NR. 41/2015, 16. OKTOBER 2015

DEUTSCHE AUSGABE

Fédération Internationale de Football Association – Seit 1904

U17-WELTMEISTERSCHAFT CHILE 2015

TANZ DER DEBÜTANTEN BRASILIEN DAS GROSSE ERBE DES ARTHUR FRIEDENREICH PANAMA DAU JAGT DEN EIGENEN REKORD MADAGASKAR EIN NATIONALTEAM IM AUFWIND

W W W.FIFA.COM/ THEWEEKLY

D I E WO C H E I M W E LT F U S S B A L L

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Nord- und Mittelamerika 35 Mitglieder www.concacaf.com

U17-WM in Chile Götze und Neymar waren schon bei der U17-WM dabei — gewinnen konnten sie den Titel allerdings nicht. In Chile versammeln sich nun wieder die grössten Nachwuchstalente und präsentieren sich zum ersten Mal auf der imposanten Fussballbühne. Sven Goldmann über die Stärke der afrikanischen Mannschaften und die Ambitionen des Gastgebers.

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Panama Club Deportivo Árabe Unido führt die Liga mit viel Selbstvertrauen an und steht vor dem Abschluss einer Rekordsaison.

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 N euseeland Das neuseeländische U20-Team der Frauen qualifizierte sich souverän für die WM 2016 in Papua-Neuguinea.

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Marco Amelia “Eine SMS brachte mich zu Chelsea”, sagt der Weltmeister von 2006, der schwere Zeiten durchlebte, bevor er in England sein Glück fand.

Südamerika 10 Mitglieder www.conmebol.com

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Xherdan Shaqiri Der Mittelfeldspieler über seine Ziele mit Stoke City und der Schweizer Nationalmannschaft.

17 Tanz der Debütanten Unser Titelbild zeigt den zweiten Sohn der Fussballlegende Zinédine Zidane, Luca Zidane, im Trikot der französischen U17-Auswahl.

Costa Rica Die Titelaspiranten Alajuelense und Herediano stehen an der Tabellenspitze. (Im Bild: Edder Nelson, Herediano).

Dimitar Dilkoff (AFP)

The-FIFA-Weekly-App The FIFA Weekly, das Magazin der FIFA, erscheint jeden Freitag in vier Sprachen und ist auch auf Smartphone und Tablet kostenlos verfügbar. http://de.fifa.com/mobile 2

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FIFA U17-Weltmeisterschaft

FIFA Klub-Weltmeisterschaft

17. Oktober – 8. November 2015, Chile

10. – 20. Dezember 2015, Japan

D I E WO C H E I M W E LT F U S S B A L L

Europa 54 Mitglieder www.uefa.com

Afrika 54 Mitglieder www.cafonline.com

Asien 46 Mitglieder www.the-afc.com

Ozeanien 11 Mitglieder www.oceaniafootball.com

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Madagaskar Lalaina Nomenjanaharys Weg zum Profispieler in Frankreich.

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imago (2), Ezequiel Becerra / Afp, fotogloria

Arthur Friedenreich Ein Torrekord gegen das Vergessen.

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UNCOVERED

Träumen vom Fussball I

m Trikot der Nationalmannschaft, das Wappen seines Landes über dem Herzen, die Hymne im Ohr ... die Fussballweltmeisterschaft ist für jeden Spieler ein ganz besonderes Highlight. Die Kameras halten drauf, und die Welt wartet auf die Entdeckung des neuen Superstars: Am 17. Oktober beginnt in Santiago de Chile die U17-Weltmeisterschaft. Efraín Juárez, der 2005 in Peru U17-Weltmeister wurde, sagt: “Ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre. Wir waren Träumer. Es klingt seltsam, aber wir malten uns wirklich jeden Tag aus, wie wir den Pokal in die Höhe stemmen würden. Und dieser gemeinsame Traum trug dazu bei, dass wir zu einer Familie zusammenwuchsen.” Einen gemeinsamen Traum haben auch die Spieler jener 24 Teams, die in Chile dabei sind. Der Traum vom Titel, der Traum von der grossen Karriere – sie träumen vom Fussball. Å

Mario Wagner / 2Agenten

Sarah Steiner

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Wer kommt an den afrikanischen Teams vorbei? Kurz vor Beginn der U17-WM in Chile erklärt unser Autor Sven Goldmann die Ausgangslage unter den Youngsters.

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Richard Heathcote / FIFA via Getty Images

ZUM ERSTEN MAL AUF DER WELTBÜHNE

P.Sanhueza / Archivolatino / laif

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Hohe Ziele Die Nachwuchstalente der U17-Teams wollen an der Weltmeisterschaft in Chile (Santiago de Chile, r.) über sich hinauswachsen. Bild links: Vor dem Finale 2013, Nigeria - Mexiko (3:0).

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ie erste Weltmeisterschaft vergisst man nie. So geht es auch Mario Götze, dem kreativen Kopf des deutschen Nationalteams. Er hat in seinem ­letzten Spiel dieses ersten WM-Turniers standesgemäss ein Tor erzielt – es war ein überaus spektakuläres gegen einen starken Gegner, und am Ende folgte eine … riesengrosse Enttäuschung. Götzes WM-Premiere fand nämlich keineswegs 2014 in Brasilien statt, als er das Finale ­gegen Argentinien mit einem kunstvollem Schuss zum 1:0-Siegtreffer entschied. Zu diesem Zeitpunkt lag das erste Vorspielen auf der grossen Bühne schon knapp fünf Jahre zurück. Bei der U17-WM 2009 in Nigeria war Mario Götze der grosse Hoffnungsträger der Deutschen. Er schoss auch ein Tor im ersten Playoff-Spiel g ­ egen die Schweiz, aber das war zu wenig. Deutschland verlor 3:4, und das Turnier war für den Europameister schon im Achtelfinale vorbei. Die Schweizer holten später den Titel. 8

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In diesen Tagen trifft sich der Nachwuchs neuerlich zur Weltmesse in Chile. Die 16. Auflage der FIFA U17-Weltmeisterschaft beginnt am 17. Oktober in der Hauptstadt Santiago und endet drei Wochen später mit dem Finale im Seebad Viña del Mar. Für Chile ist es nach der Copa América im Juni/Juli das zweite Grossereignis des Jahres. 24 Mannschaften haben sich qualifiziert. Brasilien reist als Südamerika-Meister an und zählt ebenso zu den Favoriten wie Europameister Frankreich, der den prominentesten Namen aufbietet: Luca Zidane, Sohn des Weltstars Zinédine Zidane. Luca allerdings ist auf einer ganz anderen Position zu Hause als der geniale Spielgestalter. Zidane junior hütet das Tor, und zwar so gut, dass er jüngst im Mai dieses Jahres bei der EM in Bulgarien zu den grossen Helden zählte. Beim Elfmeterschiessen im Halbfinale gegen Belgien parierte er gleich drei Schüsse und ebnete seiner Mannschaft den Weg ins Finale, das 4:1 gegen Deutschland gewonnen wurde.

Richard Heathcote / FIFA via Getty Images

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Auch die Deutschen zählen in Chile zu den Anwärtern auf den U17-Titel, den sie noch nie gewonnen haben. “Wir reisen nicht als Touristen nach Chile”, sagt Trainer Christian Wück. “Wir wollen zeigen, dass wir uns auf diesem ­Niveau durchsetzen können, und wir wollen so weit kommen wie möglich. Das heisst bis ins Finale oder auch mehr.” Und die Schweiz? Der Sensations-Weltmeister von 2009 scheiterte im vergangenen Jahr bei der Qualifikation für die U17-Europameisterschaft an Belgien, Aserbaidschan und Bosnien-Herzegowina. Bei diesem Turnier wurden die sechs Startplätze der UEFA für die WM vergeben. So bleibt für die Schweiz der Triumph im Finale gegen den damaligen WM-Gastgeber und Titelverteidiger Nigeria der grösste ­Erfolg. Afrika ist eine Macht Dieser Blick zurück sagt einiges über den Charakter des Turniers, das seit 1985 alle zwei Jahre die jüngsten Nationalmannschaften im weltweiten Vergleich zusammenführt. Die

Joern Pollex / FIFA via Getty Images, Jamie McDonald / FIFA via Getty Images

Brasilien reist als Südamerika-Meister an und zählt ebenso zu den Favoriten wie Europameister Frankreich.

Momente für die Ewigkeit Oben links: Kelechi Iheanacho gewann 2013 mit Nigeria die U17-WM und wurde mit dem Goldenen Ball ausgezeichnet. Oben rechts: Für Deutschland kämpfte Mario Götze (l.) 2009 zum ersten Mal in seiner Karriere gegen Ogenyi Onazi auf der Weltbühne. Unten rechts: In Nigeria konnte das Schweizer Team im selben Jahr den Titel gewinnen.

FIFA U17Wel t meis t er schaf t Austragungsort: Chile Zeitraum: 17.10.–8.11.2015 Teilnehmer: 24 Teams (4 AFC, 4 CAF, 4 CONCACAF, 4 CONMEBOL und Chile, 1 OFC, 6 UEFA) Bisherige Sieger: Nigeria (1985, 1993, 2007, 2013), Brasilien (1997, 1999, 2003), Ghana (1991, 1995), Mexiko (2005, 2011), Frankreich (2001), Saudi-Arabien (1989), Schweiz (2009), Sowjetunion (1987)

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Dinge sind ständig in Bewegung, kein Etablierter darf sich seiner Sache zu sicher sein. Die für ihre grandiose Nachwuchsarbeit bekannten Uruguayer und Argentinier etwa haben den Titel noch nie gewonnen, und auch die Namen der derzeit besten Spieler der Welt finden sich nicht in den Siegerlisten. Zum Beispiel Lionel Messi. Für ihn interessierte sich in der Heimat niemand, als Argentinien 2003 zur WM reiste. Dafür gehörten damals Messis jetzige Nationalmannschaftskollegen Ezequiel Garay, Lucas Biglia und Fernando Gago zu der Albiceleste, die in Finnland Platz 3 erreichte. Cristiano Ronaldos portugiesischer U17-Jahrgang zählte 2001 nicht zu den drei europäischen Teilnehmern bei der WM in Trinidad und Tobago. Und Neymar da Silva Santos Júnior? Debütierte 2009 wie Mario Götze vor der Welt­öffentlichkeit. Aber in der brasilianischen Nationalmannschaft spielte er nur eine bescheidene Rolle hinter Philippe Coutinho und Wellington. Neymar trug einen Irokesenschnitt zur Schau und schoss in drei Spielen ein einziges Tor, es war ein unspektakulärer

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Abstauber beim 3:2 gegen Japan. Die beiden anderen Vorrundenspiele gegen Mexiko und den späteren Weltmeister Schweiz gingen verloren, und Brasilien reiste vorzeitig heim. Offensichtlich taugt die U17-WM nicht immer so ganz zum Schaulaufen für grosse Stars oder solche, die es einmal werden wollen. Im Vordergrund steht der Mannschafts­ gedanke. Hier ist noch Platz für Aussenseiter-Siege, wie sie später bei den Profis kaum mehr möglich sind. Zum Kreis der U17-Weltmeister gehören neben der Schweiz weitere Mannschaften, die auf höchster Profi-Ebene noch nie etwas gewonnen haben: die Sowjetunion, Saudi-­ Arabien, Ghana oder Mexiko. Und natürlich Nigeria, das sich nach dem Final-K.-o. von 2009 den Titel zwei Jahre später in den Vereinigten Arabischen Emiraten zurückholte. Mit vier Siegen bei 15 U17-WM-Turnieren sind die Nigerianer Rekord-Weltmeister. Auch Ghana stand zweimal ganz oben auf dem Treppchen. Afrika! Bei U17-Weltmeisterschaften ­genügt das ewige Versprechen des Weltfussballs scheinbar

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Teamgeist Links: Das nigerianische Team feierte 2013 in Abu Dhabi seinen vierten Titel der Turniergeschichte. Oben rechts: Die südafrikanische Mannschaft konnte sich in diesem Jahr zum ersten Mal für das Turnier qualifizieren. Unten rechts: Neymar (l.) konnte sich 2009 weder gegen Takuya Okamoto durchsetzen, noch spielte er im brasilianischen Team eine Hauptrolle.

