Bundle BGB Kommentar (8. Auflage) und ZPO-Kommentar (5. Auflage)

Bundle BGB Kommentar (8. Auflage) und ZPO-Kommentar (5. Auflage) 1. Auflage 2013. Buch. Rund 6600 S. Gebunden ISBN 978 3 472 08523 2 Recht > Zivilre...
Author: Harald Hafner
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Bundle BGB Kommentar (8. Auflage) und ZPO-Kommentar (5. Auflage)

1. Auflage 2013. Buch. Rund 6600 S. Gebunden ISBN 978 3 472 08523 2

Recht > Zivilrecht > Zivilrecht allgemein, Gesamtdarstellungen

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§ 932

Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten

Bei fehlendem Besitz des Veräußerers oder bei einer sonstigen Situation, in der dem Veräußerer nur der An- 6 spruch auf Herausgabe gem § 985 zusteht, ist dennoch eine Eigentumsübertragung nach § 931 möglich. Zwar ist nach heute anerkannter Auffassung § 985 als Anspruch nicht isoliert abtretbar, in einem solchen Falle ist aber die positive Abtretung eines speziellen Anspruchs nicht erforderlich. Vielmehr kann die Eigentumsübertragung faktisch durch bloße Einigung erfolgen (Avenarius JZ 94, 511). Im Ergebnis wird also das Merkmal der Abtretung des Herausgabeanspruchs heute in einer negativen Weise ausgelegt, dass als Mindesttatbestand auf der Seite des Veräußerers die Entledigung aller Ansprüche auf den Besitz an der Sache steht und auf der Erwerberseite der Erwerb aller dieser Ansprüche. Damit hat die Abtretung nur eine negative Bedeutung im Hinblick auf die Lösung jeglicher Besitzbeziehung des Veräußerers, sie ist nicht konstitutiv für den Erwerb (MüKo/Quack § 931 Rz 6). Besonderheiten sind zu beachten, wenn Besitz und Übertragung von Sachen durch Wertpapiere realisiert 7 werden. Soweit dabei der Besitz selbst durch Traditionspapiere übertragen wird (§§ 424, 450, 647 HGB), vollzieht sich die Übereignung nach § 929, nicht nach § 931. Zu den Besonderheiten der sog Güterpapiere (Warenpapiere) vgl Helm FS Hefermehl 76, 63; MüKo/Quack § 931 Rz 22. Dagegen werden Wertpapiere in Sammelverwahrung (Depot) idR nach § 931 übertragen. Andere Wertpapiere und Urkunden, die nicht mit dem Besitz der Sache in Verbindung stehen, führen durch Übergabe nicht zu einer Abtretung. Allerdings kann die Übergabe einer solchen Urkunde als konkludente Abtretung auszulegen sein. Gibt etwa der Eigentümer und mittelbare Besitzer eines Kfz den Kfz-Brief an eine dritte Person weiter, so wird man dies als Abtretung des Herausgabeanspruchs auslegen können. IV. Berechtigung zur Verfügung. Wie in § 929 muss der Veräußerer im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs 8 der zur Verfügung Berechtigte sein. Anderenfalls könnte ein gutgläubiger Erwerb nach § 934 in Betracht kommen. Die Verfügungsberechtigung des Veräußerers ergibt sich im Normalfall aus seiner Eigentümerstellung. Verfügungsberechtigt sind aber auch Parteien kraft Amtes wie der Insolvenzverwalter oder der Testamentsvollstrecker. Schließlich kann sich eine gewillkürte Verfügungsberechtigung aus § 185 ergeben.

§ 932 BGB Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten.

(1) 1Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. 2In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte. (2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört. A. Normzweck. Die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs nach den §§ 932 ff dient dem Verkehrsschutz. Sie 1 erleichtert den allg Warenverkehr und entlastet den redlichen Erwerber von Vorsichtsmaßnahmen und Nachforschungen nach der jeweiligen Rechtslage. Damit wird das Vertrauen in die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften gestärkt. Legitimation des gutgläubigen Erwerbs bei beweglichen Sachen ist einerseits der Besitz (§ 1006) und andererseits das Prinzip der Freiwilligkeit der Weggabe (§ 935). B. Systematik. Der rechtsgeschäftliche Erwerb beweglicher Sachen vollzieht sich durch vier verschiedene Tat- 2 bestände (§§ 929 1, 929 2, 930, 931). Diesen vier Tatbeständen stehen ebenfalls vier parallele Gutglaubensvorschriften ggü (§§ 932 I 1, 932 I 2, 933, 934). Ebenso wie § 929 1 beim Erwerb des Eigentums an beweglichen Sachen vom Berechtigten den Grundtatbestand darstellt, so gibt § 932 I 1 beim gutgläubigen Erwerb diesen Grundtatbestand wieder, auf den sich jeweils alle weiteren Erwerbstatbestände beziehen. Zusätzlich regelt § 932 II für alle Gutglaubensvorschriften von beweglichen Sachen die Frage, was guter Glaube im Einzelnen bedeutet (s.u. Rn 8 ff). C. Allgemeine Voraussetzungen. Gutgläubiger Erwerb setzt den jeweiligen Grundtatbestand der Veräuße- 3 rung vom Berechtigten voraus. Vorausgesetzt wird ferner die Feststellung fehlender Berechtigung. Darüber hinaus setzt gutgläubiger Erwerb an beweglichen Sachen einige grundlegende Merkmale voraus, die für alle Normen des Gutglaubensschutzes gelten.

I. Rechtsgeschäft. Gutgläubiger Erwerb beweglicher Sachen setzt zunächst eine rechtsgeschäftliche Ver- 4 fügung voraus. Im Falle eines gesetzlichen Erwerbs (zB nach den §§ 937 ff, 946 ff, 952, 953 ff) sind die Normen der §§ 932 ff nicht anwendbar. Gutgläubiger Erwerb kommt ferner nicht in Betracht bei gesetzlicher Gesamtnachfolge (Erbfall, eheliche Gütergemeinschaft) und beim Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung. Ausnahmsweise lässt das Gesetz in § 366 III HGB den gutgläubigen Erwerb gesetzlicher Pfandrechte des Handelsrechts zu. Schließlich muss das jeweilige Rechtsgeschäft privatrechtlicher Natur sein. II. Verkehrsgeschäft. Das dem gutgläubigen Erwerb zu Grunde liegende Rechtsgeschäft muss ein sog Ver- 5 kehrsgeschäft sein. Es darf also nicht auf Veräußerer- und Erwerberseite rechtlich oder wirtschaftlich dasselbe Rechtssubjekt stehen. Eine solche Personenidentität liegt nicht vor, wenn einer Personen- oder KapitalgesellPWW

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§ 932

Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten

schaft Gegenstände von einem Mitgesellschafter übertragen werden oder umgekehrt. Auch bei einer noch im Gründungsstadium befindlichen Gesellschaft ist gutgläubiger Erwerb insoweit möglich (BGH, MDR 03, 223). Hintergrund dieser teleologischen Reduktion des Normwortlauts auf das Verkehrsgeschäft ist der Zweck der Norm. Gutgläubiger Erwerb soll dem Verkehrsschutz dienen und das Vertrauen von Erwerbern schützen. Ein solcher Schutz muss bei Identität von Veräußerer und Erwerber ausscheiden. Ausgeschlossen ist gutgläubiger Erwerb mangels Verkehrsgeschäft also bei Übereignungen einer GmbH auf ihren Alleingesellschafter und umgekehrt, bei Übertragung von Erbschaftsgegenständen durch eine Erbengemeinschaft auf die einzelnen Miterben sowie eine Übertragung von beweglichen Sachen des Nachlasses von den Erben auf eine durch die Erben gebildete oHG. 6 III. Kein Fall des sog Rückerwerbs. Grds ist das einmal gutgläubig erworbene Eigentum endgültig und voll wirksam (s.u. Rn 14). Daher ist die Übertragung des Eigentums von einem gutgläubigen Erwerber auf eine dritte Person selbst dann wirksam, wenn der Dritte im Hinblick auf den ursprünglichen Erwerbstatbestand bösgläubig war. Auch der unberechtigt Verfügende kann auf diesem Wege Eigentum erwerben (BGH ZIP 03, 30). Hat allerdings der Dritte den gutgläubigen Ersterwerber zum Erwerb vom Nichteigentümer veranlasst und diesen Weg gewählt, weil er bei einem unmittelbaren Erwerb vom Nichtberechtigten im Hinblick auf seinen eigenen bösen Glauben Eigentum nicht erwerben konnte, so ist ein Erwerb des Dritten abzulehnen. Das Gleiche gilt, wenn ein Nichtberechtigter eine Sache einem gutgläubigen Erwerber übereignet und dabei eine Rückübertragung dieses Eigentums an sich selbst veranlasst. Schließlich ist Eigentumserwerb zu verneinen, wenn der Nichtberechtigte das Eigentum an einen gutgläubigen Erwerber überträgt, die Sache aber später an den Veräußerer wegen Rücktritts oder Eintritts einer Bedingung durch Rückabwicklung zurückfällt. 7 IV. Kein Abhandenkommen. Schließlich ist allg Voraussetzung des gutgläubigen Erwerbs an beweglichen Sachen, dass diese dem Eigentümer nicht gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen sind (§ 935). Diese Regelung zeigt, dass gutgläubiger Erwerb nicht allein auf dem Vertrauensschutz und dem Besitz als Rechtsschein beruht, sondern dass die freiwillige Veranlassung durch den Berechtigten hinzukommen muss. Zu den Einzelheiten sowie den Ausnahmen im Falle des Abhandenkommens s.u. § 935. 8 D. Guter Glaube des Erwerbers. I. Begriff. Für den Erwerb vom nicht berechtigten Veräußerer wird nach der amtl Überschrift der Norm guter Glaube des Erwerbers vorausgesetzt. Nach der sprachlichen Gestaltung der Norm selbst ist jedoch umgekehrt der Erwerb bei Bösgläubigkeit ausgeschlossen. Denn der gute Glaube wird nicht als Tatbestandsvoraussetzung formuliert, sondern es wird durch den „Es sei denn“-Satz die Bösgläubigkeit als Ausschlusstatbestand angefügt. Diese Formulierung des Gesetzestextes hat unstr Beweislastqualität, so dass es in Wahrheit nicht auf die Gutgläubigkeit des Erwerbers ankommt, sondern bei Überzeugung des Richters vom bösen Glauben des Erwerbers der Rechtserwerb ausgeschlossen ist. Diese Beweislastsituation führt in der Praxis dazu, dass nicht selten formuliert wird, der gute Glaube des Erwerbers werde vermutet und die Bösgläubigkeit müsse bewiesen werden (BGHZ 50, 52). Diese mit dem Gesetzestext nicht übereinstimmende Formulierung ist sachlich unschädlich, wenn damit auf eine gesetzliche Vermutung iSv § 292 ZPO angespielt werden soll, die ebenfalls demjenigen die Beweislast überbürdet, der die Vermutung widerlegen will. Gegenstand des guten bzw bösen Glaubens ist ausschl das Eigentum des Veräußerers, nicht dessen Geschäftsfähigkeit oder dessen Verfügungsbefugnis (zu abw Regelungen s.u. Rn 15). 9 II. Böser Glaube. Bösgläubigkeit bedeutet nach II, dass dem Erwerber entweder die fehlende Eigentümerstellung des Veräußerers positiv bekannt ist oder dass sie ihm infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist. Kenntnis ist das Wissen um die Rechtslage. Soweit nur eine Kenntnis der Tatsachen vorliegt, aus denen sich die fehlende Eigentümerstellung des Veräußerers erschließen lässt, liegt keine Kenntnis vor. Die Kenntnis der Umstände wird allerdings nicht selten grobe Fahrlässigkeit begründen können. Grob fahrlässige Unkenntnis des Erwerbers setzt voraus, dass dieser die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und diejenigen Umstände unbeachtet gelassen hat, die sich im gegebenen Falle jedem hätten aufdrängen müssen (BGH NJW 05, 1365). Dabei sind objektive Kriterien anzulegen, eine allg Nachforschungspflicht des Erwerbers besteht nicht (BGH NJW 75, 735), die konkreten Umstände des Einzelfalles und ihre Würdigung sind von ausschlaggebender Bedeutung. 10 III. Merkmale der Bösgläubigkeit. Die Abhängigkeit der Beurteilung von Gut- und Bösgläubigkeit von den jeweiligen Einzelumständen des Falles schließt eine echte Systematisierung der Kriterien aus. Benennen lassen sich allerdings typische Merkmale, die auf grobe Fahrlässigkeit hinweisen oder diese umgekehrt noch nicht erfüllen. So kann insb die konkrete Veräußerungssituation grobe Fahrlässigkeit nahe legen (nächtlicher Kaufvertrag im Bahnhofsviertel). Zur Bösgläubigkeit führt in aller Regel auch jeder Erwerb wertvoller Gegenstände auf der Straße oder in einer Umgebung, in der mit solchen Gegenständen üblicherweise nicht gehandelt wird (Erwerb von Schmuck, Wertpapieren, Kunstgegenständen oder Antiquitäten auf der Straße). Von Bedeutung ist weiterhin die Verkehrsüblichkeit der Abwicklung des Geschäfts. Muss etwa mit dem Bestehen eines weit verbreiteten Eigentumsvorbehalts oder einer Sicherungsübereignung nahe liegender Weise gerechnet werden, so ist dem Erwerber eine Erkundigung zuzumuten (BGH JZ 70, 187; JZ 73, 27). Von Be1922 |

