Chemie Ingenieur Technik

DOI: 10.1002/cite.200900147

Biopolymere

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Herstellung von Folien aus nachwachsenden Rohstoffen durch enzymkatalysierte Vernetzung von Proteinen Katja Patzsch, Kristin Riedel und Markus Pietzsch* Proteine als Koppelprodukte der Stärke- oder Biodieselindustrie lassen sich zu Biokunststofffolien verarbeiten. Die Quervernetzung (Vulkanisierung) der Proteine kann enzymatisch mittels mikrobieller Transglutaminase erfolgen und führt zu einer Verbesserung der mechanischen Eigenschaften, einer erhöhten Folientransparenz und einer Verminderung der Wasserlöslichkeit. Schlagwörter: Biopolymere, Enzymkatalyse, Nachwachsende Rohstoffe Eingegangen: 20. Oktober 2009; revidiert: 20. November 2009; akzeptiert: 23. November 2009

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Problemstellung/Einleitung

Kunststoffe werden wegen ihrer guten mechanischen Eigenschaften, der hohen Widerstandsfähigkeit und den relativ geringen Herstellungskosten seit langer Zeit für vielfältige Anwendungsbereiche entwickelt und hergestellt. Die meisten Kunststoffe basieren auf Erdöl und können auf Grund ihrer Beständigkeit eine Gefahr für das Ökosystem darstellen. Das zunehmende Wirtschaftswachstum führt zu größeren Abfallmengen, und Plastikmüll wird zu einem ständig wachsenden Umweltproblem, das weltweit Besorgnis auslöst [1]. Biopolymere stellen eine Alternative zu ölbasierenden Kunststoffen dar. Sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, sind biologisch abbaubar und zerfallen in natürlich vorkommende, ungiftige Ausgangsprodukte. Vernachlässigt man die Herstellungsprozesse, sind Biopolymere weitgehend CO2-neutral, da beim Abbau nur soviel CO2 freigesetzt wird, wie die Pflanzen während ihres Wachstums von der Atmosphäre aufgenommen haben. Weiterhin kann durch eine thermische Verwertung der Biokunststoffe klimaneutrale Energie gewonnen werden. Neben den ökologischen Vorteilen werden durch die Verwendung von Biopolymeren zudem Ressourcen geschont und die Abhängigkeit vom Erdöl wird verringert. Biopolymere lassen sich aus einer Vielzahl pflanzlicher Rohstoffe herstellen. Einige Biokunststoffe werden bereits verwendet, wie z. B. Stärke, Cellulose und Polymilchsäure (PLA). PLA eignet sich zur Herstellung transparenter Biokunststoffe mit guten mechanischen

Eigenschaften und wird bereits für die Herstellung von Tragetaschen und verschiedenen Verpackungen eingesetzt. Thermoplastische Stärke und Cellulose werden ebenfalls eingesetzt. Proteine waren bereits im 19. Jahrhundert als Grundlage für Biokunststoffe bekannt, wurden jedoch in den 1960ern von den synthetisch hergestellten Kunststoffen, wie Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP), weitestgehend verdrängt. Derzeit erfahren besonders pflanzliche Proteine erneut ein wachsendes Interesse für non-food Anwendungen [2]. Bei der Herstellung von Stärke aus Mais, Erbsen, Weizen und Kartoffel sowie bei der Biodieselherstellung fallen proteinhaltige Lösungen als Nebenprodukte an, die nach Konzentrierung und Sprühtrocknung bisher überwiegend als Tierfutter vermarktet werden. Eine Verwendung dieser Proteine als Biokunststoffe wäre besonders für Anwendungen im Bereich der Landwirtschaft interessant, da beim Abbau Aminosäuren freigesetzt werden, die als Stickstoffdünger dienen können. Für Saatbänder und als Trägermaterialien von biologischen Düngern sind schnell zersetzende Biopolymere wünschenswert, während für den Ersatz von Gewächshausfolien langzeit- und vor allem wasserstabile Materialien benötigt werden. Es wurde bereits eine Vielzahl an Proteinen, wie z. B. Kollagen, Gelatine, Molkeproteine, Maiszein, Weizengluten oder Sojaprotein, zur Herstellung von Folien verwendet [3 – 5]. Zur Erhöhung der Folienflexibilität werden Weichmacher wie Glycerin [6 – 9] oder (Poly)Ethylenglykol [10, 11] eingesetzt. Möglichkeiten zur

