Booming Berlin Pressespiegel und Vorwort

Die Berliner Startup Szene wird e ­ rwachsen

„Was passiert in Berlin?“ Bisher bezieht sich diese Frage meist auf die Kunst- und Kreativszene der Stadt. Kein Wunder – galt doch jahrzehntelang das Motto: Spaß hat man in Berlin, Geld verdient man woanders. Tatsächlich aber formiert sich jenseits der „Old Economy“ eine Internetwirtschaft, die international konkurrenzfähig werden könnte. So beschlossen wir im IFSE, unser Interesse an der wachsenden Szene stärker zu fokussieren. Wir wollten Genaueres über die Startups in Berlin erfahren und begannen bereits 2012 in einer internen Studie, die Entwicklung in der Stadt mit Zahlen zu Betrieben und Mitarbeitern zu untermauern. Wir haben nun ein zweites Mal genau hingesehen und die vorliegende Studie erarbeitet. Im Vergleich mit der Untersuchung von 2012 können wir damit die Entwicklung der letzten drei Jahre mit konkreten Zahlen zu Betrieben und deren Mitarbeiter nachvollziehen. Was wissen wir tatsächlich über das Startup-­Phänomen, das Berlin plötzlich noch vor London auf den ersten Platz der Investorenlieblinge gehoben hat? Welche Zahlen lassen sich belegen? Nach Aussagen anerkannter Zeitungen und Institutionen wird in Berlin alle 20 Stunden ein Startup gegründet, es gebe 2.500 Start­ups, und in allen Startups arbeiteten mehr als 60.000 Mitarbeiter, heißt es. Aber stimmt das? Die Quellen sind meist unklar. Und es findet sich meist auch keine Definition, was ein „Startup“ überhaupt sein soll. Worüber lassen sich sinnvollerweise Aussagen machen? Umsatz und Gewinn sind keine aussagekräftigen Kennziffern für Startups, alles andere, was sich ausführen lässt, ist qualitativ. Hier setzt unsere Studie an. Wir definieren unseren Gegenstand und führen die Anzahl der Mitarbeiter als Kennziffer ein, um die Startups und ihre Entwicklung an einem Standort zu beschreiben. Wir wollten wissen, welche Substanz jenseits vom Hype in Berlin vorhanden ist, und was wir Unternehmen und anderen Akteuren raten können, die sich im Rahmen ihrer digitalen Transformation für Startups in Berlin interessieren. „Der Hype tut uns gut“ erklärt uns ein Gründer. Denn er zieht einen wichtigen Faktor für einen erfolgreichen Standort an: Talente. Aber der Hype hat auch eine Schattenseite: Investoren und Unternehmen gewinnen kein richtiges Vertrauen – und das ist auch in der digitalen Wirtschaft der wichtigste Standortfaktor. Dabei steht Berlin ohne Übertreibung gut da: Die Berliner Wirtschaft wächst überdurchschnittlich stark. Berlin gilt als Mekka für Kreative und Innovative. Die Stadt ist der wichtigste Standort für Startups in

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Deutschland. International gehört Berlin zu den Top Ten der sogenannten Startup Ökosysteme. Die Hauptstadt kann stolz auf die Entwicklung der letzten Jahre sein. Sie steht im Mittelpunkt eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandels. Startups sind die Labore der Internetgesellschaft. Hier wird ausprobiert, was sich mit den neuen Möglichkeiten anfangen lässt, die sich durch die digitale Vernetzung der Gesellschaft bieten. Im Sommer 1999 herrschte schon einmal Aufbruchsstimmung. Die Beteiligungsholding Econa AG veranstaltet einen „Gründersommer“, wo sich Gründer mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik treffen, und Kai Biermann schreibt in der Berliner Zeitung über dieses „neue Konzept“, das sich „Incubator“ nennt. Zum ersten Mal wurde einigen Akteuren klar, was sich hier in Berlin entwickeln kann. Im selben Jahr 1999 gründen die drei Brüder Marc, Oliver und Alexander ­Samwer zusammen mit anderen das Internet-Auktionshaus Alando. Bei aller berechtigten Kritik an ihrem Geschäftsgebaren legen diese drei Brüder damit den Grundstein dafür, dass Berlin etwa zehn Jahre später international eine Sichtbarkeit als relevanter Standort für Startups gewinnt. Im Jahr 2009 lernen wir im Rahmen unserer Studie „Digitale Mentalität“ Akteure aus der Startup Szene Berlins kennen, u. a. Alexander Ljung, den Gründer von Soundcloud. Während es für die meisten Unternehmen im Jahr 1999 ausreichend erschien, eine Website zu haben, sind im Jahr 2009 die meisten Unternehmen von einer tiefgreifenden digitalen Transformation im Kern ihrer Geschäftsmodelle erfasst. Internetunternehmen, die 1999 noch klein oder nicht einmal gegründet waren, gelten als Avantgarde der Wirtschaft. Sie beeindrucken durch ihre Innovationskraft, ihre Reichweite, ihr Wachstum und vor allem ihre Schnelligkeit. Soundcloud ist ein Unternehmen aus Berlin, das für diese Transformation steht, und weit über Berlin hinaus Aufmerksamkeit erhält. Es ist auch eines der wenigen „kreativen“ Unternehmen in Berlin, das in großem Stil Geld anziehen konnte. Im Rampenlicht steht die Kreative Szene Berlins, aber erfolgreicher agieren hier immer noch Firmen, die Ideen von anderen kopieren. In unserer Studie definieren wir ein Startup als Unternehmen, das ohne Internet nicht denkbar ist, ein skalierbares Geschäftsmodell hat und nicht älter als fünf Jahre ist. Von solchen Unternehmen zählen wir in der 2012-er Studie 270, die insgesamt 6.700 Mitarbeiter beschäftigen. 2015, nur drei Jahre später, finden wir 620 Unternehmen, die 13.200 Mitarbeiter beschäftigen. Alle Startups zusammen wären damit der fünftgrößte Arbeitgeber der Stadt Berlin – hinter den Berliner Verkehrsbetrieben und vor Siemens. Die 50 größten Startups, und damit nur etwa acht Prozent, beschäftigen etwa die Hälfte aller Mitarbeiter. Die Struktur mit wenigen großen und vielen kleinen Unternehmen hat sich damit kaum verändert. Aber während im Jahr 2012 viele der großen Unternehmen aus dem Imperium der Samwer-Brüder stammten, tragen heute mehrere Schultern die großen Unternehmen. Es zeigt sich, dass wichtige neue Akteure in die Stadt gekommen sind. Parallel dazu verändern sich die Schwerpunkte. Während die Anzahl der Startups in den Kategorien „Content“ und „E-Commerce“ sinkt, steigt die Anzahl der Start­ups in der Kategorie „Services“. Berlin ist innerhalb weniger Jahre techlastiger geworden. All das sind gute Entwicklungen. Ohne die Samwer Brüder und ihre Geschäftsmodelle wäre Berlin in Bezug auf Startups heute unbedeutend. Mit diesen Geschäftsmodellen, die vor allem auf Nachahmung und effiziente Umsetzung fokussiert sind, ist aber auch eine Kultur in die Stadt eingezogen, die in einem Spannungsfeld zu einer Berliner Arbeitskultur der Digitalen Bohème um die Jahrtausendwende steht. Es gilt, dieses Spannungsfeld fruchtbar zu machen und eine Berliner Startup Kultur zu schaffen, die Profitabilität mit Sinnstiftung und Innovationen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen verknüpft. Im Zentrum steht dabei eine der größten Kreativszenen der Welt, die bisher kaum einen Anschluss an die Startup Szene gefunden hat. Natürlich gibt es einen Austausch der Kreativen und der Gründer, aber mit nur etwa 20 von 620 Unternehmen ist der Anteil der Startups mit einem inhaltlichen Bezug zur Kreativwirtschaft im Vergleich zum Potenzial viel zu klein. Ähnliches gilt für Social Business. Dabei sind Kreativität und Sinnstiftung starke Differenzierungsmerkmale von Berlin im globalen Wettbewerb mit anderen Standorten. Heute sehen sich Hamburg oder

