BV 6 2 EMRK

Art. 181 StGB. Die vorsätzliche Anwendung physischer Gewalt gegenüber der körperlich schwächeren Ehefrau und die dadurch erwirkte Beeinträchtigung der...
Author: Ulrike Hausler
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Art. 181 StGB. Die vorsätzliche Anwendung physischer Gewalt gegenüber der körperlich schwächeren Ehefrau und die dadurch erwirkte Beeinträchtigung deren Willensfreiheit mit dem Ziel, an eine Adresse zu gelangen, erfüllt den objektiven, wie auch den subjektiven Tatbestand der Nötigung. Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 32 Bas. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK. Der Grundsatz in dubio pro reo besagt als Beweiswürdigungsregel, dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Vorliegend wurde der Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt, da erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel vorlagen. Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Die Wesentlichkeit der Täuschung ist nicht nur nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmen. „List“ gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ist nicht nur dann zu bejahen, wenn ein „kritisches und besonnenes Opfer“ sich täuschen liesse. Zu beachten sind vielmehr auch subjektive Gesichtspunkte wie die jeweilige Lage und die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall, welche der Täter kennt und ausnützt.

Aus den Erwägungen:

2. - a) Dem Appellanten wird im Wesentlichen Folgendes vorgeworfen: Im September oder Oktober 1998 soll er seine Ehefrau, B., nachdem er von seinem Versteck im Schrank aus ein Telefonat mitgehört hatte, durch Anwendung physischer Gewalt gezwungen haben, die Telefonnummer ihres ehemaligen Freundes C. bekannt zu geben (nachfolgend: Ereignis vom September/Oktober 1998). Im Oktober 1998 soll er sie unter Mithilfe seiner Angehörigen während etwa einer Woche in einem Zimmer eingeschlossen haben (nachfolgend: Ereignis vom Oktober 1998). Weiter wird dem Appellanten vorgeworfen, im Januar 1999 seine ehemalige Ehefrau mittels List nach Bulgarien gebracht und von dort unter Zwangsanwendung in die Türkei zurückgeschafft zu haben (nachfolgend: Ereignis vom Januar 1999). Der Appellant bestreitet diese Vorwürfe. Da die Aussagen des Appellanten denjenigen seiner ehemaligen Ehefrau widersprechen, sind sie im Rahmen des in § 138 StPO verankerten Grundsatzes der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. b) Gemäss § 138 StPO (Verordnung über den Strafprozess/Strafprozessordnung; NG 263.1) würdigt das Gericht das Beweisergebnis nach seiner freien Überzeugung aufgrund der

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Akten und der Beweiserhebungen. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung besagt, dass die Organe der Strafrechtspflege frei von Beweisregeln und nur nach ihrer persönlichen Ansicht aufgrund gewissenhafter Prüfung darüber entscheiden, ob sie eine Tatsache für bewiesen halten (BGE 115 IV 269; 103 IV 300, Erw. 1a; 84 IV 174, Erw. 2). Die Maxime der freien Beweiswürdigung besagt, dass es keine Rangordnung der Beweise gibt; vorausgesetzt, dass diese verwertbar sind, sind sie grundsätzlich gleichwertig. Wenn auch grundsätzlich vom sachverhaltsnächsten oder "bestmöglichen" Beweismittel auszugehen ist, so gibt es doch keinen Vorrang von Beweisen, denen man gelegentlich besondere Zuverlässigkeit attestiert wie z.B. bei Zeugen- oder Urkundenbeweis oder von Beweisen, die von elektronischen Geräten geliefert werden. Wesentlich können auch sogenannte Hilfsbeweise oder blosse Indizien sein. Die richterliche Überzeugung beruht somit nicht auf der äusseren, sondern allein der inneren Autorität eines Beweismittels, bestehend in dessen zwingend-überzeugender Kraft (SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Auflage, Zürich 2004, § 17 N 290). Entscheidend ist die Überzeugungskraft eines Beweismittels. Bei Aussagen steht dabei nicht so sehr die Glaubwürdigkeit der befragten Personen, sondern vielmehr die Glaubhaftigkeit ihrer konkreten Aussagen im Vordergrund, d.h. es kommt vorwiegend auf den inneren Gehalt der Aussage an, verbunden mit der Art und Weise, wie die Beweisperson ihre Angaben vorträgt und welches ihre Persönlichkeit ist (HAUSER/SCHWERI/HARTMANN,

Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, Basel 2005, § 54, N

5). Kennzeichen einer wahrheitsgetreuen Aussage bilden diesbezüglich die innere Geschlossenheit und Folgerichtigkeit in der Darstellung des Geschehensablaufes sowie die konkrete und anschauliche Wiedergabe des Ereignisses. Als weiteres Indiz für die Richtigkeit der Deposition gilt die Schilderung des Vorfalles in so charakteristischer Weise, wie sie nur von demjenigen zu erwarten ist, der den Vorfall selbst erlebt hat. Für die Korrektheit der Aussage spricht schliesslich die Konstanz in der Aussage bei verschiedenen Befragungen. Grundsätzlich stimmt eine richtige Deposition mit den Lebenserfahrungen und dem Ergebnis der übrigen Beweiserhebungen überein (HAUSER, Der Zeugenbeweis im Strafprozess mit Berücksichtigung des Zivilprozesses, Zürich 1974, S. 311 mit Hinweisen).

3. - a) In Bezug auf das Ereignis vom September/Oktober 1998 macht der Appellant geltend, das Tatgeschehen lasse sich nicht mehr überzeugend feststellen. Weder die Sachverhaltsdarstellung des Appellanten noch diejenige von B. könne aufgrund des Untersuchungsergebnisses klar bestätigt werden. Es fehle mithin am rechtsgenügenden Beweis eines rechtswidrigen Verhaltens, weshalb der Appellant vom Vorwurf der Nötigung im Zusammenhang mit dem Ereignis vom September/Oktober 1998 freizusprechen sei. Insbesondere habe die Vorinstanz die Tatsache ungenügend berücksichtigt, dass B. an den beiden Einvernahmen im Jahre 2000

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kein Wort eines Nötigungsvorfalles im September/Oktober 1998 erwähnt habe und sich erst 3½ Jahre nach dem Ereignis wieder an die angebliche Nötigung habe erinnern können. Die Vorinstanz habe diesen Umstand einerseits damit zu entkräften versucht, dass dies deshalb nicht ungewöhnlich sei, weil sich B. vor ihrem Mann und dessen Familie gefürchtet habe. Andererseits rechtfertige die Vorinstanz den Umstand dadurch, dass sprachliche Schwierigkeiten dazu geführt hätten, dass B. den angeblichen Vorfall nicht bereits bei den ersten Einvernahmen angegeben habe. Beide Erklärungen hielten einer Überprüfung nicht stand. So habe sich B. trotz der angeblichen Angst dazu entschlossen, ein Strafverfahren gegen den Appellanten in Gang zu setzen. Es sei nun aber nicht einzusehen, weshalb sie nicht sofort alle angeblichen Vorfälle angegeben habe, wenn sie sich schon mit anderen Vorwürfen gegen den Appellanten und dessen Familie gewandt habe. Auch das Argument der sprachlichen Schwierigkeiten sei haltlos, da an der Einvernahme vom 8. Juni 2000 erwiesenermassen ein Dolmetscher teilgenommen habe. Des Weiteren macht der Appellant geltend, die Vorinstanz habe die Zeugenaussage von D. zwar erwähnt, rechtlich jedoch nicht gewürdigt. D. habe nämlich übereinstimmend mit den Ausführungen des Appellanten ausgesagt, dieser habe ihr bereits im Jahre 1999 erzählt, dass B. in die Türkei telefoniert habe. Er habe die Telefonnummer auf dem Display des Telefons gesehen und dann auf diese Telefonnummer angerufen. Nachdem die Strafanzeige gegen den Appellanten erst im Jahre 2000 erstattet und erst im Jahre 2002 der angebliche Nötigungsvorfall zu Protokoll gegeben worden sei, stelle sich die Frage, welchen Grund der Appellant gehabt haben soll, bereits drei Jahre vor der eigentlichen Strafanzeige eine aus Sicht der Vorinstanz falsche Aussage gegenüber einer Drittperson zu machen, ohne dass er unter dem Eindruck einer Strafverfolgung gestanden habe. Schliesslich bringt der Appellant vor, die Vorinstanz habe sein Eingeständnis, wonach er B. während der Dauer ihrer Ehe geschlagen habe, unzulässigerweise dergestalt ausgelegt, dass deren Aussagen insgesamt glaubwürdig erschienen. Die Tatsache, dass der Appellant zugebe, B. verschiedentlich geschlagen zu haben, beweise aber noch lange nicht, dass er im September/Oktober 1998 dieselbe mit Gewalt zur Herausgabe der Adresse von C. genötigt haben soll. b) aa) Anlässlich des Konfrontationsverhörs vom 7. Mai 2002 hatte B. unter anderem erwähnt, der Appellant habe sie gezwungen, die Telefonnummer ihres ehemaligen Freundes C. in der Türkei bekannt zu geben. Dessen Telefonnummer habe sie aber nicht gehabt. Der Appellant habe sie solange geschlagen, bis sie ihm die Adresse von C. bekannt gegeben habe. Der Appellant habe in der Folge dessen Telefonnummer herausfinden können und ihn angerufen sowie von diesem die Briefe, die sie ihm geschickt habe, zugesandt erhalten (Fasz. III act. 75 Dep. 9). Mit den Briefen ihres ehemaligen Freundes habe dieser seiner Familie zeigen können, dass sie vorher einen anderen Mann gekannt habe. Daraufhin habe die Familie des Ap-