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Biopolymere lassen sich aus einer Vielzahl pflanzlicher Rohstoffe herstellen.

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Forschungsarbeiten

Die Folien wurden bezüglich ihrer mechanischen Eigenschaften und der Löslichkeit in Wasser charakterisiert.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das Potenzial von pflanzlichen Proteinen als Koppelprodukte der Stärkeindustrie für eine Folienherstellung zu untersuchen.

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kovalenten Vernetzung von Proteinen, durch die die Wasserlöslichkeit reduziert werden kann, bestehen in der Bestrahlung mittels UVLicht [12, 13] oder der chemischen Quervernetzung mit Formaldehyd [10, 14]. Als Alternative kann eine Quervernetzung auch enzymkatalysiert erfolgen, wodurch toxische Substanzen wie Formaldehyd vermieden werden können. Für eine derartige „Vulkanisierung“ kann die mikrobielle Transglutaminase (TG) eingesetzt werden [6, 8, 15 – 17]. Transglutaminasen (Protein-Glutamin c-Glutamyltransferase, EC 2.3.2.13, TG) sind Enzyme, die Proteine und Peptide kovalent verknüpfen können [18]. Sie katalysieren einen Acyltransfer zwischen einer c-Carboxyamid-Gruppe eines proteingebundenen Glutamins und der e-Aminogruppe eines Lysinrestes, welcher zur Entstehung einer e-(c-Glutamyl) Lysin-Isopeptidbindung führt [19]. Die TG aus Streptomyces mobaraensis ist als „TG Activa®WM“ (1 % Enzym in 99 % Maltodextrin) bei Ajinomoto Foods Europe SAS kommerziell erhältlich und wird unter anderem in der Nahrungsmittelindustrie zur Restrukturierung von Fleisch und Fisch sowie zur Verbesserung der Cremigkeit von Joghurt und Käse verwendet [18]. Für eine Immobilisierung von Enzymen, z. B. an Ionenaustauschern [20] oder Silicagel [21], wurde die TG ebenfalls eingesetzt. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das Potenzial von pflanzlichen Proteinen als Koppelprodukte der Stärkeindustrie für eine Folienherstellung zu untersuchen. Als Vertreter für diese Gruppe von Proteinen wurde Erbsenprotein verwendet, dem die tierischen Proteine Na-Caseinat und Gelatine zum Vergleich gegenübergestellt wurden. Es sollte die Vernetzbarkeit mittels TG und das Potenzial zur Folienbildung untersucht werden. Die Folien wurden bezüglich ihrer mechanischen Eigenschaften und der Löslichkeit in Wasser charakterisiert. Dabei sollte der Einfluss einer enzymatischen Quervernetzung auf die Folieneigenschaften analysiert werden. In der vorliegenden Arbeit wurde ausschließlich die kommerziell erhältliche Transglutaminase „TG Activa®WM“ verwendet und mit TG bezeichnet.

