (Bardo Nationalmuseum) Reader zur Fachschaftstagung Altertumswissenschaften...
Author: Teresa Adenauer
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Crossing the Borders – Reisen in der Antike

Odysseus und seine Gefährten (Bardo Nationalmuseum)

Reader zur Fachschaftstagung Altertumswissenschaften Cusanuswerk Bad Neuenahr-Ahrweiler, 22.-25.10.2015 Organisiert von: Dr. Rebekka Schirner, Janja Soldo, David Weidgenannt

PROGRAMM Donnerstag, 22.10. bis 18:00 18:30 19:30 „Ankunftsvortrag“ 20:15 Freitag, 23.10. 07:30 – 09:00

Anreise der TeilnehmerInnen Abendessen Eröffnung/Kurzvortrag Dr. Maximilian Benz Gibt es antike Reiseliteratur? Frühstück

Panel: Reisekultur und Mobilität 09:00 Dr. Heidi Köpp-Junk Sie haben Ihr Ziel erreicht – unterwegs im Alten Ägypten 09:45 Prof. Helmut Krasser Vom Aetna zu den Wundern Ägyptens. mirabilia und die Kultur des Reisens 10:30 Dr. des. Christian Fron Mobilität als Indikator für die Dimension eines Kulturraumes. Das Beispiel der Zweiten Sophistik 12:00

Mittagspause

Panel: Reisen in römischer Zeit 14:00 Dr. Camilla Campedelli Die Verwaltung römischer Straßen in Italien 14:45 Dr. Anna Kieburg Römische Herbergen in urbanem Kontext 16:00

Kaffeepause

Panel: Reisen zur See 16:30 Dr. Michael Kleu Stürmen, Riffen und Piraten zum Trotz – Reisen zur See in der griechischrömischen Antike 17:30

Pause

18:00 Im Anschluss

Abendessen Weinprobe

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Samstag, 24.10. 07:30 – 09:00

Frühstück

Panel: Reisen in der und an die Peripherie 09:00 Prof. Dennis Pausch Der Blick von oben auf den orbis terrarum. Flugreisen als literarische Technik in Ovids Metamorphosen 09:45 Gunnar Olbrich Die Reisen des Augustus in den Provinzen im Spiegel der archäologischen Denkmäler 10:30 Dr. Maximilian Benz Henoch, Petrus und Paulus im Jenseits. Reiseliteratur und ‚spectaculum‘ 12:00

Mittagspause

13:00

Exkursion: Archäologische Führung durch Köln

ab 18:00

Abend zur freien Verfügung

Sonntag, 25.10. 07:30 – 09:00

Frühstück

Panel: Reisen und Geographie 09:00 Prof. Michael Rathmann Alle Wege führen nach Rom – Reisen mit Hilfe von Karten und Itinerarien 09:45 Prof. Klaus Geus Historia periodike: Die "Reiseberichterstattung" in der Geographie des Ptolemaios 11:00 Danach

Abschlussdiskussion/ggf. Wahl der neuen Fachschaftsleitung etc. Abreise der TeilnehmerInnen