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pellanten ihr erklärt, sie sei nicht mehr erwünscht und werde in die Türkei zurückgeschickt. In der Folge sei sie von der Familie im Zimmer eingesperrt worden. Den Zeitpunkt dieser – nach der behaupteten Nötigung erfolgten - Einsperrung datierte sie auf ungefähr anderthalb Monate vor der Geburt des Kindes (Fasz. III act. 76 Dep. 9). bb) Der Appellant bestreitet, B. mit Gewalt zur Bekanntgabe der Adresse ihres damaligen Freundes genötigt zu haben. Anlässlich der polizeilichen Befragung vom 1. September 2000 erklärte er, seine Frau habe ständige telefonische Kontakte mit einem C. gehabt. Dieser sei der Freund seiner Frau gewesen, bevor sie geheiratet hätten. Er habe dessen Nummer auf dem Telefon registriert gehabt. Dass seine Frau ihn mit diesem Mann betrogen habe, sei ausgekommen, als sie im sechsten oder siebten Monat schwanger gewesen sei (Fasz. III act. 10 Dep. 4). Sie habe ihm dies persönlich "gebeichtet". Er habe Verdacht geschöpft, nachdem er jeden Monat Telefonrechnungen im Betrag von Fr. 400.00 bis Fr. 500.00 erhalten habe. Wenn er seine Frau darauf angesprochen habe, habe diese gesagt, dass sie mit ihren Eltern und mit ihrem Bruder telefoniere. Als diese Rechnungen weiterhin so hoch gewesen seien, habe er seine Frau einmal mit nach Hergiswil (in die Wohnung seiner Mutter) genommen. Er habe zu seiner Frau gesagt, dass er noch auf die Gemeinde gehe. Stattdessen habe er sich jedoch im Schrank versteckt und dabei gehört, wie sie C. angerufen und mit diesem gesprochen habe. Später habe er sie darauf angesprochen. (Fasz. III act. 11 Dep. 9 f.). Anlässlich des Konfrontationsverhörs vom 7. Mai 2002 führte der Appellant aus, es sei in der Ehe nie zu Gewaltanwendungen gekommen. Er habe seine Frau nur einmal geschlagen, als er sie erwischt habe, wie sie mit ihrem Ex-Freund telefoniert habe. Bezüglich des Vorfalles mit dem Telefon, das er heimlich mitgehört haben soll, sei es so gewesen, dass er seiner Frau gesagt habe, er müsse weggehen, um etwas zu erledigen. Er habe so getan, als würde er weggehen, sich aber in einem Schrank versteckt. Er habe dann gesehen und gehört, wie sie nach einem Büchlein gesucht, eine Telefonnummer eingestellt und mit einem Mann auf türkisch gesprochen habe. Er sei geschockt gewesen, aus seinem Versteck gekommen und habe mit ihr sprechen wollen. Seine Frau habe nicht gewusst, wie sie sich verhalten solle. Er habe sie gefragt, was sie nun wolle (Fasz. III act. 74 Dep. 8 und act. 79 Dep. 15). Auch bei seiner Einvernahme vom 3. Juni 2003 bestritt der Appellant, seine Ehefrau durch Androhung ernstlicher Nachteile oder durch Beschränkung der Handlungsfähigkeit genötigt zu haben, die Telefonnummer oder Adresse des Ex-Freundes bekannt zu geben. Der Name ihres Freundes habe seine Frau auf einem Couvert aufgeschrieben gehabt. Er habe sich im Schrank versteckt, als sie diesen angerufen habe. In der Folge habe er dessen Telefonnummer anhand eines Knopfdruckes auf dem Display des Telefons ablesen können. Bezüglich der sich bei den Akten befindlichen Diabilder befragt, auf welchen Hämatome an verschiedenen Körperstellen seiner Frau ersichtlich sind, äusserte sich

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der Appellant dahingehend, dass er, als er erfahren habe, dass seine Frau mit anderen Männern telefoniere, ausser sich geraten sei und sie mit Fusstritten traktiert habe (Fasz. III act. 94 Dep. 5 und 11). Bei der Hauptverhandlung vor Kantonsgericht am 28. April 2005 führte der Appellant aus, er habe aus dem Schrank zugehört, wie seine Frau telefoniert und was sie zu ihrem Freund gesagt habe. Dabei habe er vor Wut gezittert. Er habe sie anschliessend zur Rede gestellt und am Arm zum Telefon gezogen, die Wiederholtaste gedrückt und den Mann am anderen Ende gefragt, was er für ein Verhältnis zu seiner Frau habe. Dieser habe ihm dann alles gesagt. Nach dem Vorfall sei er hinausgegangen, um ein Bier zu trinken. Er habe sich nicht mehr unter Kontrolle gehabt und sich umbringen wollen. Anlässlich der Verhandlung vor Obergericht am 28. März 2006 gab der Appellant zu Protokoll, er habe B. nicht dazu gezwungen, die Adresse und die Telefonnummer von C. herauszugeben. Nach dem Telefongespräch seiner Frau habe er mittels Tastendruck die Telefonnummer von C. auf dem Display gesehen. Dessen Adresse habe er einem Couvert entnommen, das sich in der Tasche von B. befunden habe. Weiter führte der Appellant aus, er habe seiner Frau nicht Schläge angedroht, falls sie den Namen ihres Ex-Freundes nicht bekannt gebe. Er habe seine Frau vor diesem Zwischenfall nie geschlagen. Nach dem Telefonat mit C. habe er ihr nur zwei Ohrfeigen gegeben. Angesprochen auf die sich in den Akten befindenden Bilder, auf welchen Hämatome an verschiedenen Körperstellen seiner Frau ersichtlich sind, erklärte der Appellant, diese Verletzungen stammten weder von ihm noch von jemand anderem. Vielmehr sei B. bei einer Hochzeit die Treppe heruntergefallen. c) aa) Die Aussagen des Appellanten sind insofern konstant, als dass er geltend macht, B. habe mit ihrem ehemaligen Freund telefoniert. Ebenfalls macht er unverändert geltend, er habe sich während des Telefonates in einem Schrank versteckt. Ab dem Zeitpunkt, wo er angeblich aus seinem Versteck hervorkam und von seiner Frau die Bekanntgabe der Telefonnummer verlangte, sind seine Ausführungen jedoch nicht mehr einheitlich. So machte er zum Einen geltend, es sei in seiner Ehe nie zu Gewaltanwendungen gekommen (Fasz. III act. 74 Dep. 8). Zum Anderen räumte er ein, B. einige Male geschlagen zu haben (Fasz. III act. 31 Dep. 10, act. 14 Dep. 32, act. 15 Dep. 36). Insbesondere gestand der Appellant, er habe seine Frau geschlagen, als er diese beim Telefonieren mit ihrem Ex-Freund erwischt habe (Fasz. III act. 74 Dep. 8). Nach Vorhalt von Diabildern mit Hämatomen seiner Frau gab er schliesslich sogar zu, er sei ausser sich gewesen und habe diese mit Fusstritten traktiert, nachdem er erfahren habe, dass sie mit anderen Männern telefoniert habe (Fasz. III act. 94 Dep. 11). Anlässlich der Verhandlung vor Obergericht vom 28. März 2006 gab der Appellant dann aber wiederum zu Protokoll, die fotografisch festgehaltenen Hämatome seien nicht auf Schläge zurückzuführen. Diese seien entstanden, als B. bei einer Hochzeit die Treppe heruntergefallen sei (Ver-