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München manchmal in Konkurrenz zu Berlin. Aber wir müssen in Deutschland verstehen, dass Berlin und leider auch kein anderer deutscher Standort das neue Silicon Valley sein kann. Wir müssen alle unterschiedlichen Stärken der vergleichsweise kleinen Standorte in Deutschland und darüber hinaus in Europa zusammenbringen, um den Anschluss nicht zu verpassen. Die Berliner Startup Szene hat ihre Pubertät hinter sich. Wir stehen am Anfang einer großen Entwicklung. Wenn wir es richtig machen, kann Berlin durch die Digitalisierung und die weitere Ansiedlung von Talenten und Startups langfristig zu einem der bedeutendsten Startup Ökosysteme der Welt werden. Pflegen und kultivieren wir den Hype! Doch dazu gehört auch, ihn manchmal zu relativieren. Für uns ist diese Studie nicht ein Abschluss, sondern ein Anfang. Während der letzten Jahre haben wir viel darüber gelernt, was Startups in Strategie und Management, Organisation und Marketing anders und manchmal besser machen als die Unternehmen der „Old Economy“. Ein anderer wichtiger Aspekt, der sich uns erschlossen hat, ist, wie wichtig eine Neuorientierung in der Standortpolitik ist. Die Politik muss die Frage beantworten, in welche Richtung wir unsere digitale Ökonomie zwischen Partizipation und Plattformkapitalismus entwickeln wollen. Digitale Standortpolitik steht vor der Herausforderung, sich durch Vernetzung und Kooperationen neu zu erfinden. So stellt sich nicht die Frage, von wem sich Berlin abgrenzt oder mit wem sich Berlin vergleicht. Die Frage muss sein, auf wen sich Berlin bezieht und mit wem sich Berlin als Startup-Ökosystem verbindet. In diesem Sinn freue ich mich auf das Gespräch mit Ihnen und wünsche Ihnen viel Vergnügen mit unserer Studie!

Hergen Wöbken, Gründer des IFSE [email protected]

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06.04.2016

Jürgen Stüber

Digitalisierung

Gründerszene wird größter Job-Motor der Hauptstadt Start-ups werden bald Berlins größter Arbeitgeber sein. Der Senat investiert 200 Millionen Euro in die Digitalisierung des Mittelstands Jahr ablehnen müssen. „In zwei Jahren müssen wir den kompletten Mittelstand addieren.“

Digitalisierung im Mittelpunkt Man solle das „Gequatsche über Start-ups beenden“ und sich „stattdessen mit der Digitalisierung der Wirtschaft befassen". Dazu gehöre, den deutschen Mittelstand nach Berlin zu holen. Die Industrie habe Geld und ein Problem mit der Digitalisierung. „Deshalb soll sie die Ideen der Gründer finanzieren."

Hergen Wöbken (CEO Institut für Strategieentwicklung) stellt die Studie „Booming Berlin“ vor (Foto: Sebastian Schachel / dpa)

Schon in einigen Jahren wird die Start-up-Branche Berlins größter Arbeitgeber sein. Heute beschäftigen mehr als 600 junge Firmen in der Stadt zusammen rund 13.200 Arbeitnehmer. Damit steht die Branche an fünfter Stelle, gleich hinter den Berliner Verkehrsbetrieben und noch vor Siemens. Vor drei Jahren waren es noch 270 Unternehmen mit 6700 Mitarbeitern. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Strategieentwicklung (IFSE) in seiner neuesten Studie „Booming Berlin“ über die Start-up-Szene in der Hauptstadt. Ihre 50 größten Firmen, und damit nur etwa acht Prozent, beschäftigen etwa die Hälfte aller Mitarbeiter. Die neue Studie will den Hype um die Berliner Gründerszene relativieren. „Berlin wird niemals das neue Silicon Valley werden", sagte IFSE-Chef Hergen Wöbken bei der Präsentation der Studie. „Doch kaum eine Stadt kann eine solche Vielfalt und Kreativität und so viele Bildungseinrichtungen vor­ weisen. Das ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann.“

Kreative Potenziale stärker nutzen Berlin müsse sich auf seine Stärken besinnen und seinen Platz in der anbrechenden Internetgesellschaft finden und entscheiden, in welche Richtung die digitale Ökonomie gehe. Die Studie kritisiert, dass es in Berlin nur geringe Berührungspunkte zwischen der weltweit einzigartigen Kreativszene und der Gründerszene gibt.

