AUSGABE 8 herbst/winter 2012 5,00 Euro

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BYE-BYE BESITZ WOHIN MIT DEM GRüNEN STROM? Wie sich Energie aus Sonne, Wind und Co. speichern lässt SCHRECK LASS NACH Warum wir uns so gerne gruseln HART IM NEhmEN Welche Pflanzen erst im Winter so richtig aufblühen auf dem weg zur grünen Küste Wie Mecklenburg-Vorpommern die Energiewende voranbringt

GEWINNEN SIE DAS NEUE STRATEGIESPIEL TALAT! Der Herbst ist da und mit ihm die Zeit der langen, dunklen Abende. Genau richtig, um mal wieder einen spannenden Spielabend mit Familie oder Freunden zu verbringen. Die passende Ausrüstung dazu verlosen wir. Machen Sie mit und gewinnen Sie das mit dem ToyAward 2012 ausgezeichnete Strategiespiel Talat, bei dem sich alles um eine Zahl dreht. Um zu gewinnen, müssen Sie nur herausfinden, um welche … Besuchen Sie unsere Website www.21-grad.de und tragen Sie dort die entsprechende Zahl ein. Mit etwas Glück gewinnen Sie. Teilnahmeschluss ist der 31.03.2013. Die Gewinner werden bis zum 30.04.2013 benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mitarbeiter der Vaillant Group und deren Angehörige dürfen am Gewinnspiel nicht teilnehmen.

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Beste er unt .de 21- grad

EDITORIAL

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

mein Haus, mein Garten, mein Auto – damit lässt sich heute kaum noch punkten. Denn immer mehr Menschen verzichten bewusst auf Besitz. Sei es aus umweltpolitischer Überzeugung, gesellschaftlichem Engagement oder ganz pragmatisch aus finanziellen Gründen. Diese Einstellung manifestiert sich in einem neuen Konsumtrend, der sich via Internet rasant Bahn bricht. In unserer Titelgeschichte „Bye-bye Besitz“ beleuchten wir die Hintergründe und stellen die Gesichter des neuen Teil- und Tauschrausches vor.

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Nicht teilen, sondern speichern heißt das Zauberwort im Hinblick auf die flächendeckende Nutzung erneuerbarer Energien. Denn Wind, Wasser und Sonne stehen nun einmal nicht permanent zur Verfügung. Einen Überblick über den Stand der Forschung sowie Einblicke in aktuelle Speicherprojekte gibt der Beitrag „Wohin mit dem grünen Strom?“ ab Seite 18. Speichern ist das eine, Energie effizient nutzen das andere. Dieses Ziel verfolgt Vaillant konsequent mit innovativen, ­intelligenten Produkten. Zum Beispiel mit unseren Mini- und Mikro-BHKWs. Die kleinen Kraftpakete nutzt man künftig auch gezielt, um Hotels und Ferienanlagen in der beliebten Urlaubsregion Mecklenburg-Vorpommern umwelt- und ­k limafreundlich mit Strom und Wärme zu versorgen: Auf den Seiten 48 bis 52 stellen wir das Projekt „Grüne Küste“ vor. Von der Realität zum Übernatürlichen ist es oft nur ein kleiner Schritt: Buchdeckel aufklappen oder Fernseher einschalten und schon kann man sich in andere, gruselige Welten versetzen lassen. Doch warum macht das eigentlich so viel Spaß? Schaurige Erkenntnisse sowie gruselige Ausflugs- und Literaturtipps finden Sie ab Seite 40. Gegen die eisigen Schauer bei der Lektüre helfen die Produkte auf den Seiten 38 und 39. Im Beitrag „Eisbrecher“ erfahren Sie, was Ihnen in der bevorstehenden kalten Jahreszeit Körper und Seele wärmt. Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!

Andreas Bieber Andreas Christmann Vertriebsleiter Vaillant Deutschland Leiter Produkt & Marketing

INHALT

10

30

BYE-BYE besitz

verboRgene schönheiten

4 WINTERLICHES IN BILDERN 6 Einstimmung auf die kalte Jahreszeit

titelthema 10 Bye-bye Besitz Teilen ist angesagt. Ein Blick auf

den neuen Konsumtrend

weiter denken

grüner wohnen

18 Wohin mit dem grünen Strom? Um neue Energien in großem Maßstab 

30 VERBOrGENE SCHÖNHEITEN Unterirdische Seen zeigen ihre Reize

zu nutzen, muss die Frage ihrer ­­Speicherung gelöst werden – aktuelle Projekte im Überblick

24 … EBEN NOCH DIE WELT RETTEN  in Porträt des Vorsitzenden der E Initiative 2°, Max Schön

28 WEISST DU, WO DIE STERNLEIN STEHEN? So lassen sich Sternbilder ganz einfach finden

38 eisbrecher

34 Stadt-Oasen für jedermann Beim Urban Gardening bauen Städter

Obst und Gemüse in Eigenregie an

38 Eisbrecher Wärmendes für Herz und Seele

inhalt

48

auf dem weg zur grünen küste

57

44

ganz schön abgebrüht

hart im nehmen

mehr wissen

besser leben

hasenpost

40 Schreck lass nach

48 auf dem weg zur grünen Küste

60 Ferien vom Ich



Geister, Zombies, Serienmörder – Warum gruseln wir uns eigentlich so gerne?

44 Hart im Nehmen Diese Pflanzen trotzen dem Frost

und verleihen dem Winter ein paar Farbtupfer

46 Abseits bekannter PfadE Stadtführungen der anderen Art

Mecklenburg-Vorpommern lockt mit schöner Landschaft und energieeffi­ zienter Strom- und Wärmegewinnung

54 KLIMASCHÜTZER AUF VIER PFOTEN

Wer nachhaltig auf den Hund kommen will, sollte diese Tipps beherzigen

57 GANZ SCHÖN ABGEBRÜHT Tee im Trend



Wenn der Wunsch, in eine andere Rolle zu schlüpfen, in Erfüllung geht …

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sauna: 

90

°

Meist den Finnen zugesprochen, wurde das Saunieren tatsächlich von ostasiatischen Bauern erfunden. Erst vor rund 1.500 Jahren gelangte der Brauch in den hohen Norden. Kenner schwitzen am liebsten bei 90 Grad.

zugvögel: 

9

°

Zugvögel legen auf ihrem Weg in wärmere Gefilde ungeheure Entfernungen zurück. Um Energie zu sparen, können sie ihre Körpertemperatur um bis zu neun Grad senken.

WINTERSPORT: 

-8

°

Schlittschuhlaufen gehört zum Winter wie Schneemann, heiße Maronen und Glühwein. Wer’s gemütlich mag, zieht seine Kurven auf moderat temperiertem Eis. Für Geschwindigkeitsrekorde sollte es deutlich kälter sein: Minus acht Grad sind optimal.

herbstlaub: 

21

°

Wenn Bäume Fotosynthese betreiben und dabei Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen, herrschen in ihren Blättern konstant 21 Grad – unabhängig von der Umgebungstemperatur. Dies ist das Ergebnis einer Studie der University of Pennsylvania in Philadelphia.

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Bye-bye Besitz Ob Autos, Kleidung oder Zeit: Deutschland tauscht und teilt. Die Sharing Economy macht der Old Economy gewaltig Konkurrenz. Die Trümpfe des ­gemeinschaftlichen Konsums sind stark. Nutzen statt besitzen macht Spaß und Sinn. TEXT  DIANE SELLENMERTEN ILLUSTRATION  MARIE-LUISE EMMERMANN

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in Tag vor dem Urlaub. Der Kühlschrank ist voller Joghurts, der Sack Kartoffeln noch nicht aufgebraucht und wann soll die spontan gekaufte Ananas eigentlich gegessen werden? Ab sofort geht das so: Per App biete ich meine überschüssigen Lebensmittel kostenlos an. User in der Umgebung sehen das Angebot per GPS und bekunden Interesse. Ich entscheide, wer sich die Tüte abholen darf. Oder wir verabreden uns zum gemeinsamen Kochen. Und die wertvolle Nahrung ist vor der Tonne ­bewahrt. Die Idee dahinter stammt von Sebastian Engbrocks und Valentin Thurn aus Köln. Thurn hatte mit seinem Dokumentarfilm „Taste the Waste“ 2011 eine Debatte über ­Lebensmittelverschwendung in Deutschland ausgelöst. Eine Studie des Verbraucherministeriums zeigte im Anschluss daran: 82 Kilo vermeintlich verdorbene Lebensmittel wirft jeder Deutsche jährlich in den Müll. „Ein Drittel der Nahrung wäre noch genießbar“, sagt Engbrocks. „Was die Tafeln bereits seit Jahren professionell für Bedürftige praktizieren, wollen wir auf den privaten Bereich ausweiten.“ Dank ihres neuen digitalen Angebotes Foodsharing können sich Menschen unkompliziert zusammentun. „Wir möchten das Bewusst-

sein für einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln wieder schärfen.“

Marktplatz 2.0 Foodsharing steht stellvertretend für den auffälligsten Konsumtrend unserer Zeit: das Teilen und Tauschen. Was vor etwa 15 Jahren mit dem Carsharing begann, hat sich zu einer Massenbewegung entwickelt. Die Idee: Ressourcen gemeinsam effizienter nutzen. Katalysator dafür ist das Internet. Dort ist es längst normal, Musik, Videos und Fotos zu teilen und zugänglich für alle zu machen. Nun erweitert sich der digitale Marktplatz um Waren und Dienstleistungen, mit denen sich schnell handeln lässt. Auf frents.de zum Beispiel tauschen und leihen bereits 10.000 Menschen in Deutschland Dinge in der Nachbarschaft, von der Leiter über die letzte Staffel der Big Bang Theory bis hin zum Kinderwagen. Bald fünf Millionen Menschen weltweit sind bei couchsurfing.com registriert und übernachten statt im Hotelzimmer kostenlos auf dem Sofa eines Fremden. Die Macher von deinbus.de setzten sich mit ihrer Busmitfahrzentrale sogar gegen eine Unterlassungsklage der Deutschen Bahn durch, die das Monopol auf die Fernstrecke hält – jedoch nur bei einem dauerhaften Angebot, so das Urteil. Für alle Beispiele gilt: Die Wäh-

rung des privaten Handels ist Vertrauen; mittlerweile können sich die User bei manchen Anbietern aber auch versichern lassen. Michael Kuhndt, Geschäftsführer und Leiter des Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP), erforscht die neue Teilhabe. Er beobachtet unterschiedliche Motive, warum Menschen tauschen und teilen: „Die einen wollen umweltbewusster leben und das ewige Kaufen und Wegwerfen stoppen. Die anderen suchen soziale Kontakte. Wieder andere sind Pragmatiker und wollen sparen.“ Da verwundert es nicht, dass der gemeinschaftliche Konsum derzeit vor allem im krisengeschüttelten Griechenland boomt. Die Griechen praktizieren aus der finanziellen Not heraus vor allem direkte Tauschgeschäfte. Eine Stunde Rasenmähen gegen eine Stunde Babysitten zum Beispiel.

WEG VOM STATUSSYMBOL Unabhängig von diesen kurzfristigen Reaktionen auf veränderte Lebensumstände steckt ein gesellschaftlicher Wandel hinter der Lust am Teilen, davon ist der Wissenschaftler überzeugt: „Statussymbole und die Bedeutung von Besitz verändern sich allmählich. Das Handy und damit der soziale Anschluss ist heute wichtiger als das

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„Viele Anhänger des gemeinschaftlichen Konsums wünschen sich einfach ein besseres Leben.“ Michael Kuhndt

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Auto.“ Konsumiert wird immer noch, aber intelligenter und anspruchsvoller. Der Erwerb von Dingen bekommt einen Zusatznutzen: Abwechslung, etwas Sinnvolles tun, neue Leute kennenlernen. Wenn Frauen auf sogenannten Swap-Partys zu Hunderten Klamotten tauschen, wird Konsum zum Event. Der gemeinschaftliche Konsum sei hauptsächlich ein Phänomen der Generation zwischen 20 und 40 Jahren, so Kuhndt. Wer damit rechnen muss, den Arbeitsplatz häufig zu wechseln, braucht kein Eigenheim. Wer mit dem Klimawandel groß geworden ist und mit der Finanzkrise die Grenzen des Kapitalismus kennengelernt hat, hinterfragt sein Kaufverhalten eher. Und wer so oder so schon sein Dasein im Netz teilt, für den ist der Schritt zum digitalen Tauschhandel nicht weit. „Viele Anhänger des gemeinschaftlichen Konsums wünschen sich auch einfach ein besseres Leben“, erklärt Kuhndt. „Sie haben, vielleicht als Gegengewicht zur digitalisierten Welt, Sehnsucht nach Ursprünglichkeit und besinnen sich auf alte Modelle: gemeinsame Bewirtschaftung, Selbstgemachtes und Nachbarschaftshilfe.“ Auch die Vordenkerin der

1.013 ¤ Wert der ungenutzten Gegenstände eines deutschen Haushalts

13 min Durchschnittliche Nutzdauer einer Bohrmaschine

Bewegung, Rachel Botsman, spricht von einem „Wiederaufleben der Gemeinschaft“, das den Trend neben dem Ökologie- und Preis-Bewusstsein sowie den Neuen Medien anheizt. Es mag zunächst seltsam anmuten, aber ist es nicht besser, per App die Nachbarn mit der Bohrmaschine ausfindig zu machen, als sich diese zu kaufen und die Mitbewohner nie kennengelernt zu haben?