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handlungsprotokoll, S. 3). Diese widersprüchlichen Aussagen lassen erhebliche Zweifel an der Sachverhaltsdarstellung des Appellanten aufkommen. Der Appellant war seiner Frau gegenüber äusserst misstrauisch und eifersüchtig. Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass er dies gerade dadurch wieder bewiesen hat, dass er sich im Schrank versteckte. Wie der Appellant anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung selber ausführte, will er vor Wut gezittert haben, als er im Schrank das Telefongespräch belauscht hatte. Weiter gab er an, nach dem Vorfall hinausgegangen zu sein, um ein Bier zu trinken, da er sich nicht mehr unter Kontrolle gehabt habe. Da der Appellant während des Verfahrens verschiedentlich zugegeben hat, seine Frau schon mehrmals geschlagen und auch schon früher Wutausbrüche gehabt zu haben, erscheint es eher unwahrscheinlich, dass er gerade bei diesem Vorfall die Fassung nicht hätte verlieren sollen. Vor diesem Hintergrund, bzw. angesichts der Tatsache, dass der Appellant aus Eifersucht mehrfach körperliche Gewalt gegenüber seiner Frau angewendet hat, erscheint die Sachverhaltsdarstellung von B. durchaus glaubhaft, nachvollziehbar und lebensnah. bb) Daran vermag auch der Einwand des Appellanten nichts zu ändern, wonach es sehr ungewöhnlich sei, dass B. an den beiden Einvernahmen im Jahr 2000 kein Wort eines Nötigungsvorfalles im Oktober 1998 vorgebracht habe und diesen erst im Mai 2002, mithin 3½ Jahre nach dem Ereignis, erstmals erwähnt habe. Zwar ist dem Appellanten darin zuzustimmen, dass diese Tatsache entgegen der Auffassung der Vorinstanz kaum mit sprachlichen Schwierigkeiten erklärt werden kann, nachdem an der Einvernahme vom 8. Juni 2000 ein Dolmetscher zugegen war. Auch ist eher nicht davon auszugehen, dass B. aus Angst vor dem Appellanten und seiner Familie das Ereignis vom September/Oktober 1998 anfangs nicht erwähnt hat, zumal sie sich ja getraut hatte, ein Strafverfahren gegen ihren Mann in Gang zu setzen. Trotzdem vermag die Tatsache, das B. dieses Ereignis erst im Mai 2002 erstmals erwähnt hat, an der Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen nicht zu Zweifeln Anlass zu geben. Die durch Rechtsanwalt E. verfasste Strafanzeige vom 19. Mai 2000 ist dermassen rudimentär, dass zu vermuten ist, der Anwalt habe zum damaligen Zeitpunkt mit B. noch keinen eingehenden Kontakt gehabt. Es ist im Übrigen durchaus nicht ungewöhnlich, dass im Verlauf einer Strafuntersuchung die Vorwürfe aufgrund einer eingehenderen Befragung ausgeweitet werden. Erfahrungsgemäss werden zeitlich nahe und besonders einschneidende Erlebnisse eher zur Sprache gebracht als weiter zurückliegende, weniger schwer wiegende. Anlass zur Einreichung einer Strafanzeige war vorliegend vor allem das Ereignis vom Januar 1999, bei dem sich der Appellant der Entführung strafbar gemacht haben soll. Das Gericht erachtet es als nachvollziehbar, dass dieses Verbrechen bei der Anzeige und den ersten Befragungen zentrales Thema für B. war und sie demzufolge das Ereignis vom September/Oktober 1998 nicht zur Sprache brachte. Zudem hat B. schon zu Beginn der Strafuntersuchung erwähnt, vom Appellanten wiederholt geschlagen wor-

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den zu sein. Es ist durchaus verständlich, wenn ein juristischer Laie nicht erkennt, dass für die Strafverfolgungsbehörden die Unterscheidung von Bedeutung ist, ob der Beschuldigte „lediglich“ geschlagen hat, oder ob dieser durch das Schlagen bzw. durch Androhen desselben eine Adresse erlangen wollte. Damit kann der Appellant aus der Tatsache, dass B. das Ereignis vom September/Oktober 1998 im Jahr 2002 erstmals erwähnte, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Ebenfalls unbehelflich ist die Rüge des Appellanten, die Vorinstanz habe sein Eingeständnis, wonach er B. während der Dauer ihrer Ehe geschlagen habe, unzulässigerweise dergestalt ausgelegt, dass deren Aussagen insgesamt glaubwürdig erschienen. Diese Tatsache beweise aber noch lange nicht, dass er im September/Oktober 1998 seine Frau mit Gewalt zur Herausgabe der Adresse von C. genötigt haben soll. Hierzu ist zu bemerken, dass die Gewalttätigkeiten des Appellanten seiner Frau gegenüber allein natürlich noch kein genügender Beweis für die ihm vorgeworfenen anderen Straftaten sind. Doch dürfen diese durchaus als Indiz für die ihm vorgeworfene Nötigung gewertet werden. Angesichts der zum Teil massiven körperlichen Gewaltausbrüche des Appellanten erscheint es durchaus als glaubwürdig, dass dieser seine Ehefrau durch das Androhen von Gewalt zur Herausgabe der Adresse ihres Ex-Freundes genötigt hat. Daran vermag auch die Rüge des Appellanten nichts zu ändern, wonach er gemäss Aussage der Zeugin D. dieser bereits im Jahre 1999 erzählt habe, die Telefonnummer von C. auf dem Display eines Telefons gesehen zu haben. Nach Ansicht des Appellanten sei nicht ersichtlich, wieso er diese aus Sicht der Vorinstanz falsche Aussage gegenüber einer Drittperson hätte tätigen sollen, ohne dass er unter dem Eindruck einer Strafverfolgung gestanden habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Appellant aufgrund einer Anfrage von Interpol Ankara bereits am 31. Januar 1999 von der Kantonspolizei Nidwalden befragt wurde. Er gab damals an, dass seine Frau freiwillig in die Türkei ausgereist sei (Fasz. I act. 45). Daher kann nicht behauptet werden, die Aussage gegenüber D. sei ohne jeglichen Druck erfolgt. Aufgrund der unerwarteten Rückkehr von B. in die Türkei und der polizeilichen Befragung musste der Appellant bereits im Zeitpunkt seiner Aussage gegenüber D. mit der Anhebung einer Strafuntersuchung rechnen. Bei einer gesamthaften Betrachtung der Umstände bestehen nach Ansicht des Gerichts keine erheblichen Zweifel daran, dass der körperlich überlegene Appellant seine Ehefrau im September/Oktober 1998 vorsätzlich durch Anwendung physischer Gewalt zur Bekanntgabe der Adresse von C. gezwungen hat. d) aa) Der Nötigung gemäss Art. 181 StGB macht sich strafbar, wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden. Schutzobjekt von Art. 181 StGB ist die Handlungsfreiheit bzw. die Freiheit der Willensbildung des Einzelnen (BGE 129 IV 8 f. Erw. 2.1; BGE 129 IV 264 Erw. 2.1). Der objektive Tatbestand kann unterteilt werden in ein Nöti-