„Wir brauchen Visionäre“, sagte Schloemer. Er bezeichnete den Mangel an Büroflächen als dringendes Problem. „Wir haben in Berlin einen Leerstand von drei Prozent. Aber das sind Flächen, die keiner will.“ Hier erhofft er sich Unterstützung von Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU). Sie sicherte zu, die Rahmenbedingungen zu schaffen, „damit die Nomaden der digitalen Wirtschaft sesshaft werden“ und nicht in andere Metropolen abwandern.

Mehr Unternehmergeist gefordert Der Bundesverband Deutsche Start-ups forderte mehr Unternehmergeist. Namentlich kritisierte dessen stellvertretender Vorsitzender Sascha Schubert das auch in Berlin ansässige Fraunhofer-Institut. „Die erfinden tolle Dinge", sagte Schubert. Es gebe jedoch fast keine Ausgründungen. Yzer wies das zurück. „Fraunhofer ist ein entscheidender Impulsgeber.“ Sie verwies auf den Wandel des Instituts vom Wissenschaftsin ein Leistungszentrum.

200 Millionen Euro für den Mittelstand Yzer warb bei der Podiumsdiskussion für die neue Mittelstandsoffensive des Landes Berlin. „Mit ihr will die Senatswirtschaftsverwaltung Berliner Unternehmen insbesondere bei der Umstellung auf die Digitalisierung und Industrie 4.0 unterstützen“, sagte Yzer. Rund 200 Millionen Euro stehen im Rahmen der Mittelstandsoffensive in den nächsten zwei Jahren zur Verfügung. Die IHK begrüßte das Programm, verwies aber darauf, dass jedes Unternehmen den Weg der Digitalisierung aber selbst gestalten müsse.

"Es gibt noch viel mehr Leute in Berlin, die eine geniale Idee umsetzen wollen“, sagte Udo Schloemer, Chef des Start-upCampus Factory, zu der Studie. 600 Gründer, die sich um Arbeitsplätze in der Factory bewarben, habe er im vergangenen

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06.04.2016

Niklas Wirminghaus

Warum Startups schon bald die Berliner Wirtschaft dominieren werden Einblick. In nur drei Jahren hat sich die Zahl der Mitarbeiter in Berliner Startups verdoppelt. Wie geht es mit der Szene weiter? Eine neue Studie gibt Antworten. Hält der Boom an, so die Studie, dann wird die Startup-Szene schon in zwei Jahren der größte Arbeitgeber der Hauptstadt sein. Weicht man von der oben beschriebenen StartupDefinition ab und zählt zum Beispiel auch Unternehmen, die bis zu zehn Jahre alt sind, die ihren formalen Hauptsitz nicht in Berlin haben oder die den Exit schon hinter sich haben, dann kommt man laut IFSE man schon heute auf etwa 30.000 Beschäftigte. Dabei sind dann auch Schwergewichte wie DaWanda (gegründet 2006), Zalando (2007), Babbel (2007) und SoundCloud (2007).

Jahrzehntelang war Berlin wirtschaftliches Ödland. Nach der Wende kamen zwar die Kreativen nach Berlin – aber Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum schafften sie kaum. Das änderte erst der Startup-Boom der letzten Jahre. Wie sehr die deutsche Hauptstadt inzwischen von den digitalen Jung­ unternehmen dominiert wird, zeigt nun eine neue Studie. Das 40-seitige Papier des Instituts für Strategieentwicklung (IFSE) räumt dabei allerdings zuerst mit überzogenen Vorstellungen über den Berliner Startup-Kosmos auf: Dass alle 20 Stunden ein Startup in Berlin gegründet würde, dass ins­ gesamt 2.500 Jungunternehmen mit 60.000 Mitarbeitern existierten, wie immer wieder behauptet wird – das sind laut IFSE keine korrekten Zahlen.

Deutlich wird mit der Auswertung, dass einige wenige Startups sehr viele Mitarbeiter beschäftigen, während die große Mehrheit sich auf kleine Teams beschränkt. Allein die 50 größten Startups Berlins machen etwa die Hälfte aller Beschäftigten aus. Im Durchschnitt hat ein Startup 22 Mitarbeiter. Die Branchen, in denen Startups aktiv sind, verändern sich: Seit 2012 versuchen es immer weniger Startups mit Contentund E-Commerce-Geschäftsmodellen. Dafür gibt es mehr und mehr Startups im Service-Bereich (B2B wie B2C) – 2015 schon mehr als die Hälfte. Berlin sei „innerhalb von wenigen Jahren tech-orientierter“ geworden, befinden die Autoren der Studie. Nur noch einen winzigen Teil der Szene machen Startups aus, die Berührungspunkte mit Berlins starker Kreativindustrie haben, deren Geschäftsmodelle also mit Musik, Film, Theater oder Oper zu tun haben. Gerade einmal 21 solcher Unternehmen zählt das IFSE – nur 3,4 Prozent.

Wenn man die am wenigsten umstrittene Definition eines Startups zugrunde legt – weniger als fünf Jahre alt, skalierbares Geschäftsmodell, ohne Internet nicht denkbar –, dann gab es 2015 insgesamt 620 solcher Unternehmen in Berlin. Beschäftigt waren dort 13.200 Mitarbeiter. Aber auch diese Zahlen zeigen eine beeindruckende Entwicklung auf: Bei der letzten IFSE-Zählung im Jahr 2012 gab es nur 270 Startups und 6.700 Mitarbeiter. Und: Würde man die gesamte Startup-Szene als eine Einheit werten, wäre sie mit ihren 13.200 Angestellten schon heute der fünftgrößte Arbeitgeber der Stadt – vor Konzernen wie Siemens, der Telekom, der Post oder Daimler (siehe Grafiken). Nur die Deutsche Bahn, die Kliniken der Charité und von Vivantes sowie die BVG beschäftigen mehr Leute.