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§ 932

Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten

deutung für die Beurteilung sind weiterhin die Person und die geschäftliche Erfahrung des Erwerbers (strengere Anforderungen an einen Rechtsanwalt, einen Kaufmann oder einen Bankier). Weiterhin wichtige Kriterien sind die Vermögenssituation und das geschäftliche Verhalten des Veräußerers. Ist dem Erwerber die besonders schlechte Vermögenssituation des Veräußerers bekannt und ergeben sich weitere kritische Indizien, so kann dies für Bösgläubigkeit sprechen. Bedeutsam ist schließlich auch die konkrete Ausgestaltung des Geschäfts. So kann der geforderte Preis bei ganz ungewöhnlicher Abweichung vom üblichen Marktpreis ein Indiz für Bösgläubigkeit sein. Besonders strenge Voraussetzungen hat die Rspr im Gebrauchtwagenhandel aufgestellt. Bösgläubigkeit muss hier bejaht werden, wenn sich der Erwerber nicht den Kfz-Brief vorlegen lässt und sich nicht davon überzeugt, dass der Veräußerer eingetragen ist (BGH NJW 96, 2226). Besondere Verdachtsmomente müssen sich aufdrängen, wenn eine Veräußerung zum Verschrotten vorgenommen wird oder wenn ein Erwerb über die Grenze hinweg erfolgt, wobei im ausländischen Staat ein Kfz-Brief nicht bekannt ist, ferner wenn sich der Verdacht einer Fälschung des Kfz-Briefs aufdrängt oder wenn nur eine Tageszulassung gegeben ist (Celle JZ 79, 608; KG OLGR 03, 302; BGH NJW 94, 2022; Ddorf NJW-RR 97, 246). IV. Personale Zurechnung. Soweit der dingliche Erwerb durch Stellvertreter durchgeführt wird, ist deren 11 guter Glaube entscheidend (§ 166 I). Die Kenntnis des Organs einer juristischen Person ist dieser selbst unmittelbar zuzurechnen. Wird der Besitz nicht vom Erwerber, sondern von einem Besitzdiener oder einem Besitzmittler übernommen, so kommt es auf die Gutgläubigkeit des Erwerbers selbst an. Böser Glaube des Besitzdieners schadet nicht (RGZ 137, 28). Erfolgt der Eigentumserwerb durch Gesamthänder, so schadet bereits die Bösgläubigkeit eines der handelnden Gesamthänder. Dagegen ist beim Erwerb mehrerer zu Miteigentum die Bösgläubigkeit jedes einzelnen isoliert zu prüfen. V. Zeitpunkt. Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit ist auf denjenigen Zeitpunkt abzustellen, in dem der 12 letzte Akt des Rechtserwerbs erfüllt ist. Im Falle der §§ 929, 932 muss also guter Glaube noch in dem Augenblick vorliegen, in dem Einigung und Übergabe erfolgt sind. Ist die Einigung unter einer Bedingung erklärt, so ist auch in diesem Fall der Zeitpunkt der Abgabe der bedingten Einigung entscheidend, nicht der Eintritt der Bedingung. Wird der Erwerber nach bedingter Einigung und Übergabe bösgläubig, so hindert das den endgültigen Rechtserwerb durch Bedingungseintritt nicht. E. Veräußerung durch bloße Einigung (Abs 1 S 2). Die Regelung in I 2 knüpft an § 929 2 an. Dort wird bei 13 bestehendem Besitz des Erwerbers die bloße dingliche Einigung zur Rechtsübertragung für ausreichend erklärt. Dies gilt auch im Falle des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten, soweit der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte. Das Gesetz gibt damit den Hinweis, dass der Erwerb des Besitzes von dritter Seite besondere Risiken enthält, die nicht Grundlage für das Vertrauen des Erwerbers sein sollen. Hat allerdings der Dritte den Besitz zuvor vom Veräußerer erlangt und überträgt er den Besitz auf den Erwerber, so ist gutgläubiger Erwerb möglich (Palandt/Bassenge § 932 Rz 4). F. Rechtsfolge. Durch einen gutgläubigen Erwerb wird der Erwerber in gleicher Weise Eigentümer wie beim 14 Erwerb vom Berechtigten. Eine Beschränkung seiner Rechtsstellung wegen gutgläubigen Erwerbs ist ausgeschlossen. Ansprüche des früheren Eigentümers gegen ihn aus unerlaubter Handlung sind ausgeschlossen. Dies gilt insb auch bei leicht fahrlässiger Eigentumsverletzung. Hier muss in § 823 I der Haftungsmaßstab der groben Fahrlässigkeit aus § 932 II übertragen werden. Der Erwerb ist derivativ. Später eintretende Bösgläubigkeit des Erwerbers ist in jedem Falle unschädlich. Bei Weiterveräußerung durch den gutgläubigen Erwerber erwirbt der Dritte vom Eigentümer (aber s.o. Rn 6). Die rechtlichen Möglichkeiten des früheren Eigentümers, der durch die Veräußerung des Nichtberechtigten sein Eigentum verloren hat, beschränken sich auf § 816 I und ggf § 687 II, 681, 667. Hat der Veräußerer die Verfügung entgeltlich vorgenommen, so kann der frühere Eigentümer Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten vom Veräußerer verlangen (§ 816 I 1). Hat der Veräußerer die Verfügung unentgeltlich vorgenommen, so kann der frühere Eigentümer sich ausnahmsweise mit seinem Anspruch auf Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten an den Erwerber wenden (§ 816 I 2). G. Ähnliche Regelungen. Ist der Veräußerer Kaufmann, so wird die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs 15 durch § 366 HGB auf diejenigen Fälle ausgedehnt, in denen der Erwerber an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers glaubt. Der gute Glaube an das Eigentum wird ferner geschützt in den §§ 934, 1032, 1207. Darüber hinaus gibt es einen Schutz des guten Glaubens an die Verfügungsbefugnis des tatsächlich Berechtigten in den §§ 135 II, 136, 161 III, 2113 III, 2129 II, 2211 II. Im Grundstücksrecht ist auf die abw Regelungen der §§ 892, 893, 1138, 1155 hinzuweisen. Der gute Glaube an die Richtigkeit des Erbscheins wird geschützt durch § 2366, für das Handelsregister vgl § 15 HGB, für das Vereinsregister §§ 68, 70, für das Güterrechtsregister § 1412, schließlich im Prozessrecht vgl § 325 II ZPO. Das MoMiG will 2008 den gutgläubigen Erwerb von GmbH-Anteilen ermöglichen (Harbarth ZIP 08, 57).

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§ 932a

Gutgläubiger Erwerb nicht eingetragener Seeschiffe

§ 932a BGB Gutgläubiger Erwerb nicht eingetragener Seeschiffe.

Gehört ein nach § 929a veräußertes Schiff nicht dem Veräußerer, so wird der Erwerber Eigentümer, wenn ihm das Schiff vom Veräußerer übergeben wird, es sei denn, dass er zu dieser Zeit nicht in gutem Glauben ist; ist ein Anteil an einem Schiff Gegenstand der Veräußerung, so tritt an die Stelle der Übergabe die Einräumung des Mitbesitzes an dem Schiff.

1 A. Systematik. § 932a ist zusammen mit § 929a nachträglich in das Gesetz eingefügt worden und baut auf § 929a auf. IE sind daher die unterschiedlichen Situationen bzgl der verschiedenen Schiffe zu trennen (s.o. § 929a Rn 1). § 932a betrifft (wie § 929a) nur die nicht eingetragenen Seeschiffe, für die die Norm einen gutgläubigen Erwerb ermöglicht. Dagegen werden eingetragene Schiffe gem §§ 15 ff SchiffsrechteG nach dem jeweiligen Inhalt des Registers behandelt, das öffentlichen Glauben genießt. 2 B. Norminhalt. Der Erwerb nach § 932a setzt voraus, dass das Eigentum an einem nicht eingetragenen Seeschiff übertragen wird, dass die Übereignung nach den Regeln des § 929a erfolgt (bloße dingliche Einigung), ferner dass der Erwerber im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs gutgläubig ist und schließlich, dass ihm die Sache vom Veräußerer übergeben wird. § 932a verweist damit für den gutgläubigen Erwerb auf die Grundsätze des § 932.

§ 933 BGB Gutgläubiger Erwerb bei Besitzkonstitut.

Gehört eine nach § 930 veräußerte Sache nicht dem Veräußerer, so wird der Erwerber Eigentümer, wenn ihm die Sache von dem Veräußerer übergeben wird, es sei denn, dass er zu dieser Zeit nicht in gutem Glauben ist.

1 A. Systematik. § 933 ist die parallele Gutglaubensnorm zu § 930. Sie regelt daher die Frage, ob und unter welchen Umständen im Falle der Eigentumsübertragung durch Besitzkonstitut ein gutgläubiger Erwerb in Betracht kommt. Die Formulierung des Gesetzes hält gutgläubigen Erwerb für möglich. Dabei wird allerdings zusätzlich die Übergabe der Sache vom Veräußerer an den Erwerber verlangt, so dass faktisch die Voraussetzung des § 929 1 gegeben ist. Dies bedeutet im Ergebnis, dass im Normalfall des § 930 ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen ist. 2 B. Tatbestand. Gutgläubiger Erwerb nach § 933 setzt voraus, dass zunächst der vollständige Tatbestand von §§ 929, 930 verwirklicht ist, dass also eine dingliche Einigung und Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses vorliegen. Darüber hinaus müssen die allg Anforderungen an den gutgläubigen Erwerb (Rechtsgeschäft, Verkehrsgeschäft, kein Rückerwerb, kein Abhandenkommen) gegeben sein. Schließlich muss guter Glaube iSv § 932 II vorliegen. 3 Sind alle diese Merkmale gegeben, so wird Eigentum nach § 933 erworben, wenn zusätzlich dem Erwerber die Sache von dem Veräußerer übergeben wird. Gemeint ist hier eine Übergabe iSv § 929 1. Ausreichend ist also sowohl die Übertragung des unmittelbaren Besitzes vom Veräußerer auf den Erwerber als auch die Übergabe durch Besitzdiener oder durch einen Dritten auf Anweisung des Veräußerers. Auch die Übergabe der Sache vom Veräußerer an einen Besitzdiener oder Besitzmittler des Erwerbers genügt. Entscheidend ist, dass der Erwerber den Besitz vom Veräußerer mit dessen Willen erhält. Nach der Übergabe muss der Veräußerer den Besitz vollständig verloren haben. Mitbesitz oder mittelbarer Besitz des Veräußerers schaden (BGH NJW 59, 2206). Ausreichend ist schließlich die Wegnahme der Sache durch den Erwerber mit dem Einverständnis des Veräußerers (MüKo/Quack § 933 Rz 11). Für die Beurteilung der Gutgläubigkeit ist nach allg Regeln der Zeitpunkt entscheidend, in dem der Eigentumsübergang erfolgt.

§ 934 BGB Gutgläubiger Erwerb bei Abtretung des Herausgabeanspruchs.

Gehört eine nach § 931 veräußerte Sache nicht dem Veräußerer, so wird der Erwerber, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache ist, mit der Abtretung des Anspruchs, anderenfalls dann Eigentümer, wenn er den Besitz der Sache von dem Dritten erlangt, es sei denn, dass er zur Zeit der Abtretung oder des Besitzerwerbs nicht in gutem Glauben ist.

1 A. Normzweck. § 934 dehnt die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs auf den Erwerbstatbestand des § 931 aus und erweitert damit die Möglichkeiten des Verkehrsschutzes. Die Norm knüpft (jedenfalls in ihrer ersten Alternative) an ein bestehendes Besitzmittlungsverhältnis an und behandelt dieses wie den unmittelbaren Besitz des Veräußerers. Dies stellt eine nicht unerhebliche Ausdehnung des Gutglaubensschutzes dar. 2 B. Systematik. § 934 ist die parallele Gutglaubensnorm zu § 931, den sie voraussetzt. Im Falle der Eigentumsübertragung nach § 931 ist anerkannt, dass die Norm sowohl demjenigen Veräußerer zur Seite steht, der als Eigentümer keinen Besitz hat als auch demjenigen, der mittelbarer Besitzer ist. An diese in § 931 nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebrachten Alternativen knüpft § 934 an und trennt in seinen beiden Alternativen die Fälle, dass der Veräußerer mittelbarer Besitzer ist und die Situation, dass ein Besitz des Veräußerers