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gungsmittel (Gewalt, Androhung ernstlicher Nachteile oder andere Beschränkung der Handlungsfähigkeit) und einen Nötigungserfolg. Als Gewalt wird die unter Einsatz körperlicher Kraft vollzogene physische Einwirkung auf einen anderen definiert (DELNON/RÜDY, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, Basel 2003, N 18 zu Art. 181 StGB). Bei der Androhung ernstlicher Nachteile stellt der Täter dem Opfer die Zufügung eines Übels in Aussicht, dessen Eintritt er als von seinem Willen abhängig erscheinen lässt. Belanglos ist, ob der Täter die Drohung wirklich wahrmachen will, sofern sie nur als ernstgemeint erscheint. Ernstlich sind die angedrohten Nachteile, wenn diese nach einem objektiven Massstab geeignet sind, auch eine besonnene Person in der Lage des Betroffenen gefügig zu machen und so seine freie Willensbildung und betätigung zu beschränken (BGE 122 IV 325 Erw. 1a). Der Nötigungserfolg ist eingetreten, wenn der Geschädigte die von ihm verlangte Handlung vorzunehmen beginnt. Subjektiv ist Vorsatz erforderlich, also das Bewusstsein und der Wille des Täters, das Opfer durch das gewählte Nötigungsmittel zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen zu verhalten. Dabei genügt Eventualvorsatz (REHBERG/SCHMID/DONATSCH, Strafrecht III, 8. Auflage, Zürich 2003, S. 370 f.). Entgegen den allgemeinen Regeln ist nicht jedes tatbestandsmässige Verhalten bei Fehlen von Rechtfertigungsgründen auch rechtswidrig. Vielmehr bedarf die Rechtswidrigkeit bei Art. 181 StGB einer zusätzlichen, besonderen Begründung. Eine Nötigung ist dann unrechtmässig, wenn das Mittel oder der Zweck unerlaubt ist oder wenn das Mittel zum angestrebten Zweck nicht im richtigen Verhältnis steht oder wenn die Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig ist (BGE 119 IV 305 Erw. 2b). bb) Gestützt auf das Beweisergebnis ist es als erstellt zu beurteilen, dass der Appellant seine Frau im September/Oktober 1998 durch Anwendung körperlicher Gewalt zur Bekanntgabe der Adresse von C. gezwungen hat. Er hat damit den objektiven Tatbestand der Nötigung gemäss Art. 181 StGB erfüllt. Der Appellant war sich bewusst, dass er durch seine Gewaltanwendung die Willensfreiheit seiner Frau beeinträchtigte. Der Appellant handelte mithin vorsätzlich. Nachdem die Anwendung physischer Gewalt ein unerlaubtes Mittel darstellt, ist die Handlung des Appellanten auch als rechtswidrig zu qualifizieren. Damit ergibt sich, dass die Vorinstanz den Appellanten zu Recht der Nötigung gemäss Art. 181 StGB schuldig gesprochen hat.

4.- a) Hinsichtlich des Ereignisses vom Oktober 1998 macht der Appellant geltend, B. habe die behauptete Einschliessung gleich wie die angebliche Nötigungshandlung weder in der Strafklage vom 19. Mai 2000 noch anlässlich der Einvernahme vom 29. Mai 2000 mit keinem Wort erwähnt. Auch wenn die von der Vorinstanz behaupteten sprachlichen Probleme vorgele-

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gen hätten, sei es in keiner Weise nachvollziehbar, dass B. die angebliche Freiheitsberaubung überhaupt nicht erwähnt habe. Auch gegenüber den Zeuginnen F. und D. habe sie zu keinem Zeitpunkt etwas von einer Einsperrung erzählt. Solches gehe auch nicht aus dem Gutachten von Dr. med. G. vom 6. Juni 2001 hervor. Der Appellant bringt weiter vor, seine konstanten Aussagen, wonach sich B. selber in einem Zimmer eingeschlossen und versucht habe, sich das Leben zu nehmen, würden durch den bei den Akten befindlichen Abschiedsbrief derselben bestätigt. Die Vorinstanz habe diesen Abschiedsbrief jedoch zu Unrecht in ihren Erwägungen nicht berücksichtigt. Ebenfalls habe die Vorinstanz die merkwürdige Tatsache völlig ausser Acht gelassen, dass B. wenige Tage nach der angeblichen Freiheitsberaubung erklärte, sie wolle vom Frauenhaus wieder nach Hause zum Appellanten, da ein Hochzeitsfest in der Verwandtschaft stattfinde, an welchem sie teilnehmen wolle. Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen kämen auch auf, nachdem sie gleichzeitig auch noch über die Leitung des Frauenhauses darauf eingewirkt habe, dass das vom Appellanten bereits in die Wege geleitete Ehescheidungsverfahren von diesem zurückgezogen wurde. Der Appellant ist zudem der Ansicht, die Vorinstanz habe die Aussagen der Zeugen H. und I. ungenügend gewürdigt. Diese hätten trotz der verwandtschaftlichen Beziehung zum Appellanten angemessen in die Beurteilung miteinbezogen werden müssen. Zu Ungunsten des Appellanten lasse die Vorinstanz auch die Tatsache unberücksichtigt, dass die Aussagen von B. recht vage seien und in ihrer Entwicklung beachtliche Steigerungen aufwiesen. Schliesslich bringt der Appellant vor, es sei nicht ersichtlich, welches Motiv er gehabt haben solle, seine Frau mehrere Tage in einem Zimmer einzusperren. Die diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz seien als wilde Spekulationen zu qualifizieren, welche durch nichts erhärtet seien. b) Die Staatsanwaltschaft ist ebenfalls der Ansicht, der Appellant sei vom Vorwurf der Freiheitsberaubung freizusprechen. In Würdigung sämtlicher sich aus den Akten ergebenden Umstände könne nicht mit der erforderlichen Überzeugung darauf geschlossen werden, dass der Appellant seine Ehefrau mit Hilfe seiner Familienangehörigen vorsätzlich und gegen ihren Willen in der gemeinsamen Wohnung in einem Zimmer eingeschlossen habe. Es bestünden nicht zu unterdrückende Zweifel daran, dass der Appellant den Tatbestand der Freiheitsberaubung verwirklicht habe. Insbesondere könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sich die zu jenem Zeitpunkt hochschwangere B. im Rahmen der zweifellos in erheblichem Masse durch das Verhalten des Appellanten belasteten ehelichen Situation aus einem Verzweiflungs- und fehlgeleiteten Verantwortlichkeitsgefühl heraus selber in das Zimmer zurückgezogen habe.