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ABSTRACTS Donnerstag, 22.10. „Ankunftsvortrag“ Dr. Maximilian Benz (Zürich) Gibt es antike Reiseliteratur? Im Vortrag wird grundsätzlich auf das Problem eingegangen, inwiefern man aus den unterschiedlichen vielfältigen Erzählungen, die alle (von der Odyssee angefangen) von Reisen handeln, ein distinktes Corpus genuiner Reiseliteratur gewinnen kann. Nach einigen systematischen Überlegungen zu den Konstituenten der Darstellung von Reiseliteratur und den Spannungsfeldern von Pragmatik und Literarizität sowie Authentizität und Fiktionalität wird anhand prägnanter Beispiele ein Überblick über die unterschiedlichen Subgattungen der Reiseliteratur (Periplus, Periegesis, Itinerar, genuines Gedicht, Bericht) gegeben. Freitag, 23.10. Panel: Reisekultur und Mobilität Dr. Heidi Köpp-Junk (Trier) Sie haben Ihr Ziel erreicht – unterwegs im Alten Ägypten Der Vortrag behandelt das Reisen im Alten Ägypten - ein Phänomen, das in der ägyptologischen Fachliteratur bisher nicht eingehender berücksichtigt wurde. Dabei stellt gerade ein leistungsfähiges Verkehrs- und Transportwesen für jede Form staatlicher Organisation, die eine gewisse Mindestgröße und Komplexität überschreitet, eine unabdingbare Notwendigkeit dar. Wie sah es damit im Alten Ägypten aus? Wer begab sich auf Reisen, wie reiste Pharao, wie reisten die einfachen Menschen? Welche Gefahren drohten unterwegs? Reiste man aus ökonomischen Gründen oder zum Vergnügen? Im Zusammenhang damit werden die Fortbewegungs- und Transportmittel vorgestellt, die zum Reisen genutzt wurden. Bereits im Alten Reich existierte ein umfangreiches Verkehrssystem, bestehend aus Wasser- und Landwegen sowie zahlreichen Fortbewegungs- und Transportmöglichkeiten, das sich bis ins Neue Reich kaum noch veränderte. Konstante Faktoren waren die Fußreise, der Transport durch den Menschen, die Nutzung des Rindes als Zugtier und des Esels als Pack- und Reittier sowie der Schlittentransport. Zusätzliche Faktoren kamen später hinzu und erweiterten das System: Wagen und Pferd in der 13. Dynastie, der Streitwagen in der 17. Dynastie und Karren im Neuen Reich. Sie ergänzten das System, ohne andere, bereits bestehende Elemente zu verdrängen. Dennoch wurden anderweitig übliche Verkehrsmittel nicht oder sehr viel später genutzt – warum? Literatur Köpp-Junk, H.: Reisen im Alten Ägypten. Reisekultur, Fortbewegungs- und Transportmittel in pharaonischer Zeit. Göttinger Orientforschungen (GOF) IV. Reihe: Ägypten 55, Verlag Harrassowitz, Wiesbaden. dies.: Mobilität, Tod und Jenseits. In: Grewenig, M. M. (Hrsg.): Götter. Menschen. Pharaonen. Meisterwerke aus dem Museum Egizio Turin. Ausstellungskatalog Völklinger Hütte, Heidelberg 2014, 31-33. dies.: Sledges in religious contexts in Ancient Egypt. Material Religion 10.1 (3/2014), 122-124.