Richard Heathcote / FIFA via Getty Images, Ryan Wilkisky / Backpagepix, Jamie McDonald / FIFA via Getty Images

Hier ist noch Platz für AussenseiterSiege, wie sie später bei den Profis kaum mehr möglich sind.

mühelos dem Anspruch, eine führende Rolle einzunehmen. Kein anderer Kontinent war bisher auch nur annähernd so erfolgreich. Der Aufstieg von Kelechi Iheanacho In Chile sind die Afrikaner mit vier Mannschaften vertreten. Die Golden Eaglets, die goldenen Jung-Adler aus Nigeria, sind dabei nicht mal am höchsten einzuschätzen. Bei der jüngsten Afrika-Meisterschaft im Februar und März in Niger reichte es nur für Platz 4 hinter Guinea, Südafrika und dem neuen Champion Mali. Für die erfolgsverwöhnten Nigerianer gilt eben dasselbe wie für die Konkurrenz. Nicht jeder Jahrgang hält automatisch das Niveau seiner Vorgänger. Nigerias Trainer Emmanuel Amuneke bleibt die Hoffnung ­darauf, einer seiner Spieler möge ähnlich furios aufspielen wie Kelechi Iheanacho vor zwei Jahren beim WM-Triumph in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der Stürmer erzielte damals in sieben Spielen sechs Tore und bekam obendrauf den Goldenen Schuh als bester Spieler des gesamten Turniers. Iheanacho T H E F I FA W E E K LY

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WIE DER VATER, SO DER SOHN Das französische Nationalteam zählt in Chile zu den grossen Favoriten. Mit dabei der zweitälteste Sohn von Weltstar Zinédine Zidane: Luca Zidane. Wie sein Vater will auch er Weltmeister werden – nicht als Spielmacher, sondern als Torwart.

Luca Zidane: Mir geht es sehr gut. Ich bin unglaublich glücklich, in Chile zu sein. Und natürlich auch sehr stolz, mein Land bei diesem Turner vertreten zu dürfen. Die Weltmeisterschaft ist für einen Fussballer der wichtigste Wettbewerb überhaupt. Wir sind eine sehr solidarische Truppe, haben eine lange Reise hinter uns und freuen uns sehr auf die Zeit, die vor uns liegt.

Frankreich ist in einer Gruppe mit Neuseeland, Paraguay und Syrien. Wie schätzen Sie Ihre Gegner ein? Wir kennen sie noch nicht, haben die Mannschaften noch nicht gesehen. Aber es sind grosse Namen. Jedes Team kann uns gefährlich werden und uns vor Probleme stellen. Wir müssen und werden auch alle sehr ernst nehmen.

Wenn ich den Namen Zidane höre, denke ich zuerst an meinen Grossvater. Er ist für unsere Familie eine sehr wichtige Person. Und ja, natürlich: Ich bin der Sohn von Zinédine. Ich bin sehr stolz auf das, was mein Vater erreicht hat. Und ich bin sehr glücklich, diesen Namen zu tragen. Trotzdem mag ich es nicht, mit ihm verglichen zu werden.

Ist das der Grund, weshalb sie Torhüter geworden sind? Als Torhüter werde ich an meinen Leistungen gemessen. Da kann man keine Vergleiche zu meinem Vater ziehen. Von daher: Ja, es ist sicher einer der Gründe.

Sie sind ein Torhüter, der sehr aktiv am Spiel teilnimmt. Wie hat sich diese Spielweise entwickelt?

Sie treten in Chile als aktueller Europameister an. Spüren Sie den Erwartungsdruck?

Wir sind eine sehr ambitionierte Mannschaft mit vielen Qualitäten. Wir werden so weit gehen, wie nur irgendwie möglich. Jetzt aber schon ans Finale zu denken, wäre nicht gut. Wir nehmen Spiel für Spiel, gehen mit Demut an die Sache heran und werden alles geben – uns verausgaben. Aber ja, natürlich, träumen wir vom Titel.

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Ich nehme die Situation, wie sie kommt. Ich trainiere hart, in allen Belangen. Aber nicht speziell fürs Elfmeterschiessen. Elfmeter sind eine Sache der Intuition. Ich glaube, ich habe diese, seit ich klein bin. Es ist eine spezielle Situation. Dieses eins gegen eins mit deinem Gegner. Die Intuition zählt. Sie ist alles.

Das wird in der Situation entschieden. Am Schluss bestimmen der Trainer und der Spieler gemeinsam. Man muss aber auch immer schauen, wie das Spiel war und ob die Situation verlangt, dass ein anderer die Verantwortung übernimmt. Aber wenn ich einen Elfmeter schiessen soll, dann schiesse ich einen Elfmeter. Ich bin bereit. Å

Wie weit kann es Ihr Team schaffen?

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Grosse Turniere werden oft im Elfmeterschiessen entschieden. Wie bereiten Sie sich darauf vor?

An der EM haben sie im Halbfinale drei Elfer gehalten und so Ihrem Team den Einzug ins Finale ermöglicht. Sie haben sich aber auch selbst als Elfmeterschütze versucht und sind gescheitert. Werden Sie sich auch in Chile als Schütze versuchen?

Nein. Wir sind uns bewusst – und das hat uns auch der Trainerstab immer wieder gesagt –, dass hier alles bei null anfängt. Wir reisen zwar als Europameister an, und darüber sind wir auch sehr glücklich, aber bei diesem Turnier müssen wir wieder ganz von vorne beginnen.

Fussball ist in Ihren Genen. Wie sehr hat ihr Vater Sie geprägt? Und wie sehr hat der Name Zidane sie vielleicht auch gebremst?

Ich liebe es, Fussball zu spielen. Das war schon immer so. Ich möchte Teil des Spiels sein, habe Lust, aktiv mitzuwirken. Ich will der elfte Spieler im Team sein. Die zukünftigen Torhüter werden viel mehr am Geschehen teilhaben, davon bin ich überzeugt. Und sie werden sehr gut am Ball sein müssen. Ich glaube, der Torhüter wird in einigen Jahren eine noch spielentscheidendere Rolle inne haben als heute.

Mit Luca Zidane sprach Sarah Steiner

Nummer 1 Im Mai bejubelte Zidane den EM-Titel.

imago / Aleksandar Djorovic

Ihr erstes Spiel an einer Weltmeisterschaft steht kurz bevor. Wie geht es Ihnen?

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“Wir werden auch dieses Mal hart und geduldig arbeiten, mehr liegt nicht in unserer Macht.” Emmanuel Amuneke, Trainer von Nigeria

LatinContent / Getty Images, Jonathan Mancilla / MEXSPORT / AFP

nutzte die ihm gewidmete Aufmerksamkeit eindrucksvoll für den nächsten Schritt. Im vergangenen Sommer wechselte er aus der Heimat in die Nachwuchsabteilung von Manchester City, zählt dort seit dieser Saison zum Profikader und hat auch schon sein erstes Tor in der Premier League erzielt. Emmanuel Amuneke mag in der ihm eigenen Demut nicht von einer erfolgreichen Titelverteidigung sprechen. “Gott hat uns geholfen, das Turnier von 2013 zu gewinnen”, sagt der einstige Profi des FC Barcelona. “Wir werden auch dieses Mal hart und geduldig arbeiten, mehr liegt nicht in unserer Macht”, und im Vordergrund stehe ohnehin die langfristige Aufbauarbeit für seinen ehemaligen Team­ kollegen, den neuen Nationaltrainer Sunday Oliseh. In Chile bekommt es Nigeria in der Vorrundengruppe A mit Kroatien, den USA und dem WM-Gastgeber zu tun. Die Chilenen nennen ihre U17 La Rojita, die kleine Rote, in zärt­ licher Abgrenzung zu La Roja, der rotgewandeten A-National­ mannschaft, die im Juli bei der Copa América den grössten Erfolg in ihrer Geschichte feierte. Wie schwer sich der Nach­ wuchs im Vergleich zu Weltstars wie Claudio Bravo, Arturo Vidal oder Alexis Sanchez tut, das war zuletzt vor einem hal­ ben Jahr beim Campeonato Sudamericano in Paraguay zu sehen. Die Vorrundenspiele gegen Argentinien, Uruguay, ­Bolivien und Ecuador gingen sämtlich verloren – bei der WM darf La Rojita nur dank der für den Gastgeber reservierten Wildcard mitspielen. Die chilenischen Zeitungen werteten den Ausflug nach Paraguay übereinstimmend als Desaster. Trainer Alfredo Grelak musste seine Mission beenden. Mit dem Copa-América-Triumph im Nacken Chiles jüngste Nationalmannschaft war insgesamt gerade zweimal und das letzte Mal 1997 bei einer Weltmeisterschaft dabei – der bis jetzt grösste Erfolg war ein dritter Platz 1993 in Japan. Das macht nicht unbedingt Mut für die WM-Tage ­zwischen Coquimbo im Kleinen Norden und Puerto Montt in der Región de los Lagos. Aber die Statistik haben die Chilenen ja schon vor einem Vierteljahr besiegt. Der Triumph der Seño­ res Bravo, Vidal und Sanchez im Finale der Copa América gegen Lionel Messi und Co. war der erste überhaupt nach 99 Jahren Anlaufzeit. In diesem Sinne soll es nun bei der U17-WM weiter­ gehen, sie steht unter dem offiziellen Motto: “Una fiesta en nuestra cancha” – “Ein Fest auf unserem Fussballplatz”. Unter dem neuen Nationaltrainer Miguel Ponce gab es auf einer Testspielreise nach Europa und Afrika vier Siege und ein Unentschieden. Ponce kündigt vor dem ersten Vor­ rundenspiel gegen Kroatien selbstbewusst an: “Die Mann­ schaft wird ein Hauptdarsteller!” Å

Grosse Erwartungen Nachdem das chilenische A-Team mit Gonzalo Jara, Gary Medel und Eduardo Vargas (v.l.) die Copa gewonnen hat, soll nun der Nachwuchs brillieren. Am besten im Finale in Viña del Mar.