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c) aa) Der Freiheitsberaubung nach Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht. Das geschützte Rechtsgut besteht in der sog. Fortbewegungsfreiheit. Seiner Freiheit beraubt ist bereits, wem die Möglichkeit einer Ortsveränderung genommen wird, ohne dass er eine solche tatsächlich gewollt zu haben bräuchte (REHBERG/SCHMID/DONATSCH, a.a.O., S. 375 ff.). Die Fortbewegungsfreiheit kann durch das im Gesetz erwähnte Festnehmen, das heisst Einsperren, Anbinden oder ein anderweitiges gewaltsames Mitnehmen oder Festhalten einer Person aufgehoben werden. Durch die Norm erfasst ist aber auch jener Täter, welcher durch Drohungen eine Person am Verlassen eines Raumes hindert. Gleichgültig sind nach allgemeiner Auffassung die Mittel, derer sich der Täter bedient, um das genannte Ziel zu erreichen. Bei der Frage der Erfüllung des objektiven Tatbestandes ist die individuelle Fähigkeit des Opfers, den Widerstand bzw. die Schranke zu überwinden zu berücksichtigen. Bloss vorübergehende Hinderung an der freien Fortbewegung (z.B. nur kurzes Festhalten) stellt keine tatbestandsmässige Freiheitsberaubung dar, Lehre und Rechtsprechung verlangen eine gewisse Intensität und Dauer. Was die Anforderungen an die Dauer betrifft, ist die Festlegung einer Grenze weder möglich noch sinnvoll. Die Anforderungen an die Dauer sind in der Praxis nicht sehr hoch (DELNON/RÜDY, a.a.O., N 23 f. zu Art. 183). bb) Aus der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Unschuldsvermutung wird die Rechtsregel „in dubio pro reo“ abgeleitet. Als Beweiswürdigungsregel besagt der Grundsatz, dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Die Maxime ist verletzt, wenn der Strafrichter an der Schuld des Angeklagten hätte zweifeln müssen. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann. Es muss sich um erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel handeln, d.h. um solche, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime „in dubio pro reo“, dass es Sache des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen, und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist verletzt, wenn der Strafrichter einen Angeklagten (einzig) mit der Begründung verurteilt, er habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. Ebenso ist die Maxime verletzt, wenn sich aus den Urteilserwägungen ergibt, dass der Strafrichter von der falschen Meinung ausging, der Angeklagte habe seine Unschuld zu beweisen, und dass er ihn verurteilte, weil ihm dieser Beweis misslang (Urteil des Bundesgerichts vom 9. Juni 2005, 1P.247/2005, Erw. 1.2.2).

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d) aa) Die Vorinstanz erachtete es als erwiesen an, dass der Appellant unter Mithilfe seiner Familie im Oktober 1998 B. für die Dauer von rund einer Woche in ihrem Zimmer in der gemeinsamen Wohnung in Hergiswil eingeschlossen hatte, wobei dieser das Essen aufs Zimmer gebracht worden sei und sie die Toilette nur in Begleitung hätte aufsuchen dürfen. Dadurch, dass der Appellant seine Frau vorsätzlich ihrer Fortbewegungsfreiheit beraubt habe, sei dieser wegen Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu bestrafen. bb) Die Vorinstanz stützt sich in ihrer Beurteilung vor allem auf die Sachverhaltsdarstellung von B.. Nach Ansicht der Vorinstanz erscheine diese insgesamt als glaubwürdig. Dieser Schluss dränge sich insbesondere deswegen auf, weil die Aussagen von B. gesamthaft, d.h. auch in Bezug auf die übrigen dem Appellanten vorgeworfenen Straftaten, zu betrachten seien. Nach Meinung der Vorinstanz seien die Ausführungen der Staatsanwaltschaft insofern inkonsequent, als diese die Aussagen betreffend des Ereignisses vom September/Oktober 1998 als glaubwürdig betrachtet, jene betreffend des Ereignisses vom Oktober 1998 hingegen als unglaubwürdig taxiert habe. Betrachte man das Aussageverhalten von B. gesamthaft, sei kein Grund ersichtlich, weshalb davon auszugehen sei, dass sie gewisse Aussagen konstruiert und erfunden habe. Der Ablauf des Geschehens mit den aufeinanderfolgenden Ereignissen erscheine in sich zu stimmen und sei daher gesamthaft glaubwürdig. Die Vorinstanz führt weiter aus, allein daraus, dass der Appellant hinsichtlich seiner Aussagen konstant sei und sich betreffend dem Vorwurf des Einsperrens seiner Ehefrau im Zimmer nicht widerspreche, könne noch nichts zu seinen Gunsten abgeleitet werden. Bezüglich der Würdigung der Aussagen der Mutter und des Bruders des Appellanten sei zu berücksichtigen, dass verwandtschaftliche Beziehungen zu einer Partei in hohem Masse geeignet seien, die Aussagen in eine bestimmte Richtung und damit im vorliegenden Fall zu Gunsten des Appellanten zu lenken. Auch sei zu beachten, dass die Zeugen ein eigenes Interesse am Ausgang dieses Verfahrens aufwiesen, da B. ihnen eine Beteiligung an der Freiheitsberaubung vorwerfe. Nach Ansicht der Vorinstanz sei es durchaus plausibel anzunehmen, die Familie des Appellanten hätte in der Tatsache, dass B. eine voreheliche Freundschaft unterhalten hatte, einen Grund gesehen, die schwangere Frau in ein Zimmer einzusperren und sie in der Folge in die Türkei zurückzuschicken. Zudem sei es nicht abwegig, davon auszugehen, dass ein Ehemann, der seine Ehefrau mit einem Holzstecken traktiere, auch fähig sei, seine Frau eine Woche lang in einem Zimmer einzusperren. cc) Der Auffassung der Vorinstanz kann nicht gefolgt werden. Zwar ist es durchaus richtig, wenn die Vorinstanz die Aussagen von B. gesamthaft als glaubwürdig erachtet. Allerdings ist der Staatsanwaltschaft und dem Appellanten darin beizupflichten, dass die Angaben von B. in Bezug auf das Ereignis vom Oktober 1998 erhebliche Steigerungen aufweisen, weshalb sich

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eine besonders kritische Würdigung der Aussagen aufdrängt. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass ein Einfluss der im Rahmen des Eheschutzverfahrens streitigen Frage der Zuteilung der elterlichen Obhut über das gemeinsame Kind sowie der schwierige Vollzug des Besuchsrecht auf das Aussageverhalten von B. nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Ungenügend gewürdigt hat die Vorinstanz die Aussagen des Appellanten und der Zeugen H. und I.. Zwar ist es durchaus richtig, die Aussagen der Zeugen im Hinblick auf das verwandtschaftliche Verhältnis mit dem Appellanten und dem Vorwurf der Beteilung an der dem Appellanten vorgeworfenen Straftat zurückhaltend zu werten. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass deren Aussagen hinsichtlich des Ereignisses vom Oktober 1998 inhaltlich übereinstimmen und glaubwürdig sind. Wie die Vorinstanz festgestellt hat, sind diesbezüglich zudem die Aussagen des Appellanten konstant und in sich widerspruchsfrei. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist dies sehr wohl zu Gunsten des Appellanten zu werten. Im Übrigen mag es vorliegend - wie von der Vorinstanz ausgeführt wird - durchaus einleuchtend sein, dass B. aufgrund ihrer vorehelichen Beziehung in einem Zimmer eingesperrt worden sein soll um anschliessend in die Türkei zurückgebracht zu werden. Zudem ist es aufgrund der Gewalttätigkeiten des Appellanten gegenüber seiner Ehefrau tatsächlich nicht abwegig, dass dieser sich auch zu einer Freiheitsberaubung hinreissen lässt. Allerdings ist dem Appellanten darin beizupflichten, dass es sich hierbei um reine Mutmassungen handelt, welche nicht geeignet sind, die angebliche Freiheitsberaubung zu beweisen. Im Übrigen ist zu betonen, dass nicht nur die Sachverhaltsdarstellung von B. plausibel erscheint. Angesichts der mittels Abschiedsbrief belegten Selbstmordabsicht erscheint durchaus auch einleuchtend, dass sich, wie dies vom Appellanten geltend gemacht wird, seine Ehefrau aus Scham selber in das Zimmer eingesperrt habe und sich zudem habe umbringen wollen. Damit ist hinsichtlich des Ereignisses vom Oktober 1998 nicht mit rechtsgenüglicher Sicherheit erstellt, ob sich dieses wie von B. dargestellt ereignet hat. Nach Ansicht des Gerichts bestehen bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel daran, dass der Appellant seine Ehefrau während einer Woche in einem Zimmer einsperrte. Damit ergibt sich, dass die Vorinstanz mit ihrer Verurteilung des Appellanten wegen Freiheitsberaubung den Grundsatz „in dubio pro reo“ verletzt hat. Vom Vorwurf der Freiheitsberaubung ist der Appellant daher freizusprechen und die Appellation diesbezüglich gutzuheissen.