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02.05.2016

Interview Jens Thomas

Wissen & Analyse

„Wir müssen in Berlin nicht immer heiße Luft versprühen“ „Booming Berlin“ – so lautet der Titel einer neuen Studie vom Institut für Strategieentwicklung (IFSE). Die Studie hat die Entwicklung der Berliner Gründerszene von 2012 bis 2016 untersucht. Das Ergebnis: Berliner Start-up-Unternehmen werden in wenigen Jahren Berlins größter Arbeitgeber sein. Zugleich kooperieren sie mit der kreativen Szene bislang kaum. Woran liegt das? Kann man das ändern? Sollte man das ändern? Wir sprachen mit Hergen Wöbken, Herausgeber der Studie, Strategieberater für Organisationen und Entscheider aus Wirtschaft, Kultur und Politik.

Nachhaltigkeit, den manche Vertreter, insbesondere in der Kreativwirtschaft, gegen eine Profitorientierung stellen, wobei das ja kein Gegensatz sein muss. Nun gilt es, dieses Spannungsfeld fruchtbar zu machen und eine Berliner Startup-Kultur zu schaffen, die Profitabilität mit Sinnstiftung und Innovationen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen verknüpft.

Wir brauchen eine Berliner Start-upKultur, die Profitabilität mit Sinnstiftung und Innovationen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen verknüpft CCB Magazin: Hallo Herr Wöbken, Sie haben mit dem Institut für Strategieentwicklung (IFSE) im Rahmen Ihrer Studie „Booming Berlin“ die Entwicklungen der Berliner Gründerszene von 2012 bis 2016 untersucht. Ein Ergebnis lautet, dass Start-ups und kreative Szene bislang kaum kooperieren. Haben Sie diese Ergebnisse überrascht? Hergen Wöbken: Es ist erstaunlich, dass eine der größten Kreativszenen der Welt bisher kaum Anschluss an die hiesige Start-up Szene gefunden hat. Für Kenner beider Szenen ist das aber nicht wirklich neu oder überraschend. Und es ist bedenklich. Uns ging es jetzt darum, mehr Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken. Viele Akteure der Start-upSzene sind ja nach Berlin gezogen, weil es hier unter anderem eine vielfältige Kreativszene gibt. Und es gibt natürlich schon viele Berührungspunkte. Allerdings haben nur etwa 20 von 620 Start-ups einen inhaltlichen Bezug zur Kreativwirtschaft. Und damit ist das Potenzial – für beide Seiten – noch lange nicht ausgeschöpft. CCB Magazin:Woran liegt es, dass Start-ups und die kreative Szene in Berlin bislang kaum kooperieren? Hergen Wöbken: Bei den Start-ups waren am Anfang vor allem Geschäftsmodelle erfolgreich, die sich auf Nachahmung und effiziente Umsetzung fokussieren. Damit kam eine Kultur in die Stadt, die in einem Spannungsfeld zu einer Berliner Arbeitskultur der „Digitalen Bohème“ um die Jahrtausendwende steht. Zu dieser Kultur gehört auch der Gedanke der

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CCB Magazin:Wie funktioniert das? Hergen Wöbken: Zunächst durch klassische Vermittlungsarbeit. Auf der einen Seite muss man Kreativen vermitteln, dass eine Unternehmensgründung sehr viel Kreativität erfordert, aber auch Unabhängigkeit, Selbstverwirklichung und Sinnstiftung bieten kann. Auf der anderen Seite muss man den Investoren klarmachen, dass neue Geschäftsmodelle in der Kreativwirtschaft viel Potenzial haben. Und das gilt vor allem dann, wenn nicht eine kurzfristige Renditemaximierung im Vordergrund steht, sondern eine langfristige Wertschöpfung. Übrigens sind das die Tugenden der sozialen Marktwirtschaft, mit denen vor allem der deutsche Mittelstand in den letzten Jahrzehnten maßgeblich zu Deutschlands Wirtschaftskraft beiträgt. Wir stehen ja insgesamt vor umwälzenden Veränderungen. Und da ist es besser, diese aktiv und gemeinsam mitzugestalten. Darum ist eine verstärkte Kooperation zwischen Start-ups und Kreativen auch wünschenswert. CCB Magazin:Was muss man dafür tun? Hergen Wöbken: Zunächst brauchen wir Vermittlungs-Plattformen. Diese können von großen Unternehmen der Kreativwirtschaft im eigenen Interesse aufgebaut werden. Es ist auch denkbar, dass sich kleine Akteure der Kreativwirtschaft zusammenschließen. Und wir brauchen Inkubatoren, Accelerators und Events und Workshops mit einem Fokus auf Start-ups und Kreativwirtschaft. Dabei geht es nicht um gut gemeinte

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Unterstützung von Gründern. Es geht darum, gemeinsam zu träumen, dabei viele Vorstellungen der Buchdruckgesellschaft auszukehren, große Visionen für eine vernetzte Welt zu entwickeln und sie anschließend in Businesspläne zu übersetzen. Starke Vermittler von außen können diesen Prozess beschleunigen und davon selbst profitieren.

müssen wir alle unterschiedlichen Stärken der vergleichsweise kleinen Standorte in Deutschland und darüber hinaus in Europa zusammenbringen, um den Anschluss nicht zu verpassen. Was Berlin betrifft, sollten wir uns auf unsere eigenen Stärken besinnen. CCB Magazin:Was sind denn die Stärken von Berlin?

CCB Magazin:Die Kreativwirtschaft ist ein breites Feld und umfasst rund elf Teilmärkte. Konnten Sie branchenspezifis� sche Besonderheiten in Ihrer Studie feststellen, an denen das Kooperationsvermögen bislang konkret scheitert? Hergen Wöbken: Nein. Ein Fehler könnte aber sein, dass wir noch immer in alten Branchengrenzen denken. Das hat uns bereits im Jahr 2010 beschäftigt, damals im Zusammenhang mit der so genannten Musikindustrie, es gilt aber für alle Bereiche der digitalen Kreativwirtschaft: Das technische Verbreitungsmedium Internet war das Ende für viele Verwertungsmodelle der Kreativwirtschaft. Es ist auch das Ende für die Branchengrenzen innerhalb der Kreativwirtschaft. CCB Magazin:Ein Ergebnis ihrer Studie lautet, dass Start-up-Unternehmen in wenigen Jahren Berlins größter Arbeitgeber sein werden. Schon heute beschäftigen die jungen Firmen in der Stadt zusammen rund 13.200 Arbeitnehmer. In der Berliner Kreativwirtschaft kann hingegen jeder zweite Kreative und Kulturarbeiter von seiner eigentlichen Tätigkeit nicht leben und stellt auch keine weiteren Mitarbeiter ein. Wie löst man dieses Problem? Hergen Wöbken: Das Problem der Berliner Kreativwirtschaft war nicht Gegenstand unserer Studie zu den Start-ups in Berlin. Aber wir entwickeln gerne Lösungen dazu, wenn sich jemand dafür interessiert. Zu den Mitarbeiterzahlen der Startups muss man sagen: Die Zahl der Berliner Start-ups hat sich in den letzten drei Jahren verdoppelt und ist somit bis Anfang 2016 auf 620 angestiegen. In 78 Prozent dieser Unternehmen arbeiten weniger als 22 Mitarbeiter, dagegen beschäftigen nur etwa acht Prozent etwa die Hälfte aller Mitarbeiter. Wir haben hier sehr unterschiedlichste Arbeitsplatzbedingungen. Deshalb können wir nicht in das allgemeine und unreflektierte Loblied über Start-ups und deren Schaffung von Arbeitsplätzen einstimmen.