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dies.: Chariots as a mode of locomotion in civil context. In: A. J. Veldmeijer/S. Ikram (Hrsg.): Chasing Chariots. Proceedings of the first international chariot conference (Cairo 2012). Leiden 2013, 131-142. dies.: Travel. In: E. Frood/W. Wendrich (eds.), UCLA Encyclopedia of Egyptology, Los Angeles, 2013, 1-20. http:// digital2.library.ucla.edu/viewItem.do?ark=21198/zz002gvznf Köpp, H.: Desert travel and transport in ancient Egypt. An overview based on epigraphic, pictoral and archaeological evidence. In: H. Riemer/F. Förster (Hrsg.): Desert Road Archaeology in Ancient Egypt and beyond. Africa Praehistorica 26, Heinrich-Barth-Institut, Köln 2013, 107133. dies.: Reisen in prädynastischer Zeit und Frühzeit. In: E. Engel/U. Hartung/V. Müller (Hrsg.): Zeichen aus dem Sand. Festschrift Günter Dreyer. Menes 5, Wiesbaden 2008, 401-412. dies.: Weibliche Mobilität: Frauen in Sänften und auf Streitwagen. In: C. Peust (Hrsg.): Miscellanea in honorem Wolfhart Westendorf. Beihefte Göttinger Miszellen, Göttingen 2008, 3444. Prof. Helmut Krasser (Gießen) Vom Aetna zu den Wundern Ägyptens. mirabilia und die Kultur des Reisens Die Verbindung des Staunenswerten, Wundersamen und Mirakulösen mit der Praxis des Reisens wird in der lateinischen Literatur der Kaiserzeit in vielfältiger Weise reflektiert und als durchaus zentrale Motivation des antiken „Tourismus“ thematisiert. Ein vorzüglicher Ausgangspunkt für die Beobachtung dieses Zusammenhangs ist das pseudovergilische Lehrgedicht auf den Vulkan Aetna, in dem als wesentliche Motivation des Reisens die Erkundung des Erstaunlichen thematisiert wird. Dabei werden die miracula naturae auf die Folie anderer Reiseziele projiziert, die ihre Attraktivität entweder aus mythischen, historischen oder künstlerischen Wunderdingen beziehen. Dieser im Aetna-Gedicht vorgestellte Zusammenhang soll in einer kleinen Tour d’horizon anhand weiterer Beispiele aus unterschiedlichen literarischen Gattungen und situativen Kontexten ausgeleuchtet werden. Dabei soll nicht zuletzt die Verbindung von Reise und Reiseliteratur herausgearbeitet werden. Ein zweiter Teil wird sich dann vor diesem Horizont mit einem poetischen Kompendium des Reisens beschäftigen. Es handelt sich dabei um das von dem neapolitanischen Gelegenheitsdichter und Epiker Statius verfasste Abschiedsgedicht an Maecius Celer, der sich im Rahmen seiner militärischen Ausbildung nach Syrien begibt. In dem poetisch imaginierten Reiseverlauf, der vom Aufbruch mit einem der riesigen ägyptischen Getreideschiffe bis zur künftigen triumphalen Rückkehr des Adressaten reicht, werden nahezu alle mit dem Reisen verbundenen Assoziationshorizonte thematisiert. Dies reicht von den in mythologischer Einkleidung präsentierten präsumptiven Gefahren des Reisens über technische Aspekte der Seefahrt bis hin zur Ausmalung exotischer Ferne, die sich v.a. in einer mit einem Gebet an Isis verbundenen imaginären Tour durch Ägypten manifestiert. Gerade dieser Text, der mit der militärischen Mission des Adressaten in einen eigentlich denkbar nüchternen Kontext gehört, unterstreicht noch einmal, in welch vielfältiger Weise das Wundersame selbstverständlicher Bestandteil des kaiserzeitlichen Imaginaires ist und nicht zuletzt auch mit einer imperialen Selbstauslegung in Verbindung steht. These: Das mirabile ist jenseits touristischer curiositas Teil der Diskursfelder Bildung und Imperium. Literatur BEAGON, M., Roman Nature. The Thought of Pliny the Elder, Oxford 1992, bes. 26-54 CAREY, S., Pliny’s Catalogue of Culture. Art and Empire in the natural History, Oxford 2003, bes. 75-137