5.- a) In Bezug auf das Ereignis vom Januar 1999 bringt der Appellant vor, B. gebe unumwunden zu, die umstrittene Flugreise freiwillig angetreten zu haben, ohne dass der Appellant Gewalt oder Drohungen angewendet hätte. Somit gelte es vorliegend lediglich zu überprüfen, ob der Appellant mit seinen Handlungen das Tatbestandsmerkmal der List gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erfüllt habe. Wie die Vorinstanz selber ausführe, sei eine List erst dann an-

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zunehmen, wenn diese derart raffiniert sei, dass sich auch ein kritisches Opfer täuschen lasse. Davon könne vorliegend keinesfalls ausgegangen werden. Allein schon die Tatsache, dass der Appellant mit seiner Frau nur 24 Tage nach der Niederkunft nach Spanien in die Ferien habe fliegen wollen, hätte bei jeder anderen Mutter und somit bei objektiver Betrachtungsweise zumindest die Frage aufwerfen müssen, ob ein derartiges Vorhaben nicht ein wenig zu früh erfolge. Sodann sei den Verfahrensakten keinerlei Information zu entnehmen, dass sich B. auch nur annähernd für die Details der Ferienreise nach Spanien interessiert habe. Eine angebliche List wäre aber beim Stellen entsprechender Fragen ziemlich schnell aufgedeckt worden. Zudem schliesse schon die Tatsache, dass B. den Visumsantrag für Bulgarien eigenhändig unterzeichnet habe, jegliche Möglichkeit des Vorliegens einer List aus. Durch das blosse Durchlesen des Visumsantrags hätte B. erkennen können, dass die Reise nicht nach Spanien, sondern nach Bulgarien ging. Des Weiteren hätte nach Ansicht des Appellanten jeder Durchschnittsmensch spätestens am Flughafen die Zieldestination bemerken müssen. Angesichts der an einem Flughafen anzutreffenden Fülle von Informationsmöglichkeiten vom Vorliegen einer List hinsichtlich des Reisezieles zu sprechen, mute absurd an, zumal das angebliche Opfer weder blind noch taub sei. All diese, das Vorliegen einer List ausschliessenden Punkte wische die Vorinstanz mit der realitätsfremden Begründung vom Tisch, B. habe zum Zwecke der gegenseitigen Versöhnung nicht durch vorsichtiges und dem Ehepartner gegenüber misstrauendes Überprüfen der Flugtickets oder der Schilder auf dem Flughafen herauszufinden versucht, ob dieser allenfalls anderes im Schilde führe, als er ihr und seiner ganzen Familie mitgeteilt habe. Diese Begründung sei absurd, weil der allen Reisenden bekannte Blick auf sein Ticket und die Anzeigetafeln keinesfalls als vorsichtiges und dem Ehepartner misstrauendes Überprüfen der Reisedestination angesehen werden könne. Zu Unrecht habe die Vorinstanz zwischen den Eheleuten ein neues Vertrauensverhältnis als gegeben erachtet. Von einem solchen könne, nur kurze Zeit nachdem B. Zuflucht im Frauenhaus gesucht habe, nicht gesprochen werden. Der Appellant bemängelt des Weiteren, die Vorinstanz beschreibe B. dergestalt, als ob sie es nicht gewohnt gewesen sei, irgendwelche Handlungen selber wahrzunehmen. Dass dem nicht so gewesen sei beweise die Tatsache, dass sie kurz vor der Reise den Appellanten verlassen und Zuflucht im Frauenhaus gesucht habe. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei die Argumentation der Vorinstanz, B. habe den Visumsantrag dem Appellanten vertrauend nicht überprüft. Es könne nämlich nicht allen Ernstes behauptet werden, sie habe blindes Vertrauen in einen Mann gehabt, von dem sie nach eigenen Angaben wenige Tage zuvor noch geschlagen und genötigt worden sein soll. Auch die weiteren Argumente der Vorinstanz, B. habe nur die obligatorische Schule besucht und sei flugunerfahren, vermöchten nicht zu überzeugen. Einerseits bedürfe es zum Lesen eines Visumsantrages keiner besonderen Schulbildung, andererseits sei erstellt, dass B. bei ihrer Einreise in die Schweiz alleine mit dem Flugzeug gereist sei.

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b) Die Staatsanwaltschaft wendet ein, der Appellant sei zu Recht von der Vorinstanz wegen Entführung verurteilt worden. Die Begründung der Vorinstanz, wonach die Vorgehensweise des Appellanten als geeignet zu beurteilen sei, eine besonnene Person in der Lage von B. über das Reiseziel und die wahren Absichten zu täuschen, erscheine nachvollziehbar, weshalb vollumfänglich darauf verwiesen werde. c) Der Appellant rügt vorliegend, er sei zu Unrecht der Entführung im Sinne von Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 verurteilt worden, weil er beim Ereignis vom Januar 1999 das Tatbestandsmerkmal der List nicht erfüllt habe. Dagegen macht er offenbar nicht (mehr) geltend, es sei der ausdrückliche Wunsch von B. gewesen, in die Türkei zurückzukehren. Wie die Vorinstanz ausführlich darlegte, verstrickte sich der Appellant diesbezüglich im Rahmen der Strafuntersuchung in zahlreiche Widersprüche. Im Gegensatz zum Appellanten hat sich B. bei ihren Aussagen nicht ständig in Widersprüche verwickelt oder derartig unterschiedliche Versionen des Geschehensablaufes vorgebracht. Ihre Aussagen erscheinen glaubhaft und überzeugend. Die Vorinstanz erachtete es damit zu Recht als erstellt, dass der Appellant seine Ehefrau in der Schweiz über das tatsächliche Reiseziel getäuscht hat und mit ihr nach Bulgarien geflogen ist, um sie dort unter Anwendung von Gewalt und Drohungen gegen ihren Willen in die Türkei zu bringen. Dies insbesondere deshalb, weil der Appellant in seiner ersten Einvernahme zugestanden hatte, seine Frau habe nicht gewusst, dass die Reise nach Bulgarien statt Spanien führen würde (Fasz. III act. 12 dep. 19). Des Weiteren ist davon auszugehen, dass B. der Ferienreise ohne Mitnahme ihres Kindes nur zugestimmt hat, um ihre Ehe zu retten und mit dem Appellanten einen Neuanfang zu versuchen. Der Appellant handelte dabei planmässig. Er bereitete die "Rückschaffung" seiner Frau in die Türkei in der Schweiz vor, indem er die liquiden Mittel zur Finanzierung der Reise beschaffte, die Flugtickets und die Visa für Bulgarien sowie den Transport zum Flughafen organisierte, die Pflege des gemeinsamen Sohnes durch seine Mutter sicherstellte und seine Ehefrau über Sinn und Ziel der Reise täuschte, um anschliessend mit ihr von Zürich nach Sofia zu fliegen und dort ihr eigentliches Verbringen in die Türkei vorzunehmen. d) aa) Den Tatbestand der Entführung gemäss Art. 183 StGB Ziff. 1 Abs. 2 erfüllt, wer jemanden durch Gewalt, List oder Drohung entführt. Die Tathandlung der Entführung besteht nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung darin, dass der Täter sein Opfer an einen anderen Ort verbringt, wo es sich in der Gewalt des Täters oder eines Dritten befindet. Der Täter muss über sein Opfer durch dessen Verbringen an einen anderen Ort eine gewisse Machtposition erlangen. Die vom Täter über das Opfer ausgeübte Macht muss dergestalt sein, dass es unab-