FIFA U17-WELTMEISTERSCHAFT CHILE  Gruppenspiele vom 17. bis 25. Oktober 2015 Gruppe A 17.10. Nigeria 17.10. Chile 20.10. USA 20.10. Chile 23.10. USA 23.10. Kroatien

Gruppe B - USA - Kroatien - Kroatien - Nigeria - Chile - Nigeria

Gruppe D 18.10. Belgien 18.10. Honduras 21.10. Belgien 21.10. Ecuador 24.10. Mali 24.10. Ecuador

17.10. England 17.10. Brasilien 20.10. England 20.10. Korea Republik 23.10. Guinea 23.10. Korea Republik

Gruppe C - Guinea - Korea Republik - Brasilien - Guinea - Brasilien - England

Gruppe E - Mali - Ecuador - Honduras - Mali - Honduras - Belgien

19.10. Südafrika 19.10. Korea DVR 22.10. Südafrika 22.10. Russland 25.10. Russland 25.10. Costa Rica

18.10. Australien 18.10. Mexiko 21.10. Australien 21.10. Argentinien 24.10. Argentinien 24.10. Deutschland

- Deutschland - Argentinien - Mexiko - Deutschland - Australien - Mexiko

Gruppe F - - - - - -

Costa Rica Russland Korea DVR Costa Rica Südafrika Korea DVR

19.10. Neuseeland 19.10. Syrien 22.10. Neuseeland 22.10. Paraguay 25.10. Frankreich 25.10. Paraguay

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Frankreich Paraguay Syrien Frankreich Syrien Neuseeland

Ausführliche Angaben zum gesamten Spielplan finden Sie unter http://de.fifa.com/u17worldcup T H E F I FA W E E K LY

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© 2015 adidas AG. adidas, the 3-Bars logo and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group.

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BLICK IN DIE LIGEN

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Panama: Liga Panameña de Fútbol

DAU w i l l e i ge n e n Re k o r d k n a c k e n Sven Goldmann ist Fussballexperte beim “Tagesspiegel” in Berlin.

Es ist ein wenig einsam geworden um den Club Deportivo Árabe Unido, den sie in Panama alle nur DAU nennen. Na und? In dem Städtchen Colón am karibischen Ende des Panamakanals können sie mit dieser Einsamkeit ganz gut leben. In Zahlen liest sich das so: Nach 14 von 18 Spieltagen in der Liga Panameña de Fútbol (LPF) thront DAU, die Mannschaft in den charakteristischen blauen Uniformen, mit 33 Punkten unangefochten auf Platz eins. Es folgt mit zehn Punkten Abstand der ärgste, nun ja, Verfolger, Chorrillo Fútbol Club aus der Kapitale Panama Stadt. Ein ernsthafter Rivale für den Tabellenführer ist vier Wochen vor dem Beginn der ­Play-offs der vier besten Mannschaften weit und breit nicht in Sicht.

LPF

Mit einem 1:0-Sieg gegen Sporting Miguelito beseitigte der Leader am 14. Spieltag auch

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rechnerisch alle Zweifel am Einzug in das Halbfinale. Panamas U23-Nationalspieler Édgar Yoel Bárcenas erzielte Mitte der ersten Halbzeit das alles entscheidende Tor. Nach einem schönen Dribbling vorbei an zwei Gegenspielern schoss der Mittelfeldspieler scharf und flach mit dem linken Fuss ins rechte Eck. Es war ein durchaus spektakuläres Tor, dem noch das eine oder andere hätte folgen können, so deutlich war DAU überlegen. Der Jubel daheim im Estadio Armando Dely Valdés hielt sich in Grenzen, was aber keineswegs an der Leistung des Spitzen­ reiters lag und erst recht nicht an der mangelnden Begeisterungsfähigkeit des Publikums, im Gegenteil: Die Hinchas aus Colón hatten die Auftritte ihrer Mannschaft in der jüngsten Vergangenheit ein wenig zu ausgelassen gefeiert und dabei auch bengalische Feuer abgebrannt. Weil das schon zum wiederholten Male vorgekommen war, musste der Klub zum Heimspiel gegen Sporting Miguelito unter Ausschluss der Öffentlichkeit antreten.

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Apertura fort, was sie vor einem halben Jahr im Torneo Clausura zu einem ­t riumphalen Ende gebracht hat. Damals gab es im Finale im Torneo Apertura ein ­k nappes 2:1 gegen den Club Atlético ­I ndependiente de La Chorrera. Die Apertura hatte DAU nur als Tabellenzweiter hinter Miguelito abgeschlossen. Diesmal ist die Mannschaft aus Colón schon vorher das Mass aller Dinge. Vieles deutet auf eine Rekordsaison hin. Die bisherige Bestmarke steht bei 38 Punkten, DAU hat sie selbst vor sechs Jahren aufgestellt. 2013 zog der Rekordmeister Tauro Fútbol Club gleich. Der Spielplan will es so, dass DAU die neuerliche Bestmarke ausgerechnet im Duell mit dem alten Rivalen Tauro auf­ stellen könnte. Am 26. Oktober kommt es in Colón zum Aufeinandertreffen der beiden Schwergewichte des panamaischen Fussballs. Tauro hat die LPF bislang zwölfmal gewonnen, DAU folgt mit elf Titeln – dazu kommen noch zwei Meisterschaften in der früher konkurrierenden Liga Nacional de Fútbol No Aficionado. Å

Die Mannschaft des kolumbianischen Trainers Sergio Guzmán kam dann auch ohne die Unterstützung von den Tribünen bestens zurecht und setzte im Torneo

Konzentriert am Ball DAU-Verteidiger Daniel Ortíz.

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Königlicher Besuch Pelé feiert gemeinsam mit Liga-Gründerin Nita Ambani, dem ehe­maligen Cricketspieler Sourav Ganguly und Minister Bobby Hakim den Sieg von Atlético de Kolkata.

Brasi l ia n isches Ind ien Sarah Steiner ist Redakteurin bei The FIFA Weekly.

Die indische Super League geht in ihre zweite Ausgabe. 2013 gegründet, um den heimischen Fussball attraktiver zu machen, nahm sie ein Jahr später ihren Spielbetrieb auf. Neben der I-League, die zur Qualifikation an der AFC Champions League berechtigt, ist sie der höchste Wettbewerb des Landes. Als ihr Vorbild gilt die Indian Premier League (IPL), die grösste Cricket-Liga der Welt. Und genau wie die IPL ist auch sie ein Franchise-Modell. Die acht Teams sollen nicht nur die jeweilige Stadt, sondern gleich die ganze Region vertreten. Die Zusammensetzung der Mannschaft wird von der Liga vorgeschrieben. Jedes Team muss einen sogenannten Marquee-Spieler in seinen Reihen haben. Ein Spieler also, der eine internationale Vergangenheit hat – ein Superstar. Zudem müssen sieben weitere ausländische Fussballer im Kader stehen. 16

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So haben sich dann auch die Delhi Dynamos diesen Sommer auf dem Transfermarkt umgeschaut und sind fündig geworden. Grosse Namen wurden in die Millionenmetropole geholt. Florent Malouda zum Beispiel. Der Franzose, der vor drei Jahren noch mit dem FC Chelsea den FA Cup und die UEFA-­ Champions-League gewann, soll nun für die Dynamos Tore schiessen. Oder John Arne Riise. Der norwegische Rekordnationalspieler, der schon bei Monaco, Liverpool, Roma, Fulham und Apoel unter Vertrag stand, dürfte mit seiner Erfahrung seinen neuen Team­ kollegen eine Menge beibringen können. Der grösste Namen aber ist sicher Roberto Carlos. Der brasilianische Weltmeister konnte als Spielertrainer gewonnen werden. Im ersten Spiel wechselte Carlos sich dann auch gleich selbst ein. Doch auch er konnte gegen die 2:0-Niederlage gegen den FC Goa nichts mehr tun. “Wir haben verloren, weil wir zu viele Fehler gemacht haben”, sagte er nach dem Spiel. Der Coach weiss, dass sich sein Team nicht viele solche Aussetzer ­erlauben kann. “Es ist eine sehr kurze Meisterschaft, da sind individuelle Fehler nicht erlaubt.” Tatsächlich dauert die Meisterschaft nur gerade bis Dezember. Am 6. Dezember werden die letzten Partien gespielt, es folgen die Playoffs, in denen die vier besten Mann-

schaften unter sich ausmachen, wer im Finale am 20. Dezember um den Meistertitel spielt. Ein gebrochener Finger hinderte Carlos im zweiten Spiel gegen Chennaiyin daran, ­aufzulaufen. Nichtsdestotrotz gewann sein Team 1:0. Und auch bei der Partie gegen den Tabellenführer FC Pune spielte er nicht – und wieder gewannen die Delhi Dynamos (2:1). In Kalkutta sorgte ein anderer Brasilianer für Aufregung. 38 Jahre nachdem er hier seine fussballerischen Künste in einem Freundschaftsspiel der New York Cosmos gegen Mohun Bagan unter Beweis gestellt hatte, kam Pélé Anfang Oktober wieder nach Indien. Als Ehrengast verfolgte er das Spiel von Atlético de Kolkata gegen die Kerala Blasters (2:1). Kolkata, dessen Miteigentümer der spanische Verein Atlético Madrid ist, ist Titelverteidiger. Pelé war begeistert. “Es ist eine Ehre für mich, diese Reise machen zu dürfen”, sagte der Superstar. “Indien ist ein sehr spezielles Land, und ich habe gute Erinnerungen an die Zeit, die ich hier vor vielen Jahren verbracht habe. Die Fans waren fantastisch. Indien ist eine leidenschaftliche Fussballnation, und ich freue mich sehr, die neue Generation von fussball­ begeisterten Menschen anzutreffen.” Å

Saikat Das / ISL

Indien: Super League

Costa Rica: Primera División

A lajuelense u nd He r e d i a n o vo r n Annette Braun ist Redakteurin bei The FIFA Weekly.

Wenn es um die Vergabe des nationalen Titels in Costa Rica geht, dann führt kein Weg an Alajuelense, Herediano und Saprissa vorbei. Die drei Teams dominierten in den vergangenen Jahren die Spielzeiten, die stets aus zwei Meisterschaften (Invierno und Verano) bestehen. Seit 2010 konnte Alajuelense fünf Halbserien für sich entscheiden, Herediano und Saprissa waren jeweils dreimal erfolgreich.