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MADERNA, C., Ägypten – phantastische römische Welt, in: H. Beck / P.C. Bol / M. Bückling (Hgg.), Ägypten Griechenland Rom. Abwehr und Berührung, Ausstellungskatalog Frankfurt 2005, 433-445 Dr. des. Christian Fron (Stuttgart) Mobilität als Indikator für die Dimension eines Kulturraumes. Das Beispiel der Zweiten Sophistik Die Erforschung der Kultur der Zweiten Sophistik besitzt derzeit ein gesteigertes Forschungsinteresse. Auch hinsichtlich des Reisens bietet das Forschungsfeld der Zweiten Sophistik wertvolle Einblicke in die kaiserzeitliche Mobilität. Dass dank der langen Phase des inneren Friedens in der Kaiserzeit eine für die Antike bislang unbekannt hohe Mobilität ermöglicht wurde, ist allgemein anerkannt. Eine Gruppe, die durch ihre vielfältigen Reisen besonders auffällt, waren die griechischen Gelehrten sowie ihre Schüler. Beide Gruppen gehörten zu weiten Teilen der damaligen regionalen, provinziellen und Reichsaristokratie des Imperium Romanum an und verfügten damit über die für ausgedehnte Reisen notwendigen finanziellen Mittel. Über die eigenen und fremden Reiseunternehmungen sowie über die ihnen jeweils zugrundeliegenden Motive geben insbesondere die Gelehrten selbst innerhalb des reichhaltigen und vielfältigen Quellenmaterials aus dieser Zeit zahlreiche Auskünfte. Weitere Belege für die kaiserzeitliche Gelehrten- sowie Schülermobilität bieten epigraphische Zeugnisse. Im Rahmen dieses Vortrages soll unter Hinzuziehung des zeitgenössischen Quellenmaterials unter anderem folgenden Fragen nachgegangen werden: Welche konstituierende Wirkung hatte die Gelehrtenmobilität auf den Kulturraum der Zweiten Sophistik? Welche Bildungsstätten innerhalb der Kultur der Zweiten Sophistik hatten eine besondere Anziehungskraft auf Schüler sowie Gelehrte, und wieso? Woher kamen die Schüler, woher kamen die Lehrer, die an einem Bildungsort wirkten? Welche Lücken und welche Ballungszentren ergeben sich hierbei, und wieso? Panel: Reisen in römischer Zeit Dr. Camilla Campedelli (Bonn) Die Verwaltung römischer Straßen in Italien Wie heutzutage, so auch in der römischen Zeit, ist ein gut organisiertes und gepflegtes Straßensystem die Voraussetzung jeder Reise, die kein Abenteuer sein soll. Schon im IV. Jh. v. Chr. bauten die Römer Straßen, die zuerst für das Militär, danach für das Leben der ersten Kolonien notwendig waren. In der Vita des C. Gracchus bewundert Plutarch die Schönheit und den geraden Verlauf der Straßen, an denen Säulen – also Meilensteine – in regelmässigen Abständen aufgestellt wurden. Im Jahr 27 v. Chr. schuf Augustus die cura viarum, damit das Straßensystem in Italien unter der Aufsicht von Senatoren sei, die für das Funktionieren der aus Rom ausgehenden Straßen, wie die via Appia oder die via Flaminia, zuständig waren. Selbst die Administration der innerstädtischen Straßen Roms wurde seit dem I. Jh. v. Chr. durch ein Gesetz (Tabula Heracleensis) organisiert. Außerdem zählte Italien seit dem Bundesgenossenkrieg des Jahres 90/89 v.Chr. mehr als 450 Selbstverwaltungeinheiten, die aus den unterschiedlichsten Gründen gegenseitigen Kontakt benötigten. Die Konsequenz war, dass auch die immer noch freien Gemeinden dafür sorgen mussten, dass der Verkehr nicht nur innerhalb der eigenen Siedlung, sondern auch über das eigene Territorium hinaus mit anderen Gemeinden gewährleistet wurde.