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Methoden

Folienherstellung Proteinfolien wurden angelehnt an das Verfahren von Oh et al. [8] mit einigen Veränderungen hergestellt. Es wurden 3 g Weichmacher in 110,4 mL Puffer (20 mM Tris/HCl, pH 7) gelöst, 6 g des jeweils untersuchten Proteins (Erbse, Na-Caseinat, Gelatine) sowie 1,5 g Mal-

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todextrin (als Äquivalent zur TG für Folien ohne Enzym) hinzugefügt und bei 90 °C für 30 min homogenisiert. Bei der Herstellung von Gelatine-Folien wurde die Proteinsuspension vor dem Erhitzen für 1 h bei Raumtemperatur (RT) quellen gelassen, da dadurch eine bessere Löslichkeit der Gelatine gegeben war. Nach Abkühlung auf RT (bei Gelatine etwa 40 °C) wurde der pH-Wert der Proteinlösung mittels 1 M NaOH auf 7 eingestellt. Danach wurde die Proteinlösung auf 50 °C erwärmt. TG Activa®WM (1,5 g/6 mL) wurde im vorgewärmten Puffer (50 °C) gelöst und der Proteinlösung unter Rühren hinzugefügt. Für Folien ohne TG wurden stattdessen 6 mL Puffer verwendet. Für Na-Caseinat-Folien erfolgte dann eine Entgasung mittels Zentrifugation (40 °C, 1 min, 177 x g). Für Gelatine wurde auf eine Zentrifugation wegen möglicher Gelierung vor dem Gießen verzichtet. Das Erbsenprotein war lediglich zu etwa 40 % in Puffer löslich. Deshalb wurde die Proteinsuspension zunächst für 10 min bei 40 °C und 10 000 x g zentrifugiert und der Überstand vom Sediment getrennt. Erst dem Überstand wurde die TG-Lösung (1,5 g TG Activa®WM/6 mL Puffer) unter Rühren hinzugefügt. Für Folien ohne TG wurden stattdessen 6 mL Puffer verwendet. Nach Entfernung von Schaum und Gasblasen wurde die Lösung in eine 200 × 200 mm große PTFE-Form gegossen (s. Abb. 1) und für 48 h bei RT sowie Luftzirkulation in einem Abzug getrocknet. Zur Lagerung wurden die Proteinfolien in einem Exsikkator bei 23 ± 2 °C und 50 ± 3 % relativer Luftfeuchte (rLF, über einer gesättigten Calciumnitrat-Lösung) konditioniert. Alle Erwärmungs- sowie Abkühlungsschritte wurden in Wasserbädern und unter Rühren durchgeführt.

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Abbildung 1. Gussform zur Herstellung von Proteinfolien. Bestehend aus einer 20 mm dicken PTFE-Platte, zur Verhinderung von Deformationen auf einer Aluminium-Platte (Dicke: 8 mm) fixiert, ausgefräste Tasche von 200 × 200 mm, Oberfläche mit Schleifpapier (Korngröße 1200) geglättet und mit rauem Papier poliert.

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Messung der mechanischen Eigenschaften Die Messung der Zugeigenschaften von Proteinfolien erfolgte an einer Zwick Materialprüfmaschine des Typs BDO-FB0.5TH (Zwick GmbH & Co. KG, Ulm) entsprechend der Norm DIN EN ISO 527-3. Dafür wurden Probestreifen (15 × 150 mm) mit Hilfe eines Rollenschneiders aus einer Proteinfolie herausgeschnitten und zwischen pneumatischen Einspannklemmen fixiert. Die Einspannlänge betrug 100 mm und die Prüfgeschwindigkeit 50 mm/min. Eine Prüfung erfolgte bis zum Bruch des Probestreifens. Die Zugfestigkeit rM [N/mm2] berechnet sich aus der Maximalkraft [N]/Querschnittsfläche der Probe [mm2]. Die Bruchdehnung eB [ %] ergab sich aus der (Längenänderung bis Bruch [mm]/Anfangslänge [mm]) × 100. Eine Bruchdehnung von 100 % entspricht dabei einer Verdopplung der Länge des Probekörpers bevor er reißt. Der Zugversuch wurde bei 23 ± 2 °C durchgeführt. Die Foliendicke wurde mit einer Mikrometerschraube bestimmt und betrug 220 ± 30 lm. Die dargestellten Daten repräsentieren den Mittelwert aus mindestens fünf Probestreifen ± Standardabweichung als Fehlerbalken.