Chancen für Unternehmer Dass der neue Tauschhandel nicht bloß etwas für Digital Natives und Privatleute ist, zeigt das Beispiel von Unternehmer Holger Zahn. Der Geschäftsführer einer Berliner Baumschule wollte mit einem Hofcafé neue Kunden gewinnen. Weil er jedoch nur der Pächter des Grundstücks ist, hätte er keinen Bankkredit für das 120.000 Euro teure ­Bauvorhaben erhalten. „Da wurde ich auf die Deutsche Kompensationsgesellschaft (DKG) aufmerksam“, erzählt er. „Die Rettung für meine Idee.“ Das Prinzip: Die Unternehmen im Tauschring erbringen eine Leistung und bekommen dafür Gutscheine, mit denen sie im Pool handeln können. Auf diese Weise kompensierte Zahn 25.000 Euro: Er selbst stellte Pflanzengutscheine aus und konnte dafür das Bauunternehmen

Der 42-jährige Ingenieur und Umweltmanager Michael Kuhndt ist Geschäftsführer und Leiter des Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP) in Wuppertal, einer 2005 gegründeten Kooperation des Wuppertal Institutes für Klima, Umwelt, und Energie mit UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen. Kuhndt hat das Projekt SPREAD initiiert, das bis 2050 nachhaltige Start-ups fördern möchte. www.sustainable-lifestyles.eu www.scp-centre.org

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Herlitz aus dem Tauschring beauftragen. Auch für Inhaber Fred Herlitz war das ein gutes Geschäft. „Mich erreicht mittlerweile rund ein Zehntel meiner Aufträge über die Kompensationsgesellschaft“, sagt der Unternehmer. Das Hofcafé hält, was es versprochen hat, sagt Holger Zahn: „Ich habe wesentlich mehr Kundschaft.“ Alternative Finanzierungsmodelle wie diese finden in Deutschland immer mehr Nachahmer. Auch Foodsharing holte sich über die Plattform startnext.de Unterstützung von Fans durch einen Spendenaufruf. Mit den dabei eingenommenen rund 10.000 Euro ist die App finanziert und die Aufmerksamkeit der Zielgruppe gesichert. Vor allem junge Unternehmer und Kreative gewinnen über Crowdfunding-Plattformen Starthilfe. Die Geldgeber wiederum erwerben in der Regel Unternehmensanteile. Dank sellaband.com zum Beispiel konnten inzwischen mehr als 80 Newcomer-Bands ihr Debütalbum von Fans finanzieren lassen. Das Lifestyle-Magazin Päng! der Stuttgarter Hochschule der Medien sicherte sich die erste Ausgabe über die Plattform VisionBakery. Insgesamt unterstützen die fünf größten deutschen Anbieter von Schwarmfinanzierung im ersten Halbjahr dieses Jahres bereits rund 200 Projekte mit einem Volumen von mehr als 600.000 Euro, eine Steigerung von knapp 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

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SURFTIPpS Für Abenteuerlustige www.campinmygarden.com www.airbnb.de www.couchsurfing.org www.haustauschferien.com Für Macher www.visionbakery.com www.startnext.de www.inkubato.com www.coworking.com

23 h/Tag Ungenutzte Zeit eines Autos

1.000 : 500 Auf 1.000 Einwohner in Deutschland kommen 500 Automobile

Bei

165 Mio. Autofahrten in Deutschland bleiben jährlich im Schnitt drei Plätze frei. Dabei würde schon ein Mitfahrer mehr die CO2-Emissionen pro Kopf um 50 Prozent senken.

Für Menschen ohne Auto www.tamyca.de www.rent-n-roll.de www.nextbike.de www.deinbus.de Für Tauschwütige www.kleiderkreisel.de www.frents.com www.netcycler.de http://bookmooch.com/ Für Weltverbesserer www.foodsharing.de http://www.kitchensurfing.com/ http://lifethek.de www.avocadostore.de Für Wissbegierige www.udacity.com https://p2pu.org/en/ www.skillshare.com www.open.ac.uk Für Freizeitaktivisten www.dogsharing.de https://gidsy.com https://niriu.com/ www.meine-ernte.de

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1Mrd.$ Geschätzter Wert von Airbnb, Plattform für private Unterkünfte

16Mrd. Menschen nutzten Crowdfunding im Jahr 2012

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nachgefragt Vaillant hat sich bei seinen Fachpartnern umgehört, wie sie es mit dem Teilen und Tauschen halten und wie sie den Trend einschätzen.

„Ich habe mit befreundeten Handwerksbetrieben schon einmal Personal getauscht. Wir haben einen Handwerker für klassische Klempnerarbeiten zur Verfügung gestellt und im Gegenzug Hilfe bei einer ­anspruchsvollen Endmontage erhalten. Ein guter Tausch. Skeptisch bin ich beim Verleihen von Werkzeugen, zumal wenn die Haftung nicht geklärt ist.“ Kay Stahl Kay Stahl-Grzeschkowitz Sanitär – Heizung – Solar, Neuendeich

„Ich mache schon seit Jahren gute Erfahrungen im Tauschen oder Leihen von Spezialmaschinen, die zu teuer sind, um sie sich selbst anzuschaffen. Das Ganze funktioniert natürlich auf Vertrauensbasis. In der Regel kenne ich die Kollegen. Privat teile ich DVDs oder CDs. Das ist sinnvoller, als sich alles selbst anzuschaffen.“ Timo Hack Hack GmbH, Nauheim

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Die Schwarmfinanzierung zeigt: Teilen und Tauschen macht der Old Economy zwar Konkurrenz, gibt der Wirtschaft aber zugleich Aufschwung. Michael Kuhndt ist auch Mitglied des Weltwirtschaftsrates, in dem die Sharing Economy Thema ist. „Das Potenzial ist groß“, sagt er, „erreicht werden könnten alle Menschen mit Internetzugang. Das sind mittlerweile allein in Deutschland 80 Prozent der Bevölkerung.“ Der neue Marktplatz bietet daher zahlreiche Chancen für findige Start-ups, die Kuhndt zufolge in Zukunft weiter aus dem Boden schießen werden. 1.000 Neugründungen für Firmen, die auf Nachhaltigkeit und Teilhabe setzen, sind das Ziel der Initiative SPREAD 2050, eines seiner Projekte am Zentrum für nachhaltigen Konsum und Produktion. Grüne Ideen wie Milkrun zum Beispiel, ein Anbieter, der freien Laderaum in Lkw vermietet. Oder clevere wie Friend­ surance. Dort tun sich Menschen zusammen und erhalten bessere Konditionen bei Versicherungen. Die Chancen für neue Ideen wie diese stehen nicht schlecht. Rachel Botsman fand he­ raus: Schon heute hat sich die Bereitschaft der Geldgeber, weltweit in alternative Geschäftsmodelle mindestens 500.000 Dollar

zu investieren, mehr als vervierfacht. Aber auch die Old Economy kann profitieren. „Unternehmen müssen umdenken und sich der Bewegung öffnen“, so Kuhndt. Wie Ikea zum Beispiel. In Schweden können FamilyCard-Besitzer online gebrauchte Möbel des Einrichtungsriesen vertreiben – und der Hersteller verdient mit.

Die Revolution geht weiter Teilen lässt sich so gut wie alles. Warum nicht auch Wissen und Talent? Neben Wikipedia hat sich E-Learning rasant entwickelt – und sprengt mittlerweile die Grenzen der herkömmlichen Bildungssysteme. Denn im Netz gibt es Kurse günstiger oder gleich ganz gratis. 160.000 Studenten sind bei der Online-Universität Udacity registriert. 30.000 bei der Peer 2 Peer University. Investoren steckten jüngst drei Millionen Dollar in Skillshare, eine digitale Tauschbörse für Wissen, bei der jeder zum Lehrer werden kann. Die „Fächer“ sind mitten aus dem Leben gegriffen: Kreativität, Kulinarisches, Unternehmertum, Lifestyle und Technologie. Hier lässt sich etwa lernen, wie man Satirisches schreibt oder mitreißend Ideen verkauft. „Wir sind Zeuge einer Bottom-up-Revolution der ­Bildung“, sagt Michael Karnjanaprakorn,

ZUM WEITERLESEN: Bücher von den Köpfen der Bewegung

Rachel Botsman, Roo Rogers: What’s Mine Is Yours: The Rise of Collaborative Consumption Harper Collins, ca. 14 Euro

„Der nächste Schritt von ‚Collaborative Consumption’ ist der zu ‚Collaborative Lifestyle’.“ Rachel Botsman

Lisa Gansky: The Mesh: Why the Future of Business Is Sharing Penguin 2012, ca. 13 Euro

Mitgründer von Skillshare, in einem Beitrag für das Magazin Coexist. „Vordenker sind die Lernenden, nicht die Institutionen.“ Jeder kann von jedem lernen. Die aufgebrochenen Hierarchien beschleunigen Denkprozesse und fördern die Kreativität. Gelernt wird nicht nur ein Leben lang, sondern per Smartphone oder Tablet-PC auch überall. Wissen teilen ist Rachel Botsman zufolge der nächste Schritt der Bewegung, von „Collaborative Consumption“ zu „Collaborative Lifestyle“. Damit wird aus Zugang Demokratisierung und Tauschen und Teilen hat alle Chancen, nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Gesellschaft zu verändern. Die einzige Bedingung: das Umdenken vom Ich zum Wir.

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weiter denken

Wohin mit dem grünen Strom? Solar- und Windkraftanlagen sollen künftig einen immer größeren Teil des Energiebedarfs decken. Um das ­Versorgungsnetz auch dann stabil zu halten, wenn keine Sonne scheint oder eine Flaute herrscht, braucht es Lösungen, um Ökostrom effizient zu speichern. Ansätze gibt es viele. TEXT  JAN RITTERBACH UND CHRISTIAN WOEHLKE

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er Siegeszug mobiler Endgeräte führt uns täglich vor Augen, wie abhängig wir mittlerweile von kompakten Speichertechnologien sind. Akkus in Handys, Smartphones oder Tablets bleiben dafür das beste Beispiel: Ohne die Möglichkeit, überall und jederzeit Strom fließen zu lassen, müssten die Menschen auf viele Annehmlichkeiten verzichten, die heute als selbstverständlich gelten. In Zukunft gewinnt das Thema Energiespeicherung zusätzlich an Bedeutung – und dies in einer ganz neuen Dimension. Mit der Energiewende hat die Politik eine der größten Strukturreformen in der deutschen Geschichte eingeleitet. Bis 2050 sollen regenerative Quellen den überwiegenden Anteil des Energiebedarfs decken. Dementsprechend bevorzugt das aktuelle Einspeisegesetz (EEG) Strom aus Solar- und Windkraftanlagen. Wann immer in Deutschland der Wind weht oder die Sonne scheint, können Anbieter zu festen Konditionen ihre erneuerbare Energie ins Versorgungsnetz einspeisen. Für Strom aus fossilen Kraftwerken gilt dann: Ich muss leider draußen bleiben. Der schrittweise Umstieg auf regenerative Kraftwerke ist technisch mit zwei großen Herausforderungen ver-

bunden. Neben dem Ausbau der Stromautobahnen muss langfristig auch die Stabilität des Netzes gesichert werden. Knackpunkt ist das neue Prinzip bei der Stromproduktion. Anders als flexible Gas- und Kohlekraftwerke leiten regenerative Erzeugungsanlagen ihren Strom nicht bedarfsorientiert ins Netz, also dann, wenn er gerade gebraucht wird, sondern wenn der Anbieter ihn herstellen kann. Speicherkonzepte, die Versorgungslücken verhindern, werden somit zu unverzichtbaren Bausteinen des zukünftigen Energiesystems. „Wir brauchen Energiespeicher, um das schwankende Energieangebot aus den Erneuerbaren auszugleichen“, so Prof. Ulrich Wagner, Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Nur so könne das Stromnetz der Zukunft ohne Lücken die erforderliche Grundlast bereitstellen. Doch Energie in Form von Strom zu speichern, ist nicht einfach. Nur wenige Lösungen haben sich bislang bewährt, viele Ansätze befinden sich noch in der Entwicklung. 21 grad stellt fünf Methoden vor, denen die Zukunft gehört.

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Das Erdgasnetz als Speicher nutzen Große Hoffnungen setzt die Energieforschung künftig in das „Power-to-Gas“-Verfahren. Das geniale Prinzip dieser Speicherlösung: Überschüssiger Strom aus Windkraft und Photovoltaik wird dazu verwendet, Wasser mittels Elektrolyse in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen. Der Wasserstoff wird anschließend in einem biologischen Verfahren durch Zugabe von CO2 in Methan umgewandelt. Dieses lässt sich danach als Brennstoff nutzen oder im Gasnetz einlagern und bei Bedarf zurückverstromen. Hierbei liegt der Wirkungsgrad allerdings in der Regel noch bei unter 40 Prozent. Dennoch ist das Potenzial von „Power to Gas“ riesig: Erneuerbares Erdgas speichert den Strom langfristig und ist jederzeit abrufbar. Die bestehende Erdgasinfrastruktur kann mit ihrem Speicherreservoir von über 200 Terawattstunden Energie für Monate vorrätig halten. Damit ließen sich zukünftig bis zu 85 Prozent des Stromverbrauchs mit erneuerbaren Energien decken.

Mit Vaillant Energie effizient nutzen Unabhängig von der Speicherfrage ist, wer sich für die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) entscheidet. Damit lässt sich Energie effizient und damit klima- und kostenschonend nutzen. Mit seinen innovativen ecoPOWER Blockheizkraftwerken (BHKW) bietet Vaillant die passenden Produkte – für den professionellen Bedarf ebenso wie für Privathaushalte. Weitere Informationen rund um das spannende Thema Energie bietet das kostenlose Nachschlagewerk Energie kompakt. www.vaillant.de/Warum-Vaillant/ Energie kompakt

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Unterirdische Druckluftspeicher Eine noch wenig verbreitete, aber technisch ausgereifte Alternative sind Druckluftspeicherkraftwerke. Bei einem Stromüberangebot wird durch einen elektrischen Verdichter Luft komprimiert und unter hohem Druck in unterirdische Zellen, sogenannte Kavernen, gepresst. Wenn sich der Energiebedarf im Versorgungsnetz wieder erhöht, kann die Luft freigesetzt und wie beim Pumpspeicherkraftwerk zum Antrieb einer Turbine genutzt werden. Dieses System bietet sich vor allem in den windreichen nördlichen Bundesländern an, in denen die Topografie den Bau von Pumpspeichern verhindert. Es gibt aber auch Nachteile: Während der Entnahme von Luft aus den Kavernen verringert sich der Druck innerhalb des Kraftwerks – und somit auch der Eingangsdruck bei der Turbine. Konventionelle Turbinen sind aber für weitgehend konstanten Druck ausgelegt.

20 Submarine Druckluftspeicher Die Lösung für das Problem der Kavernenspeicher könnte unter Wasser liegen. Derzeit entwickelt die Universität Nottingham ­r iesige Ballons aus Kunstgewebe, die durch Stahlkonstruktionen am Meeresboden befestigt sind. Dank ihnen reduzieren sich die Druckveränderungen beim Ablassen der Kompressionsluft aufgrund des hohen von außen wirkenden Wasserdrucks automatisch auf ein Minimum. Das Speicherpotenzial ist beachtlich: Die aufblasbaren Unterwasserdepots können schon heute Druckluft mit ­einer Wertigkeit von rund 70 Megawattstunden aufnehmen. Mit dieser Menge lässt sich eine Großturbine etwa 14 Stunden lang antreiben. Wie populär der Ansatz submariner Speicher generell ist, zeigen auch aktuelle Arbeiten in den USA und in Kanada. Dort entwerfen Wissenschaftler beispielsweise spezielle Betonkugeln zur Unterwasserspeicherung von Druckluft.