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Dr. Anna Kieburg (RGZM Mainz) Römische Herbergen in urbanem Kontext Städte dienten als Knotenpunkte auf den antiken Reise- und Handelsrouten. Nicht zuletzt deswegen ist die Existenz von Herbergen – sogenannten hospitia – in römischen Städten gut überliefert durch die antike Literatur, durch die Geschichten von Händlern und Reisenden, die von ihren Fahrten berichteten. Die Gebäude allerdings im archäologischen Befund zu identifizieren, ist weitaus komplizierter. Diese Schwierigkeiten mögen der Grund sein, warum die Strukturen der Herbergen weitgehend übergangen wurden, obwohl die Forschung zu Häusern in römischen Städten boomt. Als Beispiele in diesem Vortrag dienen die potenziellen hospitia in Pompeji und Ostia. Sie zeigen deutlich die architektonische Komplexität der Herbergen. Tatsächlich wurden nur zwei von ihnen durch Inschriften als Herberge identifiziert. In einem anderen Gebäude waren es die Graffiti von Reisenden aus fernen Gegenden, die zur Identifikation als Herberge führten. Die anderen als Herbergen benannten Gebäude verdanken ihre Betitelung einer oft nur schwer nachvollziehbaren oder aber willkürlichen Einordnung früherer Ausgräber. Archäologisch betrachtet ermöglicht es eine erneute Untersuchung dieser Strukturen zusammen mit Vergleichen aus anderen Regionen des Römischen Reiches, weitere nützliche Identifikationskriterien zu erstellen und die vermutete Multifunktionalität dieser Gebäude zu unterstreichen. Kulturhistorisch lassen sich Fragen nach dem Angebot und zu den Besuchern der Herbergen beantworten. Literatur L. Casson,Travel in the Ancient World (London 1974) A. Kieburg, Römische Gastronomiebetriebe in Pompeji, Herkulaneum und Ostia (e-Publikation an der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg 2014) T. Kleberg, Hotels, Restaurants et Cabarets dans l'Antiquité Romaine (Uppsala 1957) Panel: Reisen zur See Dr. Michael Kleu (Köln) Stürmen, Riffen und Piraten zum Trotz – Reisen zur See in der griechisch-römischen Antike Obwohl Reisen zur See in der griechisch-römischen Antike mit großen Gefahren verbunden waren, erfreuten sie sich durchgängig einer gewissen Beliebtheit, da das Meer allen Strapazen zum Trotz ein schnelleres und nicht zuletzt auch bequemeres Vorankommen ermöglichte als Routen über das Land. Es waren primär geschäftliche oder dienstliche Angelegenheiten, die in der Antike zu Seereisen führten, doch sind als Anlässe auch Tourismus, Wallfahrten, Entdeckungs- und Studienreisen vielfach bezeugt. Der Vortrag soll zunächst die genannten Gründe für eine Reise zur See näher beleuchten und sich daran anschließend den Fragen widmen, wie lange die Reisenden unter welchen Bedingungen auf Schiffen unterwegs waren und welchen Routen sie folgten, um ihre jeweiligen Ziele zu erreichen. Schließlich sollen auch die im Titel genannten Gefahren der antiken Seereise thematisiert werden, zu denen natürliche Faktoren wie Riffe oder Stürme, aber auch menschliche Faktoren wie Piraten zählten. Betrachtet werden soll bei all diesen Aspekten sowohl die griechische als auch die römische Geschichte, wobei der Vergleich zwar viele Parallelen, besonders aber im Bereich der Forschungsreisen auch elementare Unterschiede aufzeigen wird.