Berlin wird niemals das neue Silicon Valley werden CCB Magazin:„Berlin wird niemals das neue Silicon Valley werden“, lautet einer Ihrer Fazits. Finden Sie das gut oder schlecht? Hergen Wöbken: Das ist so, wie es ist. Wir müssen in Deutschland verstehen, dass Berlin und leider auch kein anderer deutscher Standort das neue Silicon Valley sein kann. Vielmehr

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Hergen Wöbken: Berlin zeichnet sich durch seine Kultur, Diversität und Dezentralität aus, das sollten wir uns bewahren. Berlin ist eine Grenzstadt für Abenteurer und hat eine wunderbare Geschichte, eine hohe Heterogenität, das ist einmalig, das ist auch ein Schatz dieser Stadt! Wir müssen doch nicht immer heiße Luft versprühen. Warum? Für was? Das Wichtigste für Berlin ist eine realistische und gleichzeitig selbstbewusste Einschätzung der eigenen Stärken, aber auch Schwächen. Ein Hype hat allerhöchstens einen Marketingeffekt, wobei ich die Nachhaltigkeit dieses Effekts stark bezweifle. Wer den Hype in Frage stellt, will also nicht kritisieren, sondern eine solide Basis für eine weitere Entwicklung schaffen. CCB Magazin:Sie haben in der Studie unterstrichen, dass es Aufgabe der Politik sei, die Frage zu beantworten, in welche Richtung die digitale Ökonomie zwischen Partizipation und Plattformkapitalismus in Zukunft entwickelt werden müsse. Welchen Rat geben Sie der Politik? Hergen Wöbken: Ich gebe niemandem einen Rat, der mich nicht fragt. Ich fordere als Bürger dieser Stadt, dass unsere Politiker eingestehen, dass mit der digitalen Transformation der Gesellschaft alle Rezepte und Lösungen von gestern überholt sind. Und natürlich bin ich gerne bereit, an neuen Ansätzen und Lösungsmodellen mitzuwirken. CCB Magazin:Aber welche Modelle priorisieren Sie denn für die Zukunft? Und was müsste insbesondere für die Kreativwirtschaft in Berlin getan werden? Von wem und in welcher Form? Hergen Wöbken: Dazu ist schon viel gesagt und gedacht worden. Einfach machen! Wichtig sind die erwähnten Bündnis-Plattformen und eine verstärkte Zusammenarbeit. Aber auch verbindliche Zusagen von Seiten der Politik. Das können auch Absagen sein. Kurt Hackenberg, von 1955 bis 1979 Beigeordneter für Kunst und Kultur der Stadt Köln, hat das vorbildlich gemacht: Er förderte die kulturelle Bildung, unterstützte die experimentelle Kultur und brachte die Leute in der Stadt zusammen. Er hat immer konkrete Zu- und Absagen erteilt. So etwas ist wichtig, auch für Berlin. Nicht alle Experimente werden von Erfolg gekrönt sein, auch das ist klar. Das ist aber auch nicht schlimm. Wer aber immer alte Geschäftsmodelle verteidigt, der hat schon jetzt verloren. CCB Magazin: Herr Wöbken, vielen Dank für das Gespräch.

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06.04.2016

Redaktion in Berlin

Wissen & Analyse

Berliner Start-up-Szene: Erwachsen ja, aber reif? Oft wird der Berliner Start-up-Kosmos in einem Atemzug mit dem Silicon Valley genannt. Aber ist die Szene erwachsen geworden. Auffallend sei die Struktur mit wenigen großen und vielen kleinen Unternehmen. Doch während vor Jahren noch viele der großen Firmen aus dem Imperium der Brüder und Zalando-Finanziers Samwer stammten, trügen heute mehr Schultern die großen Unternehmen.

Sie liefern Essen, vernetzen Bauernhöfe und vermitteln Babysitter – in Berlin machen ständig kreative neue Unternehmen von sich Reden. Doch im Jubel um die deutsche Startup-Hauptstadt Berlin ist eigentlich nur eine Information recht verlässlich: Mit 2,1 Milliarden Euro Risikokapital avancierte Berlin im vergangenen Jahr europaweit zum Investorenliebling Nummer eins – weit vor den deutschen Rivalen München und Hamburg. Ansonsten: „Kaum Infos zu Umsatz und Gewinn, unterschiedliche Informationen zur Anzahl der jungen Firmen und ihrer Mitarbeiter, die Quellen dafür meist unklar, die Definition des Begriffs Start-up ebenso“, sagt Hergen Wöbken. Der Gründer des Instituts für Strategieentwicklung hat sich in einer Studie das Ökosystem der Hauptstadt-Startups genauer angeschaut.