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fugation (5 min, 2000 x g, RT) getrennt. Von der Lösung wurde die Proteinkonzentration (BCA-Test) bestimmt. Danach erfolgte das Trocknen von Lösung und Folienrest bei 70 °C. Der Proteinverlust der Folie errechnete sich aus der Proteinmenge in der Lösung. Die Gewichtsdifferenz zwischen dem trockenen Folienrest nach dem Löslichkeitstest und dem Trockengewicht der Ausgangsprobe entsprach dem Gewichtsverlust der Folie.

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Ergebnisse

Zunächst wurde die Vernetzbarkeit von Na-Caseinat bzw. Erbsenprotein mittels mikrobieller Transglutaminase untersucht (s. Abb. 2). In Bahn 1 (s. Abb. 2 A) sind die Casein-Monomere mit einem Molekulargewicht von 25 – 32 kDa sichtbar. Bei Zugabe von TG wurde bereits nach 2 min (Bahn 2) eine deutliche Konzentrationsabnahme der Monomere beob-

SDS-Polyacrylamid Gelelektrophorese (SDS-PAGE) Für einen Nachweis der Quervernetzungsreaktion durch TG und zur Molekulargewichtsbestimmung wurde die SDS-PAGE nach Laemmli unter Verwendung einer Mighty Small Apparatur von Hoefer (Amersham Biosciences, Freiburg) eingesetzt [22]. Die Gele für die SDS-PAGE bestanden aus je einem Trenngel (12,5 % Acrylamid) und einem Sammelgel (4,5 % Acrylamid). Der Reaktionsansatz zum Nachweis einer Vernetzung bestand aus einer Proteinkonzentration von 1 mg/mL (NaCaseinat) bzw. 10 mg/mL (Erbsenproteinpulver) sowie 13 mg/mL TG Activa®WM und wurde für 2 h bei 50 °C inkubiert. Die zu trennenden Proben wurden dem Reaktionsansatz zu verschiedenen Zeitpunkten entnommen, 1:2 mit SDS-Probenpuffer verdünnt und 5 min bei 99 °C inkubiert. Es wurden 10 lL Probe und 5 lL Molekulargewichtsmarker aufgetragen. Die Gele wurden mit Coomassie Brillant Blau G250 gefärbt und nach Entfärbung zwischen zwei in einem Rahmen fixierten Cellophanfolien getrocknet. Bestimmung der Wasserlöslichkeit Zur Bestimmung der Wasserlöslichkeit der Proteinfolien wurde eine Probe (1 × 5 cm, über Nacht bei 70 °C getrocknet) in einem Reaktionsgefäß mit 10 mL deionisiertem Wasser für 10 min bei 30 °C geschüttelt und anschließend die Lösung vom Folienrest durch Zentri-

Abbildung 2. SDS-PAGE-Analyse der Vernetzbarkeit von Proteinen in Abhängigkeit der Inkubationszeit (0–10 min) mit TG bei 50 °C. A, Na-Caseinat; B, Erbsenprotein. Reaktionsansatz mit 1 mg/mL Na-Caseinat bzw. 10 mg/mL Erbsenprotein und 13 mg/mL TG. Proben (100 lL) wurden dem Reaktionsansatz entnommen, 1:2 mit SDS-Probenpuffer versetzt und 5 min bei 99 °C inkubiert. 10 lL Probe und 5 lL Molekulargewichtsmarker wurden auf das SDS-PAGE-Gel aufgetragen. Gele mit Coomassie gefärbt.

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Quervernetzte Folien wiesen eine höhere Transparenz auf und glänzten stärker.

Die mechanischen Eigenschaften der verschiedenen Proteinfolien wurden durch die enzymatische Quervernetzung unterschiedlich beeinflusst.