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Samstag, 24.10. Panel: Reisen in der und an die Peripherie Prof. Dennis Pausch (Dresden) Der Blick von oben auf den orbis terrarum. Flugreisen als literarische Technik in Ovids Metamorphosen Trotz des fehlenden Erfahrungshorizontes für diese Art der Fortbewegung in der Antike wird in den Metamorphosen häufig eine Imagination des Raums aus der Vogelperspektive erzeugt. Virtuelle Flugreise finden sich in diesem Werk nicht nur an Stellen, an denen der Mythos es nahelegt wie bei Phaeton, Ikarus oder Perseus, sondern auch in Zusammenhängen, in denen es weniger zu erwarten ist. So begibt sich Jupiter nach dem Ende der Sintflut ebenso auf einen Inspektionsflug wie später Pluto, der Sizilien auf der Suche nach Erdbebenschäden abfliegt und dabei auf Proserpina aufmerksam wird. Besonders interessant sind diejenigen Stellen, an denen zum Nachvollzug der Flugroute und der mit ihr verbundenen narrativen Pointen offenbar weitreichende geographische Kenntnisse des Lesers vorausgesetzt werden, wie es sich etwa im siebten Buch bei Medeas Rundflug über die Ägäis zeigt. Verbindet man bei der Interpretation dieser Passagen ihre Funktion innerhalb des literarischen Werkes mit unserem Wissen über den historischen und kulturellen Kontext, ergeben sich neue Perspektiven für ein besseres Verständnis sowohl beider Ebenen wie ihres vielschichtigen Zusammenspiels in der augusteischen Dichtung. Literatur Philipp Fondermann, Kino im Kopf. Zur Visualisierung des Mythos in den ‚Metamorphosenʻ Ovids, Göttingen 2008 Karin Luck-Huyse, Der Traum vom Fliegen in der Antike, Palingenesia 62, Stuttgart 1997 Barbara Piatti, Die Geographie der Literatur: Schauplätze, Handlungsräume, Raumphantasien, Göttingen 2008 Valerie Wise, “Flight Myths in Ovid’s Metamorphoses: An Interpretation of Phaeton and Daedalus”, Ramus 6, 1977, 44–59 Ioannis Ziogas, “The Topography of Epic Narrative in Ovid’s Metamorphoses”, in: Marios Skempis und Ioannis Ziogas (Hgg.), Geography, Topography, Landscape: Configurations of Space in Greek and Roman Epic, Berlin 2014, 325–348 Gunnar Olbrich (Tübingen) Die Reisen des Augustus in den Provinzen im Spiegel der archäologischen Denkmäler Wenn man an reisende römische Kaiser denkt, mag Augustus vielleicht nicht der erste sein, der einem in den Sinn kommt. Aber Tatsache ist, dass der Begründer des Prinzipats mehr Zeit außerhalb Italiens verbrachte als jeder spätere Kaiser mit Residenz in Rom. Ziel des Vortrags ist es, anhand einiger Beispiele aufzuzeigen, wie sich die provinzialen Reisen und Aufenthalte des Augustus in den epigraphischen, numismatischen und archäologischen Zeugnissen widerspiegeln. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die öffentlichen Bauten und Denkmäler und die Frage, inwiefern sie ihre Entstehung möglicherweise einem Kaiserbesuch verdanken. Dabei soll sowohl die Bautätigkeit des Kaisers in den Provinzen als auch diejenige der Städte in Erwartung oder als Folge eines Kaiserbesuchs betrachtet werden. Literatur T. Esch, In diplomatischer Mission. Augustus und Varus im Orient, in: R. Aßkamp (Hrsg.), 2000 Jahre Varusschlacht. Imperium (Stuttgart 2009) 98-105.