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Das Pumpspeicherkraftwerk Eines der aktuell leistungsstärksten Systeme zur Stromspeicherung ist das Pumpspeicherkraftwerk. Es gilt derzeit als großtechnische Standardlösung, um Energie aus Solar- und Windkraftanlagen zu einem späteren Zeitpunkt nutzbar zu machen. Dabei verwendet das Kraftwerk den zu viel produzierten Strom, um Wasser in ein höher gelegenes Reservoir zu pumpen. Sobald die Nachfrage nach Energie wieder steigt, lässt der Betreiber das gestaute Wasser über Fallrohre zu Turbinen abfließen, die erneut Elektrizität erzeugen. Der Wirkungsgrad dieses Verfahrens liegt je nach Anlagentyp zwischen 60 und 80 Prozent. In Deutschland sind aktuell rund 30 solcher Pumpspeicherwerke mit einer Gesamtleistung von 6,5 Gigawatt in Betrieb. Darüber hinaus gibt es insbesondere im Süden Deutschlands weitere Standorte, die für den Einsatz von Pumpspeicherkraftwerken in Betracht kämen.

21 Elektroautos als Stromspeicher Eine zentrale Rolle als mobiler Stromspeicher könnten in den kommenden Jahrzehnten Elektroautos übernehmen. Nicht benötigter Strom würde dann künftig von den Batterien der E-Mobile aufgenommen. Umgekehrt könnten die Besitzer geregelt Strom aus den Auto-Akkus ins Netz einspeisen, wenn dieser knapp wird oder eine besonders starke Nachfrage herrscht. Voraussetzung für die Realisierung dieses Konzepts ist eine flächendeckende Verbreitung batterieelektrisch betriebener Fahrzeuge. Zudem muss die Batterietechnologie weiterentwickelt werden, da die Speicherkapazitäten bislang nicht ausreichen.

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„In 50 Jahren werden wir kaum noch fossile Energieträger haben.“ Professor Robert Schlögl ist Direktor des neuen Max-Planck-Instituts für chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr. Künftig sollen dort rund 400 inter­ nationale Wissenschaftler erforschen, wie es gelingen kann, grünen Strom effizient zu speichern.

Herr Professor Schlögl, warum ist es so schwer, regenerativen Strom zu speichern?

Weil man Strom bislang nur in Batterien direkt speichern kann. Die haben jedoch den Nachteil, dass sie die gespeicherte Energie in der Elektrode „tragen“ müssen, die Größe und Masse der Elektrode wird damit zum bestimmenden Faktor. Um ein Gefühl für die Unterschiede zu bekommen: Auf einer Batterie kann man eine Energiedichte speichern, die in etwa einem Prozent Energiedichte von normalem Benzin- oder Dieseltreibstoff entspricht. Man braucht also sehr große Batterien, um eine wirklich leistungsfähige Speicherlösung zu bekommen. Mechanische Anlagen wie Pumpwasserspeicher oder Druckluftspeicherwerke sind deshalb momentan die praxistauglicheren Alternativen. Langfristig sehe ich aber gerade in der chemischen Energiespeicherung viel Potenzial. Worum geht es dabei genau?

Die chemische Energiespeicherung ist etwas, was wir prozessmäßig bislang leider noch nicht vollständig beherrschen. Unser Ansatz beim MPI beruht darauf, Strom in chemischen Bindungen zu speichern. Pflanzen machen es uns mit der Fotosynthese vor. Dabei wird Wasser gespalten und aus CO2 mit Sonnenenergie energiereiche Speichermoleküle hergestellt. Leider verhindert die Komplexität der daran beteiligten Reaktionen eine direkte Kopie dieses Verfahrens für die Energiespeicherung aus regenerativen Quellen. Trotzdem gelingt es uns im Labor bereits heute, erneuerbaren Strom in Methangas umzuwandeln – aber eben nur in begrenzter Menge.

Gibt es denn Ansätze, die schon weiterentwickelt sind?

Ja, natürlich. Beispielsweise die Nutzung von Biomasse. Alles, was wir heute schon mit Biomasse machen, ist eine chemische Energiespeicherung, die regenerativ funktioniert. Das bedeutet: Wenn Sie grüne Blätter oder Pflanzenteile direkt in den Energiekreislauf einspeisen, nutzen Sie chemische Energie. Das ist ein Bereich, der sehr gut funktioniert. Den wesentlichen Teil der Energieumwandlung überlassen wir dabei allerdings noch immer der Natur. Wieso kommen wir künftig nicht an neuen Speicherkonzepten vorbei?

Die Notwendigkeit ist uns von der Natur vorgegeben, denn wir werden in 50 bis 200 Jahren keine fossilen Energieträger mehr haben. Bis dahin müssen wir lernen, aus Primärelektrizität einen Energieträger herzustellen. Gelingt uns das nicht, wird unsere Kultur nicht so weiterexistieren können. Wann könnten chemische Energiespeicher erstmals flächendeckend eingesetzt werden?

Das ist seriös schwer zu beantworten. Fakt ist, dass solche Verfahren immer eine gewisse Entwicklungsdauer benötigen. Nehmen Sie nur die Elektrolyse: Der Prozess wird seit 150 Jahren erforscht und noch immer sind wir von sehr seltenen Edelmetallen abhängig. Vermutlich werden die ersten Lösungen, die wir mit begrenzten Reichweiten einsetzen können, weiterentwickelte Batteriesysteme sein. Generell sollte man aber davon absehen, mit einem Paukenschlag das Patentrezept für alle Anwendungen finden zu wollen. Was wir brauchen, ist eine sequenzielle Lösung. Schließlich hat auch die Natur Millionen von Jahren gebraucht, um die passenden Antworten zu geben.

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weiter denken

...eben noch die Welt retten Max Schön ist Unternehmer und leitet die Stiftung 2°. Beim Thema Klimaschutz sind unternehmerisches Handeln und Nachhaltigkeit für ihn kein Widerspruch – ganz im Gegenteil. TEXT  silke butke  fotografie  peter hundert

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er Mann hat viel vor. Er will nicht weniger als die Welt vor dem Klimakollaps bewahren. Und dafür bleibt ihm wenig Zeit. Nicht nur, weil Max Schön als Unternehmer und Vorstand der Stiftung 2° ein viel beschäftigter Mann ist und gleich zum Hamburger Hauptbahnhof muss. „Der Menschheit läuft die Zeit davon“, sagt Max Schön sachlich und verdeutlicht damit gleich zu Beginn des Gesprächs, wie schnell er Dinge auf den Punkt bringen kann: „Das Drama des Klimawandels ist ja nicht nur, dass es ihn gibt, sondern vor ­a llem die Geschwindigkeit, mit der er sich vollzieht. Wenn es uns nicht gelingt, die globale Erderwärmung bis 2050 auf maximal zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Wert zu begrenzen, dann werden wir die Folgen des Klimawandels nicht mehr kontrollieren können – weder ökologisch noch ökonomisch.“

Zeigen, was geht Zwei Grad – dieser Wert hat für Max Schön eine zentrale Bedeutung. Seit November 2011 ist der 51-Jährige Vorstand der gleichnamigen Stiftung, die von zwölf Vorstandsvorsitzenden, Geschäftsführern und Familienunternehmern ins Leben gerufen wurde. „Unser

Ziel ist es, durch Vorbilder und Beispiele zu überzeugen“, erläutert Schön beim Gespräch in der Firmenzentrale des Hamburger Handelsunternehmens Otto. „Es geht uns darum zu zeigen, dass sich gut wirtschaften lässt, ohne Klima und Umwelt zu zerstören. Das verdeutlichen wir anhand von beispielhaften Lösungsansätzen, Maßnahmen und Kooperationen.“ Ein solches Beispiel ist etwa das Unternehmen Puma. Der Sportartikelhersteller hat die weltweit erste ökologische Gewinn- und Verlustrechnung eingeführt, die dem Unternehmen als Maßstab und Ausgangspunkt dient, um seinen ökologischen Fußabdruck im Kerngeschäft und auf allen Stufen der Beschaffungskette zu verkleinern. Dazu hat Puma die zentralen Umweltindikatoren Wasserverbrauch, Treibhausgasemissionen, Landnutzung, Luftschadstoffe und Abfall berechnet.

Keine Kompromisse Mit ihrem Engagement wollen die Mitglieder der Stiftung anderen Unternehmen Mut machen – und sie wollen noch mehr. Das zweite zentrale Anliegen, das sich 2° auf die Fahnen geschrieben hat, bezeichnet Max

Schön als „den politischen Teil“. Er meint damit die Aufgabe, ein zügiges Umsteuern in der Klima- und Energiepolitik voranzutreiben. „Unser gesellschaftliches und wirtschaftliches System bildet die Klimaschutz­ erfordernisse bei Weitem nicht ausreichend ab“, erklärt er. „Um dieser Herausforderung zu begegnen, brauchen wir andere politische Rahmenbedingungen, einen Fahrplan mit verbindlichen Zwischenschritten und neue Formen der Zusammenarbeit.“

Quer- und vordenken Das alles klingt nach umwälzenden Veränderungen – und scheint irgendwie ziemlich weit weg vom normalen Durchschnittsbürger. Doch wer daraus schließt, Klimaschutz sei ausschließlich ein Thema für Entscheider in Wirtschaft und Politik, der hat Max Schön schlicht falsch verstanden. Der Mann, den seine Kollegen als Vor- und Querdenker bezeichnen, hat zwar das große Ganze im Blick. Er entlässt dabei jedoch den Einzelnen nicht aus seiner Verantwortung: „Jeder von uns ist verantwortlich – und jeder kann in seinem Umfeld eine Menge bewirken. Das sollte uns allen stets bewusst sein“, betont Schön. „Jede Kaufentscheidung ist eine Entscheidung für oder gegen

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Steckbrief Max Schön Das sollte jeder gelesen haben: als LÜBECKER würde ich sagen: die Buddenbrooks. Entspannung finden Sie am besten … in den Bergen oder am Meer, wenn ich weit blicken kann. Angst macht Ihnen … so richtig eigentlich nichts. Mut macht Ihnen … Menschen zu sehen, die die Kraft und den Mut haben, Neues anzupacken – ohne schon vorher genau zu wissen, wie es am Ende ausgeht. Darauf würden Sie nicht verzichten: … auf meine familie und meine freunde. Ihr schlechtestes Fach in der Schule war … EDV. Bei einer langweiligen Sitzung … versuche ich, mir etwas einfallen zu lassen, um alle aus der Langeweile herauszuholen. Die besten Ideen kommen Ihnen … meistens, wenn ich unterwegs bin – und manchmal auch bei einem Bier. Ein bislang unerfüllter Lebenstraum für Sie ist … eine lange Reise durch eine groSSe Wüste. Handy, Smartphone und Computer sind für Sie … Arbeitsgeräte, unerlässlich – aber manchmal auch ganz schön nervig. Klimaschutz bedeutet für Sie persönlich … die zurzeit vielleicht wichtigste und zugleich anspruchsvollste Herausforderung für die Menschheit. Von Ihren Kindern haben Sie gelernt, dass … aus einem anderen Betrachtungswinkel vieles, das bekannt scheint, plötzlich wieder neu aussieht – oder anders.

weiter denken

„Jede Kaufentscheidung ist eine Entscheidung für oder gegen das Klima. Mit jeder Wahlentscheidung nehmen wir Einfluss auf die Gestaltung unseres Systems.“ Max Schön

das Klima. Mit jeder Wahlentscheidung nehmen wir Einfluss auf die Gestaltung unseres Wirtschaftssystems. Jeder hat die Möglichkeit, sich einzubringen, sich zu Wort zu melden – oder eben nicht. Das alles sind viele einzelne Entscheidungen, die in der Summe ein enormes Macht- und Veränderungspotenzial in sich bergen.“

Geerdetes Engagement

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Es sind nicht alles neue Erkenntnisse, die Max Schön thematisiert. Aber seine Worte haben Wirkung. Er zählt zu den Personen, denen man zuhört – weil sie Zusammenhänge verdeutlichen können, Dinge klar beim Namen nennen und in ihrem Engagement glaubwürdig sind: Klimaschutz nicht nur als strategisches Thema auf einer Agenda, sondern auch als persönliches Anliegen. „Mein Nachhaltigkeitsverständnis hat sich während meines Studiums entwickelt und seither lerne ich ständig dazu“, erzählt Max Schön. Er selber hat mittlerweile eine Pelletheizung im Keller, eine Solarthermieanlage auf dem Dach, und um von A nach B zu kommen, nutzt er so oft wie möglich öffentliche Verkehrsmittel – oder das Fahrrad. „Aber das ist immer noch zu wenig“, sagt der 51-Jährige und lacht. „Keiner von uns könnte wohl behaupten, mit dem Thema Klimaschutz ganz durch zu sein. Ich auch nicht.“

Künftigen Generationen verpflichtet Wenn man Max Schön nach seinem Antrieb für sein vielfältiges Engagement fragt, muss er nicht lange überlegen: „Das ist zum einen meine große Freude an der Natur, die wir zurzeit einem enormen Belastungstest unterziehen“, so Schön. „Zum anderen spielen meine Kinder eine ganz entscheidende Rolle. Ich stelle mir häufig die Frage, was wir ihrer Generation hinterlassen.“

Dieses ausgeprägte Bewusstsein, Verantwortung zu übernehmen, hat bei Max Schön viel mit seiner Rolle als Unternehmer zu tun. Mit 23 Jahren übernahm der studierte Betriebswirt nach dem Tod seines Vaters den elterlichen Betrieb, einen Großhandel für Stahl, Röhren, Werkzeuge, Maschinen, Haustechnikprodukte und Küchen. „Auf diese Weise habe ich schon früh erfahren, was es bedeutet, für das eigene Handeln verantwortlich zu sein. Meine Eltern haben mich in dieser Hinsicht sehr geprägt. Das Prinzip der Eigenverantwortung spielte bei uns immer schon eine sehr wichtige Rolle.“ Bis heute ist er als Unternehmer tätig – auch wenn sich der elterliche Lübecker Familienbetrieb mittlerweile stark verändert hat. „Diese Erdung ist mir sehr wichtig. Sie hilft mir immer wieder, Vorschläge und Ideen einzuordnen und zu hinterfragen. Das Thema Nachhaltigkeit ist für mich mittlerweile allerdings noch wichtiger geworden. Mein Haupteinsatz an Energie, Zeit und Geist gilt heute dem Klimaschutz“, erklärt Max Schön, der nicht nur der Stiftung 2° vorsteht, sondern unter anderem auch Präsident der Deutschen Gesellschaft des Club of Rome und Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung ist.