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achtet und es entstanden Polymere, die aufgrund ihres hohen Molekulargewichtes (> 116 kDa) nicht mehr in das Trenngel eindringen bzw. das Sammelgel passieren konnten. Dies sind Merkmale für eine erfolgreiche Quervernetzung eines Proteins mittels TG. Das untersuchte Erbsenprotein (s. Abb. 2 B) bestand aus einem Proteingemisch und wies fünf Haupt-Proteinbanden mit mittlerem Molekulargewicht von 25 – 66 kDa und einige niedermolekulare (< 25 kDa) Proteinbanden auf (Bahn 3). Bei TG-Zugabe konnte ebenfalls bereits nach 2 min (Bahn 4) eine deutliche Polymerbildung detektiert werden. Mit Ausnahme einiger niedermolekularer Proteine wurden alle Erbsenproteine mittels TG quervernetzt. Aus allen verwendeten Proteinen konnten erfolgreich Folien hergestellt werden. Die Optik der Folien wurde durch eine Quervernetzung mittels TG beeinflusst (s. Abb. 3). Quervernetzte Folien wiesen eine höhere Transparenz auf und glänzten stärker (s. Abb. 3 B). Die Ursache dafür lag vermutlich in der Ausbildung eines Proteinnetzwerkes durch Quervernetzung und einer damit verbundenen Ausrichtung der Proteine. Dies führte zu einer Verringerung der Lichtstreuung und damit zu lichtdurchlässigeren Folien. Für manche Anwendungen, beispielsweise in der Lebensmittelverpackung, sind transparente Folien von Vorteil. Für Anwendungen in der Landwirtschaft werden an Folien bestimmte Anforderungen gestellt. Sie benötigen unter anderem eine hohe mechanische Stabilität gegenüber Zugbeanspruchung. Die Zugfestigkeit (ZF) kommerzieller Folien beträgt teilweise mehr als 17 N/mm2 und die Bruchdehnung (BD) mehr als 400 %. Landwirtschaftsfolien werden bisher hauptsächlich aus Polyethylen (High Density oder Low Density) hergestellt. Erste

Abbildung 3. Einfluss der Quervernetzung auf die Optik von Na-Caseinat-Folien. A, ohne TG; B, mit TG. 6 g Na-Caseinat, 3 g Glycerin und 1,5 g Maltodextrin (Folie ohne TG) in 110,4 mL Puffer (20 mM Tris/HCl, pH 7) für 30 min bei 90 °C gelöst, pH-Einstellung auf pH 7 (bei RT), 30 min bei 50 °C inkubiert und 1,5 g TG Activa®WM (in 6 mL Puffer gelöst) zugegeben (Folie ohne TG: 6 mL Puffer), anschließend bei 40 °C und 177 x g für 1 min zentrifugiert, Luftblasen entfernt und in 20 × 20 cm PTFE-Form gegossen, bei RT für 48 h getrocknet, 48 h bei 23 ± 2 °C und 50 ± 3 % rLF in einem Exsikkator konditioniert.