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§ 934

Gutgläubiger Erwerb bei Abtretung des Herausgabeanspruchs

nicht vorliegt. Beide Alternativen müssen wegen ihrer unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen beim Erwerb des Eigentums strikt getrennt werden. C. Veräußerer ist mittelbarer Besitzer. Voraussetzung der ersten Alt des § 934 ist es, dass der Veräußerer 3 mittelbarer Besitzer der Sache ist. Darüber hinaus müssen nach allg Regeln die sämtlichen Voraussetzungen des § 931 vorliegen. Zusätzlich bedarf es der allg Voraussetzungen für den gutgläubigen Erwerb (Rechtsgeschäft, Verkehrsgeschäft, kein Rückerwerb, kein Abhandenkommen). IE bedeutet dies, dass zwischen dem Veräußerer als mittelbarem Besitzer und dem unmittelbaren Besitzer ein Besitzmittlungsverhältnis iSv § 868 besteht, wobei der unmittelbare Besitzer dem mittelbaren den Besitz mittelt und somit aktuellen Fremdbesitzerwillen hat. Nicht ausreichend ist es, wenn der unmittelbare Besitzer unterschiedlichen Personen den Besitz mittelt, so dass Nebenbesitz zu bejahen ist (zum Nebenbesitz s. § 868 Rn 5). In diesem Falle ist wegen des nicht ungeteilten Besitzmittlungsverhältnisses ein Rechtserwerb nach § 934 nicht möglich. IdR führt eine Änderung der Willensrichtung aber nicht zum Nebenbesitz, sondern zum Wechsel des mittelbaren Besitzers. Aus dem bestehenden Besitzmittlungsverhältnis muss sich ein Herausgabeanspruch ergeben, der abgetreten wird. In der ersten Alt des § 934 muss der abgetretene Herausgabeanspruch so beschaffen sein, dass er sich aus einem ein Besitzmittlungsverhältnis konstituierenden Schuldverhältnis ergeben kann. Ein gesetzlicher Anspruch aus Bereicherungsrecht, unerlaubter Handlung oder aus § 985 kann für die erste Alt nicht ausreichen. Die Abtretung selbst muss wirksam vorgenommen sein, frühere Abtretungen oder Abtretungsverbote schließen den Erwerb aus. Zusätzlich zum bestehenden Besitzmittlungsverhältnis und zur Abtretung ist auch bei § 934 Voraussetzung, dass eine dingliche Einigung iSd § 929 vorliegt und dass der Erwerber gutgläubig iSv § 932 II ist. Mit der Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale von § 931 tritt der Eigentumserwerb ein. D. Veräußerer ist nicht Besitzer. Die zweite Alt des § 934 geht davon aus, dass der Veräußerer keinen Besitz 4 an der Sache hat. Auch in diesem Falle ist vom Berechtigten ein Erwerb nach § 931 möglich. Im Falle des § 934 knüpft die zweite Alt an diesen Tatbestand an und erklärt den gutgläubigen Erwerb ebenfalls für möglich, soweit der Erwerber den Besitz der Sache von der dritten Person erlangt. Auch hierbei wird zunächst der Tatbestand des § 931 vorausgesetzt, also bei fehlendem Besitz des Veräußerers muss jedenfalls ein Herausgabeanspruch an den Erwerber abgetreten sein. In dieser Alt genügt als Herausgabeanspruch aber auch ein gesetzlicher Anspruch aus Bereicherung oder Delikt. Der Fall, dass dem Veräußerer nur der Herausgabeanspruch nach § 985 zusteht, ist bei gutgläubigem Erwerb nicht denkbar. Wird bei vorliegender dinglicher Einigung nach § 929 und Erfüllung der Voraussetzungen des § 931 sowie Gutgläubigkeit des Erwerbers ein Eigentumserwerb nach der zweiten Alt von § 934 in Betracht gezogen, so verlangt das Gesetz in dieser Variante zusätzlich, dass der Erwerber den Besitz der Sache von dem Dritten erlangt hat. Besitzerwerb meint hier den Eigenbesitz an der Sache unter Ausschluss jeglicher Besitzbeziehung des Veräußerers. In Betracht kommen kann also die Übertragung des unmittelbaren Eigenbesitzes vom Dritten an den Erwerber, ferner die Übertragung des Besitzes mit Hilfe eines Besitzdieners. Ausreichend ist aber auch die Übertragung des mittelbaren Besitzes, soweit das Besitzmittlungsverhältnis nicht eine Besitzbeziehung zum Veräußerer eröffnet. Schließlich genügt nach str Auffassung auch die nachträgliche Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses zwischen dem Dritten als unmittelbaren Besitzer und dem Erwerber (Tiedtke WM 69, 1142; MüKo/Quack § 934 Rz 15; aA BGH NJW 79, 2037). E. Das Verhältnis von § 934 zu § 933. Die Möglichkeiten des gutgläubigen Erwerbs nach § 934 und die 5 deutlich engere Regelung in § 933 haben zu einem Streit darüber geführt, ob die gesetzliche Regelung im Verhältnis von §§ 933 und 934 einen Wertungswiderspruch enthält (so insb Wacke Das Besitzkonstitut als Übergabesurrogat in Rechtsgeschichte und Rechtsdogmatik 1974, 50 ff; aA Lohsse AcP 06, 527 ff). Denn während beim gutgläubigen Erwerb nach § 933 zur erforderlichen Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses noch die Übergabe der Sache hinzutreten muss, genügt in der ersten Alt des § 934 die blanke Übertragung dieses mittelbaren Besitzes. Eine Übergabe wie in § 933 und § 934 zweite Alt ist nicht erforderlich. Dies hat etwa in dem berühmten Fräsmaschinen-Fall des BGH (BGHZ 50, 45) dazu geführt, dass der Eigentumsvorbehaltskäufer mit der Einräumung des Sicherungseigentums an den Erwerber wegen § 933 kein volles Eigentum übertragen konnte, während der Erwerber der Sache vom Eigentumsvorbehaltskäufer auf Grund des bestehenden Besitzkonstituts bei der Übertragung seiner Rechtsposition an einen gutgläubigen Vierten diesem gem §§ 931, 934 erste Alternative Eigentum verschaffen konnte. Der für dieses Ergebnis behauptete Wertungswiderspruch ist zu verneinen. Deshalb ist auch eine korrigierende Auslegung der Normen nicht gerechtfertigt (Soergel/Henssler § 934 Rz 3; Staud/Wiegand § 934 Rz 3 stattdessen für strenge Maßstäbe iR der Gutgläubigkeit; zweifelnd MüKo/Quack § 934 Rz 1; für teleologische Reduktion des § 934 Wilhelm Rz 901). Zunächst ist festzustellen, dass der scheinbare Wertungswiderspruch der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes entspricht (Lohsse AcP 06, 527 ff). Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber mit gutem Grund die erstmalige Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses der Übertragung des bereits bestehenden Besitzmittlungsverhältnisses nicht gleichstellt. Die größere Nähe des Erwerbers zum unmittelbaren Besitzer im Falle von §§ 930, 933 sowie die besonderen Gefahren, die der Erwerb nach § 930 im Hinblick auf die

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| 1925

§ 935

Kein gutgläubiger Erwerb von abhanden gekommenen Sachen

fehlende Publizität auslöst, rechtfertigen die bewusst unterschiedliche Behandlung beider Fälle durch den Gesetzgeber.

§ 935 BGB Kein gutgläubiger Erwerb von abhanden gekommenen Sachen.

(1) 1Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. 2Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war. (2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.

1 A. Normzweck. Die Norm grenzt die Sphäre der Schutzbedürftigkeit des ursprünglichen Eigentümers vom Verkehrsschutz und den Möglichkeiten zum gutgläubigen Erwerb ab. Entscheidend ist dabei der Gedanke, dass die freiwillige Weggabe der Sache durch den Eigentümer als Veranlassung eines möglichen Rechtsscheins zu werten ist und damit der Vertrauensschutz des Erwerbers und der Schutz des Rechtsverkehrs die Interessen des Eigentümers überwiegt. Umgekehrt hat der Gesetzgeber die Wertung getroffen, dass bei unfreiwilliger Besitzaufgabe durch den Eigentümer der Bestandsschutz des Eigentums Vorrang vor dem Vertrauensschutz des Rechtsverkehrs genießt. Demgegenüber ist es die besondere Umlauffähigkeit von Geld und Wertpapieren, die den Gesetzgeber veranlasst hat, in II eine Ausnahme von der Regelung des § 935 I zu machen. 2 B. Anwendungsbereich. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ist das Abhandenkommen der Sache nur beim rechtsgeschäftlichen Erwerb auf Grund der §§ 932 bis 934 von Bedeutung. Dagegen ist ein gesetzlicher Eigentumserwerb durch Ersitzung, Verbindung, Vermischung, Verarbeitung und Fund auch an abhanden gekommenen Sachen möglich. 3 C. Abhandenkommen. Nach allg Auffassung ist eine Sache abhanden gekommen, wenn entweder der Eigentümer oder sein Besitzmittler den unmittelbaren Besitz ohne seinen Willen verloren hat (Neuner JuS 07, 401, 403). Nicht erforderlich ist ein Besitzverlust gegen den Willen des Eigentümers. Das Gesetz nennt ausdrücklich Diebstahl und Verlust der Sache, macht aber mit dem Hinweis auf ein sonstiges Abhandenkommen deutlich, dass für § 935 I jede Form des Besitzverlustes ohne den Willen des Eigentümers relevant ist. Für den Besitzverlust kommt es allein auf den unmittelbaren Besitz an. Ein Besitzverlust beim mittelbaren Besitzer führt nicht zu einem Abhandenkommen. Erleidet der unmittelbare Besitzer, der dem Eigentümer nicht den Besitz vermittelt, einen unfreiwilligen Besitzverlust, so begründet dies kein Abhandenkommen für den Eigentümer. Besonders bedeutsam ist die Tatsache, dass auch der Besitz des Erben gem § 857 durch § 935 I geschützt ist. Kommt also eine Sache abhanden, ohne dass der Erbe dem zustimmt, ist an dieser Sache gutgläubiger Erwerb nicht möglich. 4 D. Sonderprobleme des Abhandenkommens. I. Geschäftsunfähigkeit des Besitzers. Wird die Sache von einem Geschäftsunfähigen freiwillig weggegeben, so ist dies iSv I dennoch ein Fall des Abhandenkommens. Den im Besitzrecht entscheidenden natürlichen Willen kann zwar auch ein Geschäftsunfähiger haben, insoweit überwiegen nach hM aber die Schutzgesichtspunkte (München NJW 91, 2571). Bei beschränkter Geschäftsfähigkeit soll die jeweilige Urteilsfähigkeit maßgeblich sein (MüKo/Quack § 935 Rz 9). Angesichts des bei beschränkt Geschäftsfähigen in aller Regel in beachtlicher Weise vorliegenden natürlichen Willens wird man aber das Abhandenkommen wohl stets verneinen müssen. 5 II. Irrtum, Täuschung und Drohung. Ein Irrtum des Besitzers oder seine Täuschung durch Dritte lässt nicht die Freiwilligkeit entfallen, auch wenn rechtsgeschäftlich ein Anfechtungsgrund vorliegt. Bei Drohungen ist zu unterscheiden, ob die Art der Drohung in der Weise auf die Besitzlage einwirkt, dass deren Aufgabe als unfreiwillig anzusehen ist. Dies muss man jedenfalls bei unwiderstehlicher Gewalt annehmen, aber auch in anderen Fällen des Raubs der Sache durch Drohung (Staud/Wiegand § 935 Rz 11). Daraus ergibt sich zugleich, dass nicht jede Drohung iSv § 123 zum Abhandenkommen führt. 6 III. Nichtiges Rechtsgeschäft. Die Wirksamkeit eines dem Besitzwechsel zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfts steht nicht mit der Frage des Abhandenkommens in Verbindung. Hat der Besitzer die Sache also freiwillig, aber auf Grund eines nichtigen Rechtsgeschäfts weggegeben, so ist die Sache nicht abhanden gekommen (Palandt/Bassenge § 935 Rz 6). 7 IV. Hoheitsakt. Wird die Sache dem Besitzer auf Grund eines Hoheitsaktes entzogen (etwa im Wege der Zwangsvollstreckung oder der öffentlichrechtlichen Beschlagnahme), so führt dies nicht im zivilrechtlichen Sinne zum Abhandenkommen der Sache. Vielmehr vollzieht sich der Verlust des Besitzes auf Grund öffentlicher Gewalt außerhalb der Privatrechtsordnung (MüKo/Quack § 935 Rz 13). 8 V. Besitzdiener. Hat ein Besitzdiener die Sache ohne Willen des Besitzherrn weggegeben oder durch Wechsel der Willensrichtung unterschlagen, so ist dies für den Besitzherrn ein unfreiwilliger Besitzverlust und damit ein Abhandenkommen (Köln VersR 94, 1428; Frankf OLGZ 89, 198). Macht sich der Besitzdiener ohne Wis1926 |