Die Möglichkeiten sehen Die Stunde ist um. Max Schön muss nach Berlin, dem Sitz der Stiftung 2°. Dabei gäbe es noch so vieles, über das man sich unterhalten könnte. Auf der Fahrt im Taxi zum Bahnhof ist noch Zeit für die Frage, wie jemand, der Klimaschutz sozusagen hauptberuflich betreibt, mit Rückschlägen umgeht. Kommt auch Max Schön mal der Gedanke, dass der ganze Einsatz eventuell doch nichts bringt? Dass die Menschheit zu langsam handelt? Der 51-Jährige denkt kurz nach und schaut dabei aus dem Fenster. „Ja,

solche Punkte gibt es durchaus“, gibt er zu. „Allerdings sehr selten. Und ich lasse mich dadurch nicht frustrieren, weil ich ein optimistischer Typ bin. Ich denke grundsätzlich erst einmal an die Möglichkeiten und nicht an die Untergangsszenarien. Ich kann ja meine Verantwortung nicht einfach abgeben, nur weil ich einen erschreckenden Bericht über die Erderwärmung gelesen habe. Im Gegenteil: Das befeuert vielmehr meine Entschlossenheit zu handeln.“

nachhaltig unterwegs Auch Vaillant setzt sich engagiert für Klima, Umwelt und Gesellschaft ein. So gehört die Vaillant Group seit dem 24. Oktober 2011 dem Global Compact der Vereinten Nationen an. Die Teilnehmer verpflichten sich, ihr Handeln und ihre Strategie an zehn uni­ versell anerkannten Prinzipien aus den ­Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung auszurichten. Nähere Informationen bietet der Nachhaltigkeitsbericht des Unternehmens, der zum Download unter www.vaillant.de/WarumVaillant/Nachhaltigkeit bereitsteht. ­W issenswertes rund um das Thema finden interessierte Leser außerdem unter www.vaillant-group.de, „Nachhaltigkeit“

weiter denken

Wilhelm Busch hinterließ der Welt die Geschichte von Max und Moritz. Auch wenn Sie kein berühmter Dichter sind: Sie können etwas Bleibendes für die Nachwelt schaffen. Mit einem Testament oder einer Stiftung zugunsten von UNICEF. Wir informieren Sie gern: UNICEF, Höninger Weg 104, 50969 Köln, Tel. 0221/93650-252, www.unicef.de.

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weiter denken

WeiSSt Du, wo die Sternlein stehen? In diesen Wochen zeigt sich der Nachthimmel von seiner schönsten Seite. Wer genau hinschaut, kann schnell imposante Sternbilder entdecken. TEXT  ULRICH NITSCHE

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Mehr als 100 Milliarden Sterne vermuten Astrologen allein in unserer Galaxie. Wer da den Überblick behalten will, muss kreativ sein. Schon in der Antike versuchten Babylonier, Ägypter und Griechen, sich Orientierung am Firmament zu verschaffen. Dazu fassten sie die Sterne einer bestimmten Himmels­ region zu mythischen Figuren zusammen. Das Ergebnis ihrer Himmelskunst: 88 Sternzeichen, die bis heute ihre Gültigkeit haben.

Sternbilder finden leicht gemacht Gerade in Herbst und Winter lohnt sich in unseren Breiten der Blick zum Nachthimmel. Denn in der kalten Luft ist das Sternenlicht nicht so verzerrt wie in warmen Sommernächten. Nicht nur die Milchstraße ist jetzt deutlich zu erkennen, auch die auffälligen Wintersternbilder sind relativ leicht zu finden. Deshalb warm anziehen und nichts wie raus in die Sternennacht. Wie sagt es doch schon Goethe so trefflich: „Die Sterne, die begehrt man nicht, man freut sich ihrer Pracht. Und mit Entzücken blickt man auf in jeder heitern Nacht.“

Der Große Hund ist treuer Begleiter des Himmelsjägers Orion. Das Sternbild enthält zahl­reiche helle Sterne, deren Konstellation an einen Hund mit ausgestreckten Pfoten erinnert. Er liegt etwa auf Höhe der drei Gürtelsterne des Orion und folgt ihm am Nachthimmel. Mit ­Sirius (übersetzt: der Brennende) leuchtet der hellste Stern am gesamten Firmament im ­Großen Hund. Sein rötliches Flackern macht ihn leicht auffindbar.

Hilfsmittel für Sternensucher Auch für Hobby-Astronomen ist das Internet eine lohnende Fundgrube. Drehbare Sternkarten erleichtern die Orientierung am Himmel. Durch Einstellung von Datum und Uhrzeit zeigen sie an, welche Sterne wo am Himmel zu sehen sind. Kostenlose Bastelsets unter

Am Computer lässt sich auch der Lauf der Sterne simulieren. Die Astronomie-Software Stellarium ist ein kostenloses, quelloffenes Planetarium für den heimischen Rechner. Es zeigt an einem 3-D-Himmel unter anderem auch die Himmelsstandorte aktueller Sternbilder.

www.astro-ag.uni-oldenburg.de/Download/Drehbare/

www.stellarium.org

weiter denken

Aufgrund der markanten V-Form und seiner hellen Sterne ist der Stier den ganzen Winter über gut am Abendhimmel sichtbar. Er steht rechts oberhalb des Orion und enthält zwei prominente Sternenhaufen: Die Hyaden bilden den Kopf des Stieres, an seiner Schulter zeigen sich die Plejaden. Der rötliche Hauptstern Aldebaran, einer der hellsten Sterne am Himmel, stellt das Stierauge dar. Er ist ein sogenannter Roter Riese, ein aufgeblähter Stern, dessen Ende absehbar ist. Astronomen rechnen damit, dass er in einigen Hundert Jahren erlischt.

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Es ist eines der auffälligsten Winterstern­ bilder, an seinen hell leuchtenden Sternen orientierten sich schon die Seefahrer der Antike: Orion, auch Himmelsjäger genannt, bildet ein gut erkennbares X am Himmel. Markant sind die beiden Schultersterne und ein Kniestern. Drei Sterne bilden den Gürtel, an dem das Schwert des Orion hängt. Hier ist in klaren Nächten der Orionnebel auch mit bloßem Auge gut erkennbar. Der Hase gehört zu den wenigen Sternbildern, bei denen der Name und die Konturen schon auf den ersten Blick übereinstimmen. Das kleine Sternbild verfügt über viele gut sichtbare Sterne und ist am besten ab Herbstende zu finden. Der Hase kauert unterhalb der Füße des Orion und sucht scheinbar Schutz vor dem Großen Hund.

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Verborgene Schönheiten Tief im Inneren der Erde träumen sie scheinbar still vor sich hin. Doch tatsächlich bieten unterirdische Seen speziellen Krebs- und Fischarten ungewöhnlichen Lebensraum. TEXT  sabine schrör

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Der Große: Die in der mallorquinischen Region Llevant gelegenen Höhlen Coves del Drac besitzen den größten unterirdischen See Europas. Das begehbare Höhlensystem, in dem sich sechs weitere Seen befinden, erstreckt sich über eine Länge von 1.700 Metern.

Schweizer Original: Der Lac Souterrain ­ Saint-Léonard ist mit 6.000 Quadratmeter Seefläche einer der größten unterirdischen Seen Europas. Der Eingang zur Höhle liegt am Fuße von Wein­ bergen in der Gemeinde Saint-Léonard, zwischen Sion und Sierre im Schweizer Kanton Wallis.

Hort der Götter: Der unterirdische See Melissani ist eine der ­Hauptattraktionen der griechischen Insel Kefalonia. In der Antike war der Ort eine Kultstätte des Hirtengottes Pan. Zur Mittagszeit dringt viel Tageslicht in die Grotte. Der Wasserspiegel befindet sich über dem Meeresspiegel.

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Aus Billy wird Frank – das ist die Idee hinter dem Kult­möbelstück des Kölners Oliver Schübbe. Von der Seiten­platte bis zur Rückwand findet sich im wunderbar windschiefen Designregal alles vom alten Ikea-Gefährten wieder. Das ­Regal lässt sich individuell zu www.os2-designgroup.de

Wundergrotten: Grutas de Maravillas heißen die Tropfsteinhöhlen im spanischen Aracena. Kein Wunder, schließlich bilden sie eine spektakuläre geologische Formation, die mehr als 100 Meter tief in die Erde reicht. Die grün, blau und rosa schimmernden Stalagmiten und ­Stalaktiten spiegeln sich in den unterirdischen Seen und gaben einer der Höhlen den Beinamen „Glassammlung Gottes“.

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Vom Schwein entdeckt: Der Cenote Dzitnup im mexikanischen Yucatán wurde um 1950 zufällig von einem Schwein entdeckt. Im klaren Wasser des winzigen unterirdischen Sees leben viele Fische.

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STADT-OASEN FÜR JEDERMANN Ob in Baulücken oder in Transportkisten: In Deutschlands ­Metropolen wird fleißig gesät, gejätet und geerntet. Fast jeder freie Fleck wird genutzt, der Trend heißt Urban Gardening. TEXT  JOHANNA STROEX / ULRICH NITSCHE

Der Prinzessinnengarten in Berlin bietet viel Platz für Landwirtschaft in Eigenregie

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infach nur Bioware zu kaufen, reicht vielen nicht mehr – selbst anbauen heißt die Devise. Denn was könnte frischer sein, was besser schmecken als selbst gezogenes Obst und Gemüse? Mit viel Fantasie und jeder Menge Kreativität verwandeln die neuen Stadtbauern triste Betonbrachen in grüne Oasen.

Beete in der Baulücke Es duftet nach Kräutern und frisch umgegrabener Erde. Und das mitten im Wohngebiet. In einer Baulücke zwischen zwei Mietshäusern in Düsseldorf wachsen Tomaten, Zucchini, Kartoffeln und Erdbeeren. „Früher war hier ein Spielplatz“, erzählt Nicole Gazlig, Mitglied der „Oberbilker Stadtgärtner“, „dieser wurde jedoch kaum genutzt. Daher entschied die Stadt 2006, die Fläche in einen Gemeinschaftsgarten umzubauen.“

Gesagt, getan. Mit Unterstützung der Jugendberufshilfe gGmbH wurde das 600 Quadratmeter große Areal in einen Garten verwandelt, inklusive Sandkasten für Kleinkinder und Brunnen zur Bewässerung. Seitdem bauen hier sieben Parteien aus ganz Düsseldorf in separaten Beeten allerlei Gemüse an. „So ein Garten ist viel Arbeit, er macht aber auch stolz“, sagt Nicole Gazlig. Sie ist seit rund vier Jahren dabei. „Es ist schön zu sehen, wie die selbst gesäten Pflanzen wachsen und gedeihen.“ Auch ihre zwei Jungs Finn (12) und Linus (6) helfen gerne mit. „Hier lernen sie die Pflanzenvielfalt kennen und bekommen ganz nebenbei einen Bezug zu dem, was sie essen.“

Kräuter im TetraPak Ortswechsel, Berlin, Moritzplatz. Hier, wo die Bezirke Kreuzberg und Mitte in Betonöde

zusammentreffen, hat sich eine Brachfläche in eine bunte Kleinlandschaft verwandelt: den Prinzessinnengarten. Gepflanzt wird jedoch nicht in Erde, sondern in recycelten Bäckerkisten, Reissäcken und Tetrapaks. Das ermöglicht einen Anbau auch auf versiegelter Fläche. Der Prinzessinnengarten ist offen für alle. Jedermann kann dort pflanzen, zupfen, gießen und schließlich ernten, was er oder sie gesät und gepflegt hat. Hier steht das Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund. Dabei soll der Gemüseanbau vor allem die unterschiedlichen Nationalitäten und Generationen im MultikultiKiez ins Gespräch bringen. „Und das funktioniert am besten über Lebensmittel“, weiß Robert Shaw, Gründer des Prinzessinnengartens. „Essen ist der kleinste gemeinsame Nenner, der wirklich alle Menschen verbindet.“

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„Essen ist der kleinste gemeinsame Nenner, der wirklich alle Menschen verbindet.“ Robert Shaw

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Beim Urban Gardening im Berliner Prinzessinnengarten kommen Menschen unterschiedlicher Kulturkreise zusammen

Grüner Wohnen

Städter als Feld-Herren Ein anderes Konzept verfolgt Jule Vickery. Vor den Toren Hamburgs hat sie zusammen mit ihrem Mann Henry die Initiative „Erntezeit“ gegründet. Getreu dem Motto „Wir pflügen, säen und pflanzen – ihr pflegt, erntet und erholt euch“ bietet die Mutter von drei Kindern fertig bestellte Felder für Gartenliebhaber und Feinschmecker. Auf Ackerstreifen von 25 mal zwei Metern gedeihen mehr als zwei Dutzend unterschiedliche Kräuter- und Gemüsesorten. Hier liegen die Beete zwar nicht direkt vor der Haustür, dafür gibt’s frische Landluft inklusive. Zudem müssen die Pflanzen nicht extra gegossen werden. „Es reicht im Grunde aus, sechsmal in der Saison vorbeizukommen“, so Jule Vickery, „wer möchte, kommt auch öfter.“ Beim Jäten und Ernten finden sich Menschen aller sozialen Schichten ein. „Klar haben wir viele Familien mit Kindern. Aber auch Rentner, Hartz-IV-Empfänger, Studenten

und Manager“, erzählt Jule Vickery. „Es sind einfach Menschen, die Wert darauf legen, ihr eigenes Gemüse heranzuziehen.“

Stadtfarmen der Zukunft Der Trend zum Gärtnern in der Stadt entwickelt sich weiter, nach Urban Gardening kommt Urban Farming. Statt auf dem Land soll das Gemüse für ganze Städte vor Ort produziert werden. Konkrete Ideen gibt es bereits. Das Berliner Start-up-Unternehmen Efficient City Farming (ECF) vertreibt sogenannte Containerfarmen. Sie bestehen aus einem ausrangierten Container mit integriertem Fischtank und einem aufgesetzten Gewächshaus. Hier wird gleichzeitig Gemüseanbau und Fischaufzucht betrieben – Barsche und Tomaten bilden scheinbar eine perfekte Wohngemeinschaft. „Das System ist ein geschlossener biologischer Kreislauf“, erklärt Christian Echternacht, Mitbegründer von

ECF, „durch Zirkulation wird der Wasserbedarf erheblich verringert und das Gemüse natürlich gedüngt.“ Schon bald will ECF auf dem Gelände der Berliner Malzfabrik ein „ECF-Center“ bauen, mit einem Gewächshaus von 1.000 Quadratmetern und einer Zehn-Tonnen-Fischzucht. Bis sich Großstädte komplett selbst versorgen können, ist aber noch viel Forschergeist notwendig. Bis dahin werden weiter Balkone, Dächer und Brachen bepflanzt. So wächst neben gesunder Nahrung auch das Gemeinschaftsgefühl im Großstadtdschungel. Wie sagt es Jule Vickery so schön: „Gärtnern – das macht einfach glücklich.“

www.prinzessinnengarten.net www.gaertnernmachtgluecklich.de

37 DAS ECF-SYSTEM: Aquaponic macht sich die Symbiose der Natur zunutze: Die Nährstoffe aus der Fischfarm werden als natürliche Düngemittel für die Aufzucht der Pflanzen verwendet und so recycelt. Der Rest des Wassers wird gefiltert und fließt zurück ins Becken.