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Auch in der Invierno dieser Saison geht an der Tabellenspitze alles seinen gewohnten Gang. Die Liga führen Alajuelense und Herediano an, nur Saprissa befindet sich im Mittelfeld – und hat sich im September von Trainer Jeaustin Campos getrennt. Das Amt übernahm Douglas Sequeira. So schwarz sieht es für die Mannschaft aus Tibás aber

gar nicht aus. Sie könnte in der Tabelle noch einige Plätze nach oben klettern, denn sie hat zwei Spiele weniger absolviert als der Grossteil der Konkurrenten. Ein Trainerwechsel stand im Sommer auch in Alajuelense an. Das grosse Idol des costa­-ricanischen Fussballs, Oscar Ramírez, der sowohl bei Alajuelense als auch bei Saprissa als Spieler aktiv war und 1990 mit den Ticos an der Weltmeisterschaft in Italien teilnahm, verliess den Verein. Die Nationalmannschaft rief, nachdem deren Coach Paulo Wanchope zurückgetreten war. Er hatte sich bei einem olympischen Qualifikationsspiel in Panama mit einem Fan angelegt. “Ich bin mir der Verantwortung bewusst, die mit diesem Amt einhergeht”, sagte der 50-jährige Ramírez. Er kehrte Alajuelense nach fünf Jahren den Rücken und möchte die Nationalelf Costa Ricas wieder in die Form der WM 2014 bringen, als das Team im Viertelfinale gegen Holland erst im Elfmeterschiessen ausschied. Die Mannschaft aus Alajuela steht also ohne den beliebten Trainer am Seitenrand,

dafür aber nach 13 Runden mit 27 Punkten auf Platz eins der Tabelle da. Am 12. Spieltag verlor das Team unter dem neuen Trainer Hernán Torres Oliveros zwar gegen Uruguay 0:2, aber auch der direkte Konkurrent ­Herediano liess bei der 0:1-Niederlage gegen Carmelita Punkte liegen. Während das Spiel von Alajuelense am 13. Spieltag der Invierno verschoben wurde, konnte sich Herediano 3:1 gegen Uruguay durchsetzen und bleibt dem Spitzenreiter mit ebenfalls 27 Punkten, aber nun einem Spiel mehr, dicht auf den Fersen. Alle Tore fielen in der ersten halben Stunde. José Luis Cordero (16.) und Keyner Brown (19.) brachten Herediano in Führung, bevor Alejandro Alpízar (23.) der Anschluss gelang. In der 29. Minute sorgte Jonathan Hansen für den Endstand. Im Dezember fällt die Entscheidung, welche vier Teams ins Halbfinale der Spielzeit vorrücken, um dort den Sieg der Invierno auszuspielen. Es wäre wohl mit Blick auf diese Saison und die Historie keine Überraschung, wenn sich unter den Qualifizierten die Namen Alajuelense, Herediano und Saprissa befinden würden. Å

Führungstreffer José Luis Cordero erzielte gegen Uruguay in der 16. Minute das 1:0 für Herediano. T H E F I FA W E E K LY

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Name Xherdan Shaqiri Geburtsdatum, Geburtsort 10. Oktober 1991, Gnjilane, SFR Jugoslawien Position Offensives Mittelfeld 2009–2012 FC Basel 2012–2015 Bayern München 2015 Inter Mailand seit 2015 Stoke City Nationalteam Schweiz 49 Einsätze, 17 Tore

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Maurice Haas / 13 Photo

Stationen als Spieler

DAS INTERVIEW

“Mich reizt es, Stoke City in Europa zu etablieren” Man nennt ihn “Kraftwürfel”, “Zauberzwerg” oder “Shaq-Attack”: Xherdan Shaqiri. Der Schweizer hat nicht nur aussergewöhnliche Spitznamen, er ist auch auf dem Rasen eine Erscheinung. Xherdan Shaqiri, nach der Bundesliga und der Serie A sind Sie nun in der Premier League zu Hause. Welche Eigenschaften machen die einzelnen Top-Ligen besonders stark? Xherdan Shaqiri: In Deutschland war der zentrale Baustein die Disziplin. In Italien war der Fussball sehr taktisch ausgerichtet und in England spüre ich nun vor allem den Wert der Offensive. Der Fussball ist hart und spektaku­ lär, das gefällt mir. Ich habe zwar erst wenige Spiele in der Premier League bestritten, aber ich fühle, dass ich in der besten Liga der Welt angekommen bin.

Bayern München, Inter Mailand und nun Stoke City – Stoke hat sicherlich noch nicht das gleiche internationale Renommee wie die beiden vorangegangen Klubs. Was reizt Sie besonders an dieser neuen Aufgabe? Stoke hat noch nicht das internationale Renommee, aber es ist ein Klub, der ambitio­ nierte Ziele verfolgt. Der Klub will sich in Europa etablieren und genau das ist der Reiz für mich. Stoke bietet mir die Gelegenheit, mich sowohl spielerisch als auch als Mensch weiterzuentwickeln. Ich will vor allem spielen, mein Spiel perfektionieren und mit der Mannschaft nach vorne kommen.

In der Schweizer Nationalmannschaft sind Sie eine feste Grösse, haben an den beiden letzten Weltmeisterschaften teilgenommen (2010, 2014) und zählen zu den unumstrittenen Leistungsträgern. Was zeichnet Ihr Spiel aus, und liegt Ihnen die Spielphilosophie der Nationalmannschaft besonders gut? Wir haben schon unter Ottmar Hitzfeld tollen Fussball gespielt. Er hat die Wende gebracht, indem er viele junge Spieler aufge­ boten und ins kalte Wasser geworfen hat. Ich war einer davon. Dieses Vertrauen in junge Spieler hat den Schweizer Fussball weiterent­ wickelt. Wir spielen qualitativ soliden, attrak­ tiven und offensiven Fussball. Das entspricht ganz meinem Gusto. Es gelang uns, über die letzten Jahre neue Massstäbe zu setzen. Viele junge Spieler präsentierten sich nicht nur im Nationalteam mit hervorragenden Leistun­ gen, sondern auch in ihren Klubs. Viele davon schafften deshalb den Sprung in die Bundes­ liga oder in andere ausländische Vereine.

Bei der WM 2014 in Brasilien konnten Sie mit der Nationalmannschaft die Gruppenphase meistern und sind nur denkbar knapp gegen den späteren Vize-Weltmeister Argentinien ausgeschieden (1:0 n.V.). Was genau fehlt noch, um zu den ganz Grossen wie zum Beispiel Deutschland, Argentinien oder auch Brasilien aufzuschliessen? Die WM 2014 in Brasilien war ein unver­ gessliches Erlebnis. Wir haben es bis in das Achtelfinale geschafft und haben dann mit Argentinien einen grossen Gegner erwischt, der um den Titel spielte. Das Spiel selbst war extrem emotional. Es hat wirklich nur wenig gefehlt, um es zu schaffen. Ich würde sagen, das kleine Quäntchen – nicht Glück – sondern Effizienz. Wenn man gegen solche Mann­ schaften bestehen will, dann muss man jede noch so kleine Chance nutzen können. Dies ist uns leider nicht gelungen und machte in diesem Spiel den Unterschied. Die Argentinier waren schlichtweg abgebrühter und nutzten die Chance, die sie bekamen.

Drei Tore in einem Spiel sind immer etwas Besonderes. Aber was war es für ein Gefühl, einen Dreierpack auf der grossen WM-Bühne zu schnüren? Das Spiel gegen Honduras war unser drittes Gruppenspiel in Brasilien, und nach einem 2:1 gegen Ecuador und einem 2:5 gegen Frankreich war die Ausgangslage klar: Nur ein Sieg bringt uns ins Achtelfinale. Wir Spieler waren extrem fokussiert in dieser Phase und jederzeit überzeugt, dass wir in Manaus diese Qualifikation für die zweite Turnierphase schaffen würden. Wir bekamen schon mit, dass von Medien und von aussen vieles infrage gestellt wurde nach der klaren Niederlage gegen Frankreich. Wir aber liessen uns nicht verrückt machen und konzentrier­ ten uns auf das Wesentliche. Mit dem Dreier­ pack war ich vielleicht die auffälligste Figur in der Statistik, aber wir zeigten als Team das, was wir können. Ich wurde sehr gut unter­ stützt. An diesen Erfolg erinnert mich noch der Matchball. Ansonsten aber galt das Gleiche wie nach der Niederlage gegen Frank­ reich: abhaken. Fokus nach vorne richten. Nur darum gelang uns gegen Argentinien dieses tolle Spiel.

Nach der Weltmeisterschaft 2014 hat Vladimir Petkovic das Traineramt von Ottmar Hitzfeld übernommen. Ausserdem gab die Nummer eins, Diego Benaglio, ihren Rücktritt bekannt. Was hat sich dadurch verändert, und wie haben Sie das als Team auffangen können? Wir haben in der Schweiz das Glück, dass viele junge Spieler bereits in der Super League spielen, oder sogar schon den Schritt ins Ausland gewagt haben. Die Integration dieser Spieler war perfekt. Sie spielen tollen Fussball und passen auch menschlich gut ins Team. Das, kombiniert mit einem neuen Trainer, der gewisse Dinge ausprobiert, macht die Schwei­ zer Nationalmannschaft auch weiterhin erfolgreich.

Was trauen Sie dem Team im Hinblick auf die nächste WM 2018 in Russland zu? Wird sie die Qualifikation schaffen und an der Endrunde das Ergebnis von 2014 sogar noch toppen? Jede Mannschaft will sich für die WM in Russland qualifizieren, auch die Schweiz. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Zurzeit steht klar die EM 2016 in Frankreich im Fokus. So oder so ist unser Ziel, uns für jedes Turnier zu qualifizieren, und ich bin da sehr zuversichtlich. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir es schaffen können. Wir haben einen tollen Mix aus Routiniers und jungen Wilden im Team. Ein Team, das den Fans noch viel Freude bereiten wird.

Glaubt man den Werten beim Spiel “FIFA 15”, dann sind Ihre Stärken der Antritt (92), das Dribbling (86) und die Schusskraft (84). Das Verteidigen (57) und das Kopfballspiel (37) zählen hingegen eher zu Ihren Schwächen. Würden Sie das so unterschreiben? (lacht) Das ist mir auch schon aufgefallen! Es stimmt, meine Stärken sind sicher eher beim Dribbling, bei der Schusskraft und beim Antritt. Und ja, das Kopfballspiel ist eine Schwäche von mir. Aber beim Verteidigen würde ich mir doch etwas mehr Punkte geben. Å Mit Xherdan Shaqiri sprachen Beatrix Hammer und Andreas Alf

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First Love Or t: Acholiland, Uganda Datum: 10. April 2013 U hrzeit: 14.57 Uhr Fotog ra f: Frédér ic Noy

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Football breaks down barriers Football builds bridges. It has a unique power to inspire friendship, respect and equality. FIFA’s Say No To Racism campaign is part of our commitment to tackle all forms of discrimination in football. Everyone should have the right to play and enjoy football without fear of discrimination. Say no to racism. For more information visit FIFA.com

FR AUENFUSSBALL

Neuseeland dominiert Qualifikation für Papua-Neuguinea Nach einem souveränen Auftritt beim Qualifikationsturnier in Tonga steht Neuseeland als Vertreter Ozeaniens bei der kommenden FIFA U20-FrauenWeltmeisterschaft 2016 in Papua-Neuguinea fest. Erstmals werden damit zwei Nationen aus der Ozeanien-Zone an einem FIFA-Frauenturnier teilnehmen.

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apua-Neuguinea ist schon seit Längerem der grösste Herausforderer Neuseelands in der Region, sodass die Kiwis beim Qualifikationsturnier stark von der Abwesenheit des WM-Gastgebers profitierten. Neuseeland dominierte so alle Partien in beeindruckender Manier, und am Ende standen 4 Siege und sensationelle 69 Tore ohne einen einzigen Gegentreffer zu Buche. Das zehntägige Turnier wurde im Loto-­ Tonga Soka Centre abgehalten, das kürzlich auch als Schauplatz der Auftaktrunde der OFC-Qualifikation zur FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ diente. Die weiteren teilnehmenden Mannschaften waren Samoa, Vanuatu, Neukaledonien und das Gastgeberland Tonga. Überlegene Kiwis In der Auftaktpartie feierte Neuseeland einen 15:0-Kantersieg gegen das Heimteam und setzte damit den Massstab für die kommenden Begegnungen. Die Kiwis liessen einen bemerkenswerten 26:0-Erfolg gegen Neukaledonien und einen 18:0-Sieg gegen Vanuatu folgen, bevor sie das Turnier mit einem 10:0 gegen den Zweitplatzierten Samoa abrundeten. Die Stürmerin Emma Rolston nutzte die Torfestivals, um gleich mehrere Rekorde aufzustellen. Ihre 11 Tore gegen Neukaledonien sind die höchste individuelle Ausbeute in einem Frauenfussballspiel der OFC. Am Ende hatte sie 25 Treffer auf ihrem Konto und gewann zum zweiten Mal in Folge den Goldenen Schuh. Damit löste sie die neuseeländische Stürmerin Rosie White als Ozeaniens Rekordtorjägerin der Altersklasse U20 ab. Ebenfalls bemerkenswert sind die Leistungen der neuseeländischen Kapitänin Jasmine Pereira, die mit dem Goldenen Ball als beste Spielerin des Turniers ausgezeichnet wurde, ­sowie der Mittelfeldakteurin Daisy Cleverley. Beide standen auch schon im Kader des A-Nationalteams bei der FIFA Frauen-Welt­ meisterschaft in diesem Jahr in Kanada. Die Neuseeländerinnen waren schon am Donnerstag vorzeitig qualifiziert, ohne auf dem

Auf Rekordjagd Emma Rolston (l.) erzielte 25 Treffer und gewann den Goldenen Schuh.