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§ 936

Erlöschen von Rechten Dritter

sen des Besitzherrn zum mittelbaren Besitzer, so ist entspr Abhandenkommen zu bejahen). Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn der Besitzdiener dabei auf Weisung des Besitzherrn handelt, wenn er zur Weggabe ermächtigt ist (§ 185) oder wenn sich eine Befugnis aus § 56 HGB (Ladenangestellter) ergibt. VI. Besitzmittler. Ist der Eigentümer mittelbarer Besitzer, dann ist für die Frage des Abhandenkommens der 9 natürliche Wille des unmittelbaren Besitzers und Besitzmittlers gem I 2 entscheidend. Bei unfreiwilligem Besitzverlust des Besitzmittlers ist also ein Abhandenkommen nur dann zu verneinen, wenn nicht ausnahmsweise der Eigentümer der Wegnahme der Sache zustimmt. Umgekehrt ist gutgläubiger Erwerb an einer Sache möglich, wenn der Besitzmittler sie freiwillig aufgibt, ohne dass dies dem Willen des Eigentümers entspricht (BGH NJW-RR 05, 280). VII. Mitbesitzer. Im Fall des Mitbesitzes mehrerer Personen an einer Sache ist das Abhandenkommen bereits 10 dann zu bejahen, wenn bei einem einzigen Mitbesitzer ein unfreiwilliger Besitzverlust vorliegt. VIII. Erbenbesitz (§ 857). Besonders bedeutsam ist die besitzrechtliche Stellung des Erben nach § 857. Denn 11 diese vom Gesetz eingeräumte Besitzstellung des Erben führt dazu, dass auch jede freiwillige Weggabe des Besitzes an einem Erbschaftsgegenstand durch eine dritte Person für den wirklichen Erben ein Abhandenkommen darstellt. Damit ist selbst vor Kenntnis des Eintritts der Erbschaft und der eigenen Erbenstellung der Erbe gegen gutgläubigen Erwerb dritter Personen an Erbschaftsgegenständen weithin geschützt. Dieser Schutz entfällt erst dann, wenn es einem Scheinerben gelingt, einen Erbschein zu erhalten. In diesem Fall wird der gutgläubige Erwerber nach § 2366 geschützt. IX. Juristische Personen und Gemeinschaften. Bei juristischen Personen und allen rechtsfähigen Gesell- 12 schaften und Gemeinschaften wird der Besitz in Form des Organbesitzes durch die zur Vertretung berufenen Organe oder Gesellschafter ausgeübt (s.o. § 854 Rn 14 f). Die freiwillige Weggabe einer Sache durch ein Organ ist daher für die juristische Person oder die sonstige Gemeinschaft kein Abhandenkommen, selbst wenn die Weggabe der Sache unbefugt ist (BGHZ 57, 166). Dies muss auch für die in der Praxis nunmehr für rechtsfähig angesehene GbR gelten (aA Palandt/Bassenge § 935 Rz 10). E. Die Ausnahmen des Abs 2. Aus Gründen der besonderen Umlauffähigkeit macht II eine Ausnahme für 13 Geld, Inhaberpapiere und Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerungen veräußert werden. Als Geld sind insoweit alle inländischen und ausländischen Münzen und Scheine anzusehen, nicht aber Geld, das als Zahlungsmittel außer Kraft getreten ist. Unter II fallen also insb nicht wertvolle Gold- und Silbermünzen früherer Zeiten, die heute als Sammlerstücke gehandelt werden. Ist eine Münze aktuell zum Zahlungsverkehr offiziell zugelassen, so ist II auf sie anzuwenden, selbst wenn sie in der Praxis überwiegend als Sammlerstück behandelt wird. Als Inhaberpapiere iSv II sind die Inhaberaktien, Schuldverschreibungen auf den Inhaber, Investmentan- 14 teilsscheine, darüber hinaus auch Lotterielose und Inhabermarken (Theaterkarten, Fahrkarten) sowie aktuell gültige und nicht entwertete Briefmarken anzusehen. Dagegen sind nicht unter II zu subsumieren die Orderpapiere, selbst wenn sie blanco indossiert und auf den Inhaber ausgestellt sind. Ebenso wenig hierher gehören Rektapapiere (vgl § 952) sowie die qualifizierten Legitimationspapiere des § 808, also va auch nicht Sparkassenbücher. Als öffentliche Versteigerung nach II ist nur die (freiwillige oder gesetzlich angeordnete) bürgerlichrechtliche 15 Versteigerung nach § 383 III 1 anzusehen, die durch einen für den Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher, durch einen zur Versteigerung befugten anderen Beamten oder durch einen öffentlichen Versteigerer in öffentlicher Weise erfolgt (BGH NW 90, 899). Nicht hierher gehören Zwangsversteigerungen nach ZPO und ZVG.

§ 936 BGB Erlöschen von Rechten Dritter.

(1) 1Ist eine veräußerte Sache mit dem Recht eines Dritten belastet, so erlischt das Recht mit dem Erwerb des Eigentums. 2In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte. 3Erfolgt die Veräußerung nach § 929a oder § 930 oder war die nach § 931 veräußerte Sache nicht im mittelbaren Besitz des Veräußerers, so erlischt das Recht des Dritten erst dann, wenn der Erwerber auf Grund der Veräußerung den Besitz der Sache erlangt. (2) Das Recht des Dritten erlischt nicht, wenn der Erwerber zu der nach Absatz 1 maßgebenden Zeit in Ansehung des Rechts nicht in gutem Glauben ist. (3) Steht im Falle des § 931 das Recht dem dritten Besitzer zu, so erlischt es auch dem gutgläubigen Erwerber gegenüber nicht. A. Normzweck. Die Gründe des Gesetzgebers für eine generelle Zulassung des gutgläubigen Erwerbs (s.o. 1 § 932 Rn 1) führen nicht nur zum Erwerb des Eigentums, sondern sie legen in gleicher Weise auch die Lastenfreiheit des Erwerbs nahe. Anderenfalls hätten die beschränkten dinglichen Rechte größere Bestandskraft als das Eigentum selbst. PWW

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§ 937

Voraussetzungen, Ausschluss bei Kenntnis

2 B. Belastungen mit dem Recht eines Dritten. Als Belastung der Sache mit dem Recht eines Dritten meint der Gesetzgeber im Kontext des § 936 ausschl dingliche Rechte. Daher fallen unter I der Nießbrauch, das Pfandrecht, die dinglichen Aneignungsrechte, die gesetzlichen Pfandrechte des BGB und des HGB sowie das Pfändungspfandrecht (BGH WM 62, 1117). Ferner gehören die Anwartschaftsrechte hierher. Dagegen werden von § 936 nicht berührt öffentlichrechtliche Lasten oder Beschränkungen der Sache, alle schuldrechtlichen Ansprüche gegen den Besitzer, die Insolvenzbeschlagnahme sowie familienrechtliche Verfügungsbeschränkungen. 3 C. Voraussetzungen des Erlöschens. Die belastete Sache muss zunächst rechtsgeschäftlich wirksam veräußert sein (sei es nach den §§ 929 ff oder §§ 932 ff). Auf gesetzliche Erwerbstatbestände ist § 936 nicht anzuwenden. Die jeweilige dingliche Belastung muss zum Zeitpunkt der rechtsgeschäftlich wirksamen Veräußerung bereits bestehen. Weiterhin darf der Erwerber die Belastung gem II nicht positiv kennen. Für den in II genannten guten Glauben gilt § 932 II, so dass dem Erwerber auch grobe Fahrlässigkeit schadet. Wird etwa ein Einrichtungsgegenstand aus einer Mietwohnung erworben, so ist nach der Rspr in aller Regel Bösgläubigkeit hinsichtlich eines bestehenden Vermieterpfandrechts anzunehmen (BGH NJW 72, 33). Schließlich scheidet lastenfreier Erwerb aus, wenn die Sache dem Berechtigten abhanden gekommen ist (§ 935). In den Fällen von I 2 und 3 muss zusätzlich die Besitzerlangung hinzutreten. Liegt im Falle des § 936 I 3 dem Erwerb die Variante des § 934 1. Alt zugrunde, so gelten wiederum die Überlegungen zu § 934 Rn 5. 4 D. Rechtsfolge. Bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen wird das Eigentum an der Sache ohne Belastung erworben. Das vor der Veräußerung vorhandene beschränkte dingliche Recht geht also unter. Der Erwerb der Lastenfreiheit kann mit dem gutgläubigen Erwerb der Sache selbst einhergehen, Lastenfreiheit kann aber auch isoliert an einer beweglichen Sache erworben werden, die nach § 929 übereignet worden ist. 5 E. Sonderfälle. Einen Sonderfall regelt III, wonach lastenfreier Erwerb ausscheidet, wenn die Eigentumsübertragung nach den Regeln des § 931 erfolgt und dem dritten Besitzer ein Recht an der Sache zusteht. In diesem Falle wird auch vom gutgläubigen Erwerber nicht lastenfrei erworben. Der Fall des § 936 III hat erhebliche Bedeutung für den Schutz des Anwartschaftsrechts. Hat nämlich ein Dritter vom Vorbehaltsverkäufer das vorbehaltene Eigentum nach § 931 in der Schwebezeit erworben, so könnte er an sich im Hinblick auf § 161 III gutgläubig lastenfrei erworben haben. Damit würde das Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers entfallen. Davor schützt den Käufer § 936 III. Ebenso ist § 936 III auch auf das Eigentum anzuwenden, falls der Eigentümer dem zu Unrecht nach § 934 Verfügenden den Besitz mittelt. 6 Zu weiteren Regelungen von beweglichen Sachen als Grundstückszubehör vgl § 1121, weitere Sondervorschriften finden sich in § 1242 II, §§ 15, 77 SchiffsrechteG, § 5 PachtKrG.

Untertitel 2

Ersitzung

§ 937 BGB Voraussetzungen, Ausschluss bei Kenntnis.

(1) Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, erwirbt das Eigentum (Ersitzung) (2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

1 A. Normzweck und Bedeutung. Die Möglichkeit eines gesetzlichen Eigentumserwerbs durch Ersitzung hat erhebliche Bedeutung, wenn eine Rechtsordnung den gutgläubigen Erwerb nicht kennt (wie das römische Recht). Im modernen deutschen Recht ist die Ersitzung daher von geringer Bedeutung. Zur Anwendung kann sie va dann kommen, wenn ein gutgläubiger Erwerb wegen § 935 (Abhandenkommen der Sache) ausgeschlossen war, wenn der Mangel der Eigentumsübertragung nicht im Fehlen des Eigentums des Veräußerers lag (sondern in anderen Umständen wie etwa der mangelnden Vertretungsmacht) oder wenn sich der Besitzerwerb ohne Zusammenhang mit einem Veräußerungsgeschäft vollzogen hat wie etwa bei der Inbesitznahme einer vermeintlich herrenlosen Sache. Jenseits solcher Sonderfälle dient das Institut der Ersitzung aber generell dem Verkehrsschutz, dem Besitzschutz und der Rechtssicherheit sowie der Rechtsklarheit. In den praktischen Konsequenzen ähnelt die Ersitzung der Verjährung. So kann sich insb der langjährige Besitzer, der seinen Eigentumserwerbsakt nicht nachzuweisen vermag, hilfsweise auf Ersitzung berufen. In der Rspr hat die Ersitzung allerdings dadurch weiter an Bedeutung verloren, dass sie für nicht kondiktionsfest angesehen wird (s.u. Rn 8). 2 B. Begriff und Anwendungsbereich. Bei der Ersitzung handelt es sich um einen gesetzlichen Erwerbstatbestand des Eigentums an beweglichen Sachen. Somit kann auch der Minderjährige ersitzen. Zur Buchersitzung bei Grundstücken vgl § 900. Eine Ersitzung von Rechten kennt das deutsche Privatrecht nicht. IE setzt die Ersitzung voraus, dass folgende vier Tatbestandsmerkmale zu bejahen sind: Der Erwerber muss eine be-

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§ 938

Vermutung des Eigenbesitzes

wegliche Sache besitzen (s.u. Rn 3), es muss sich um Eigenbesitz handeln (s.u. Rn 4), dieser muss 10 Jahre andauern (s.u. Rn 5) und der Erwerber muss gutgläubig sein (s.u. Rn 6). C. Tatbestandsvoraussetzungen. I. Der Besitz einer beweglichen Sache. Zum Begriff der Sache s.o. § 90. 3 Zur Abgrenzung der beweglichen Sachen s.o. § 929 Rn 3. Eine Ersitzung ist auch bei Tieren möglich (§ 90a). Nicht möglich ist eine Ersitzung an dem Grundstücksrecht unterliegenden wesentlichen Bestandteilen (§§ 93, 94). Möglich ist dagegen eine Ersitzung am Zubehör (§ 97), da durch längeren Eigenbesitz des Erwerbers die Zubehöreigenschaft erlischt. Die Ersitzung kommt auch für öffentliche Sachen in Betracht (Soergel/Henssler § 937 Rz 1). Zum Sonderfall der Ersitzung bei Erbschaftsgegenständen vgl § 2026. Die Ersitzung wird durch relative Veräußerungsverbote (§§ 135, 136) nicht ausgeschlossen. II. Eigenbesitz. Zum Eigenbesitz s.o. § 872. Danach kommt es auf die Willensrichtung des Besitzers an, ob 4 er eine Sache als ihm selbst gehörend besitzt. Für diesen Besitzwillen kommt es im Hinblick auf den gesetzlichen Erwerbstatbestand lediglich auf einen natürlichen Willen an. Ob der jeweilige Eigenbesitz ein unmittelbarer oder mittelbarer Besitz (s.o. § 868) ist, macht keinen Unterschied, wie sich etwa aus § 939 entnehmen lässt. III. Zeitablauf. Die Ersitzungszeit beträgt 10 Jahre und ist damit deutlich länger als im früheren gemeinen 5 Recht (drei Jahre) oder zB im schweizerischen Recht (fünf Jahre). Der Eigenbesitz muss die ganze Zeit hindurch andauern (beachte allerdings die Vermutung des § 938). Tritt ein Besitzwechsel ein, so beginnt für den neuen Besitzer eine neue Ersitzungszeit. Wandelt sich Fremdbesitz in Eigenbesitz um oder entsteht der gute Glaube nachträglich, so beginnt die Ersitzung nunmehr zu laufen. Zur Hemmung und Unterbrechung vgl §§ 939–942. Zum Fortwirken der Ersitzungszeit bei Rechtsnachfolge und beim Erbschaftsbesitzer vgl §§ 943, 944. Für die Fristberechnung gelten die §§ 187 ff. IV. Guter Glaube. Nach II setzt die Ersitzung voraus, dass der Besitzer beim Besitzerwerb gutgläubig ist. We- 6 gen der negativen Formulierung von II wird der gute Glaube vermutet und die Beweislast trägt derjenige, der bösen Glauben behauptet. Für den Begriff des guten Glaubens s.o. § 932 II, guter Glaube ist also ausgeschlossen bei positiver Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis. Später schadet dem Erwerber nur noch positive Kenntnis (II). Daher wird beim Besitzerwerb vom Erwerber eine Prüfung der Rechtslage mit üblicher verkehrsmäßiger Sorgfalt gefordert. Der gute Glaube muss sich auf das Eigentum des Ersitzenden beziehen, nicht auf das Eigentum des Veräußerers, weil im Falle von § 937 nicht immer eine Veräußerung vorausgesetzt wird. Allerdings darf der Glaube des Besitzers, er sei Eigentümer, nicht seinerseits auf grober Fahrlässigkeit beruhen. D. Wirkungen. Die Ersitzung führt zu einem gesetzlichen Erwerbstatbestand und stellt damit einen originä- 7 ren Erwerb des Eigentums dar. Mit diesem Eigentumserwerb erlöschen die Rechte Dritter gem § 945 (lastenfreier Erwerb), es sei denn, dass der Eigenbesitzer beim Erwerb des Eigenbesitzes in Ansehung dieser Rechte nicht in gutem Glauben ist oder ihr Bestehen später erfährt. Möglich ist auch eine isolierte Ersitzung der Lastenfreiheit. Zum Verhältnis von Ersitzung und Bereicherungshaftung (Kondiktion) s.u. Rn 8. E. Ersitzung und Herausgabe, insbes bei Bereicherungshaftung. Dem Sinn und Zweck der Ersitzung ent- 8 spricht es, schuldrechtliche Herausgabeansprüche aus Gesetz gegen den Erwerber auszuschließen. Dies ist auch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen (Motive III 353). Fortbestehen müssen und werden lediglich vertragliche Rückgabeansprüche. Dagegen kann der mit einer Ersitzung regelmäßig verbundene Eingriff in fremdes Eigentum wohl unstr nicht zu einem Anspruch aus Delikt oder Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Alt 2) führen. Sehr str ist dagegen das Verhältnis von Ersitzung und Leistungskondiktion (§ 812 I 1 Alt 1). Seit RGZ 130, 69 (Menzel-Bilder) behaupten Rspr und hM, ein Herausgabeanspruch aus § 812 sei zu bejahen, da anderenfalls ein Wertungswiderspruch zwischen Ersitzung (nach 10 Jahren) und unentgeltlichem gutgläubigen Traditionserwerb (nach 30 Jahren) bestehe. Dieser Wertungswiderspruch war schon früher in Wahrheit abzulehnen und ist seit 1.1.02 (Verjährung nach §§ 195, 199 in drei bzw max 10 Jahren) endgültig gegenstandslos. Damit ist auch die Leistungskondiktion ausgeschlossen (Prütting SachenR § 36 VI). F. Beweislast. Das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ersitzung muss derjenige beweisen, der zu seinen 9 Gunsten den Eigentumserwerb behauptet (bewegliche Sache, Eigenbesitz, Zeitablauf). Für den Zeitablauf hilft ihm die Vermutung des § 938 (s.u. § 938 Rn 2). Der Gegner, der die Ersitzung bestreitet, muss aber das Vorliegen der Bösgläubigkeit nach II nachweisen. Der Gegner muss auch das Vorliegen einer Hemmung oder Unterbrechung (§§ 939 I, II, 940 I, 941 1) beweisen, nicht dagegen den Fall der §§ 940 II, 941 2.