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Eisbrecher Wenn es draußen frostig wird, sehnen sich Körper und Seele nach wohliger Wärme. Die winterliche Kälte lässt sich auf viele Arten vertreiben – eine wohltemperierte Auswahl. TEXT  Sabine schrör

Feuer schlucken Ohne Gewürze wäre die kulinarische Welt um einiges ärmer, denn viele Speisen erhalten erst durch Nelken, Rosmarin und Co. ihren einzigartigen Geschmack. Doch einige der Gaumenkitzler können noch viel mehr: Sie spenden Wärme, von innen. Besonders Kardamom, Sternanis, Pfeffer, Kreuzkümmel, Zimt und Ingwer ­drehen den körpereigenen Thermostaten so richtig auf. Kombiniert mit ebenfalls wärmespendendem Ziegenfleisch, Maronen oder Granatapfel, kann man sich glatt die dicke Jacke sparen.

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Wärme spenden Bedürftigen Menschen zu helfen, wärmt auch die eigene Seele. Vaillant engagiert sich seit Jahren kontinuierlich im sozialen und gesellschaftlichen Bereich. Etwa mit der Aktion „Spenden statt Geschenke“. Statt Geschäftspartner mit Weihnachtsgeschenken zu bedenken, spendet das Unternehmen Jahr für Jahr den entsprechenden Betrag an eine gemeinnützige Organisation. Im Jahr 2011 freute sich die Aktion Lichtblicke über die Unterstützung. Die Initiative hilft seit 1998 den Kleinsten und Schwächsten in unserer Gesellschaft: in Not geratenen Kindern und Jugendlichen aus Nordrhein-Westfalen und deren Familien. www.lichtblicke.de

Achtung, heiSS! Drei ultimative Wärmespender: 1. Rote Kleidung tragen – Rote Kleidung hält wärmer als blaue, weil Rot im Gehirn andere Nervenimpulse auslöst. Rot wird als warm empfunden und fühlt sich auch so an. 2. Chilischoten in die Socken packen, um die Füße zu wärmen – das funktionierte schon im alten Japan dank des in den Schoten enthaltenen scharfen Wirkstoffs Capsaicin. Aber Vorsicht: Die scharfen Pflänzchen können Löcher in die Socken brennen! 3. Rum im Tee weglassen – der wärmt nämlich nur ein paar Minuten lang. Dann verengt er die Kapillaren und man fühlt sich noch kälter.

Nähe erleben Hersteller: Huch & Friends Preis: 19,95 Euro Willst du mit mir spielen? Ein klares „Ja“ erhält auf diese Frage, wer das neue Brettspiel Talat, arabisch für Drei, besitzt. Dabei ringen bis zu drei Spieler auf drei Spielbrettern mit Türmen in drei Größen und drei Farben um den Sieg. Wer die meisten gegnerischen Türme gefangen nimmt, gewinnt. Das Strategiespiel erhielt den ToyAward 2012 in der Kategorie Teenager/­ Familie. Für zwei bis drei Spieler, ab acht Jahren.

Seele streicheln Durch warmes Wasser gleiten, vollkommen entspannt, geborgen in den Armen eines Fremden: Wasser-Shiatsu wärmt Körper und Seele. Dabei muss man selbst weder körperlich noch mental aktiv werden. Die Teilnehmer steigen einfach in einen körperwarm temperierten Pool und schließen die Augen. Ihr Begleiter trägt Sie, zusammen mit dem Wasser, wie auf einem weich gepolsterten Massagetisch. Das Ur-Element Wasser vermittelt ein Gefühl von tiefer Geborgenheit, unterstützt Veränderungsprozesse und lässt Vertrauen entstehen. www.watsu.de

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Schreck lass nach Geh bloß nicht weiter, siehst du denn nicht?! Der Schatten an der Wand, das Messer, der Killer? Warum gehst du jetzt ausgerechnet in diese dunkle Ecke, das ist doch eine Falle. Geh da bloß nicht rein, nein! Oh Gott, ich kann gar nicht hinsehen … TEXT  leonie kitscha

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nd doch tun es die meisten Deutschen. Oder sie blättern tapfer auf die nächste Seite um. Gruseln ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Horrorfilme und Psychoschocker locken Scharen in die Kinos, kaum ein Sonntagabend vergeht ohne TV-Leiche und ermittelnde Hauptkommissare, keine Kirmes ohne Geisterbahn. Etwa zwei Bücher liest der Deutsche im Schnitt pro Jahr. Rund die Hälfte entscheidet sich dabei für einen Krimi oder Thriller. Woher kommt diese Lust, sich mit perfiden Morden, psychopathischen Killern und unheimlichen Wesen wie Vampiren, Zombies oder Gespenstern die Zeit zu vertreiben? „Gruseln ist eine Erfahrung, die wir erst einmal gar nicht machen wollen“, sagt Professor Peter Kropp vom Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Rostock. Verständlich, denn Grusel ist eine Mischung aus Angst vor dem Unbekannten, dem Erschrecken vor etwas Unheimlichem und Ekel. Dass sich jedoch Tausende freiwillig diesem Gefühl aussetzen, liegt maßgeblich daran, dass es wieder vorbeigeht. „Ich übe Kontrolle aus über unangenehme Dinge, die mir vermeintlich zustoßen, und habe dadurch quasi bei mir selbst „einen Stein im Brett“, so Professor Kropp. „Das ist ein tolles Gefühl.“

Wenn es wie im Buch oder auf der Leinwand eine virtuelle und keine reale Gefahr ist, die zudem noch jemanden anderen trifft, kann das daher lustvoll sein. Herzrasen, verschwitzte Hände, Kurzatmigkeit – typische Anzeichen von körperlicher Erregung. Nicht umsonst sprechen passionierte Krimi-Leser gerne vom „wohligen Schauer“, der ihnen über den Rücken läuft, wenn sie ihrem Lieblingsermittler bei der Suche nach dem Übeltäter durch die Seiten folgen.

Erschrecken als Überlebensstrategie Wohldosiertes Grauen bereitet jedoch nicht nur Wohlbehagen, sondern erfüllt auch eine wichtige Funktion. „Wir brauchen Gruselerfahrungen, um Ängste kanalisieren und bewältigen zu können. Sehen wir zum Beispiel eine Spinne, gruseln wir uns und es ist auch Erschrecken dabei. Wenn wir öfters Gruselerfahrungen machen, dann sind wir wie geimpft. Wir bauen eine konditionelle Angsthemmung auf. Wir können uns dann künftig besser in einer Welt bewegen, wo uns links und rechts unangenehme Dinge wie eben Spinnen begegnen“, so Kropp. Die Erfahrung, dass angstauslösende Dinge wieder verschwinden, sich also bewältigen lassen, nennt die Psychologie „negative Verstärkung“. Bereits Kleinkinder mögen kalkulierbare Schreckmomente. Sie lieben es, von Mama

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„Grusel ist eine Erfahrung, die wir erst einmal nicht machen wollen.“ Prof. Dr. Kropp

und Papa in die Luft geworfen zu werden, wohl wissend, dass sie sicher wieder in den Armen der Eltern landen. Das Vergnügen an gruseligen Dingen muss sich jedoch erst entwickeln. „Kinder können sich schon mit drei Jahren gerne gruseln. Zum Beispiel, wenn sich jemand hinter einer Maske versteckt. Sie erschrecken sich zuerst und weinen, nehmen diese Erfahrung zunächst einmal als unangenehm wahr. Wenn sie merken, dass ihnen nichts passiert, kann das Weinen in Lachen übergehen. Die Kinder beginnen dann, mit dieser lustvollen Erregung zu spielen, und nehmen das Erschrecken letztlich als spannend wahr.“

Andreas Winkelmann: Wassermanns Zorn, Rowohlt, ca. 15 Euro

Extrovertierte suchen mehr Spannung Wie viel Grusel gut ist, lässt sich jedoch nicht pauschal beantworten. Die Schmerzgrenze ist bei Kindern und Erwachsenen individuell. Zart besaiteten Naturen reichen bereits die allabendlichen Nachrichten, Hartgesottene bleiben auch bei literweise Kunstblut und Gemetzel verhältnismäßig gelassen. „Studien besagen, dass Extrovertierte mehr Thrills benötigen“, sagt Professor Kropp. „Diese Menschen brauchen mehr Anregung von außen, die beispielsweise eine Achterbahnfahrt oder ein Horrorfilm liefern kann, um ein optimales inneres Erregungsniveau zu bekommen. Introvertierte Menschen hingegen sind schon von vornherein leichter erregbar und benötigen deswegen weniger Thrill in ihrem Leben“, sagt Professor Kropp. „Das kann daran liegen, dass sie mehr Informationen verarbeiten als andere und diese insgesamt zur Aktivierung dieser Erregungssysteme nutzen. Das ist eine Persönlichkeitseigenschaft. Es lassen sich hier schöne Parallelen vom Gruseln zum Autofahren ziehen: Es gibt Menschen, die müssen auf der Straße Vollgas geben, um sich hinter dem Steuer wohlzufühlen.“

Christ Priestly: Onkel Montagues Schauergeschichten, ab 13 J., Bloomsbury, ca. 16 Euro

Edgar Allan Poe, Hörspiel Lübbe Audio, ca. 8 Euro pro Hörbuch

Alfred Hitchcock Collection, Box Set, (15-DVDs), ca. 50 Euro

1.535 Minuten nervliche Anspannung Das Grauen kommt leise, aber es kommt. Unaufhaltsam. Selbst wer Hitchcocks Klassiker wie „Das Fenster zum Hof“, „Vertigo“ oder „Die Vögel“ bereits kennt, dem wird immer wieder ein Schauer über den Rücken laufen, so perfekt hat der Meister der Suspense die menschlichen Abgründe inszeniert. Die 14 größten Leinwand-Thriller und eine Bonus-DVD geben einen umfassenden Einblick in das Schaffen des Regisseurs.

Nach einer Idee von Dicky Hank, Marc Sieper und Thomas Weigelt

Edgar Allan Poe Ulrich Pleitgen Leonie Goron Iris Berben Dr. Templeton Till Hagen Schauspieler Tobias Kluckert alter Buchhändler Rüdiger Kuhlbrodt

Passant Ligeia Nachtwächter Prolog Deutsch Prolog Englisch

Marius Clarén Karen Schulz-Vobach Carsten Wilhelm Heinz Rudolf Kunze Mechthild Jackson

sowie Michael Hermann, Marco Feeser, Anja B. Kaul und Werner Braunschädel Musik: Streichquartett Akkordeon Klarinette

Beatrix Hellhammer, Ulrike Widenhof, Stephan Sieben, James Bush Klaus Staab Tim Weiland

sowie das Filmorchester Berlin unter der Leitung von Christian Hagitte und die Potsdamer Kantorei an der Erlöserkirche unter Leitung von Ud Joffé Katharina Franck Titel: “Ligeia“ vom Album „Edgar Allan Poe – Visionen“

Musik: Katharina Franck, mit einem Streicherarrangement von Christian Hagitte Text: Katharina Franck, Produktion: Katharina Franck für „Edgar Allan Poe – Visionen“; Lübbe Audio

Ligeia The trees were dark in colour, Die Bäume waren von dunkler Farbe and mournful in form and attitude, und trauernder Gestalt; wreathing themselves into sad, solemn, and spectral shapes sie wuchsen in traurigen, feierlichen Formen; that conveyed ideas of mortal sorrow and untimely dead. in denen sich tödlicher Schmerz und vorzeitiger Tod spiegelten.

Cover und Inlaycard: © by Simon Marsden, www.simonmarsden.co.uk | Artwork: Thomas Krämer, Druck & Grafik Siebel

E.A. Poe – Folge 34_Book außen.indd 1

Schön schaurig für Kinder Edgar besucht in den Ferien gern seinen Onkel Montague, weil der immer so spannende Gruselgeschichten erzählt. Doch diesmal wundert sich der Neffe doch sehr über den kauzigen alten Mann, der das einsame Haus nicht mehr verlässt, in dem es so seltsame ­Geräusche gibt. Und dann sind da noch im Arbeitszimmer all die Hexen, Dämonen und verwunschenen Bäume, über die der Onkel sonst nur erzählt …

Einst, um eine Mitternacht graulich … „Der Rabe“, „Der Untergang des Hauses Usher“ und „Das verräterische Herz“: Wer sich ernsthaft gruseln möchte, kommt an den subtilen, schaurigen Kurzgeschichten und Gedichten von Edgar Allan Poe nicht vorbei. Große Literatur, die gerade gelesen unter die Haut geht. Mehr als 30 Kurzgeschichten wurden bereits als Audiobook vertont, unter anderem mit Iris Berben und Ulrich Pleitgen.

Edgar Allan Poe - Ligeia

Hörspieladaption: Melchior Hala Regie, Hörspielmusik, Ton: Simon Bertling und Christian Hagitte Schnitt und Nachbearbeitung: Almut Schwacke Produktionsassistenz: Katharina Degen und Marc-Philipp Schneider

Stille Wasser sind abgrundtief Eins ist sicher: Nach dieser Lektüre lässt sich nicht mehr unbefangen baden. Denn in „Wassermanns Zorn“ ereilt Menschen der Tod am See. Wie von einer unsichtbaren Macht werden sie in die Tiefe gezogen. Nach „Blinder Instinkt“ und „Bleicher Tod“ der nächste Thriller von Andreas Winkelmann mit Potenzial zum Bestseller. Überraschende Wendungen inklusive.