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hängig vom Willen des Täters nicht an seinen früheren Aufenthaltsort zurückkehren kann. Die Einschränkung in der Bewegungsfreiheit hat eine gewisse Erheblichkeit aufzuweisen, mithin muss bei der Entführung die Ortsveränderung für eine gewisse Dauer vorgesehen und das Opfer in seiner persönlichen Freiheit tatsächlich beschränkt sein bzw. nicht die Möglichkeit haben, unabhängig vom Willen des Täters an seinen gewohnten Aufenthaltsort zurückzukehren (BGE 118 IV 6 f. Erw. 2b; 83 IV 152). Jedoch ist weder der Entzug der Fortbewegungsfreiheit noch die Erfüllung des Nötigungstatbestandes vorausgesetzt. Vollendet ist das Delikt mit dem Verbringen des Opfers an einen Ort und der dadurch erlangten Machtposition (DELNON/RÜDY, a.a.O., N 29 und 51 zu Art. 183). Beendet ist das Delikt, wenn zumindest das Täter-OpferHerrschaftsverhältnis beendet ist. Die Entführung stellt somit ein Dauerdelikt dar (BGE 119 IV 221 Erw. 2; REHBERG/SCHMID/DONATSCH, a.a.O., S. 381). Als Tatmittel kommen Gewalt, List oder Drohung in Frage. Die Tatmittel beziehen sich auf die Art und Weise des Wegbringens, nicht auf das Festhalten am neuen Ort (DELNON/RÜDY, a.a.O., N 29 und 31 zu Art. 183). In Bezug auf die Reise nach Bulgarien hat B. während des Strafverfahrens zu keinem Zeitpunkt angegeben, mit Gewalt oder Drohung dazu gebracht worden zu sein. Sie legte jedoch glaubwürdig dar, vom Appellanten über das Reiseziel getäuscht worden zu sein, indem die Reise nicht wie versprochen für einen Ferienaufenthalt nach Spanien, sondern zwecks ihrer Rückschaffung in die Türkei nach Bulgarien geführt habe. Fallen Gewalt und Drohung ausser Betracht, so bleibt vorliegend zu prüfen, ob der Appellant mit der ihm angelasteten, in der Schweiz begangenen Täuschung seiner Frau das Tatbestandsmerkmal der List erfüllt hat. bb) Listig ist das Verhalten, das darauf abzielt, unter geflissentlicher und geschickter Verbergung der wahren Absichten oder Umständen die Ziele des Täters durchzusetzen. Dazu gehört die Anwendung eines gewissen Grades von Schlauheit, Klugheit und Fertigkeit. Die Anwendung von List verletzt wie die Drohung die Freiheit der Willensbildung, ohne dass sich das Opfer jedoch dessen bewusst wird (EGLI, Freiheitsberaubung, Entführung und Geiselnahme, Grüsch 1986, S. 105 f.). Nicht jede Schlaumeierei entspricht einem listigen Vorgehen. Auch das blosse Ausnützen der Kenntnis, wann sich das Opfer wo befindet oder inwiefern sich günstige Konstellationen ergeben, das Opfer in die gewünschte Richtung zu dirigieren, bedeuten nicht schon die Anwendung von List. Vielmehr muss es aktiv irregeführt, beispielsweise absichtlich abgelenkt oder sonstwie getäuscht werden. Die angewandte List muss qualitativ mit den Tatmitteln von Gewalt oder Drohung vergleichbar sein (DELNON/RÜDY, a.a.O., N 32 zu Art. 183). e) aa) Grundsätzlich ist die Wesentlichkeit der Täuschung bzw. der List nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, um eine Überdehnung des Strafschutzes zu vermeiden. Eine List ist somit erst dann anzunehmen, wenn diese derart raffiniert ist, dass sich auch ein kriti-

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sches Opfer täuschen lässt. Mit anderen Worten kann ein Verhalten nur dann listig und damit strafrechtlich geschützt sein, wenn es geeignet ist, ebenfalls eine besonnene bzw. verständige Person mit durchschnittlicher Belastbarkeit irrezuführen. Eine einfache, leicht durchschaubare Lüge oder Falschangabe vermag noch nicht die geforderte Intensität einer List im Sinne von Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zu erfüllen, ansonsten eine unhaltbare Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Verbrechensnorm die Folge wäre. Im Sinne der Opfermitverantwortung soll nicht jeder, der allzu leichtgläubig auf eine Lüge hereinfällt, wo er sich mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit hätte schützen können, strafrechtlichen Schutz geniessen. Allerdings darf die Messlatte hierzu nicht allzu hoch angesetzt werden. Auch wenn man von einem streng objektiven Massstab ausginge, so wäre es unzulässig als Referenzperson, d.h. als „kritisches Opfer“, eine Person zu bezeichnen, welche der deutschen Sprache mächtig ist, über sattelfeste Kenntnisse der Geographie verfügt, reisegewandt ist, Zugang zum Internet hat und sich problemlos über die einschlägigen Internetseiten über die bevorstehende Reise informieren kann. Ob bei einer streng objektiven Sichtweise das Tatbestandsmerkmal der List erfüllt wäre, ist eher fraglich. Dem Appellanten ist insofern zuzustimmen, dass eine kritische Referenzperson kaum einen Visumsantrag unterzeichnet hätte, ohne diesen vorgängig durchzulesen. Auch hätte diese wohl am Flughafen aufgrund der Beschilderungen gemerkt, dass die Reise nicht nach Spanien geht. bb) Die Vorinstanz ist der Ansicht, die Wesentlichkeit der Täuschung sei nicht nur nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmen. Mithin sei die „List“ gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB nicht nur dann zu bejahen, wenn ein "kritisches und besonnenes Opfer" sich täuschen liesse. Zu beachten seien vielmehr auch subjektive Gesichtspunkte wie die jeweilige Lage und die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall, welche der Täter kenne und ausnütze. Dem ist zuzustimmen. Das Prinzip der Opfermitverantwortung ist auch bei anderen Tatbeständen des StGB anerkannt. So soll etwa beim Betrug durch das Tatbestandsmerkmal der Arglist nur geschützt werden, wer sich mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit selbst hätte schützen können (TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Auflage, Zürich 1997, N 7 zu Art. 146). Das Bundesgericht berücksichtigt in seiner Rechtsprechung zum Tatbestandsmerkmal der Arglist beim Betrug auch subjektive Gesichtspunkte. So seien die jeweilige Lage und Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall zu berücksichtigen, soweit der Täter diese kenne und ausnütze. Das gelte insbesondere bei geistesschwachen, unerfahrenen oder auf Grund des Alters oder einer (körperlichen oder geistigen) Krankheit beeinträchtigten Opfern, ferner bei solchen, die sich in einem Abhängigkeits- oder Unterordnungsverhältnis oder in einer Notlage befänden und deshalb kaum im Stande seien, dem Täter zu misstrauen (Urteil des Bundesgerichts vom 26. September 2003; 6S.467/2002).