§ 938 BGB Vermutung des Eigenbesitzes.

Hat jemand eine Sache am Anfang und am Ende eines Zeitraums im Eigenbesitz gehabt, so wird vermutet, dass sein Eigenbesitz auch in der Zwischenzeit bestanden habe.

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§ 939

Hemmung der Ersitzung

1 A. Normzweck. Der nach § 937 vorausgesetzte zehnjährige Eigenbesitz muss über den gesamten Zeitraum angedauert haben. Mit der Vermutung des § 938 wird dem Erwerber also der Nachweis erleichtert, dass er Eigenbesitz gehabt habe. 2 B. Wirkung der Vermutung. Beim Nachweis des Eigenbesitzes am Anfang und am Ende der Besitzzeit wird das dauernde Bestehen des Eigenbesitzes vermutet. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Vermutung iS des § 292 ZPO. Diese stellt eine Beweislastregelung dar. Der Beweis des Gegenteils durch denjenigen, der die Ersitzung bestreitet, ist möglich.

§ 939 BGB Hemmung der Ersitzung.

(1) 1Die Ersitzung ist gehemmt, wenn der Herausgabeanspruch gegen den Eigenbesitzer oder im Fall eines mittelbaren Eigenbesitzes gegen den Besitzer, der sein Recht zum Besitz von dem Eigenbesitzer ableitet, in einer nach den §§ 203 und 204 zur Hemmung der Verjährung geeigneten Weise geltend gemacht wird. 2Die Hemmung tritt jedoch nur zu Gunsten desjenigen ein, welcher sie herbeiführt. (2) Die Ersitzung ist ferner gehemmt, solange die Verjährung des Herausgabeanspruchs nach den §§ 205 bis 207 oder ihr Ablauf nach den §§ 210 und 211 gehemmt ist.

1 A. Normzweck. Die Norm zeigt, dass zwischen Ersitzung und Verjährung durchaus Parallelen bestehen. Im Grundsatz wird bei der Berechnung der Frist des § 937 I auf die allg Tatbestände einer Hemmung gem §§ 203, 204 verwiesen. Darüber hinaus ist durch II eine stark erweiterte Verweisung auf weitere Hemmungstatbestände vorgenommen worden. 2 B. Regelungsgehalt. Zur Wirkung der Hemmung vgl § 209. Zu den einzelnen Tatbeständen der Hemmung vgl die §§ 203 f, 205–207, 210 f. Von besonderer praktischer Bedeutung dürften va § 204 I Nr 1 und die ihm gleichgestellten Tatbestände sein, um den Herausgabeanspruch gegen den möglicherweise Ersitzenden rechtshängig zu machen. Dieser Herausgabeanspruch muss vom derzeitigen Eigentümer gegen den derzeitigen Eigenbesitzer (oder dessen Besitzmittler), nicht aber gegen den Besitzdiener geltend gemacht werden. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt der Tatbestand der Hemmung nur demjenigen zugute, der die Hemmung herbeigeführt hat (I 2). 3 Insgesamt stellt § 939 in seiner Neufassung seit dem 1.1.02 die Übereinstimmung mit den im Wesentlichen umgestalteten Normen des Verjährungsrechts wieder her.

§ 940 BGB Unterbrechung durch Besitzverlust.

(1) Die Ersitzung wird durch den Verlust des Eigenbesitzes unterbrochen. (2) Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Eigenbesitzer den Eigenbesitz ohne seinen Willen verloren und ihn binnen Jahresfrist oder mittels einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage wiedererlangt hat.

1 Die Norm regelt (wie § 941) einen Fall der Unterbrechung, dessen Wirkung in § 942 beschrieben wird. II regelt einen Ausnahmefall der generellen Unterbrechung nach I. Der Verlust des Eigenbesitzes soll also dort rechtlich nicht zählen, wo der Eigenbesitzer diesen ohne seinen Willen verloren hat. Dabei erfasst der unfreiwillige Verlust alle Fälle des § 935, geht aber noch darüber hinaus, wenn der mittelbare Eigenbesitzer seinen Besitz dadurch unfreiwillig verliert, dass der unmittelbare Besitzer den Besitz freiwillig aufgibt. Zur Beweislastverteilung s.o. § 937 Rn 9.

§ 941 BGB Unterbrechung durch Vollstreckungshandlung.

1Die Ersitzung wird durch Vornahme oder Beantragung einer gerichtlichen oder behördlichen Vollstreckungshandlung unterbrochen. 2§ 212 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

1 Zur Wirkung der Unterbrechung s.u. § 942. Die Norm regelt entsprechend § 212 eine Unterbrechung des Laufs der Ersitzungsfrist bei Vollstreckungshandlungen. Im Falle des 2 gelten die jeweiligen Unterbrechungswirkungen als nicht eingetreten. Daher unterliegt 2 der Beweislast des Ersitzenden wie im Falle des § 940 II (s.o. § 937 Rn 9).

§ 942 BGB Wirkung der Unterbrechung.

Wird die Ersitzung unterbrochen, so kommt die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht; eine neue Ersitzung kann erst nach der Beendigung der Unterbrechung beginnen.

1 Wie früher im Falle der Unterbrechung der Verjährung hat die Unterbrechung der Ersitzung zur Folge, dass die Frist nach Beendigung der Unterbrechung neu zu laufen beginnt. Es müssen also alle Voraussetzungen des § 937 auf die dort genannte Zeitdauer vorliegen. Das gilt auch für die Gutgläubigkeit, die gerade im Falle einer Unterbrechung besonders krit zu würdigen sein wird. 1930 |

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§ 946

Verbindung mit einem Grundstück

§ 943 BGB Ersitzung bei Rechtsnachfolge.

Gelangt die Sache durch Rechtsnachfolge in den Eigenbesitz eines Dritten, so kommt die während des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene Ersitzungszeit dem Dritten zugute. Die Norm regelt im Zusammenhang mit der Rechtsnachfolge sowohl den Fall der Einzel- als auch den Fall 1 der Gesamtrechtsnachfolge. Tritt in allen diesen Fällen ein Wechsel im Eigenbesitz auf Grund dieser Rechtsnachfolge ein, so kommt die jeweils beim Rechtsvorgänger bereits abgelaufene Ersitzungszeit dem Rechtsnachfolger zugute. Darüber hinaus müssen selbstverständlich auch beim Rechtsnachfolger sämtliche Voraussetzungen der Ersitzung erfüllt sein. § 943 ist auch anzuwenden, wenn es sich um einen Fall mehrfacher Nachfolge handelt.

§ 944 BGB Erbschaftsbesitzer.

Die Ersitzungszeit, die zu Gunsten eines Erbschaftsbesitzers verstrichen ist, kommt dem Erben zustatten. Die Norm regelt den Spezialfall, dass ein Erbschaftsbesitzer gutgläubig davon ausgeht, eine bewegliche Sache 1 gehöre zum Nachlass, der ihm selbst zustehe. Stellt sich in diesem Falle heraus, dass das Erbe nicht dem Erbschaftsbesitzer, sondern dem Erben zusteht, könnte der Erbe den Erbschaftsgegenstand nach den Regeln des § 937 nicht erworben haben. Hier hilft § 944 dem Erben, in dem er die Ersitzungszeit des Erbschaftsbesitzers ihm zurechnet.

§ 945 BGB Erlöschen von Rechten Dritter.

1Mit dem Erwerb des Eigentums durch Ersitzung erlöschen die an der Sache vor dem Erwerb des Eigenbesitzes begründeten Rechte Dritter, es sei denn, dass der Eigenbesitzer bei dem Erwerb des Eigenbesitzes in Ansehung dieser Rechte nicht in gutem Glauben ist oder ihr Bestehen später erfährt. 2Die Ersitzungsfrist muss auch in Ansehung des Rechts des Dritten verstrichen sein; die Vorschriften der §§ 939 bis 944 finden entsprechende Anwendung.

Während § 937 die Ersitzung des Eigentums an einer beweglichen Sache regelt, erweitert § 945 die Möglich- 1 keit der Ersitzung im Hinblick auf den lastenfreien Erwerb. Die Norm ist daher die Parallele zu § 936. Die Regelung stellt klar, dass Rechte Dritter im Falle der Ersitzung nicht automatisch erlöschen, sondern nur insoweit, als der Ersitzende im Hinblick auf das Nichtbestehen dieser Rechte gutgläubig ist. Entsprechend der Regelung in 2 sind auch hier die Möglichkeiten einer Hemmung oder Unterbrechung der Ersitzung gegeben (§§ 939–944). Darüber hinaus ist § 936 III entsprechend anwendbar (MüKo/Quack § 945 Rz 4).

Untertitel 3

Verbindung, Vermischung, Verarbeitung

§ 946 BGB Verbindung mit einem Grundstück.

Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstück dergestalt verbunden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, so erstreckt sich das Eigentum an dem Grundstück auf diese Sache. A. Normzweck. Die §§ 946–948 erfassen Sachverhalte, durch welche die selbständige Existenz einer Sache 1 aufgehoben wird. So können nach § 93 Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (sog wesentliche Bestandteile), nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Nach diesem Grundsatz können bei der Verbindung einer beweglichen Sache mit einem Grundstück iSv §§ 93, 94 die Eigentumsverhältnisse an der beweglichen Sache nicht fortbestehen, da diese infolge der Verbindung nicht mehr sonderrechtsfähig ist. Das Grundstück ist bei der Verbindung mit einer beweglichen Sache stets die Hauptsache, auf das Wertverhältnis kommt es nicht an. Die Vorschrift ist nicht abdingbar (RGZ 130, 310). B. Tatbestandsvoraussetzungen. Verbindung einer beweglichen Sache mit einem Grundstück zu dessen we- 2 sentlichem Bestandteil iSd §§ 93–94. Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind nach § 94 solche Sachen, die mit dem Grund und Boden fest verbunden sind oder die zur Herstellung in das Gebäude eingefügt wurden. Dabei darf kein vorübergehender Zweck iSd § 95 vorliegen, da es sich dann um sog Scheinbestandteile handelt (bzgl Einzelheiten s. §§ 94, 95). Auf die baurechtliche Zulässigkeit kommt es nicht an (Köln, BauR 00, 1784). Nachträgliche Unterlegung mit einem vorübergehenden Zweck gem § 95 ändert an den Eigentumsverhältnissen nichts (vgl BGH LM § 94 Nr 16). Ob im Einzelfall ein wesentlicher Bestandteil oder nur ein Scheinbestandteil gegeben ist, entscheidet die Verkehrsauffassung. Auch die Verbindung iSv § 93 oder § 94 II mit einem Gebäude, das nach § 94 I wesentlicher Grundstücksbestandteil ist, fällt unter § 946. Ist aber das Gebäude zum Zeitpunkt der Verbindung nur ein Scheinbestandteil (§ 95), ist § 946 nicht analog anzuwenden (so aber Staud/Wiegand Rz 12), vielmehr gilt § 947 (BGH JZ 87, 206, str). Auch auf den Einbau in

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§ 947

Verbindung mit beweglichen Sachen

ein eingetragenes Schiff kann § 946 analog angewendet werden (BGHZ 26, 225: Motor als wesentlicher Bestandteil). Zu Windkraftanlagen Peters WM 07, 2003. 3 C. Wirkung. Durch die Verbindung verliert die bewegliche Sache ihre Eigenschaft als selbständige Sache (§ 93 Rn 2) und unterliegt dem sachenrechtlichen Schicksal des Grundstücks, sein Eigentümer erwirbt somit durch die Verbindung kraft Gesetzes das Eigentum an der eingebauten Sache. Wer die Verbindung vorgenommen hat, ob sie gut- oder bösgläubig erfolgt, ist gleichgültig. Der Eigentumsverlust ist endgültig, § 935 findet keine Anwendung. Der Verlierende hat ggf einen Ausgleichsanspruch nach § 951. Mit dem Eigentumserwerb nach § 946 erlöschen gem § 949 1 auch Rechte Dritter an der verbundenen Sache. Rechte Dritter am Grundstück erstrecken sich gem § 949 3 auch auf die wesentlichen Bestandteile. Wird die Verbindung später wieder aufgehoben, so erhält der (ehemalige) wesentliche Bestandteil seine Sacheigenschaft zurück, allerdings lebt das frühere Eigentum an der beweglichen Sache nicht wieder auf. Beweisbelastet ist grds derjenige, der den Rechtserwerb nach § 946 behauptet. 4 D. Praktische Probleme. Die zwingenden Folgen des § 946 sind va für Baustofflieferanten und Bauhandwerker problematisch, da ein einfacher EV an ihren beweglichen Sachen unter den Voraussetzungen des § 946 erlischt (Serick BB 73, 1405). Für Bauhandwerker besteht diesbezüglich die Möglichkeit, sich über § 648a abzusichern. Für Baustofflieferanten besteht eine Sicherungsmöglichkeit dahingehend, dass sie sich einen Teil der Forderungen des Bauunternehmers gegen den Bauherrn abtreten lassen, sofern diese nicht schon zuvor an andere abgetreten wurden (vgl BGHZ 26, 178). Dabei ist zu beachten, dass keine Übersicherung des Baustofflieferanten eintreten darf, eine uneingeschränkte Abtretung des Werklohnanspruchs iRd AGB des Baustofflieferanten ist unwirksam. Es ist also eine dem Wert der Kaufpreisforderung entsprechende Teilabtretung des Werklohnanspruchs vorzunehmen (vgl BGHZ 98, 303; zum Ganzen Munz BauR 03, 621 ff). 5 E. Insolvenz. In der Insolvenz teilen wesentliche Bestandteile das Schicksal des Grundstücks, zu dem sie gehören. Bei Scheinbestandteilen oder sonstigen beweglichen Sachen kommt es darauf an, ob es sich um Zubehör iSd § 97 handelt, welches dem Haftungsverband des Grundstücks unterliegt (§ 1120). 6 Im Hinblick auf die Möglichkeit eines Baustofflieferanten, einen verlängerten EV mit Weiterveräußerungsbefugnis zu vereinbaren, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen sich hieraus in der Insolvenz des Bauunternehmers ergeben, wenn dieser die unter EV gelieferten Stoffe auf dem Grundstück seines Kunden in dessen Gebäude eingebaut hat, der Kunde die Forderungen des Bauunternehmers beglichen hat und in dem Vertrag zwischen Unternehmer und Kunden ein Abtretungsverbot bzgl sämtlicher Forderungen vereinbart ist. Der Lieferant könnte ersatzabsonderungsberechtigt gem § 48 InsO analog sein. Voraussetzung hierfür ist, dass die gelieferten Stoffe vom Unternehmer unberechtigt weiterveräußert wurden; gleichgültig ist dann, ob das Material gem § 946 auf den Kunden übergeht oder zuvor schon rechtsgeschäftlich übereignet wurde. Zu beachten ist in dieser Konstellation stets § 354a HGB. Ist dieser gegeben, wäre der Einbau wegen der Unwirksamkeit des Abtretungsverbots rechtmäßig gewesen und ein Ersatzabsonderungsrecht besteht nicht.

§ 947 BGB Verbindung mit beweglichen Sachen.

(1) Werden bewegliche Sachen miteinander dergestalt verbunden, dass sie wesentliche Bestandteile einer einheitlichen Sache werden, so werden die bisherigen Eigentümer Miteigentümer dieser Sache; die Anteile bestimmen sich nach dem Verhältnis des Wertes, den die Sachen zur Zeit der Verbindung haben. (2) Ist eine der Sachen als die Hauptsache anzusehen, so erwirbt ihr Eigentümer das Alleineigentum.

1 A. Tatbestandsvoraussetzungen. Voraussetzung ist die Verbindung (Realakt) beweglicher Sachen zu wesentlichen Bestandteilen iSd § 93 einer Gesamtsache. § 947 gilt auch bei Verbindung mit einem Gebäude, das nur Grundstücksscheinbestandteil ist. Zur Frage, wann ein wesentlicher Bestandteil iSd Norm vorliegt s. § 93 Rn 7 ff. Derjenige, der sich auf den (Mit-)Eigentumserwerb nach § 947 beruft, ist beweisbelastet. 2 B. Rechtsfolgen. Ist keine der Sachen als Hauptsache anzusehen, so tritt gem I Miteigentum (§§ 1008 ff) der bisherigen Eigentümer an der verbundenen Sache ein, und zwar im Verhältnis des Wertes der einzelnen verbunden Sachen. Werden gestohlene Teile eingebaut, kann also wegen § 935 Miteigentum insoweit nicht erworben werden (Köln VersR 07, 1510 str; Neuner JuS 07, 406). 3 Ist eine verbundene Sache als Hauptsache anzusehen, wird deren Eigentümer gem II Alleineigentümer der ganzen Sache. Das Eigentum an der anderen verbundenen Sache erlischt, auch wenn diese iSv § 935 abhanden gekommen sein sollte – ebenso die an ihr bestehenden Rechte. Ob I oder 2 vorliegt, entscheidet die Verkehrsanschauung. Das Wertverhältnis hat allenfalls indizielle Bedeutung. Nach Ansicht des BGH (NJW 56, 788) liegt eine Hauptsache nur vor, wenn die übrigen Bestandteile fehlen könnten, ohne dass das Wesen der Sache dadurch beeinträchtigt würde. Eine Vereinbarung darüber, welche Sache als Hauptsache anzusehen ist, ist dinglich unbeachtlich. Ein Warenkreditgeber kann sich aber durch eine sog Verbindungsklausel absichern. Konstruktiv ist dies durch ein antizipiertes Besitzkonstitut in der Weise möglich, dass sich der frühere Eigentümer der Nebensache für den Fall der Verbindung schon im Voraus das Alleineigentum oder einen Miteigentumsanteil an der verbundenen Sache übereignen lässt. Diese Verbindungsklausel versagt allerdings, 1932 |

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§ 949

Erlöschen von Rechten Dritter

wenn nicht der Warenkreditnehmer, sondern ein Dritter Eigentümer der Hauptsache ist. Der Verlierende kann Ausgleich nach § 951 verlangen. War die Einzelsache abhanden gekommen, setzt sich der Makel an dem ihr entsprechenden Miteigentumsanteil fort (Staud/Wiegand § 951 Rz 5; Soergel/Henssler § 951 Rz 4; BaRoth/Kindl § 951 Rz 6; aA KG OLG 12, 125; LG Bielefeld MDR 51, 164). Dieser steht daher dem ursprünglichen Eigentümer der Teilsache zu, ein gutgläubiger Erwerb des Miteigentumsanteils durch einen Dritten ist wegen § 935 nicht möglich. C. Praktische Bedeutung. Die praktische Bedeutung des § 947 ist eingeschränkt, weil die Verbindung häufig 4 zur Entstehung einer neuen Sache iSd Rechtsverkehrs führt und in diesem Fall eine Verarbeitung nach § 950 vorliegt. § 950 kommt dann, wenn der Schwerpunkt auf dem Verarbeitungsvorgang liegt, vorrangig zur Anwendung.

§ 948 BGB Vermischung.

(1) Werden bewegliche Sachen miteinander untrennbar vermischt oder vermengt, so findet die Vorschrift des § 947 entsprechende Anwendung. (2) Der Untrennbarkeit steht es gleich, wenn die Trennung der vermischten oder vermengten Sachen mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein würde.

A. Zweck und Abgrenzung. Die Vorschrift soll wirtschaftlich sinnlose Maßnahmen zur Aufrechterhaltung 1 des Einzeleigentums vermeiden. Zudem soll die durch die tatsächliche oder wirtschaftliche Untrennbarkeit entstandene Konfliktlage gelöst werden. § 948 ist nicht dispositiv. Sofern die Vermischung iR einer Übereignung nach § 929 als Übergabeakt vorgenommen wurde, findet kein gesetzlicher Eigentumserwerb nach § 948, sondern rechtsgeschäftlicher nach § 929 statt (insb bei Pool-Verträgen, Peters ZIP 00, 2238). Entsteht durch Vermischung eine neue Sache, ist § 950 anzuwenden. Vorrangige Spezialvorschriften gibt es für die Sammelverwahrung von Wertpapieren in §§ 5 ff DepotG und für das handelsrechtliche Lagergeschäft in § 469 II HGB. Derjenige, der sich auf § 948 beruft, ist beweisbelastet. B. Tatbestandsvoraussetzungen. Die Vermischung (durch Realakt, Ddorf ZIP 03, 1306, oder infolge Natur- 2 gewalt) von Fahrnis unterfällt § 948, wenn sie zu tatsächlicher Untrennbarkeit führt (I) oder die Trennung nur zu unverhältnismäßigen Kosten möglich wäre (wirtschaftliche Untrennbarkeit, II). Tatsächliche Untrennbarkeit liegt vor, wenn die Trennung verschiedener Sachen objektiv nicht möglich ist (verfüttertes Tierfutter und gemästetes Tier, Celle NJW-RR 04, 1430) oder keine Kriterien bekannt sind, nach denen sich die vermischten Sachen objektiv unterscheiden lassen (mehrere gleichartige Geldmünzen in einer Kasse, BGH NJW 93, 935; Vermischung eines Tierbestands RGZ 140, 156). Wirtschaftliche Untrennbarkeit liegt demgegenüber etwa bei der Vermischung von unterschiedlichem Schüttgut (BGHZ 14, 114) vor. Auch demselben Eigentümer gehörige Sachen können vermischt werden. C. Rechtsfolgen. § 948 verweist auf § 947 und führt entsprechend zur Entstehung von Miteigentum nach 3 §§ 1008 ff und einer Miteigentumsgemeinschaft nach §§ 741 ff, wenn nicht die Voraussetzungen von § 947 II vorliegen. Die Beteiligung richtet sich nach dem Wertverhältnis der vermischten Sachen, wobei es auf den Zeitpunkt der Vermischung ankommt. Lassen sich trotz richterlicher Schätzung nach § 287 ZPO die Anteile nicht hinreichend exakt bestimmen, so gilt § 742 analog (MüKo/Füller Rz 5; Palandt/Bassenge Rz 3; aA BGH NJW 58, 1534). Für Aufhebung und Teilung der Gemeinschaft gelten die §§ 749 ff. Alleineigentum nach § 947 II kann nur bei Verbindung/Vermischung verschiedenartiger Stoffe entstehen 4 (Baur/Stürner § 53 Rz 11; BaRoth/Kindl Rz 6; Dresd v 17.2.05 – 13 U 1040/04; aA Soergel/Henssler Rz 4; Staudinger/Wiegand Rz 8), iÜ entsteht auch bei sehr großen Mengenunterschieden Miteigentum. Dies gilt auch für die Vermischung von Geld (BGH NJW 10, 3578; Gehrlein NJW 10, 3543).

§ 949 BGB Erlöschen von Rechten Dritter.

1Erlischt nach den §§ 946 bis 948 das Eigentum an einer Sache, so erlöschen auch die sonstigen an der Sache bestehenden Rechte. 2Erwirbt der Eigentümer der belasteten Sache Miteigentum, so bestehen die Rechte an dem Anteil fort, der an die Stelle der Sache tritt. 3Wird der Eigentümer der belasteten Sache Alleineigentümer, so erstrecken sich die Rechte auf die hinzutretende Sache.