16.07.2009 16:41:20 Uhr

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Kopfkino ist weniger gruselig

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Auch was als unheimlich empfunden wird, ist von Person zu Person unterschiedlich. Für die einen ist es die Konfrontation mit dem Tod durch Zombies, Gespenster oder Skelette. Für die anderen ist es der Ekel beim Anblick einer langbeinigen Spinne oder das Gefühl der Unkontrollierbarkeit, wenn sich beispielsweise Tausende Vögel aus dem Nichts versammeln – wie im berühmten Hitchcock-Klassiker. „Männer haben beispielsweise öfter vor der Farbe Rot Angst als Frauen“, so Professor Kropp. Studien zufolge reagierte etwa die Hälfte der Männer, denen eine mit roter Flüssigkeit gefüllte Spritze gezeigt wurde, mit Kreislaufproblem und Übelkeit. Frauen hingegen gehen eher bei Mäusen oder Spinnen auf die Barrikaden oder zumindest den nächstgelegenen Stuhl. Grundsätzlich, so Professor Kropp, sei das Kopfkino in der Regel jedoch weniger grausam als die Leinwand. „Gehörtes oder Gelesenes kann ich individuell nach meinen Vorstellungen umarbeiten. Bei einem Film hat hingegen jeder die gleiche Vorstellung, weil jeder das Gleiche sieht.“ Wer die Erfahrung macht, dass er damit nicht umgehen und die Bilder schlecht vergessen kann, sollte besser darauf verzichten. Wohldosiert ist der Gruselschauer bei der Lektüre eines der zahllosen Thriller oder Krimis, die Jahr für Jahr erscheinen. Die lassen sich bei Bedarf einfach zuschlagen.

Professor Dr. Peter Kropp ist Diplompsychologe und Psychologischer Psychotherapeut mit dem Fachgebiet Verhaltenstherapie. Er lehrt am Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Rostock. Das letzte Hörspiel, das ihn gegruselt hat: Das Alphabethaus von Jussi Adler-Olsen.

SCHLESWIG-HOLSTEIN Grusellabyrinth Kiel In Deutschlands größtem Grusellabyrinth Kiel können sich Hartgesottene ab acht Jahren in finsteren, verwinkelten Gängen erschrecken lassen. Im Dezember wird dort Michael Endes „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ als Theaterstück aufgeführt.

BREMEN Spökfabrik Auch kleine Kinder lieben Geister! Die Spökfabrik in Bremen hat lustige Klabauterlinge erfunden und spinnt mit ihnen Geschichten für Kinder und Erwachsene, für Comics, Theaterstücke und Spiele.

NIEDERSACHSEN Hasefriedhof Auf dem rund 200 Jahre alten Hasefriedhof in Osnabrück erschauern Winterspaziergänger nicht nur vor Kälte: Knorrige Bäume, moosbedeckte Mauern und kunstvolle Grabsteine sorgen – vor allem an nebligen Nachmittagen – für morbiden Charme.

NORDRHEIN-WESTFALEN Krimidinner Schaurig-schön spachteln können Krimifreunde am 12. Dezember im Kulturzentrum Klosterkirche Remscheid beim Krimidinner „Hochzeit in Schwarz“: Eine erwartungsfrohe Braut, missgünstige Gäste und skurrile Ereignisse sorgen für spannende Unterhaltung.

HESSEN Munitionsfabrik Hirschhagen Im dicht bewaldeten Gewerbegebiet Hirschhagen bei Hessisch Lichtenau führen gut ausgebaute Spazierwege an mächtigen ­Explosionskratern, überwucherten Eisenbahnlinien und den Ruinen der zweit­größten Sprengstofffabrik des Dritten ­Reiches ­vorbei.

RHEINLAND-PFALZ Giftige Nattern im Museum Wer seiner Urangst vor Spinnen und Schlangen auf den Grund gehen will, sollte bis Januar 2013 die Erlebnissonderausstellung im Naturhistorischen Museum Mainz besuchen.

BADEN-WÜRTTEMBERG Schafott in Calw Auf der Richtstätte im Wald zwischen Calw und Wimberg, gut erreichbar für Spaziergänger, fanden nicht nur Hexen ihr Ende. Zuletzt wurden hier 1818 eine des Raubmordes beschuldigte Frau und ihre Gehilfen vom Scharfrichter geköpft.

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MECKLENBURG-VORPOMMERN Gespensterwald Nienhäger Holz Das Waldgebiet nahe Nienhagen mit seinen von der See und dem Wind bizarr geformten Buchen bietet besonders bei Sonnenuntergang oder Nebel ein schauriges Naturschauspiel.

BRANDENBURG Friedländer Burg Männer aufgepasst! Auf der Burg der Kleinstadt Friedland (Niederlausitz) soll an Vollmond die Tochter des Hauses spuken. Sie hat sämtliche Verehrer verschmäht, keinen ­Erben geboren und wurde daher verflucht.

SACHSEN-ANHALT Blocksberg Der Brocken, im Volksmund auch Blocksberg genannt, gilt seit Jahrhunderten als Hexentanzplatz. Ein Ausflug auf den sagenumwobenen Berg im Mittelgebirge Harz lohnt nicht nur in der Walpurgisnacht am 30. April.

SACHSEN Schloss Rochlitz Gauner, Mörder und Dirnen darbten einst in den Verliesen der mittelalterlichen Reichsburg Rochlitz im Muldetal. Die Daumenschrauben und Streckleitern, mit denen die Insassen einst gequält wurden, lassen sich heute noch in der Folterkammer besichtigen. THÜRINGEN Spuk auf Bergwipfeln An gleich drei Orten in Thüringen soll es in den zwölf Raunächten nach dem 25. Dezember spuken: den Hörselbergen bei Eisenach, dem Singer­berg bei Stadtilm und dem Kyffhäuser. Die kettenrasselnden Geister werden vom bärtigen Wilden Jäger angeführt, so will es die Sage.

BAYERN Weiße Frau von Burg Wolfsegg Versteckt in den waldreichen Hängen des Naabtals liegt die Burg Wolfsegg. Hier soll 1467 Ulrich IV. seine Frau umgebracht haben, die ihn an einen Liebhaber verraten hatte. Seitdem spukt sie als Weiße Frau in dem alten Gemäuer und seinem Höhlensystem.

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HART IM NEHMEN Nicht alle Pflanzen schalten im Winter auf Sparflamme. Manche Sträucher, Bäume und Blumen warten nur auf die kalten Tage, um ihren großen Auftritt hinzulegen. TEXT  leonie kitscha

Ab November

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s gibt Pflanzen, die sind hart im Nehmen. Sie schieben ihre zarten Blütenköpfchen furchtlos durch frostige Böden, treiben trotz Daunenjackenwetter auf blattlosen Ästen duftende Knospen aus und setzen ihre farbenfroh erblühten Kronen vor schneebedeckten Tannen in Szene. Winterblüher, Gartenpflanzen, die sich in oder gegen Ende der kalten Jahreszeit blühfreudig zeigen, besitzen nicht etwa ein schlechtes Timing. Sie nutzen vielmehr eine Nische der Natur. Denn da es kein Laub auf den Bäumen und am Boden gibt, erhalten die floralen Kältetrotzer genug Wintersonne, um ihre Blüten auszutreiben.

Ab Dezember

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Der Winterschneeball (Viburnum) startet seine Blüte in Tiefrosa. Je länger sie voranschreitet, desto heller wird sie, bis sie im Frühjahr zu Weiß verblasst. Der intensive Duft nach Vanille bleibt.

Der Winterjasmin ist ein Spreizklimmer, der mit seinen zarten, leuchtend gelben ­Blüten am Spalier oder Mauerwerk auch den frostigsten Temperaturen trotzt.

Ihren poetischen Namen verdankt die Zaubernuss (Hamamelis mollis) einem Trick: Bei garstigem Wetter rollt sie ihre an Orangenzesten erinnernden, wohlriechenden Blüten einfach zusammen, bis es wieder freundlicher wird.

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Trickreiche Überlebenskünstler Zwiebelpflanzen wie Krokusse oder Schneeglöckchen legen bereits im Sommer ihre Blüten an, die versteckt im Erdreich der Dinge harren. Auch früh blühende Gehölze wie der Winterjasmin bilden schon so früh ihre Blütenanlagen aus, die wie kleine Knubbel an den Zweigen liegen. Um den Austrieb der Blüten zu hemmen, produzieren die Winterblüher im Herbst Abscisinsäure. Das Pflanzenhormon baut sich erst ab, wenn die Temperaturen anhaltend in den Keller rutschen. Damit die zarten Blüten dann in der

frostigen Luft nicht erfrieren, schützen sich die Überlebenskünstler zudem mit einem natürlichen Frostschutzmittel. Sie wandeln eingelagerte Stärkekörnchen in Zucker um. So kann das Wasser in den Pflanzen keine spitzen Eiskristalle mehr bilden, welche die Zellwände zum Platzen bringen könnten.

GroSSe Bühne für die Nischenkünstler Wer seinen Garten im Winter zum Leuchten und Duften bringen möchte, sollte jetzt im Herbst noch einmal zu Harke und Spaten greifen und nach einem geeigneten Platz für

die Exzentriker suchen. Winterblüher lieben Plätze vor einer Mauer, an der Hauswand oder nahe einer dichten Hecke. Gerade Sträucher wie der Karnevalsrhododendron sind an diesen Standorten besser vor Zugluft geschützt. Duftgehölze wie der Winterschneeball oder die Winter-Heckenkirsche sollten am Hauseingang, an der Terrasse oder in der Nähe des Gartenweges gepflanzt werden – aus reinem Eigennutz für den Gärtner. Denn der kann so ihren Wohlgeruch auf dem Weg ins warme Heim leicht wahrnehmen und ihre Blütenpracht anschließend bei einer Tasse Tee durch das Fenster genießen.

Ab Januar

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Erstaunlich, dass die Winter-Heckenkirsche mit ihren cremeweißen Blüten, die besonders unter der Wintersonne intensiv nach Jasmin duften, zu den noch wenig bekannten Frühblühern zählt.

Die Samen des filigranen Schneeglöckchens (Galanthus nivalis) enthalten einen Fortsatz, der Ameisen anlockt. Diese sorgen beim Abtransport dafür, dass sich der unter Naturschutz stehende Giftling an den unmöglichsten Stellen verbreitet.

Der Karnevalsrhododendron (Rhododendron mucronulatum) ist ein wahrer Verkleidungskünstler. Im Herbst verfärbt sich sein sommergrünes Blattwerk leuchtend gelb, zur Faschingszeit sorgt er in purpurrosafarbenem Blüten­ gewand für Furore.

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ABSEITS BEKANNTER PFADE Langweilige Bustour war gestern, jetzt kommt Sightseeing der besonderen Art. Außergewöhnliche Ideen sorgen dabei für neue Stadtansichten. TEXT  JOHANNA STROEX

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Trabi-Safari durch Dresden Ob im knallroten Cabrio oder in der himmelblauen Limousine – am Steuer eines Trabants ist Sightseeing ein echter Hingucker. Nach kurzer Einweisung in die Welt der Vier-Gang-Handschaltung geht’s mit bis zu vier bunten „Pappkameraden“ zu den schönsten Ecken Dresdens. Fahrer und Insassen lernen so das Elbflorenz aus einer ganz neuen Perspektive kennen, Informationen kommen via Radiolautsprecher vom Scout im Begleit-Trabi. www.trabi-safari.de

Blindwalk durch Köln Riechen, hören, fühlen, schmecken – dabei aber nichts sehen. Versehen mit einer blickdichten Augenmaske, schalten die bis zu sechs Teilnehmer ihre Sinne auf Empfang. Begleitet von erfahrenen Tourguides geht die Entdeckungstour rund um den Kölner Dom: architektonische Highlights ertasten statt besichtigen. Das Flair der Domstadt akustisch erleben. Die Düfte von Kaffee, Kölsch und Kölnisch Wasser aufnehmen. Zum krönenden Abschluss wartet ein Picknick unter freiem Himmel – auch das in völliger Finsternis. www.blindwalk.de

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Freiburger Sightrunning Schluss mit dem stundenlangen Rumsitzen und Halsverrenken im Touri-Bus. Sportbegeisterte Besucher können die traditionsreiche Studentenstadt seit Neuestem auch auf Laufschuhen erkunden. Angeleitet von einem versierten Marathontrainer, der zugleich Fremdenführer ist, wird die Stadt zur Laufstrecke. Je nach Wahl führt der Kurs im Zickzack durch die Altstadt, in die autofreie Solarsiedlung Green City oder hinauf zum Monte Scherbelino – mit ­e inem beeindruckenden Panoramablick auf Freiburg und den Schwarzwald. www.freiburg-aktiv.de

GELSENKIRCHEN UNTER TAGE Wer im Ruhrgebiet unterwegs ist, für den ist ein Abstecher in die Welt des Bergbaus ein Muss. Gelsenkirchen, die einstige „Stadt der tausend Feuer“, bietet heute Bustouren „Auf den Spuren des Bergbaus“ an. Zahlreiche Zeugnisse künden von der Ära der Montanindustrie. Der „Pütt“, auf dem Oppa noch malocht hat, beherbergt heute vielleicht Lofts wie die Zeche Holland oder ein Theater wie Consolidation. ­ Besucher lernen auf dieser Tour aus erster Hand einiges über den viel zitierten Strukturwandel des Ruhrgebiets. Übrigens: Wer nach so viel Vergangenheit einen Blick in die Zukunft werfen möchte, der ist beim Vaillant Werk richtig. In unmittelbarer Nähe der berühmt-berüchtigten Arena auf Schalke gelegen, werden dort unter anderem die innovativen Blockheizkraftwerke ecoPOWER hergestellt. www.gelsenkirchen.de

Hamburg von unten Was hat der Bergedorfer Eiskeller mit dem Hamburger Bier zu tun? Und gab es tatsächlich jenes sagenumwobene Chinatown unter St. Pauli, wo düstere Opiumschmuggler ihr Unwesen trieben? Der Verein „Unter Hamburg“ gibt Antwort auf diese Fragen. Er bietet Führungen durch alte U-Bahn-Schächte, vergessene Keller und geheime Tunnel. Die unterirdische Stadttour lässt Teilnehmer in eine ­vergessene Welt eintauchen und schärft ihren Blick für verborgene Orte. www.unter-hamburg.de

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„Den Titel `Leuchtturm der Energiewende´sehen wir als Auszeichnung und Ansporn zugleich.“ Anett Bierholz

BESSER LEBEN

Auf dem Weg zur Grünen Küste Mecklenburg-Vorpommern macht es vor: Von innovativen Energiekonzepten profitieren Einheimische und Touristen gleichermaßen. TEXT  ULRICH NITSCHE

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merika hat Florida, Österreich die Alpen. Deutschland hat MecklenburgVorpommern.“ So stand es in der Welt am Sonntag. Nun herrscht im Nordosten Deutschlands – anders als an Amerikas Ostküste – nicht das ganze Jahr Sommer und hohe Berge und verschneite Skipisten sucht man auch vergeblich. Dennoch oder gerade deswegen zieht es zahlreiche Urlauber in die Region an Elbe und Ostsee, Müritz und Achterwasser. Mittlerweile ist Mecklenburg-Vorpommern das beliebteste Sommerreiseziel in Deutschland, 2011 gab es 27,6 Millionen Übernachtungen und 6,8 Millionen Gäste. Und auch außerhalb der Badesaison, an stürmischen Herbst- und Wintertagen, wissen Land und See immer mehr Naturfreunde zu begeistern.