Zahl der Mitarbeiter verdoppelt Wöbken fasst zusammen: „Es gibt einen Boom, aber Selbst­ überhebung ist nicht angebracht.“ Seine Zahlen verdeutlichen, wie rasant die Szene gewachsen ist. 620 Start-ups zählte er Anfang 2016, verglichen mit 270 im Jahr 2012 – wobei das Institut als Start-ups Unternehmen zählt, die ohne Internet nicht denkbar und nicht älter als fünf Jahre sind. Zudem müssen sie ein skalierbares Geschäftsmodell haben, also innerhalb kürzester Zeit expandieren können. Die Zahl der Mitarbeiter hat sich der Studie zufolge von 6700 im Jahr 2012 auf mittlerweile 13 200 nahezu verdoppelt. Zusammen genommen wären die Start-ups damit der fünftgrößte Arbeitgeber der Stadt, gleich nach den Berliner Verkehrsbetrieben und noch vor Siemens, das an der Spree seinen weltgrößten Produktionsstandort hat.

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Nach Erhebungen der Beratungsgesellschaft EY gingen im vergangenen Jahr 70 Prozent (2,1 Mrd Euro) des gesamten Risikokapitalvolumens in Deutschland an Start-ups in Berlin. Hamburg und Bayern liegen mit 300 beziehungsweise 260 Millionen Euro auf Platz zwei und drei in der LänderRangliste. Im europaweiten Ranking folgen London (1,7 Mrd Euro), Stockholm (992 Mio Euro) und Paris (687 Mio Euro). „Es zeigt sich, dass wichtige Akteure in die Stadt gekommen sind“, sagt Institutschef Wöbken. Ähnlich wie die Politik nach dem Regierungsumzug zahlreiche Verbände und Institutionen nach Berlin geholt habe, locke die Digitalbranche zahlreiche Investoren sowie Akteure der „Old Economy“ und der internationalen Szene in die Stadt.

Kein klassischer Industriestandort Für Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer liegt darin die große Chance der Stadt. „Wir sind zwar kein klassischer Industriestandort“, sagt die CDU-Politikerin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Aber schon heute seien in Berlin gegründete Unternehmen zu unverzichtbaren Partnern für multinationale Player geworden. Immer mehr Industriebetriebe investierten in Berlin, so etwa Daimler oder Bayer. „Es ist etwas entstanden, das nachhaltig wirkt“, meint Yzer. „Die Start-up-Szene ist erwachsen geworden.“ Auch Studienautor Wöbken sieht die Berliner Start-up-Szene in der Post-Pubertät, betont aber: „Berlin wird niemals das neue Silicon Valley werden.“ Zwar stehe die kreative Szene im Rampenlicht, aber „erfolgreicher agieren hier immer noch Firmen, die Ideen von anderen kopieren“, sagt Wöbken mit Blick auf die Start-up-Fabrik der Samwer-Brüder, Rocket Internet. Gegenüber Städten wie San Francisco oder New York habe Berlin aber eine soziale Durchlässigkeit. „Das ist ein großer Standortvorteil, weil sich dadurch Menschen mit völlig verschiedenen Hintergründen gegenseitig inspirieren und voneinander lernen können“, sagt der Institutsgründer. Demnach fragt sich aber aber, wie lange das angesichts stark steigender Mieten in den angesagten Vierteln der Stadt noch möglich sei. Denn dort haben auch viele Start-ups ihren Sitz.

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06.04.2016

Studie

Ist die Berliner Start-up-Szene etwa erwachsen geworden? Oft wird der Berliner Start-up-Kosmos in einem Atemzug mit dem Silicon Valley genannt. Aber ist der Hype berechtigt? Nach einer Studie ist die Szene erwachsen geworden. Von Vergleichen jeder Art wird aber abgeraten. Sie liefern Essen, vernetzen Bauernhöfe und vermitteln Babysitter - in Berlin machen ständig kreative neue Unternehmen von sich Reden. Doch im Jubel um die deutsche Startup-Hauptstadt Berlin ist eigentlich nur eine Information recht verlässlich: Mit 2,1 Milliarden Euro Risikokapital avancierte Berlin im vergangenen Jahr europaweit zum Investorenliebling Nummer eins - weit vor den deutschen Rivalen München und Hamburg.

Hamburg und Berlin sind Deutschlands Start-up-Städte Nach Erhebungen der Beratungsgesellschaft EY gingen im vergangenen Jahr 70 Prozent (2,1 Mrd Euro) des gesamten Risikokapitalvolumens in Deutschland an Start-ups in Berlin. Hamburg und Bayern liegen mit 300 beziehungsweise 260 Millionen Euro auf Platz zwei und drei in der LänderRangliste. Im europaweiten Ranking folgen London (1,7 Mrd Euro), Stockholm (992 Mio Euro) und Paris (687 Mio Euro).

Was ist ein Start-up? Ansonsten: "Kaum Infos zu Umsatz und Gewinn, unterschiedliche Informationen zur Anzahl der jungen Firmen und ihrer Mitarbeiter, die Quellen dafür meist unklar, die Definition des Begriffs Start-up ebenso", sagt Hergen Wöbken. Der Gründer des Instituts für Strategieentwicklung hat sich in einer Studie das Ökosystem der Hauptstadt-Start-ups genauer angeschaut.

"Es zeigt sich, dass wichtige Akteure in die Stadt gekommen sind", sagt Institutschef Wöbken. Ähnlich wie die Politik nach dem Regierungsumzug zahlreiche Verbände und Institutionen nach Berlin geholt habe, locke die Digitalbranche zahlreiche Investoren sowie Akteure der "Old Economy" und der internationalen Szene in die Stadt. Von Berlin in die Welt

Wöbken fasst zusammen: "Es gibt einen Boom, aber Selbstüberhebung ist nicht angebracht." Seine Zahlen verdeutlichen, wie rasant die Szene gewachsen ist. 620 Start-ups zählte er Anfang 2016, verglichen mit 270 im Jahr 2012 – wobei das Institut als Start-ups Unternehmen zählt, die ohne Internet nicht denkbar und nicht älter als fünf Jahre sind. Zudem müssen sie ein skalierbares Geschäftsmodell haben, also innerhalb kürzester Zeit expandieren können.

Für Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer liegt darin die große Chance der Stadt. "Wir sind zwar kein klassischer Industriestandort", sagt die CDU-Politikerin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Aber schon heute seien in Berlin gegründete Unternehmen zu unverzichtbaren Partnern für multinationale Player geworden. Immer mehr Industriebetriebe investierten in Berlin, so etwa Daimler oder Bayer. "Es ist etwas entstanden, das nachhaltig wirkt", meint Yzer. "Die Start-up-Szene ist erwachsen geworden."