A. Normzweck. Die Vorschrift sorgt für den Gleichlauf des Eigentums an den nach §§ 946 ff verbundenen 1 oder vermischten Sachen mit etwaigen dinglichen Belastungen oder an diesen bestehenden Anwartschaftsrechten. B. Rechtsfolgen. Erlischt nach §§ 946, 947 II, 948 das Eigentum an einer Sache, weil diese wesentlicher Be- 2 standteil einer Hauptsache wird, führt dies gem 1 auch zum Erlöschen der an dieser Sache bestehenden dinglichen Rechte. Dingliche Rechte, die vor der Verbindung an der Hauptsache begründet waren, bestehen unverändert fort 3 und erstrecken sich nach der Verbindung auch auf die wesentlichen Bestandteile. War die Hauptsache abhanden gekommen, so kommt ein gutgläubiger Erwerb der Gesamtsache wegen § 935 nicht in Frage. Das AbhanPWW

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§ 950

Verarbeitung

denkommen einer Nebensache hindert dagegen den Erwerb gem den §§ 946 ff nicht, da es sich um einen gesetzlichen Erwerb handelt. 4 Kommt es durch die Verbindung oder Vermischung dagegen zur Entstehung von Miteigentum (§§ 947 I, 948) so setzen sich die Belastungen des Eigentums als Belastungen am Miteigentumsanteil fort (dingliche Surrogation). Eines Ausgleichs nach § 951 des dinglich Berechtigten bedarf es nicht. 5 Bei Verbindung von Sachen, die demselben Eigentümer gehören, bestehen dingliche Belastungen an einem dem Wert der belasteten Sache entsprechenden Eigentumsbruchteil fort (RGZ 67, 421, 425). 6 C. Aufhebung der Verbindung. Entsprechend ist bei Aufhebung der Verbindung zu unterscheiden: Hat die Verbindung zur Entstehung von Alleineigentum geführt (Untergang der Rechte an den wesentlichen Bestandteilen, Rn 2, und Fortsetzung der Belastungen der Hauptsache an der Gesamtsache, Rn 3), so leben durch die Aufhebung der Verbindung die erloschenen Rechte nicht wieder auf, es kann ein schuldrechtlicher Anspruch auf Neubegründung bestehen. Die Rechte, die sich an der Gesamtsache fortgesetzt haben (Rn 3), bestehen nach Aufhebung der Verbindung (wieder) an der ehemaligen Hauptsache. Nach der Aufhebung einer Verbindung, die zu Miteigentum nach § 947 I geführt hat, bestehen die dinglichen Rechte wieder an den Einzelsachen fort.

§ 950 BGB Verarbeitung.

(1) 1Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigentum an der neuen Sache, sofern nicht der Wert der Verarbeitung oder der Umbildung erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes. 2Als Verarbeitung gilt auch das Schreiben, Zeichnen, Malen, Drucken, Gravieren oder eine ähnliche Bearbeitung der Oberfläche. (2) Mit dem Erwerb des Eigentums an der neuen Sache erlöschen die an dem Stoffe bestehenden Rechte.

1 A. Normzweck. Bei der Verarbeitung eines Stoffes zu einer neuen beweglichen Sache stellt sich die Frage, ob sie dem Hersteller oder dem Eigentümer des verarbeiteten Stoffs gehören soll. § 950 entscheidet das Problem zugunsten des Herstellers. Die Vorschrift ist zwingend (ganz hM). Als Gegenmittel bleibt dem Stofflieferanten allerdings die Möglichkeit der Verarbeitungs- oder Herstellerklausel (Rn 10 f). 2 Gegenüber den §§ 947–949 ist § 950 lex specialis, wenn die Verbindung Verarbeitung ist und durch sie eine neue Sache entsteht. Die Verarbeitung eines Grundstücks kennt das Gesetz nicht, so dass keine Überschneidung mit § 946 besteht (KG GRUR 94, 212). 3 Beweisbelastet hinsichtl des Verarbeitungstatbestands und der Herstellereigenschaft ist derjenige, der sich auf Eigentumserwerb nach § 950 beruft (BGH NJW 83, 2022); umgekehrt muss derjenige, der sich auf Nichterwerb nach I 1 Hs 2 beruft, diese Voraussetzungen beweisen. 4 B. Tatbestandsvoraussetzungen. Verarbeitung oder Umbildung ist ein von willensgetragenem Verhalten getragener Realakt (MüKo/Füller § 950 Rz 6). Deshalb können auch Geschäftsunfähige Verarbeitungen vornehmen und gem § 950 Eigentum erwerben, sofern sie zu einem willensgesteuerten Verhalten fähig sind. Es genügt das Zusammenfügen von Bauteilen (BGHZ 18, 226). Auch die Zerlegung einer Sache kann Verarbeitung sein (etwa zum Zwecke der Wiederverwertung der verschiedenen Stoffe), nicht aber ihre bloße Zerstörung. Verarbeitung ist auch die Bearbeitung der Oberfläche, I 2. 5 Durch die Verarbeitung muss eine neue Sache entstehen. Diesbezüglich ist die Verkehrsauffassung maßgeblich. Für Neuheit spricht, dass die hergestellte Sache einen neuen Namen trägt (Köln NJW 97, 2187) oder eine Formveränderung gegeben ist. Entscheidend ist, dass die Verarbeitung das Wesen des Stoffes verändert hat. Verarbeitung liegt idR bei Erzielung einer höheren Verarbeitungsstufe vor (so dass mit jeder Stufe neuer Eigentumserwerb gegeben ist; Stuttg NJW 01, 2889 zur Herstellung eines Kunstwerks in mehreren Entwicklungsstufen); daher reicht auch ein Zwischenfabrikat aus, es sei denn, es handelt sich um einen einheitlichen Verarbeitungsvorgang. Ob ein Produktionsvorgang mehrstufig oder einheitlich ist, entscheidet wiederum die Verkehrsauffassung. Danach ist Verarbeitung zu bejahen beispielsweise bei aufwändiger Panzerung eines Kfz, Bremen 11 O 532/03; Verarbeitung des Papiers beim Druck eines Katalogs, Ddorf 11 U 23/00. 6 Eine Verarbeitung, die nicht einen erheblichen Mehrwert schafft, führt nicht zum Eigentumserwerb des Herstellers. Der Wert der Verarbeitung darf daher gem I 1 Hs 2 nicht erheblich unter dem Wert der verarbeiteten Stoffe liegen. Der Verarbeitungswert ergibt sich durch Abzug des Werts der Stoffe, wie sie zu Beginn des Verarbeitungsvorgangs vorlagen, vom Verkehrswert der hergestellten Sache. Die Erheblichkeitsschwelle soll jedenfalls überschritten sein, wenn das Verhältnis des Verarbeitungswerts zum Wert der Stoffe 3:5 oder kleiner ist (BGH NJW 95, 2633; Ddorf 11 U 23/00). 7 C. Rechtsfolgen. I. Lastenfreier Eigentumserwerb (Abs 1 S 1, Abs 2). Durch die Verarbeitung erwirbt der Hersteller (Rn 9) originäres Eigentum an der von ihm hergestellten Sache, wenn nicht I 1 Hs 2 vorliegt. Dass einer der verarbeiteten Stoffe abhanden gekommen war oder ein (nur schuldrechtlich wirkendes) Verarbeitungsverbot bestand, ist unbeachtlich (Köln NJW 97, 2187; BGH NJW 89, 3213). Die Möglichkeit, auch an eigenen Sachen nach § 950 Eigentum zu erwerben, ist relevant, wenn man berücksichtigt, dass das neue Ei1934 |

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§ 951

Entschädigung für Rechtsverlust

gentum gem II lastenfreies Eigentum ist. An den zur Verarbeitung verwendeten Stoffen etwa bestehende dingliche Rechte, insb Anwartschaftsrechte, gehen also infolge der Verarbeitung unter. Der sein Eigentum oder sein dingliches Recht Verlierende kann ggf Ausgleich nach § 951 verlangen. II. Hersteller. Nach der Rechtsprechung ist als Hersteller grds derjenige anzusehen, in dessen Namen und 8 wirtschaftlichem Interesse die Herstellung erfolgt; maßgebend ist die Verkehrsauffassung eines mit den Verhältnissen vertrauten objektiven Betrachters (BGHZ 112, 243 mwN). Es kommt somit nicht entscheidend darauf an, wer den Verarbeitungsvorgang tatsächlich vornimmt (OLG Celle ZIP 09, 1386), sondern wer ihn steuert und wer das Produktions- und Absatz- und Verwendungsrisiko trägt (Staud/Wiegand Rz 34). Daher sind Arbeitnehmer, die im Rahmen ihrer abhängigen Beschäftigung die Verarbeitung ausführen, nicht Hersteller. Aber: Hersteller des fertigen Gesellenstücks ist der Geselle, LArbG Köln MDR 02, 1016; LArbG München NZA-RR 03, 187. Beim Werkvertrag ist der Besteller Hersteller (BGHZ 14, 114; OLG Celle ZIP 09, 1386); beim Werklieferungsvertrag ist dagegen der Unternehmer Hersteller, sonst ergäbe die Übereignungspflicht aus §§ 651 1, 433 I keinen Sinn. III. Verarbeitungsklauseln. Str ist, ob bei der grds objektiven Beurteilung der Herstellerfrage die Ver- 9 einbarungen der Parteien zu berücksichtigen sind. Die hM und insb die Rechtsprechung erkennen solche Vereinbarungen über die Herstellereigenschaft in sog Hersteller- oder Verarbeitungsklauseln an, die Verlängerungsformen des EV darstellen (s. § 449 Rn 27). Diese Ansicht hält am zwingenden Charakter der Rechtsfolgen des § 950 fest, hält aber privatautonome Vereinbarungen, die die Tatbestandsebene betreffen, bei der Ermittlung der Herstellereigenschaft für bedeutsam, da sie bei der Beurteilung von einem objektiven Horizont aus zu berücksichtigen seien (BGHZ 20, 159, 163). Im Ergebnis wird dadurch freilich auch die Rechtsfolge für die Parteien verfügbar gemacht, so dass der durch eine Herstellerklausel Begünstigte durch die Verarbeitung originäres Eigentum erwirbt. Es findet kein Durchgangserwerb desjenigen statt, der den Verarbeitungsvorgang tatsächlich vornimmt. Im Ergebnis kommt die Auffassung der Rechtsprechung daher zu demselben Ergebnis wie die in der Literatur vertretene Ansicht von der Abdingbarkeit der Regelung (Baur/ Stürner § 53 B III 3). Als Begründung wird va angeführt, dass § 950 den Interessenskonflikt zwischen Eigentümer und Hersteller löst. Einer gesetzlichen Lösung bedürfe es aber nur, wenn keine privatautonome Vereinbarung der Parteien bestehe. Da keine vorrangigen Verkehrsschutzinteressen betroffen sind (zumal der Stofflieferant mittelbaren Besitz hat), sei die rechtsgeschäftliche Abrede zu respektieren (aA BaRoth/Kindl Rz 10 mwN: für Umdeutung in antizipierte Sicherungsübereignung). Wird die neue Sache aus Stoffen verschiedener Vorbehaltseigentümer hergestellt, so erwerben sie grds Miteigentum. Zur Vermeidung einer Übersicherung ist die Klausel so zu fassen, dass sich der Eigentumserwerb nur auf einen dem Sicherungsinteresse entsprechenden Miteigentumsanteil bezieht. Der Eigentumserwerb des Stofflieferanten, der sich aus der Anerkennung der Verarbeitungsklausel ergibt, 10 darf aber nicht dazu führen, dass Anwartschaftsrechte des tatsächlich verarbeitenden Käufers, die am Stoff bestanden, endgültig nach § 950 II erlöschen. Denn der Ausgleichsanspruch nach § 951 ist anders als das Anwartschaftsrecht nur eine schuldrechtliche Rechtsposition. Zum Schutz des Käufers, der aufgrund eines durch Herstellerklausel verlängerten EV ein Anwartschaftsrecht erworben hat, ist daher der Herstellerklausel ggf im Wege ergänzender Vertragsauslegung eine antizipierte Wiederbegründung dieses Anwartschaftsrechts durch bedingte Übereignung der neu hergestellten Sache zu entnehmen (Soergel/Henssler Rz 18), so dass der Vorbehaltsverkäufer/Stofflieferant nur für eine juristische Sekunde unbelastetes Eigentum erhält.

§ 951 BGB Entschädigung für Rechtsverlust.

(1) 1Wer infolge der Vorschriften der §§ 946 bis 950 einen Rechtsverlust erleidet, kann von demjenigen, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eintritt, Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. 2Die Wiederherstellung des früheren Zustands kann nicht verlangt werden. (2) 1Die Vorschriften über die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen sowie die Vorschriften über den Ersatz von Verwendungen und über das Recht zur Wegnahme einer Einrichtung bleiben unberührt. 2In den Fällen der §§ 946, 947 ist die Wegnahme nach den für das Wegnahmerecht des Besitzers gegenüber dem Eigentümer geltenden Vorschriften auch dann zulässig, wenn die Verbindung nicht von dem Besitzer der Hauptsache bewirkt worden ist. A. Normzweck. Die durch §§ 946–950 angeordneten dinglichen Rechtsänderungen sollen aus praktischen 1 oder wirtschaftlichen Gründen nicht rückgängig gemacht werden. Dies macht einen schuldrechtlichen Ausgleich erforderlich, da die gesetzlichen Erwerbstatbestände keinen Rechtsgrund für den Vermögenszuwachs in sich tragen (BGHZ 55, 178). Zu diesem Zwecke sieht § 951 einen Rechtsgrundverweis (ganz hM, BGHZ 41, 159; 55, 178; BaRoth/Kindl Rz 2; Palandt/Bassenge § 951 Rz 2) auf das Bereicherungsrecht vor. Die Vorschrift stellt somit keine selbständige Anspruchsgrundlage dar. Hieraus folgt unter anderem, dass stets zu prüfen ist ob ein Rechtsgrund für den Erwerb vorlag, der va in einem Erwerb aufgrund einer Leistungsbeziehung liegen kann (s. § 812 Rn 83; u Rn 5 ff).