Trend zum sanften Tourismus „Bei uns finden Erholungssuchende alles, was Urlaub unvergesslich macht“, wirbt Anett Bierholz, Geschäftsführerin beim Verband Mecklenburgischer Ostseebäder: „Eine intakte Natur, saubere Luft und gesundes Klima.“ Eine große Auswahl an Kunst, Kultur und Freizeiteinrichtungen rundet das Angebot für die Gäste ab und ist gleichzeitig ein gutes Stück Lebensqualität. Um Natur und Klima zu schüt-

zen, setzen die Verantwortlichen auf nachhaltiges und ressourcensparendes Wirtschaften – und erzielen dabei beachtliche Ergebnisse. So erreicht Mecklenburg-Vorpommern im aktuellen Energiewende-Ranking der Wirtschaftswoche Platz zwei im Vergleich aller Bundesländer. Den Ehrentitel „Leuchtturm der Energiewende“ sieht Anett Bierholz „als Auszeichnung und Ansporn zugleich“ – und entwickelt fleißig neue Maßnahmen und Initiativen, von denen Besucher und Bewohner gleichermaßen profitieren können.

Rückenwind aus der Steckdose Bereits siebenmal in Folge wurde Meck­ lenburg-Vorpommern vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) als Deutschlands Radregion Nummer eins ausgezeichnet. Radwanderungen und -tagestouren sind beliebt im Land der Tausend Seen. Mit Elektro-Fahrrädern sollen nun noch mehr Menschen dazu angetrieben werden, zumindest zeitweise vom Auto aufs Fahrrad umzusteigen – und das ökologisch korrekt. Beispiel Rügen: Wer hier mit dem E-Bike unterwegs ist, radelt umweltfreundlich. Denn dank einer Kooperation mit dem Schweriner Ökostrom-Anbieter WEMAG sind alle Akkuladungen klimaneutral.

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Erfahrung mit Naturkräften – früher nutzten die Menschen den Wind für Getreidemühlen wie die von Klützer Winkel. Heute werden mit ökologisch erzeugtem Strom Pedelecs angetrieben.

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„Wer unsere Pedelecs nutzt, verbessert nachhaltig die CO2-Bilanz“, betont Herbert Ottenschläger, Geschäftsführer des E-Bike-Anbieters Movelo. Für 80 bis 100 Touren-Kilometer reicht der Antrieb der kleinen Elektromotoren, die den Radler beim Tritt in die Pedale unterstützen. Der anstrengende Gegenwind wird zum erfrischenden Lüftchen, kleine Hügel und große Distanzen sind kein Hindernis mehr. Das verhilft auch untrainierten oder gesundheitlich eingeschränkten Besuchern zu einer umweltverträglichen Mobilität.

Watt aus der Welle Ortswechsel, Wusterhusen. Hier, gut 15 Kilometer westlich von Greifswald, steht Andreas Wulff – und hat Großes vor. Mit einem neuartigen Meereswellen-Generator will der Wolgaster Ingenieur vor der Insel Usedom Strom durch Wellenkraft erzeugen. Das bereits zum Patent angemeldete System ließ er Ende September an der Außenküste vor Peenemünde installieren. Das erste Wellenkraftwerk in der Ostsee soll Elektroenergie im einstelligen Kilowattbereich liefern. Jetzt läuft die auf sieben Jahre angesetzte Testphase. „Dabei wollen wir Daten erfassen und Erfahrun-

gen für den Serienbau größerer Meereswellenanlagen im Ozean sammeln“, sagt Wulff. Nach Einschätzung von Fachleuten könnten Dünungs- und Gezeitenwellen in den nächsten Jahren zu verlässlichen Energielieferanten für deutsche Küstenstandorte werden – und ein klimaschonender Exportschlager dazu. „Bei einer anlaufenden Meereswelle mit 20 Zentimeter Höhe lässt sich eine Energiemenge von 0,1 Kilowatt je Meter erzeugen, pro Kilometer also etwa 100 Kilowatt“, erklärt er. Denkbar seien Offshore-Anlagen oder Bojen-Wellenparks, die etwa fünf Kilometer vor der Küste die Kraft von bis zu zehn Meter hohen Wellen in Energie umwandelten.

Eco-Power aus dem Keller Beim Ausbau grüner Wärmeerzeugung, besonders bei Wärmepumpen und Kellerkraftwerken, sehen Umweltexperten in Mecklenburg-Vorpommern noch Potenzial. Im März startete deshalb das Pilotprojekt Öko-Energie im traditionsreichen Ostseebad Kühlungsborn. In der Stadt mit der längsten Strandpromenade Deutschlands setzen die drei Kooperationspartner Stadtwerke Rostock, Verbundnetz Gas und Vaillant auf Mini-Kraft-Wärme-Kopplung und haben

dabei vor allem Hotels und Pensionen im Visier. Auf dem Weg zur „Grünen Küste“ sind kleine, maßgeschneiderte Blockheizkraftwerke ein wichtiger Schritt. Die Anlagen im heimischen Untergeschoss verbrennen Erdgas oder Bioerdgas. Ihre Wärme heizt Räume, Sauna und Schwimmbäder, zugleich entsteht Strom, der selbst genutzt oder ins Netz eingespeist wird. „Mit der KWK-Technik leisten wir einen wertvollen Beitrag zur Primärenergieeinsparung und CO2-Minderung“, sagt Norman Behm, Projektkoordinator Öko-Energie. Das ambitionierte Vorhaben, das neben umfassenden Serviceleistungen auch finanzielle Anreize enthält, stößt bei den Hotelbetreibern in Kühlungsborn auf großes Interesse. Ingo Kalms hat vor einem Jahr das Hotel Residenz Waldkrone übernommen. Das 1906 erbaute und stilvoll renovierte Strandhotel verbindet den Charme der guten alten Zeit mit dem Komfort von heute. „Schon vor Jahren habe ich mit einem größeren Hotel die ökonomischen und ökologischen Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung kennengelernt“, sagt Kalms. „Jetzt interessiert mich, ob sich die Technik auch in einem kleineren Objekt rentiert.“

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„Meereswellen können pro Kilometer etwa 100 Kilowatt Strom erzeugen.“ Andreas Wulff

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52 Kraftwerk im Keller: Jens Nissen (rechts, mit Frank Gäbler, Key Account Manager KWK bei Vaillant) produziert Strom und Wärme für sein Hotel mit dem ecoPOWER 4.7 von Vaillant

„Unsere Gäste honorieren den ökologischen Ansatz.“ Jens Nissen

Jens Nissen vom Hotel Westfalia kann da bereits mit Erfahrungen aufwarten. Im Keller der liebevoll modernisierten Jugendstilvilla an der Kühlungsborner Strandpromenade produziert ein Blockheizkraftwerk bereits seit zwei Jahren umweltfreundlich Strom und Wärme. „Gerade für Hotels und Pensionen ist die Kraft-Wärme-Kopplung mit einer hohen Wirtschaftlichkeit verbunden“, sagt er. Nissen, dessen Ururgroßvater das Haus bereits 1909 erbaute, spart pro Jahr rund 8,7 Tonnen klimaschädliches CO2 ein. „Unsere Gäste honorieren den ökologischen Ansatz“, weiß der Hotelier, der die Anlage gern auch mal Besuchern vorführt, „der Trend zu einer umweltgerechten Lebensweise nimmt stetig zu.“ Anett Bierholz vom Verband Mecklenburgischer Ostseebäder freut sich über so viel Engagement. Die Geschäftsführerin zieht eine positive Zwischenbilanz der bisher angelaufenen Maßnahmen: „Die unterschiedlichen Initiativen unterstreichen das Image Mecklenburg-Vorpommerns als Tourismusland mit umweltfreundlichen Energiekonzepten und als Standort innovativer Zukunftstechnologien.“ Und davon können nicht nur die anderen Bundesländer, sondern auch Florida und die Alpenregion noch eine Menge lernen.

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KLIMASCHÜTZER AUF VIER PFOTEN Ein prächtiger Hund ist oft der Stolz der Familie. Was aber, wenn seine Umweltbilanz besser sein könnte? Ganz einfach: sie besser machen! TEXT  JAN UPHUES

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er sich einen Hund anschafft, möchte häufig einen großen, kräftigen Weggefährten, der sich beim Gassigehen vorzeigen lässt und den so leicht nichts umhaut. Bloß keine „Trethupe“, wie der Volksmund scherzhaft kleine Hunde nennt. Das Problem: Je größer der Hund, desto mehr Futter braucht er – das macht sich negativ in seiner Ökobilanz bemerkbar. Schon ein mittelgroßer Hund verputzt jährlich mehr als 160 Kilo Fleisch. Um diese Menge herzustellen, werden rund 7.000 Quadratmeter Acker benötigt. Somit hat der Hund einen ökologischen Fußabdruck von 0,7 Hektar Land. Dieser errechnet sich aus dem entsprechenden Energieertrag der Biomasse, die eine bestimmte Landfläche hat. Der treue Begleiter trägt somit nicht schlecht zum Energieverbrauch bei. So weit, so bedenklich. Doch heißt das jetzt für alle umweltfreundlichen Hundebesitzer, dass sie auf ihre Lieblinge verzichten müssen? Nein – zum Glück gibt es noch andere Möglichkeiten. Wer die Gewohnheiten ein wenig umstellt, macht aus seinem treuen Vierbeiner im Handumdrehen einen Öko-Bello. Mit den folgenden drei Tipps ist man ganz schnell im grünen Bereich.

Tipp 1 – Futter: Keine Dose, wenig Fleisch Viel Energie verbraucht die Verpackung des Futters in Dosen. Wer hier die Ökobilanz

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seines Hundes verbessern will, kauft Trockenfutter in möglichst großen Säcken – und keine Mini-Portionen mehr aus der Schale. Die nächste Frage: Fleisch oder vegetarisch? Hat der Hund eine Protein-Al­ lergie oder eine Intoleranz gegenüber den Zusätzen im herkömmlichen Hundefutter, kann er von der Umstellung auf vegetarisches Futter profitieren. Der Verband für das Deutsche Hundewesen rät dennoch von einer rein vegetarischen Ernährung ab, da diese nach seinen Angaben nicht artgerecht ist und zu Mangelerscheinungen führt. Besser für Bello ist Fertigfutter, das alle erforderlichen Nährstoffe enthält. Hier kann der Hundebesitzer zwischen vielen Marken auswählen – und trotz enthaltenem Fleisch etwas für die Ökobilanz tun, indem er Biofutter von Marken wie Terra Pura, Biobosch oder Yarrah wählt. Auch wer sich für keine Biomarke entscheidet: Viele Futtersorten haben heute einen deutlich reduzierten Fleischanteil – hier lohnt sich ein individueller Blick auf den Futtersack oder auch eine Nachfrage beim Kundenservice des Herstellers.

„Der beste Freund des Menschen hat einen ökologischen Fußabdruck von 0,7 Hektar Land.“

Tipp 2 – Spielzeug: Umweltfreundlich toben Spielen gehört zu den größten Freuden im Hundeleben. Auch hier gilt: Umweltfreundlich ist besser. Spielzeug, aber auch Hundedecke und Kissen aus nachhaltiger Fertigung sind zu erschwinglichen Preisen erhältlich. Eine ganze Palette davon bietet die Designerin Caroline Julia Arens mit ihrer 2008 gegründeten Marke Schillerei in Bergisch Gladbach. „Ich bin mit Leib und Seele Hundebesitzerin und weiß um die Wünsche unserer geliebten Vierbeiner“, begründet sie ihr Geschäftsmodell. „Als Designerin wollte ich anderen Hundebesitzern die Möglichkeit bieten, ihr Hobby sowohl trendy und funktional als auch ökologisch zu gestalten.“ Eine erfolgreiche Idee: Immer mehr Menschen entscheiden sich etwa für ihre Öko-Spielknochen für 29 Euro oder wählen eine der Hundedecken zwischen 79 und 99 Euro.

Tipp 3 – Therapie: Heilung mit Naturkräften Ebenso wichtig wie Ernährung und Spiel sind jedoch auch Gesundheit und Wohlbefinden des Vierbeiners. So muss der Tierarzt

Oben: Für einen grünen Pfotenabdruck kommt am besten Biofutter in den Napf. Unten: Mit gutem Gewissen relaxen lässt sich‘s auf der Hundedecke der Marke Schillerei. www.schillerei.de

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nicht die einzige Adresse sein – immer mehr Hundebesitzer vertrauen zusätzlich auf die Wirksamkeit der Naturheilkunde. Nachhaltigkeit wird auch hier großgeschrieben: Wer auf Präparate setzt, die in der Natur gewonnen werden, schränkt damit die Herstellung von umweltbelastenden Medikamenten ein. Tierheilpraktiker

wenden ihre Verfahren nicht nur bei kranken Tieren an, sondern bieten zudem Krankheitsprophylaxe und Ernährungsberatung. Auch bei manchen psychischen Problemen können sie helfen, etwa wenn der Hund aufgrund einer Erkrankung Stress entwickelt. Dauerhafte Schmerzen etwa können ihn aggressiv machen. Nicht

unbedingt ein Fall für den Doc: Ein Tierheilpraktiker therapiert hier stets mit Natur pur. So zeigt sich, ob Futter, Spielzeug oder gesundheitliche Behandlung: Öko ist für alle da. Auch für Hunde. Interessante Links zum Thema gibt es auf der Website www.21-grad.de

GLOBULI FÜR FELLTRÄGER 56

Drei Fragen an Nicola Karmann, Tierheilpraktikerin aus Düsseldorf

Mit welchen Leiden kommen die Besitzer mit ihren vierbeinigen Patienten zu Ihnen?