Platz gestanden zu haben. Über Twitter erfuhren die Spielerinnen vom 3:3-Unentschieden zwischen Samoa und Vanuatu am vorletzten Spieltag. Das bedeutete, dass sie keiner der zwei ­Verfolger mehr von der Spitze vertreiben konnte. Der Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit dieses Sechs-­Tore-Krimis sicherte den P ­ olynesierinnen schliesslich die Silbermedaille vor Vanuatu. Neukaledonien belegte den vierten Platz, während Tonga sich trotz des letzten Ranges über zwei Unentschieden freuen konnte, die darauf schliessen lassen, dass der Wettbewerb zwischen den Pazifik­nationen eng bleibt. Zur besten Torhüterin des Turniers wurde Samoas Katarina Ah Sui ausgezeichnet.

“Es ist ein grosser Erfolg, und die Mädchen freuen sich sehr”, sagte Neuseelands Trainer Leon Birnie, als die Qualifikation seines Teams für Papua-Neuguinea feststand. “Wir wollten hier gewinnen und die Qualifikation sicherstellen, aber auch eine gute Leistung in den Spielen zeigen. Ich denke, dass uns beides gelungen ist.” Nun besteht für Neuseeland die Herausforderung darin, ihr bisher bestes WM-Ergebnis zu übertreffen, das sie mit dem Viertelfinaleinzug letztes Jahr beim U20-Turnier in Kanada erreichten, nachdem sie dieses Ziel in Chile 2008 und Japan 2012 knapp verpasst hatte. Å tfw T H E F I FA W E E K LY

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Kleine Autos, viel Erfolg und die ganz grosse Liebe Der madagassische Mittelfeldspieler Lalaina Nomenjanahary wagte den Schritt nach Frankreich und geht dort für den Erstligisten RC Lens auf Punktejagd. Die Anfänge auf seiner Heimatinsel sind ihm aber i­ mmer noch präsent, schreibt Julien Sebbah.

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estimmt sind Ihnen auf einem eine Profikarriere, aber sein Talent Kunsthandwerkermarkt — insmachte sich schnell bemerkbar. “Ich spielte in meinem Viertel und wurde besondere in Afrika — schon von einem lokalen Verein entdeckt”, einmal diese kleinen Objekte ­ aufgefallen, die aus Dosen herberichtet der Mittelfeldspieler, der gestellt werden. Lalaina Nomenbei Ajesaia seine erste Lizenz unterjanahary, der madagassische Mittelschrieb. Dort spielte er bis 2007 und nach einem einjährigen Gastspiel bei feldspieler vom RC Lens, kennt sie sehr gut — er hat sie mit eigenen HänJS Saint-Pierroise in La Réunion den angefertigt. Ein Souvenir an seine noch einmal 2009/10. Kindheit in der Stadt Antananarivo, wo es ihm nicht annähernd in den Sinn Spielen, studieren, arbeiten gekommen wäre, dass er ­eines Tages Im Verein zu spielen, hat natürlich sein Geld damit verdienen würde, ge­seine Vorzüge, aber auch gewisse Nachgen einen Ball zu treten. teile — besonders, wenn die Armut die In Madagaskar, einem der ärmsBedingungen vorgibt. “Es war eine Chance, aber es war schwer, gleich­ ten Länder der Welt, ist eine Fusszeitig Fussball zu spielen, weiter zur ballerkarriere kein besonders erstreSchule zu gehen und nebenbei noch benswertes Ziel. “Es ist generell sehr nach einer Verdienstmöglichkeit zu schwer, mit dem Sport ein AuskomFokussiert Lalaina Nomenjanahary beim RC Lens. suchen”, so der heute 29-jährige men zu finden, besonders mit dem Fussball”, räumt Nomenjanahary ein. ­Nomenjanahary, der 20 Jahre lang täg“Es gibt dort nur Amateurfussball, der nicht viel Aufmerklich kämpfen musste, um über die Runden zu kommen. “Ich samkeit erhält. Niemand kommt, um die Spieler zu sehen. Es dachte gar nicht daran, Profi werden zu können. Ich dachte nur ist eine schwierige Situation und man muss sich durchkämpan den Alltag: spielen, zur Schule gehen und Geld verdienen, um fen, wenn man von seinem Sport leben und eine Profikarriessen zu können. Ich war müde und schlief im Unterricht ein, doch ich musste mich zusammenreissen. Mittags war die Schuere einschlagen will. Für einen Madagassen ist es unmöglich, wenn er in Madagaskar bleibt.” le zu Ende, anderthalb Stunden später begann das Training und Also machte sich der Mittelfeldspieler auf die Reise. abends musste ich arbeiten, um etwas Geld zu verdienen.” ­Zunächst nach La Réunion, dem Eldorado für madagassische Bei besagter Arbeit handelt es sich unter anderem um Fuss­baller, und später nach Frankreich. Doch er hat die ­Warenlieferungen an Grosshändler, aber auch um seine andere Schwierigkeiten, die er auf seiner Heimatinsel kennengedamalige Leidenschaft: die Herstellung dieser berühmten k ­ leinen lernt hat, keineswegs vergessen. Der junge Lalaina kickte auf Autos aus Metall. Dieser kleine Nebenverdienst brachte Lalaina einen Spitznamen ein. “Ich liebte es, Autos aus Konserven- und der Stras­se und war nicht gerade besessen vom Gedanken an

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Herzensangelegenheit Im Stadion, an Schulen oder in der Freizeit: Das runde Leder ist fester Bestandteil im Leben madagassischer Kinder und Jugendlicher.

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Madagassische Sternstunden

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s war ein Höhepunkt des madagassischen Fussballs: Im Viertelfinale der Südafrikameisterschaft in diesem Jahr traf die Nationalmannschaft, auch Barea genannt, auf das WM-erfahrene Gastteam aus Ghana. Der Endstand? 2:1. Für Madagaskar. Das mutete fast schon an wie eine kleine Sensation, auch wenn für Ghana nicht die Topstars aus den internationalen Topligen auf dem Platz standen. Dennoch zeigte sich: Im fussballbegeisterten Madagaskar tut sich was. Die Nationalelf scheiterte bei besagtem ­Turnier erst im Halbfinale knapp 2:3 am späteren Sieger Namibia, konnte das Spiel um Platz 3 gegen Botswana aber 2:1 für sich entscheiden. Das Ergebnis spornte an, und es machte den Spielern Lust auf mehr. “Wir haben uns von Spiel zu Spiel verbessert. Entsprechend wuchs auch das Selbstvertrauen. Bis zur letzten Partie haben wir immer besser gespielt”, so Franck Rajaonarisamba, der das Team beim Regionalturnier betreute. Die Euphorie konnte sich die Mannschaft erhalten. Auch wenn sie ihr erstes Qualifikationsspiel für den CAF-Afrikanische-Nationen-Pokal 2017 in der DR Kongo 1:2 verlor, gab es in der ersten Runde der Afrika-­ Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland ein Erfolgserlebnis: Madagaskar setzte sich gegen die Zentralafrikanische Republik durch. Das Hinspiel w ­ urde 3:0 gewonnen, das Rückspiel endete 2:2.

Teamgeist und Geschlossenheit Sternstunden wie bei der Südafrikameisterschaft in diesem Jahr soll es in Zukunft noch weitere geben für die Nationalmannschaft von Madagaskar. Dafür wollen sie spielen. Soviel wie nur möglich. Freundschaftsspiele, ­Qualifikationen, Turniere. “Wir haben viele Auslandslegionäre ins Team ­integriert. Die Spieler sind noch nicht daran gewöhnt, zusammenzuspielen, haben aber individuelle Stärken”, sagt Rajaonarisamba. An der Geschlossenheit und dem Spielverständnis wollen sie arbeiten. Die nächste Möglichkeit dazu? In der zweiten Runde der WM-Qualifikation wartet im November die Mannschaft aus Senegal. bra

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Im Duell Nomenjanahary (r.) und Superstar Zlatan Ibrahimovic.

“Ich dachte gar nicht daran, Profi werden zu können. Ich dachte nur an den Alltag.” Lalaina Nomenjanahary

Getränkedosen zu machen. Die verkaufte ich im Viertel, um etwas dazuzuverdienen. Eines Tages sagte meine Tante zu mir, dass ich die Autos zu sehr lieben würde, und sie begann, mich Bolida zu nennen.” In dieser Zeit bildete er indes auch den Willen aus, sich durchzubeissen, um seine Ziele zu erreichen und all die ­Opfer zu rechtfertigen. “Wenn man in Madagaskar spielt, rechnet man nicht damit, einen Klub in Europa zu finden. Als ich dann nach Frankreich kam, sagte ich mir, dass ich mich zusammenreissen muss, weil es eine grosse Chance war, mein Leben zu ändern”, fährt der madagassische ­Nationalspieler fort, der nicht vergessen hat, was er mit ­seinem ersten Gehalt gemacht hat. “Ich habe meiner Mutter Geld geschickt und seitdem spare ich immer so viel wie möglich für sie und meinen Bruder.”

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Vorbild Beach Soccer Wie schnell Fortschritte erzielt werden können, zeigt das Beachsoccer-Team des Landes. Erst seit 2009 wird auf der afrikanischen Insel die Entwicklung des Sports vorangetrieben, in diesem Jahr feierte die Mannschaft schon die erste WM-Teilnahme. In Portugal war alles neu für die Delegation aus ­Madagaskar. Die Städte, die Spielfelder, die vielen Fans und auch das ­Essen. Reis und ein bisschen Fleisch oder Fisch sind die Akteure aus ihrer Heimat gewohnt, die offerierten Nudeln in Europa stellten eine vollkommen neue kulinarische Erfahrung dar. So beeindruckt sie vom Umfeld waren, so beeindruckt waren sie auch vom Wettkampf und dem Lernprozess. Deshalb hat die Mannschaft nur ein Ziel: erneut dabei zu sein bei der nächsten WM auf den Bahamas. Die erfolgreiche Entwicklung des Beachsoccer lässt auch den Fussball nach vorn streben. Neben Projektfinanzierungen durch die “Goal”-Initiative in Höhe von gut 1 800 000 US-Dollar hat die FIFA gemeinsam mit Madagaskar ein Entwicklungsprogramm gestartet, das die Grundlagenausbildung fördern und viele junge Spieler zum Fussball bringen soll. Im Sommer fanden Lehrgänge in Toliara und Fianarantsoa im Südwesten und Süden des Landes statt. Über 1800 Kinder hatten die Möglichkeit, an den Workshops teilzunehmen und ihrer Liebe zum runden Leder ­Ausdruck zu verleihen.