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§ 951

Entschädigung für Rechtsverlust

2 In der Insolvenz desjenigen, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eintritt, hat der Verlierende nur eine einfache Insolvenzforderung. Die Vorschrift ist dispositiv. 3 B. Tatbestandsvoraussetzungen. I. Rechtsverlust nach §§ 946–950 des Anspruchsinhabers, Rechtserwerb des Anspruchsgegners. Voraussetzung des Eingreifens der Rechtsgrundverweisung ist ein Rechtsverlust nach §§ 946–950, also der ersatzlose Untergang des Eigentums oder eines beschränkten dinglichen Rechts. Inhaber des Anspruchs ist derjenige, der sein Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht verloren hat (ebenso für Anwartschaftsrecht, dann sind sowohl Vollrechts- als auch Anwartschaftsberechtigter Gläubiger des Anspruchs aus § 951, Soergel/Henssler Rz 15). Bei der Entstehung von Miteigentum nach § 947 I besteht der Ausgleich im Erwerb des Miteigentumsanteils, § 951 findet keine Anwendung. Schuldner ist derjenige, der durch §§ 946, 947 das Eigentum gewinnt. Miteigentümer der Hauptsache haften nur in Höhe ihres Miteigentumsanteils (BGH NJW 77, 44, 46). Derjenige, dessen beschränkt dingliches Recht sich nach § 949 3 auf die ganze Sache erstreckt, schuldet keinen Ausgleich (RGZ 63, 416, 423; Soergel/Henssler Rz 16). 4 II. Rechtsgrundlosigkeit des Erwerbs. Ein Anspruch aus §§ 951, 812 I 1 Alt 2 besteht, wenn der Erwerb rechtsgrundlos war. Die gesetzlichen Erwerbstatbestände selbst konstituieren keinen Rechtsgrund. Dieser kann aber in einem zwischen Verlierendem und Gewinnendem bestehenden Leistungsverhältnis zu finden sein. 5 1. Zweipersonenverhältnisse. Hat der Verlierende dem Gewinnenden die verlorene Sache nicht geleistet, so ist der Ausgleichsanspruch nach § 951 eine Kondiktion in sonstiger Weise nach § 812 I 1 Alt 2. Die Rechtsgrundlosigkeit dieses Erwerbs ergibt sich aus dessen Widerspruch zur gesetzlichen Eigentumsordnung, der eben nicht allein durch §§ 946 ff beseitigt wird. Beruht im Zweipersonenverhältnis der Rechtserwerb des neuen Eigentümers auf einer Leistung des Verlierenden, stellt also die Verbindungshandlung die Erfüllung einer schuldrechtlichen Verpflichtung dar, so ist der Erwerb des Gewinnenden mit Rechtsgrund iSv § 812 erfolgt, ein Ausgleichsanspruch nach § 951 entsteht nicht. Teilweise wird die Unanwendbarkeit des § 951 in diesem Fall auch damit begründet, dass die Vorschrift nur auf den Tatbestand der Eingriffskondiktion verweise. War das schuldrechtliche Geschäft unwirksam, findet nach dieser Ansicht eine Kondiktion (unmittelbar) nach § 812 I 1 Alt 1 statt (MüKo/Füller Rz 9). Zum Sonderfall der Errichtung eines Gebäudes in der Erwartung des späteren Erwerbs des Grundstücks BGHZ 44, 321; BGH NJW 01, 3118 (iE § 812 Rn 47 f). 6 2. Mehrpersonenverhältnisse. In Mehrpersonenverhältnissen muss es für die Zulässigkeit einer Direktkondiktion nach §§ 951, 812 I 1 2. Alt darauf ankommen, ob eine Leistungskette vom Veräußerer zum Erwerber reicht (BGHZ 56, 228). Ist dies zu bejahen, scheidet die Durchgriffskondiktion aus, s. § 812 Rn 82. Dies gilt auch dann, wenn die schuldrechtlichen Vertragsverhältnisse (alle) unwirksam sind (MüKo/Füller Rz 16 mwN). 7 Hat der Verlierende das Eigentum dagegen auf andere Weise als durch Leistung verloren, so unterliegt der gewinnende Eigentümer der Eingriffskondiktion, zB bei Einbau von gestohlenem Material. Die Rechtfertigung für die Eingriffskondiktion findet sich darin, dass der gewinnende Eigentümer ohne den Einbau des Materials dem Herausgabeanspruch des verlierenden Eigentümers ausgesetzt gewesen wäre, da ein gutgläubiger Erwerb wegen § 935 nicht möglich gewesen wäre (BGHZ 55, 176). Entsprechendes muss bei Bösgläubigkeit des Gewinnenden gelten (offengelassen von BGH NJW-RR 91, 343). Der Verlierende kann allerdings auch den Einbau durch den Dieb (analog § 185) genehmigen, da der Einbau verfügungsgleiche Wirkung hat, und dann gegen den Dieb aus § 816 I vorgehen. Die Genehmigung kann auch nach Untergang der Sache noch erteilt werden (BGHZ 55, 176, 178, 56, 131, 133). Richtigerweise sind diese Ergebnisse durch die Übertragung der Wertungen des rechtsgeschäftlichen Erwerbs (§ 935) auf den Ausgleichsanspruch nach § 951 zu gewinnen (MüKo/Füller Rz 15): Wo wegen § 935 eine Vindikation zulässig gewesen wäre, darf der Vindikationsersatzanspruch nicht am Dogma der Subsidiarität der Eingriffskondiktion scheitern. 8 C. Rechtsfolgen. I. Art und Umfang. Der Verlierende kann einen Ausgleich in Geld verlangen, der dem Vermögenszuwachs des Gewinnenden entspricht (BGHZ 10, 171, 180). Die Naturalrestitution würde der Funktion der §§ 946 ff widersprechen und ist daher gem I 2 ausgeschlossen. Die Höhe des zu ersetzenden Vermögenszuwachses bemisst sich nach dem Verkehrswert zum Zeitpunkt der Vollendung des Einbaus (RGZ 130, 310, 313; str aA Soergel/Henssler Rz 20 ff). Es wird also nicht der dem Entreicherten erwachsene Schaden ersetzt. Ein Arbeitsaufwand bei der Verbindung durch den Verlierenden begründet einen unmittelbaren Anspruch aus § 812 (BGH LM § 946, Nr 6). In dem Wertzuwachs ist beides enthalten, was nach der Rspr zu einem einheitlichen Kondiktionsanspruch führt (BGHZ 35, 356). Zur Verkehrswertermittlung bei Grundstücken im Fall von Bau auf fremden Boden gibt es keine bindende Methode (Ertragswert-, Sachwertverfahren oder Kombination) vgl BGHZ 35, 356. Hat der Gewinnende die Sache weiterveräußert, so beseitigt dies seine Ersatzpflicht gem § 818 II nicht. Der Erwerber der Sache haftet dagegen vorbehaltlich § 822 nicht (BGH WM 72, 389). 9 II. Nutzungen. Die Nutzungen verbleiben ab Rechtserwerb dem Gewinnenden ebenso wie eventuelle spätere Wertsteigerungen (BGH NJW 61, 452). Der Verlierende kann nicht die Nutzungen bis zur Zahlung der Ver1936 |

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§ 951

Entschädigung für Rechtsverlust

gütung beanspruchen (BGH LM Nr 13); § 818 I wird durch I ausgeschlossen. S. aber auch BGHZ 35, 356 = NJW 61, 2205. Ein Nutzungsersatz nach §§ 987 ff ist nicht durch § 951 ausgeschlossen. III. Wegfall der Bereicherung. Aus der Gesamtverweisung auf §§ 812 ff folgt die Anwendbarkeit von §§ 818 10 III, IV, 819, 822. Daher erlischt der Anspruch aus § 951 I gem § 818 III, wenn die Sache ersatzlos untergeht. Erwerbskosten kann der Gewinnende jedoch nicht vom Ersatzanspruch absetzen, da er sie auch einem Anspruch aus § 985 nicht hätte entgegenhalten können (BGHZ 55, 176, 179). IV. Aufgedrängte Bereicherung. Eine aufgedrängte Bereicherung liegt vor, wenn die objektive Wertsteige- 11 rung dem subjektiven Interesse des Bereicherten nicht entspricht. In diesem Fall kollidiert sein Selbstbestimmungsrecht mit dem Bereicherungsausgleich. Daher stellt sich das Problem nicht, wenn der Erwerber die Verbindung genehmigt, die Bereicherung nutzt oder die Verbesserungsmaßnahme objektiv zur Erhaltung erforderlich ist (MüKo/Füller Rz 34; Hambg NZM 02, 872, 873; Celle NZM 05, 379 für Verbesserungsmaßnahmen des Wohnungseigentümers). Umgekehrt kommt ein Anspruch aus § 951 wegen Rechtsmissbrauchs grds nicht in Frage, wenn die Verbindung gegen den bekannten Willen des Eigentümers und gerade mit dem Zweck vorgenommen wurde, einen Ausgleichsanspruch zu erwerben (Stuttg NJW-RR 97, 1553; Staud/Gursky Rz 46–49). IÜ ist str, wie in den Fällen einer aufgedrängten Bereicherung der Bereicherungsanspruch des Verlierenden 12 abgewehrt oder verkürzt werden kann (s. iE auch § 812 Rn 72). §§ 814, 815 sind insoweit auch nicht analog anwendbar. Einschränkungen des Bereicherungsanspruchs sollen erreicht werden durch a) gegenläufige Wegnahmerechte analog § 1001 2 (BGH NJW 87, 3001), die einredeweise geltend gemacht werden können, b) gegenläufige Beseitigungs- oder Schadensersatzansprüche nach § 1004 (BGH NJW 65, 816) und § 823 (Baur/ Stürner § 53 Rz 33), wobei freilich ein fertiges Gebäude nur schwerlich als fortdauernde Störung des Eigentums verstanden werden kann, oder c) eine Abwandlung des Bereicherungsumfangs iSd Beschränkung der Ersatzpflicht aus § 818 II auf den konkret gezogenen Nutzen (Palandt/Bassenge Rz 21 mwN). Diesbezüglich ist insb str, wann eine Pflicht zur Realisierung des Vermögensvorteils für den Bereicherten besteht. D. Weitergehende Rechte des Verlierenden (Abs 2). Weitergehende Rechte des Verlierenden sind durch I 13 nicht ausgeschlossen (aber zum Verwendungsersatz Rn 15 f), er kann sich nicht nur auf die in II genannten, sondern insb auch auf solche aus Geschäftsanmaßung (§ 687 II) berufen. Zu berücksichtigen ist aber, dass vertragliche Absprachen vorrangig sind und § 951 ausschließen (Rn 5). I. Schadensersatz. Soweit der Gewinnende sich durch die Verbindung zugleich schadensersatzpflichtig ge- 14 macht hat, kann der Verlierende gem § 249 I Naturalrestitution verlangen, wenn diese nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist, § 251. II. Verwendungsersatz. (Quasi-)Vertragliche Verwendungsersatzansprüche (zB § 536a II, 670) können ne- 15 ben dem Anspruch aus § 951 geltend gemacht werden. Die §§ 994 ff sind ggü § 951 abschließend (BGHZ 41, 157 = NJW 64, 1125), um den bösgläubigen Verwender 16 nicht zu bevorteilen. Allerdings soll dies auch für solche Verwendungen gelten, die nicht dem von der Rspr verwendeten engen Verwendungsbegriff unterfallen, nach dem Aufwendungen für grundlegende Veränderungen (Bau auf fremdem Boden) keine Verwendungen iSv § 994 sind. Dies benachteiligt den gutgläubigen unrechtmäßigen Besitzer, da er auf sein Wegnahmerecht nach § 997 verwiesen ist. Die Rspr hilft ggf mit § 242, wenn die Ausübung des Wegnahmerechts unmöglich ist (BGH aaO). III. Wegnahmerechte. 1. Sonstige Wegnahmerechte. Wegnahmerechte iSv § 258 etwa des Mieters oder 17 Pächters, der die Sache mit einer Einrichtung versehen hat (§§ 539 II, 581 II), bleiben durch den Eigentumserwerb des Eigentümers nach §§ 946 ff unberührt. Sie vermitteln in diesen Fällen zugleich ein dingliches Aneignungsrecht (BGHZ 81, 146, 150). Erst wenn die Wegnahme tatsächlich vollzogen wird, erlischt der Vergütungsanspruch aus I (BGH NJW 54, 265). 2. Eigenständiges Wegnahmerecht aus Abs 2 S 2. Nach II 2 kann der sein Recht nach §§ 946, 947 Verlieren- 18 de statt des Vergütungsanspruchs auch ein Wegnahmerecht nach § 997 geltend machen, dieses Recht steht nach hL auch dem Nichtbesitzer zu (Soergel/Henssler Rz 29; Palandt/Bassenge Rz 24). Die gegenteilige Ansicht des BGH (BGHZ 40, 272, 280) ist systematisch nicht überzeugend. Dem Gewinnenden steht die Abwendung der Wegnahme nach § 997 II offen. Auf das Wegnahmerecht aus II 2 ist ebenfalls § 258 anzuwenden, der Wegnehmende hat also auf seine Kosten die Sache in den vorigen Stand zu versetzen. Der Anspruch ist obligatorischer Natur und vermittelt in der Insolvenz nach hM daher – anders als das Wegnahme- und Aneignungsrecht des Mieters (BGHZ 81, 146, 150) – kein Aussonderungsrecht (Palandt/Bassenge Rz 24; BaRoth/ Kindl Rz 28; aA Wieling JZ 85, 511, 516).

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Prütting

| 1937