Start-up-Szene wächst Die Zahl der Mitarbeiter hat sich der Studie zufolge von 6700 im Jahr 2012 auf mittlerweile 13.200 nahezu verdoppelt. Zusammen genommen wären die Start-ups damit der fünftgrößte Arbeitgeber der Stadt, gleich nach den Berliner Verkehrsbetrieben und noch vor Siemens, das an der Spree seinen weltgrößten Produktionsstandort hat. Auffallend sei die Struktur mit wenigen großen und vielen kleinen Unternehmen. Doch während vor Jahren noch viele der großen Firmen aus dem Imperium der Brüder und Zalando-Finanziers Samwer stammten, trügen heute mehr Schultern die großen Unternehmen.

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Auch Studienautor Wöbken sieht die Berliner Start-up-Szene in der Post-Pubertät, betont aber: "Berlin wird niemals das neue Silicon Valley werden." Zwar stehe die kreative Szene im Rampenlicht, aber "erfolgreicher agieren hier immer noch Firmen, die Ideen von anderen kopieren", sagt Wöbken mit Blick auf die Start-up-Fabrik der Samwer-Brüder, Rocket Internet.

Berlin als Standortvorteil Gegenüber Städten wie San Francisco oder New York habe Berlin aber eine soziale Durchlässigkeit. "Das ist ein großer Standortvorteil, weil sich dadurch Menschen mit völlig verschiedenen Hintergründen gegenseitig inspirieren und voneinander lernen können", sagt der Institutsgründer. Demnach fragt sich aber aber, wie lange das angesichts stark steigender Mieten in den angesagten Vierteln der Stadt noch möglich sei. Denn dort haben auch viele Start-ups ihren Sitz.

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08.04.2016

Sabine Kinkartz

Wirtschaft

Startups: Spielplatz oder Wirtschaftsfaktor? In Berlin treffen sich derzeit junge Gründer und Investoren auf dem Startup Camp 2016. Das Interesse ist groß, die Szene ist hip und cool – aber sind deutsche Startups auch relevant? Gezählt wurden Unternehmen, die wachsendes Geschäftsmodell haben, ohne Internet nicht denkbar und nicht älter als fünf Jahre sind. In einer internen Studie von 2012 zählte das IFSE 270 solcher Unternehmen, während es Anfang 2016 bereits 620 sind. Die 50 größten Firmen unter ihnen, und damit nur etwa acht Prozent, beschäftigen etwa die Hälfte aller Mitarbeiter. Dagegen arbeiten in 78 Prozent der Unternehmen weniger als 22 Mitarbeiter.

Daimler und BMW im Blick Das Mekka der europäischen Gründerszene ist Berlin. 2,1 Milliarden Euro Risikokapital flossen im vergangenen Jahr in Startups, die ihren Sitz in der deutschen Hauptstadt haben. "Im zweiten Jahr ist damit mehr Geld nach Deutschland geflossen als nach Großbritannien", sagt Florian Nöll, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Startups. Das sei ein messbarer Erfolg, sagt Nöll, der die Gründerszene hierzulande auf einem guten Weg sieht. Doch ist sie das wirklich?

So wie beim Startup "Parking-List". Andreas Weber und Fouad Banit haben die Plattform gegründet, die ungenutzten privaten oder gewerblichen Parkraum stunden- oder tageweise vermittelt. Gebucht und bezahlt wird über das Smartphone. Von einem Investor ist das Startup in einer ersten Finanzierungsrunde mit 200.000 Euro unterstützt worden. So konnten Weber und Banit eine App entwickeln. Auf dem Startup Camp Berlin 2016 suchen sie jetzt nach neuen Geldgebern, um ihr Geschäft weiter ausbauen zu können. Startup Camp in Berlin Patrick Stähler

Junge, internetbasierte Unternehmen sind in Berlin zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor geworden. In einer aktuellen Studie kommt das Institut für Strategieentwicklung (IFSE) zu dem Schluss, dass Startups in wenigen Jahren Berlins größter Arbeitgeber sein werden. Derzeit beschäftigen diese Firmen in der Stadt zusammen rund 13.200 Arbeitnehmer. Damit stehen sie an fünfter Stelle, gleich hinter den Berliner Verkehrsbetrieben.

Weber und Banit nehmen den Stress aus der Parkplatzsuche

Großes Interesse beim Startup Camp Berlin: 1000 Teilnehmer sind angemeldet

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Das Potenzial sei gewaltig, so Weber, der vor allem autonom fahrende Autos im Blick hat, die in den nächsten Jahren auf die Straßen kommen werden und nach Gebrauch auf einen freien Parkplatz navigiert werden müssen. Die beiden Gründer haben aber keineswegs das Ziel vor Augen, ein großes Unternehmen aufzubauen. Ihnen schwebt der sogenannte Exit vor, also der Verkauf ihrer umgesetzten Idee. Die großen Automobilbauer kämen dafür in Frage, so Banit, also Daimler, BMW oder Volkswagen.

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Koch-Kisten und coole Cocktails Park-List ist eine softwarebasierte Dienstleistung, wie die meisten aller Startup-Gründungen. Ähnlich beliebt ist der Online-Handel. Ob Mode, Möbel, oder Zutaten nebst Kochanleitung für das Abendessen – E-Commerce ist vor allem in Berlin der Renner bei deutschen Gründern. Erfolg haben aber allerdings nur die wenigsten. Patrick Stähler, Autor des Buches "Das richtige Gründen" weiß, warum. Eine Geschäftsidee müsse relevant sein und nicht hip, kritisiert er. "Die meisten Gründer überlegen sich, welches Produkt sie herstellen und anbieten wollen", erklärt er. "Doch wer soll das Produkt kaufen? Und warum? Welches Problem wird gelöst? Welche Aufgabe übernehmen Sie für ihn?" Diese Fragen stellten sich nicht viele Gründer, dabei seien sie entscheidend für den Erfolg.