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Name Lalaina Nomenjanahary Geburtsdatum, Geburtsort 1. Juni, 1986, Antananarivo, Madagaskar Position Mittelfeld Vereine 2006–2009 Ajesaia 2009–2010 SS Capricorne 2010–2011 CS Avion seit 2011 RC Lens Nationalteam Madagaskar 26 Einsätze, 7 Tore

Presse Sports

Pure Freude Nomenjanahary ist im französischen Profifussball angekommen.

Für die grosse Liebe Kurioserweise hätte dieses erste Gehalt weitaus höher ­ausfallen können als das, welches er in Nordfrankreich ­erhielt, wohin ihn der damalige Assistenztrainer Hervé Arsène gelockt hatte. Der ehemalige madagassische Nationalspieler bot ihm an, dem Amateurklub CS Avion beizutreten, der sich mit dem grossen Nachbarn RC Lens die Trainings­a nlage teilt. “Zuerst wollte er nicht kommen”, ­erinnert sich Arsène, der ebenfalls für die Rot-Gelben spielte und 1998 französischer Meister wurde. “Sie müssen sich in seine Lage versetzen. Auf einer Nachbarinsel wird ihm ein ordentliches Gehalt geboten, und ich kreuze dort auf und sage: ‘Komm nach Avion!’” Das überzeugte Nomenjanahary nicht wirklich und er unterschrieb in Réunion bei Saint-Pauloise FC. Doch wenige Wochen später teilte er seinem ruhmreichen Landsmann mit, dass er seine Meinung geändert hatte. “Als ich in Réunion war, schloss meine Freundin das Abitur ab und ist nach Frankreich gegangen, um zu studieren. Also rief ich Arsène an und sagte ihm: ‘Coach, wenn Sie mir immer noch ein Probetraining anbieten wollen, bin ich bereit zu kommen.’” Arsène bezahlte seinem Schützling sogar die Anreise, und keiner der Beteiligten sollte das je bereuen. Nomenjanahary bestritt eine Spielzeit in der dritten Liga und wurde daraufhin vom grossen Nachbarn in Lens rekrutiert. Er trug zum Aufstieg in die erste Liga bei und

bescherte Lens mit seinem ersten Tor in der Eliteklasse bei Lyon den ersten Sieg (1:0) der Saison 2014/15. In der Zwischenzeit wurde aus einer gewissen Julia — der besagten Freundin — Frau Nomenjanahary. Und sie musste feststellen, dass ihr Bolida selbst derselbe geblieben war, sein Leben sich aber durchaus verändert hatte. “Im Stade ­Bollaert-Delelis halten sich die Spielerfrauen in Logen auf, in denen Cocktails, Champagner, Wein und Häppchen gereicht werden — ein recht schickes Buffet”, scherzte sie im August 2014. “Als ich reinkam, bot man mir einen Champagner an, und ich habe abgelehnt, weil ich dachte, ich müsste ihn hinterher bezahlen!” Dies ist nur eine Folge der harten Arbeit und des Talents ihres Fussballer-Gatten, der sich nun wünscht, dass mehr seiner Landsleute den Weg in den Profifussball schaffen: “Für unseren Fussball hoffe ich, dass noch viele Madagassen nach Europa kommen.” Und wenn schon nicht wegen der grossen Liebe, dann aufgrund ihres Talents. Å

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HISTORY

Torriecher Arthur Friedenreich kannte mit dem Ball nur eine Richtung — nach vorn.

Ein Star, der keiner war

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s erscheint fast wie ein Akt des Schicksals, ein Vorbote des Platzes, den Arthur Friedenreich später in den Fussballgeschichtsbüchern erhalten würde. In den Jahren, bevor der Stürmer am 6. September 1969 im Alter von 77 Jahren verstarb, konnte er sich an seine Siege und Niederlagen nicht mehr erinnern. Er litt unter Demenz. Auch in der Wahrnehmung der Fussballfans gerät Arthur Friedenreich oftmals in Vergessenheit. Dabei sorgte er, der am 18. Juli 1892 als Sohn eines deutschen Geschäftsmannes und einer brasilianischen Wäscherin in São Paulo geboren wurde, immer für Torgefahr. Tore schiessen, viele Tore schiessen. Das ist das, was Arthur Friedenreich in seiner 26 Jahre dauernden Karriere bei SC Germania, São Paulo, Flamengo, Ypiranga, Atlético Mineiro und Paulistano tat. Er gewann die brasilianische Torjägerkrone in den Jahren 1912, 1914, 1917, 1918, 1919, 1921, 1927 und 1929. 1329-mal soll Frie28

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denreich in 1239 Spielen getroffen haben. Das wäre Rekord. Sogar eine bessere Bilanz als die von Pelé, der in 1363 Spielen 1280 Tore erzielte. Eingefleischte Pelé-Fans werden deshalb auch nicht müde zu erklären, dass die Anzahl der Tore und der Spiele bei Friedenreich vertauscht sein müssen. Anhänger von Ferenc Puskás heben darüber hinaus hervor, dass ihr Idol rund 1395-mal in nur 355 Partien traf. Wie auch immer, die Torquote von Friedenreich ist beeindruckend. Das sieht auch Pelé so: “Arthur war ein ganz grosser Spieler in Brasilien. Mein Vater hat oft von seinen Toren geschwärmt.” Wegbereiter des schönen Spiels Dribbeln konnte er, ein Gespür für die Situation und die richtigen Räume hatte er. Und dieser Arthur Friedenreich war darüber hinaus einer, der niemals aufgab. Diese Eigenschaft brachte ihm auch seinen Spitznamen “Tiger” ein. Friedenreich war ein Pionier des Jogo Bonito, dem

schönen Spiel, gilt als Erfinder des Effetschusses, der bis heute von den ganz Grossen des Sports zelebriert wird, und er war an der sogenannten Geburtsstunde des brasilianischen Fussballs beteiligt. Ort des Geschehens war die Copa América 1919. Zum Auftakt gab es für die brasilianische Nationalelf einen 6:0-Sieg gegen Chile. Friedenreich steuerte dazu einen Hattrick bei. Das Team zog ins Finale gegen Uruguay ein, das aufgrund seiner Torlosigkeit in eine Verlängerung von viermal 15 Minuten ging. Sollte es dann noch immer keinen Sieger geben, würde der Titelkampf durch einen Münz­w urf sein Ende finden. Doch die Partie wurde entschieden. Von Arthur Friedenreich, der kurz vor Ende der Nachspielzeit zum 1:0Sieg traf. Der Deutsch-Brasilianer wurde gefeiert, seine Schuhe durch die Strassen getragen. Ein Held war geboren. Tore schiessen, viele Tore schiessen. Das ist das, was Arthur Friedenreich tun wollte.

Global Photo / fotogloria (3), AFP (1)

Arthur Friedenreich erzielte Rekorde und schoss in seiner Karriere noch mehr Tore als Pelé: Der treffsichere Stürmer prägte in Brasilien aber nicht nur eine Fussballgeneration, sondern auch die Gesellschaft.

HISTORY

Dass er diesem Anspruch so oft gerecht wurde, lag an seinem Talent. Dass er sogar noch häufiger hätte treffen können, wenn er nicht zeitweise am Spielen gehindert worden wäre, zeigt, mit welchen Problemen sich der Stürmer konfrontiert sah. Ort des Geschehens war erneut die Copa América, dieses Mal im Jahr 1921 in Argentinien. Arthur Friedenreich ­w urde nicht für die Mannschaft nominiert. Grund dafür war die Vorgabe des brasilianischen Präsidenten Epitácio Pessoa, nur weisse Spieler einzuladen.

“Arthur war in B­ rasilien ein ganz grosser Spieler.” Pelé Nationalmannschaft 23-mal lief der Deutsch-Brasilianer für die Seleção auf und schoss dabei 10 Tore.

Wunsch nach Anerkennung Friedenreich kämpfte gegen die Rassentrennung.

Wegen der Abstammung seiner Mutter von befreiten Sklaven war Arthur Friedenreich nicht weiss. Und er kämpfte seit Beginn seiner Karriere um Akzeptanz und Ansehen. Seine krausen Locken glättete er sich vor jedem Spiel, seine etwas dunklere Hautfarbe hellte er mit Reismehl auf. Trotz seiner Tore, trotz seiner unbestrittenen Qualitäten auf dem Platz und trotz seines sozialen Status durfte er dennoch nicht immer mit seinen Mitspielern feiern und erlebte verschiedene Formen von Rassismus. Fouls an ihm wurden dann und wann nicht gepfiffen. Unterkriegen liess er sich aber nicht. “Der Tiger” setzte mit seinem Kampf gegen die Rassentrennung ein Zeichen und ebnete den vielen dunkelhäutigen Spielern, die nach ihm kamen, den Weg. Für ihn zählte nur die Liebe zum Fussball, die Leidenschaft für das schöne Spiel. Und er trug dadurch zum Umdenken in der brasilianischen Gesellschaft bei. Der ­Verzicht auf dunkelhäutige Spieler bei der Copa América 1921 löste zum Beispiel landesweit P ­ roteste aus. Verblasste Erinnerung Mit seiner leichtfüssigen Spielweise lockerte er nicht nur die oftmals eingefahrenen ­Strukturen auf dem Platz, sondern auch in der brasilianischen Bevölkerung. Arthur Friedenreich hat eine gespaltene Gesellschaft geprägt, er hat eine Marke hinterlassen, und dennoch: So wie seine Erinnerung gegen Ende seines ­Daseins verblasste, verblasste auch das fussballerische Erbe, das er hinterliess. Vielleicht, weil ihm ­keine Weltmeisterschaft vergönnt war? 1930 wäre die Möglichkeit dazu dagewesen, aber eine Teilnahme scheiterte. Diesmal nicht an seiner Hautfarbe, sondern an seiner Vereinszugehörigkeit. Es wurden vom Verband nur Spieler nominiert, die aus Rio de Janeiro ­ stammten. Arthur Friedenreichs Heimat lag in São Paulo. Å Annette Braun T H E F I FA W E E K LY

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FOOTBALL FOR HOPE

Football for Hope ist unser weltweites Bekenntnis, mithilfe des Fussballs eine bessere Zukunft zu gestalten. Bislang haben wir über 550 lokale Projekte unterstützt, die sich mit dem Fussball verantwortungsvoll für soziale Anliegen einsetzen und so Jugendlichen und ihrem Umfeld ein besseres Leben und neue Perspektiven eröffnen.

Weitere Informationen finden Sie unter der Rubrik Nachhaltigkeit auf FIFA.com.