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H. Halfmann, Itinera principum. Geschichte und Typologie der Kaiserreisen im Römischen Reich, Heidelberger Althistorische Beiträge und Epigraphische Studien 2 (Stuttgart 1986). T. Schäfer, Spolia et signa. Baupolitik und Reichskultur nach dem Parthererfolg des Augustus, NAWG 1998.2 (Göttingen 1998). G. C. R. Schmalz, Athens, Augustus, and the settlement of 21 BC, GrRomByzSt 37, 1996, 381398 Dr. Maximilian Benz (Zürich) Henoch, Petrus und Paulus im Jenseits. Reiseliteratur und ‚spectaculum‘ Mit dem Buch der Wächter, der Petrus- und der Paulus-Apokalypse werden drei Texte vorgestellt, die für die sowohl frühjüdischen wie frühchristlichen Imaginationen des postmortalen resp. endzeitlichen Geschicks maßgeblich waren. Während im Buch der Wächter anhand der Jenseitsreise Henochs ein Erzählverfahren zur Verfügbarmachung jenseitiger Räume ‚in statu nascendi‘ beobachtet werden kann, das nach einem langwelligen Transformationsprozeß auch die Poetik der Paulus-Apokalypse prägt, entwickelt die Petrus-Apokalypse unter Rekurs auf kulturelle Praktiken des ‚imperium Romanum‘ ein Jenseits-‚spectaculum‘. Sonntag, 25.10. Panel: Reisen und Geographie Prof. Michael Rathmann (Eichstätt) Alle Wege führen nach Rom – Reisen mit Hilfe von Karten und Itinerarien Bis in die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts galt es in der Altertumswissenschaft als gesetzt, dass die Menschen in der Antike Landkarten kannten und nutzten – vom Schulbetrieb bis hin zur staatlichen Verwaltung. Dann setzte in den Neunzigern ein radikaler Skeptizismus ein, der vom tradierten Bild so gut wie nichts bestehen ließ. Dieser durchaus heilsame Schock sorgte für ein erneutes Befragen der Materialbasis sowie eine Evaluierung der Begrifflichkeit. Entstanden ist ein differenziertes Bild der Geographie und Kartographie der Antike. Zudem lieferten die Diskurse zum Teil überraschende Einsichten, welche Funktion Karten in der Antike hatten. Brauchte man Karten überhaupt für Reisen, Feldzüge oder staatliche Verwaltung? Mein Beitrag möchte die Forschungsgenese der letzten Jahrzehnte in groben Zügen nachzeichnen sowie die Perspektiven der aktuellen Forschung aufzeigen. Der thematische Bogen reicht von den ionischen Naturphilosophen und Herodot über die Zeit des Augustus bis hin zur Tabula Peutingeriana (UNESCO-Welterbe) samt einem kurzen Ausblick ins Mittelalter. Prof. Klaus Geus (Berlin) Historia Periodike – Die „Reiseberichterstattung“ in der Geographie des Ptolemaios Um 150 n. Chr. verfasste Klaudios Ptolemaios (lat. Ptolemaeus) das vielleicht bedeutendste geographische Werk überhaupt: die Hyphegesis geographike, die Einführung in die Geographie. Es besteht neben einer wissenschaftlichen Introduktion aus einem riesigen Katalog von über 8100 Toponymen, bei denen in mehr als 6300 Fällen auch die Koordinatenangaben (Längen und Breiten) angegeben sind. Wie es Ptolemaios gelingen konnte, ein erstaunlich korrektes Bild der damals bekannten Welt (Oikumene) zu erstellen, wird bis heute in der Forschung kontrovers diskutiert. Nach Ptolemaios´ eigener Aussage beruht sein Werk hauptsächlich auf der Auswertung der historia periodike (geogr. 1, 2, 2 u. ö.), was zuletzt (in der Edition von Stückelberger/Graßhoff) mit "Reiseberichterstattung" übersetzt wurde. Die genaue Bedeutung ist aber unklar. Handelt es sich hierbei um literarische Periploi und Itineraria wie Pausanias´ Beschreibung Griechenlands oder Arrians Periplus des Schwarzen Meeres? Um praktische 9

Reisehandbücher wie den anonymen Periplus Maris Erythraei oder den Stadiasmus Maris Magni? Um heute verlorene geographische und kartographische Werke wie die Geographie des Eratosthenes oder die mysteriöse "Agrippa-Karte"? Oder um unpublizierte Aufzeichnungen in griechischrömischen Archiven und Behörden? Der Beitrag verfolgt zwei Ziele: zum einen versucht er die Arbeitsweise des Ptolemaios bei der Erstellung seines Werkes zu erklären, zum anderen eine Einschätzung seines von ihm verwendeten Quellenmaterials zu geben.

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ANFAHRT UND KONTAKT

Jugendherberge Bad Neuenahr-Ahrweiler Ahrtal-Jugendherberge Familien- und Jugendgästehaus St. Piusstraße 7 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler Tel: +49 2641 34924 Fax: +49 2641 31574 [email protected] In dringenden Fällen sind wir auch per Telefon und sms zu erreichen: 0178 / 564 6212 (Janja Soldo)

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