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Folien auf Basis nachwachsender Rohstoffe erfüllen teilweise die Anforderungen und werden z. B. als Mulchfolien vermarktet. Mater-Bi® der Firma Novamont wird aus Stärke (Mais-, Weizen-, Kartoffelstärke), ergänzt durch biologisch abbaubare Polymere natürlichen oder synthetischen Ursprungs (u. a. Polycaprolacton) hergestellt. Ecoflex® der Firma BASF besteht aus biologisch abbaubaren aliphatisch-aromatischen Copolyestern. Beide Materialien wurden als Vergleich zur Bewertung der mechanischen Eigenschaften von Proteinfolien herangezogen. In Abb. 4 ist eine Übersicht der Zugeigenschaften von einigen Proteinfolien dargestellt. Diese wurden den Werten kommerzieller Kunststofffolien auf Basis von Erdöl bzw. nachwachsender Rohstoffe gegenübergestellt. Die Proteinfolien wiesen je nach Zusammensetzung einen breiten Bereich der mechanischen Kennwerte auf – die ZF variierte von 1,9 bis 23,6 N/mm2 und die BD von 34 bis 184 %. Dabei führte Glycerin als Weichmacher zu Folien mit hoher Dehnbarkeit, Polyethylenglykol (PEG, Molekulargewicht 300 g/mol) hingegen erhöhte die Festigkeit der Folien. Die mechanischen Eigenschaften der verschiedenen Proteinfolien wurden durch die enzymatische Quervernetzung unterschiedlich beeinflusst. Während die TG-Behandlung bei Na-Caseinat-Folien die Zugeigenschaften positiv beeinflusste (ZF stieg um 66 %, BD stieg um 39 %), führte sie bei Gelatine-Folien zu einer Abnahme der ZF (um bis zu 44 %) bei gleichzeitiger Zunahme der BD (um 60 – 70 %). Dieser Effekt wird durch die Struktur der Gelatine verursacht. Diese besteht aus Peptid-Einzelsträngen, von denen je drei zu einer stabilen Tripelhelix verbunden sind [23]. Bei 50 °C wurde diese Tripelhelix aufgelöst und die Gelatine lag in Einzelsträngen vor. Nach Zugabe von TG wurden die Einzelstränge miteinander quervernetzt und an einer Renaturierung zu einer Tripelhelix gehindert, die sonst bei Abkühlung eintritt. Das so entstandene Proteinnetzwerk war weniger stabil (niedrigere ZF), aber elastischer (höhere BD) als die Tripelhelix-Struktur. Bei Verwendung von Erbsenprotein führte die Quervernetzung mittels TG zu einer Zunahme der ZF (um 37 – 51 %), aber einer Abnahme der BD (um bis zu 51 %). Möglicherweise bewirkt die Vernetzung eines Gemisches aus verschiedenen Proteinen (unter anderem sind Speicherproteine wie z. B. Legumi und Vicelin [24] vorhanden), einen höheren Vernetzungsgrad im Vergleich zu Na-Caseinat. Dadurch waren die Folien aufgrund des ausgebildeten Proteinnetzwerkes fester, verloren jedoch an Dehnbarkeit.

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Die höchsten Zugfestigkeiten wurden für Gelatine-Folien mit PEG 300 gemessen und sind vergleichbar mit den Zugeigenschaften von Folien aus LDPE (10 N/mm2), Mater-Bi® (13 N/mm2) und Ecoflex® (22 N/mm2). Die Folien aus Na-Caseinat und Erbsenprotein erreichten bei den in dieser Arbeit verwendeten Bedingungen eine maximale ZF von 6 N/mm2. Hingegen besaßen diese Folien mit Glycerin die höchsten Bruchdehnungen (167 – 184 %) und waren vergleichbar mit Folien aus HDPE und PP (150 %). Die Folien aus LDPE bzw. anderen nachwachsenden Rohstoffen besaßen jedoch mit bis zu 400 % die doppelte BD im Vergleich zu Proteinfolien. Die unterschiedlichen Eigenschaften können auch auf die unterschiedliche Herstellungsweise zurückgeführt werden. So wurden die Proteinfolien im Gießverfahren hergestellt, während die kommerziellen Folien in extruderbasierenden Verfahren hergestellt werden. Versuche zur Herstellung von Proteinfolien auf Basis der thermoplastischen Verarbeitung in Extrudern sind in Arbeit. Neben der mechanischen Stabilität von Proteinfolien ist die Löslichkeit der Folien ebenfalls von Bedeutung. Je nach Anwendung ist eine schnelle oder sehr langsame Auflösung bei jeweils guter mechanischer Stabilität gewünscht. Um die Wasserlöslichkeit zu testen, wurde eine Folienprobe bei 30 °C in Wasser getaucht (s. Abb. 5). Beregnungsexperimente, bei denen die Niederschlagsmenge variiert wird, sind ebenfalls in Arbeit. Die unvernetzten Proteinfolien lösten sich während des Versuches fast vollständig auf – der Gewichts- und Proteinverlust lag für Na-Caseinat- und Erbsenprotein-Folien bei 79 – 95 % bzw. 51 – 56 %. Gelatine zeigte mit 17 % Gewichtsverlust eine deutlich geringere Löslichkeit. Prinzipiell schmelzen Gelatinen je nach Geliergrad erst zwischen 25 und 35 °C [23]. Für die Herstellung der Folien wurde eine Gelatine mit einem hohen Geliergrad (300 Bloom) verwendet, welche offensichtlich bei 30 °C nur geringfügig schmolz – dies spiegelte sich in dem geringen Proteinverlust von 6 % wider. Durch die Quervernetzung mittels TG konnte die Löslichkeit der Na-Caseinat- und Erbsenprotein-Folien erheblich verringert werden – der Gewichts- und Proteinverlust sank auf 39 bzw. 6 – 23 %. Die TG-Behandlung führte bei Gelatine-Folien zu einer höheren Löslichkeit von 35 bzw. 14 % für Gewichtsund Proteinverlust. Offensichtlich war das Proteinnetzwerk unvollständig quervernetzt und in Wasser löslicher als die stabile TripelhelixStruktur, die sich ohne TG-Vernetzung ausbildet.