FREE KICK

SPOTLIGHT ON

ALLGEMEINE INFORMATIONEN Land: Peru FIFA-Kürzel: PER Konföderation: CONMEBOL Kontinent: Südamerika Hauptstadt: Lima

Oranje und das Neue Perikles Monioudis

Mario Wagner / 2Agenten

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er niederländische Fussball gehört traditionell zu den innovativen Kräften in unserem schönsten aller Ballspiele. Innovation und Tradition: zwei wesentliche Aspekte in der Geschichte dieses westeuropäischen Küstenlandes, das es stets verstanden hat, das Allerbeste aus seiner Lage zu machen. Die Wirtschaft florierte über Jahrhunderte hinweg nicht nur, die kapitalistische Wirtschaftsordnung wurde in den Niederlanden sozusagen erfunden. “De Gouden Eeuw”, das Goldene Zeitalter im 17. Jahrhundert, als die Region sich zur Weltmacht in Handel und Seefahrt aufschwang und gleichzeitig ihre ­ ­eigene künstlerische Verfeinerung – vor allem in der Malerei – vorantrieb, gilt als geniales ­E xempel dafür, dass Effizienz und Schönheit – zwei Schlüsselbegriffe auch im Fussball – ­vereinbar sind: das eine im Dienste des anderen. Ein Johan Cruyff verkörperte genau das. Reden wir nicht drum herum: Die Elftal hat die Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 in Frankreich nicht geschafft. Das Team hat die Fussballwelt überrascht, diesmal negativ. An den Weltmeisterschaften 2010 (Finale) und 2014 (Halbfinale) sah die Welt für Oranje noch anders aus. Man gehörte zu den T ­ opteams; gleichwohl konnte die Elftal in den Jahren dazwischen, an der Europameisterschaft 2012, alles andere als auftrumpfen und verliess das Turnier nach drei Niederlagen schon in der Vorrunde. Ein Auf und Ab also, wenn man genau hinsieht; und diesmal nun erfolgte das Aus bereits

in der Qualifikation. Unser Autor David W ­ inner nannte vor ein paar Wochen die Gründe dafür: “Die Nationalmannschaft ist zwischen den Generationen gefangen. Es klafft im niederländischen Fussball eine Lücke zwischen den 18- und 21-Jährigen. Und die traditionelle Taktik mit zwei Flügelspielern vor dem Ball ist überholt.” Die Niederländer entwarfen vor Jahrhunderten ihren Wohlstand und ihre Kunst aus dem flachen Raum, aus der Weite, die sie mithilfe einer klar definierten Rollenaufteilung in allen gesellschaftlichen Bereichen meisterten. Sie übertrugen dieses Prinzip der Ordnung auf den Fussball (“Totaalvoetbal”). Was jetzt notwendig scheint, ist genau das: die Neuordnung im niederländischen Spiel. Dazu braucht es den Mut des Könners, ganz so wie die Spanier mit ihrem im Alleingang verfeinerten Ballbesitzfussball einst Triumphe feierten, oder, noch früher, Deutschland mit einem Franz Beckenbauer den Libero und damit das Spiel neu erfand. Wir können gespannt sein, welcher Beitrag für den Weltfussball in den kommenden ­Jahren aus den Niederlanden kommen wird. Denn dass er nun kommen wird, scheint sehr wahrscheinlich. Å

GEOGR APHISCHE INFORMATIONEN Landesfläche: 1 285 220 km² Höchster Punkt: Nevado Huascarán 6768 m ü. M. Nachbarmeere und -ozeane: Pazifik

FUSSBALL MÄNNER FIFA-Ranking: 50. Rang Weltmeisterschaften: 4 Teilnahmen 1930, 1970, 1978, 1982 Bestes Ergebnis: Viertelfinale 1970

FUSSBALL FR AUEN FIFA-Ranking: 60. Rang Weltmeisterschaften: Bisher keine Teilnahmen

LET Z TE RESULTATE Männer: Kolumbien - Peru 2:0 8. Oktober 2015 Frauen: Kolumbien - Peru 1:0 19. September 2014

FIFA-INVES TITIONEN Die wöchentliche Kolumne aus der The-FIFA-Weekly-Redaktion

Seit 2001: USD 4 600 000 T H E F I FA W E E K LY

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Zeven, Niedersachsen, Deutschland

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Slg. Raiss / fotogloria

Der lokale Fussballklub huldigt König Fussball.

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München, Deutschland

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Riesenbälle zum Start der Bundesligasaison in München.

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NET ZER WEISS ES!

Ist es notwendig, die Spieler abzuschotten?

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“Im Moment ist man beim FC Liverpool ein bisschen zu nervös, ein bisschen zu pessimistisch, ein bisschen zu zweiflerisch. Alle sind begeisterte Fussballfans, aber sie glauben nicht an das Jetzt. Die Geschichte ist grossartig, aber nur als Erinnerung.” Jürgen Klopp bei seiner ersten Pressekonferenz als Trainer des FC Liverpool

“Nachdem ich mit Dortmund 1997 die Champions League geholt hatte, bekam ich ein Angebot von Real Madrid. Aber ich lehnte dankend ab. Diese Entscheidung hat mir durchaus ein paar schlaflose Nächte bereitet. Ich habe mir gedacht, noch bevor ich die Möglichkeit bekomme, dort Spanisch zu lernen, werde ich sowieso gefeuert.” Trainerlegende Ottmar Hitzfeld über die Ablehnung des Angebots, das Ruder im Bernabéu-Stadion zu übernehmen

Qualitätscheck Beckenbauer (l.) und Netzer begutachten die neuen Bälle (1965).

Schirner Sportfoto

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m Beispiel der vielen Trainingsbesucher bei grossen Klubs sieht man, in was für einer hektischen Zeit wir leben. Ich erinnere mich, dass wir bei Real Madrid rund 15 bis 20 Zuschauer am Spielfeldrand begrüssten. Heute kommen Tausende, wenn die Weltstars ihre Übungen machen. Ich bin eigentlich kein Befürworter von Geheimtrainings. Fans und Medien sind wichtig für den Verein. Man sollte ihnen nicht die Tür vor der Nase zustossen. Andererseits ist es heute verständlich, dass eine Mannschaft auch mal in Ruhe arbeiten möchte. Ruhe kann für den einen oder anderen Spieler befreiend wirken. Und ein Trainer kann dann vielleicht eine Standardsituation einüben. So e ­ twas muss ja nicht demonstrativ an die Konkurrenz getragen werden. Die schnellen Kommunikationswege sind der Hauptgrund für die doch etwas bedauerliche Entwicklung. Was ein Fussballer auch gerade tut oder wo er sich aufhält: Er muss immer davon ausgehen, dass ihn jemand ­fotografiert oder dass sich jemand eine

­ eschichte zusammenreimt. Der Protagonist G fängt an, sich dagegen aufzulehnen. Später schirmt er sich ab. Das mag den Leuten arrogant vorkommen, ist aber nur eine nachvollziehbare Reaktion. Jeder Profi hat ein Leben neben dem Fussball. Das muss er schützen. Und wenn er nicht einmal bei einem Waldlauf seine Ruhe hat, dann holt er sich den Freiraum eben anderswo. Å

“In dem Moment, als ich den Daumen nach oben reckte, haben die Griechen getroffen. Das wird also niemals wieder passieren. Ich bin einfach nicht dafür gemacht. Die Fans sangen und wollten, dass ich winke. Aber ich persönlich hasse das.” Nordirlands Nationaltrainer Michael O'Neill über den einzigen negativen Aspekt des Abends, an dem sich Nordirland für die UEFA-­ Europameisterschaft 2016 qualifizierte

“Die Chance, gegen Messi zu spielen oder sogar gegen Brasilien, wäre unglaublich. Es wäre super, gegen Neymar anzutreten. Ich würde mich sehr gern mit Neymar messen.” Kyle Lafferty antwortet mit vorge­täuschter geografischer Unkenntnis auf die Frage eines Reporters nach Nordirlands Wunschgegnern bei der UEFA-­Europameisterschaft 2016 in Frankreich

“Er hat das Baby doch nicht selbst zur Welt gebracht, oder? Wenn er es nicht stillen muss, dann kann er spielen.” Was wollten Sie schon immer über Fussball w­ issen? Fragen Sie Günter Netzer: [email protected]

Irlands Trainer Roy Keane auf die Frage nach einem möglichen Einsatz von Robbie Keane im Spiel zwischen der Republik Irland und ­Deutschland – drei Tage, nachdem dessen Frau Claudine ein Kind entbunden hatte T H E F I FA W E E K LY

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FIFA PARTNER

TURNING POINT

“Eine SMS brachte mich zu Chelsea” Der Weltmeister Marco Amelia musste unten durch, rettete den Serie-B-Klub Perugia vor dem Abstieg und fand sein Glück nun in England.

Darren Walsh / KEYSTONE / AP ChelseaFC 

D

ie Tatsache, dass ich in diesem Moment hier in London bin, dass ich ausgewählt wurde, um für Chelsea zwischen den Pfosten zu stehen, ein Jahr nachdem ich die Entscheidung getroffen hatte, mit dem Fussballspielen aufzuhören und mich anderen Projekten zu widmen, zeigt klar und deutlich, wer ich bin und wie ich gestrickt bin. Wäre ich nicht für diese Aufgabe bereit gewesen, physisch und vor allen Dingen auch psychisch und mental, im Hinblick auf Motiva­ tion und Entschlossenheit, hätte Mourinho mich niemals zum Probetraining eingeladen und ich wäre nicht von einem so hochklassigen Klub unter Vertrag genommen worden. Ich habe mit Italien die Weltmeisterschaft 2006 gewonnen und zweimal die italienische Meisterschaft, mit der AS Rom und der AC Mi­ lan. Nach dem Ende des Vertrags mit den ­Rossoneri hatte ich mich eigentlich entschie­ den, aufzuhören. Diese Entscheidung hatte ich getroffen, weil ich etwas anderes machen woll­ te. Ich wollte etwas Dauerhaftes in meinem Hei­ matort Rocca Priora in der Nähe von Rom auf­ bauen. Doch dieses Projekt ist zum Stillstand gekommen, weil es uns nicht gelungen ist, das Stadion zu bauen, das mir vorschwebte, und auch nicht die Sporthalle und das Gästehaus auf 800 Metern Höhe, die dem Klub aus mei­ nem Heimatort Stabilität verliehen hätten. Die Bürokratie und der Mangel an Interesse bei ei­ nigen Projektbeteiligten haben es mir unmög­ lich gemacht, meine Pläne zu verwirklichen. So kam es zu meiner Rückkehr auf den Fussballplatz. Ich beschloss, zu Perugia in der Serie B zu gehen und dem Klub im Abstiegs­ kampf zu helfen. Ich brachte meine ganze

­ rfahrung ein, insbesondere in der Kabine. Ich E habe den Jungs gezeigt, was mich Trainerlegen­ den wie Lippi und Capello gelehrt hatten, näm­ lich dass ein gemeinsames Abendessen oder ein paar Extraeinheiten zur Perfektionierung nach dem Training enorm dazu beitragen können, eine Gruppe wieder aufzurichten, die die Moti­ vation verloren hat. Und es ist uns gelungen, sogar am Aufstieg zu kratzen. Als ich in einem Interview hörte, dass ­Mourinho nach der Verletzung von Courtois einen Torhüter sucht, habe ich nicht lange nach­ gedacht und sofort eine SMS an Rui Faria ­(Mourinhos Assistenztrainer, Red.) geschickt und ihm mitgeteilt, dass ich mich in der Lage sehe, den belgischen Schlussmann zu ersetzen. Es war eine grosse Befriedigung, dass Mourin­ ho mich sofort persönlich zurückgerufen und zu einem Probetraining bei Chelsea nach Lon­ don eingeladen hat. Und so bin ich nun also hier, ­siegeshungrig und bereit, alles zu geben. Å Aufgezeichnet von Emanuele Giulianelli