Das ist breit gefächert. Sowohl mit akuten Erkrankungen wie Erkältung oder Magen-Darm-Infektionen als auch mit langfristigen, chronischen Erkrankungen wie Arthrose oder Herzinsuffizienz. Mein Ziel ist es, die Lebensqualität der Hunde und ihrer Besitzer zu verbessern, gerade wenn die Tiere sich im letzten Stadium einer schweren Krankheit befinden. Wann sollte man einen Tierheilpraktiker aufsuchen, wann einen Tierarzt?

Die Arbeit eines Tierarztes ist unerlässlich bei Röntgen und Ultraschall. Auch Impfungen, Kortisonbehandlung oder die Verschreibung von Antibiotika ist Sache von Tierärzten. Zudem dürfen nur sie operieren, weil Tierheilpraktiker keine Betäubungsmittel verabreichen dürfen. Unser Ansatz ist ganzheitlich, wir ziehen auch mögliche psychische Komponenten in Betracht. Dazu arbeiten wir mit nachhaltigen Methoden wie Blutegeln, deren Enzyme entzündungshemmend und schmerzlindernd wirken. Ich

rate jedoch jedem Tierbesitzer, in kritischen Situationen einen Tierarzt zu konsultieren. Die Schulmedizin ist ­häufig unverzichtbar. Was an Ihrer Arbeit ist nachhaltig?

Wenn ich einen Hund mit kranker Haut behandle, sehe ich nicht nur die kranke Haut, sondern den kranken Hund. Das Symptom kann auf Grunderkrankungen hinweisen, die mit der Ernährung oder der Psyche zu tun haben. Zudem arbeite ich nur mit Präparaten, die keine oder nur geringe Nebenwirkungen haben. Denn manchmal können sich daraus Folgeerkrankungen entwickeln. So können hautkranke Hunde, die mit Kortison behandelt werden, Diabetes entwickeln und in der Folge sogar blind werden. www.tierheilpraxis-karmann.de Globuli ist übrigens lateinisch und bedeutet übersetzt „kleine Kügelchen“. Als Globuli werden homöopathische Mittel bezeichnet, die meist in Kugelform dargereicht werden.

BESSER LEBEN

Ganz schön abgebrüht Beim Tee gehen Tradition und Innovation Hand in Hand. Mal entspannend, mal anregend – ein echtes Erfolgsrezept. TEXT  ULRICH NITSCHE

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erden die Tage kurz und grau, sinken Stimmungs- und Leistungskurve – gegen den Winterblues scheint kein Kraut gewachsen. „Irrtum“, sagt Leonie Walske, „Tee ist das perfekte Good Mood Food.“ Grund sind die Wirkstoffe L-Theanin und EGCG. „Die stellen unser Gehirn auf fröhlich und leistungsstark“, erklärt die Bremer Ernährungswissenschaftlerin. Das machten sich buddhistische Mönche schon vor mehr als tausend Jahren zunutze – sie tranken Tee, um beim Meditieren nicht einzuschlafen.

Aufguss für Kaiser, Zaren und Ostfriesen Schon vor mehreren Tausend Jahren wurden in China die ersten Teepflanzen kultiviert, wobei das Getränk zunächst Kaiser, Adeligen und Mönchen vorbehalten war. Im Jahre 1610 brachte die niederländische Ostindien-Kompanie erstmals eine Ladung Tee nach Europa, acht Jahre später machte der russische Gesandte Wassili Storkow dem Zaren ein ganz besonderes Geschenk – 200

Pakete chinesischen Tee. Über Holland kam das Heißgetränk Mitte des 17. Jahrhunderts nach Deutschland. Die unmittelbaren Nachbarn an der Nordseeküste, die Ostfriesen, gehörten zu den wichtigsten Handelspartnern.

Tea to go auf dem Vormarsch Heute ist Tee mit einer jährlichen Produktion von 3,5 Millionen Tonnen das populärste Getränk der Welt und wird nach Wasser am häufigsten getrunken. Nicht die Engländer sind Teetrinker Nummer eins – es sind die Ostfriesen. 300 Liter Schwarztee konsumiert der Otto-Normal-Ostfriese im Jahr, heißt es im aktuellen Jahresbericht des Deutschen Teeverbands. „Mit der traditionellen ostfriesischen Tee-Tied führen sie die Hitliste der Teetrinker an“, erklärt Geschäftsführerin Dr. Monika Beutgen. Es folgen Kuwait (290 Liter), Irland (257) und die Türkei (225). Bundesweit liegt der Pro-KopfKonsum bei 26 Litern. „Gerade junge Leute sind aufgeschlossen und probieren gern

neue Teetrends aus“, erläutert Jochen Spethmann, Vorsitzender des Deutschen Teeverbands. Der schnelle „Tee to go“ sei inzwischen genauso beliebt wie der klassische Afternoon Tea.

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Was Sie schon immer über Tee wissen wollten ... Erste Adresse ist das Tee-Fachgeschäft, hier gibt es neben professioneller Beratung auch manches zum Probieren. Loser Tee oder Teebeutel? Das bleibt eine Glaubensfrage. Die Behauptung, ein Teebeutel habe mit Tee so viel zu tun wie ein Windbeutel mit Wind, ist zwar längst widerlegt. Doch Genießer bevorzugen losen Tee. Bei der Zubereitung gilt es, ein paar Regeln zu beachten: Die Teekanne muss mit heißem Wasser ausgespült und vorgewärmt sein. Pro Tasse kommt ein Teelöffel Tee in ein Sieb, das Ganze mit kochendem Wasser überbrühen. Grüner Tee verträgt übrigens nur gut 70 Grad heißes Wasser. Nach zwei bis fünf Minuten das Sieb entfernen – fertig ist der Teegenuss. Ganz gleich, ob Assam, Ceylon, Darjeeling oder Earl Grey: Beliebt ist, was gut schmeckt und gut bekommt. Man muss es ja nicht gleich so machen wie König Gustav der IV. Adolf von Schweden (1778–1837). Der ließ laut Überlieferung zwei Delinquenten unter der Voraussetzung frei, dass der eine bis zum Lebensende nur noch Tee, der andere nur noch Kaffee trinken darf. Der König wollte so herausfinden, welches Getränk gesünder ist. Das Ergebnis blieb offen – der König starb zuerst.

Matcha Latte: Ein Pulvertee erobert die Welt Liv Tyler schwört auf ihn, Meg Ryan auch und Eva Padberg hat seinetwegen ihrem Kaffee den Laufpass gegeben: Matcha Latte. Der japanische Grüntee in Pulverform, für dessen Herstellung nur die allerfeinsten Teeblätter Verwendung finden, hat das Zeug zum Kultgetränk. Warme Milch und perfekt zubereiteter Milchschaum krönen den Teeaufguss, der dann öffentlichkeitswirksam gern auch im „To-Go“-Becher ausgeführt wird.

Besser Leben

Tee im Takt Trendsetter in Sachen Tee ist das Hamburger Unternehmen Samova. „Wir wollen ungewöhnlich sein und die Leute positiv überraschen“, sagt die Gründerin Esin Rager und bietet ihren Tee auch als Cocktail mit Eis an. Sie hat auch den Tanztee aus den 1920er-Jahren wiederbelebt. Ungezwungen zu Live-Musik tanzen, Ideen austauschen, Tee genießen: Das versprechen ihre modernen Tanztees im Teespeicher der Hafen City. Mehr unter www.samovar.net

Geschichte genieSSen Vom Anbau über die Herstellung und den Handel bis hin zur Teekultur: In norddeutschen Teemuseen können Besucher die ganze Welt des Tees erleben.
 Hinzu kommen attraktive Mitmachangebote wie eine professionelle Teeverkostung – das nordische Pendant zur Weinprobe – oder eine original ostfriesische Teezeremonie. ­Informationen unter www.teemuseum.de www.messmer-momentum.de www.buenting-teemuseum.de

Interessante Links zum Thema gibt es auf der Website www.21-grad.de

Hasenpost

Ferien vom Ich Vom Abenteuer, einmal jemand anders zu sein TEXT  SABINE SCHRÖR

Es gibt Tage, an denen ich ganz kribbelig bin. Nicht, dass ich nicht allen Grund habe, zufrieden zu sein: ein netter Mann, zwei wohlgeratene Kinder, ein Häuschen im Grünen, liebe Freunde und dazu noch ein Job, der Spaß macht. Alles gut – und trotzdem. Manchmal verspüre ich den unbändigen Wunsch, auszubrechen aus meiner heilen Welt und mich ins Abenteuer zu stürzen. Kurz: einfach mal eine Auszeit zu nehmen von meinem vorhersehbaren Ich.

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Vor einigen Wochen fiel mein Blick auf ein Plakat am Schwarzen Brett des Tante-Emma-Ladens um die Ecke: „Einmal jemand anders sein“, stand dort. Es ging um ein Schauspiel-Seminar, das am kommenden Wochenende stattfinden sollte. Ich rief sofort bei der angegebenen Nummer an – und hatte Glück. Es war noch ein Platz frei. Samstagmorgen um neun Uhr ging es los. Im Seminarraum musterten mich sechs Fremde neugierig über den Rand ihrer Coffee-to-go-Becher. Und natürlich Hans, erfahrener Kleinkunstdarsteller und Leiter des zweitägigen Seminars. „Hallo erst mal“, begrüßte er uns, „schön, dass ihr da seid.“

Und schon waren wir mittendrin. Hans eröffnete die Veranstaltung mit einer, nun, gewöhnungsbedürftigen Vorstellungsrunde: Wir sollten unsere Namen tanzen. Tapfer machte Rosi den Anfang, tänzelte mehr oder weniger elegant mit weit ausgebreiteten Armen durch den Raum und stieß dazu ab und an kleine, spitze Schreie aus. Die sollten wohl für die Dornen stehen. Es folgten weitere ambitionierte Darbietungen und meine zugegeben uninspirierte Performance. Irgendwie wollte sich mir einfach nicht offenbaren, wie sich Sabine tänzerisch umsetzen lässt. Egal, danach war unsere Hemmschwelle drastisch gesunken, was für die vor uns liegenden zwei Tage mehr als vorteilhaft war. Denn Hans legt großen Wert auf Körperlichkeit: Nach seiner Auffassung erschließen sich Rollenfiguren am besten über die Physis, das körperliche Erspüren ihres Charakters.

thon? So kam es, dass wir zu leiser Musik auf Zehenspitzen an den Wänden entlangstrichen, uns auf dem Bauch liegend durch den Raum schlängelten und mit vorgereckter Kehrseite auf allen vieren unsere Kreise zogen. Unsere sehr individuellen tierischen Interpretationen galt es anschließend in menschliche Rollencharaktere zu überführen, mit denen wir dann nach Herzenslust frei improvisieren sollten. Was soll ich sagen – nach zwei Tagen war ich tatsächlich eine andere! Denn seither bringt mich so schnell nichts mehr in Verlegenheit. Nach diesem Crashkurs suchte ich allerdings nach einem etwas sanfteren Weg, mein Bedürfnis nach Abwechslung auszuleben. Gefunden habe ich ihn in einer Laienspielgruppe. Dort wird richtig Theater gespielt. Ohne tierische Inspiration, dafür vor Publikum. Demnächst feiere ich meine Bühnenpremiere – in der Kriminalkomödie „So ein Affentheater“. Ich freu mich schon!

Dazu sollten wir uns zunächst in verschiedene Tiere hineinfühlen: Wie bewegt sich eine Katze? Was zeichnet einen Pavian aus, was ist charakteristisch für eine Tigerpy-

IMPRESSUM Herausgeber (V.i.S.d.P.) Vaillant Deutschland GmbH & Co. KG, Corinna Wnuck und Marcus Scherf, Berghauser Straße 40, 42859 Remscheid Konzeption und Realisation Ketchum Pleon GmbH, Düsseldorf Chefredaktion Sabine Schrör, stv. Chefredaktion: Ulrich Nitsche Projektleitung: Anke Heuser Art Direktion: Isabel Schaller Autoren dieser Ausgabe: Silke Butke, Leonie Kitscha, Ulrich Nitsche, Jan Ritterbach, Sabine Schrör, Diane Sellenmerten, Johanna Stroex, Jan Uphues, Christian Wöhlke Illustrationen: Marie-Luise Emmermann Fotos: Peter Hundert, Frank Radtke Produktionsüberwachung: Anke Heuser Lithografie:: Digibox, Düsseldorf Druck: Druckstudio GmbH, Düsseldorf Bildnachweis: www.cuevasdrach.com (S. 30), www.f1online.de (S. 31), Huch@Friends (S. 39) iStockphoto: (S. 4–5, S. 7–9, S. 19–21, S. 36, S. 38, S. 40–43, S. 46-47, S. 50, S. 57–59), Nicola Karmann (S. 56), Michael Kuhndt (S. 13), www.lac-souterrain.com (S. 31), www.prinzessinnengarten.de (S. 34–36), Prof. Dr. Peter Knopp (S. 42), www.samova.de (S. 59), Prof. Dr. Schlögl (S. 22), www.schillerei.de (S. 55), Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern (S. 5, S. 48, S. 50–51) Veer (S. 2, S. 4, S. 5, S. 6, S. 38–39, S. 46, S. 54–55, S. 57–59) Der Herausgeber hat sich bis Produktionsschluss intensiv bemüht, alle Inhaber von Abbildungsrechten ausfindig zu machen. Personen und Unternehmen, die möglicherweise nicht erreicht wurden und Rechte an verwendeten Abbildungen beanspruchen, mögen sich nachträglich mit dem Herausgeber in Verbindung setzen. Eine Verwertung des urheberrechtlich geschützten Magazins und aller in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung der Vaillant GmbH unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. Insbesondere ist eine Einspeicherung oder Verarbeitung des auch in elektronischer Form vertriebenen Magazins in Datensystemen ohne Zustimmung der Vaillant GmbH unzulässig. Bestellnummer: 0020079369

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Hergestellt aus Papier, das mit dem EU-Umweltzeichen Reg.-Nr. FI/11/001 ausgezeichnet ist, geliefert von UPM.

Warum Vaillant Kraft-Wärme-Kopplung? Weil eine Unabhängigkeitserklärung nicht aus Papier sein muss.

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