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Abbildung 4. Zugfestigkeit und Bruchdehnung von Proteinfolien im Vergleich zu kommerziellen Folien auf Basis von Erdöl und nachwachsenden Rohstoffen. Werte für erdölbasierende Kunststoffe [25], Werte für Mater-Bi® und Ecoflex® [26].

Der Proteinverlust der vernetzten Folien war deutlich kleiner als der Gewichtsverlust. Wie erwartet löste sich demnach nicht nur Protein aus den Folien heraus, sondern vor allem der Weichmacher Glycerin. Dieser hat einen Anteil von 28,6 Gew.- % und ist gut wasserlöslich. Die Folienrückstände waren nach dem Löslichkeitstest sehr spröde. PEG 300 führte zu vergleichbaren Ergebnissen. Über die Herauslösung des Weichmachers kann also die Haltbarkeit der Folien gesteuert werden.

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Schlussfolgerung

Über die Herauslösung des Weichmachers kann die Haltbarkeit der Folien gesteuert werden.

In der vorliegenden Arbeit wurden erfolgreich Folien aus verschiedenen Proteinen hergestellt. Dabei stellt die enzymkatalysierte Quervernetzung von Proteinen ein nützliches Mittel zur Verbesserung der Folieneigenschaften dar. Die Wasserlöslichkeit konnte verringert, die Folienoptik und mechanischen Eigenschaften verbessert werden. Je nach Zusammensetzung und Herstellungsmethode werden Zug-

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festigkeiten im Bereich anderer Folien auf Basis nachwachsender Rohstoffe erreicht. Das Herauslösen des Weichmachers nach Wasserkontakt führt zu brüchigen Materialien, die im Boden schnell zerfallen. Darauf aufbauend soll nun eine Optimierung der Folieneigenschaften hinsichtlich ihrer späteren Anwendung erfolgen.

Die Arbeiten wurden durch die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe gefördert (FKZ 22013306).

K. Patzsch, K. Riedel, Prof. Dr. M. Pietzsch ([email protected]), Institut für Pharmazie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Weinbergweg 22, D-06120 Halle (Saale), Germany.

Abkürzungen Cas Eco Er Gel Gl HDPE LDPE M Ma-Bi

Na-Caseinat Ecoflex® Erbsenprotein Gelatine Glycerin High Density Polyethylen Low Density Polyethylen Molekulargewichtsmarker Mater-Bi®

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