Name Marco Amelia Geburtsdatum, Geburtsort 2. April 1982, Frascati, Italien Position Torhüter Stationen als Spieler 2000–2001 AS Rom 2001–2008 AS Livorno 2008–2009 US Palermo 2009–2010 CFC Genua 2010–2014 AC Mailand 2014–2015 Rocca Priora 2015 AC Perugia 2015 Lupa Castelli Romani seit 2015 FC Chelsea Grösste Erfolge 2000/01 Italienischer Meister mit AS Roma 2004 U21-Europameister 2004 Olympia-Bronzemedaille 2006 Weltmeister 2010/11 Italienischer Meister mit AC Milan Nationalteam Italien 9 Einsätze, 0 Tore

Persönlichkeiten des Fussballs erzählen von einem wegweisenden Moment in ihrem Leben. T H E F I FA W E E K LY

37

W E LT R A N G L I S T E D E R M Ä N N E R

Argentinien (unverändert) Spanien (6, plus 5) Rumänien (13, minus 6) 149 Amerikanisch-Samoa, Cook-Inseln, Gabun, Samoa, Tonga (je 3 Spiele) Norwegen (plus 243 Punkte) Liberia (plus 65 Ränge) Rumänien (minus 134 Punkte) Zypern, EJR Mazedonien (je minus 28 Ränge)

Spitzenreiter Aufsteiger in die Top 10 Absteiger aus den Top 10 Spiele insgesamt Teams mit den meisten Spielen Grösster Aufsteiger nach Punkten Grösster Aufsteiger nach Rängen Grösster Verlierer nach Punkten Grösster Verlierer nach Rängen Rang Team

+/- Punkte

Rang Team

+/- Punkte

Rang Team

+/- Punkte

Letzte Aktualisierung: 1. Oktober 2015 Rang Team

+/- Punkte

1 Argentinien

0 1419

55 Guinea

8

582

109 Simbabwe

-1

313

163 Myanmar

-1

147

2 Deutschland

1 1401

55 Japan

3

582

110 Georgien

37

308

164 Amerikanisch-Samoa

35

145

3 Belgien

-1 1387

57 Jamaika

-5

576

111 Botsuana

7

305

165 Puerto Rico

-13

134

4 Portugal

2 1235

58 Australien

3

567

112 St. Kitts und Nevis

7

303

166 Cook-Inseln

39

132

5 Kolumbien

-1 1228

59 Trinidad und Tobago

-5

564

113 Burundi

21

302

167 Indien

-12

128

6 Spanien

5 1223

60 DR Kongo

5

563

114 Zypern

-28

300

168 Mauritius

17

123

7 Brasilien

-2 1204

61 Paraguay

-6

552

115 Aruba

22

299

169 Neukaledonien

-3

120

8 Wales

1 1195

62 Mali

-2

546

116 Litauen

-7

298

170 Osttimor

-7

118

9 Chile

-1 1177

63 Serbien

3

538

117 Kuba

-4

294

171 Malaysia

-2

111

10 England

0 1161

64 Finnland

28

534

118 Belize

10

292

171 Indonesien

-6

111

11 Österreich

2 1100

65 Gabun

-2

529

119 Dominikanische Republik

4

290

173 Bhutan

-9

106

12 Schweiz

5 1044

65 Panama

-6

529

120 Niger

-19

287

174 Dominica

-2

102

13 Rumänien

-6 1042

67 Äquatorial-Guinea

-5

510

121 Sierra Leone

-16

286

175 Tschad

-4

100

14 Niederlande

-2 1004

96

15 Tschechische Republik

5

983

69 Venezuela

16 Kroatien

-2

965

67 Bolivien

0

510

122 St. Vincent und die Grenadinen

-6

284

176 Malediven

1

-19

501

123 Syrien

-2

283

177 Pakistan

-7

89

70 Vereinigte Arabische Emirate

0

491

123 Bahrain

-11

283

178 Amerikanische Jungferninseln

-2

88

17 Italien

-1

962

71 Sambia

3

487

125 Namibia

-14

274

179 Laos

-5

85

18 Slowakei

-3

936

72 Montenegro

5

470

126 Zentralafrikanische Republik

42

271

180 Jemen

-5

82

19 Algerien

0

927

73 Südafrika

-1

465

127 Madagaskar

-6

262

181 Suriname

20 Uruguay

-2

919

74 Usbekistan

2

464

128 Kuwait

-1

260

-15

79

182 Bangladesch

-9

77 69

21 Elfenbeinküste

0

916

75 Uganda

-4

455

129 DVR Korea

-3

252

183 Chinese Taipei

-4

22 Frankreich

2

899

76 Burkina Faso

-3

427

130 Palästina

-11

246

184 Seychellen

8

67

23 Island

0

882

77 Haiti

10

418

131 Kenia

-15

245

184 Montserrat

-6

67

24 Ukraine

5

874

78 Bulgarien

-10

414

132 EJR Mazedonien

-28

239

186 Kambodscha

-6

66

25 Ghana

2

849

79 Togo

0

411

132 Moldawien

-8

239

187 Brunei Darussalam

-5

61

26 Russland

6

845

80 Marokko

5

407

134 Philippinen

-9

238

188 Tahiti

-6

60 59

27 Mexiko

-1

842

81 VR China

3

405

135 Swasiland

0

224

189 Fidschi

-8

28 Dänemark

-6

835

82 Guatemala

16

401

136 Tansania

4

218

190 Nepal

-5

51

29 USA

-1

807

83 Antigua und Barbuda

22

400

137 Guyana

17

210

191 Sri Lanka

-7

49

30 Bosnien und Herzegowina

0

787

84 Sudan

5

399

138 Bermuda

-6

209

191 Cayman-Inseln

-4

49

31 Ecuador

3

765

85 Irak

-3

396

139 St. Lucia

-8

208

193 Komoren

-3

48

32 Albanien

-7

755

85 Färöer

-10

396

140 Libanon

-7

201

193 Macau

-6

48

33 Ungarn

4

741

87 Estland

-7

388

140 Lesotho

-12

201

193 São Tomé und Príncipe

-3

48

34 Norwegen

35

739

88 Saudiarabien

5

384

142 Kasachstan

3

199

196 San Marino

-3

35

35 Nordirland

6

724

89 Mauretanien

25

379

142 Luxemburg

-1

199

197 Turks- und Caicos-Inseln

-3

33

36 Tunesien

-3

722

89 Honduras

-8

379

144 Südsudan

54

198

197 Salomon-Inseln

-10

33

37 Türkei

9

717

91 Armenien

-8

377

145 Thailand

-8

196

199 Britische Jungferninseln

-4

27

38 Senegal

0

713

92 Katar

2

365

146 Kirgisistan

9

195

200 Tonga

-1

17

39 Iran

1

703

93 Ruanda

-15

364

147 Guinea-Bissau

-5

193

201 Vanuatu

-4

13

40 Schottland

-9

702

94 El Salvador

13

363

148 Neuseeland

-12

188

202 Eritrea

-1

8

41 Kap Verde

15

701

95 Liberia

65

360

149 Vietnam

3

187

203 Mongolei

-1

6

42 Costa Rica

-3

691

95 Nicaragua

44

360

150 Afghanistan

-20

183

203 Somalia

-1

6

43 Polen

-9

680

97 Angola

-9

353

150 Guam

-4

183

205 Andorra

-3

5

44 Griechenland

0

676

98 Belarus

-1

350

152 Curaçao

-4

181

206 Dschibuti

-1

4

45 Schweden

-9

672

99 Jordanien

-8

348

153 Hongkong

-2

180

206 Papua-Neuguinea

-1

4

46 Slowenien

-1

662

100 Benin

15

341

154 Barbados

-10

175

208 Anguilla

0

0

47 Israel

-1

659

101 Malawi

-5

339

155 Turkmenistan

-6

172

208 Bahamas

0

0

48 Kamerun

-6

640

102 Oman

-2

338

156 Liechtenstein

-6

170

49 Kongo

-7

636

103 Lettland

-13

335

157 Singapur

0

164

50 Peru

-2

623

104 Kanada

-2

333

157 Malta

3

164

51 Ägypten

-2

620

105 Aserbaidschan

5

328

159 Grenada

-1

159

52 Nigeria

1

600

105 Libyen

-7

328

160 Tadschikistan

-2

156

53 Republik Korea

4

590

107 Mosambik

-12

327

161 Gambia

-18

154

54 Republik Irland

-3

587

108 Äthiopien

-5

315

162 Samoa

34

152

38

T H E F I FA W E E K LY

http://de.fifa.com/worldranking/index.html

PUZZLE

Ziel beim Sudoku-Lösen ist es, die leeren Zellen des Spielfeldes mit den Ziffern 1 bis 9 so auszufüllen, dass in jeder Zeile und in jeder Spalte sowie in jedem 3x3-Teilquadranten jede dieser Ziffern genau ein Mal steht.

Eine Wochenpublikation der Fédération Internationale de Football Association (FIFA)

Geschäftsführender Präsident Issa Hayatou

1

1

8 2

Geschäftsführender Generalsekretär Markus Kattner

3

1

7

9

8 3

7

6

2

9 5

3

4

2

8

8

1

3

1

9

5

9

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7

6

9

MIT TEL

7

Korrektorat Nena Morf (Leitung), Martin Beran, Kristina Rotach

5

Ständige Mitarbeitende Ronald Düker, Matt Falloon, Luigi Garlando, Sven Goldmann, Andreas Jaros, Jordi Punti, David Winner, Roland Zorn

1

5

1

6

9 7

Mitarbeit an dieser Ausgabe Andreas Alf, Emauele Giulianelli, Beatrix Hammer, Julien Sebbah

3

2

4

Redaktionsassistenz Alissa Rosskopf Produktion Hans-Peter Frei

5

Projektmanagement Bernd Fisa, Christian Schaub

3

8

7

3

8

4

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2

6

9

8

6 8

5

6

5

SCHWER

3 6

5

2

7

Internet www.fifa.com/theweekly

9

Der Nachdruck von Fotos und Artikeln aus The FIFA Weekly, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung der Redaktion und unter Quellenangabe (The FIFA Weekly, © FIFA 2015) erlaubt. Die Redaktion ist nicht verpflichtet, unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos zu publizieren. Die FIFA und das FIFA-Logo sind eingetragene Warenzeichen. In der Schweiz hergestellt und gedruckt.

4

8

Kontakt [email protected]

Ansichten, die in The FIFA Weekly zum Ausdruck gebracht werden, entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der FIFA.

5

7

Art Direction Catharina Clajus

Druck Zofinger Tagblatt AG

4

9

4

Redaktion Alan Schweingruber (Stv. Chefredakteur), Annette Braun, Sarah Steiner

Übersetzung www.sportstranslations.com

7

6

Chefredakteur Perikles Monioudis

Layout Richie Krönert (Leitung), Tobias Benz, Susanne Egli

9

6

6

Direktor Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Nicolas Maingot (a. i.)

Bildredaktion Peggy Knotz, Lisa Schneider (13 Photo; Vetretung)

2

LEICHT

5 4

4

9 1

6

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1 3

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7

3 1

T H E F I FA W E E K LY

Puzzles courtesy: opensky.ca/sudoku

Herausgeberin FIFA, FIFA-Strasse 20, Postfach, CH-8044 Zürich Telefon +41-(0)43-222 7777, Fax +41-(0)43-222 7878

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GRASSROOTS

FIFA inspiring girls and boys to play football FIFA’s Grassroots programme is the core foundation of our development mission, aimed at encouraging girls and boys around the world to play and enjoy football without restrictions. Grassroots focuses on the enjoyment of the game through small-sided team games, and teaching basic football technique, exercise and fair play. For more information visit FIFA.com