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cc) Fraglich bleibt, ob - unter Berücksichtigung subjektiver Gesichtspunkte - der Appellant mit seiner Vorgehensweise das Tatbestandsmerkmal der List erfüllt hat. Aufgrund der Akten ist erstellt, dass B. sich offenbar nicht gewohnt war, irgendwelche Handlungen selber vorzunehmen oder sich über Entscheide ihres Ehemannes hinwegzusetzen. So gab denn auch die Zeugin D. von der Caritas zu Protokoll, sie habe nie mit B. alleine sprechen können. Immer sei jemand von der Familie anwesend gewesen. Auch führte sie aus, B. habe vordergründig jeweils einen unterwürfigen und eingeschüchterten Eindruck auf sie gemacht (Fasz. III act. 55 Dep. 15 und 17). Diesbezüglich kann auch auf die Ausführungen von Dr. med. G., dem leitenden und forensisch-psychiatrisch tätigen Arzt des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes Luzern, in seinem Gutachten vom 6. Juni 2001 hingewiesen werden. Darin wird festgehalten, dass die gemäss türkischer Tradition organisierte Hochzeit für B. nicht nur zur Folge gehabt habe, dass sie ihr vertrautes familiäres Umfeld in der Türkei habe aufgeben müssen. Die Heirat habe auch bedeutet, von einem Tag auf den anderen in eine vollständige Abhängigkeit von der Familie ihres Mannes zu geraten. Es sei nicht dazu gekommen, dass sie gemeinsam mit ihrem Mann eine eigene Wohnung beziehen und eine eigene Familie habe gründen können. Zwar sei sie bald schwanger geworden, sie habe sich aber in jeder Hinsicht ihrer Schwiegermutter und deren fünf Söhnen unterordnen müssen. In Bezug auf die Mutter ist dem Gutachten zu entnehmen, dass diese zwar als fürsorgliche, aber auch als dominierende Frau erscheine. Der Gutachter erwähnte überdies, dass die in der Schweiz lebenden Söhne loyal hinter ihrer Mutter stünden (Fasz. I act. 91 ff). B. befand sich in einer schwierigen Situation, nachdem ihre vorehelichen Beziehung bekannt wurde und sich die Familie des A. gemeinsam gegen sie stellte. Insbesondere aufgrund der Ausführungen von Dr. G. muss davon ausgegangen werden, dass B. während ihrer Ehe in einem Abhängigkeits- bzw. Unterordnungsverhältnis zu ihrem Mann und dessen Familie stand. B. war es sich offenbar gewohnt, den Anweisungen ihres Ehemannes oder eines anderen Mitglieds seiner Familie zu folgen und diese nicht zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass B. zum Tatzeitpunkt des Deutschen nicht mächtig war, ist es durchaus plausibel anzunehmen, diese habe etwa den Visumsantrag selber unterschrieben ohne darauf zu achten, ob dieser nun für Spanien oder Bulgarien galt. Insbesondere auch aufgrund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse ist es entgegen der Ansicht des Appellanten durchaus nicht abwegig anzunehmen, B. habe trotz der an einem Flughafen anzutreffenden Informationsmöglichkeiten nicht bemerkt, dass das Reiseziel nicht in Spanien, sondern in Bulgarien lag. Entscheidend ist dabei, dass der Appellant sein Opfer kannte und folglich damit rechnete, dieses sehe von einer Überprüfung der Täuschung ab. Damit ist nach Ansicht des Gerichts das Tatbestandsmerkmal der List erfüllt.

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f) Das Gericht sieht es folglich als erstellt an, dass der Appellant seine Ehefrau im Januar 1999 durch Anwendung einer List entführt hat. Er hat damit den objektiven Tatbestand der Entführung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erfüllt. Der Appellant handelte im Wissen darum, dass seine Frau nicht in die Türkei zurückkehren, sondern in der Schweiz verbleiben wollte. Insbesondere war er sich auch bewusst, dass B. von einer Überprüfung der angeblichen Ferienreise absehen würde. Der Appellant handelte mithin vorsätzlich. Damit ergibt sich, dass die Vorinstanz den Appellanten zu Recht der Entführung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig gesprochen hat.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich der Appellant der Nötigung gemäss Art. 181 StGB und der Entführung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB strafbar gemacht hat

6.- a) Die Strafzumessungskriterien wurden von der Vorinstanz korrekt dargestellt (angefochtenes Urteil, S. 76 ff.). Ebenfalls hat die Vorinstanz ausführlich das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Appellanten aufgeführt. Darauf wird verwiesen. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass eine Gefängnisstrafe von 15 Monaten dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen angemessen sei. b) Der Appellant äussert sich zur Frage der Strafzumessung nicht. Die Staatsanwaltschaft erachtet trotz des beantragten Freispruchs vom Vorwurf der Freiheitsberaubung die von der Vorinstanz ausgesprochene Freiheitsstrafe von 15 Monaten Gefängnis für die verbleibenden Verurteilungen als angemessene Strafe. c) Die Strafandrohung von Art. 181 StGB lautet auf Gefängnis oder Busse, diejenige von Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängnis. Die höchste abstrakte Strafdrohung sieht das Gesetz demnach für die vom Appellanten begangene Entführung vor. Aufgrund des beim Zusammentreffen mehrerer Straftaten geltenden Asperationsprinzips bildet vorliegend der Strafrahmen von bis zu siebeneinhalb Jahren Zuchthaus Grundlage für die Strafzumessung (Art. 35 StGB in Verbindung mit Art. 183 Ziff. 1 Abs. 2 StGB und Art. 68 Abs. 1 StGB). d) Die Vorinstanz ging in ihrer Beurteilung von einem schweren Verschulden des Appellanten aus. Dem ist zuzustimmen. Das Verschulden des Appellanten in Bezug auf die Nötigung wiegt nicht leicht. Er missbrauchte seine Machtposition, welche ihm einerseits aufgrund seiner

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körperlichen Überlegenheit und andererseits wegen des Umstandes zukam, dass seine Ehefrau im grossen Familienverbund auf sich alleine gestellt bzw. ihm ausgeliefert war. Konkret schreckte er nicht davor zurück, die schwangere B. unter Anwendung körperlicher Gewalt zur Bekanntgabe der Adresse von C. zu zwingen. Weitaus schwerer wiegt das Verschulden des Appellanten hinsichtlich der Entführung. Er traf planmässig konkrete Vorkehren mit dem Ziel, seine Ehefrau gegen ihren Willen über Bulgarien in die Türkei zu verbringen. Er täuschte sie über das Reiseziel, indem er angab, man fliege nach Spanien, um dort Ferien zu machen und die Ehe zu retten. Mit diesen Handlungen bewirkte er einen erheblichen Leidensweg für B.. Dem Appellanten war bewusst, dass B. als Frau, die bereits ein Kind geboren hatte, in der Türkei ausgestossen würde, wenn sie zu ihrer Familie zurückgeschickt wird. Zu Gunsten des Appellanten ist zu berücksichtigen, dass bei seinem Handeln sicher auch sein kultureller Hintergrund eine Rolle gespielt hat. Dieser Umstand vermag aber das Unrecht seines durchaus egoistisch motivierten Verhaltens nicht zu rechtfertigen. Wenn für den Appellanten ein weiteres Zusammenleben mit seiner Ehefrau aufgrund deren vorehelichen Beziehung nicht mehr möglich gewesen wäre, so wäre es für ihn auch ein Leichtes gewesen, in der Schweiz die Scheidung zu beantragen. Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, dass die Handlungen des Appellanten bezüglich der Rückschaffung seiner Frau in die Türkei den Schluss aufdrängen, dass er sich damit einerseits ihrer "entledigen" und andererseits ohne aufwändiges Gerichtsverfahren die alleinige Obhut über den Stammhalter K. sichern wollte. Der Appellant vermochte denn auch eine Beziehung zwischen Mutter und Sohn während über zwei Jahren zu verunmöglichen. Bei der Planung der Rückschaffung waren ihm die Schwierigkeiten und Gefahren, welche B. in der Türkei zu erwarten hatte, und die massive Beeinträchtigung ihrer Freiheitsrechte offensichtlich egal. Während des Verfahrens zeigte er sodann wenig Einsicht und liess keine ernstgemeinte Reue erkennen. Straferhöhend wirkt sich das Zusammentreffen der zwei Straftaten aus. Strafmindernd ist zu würdigen, dass bereits über sieben Jahre seit der Begehung der Taten vergangen sind und der Appellant nicht einschlägig vorbestraft ist. Im Vergleich mit dem vorinstanzlichen Urteil ist zu beachten, dass der Appellant vom Vorwurf der Freiheitsberaubung freigesprochen wird. Aufgrund des schweren Verschuldens des Appellanten hinsichtlich der von ihm begangenen Entführung drängt sich im Vergleich zum vorinstanzlichen Urteil keine wesentliche Reduktion des Strafmasses auf. In Würdigung der gesamten für die Strafzumessung relevanten Kriterien erachtet das Gericht im Ergebnis eine Gefängnisstrafe von 14 Monaten als dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen des Appellanten angemessen.

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7.- Wie die Vorinstanz korrekt festgestellt hat, sind die Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges vorliegend erfüllt. Der Vollzug der Freiheitsstrafe ist daher in Anwendung von Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB aufzuschieben.

(Obergericht, Strafabteilung, Kleine Kammer, 28. März 2006)