Die Bundesregierung hat durchaus erkannt, dass es um eine strategische Zukunftsinvestition in die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands geht. Mehr als eine Milliarde Euro werden in dieser Legislaturperiode für die Finanzierung von Startups bereitgestellt. "Das ist gut", sagt Florian Nöll, "aber im Vergleich zu den USA werden in Europa vierzig bis fünfzig Milliarden Euro zu wenig investiert." Niemand erwarte, dass das Geld aus Steuertöpfen komme, aber die private Finanzierung werde sich ohne gesetzliche Änderungen und weniger Regulierung nicht entwickeln können. Eine Möglichkeit seien beispielsweise steuerliche Anreize für vermögende Privatpersonen oder auch mittelständische Unternehmen, damit diese animiert würden, in Startups zu investieren.

Nicht hip, sondern relevant: Autor Stähler fordert Umdenken

Im Ergebnis sind viele Startups austauschbar und verschwinden so schnell vom Markt, wie sie gegründet wurden. Relevante Gründungen, die noch dazu die Welt verändern, vergleichbar also mit Google, Apple oder Facebook, sucht man in Deutschland hingegen nach wie vor vergeblich. Wohl auch, weil die Finanzierung ein Problem ist. "Startups gründen ist ein bisschen wie forschen: Wir versuchen herauszufinden, was funktioniert und was nicht funktioniert und bei High-Tech-Gründungen ist das Risiko einfach noch größer", sagt Startup-Verbandsvorstand Florian Nöll.

Verpasst Deutschland den Anschluss? Weltweit stehen jedes Jahr 100 Milliarden Dollar an Wagniskapital zur Verfügung. 30 Milliarden Dollar davon gehen ins Silicon Valley. Drei Milliarden Dollar gehen nach Deutschland. Politik und Gesellschaft seien in Deutschland zu risikoscheu, so Nöll. "Versicherungsfonds und Pensionskassen ist es eigentlich nicht möglich, in Startups zu investieren, in den USA sind das aber die primären Kapitalquellen." Er könne verstehen, dass in Deutschland oberste Maxime sei, auf Erspartes aufzupassen. "Ich habe aber die Befürchtung, dass wir in Deutschland in den nächsten Jahren weiter an Boden verlieren und digitale Weltmarktführer in den USA und China gegründet werden."

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15. 04.2016

Szene wächst rasant

Start-ups sind für Berlin unverzichtbar In Berlin gegründete Firmen aus der Digitalbranche sind für multinationale Unternehmen zu unverzichtbaren Partnern geworden. In der Hauptstadt ist die Start-up-Szene rasant gewachsen - und beschäftigt immer mehr Menschen. Sie liefern Essen, vernetzen Bauernhöfe und vermitteln Babysitter - in Berlin machen ständig kreative neue Unternehmen von sich reden. Doch im Jubel um die deutsche Start-up-Hauptstadt ist eigentlich nur eine Information recht verlässlich: Mit 2,1 Milliarden Euro Risikokapital avancierte Berlin im vergangenen Jahr europaweit zum Investorenliebling Nummer eins - weit vor den deutschen Rivalen München und Hamburg.

"Es zeigt sich, dass wichtige Akteure in die Stadt gekommen sind", sagt Institutschef Wöbken.

Berlin ist kein klassischer Industriestandort

Ansonsten: "Kaum Infos zu Umsatz und Gewinn, unterschiedliche Informationen zur Anzahl der jungen Firmen und ihrer Mitarbeiter, die Quellen dafür meist unklar, die Definition des Begriffs Start-up ebenso", sagt Hergen Wöbken. Der Gründer des Instituts für Strategieentwicklung hat sich in einer Studie das Ökosystem der Hauptstadt-Start-ups genauer angeschaut. Wöbken fasst zusammen: "Es gibt einen Boom, aber Selbstüberhebung ist nicht angebracht."

Ähnlich wie die Politik nach dem Regierungsumzug viele Verbände und Institutionen nach Berlin geholt habe, locke die Digitalbranche zahlreiche Investoren sowie Akteure der "Old Economy" und der internationalen Szene in die Stadt. Für Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer liegt darin die große Chance der Stadt. "Wir sind zwar kein klassischer Industriestandort", sagt die CDU-Politikerin. Aber schon heute seien in Berlin gegründete Unternehmen zu unverzichtbaren Partnern für multinationale Player geworden. Immer mehr Industriebetriebe investierten in Berlin, so etwa Daimler oder Bayer. "Es ist etwas entstanden, das nachhaltig wirkt", meint Yzer. "Die Start-up-Szene ist erwachsen geworden."

Seine Zahlen verdeutlichen, wie rasant die Szene gewachsen ist. 620 Start-ups zählte er Anfang 2016, verglichen mit 270 im Jahr 2012 - wobei das Institut als Start-ups Unternehmen zählt, die ohne Internet nicht denkbar und nicht älter als fünf Jahre sind. Zudem müssen sie ein skalierbares Geschäftsmodell haben, also innerhalb kürzester Zeit expandieren können.

Auch Studienautor Wöbken sieht die Berliner Start-up-Szene in der Post-Pubertät, betont aber: "Berlin wird niemals das neue Silicon Valley werden." Zwar stehe die kreative Szene im Rampenlicht, aber "erfolgreicher agieren hier immer noch Firmen, die Ideen von anderen kopieren", sagt Wöbken mit Blick auf die Start-up-Fabrik der Samwer-Brüder, Rocket Internet.

Wenig große und viele kleine Unternehmen

Gegenüber Städten wie San Francisco oder New York habe Berlin aber eine soziale Durchlässigkeit. "Das ist ein großer Standortvorteil, weil sich dadurch Menschen mit völlig verschiedenen Hintergründen gegenseitig inspirieren und voneinander lernen können", sagt der Institutsgründer. Demnach fragt sich aber, wie lange das angesichts stark steigender Mieten in den angesagten Vierteln der Stadt noch möglich sei. Denn dort haben auch viele Start-ups ihren Sitz.

Die Zahl der Mitarbeiter hat sich der Studie zufolge von 6700 im Jahr 2012 auf mittlerweile 13.200 nahezu verdoppelt. Zusammengenommen wären die Start-ups damit der fünftgrößte Arbeitgeber der Stadt, gleich nach den Berliner Verkehrsbetrieben und noch vor Siemens, das an der Spree seinen weltgrößten Produktionsstandort hat. Auffallend sei die Struktur mit wenigen großen und vielen kleinen Unternehmen. Doch während vor Jahren noch viele der großen Firmen aus dem Imperium der Brüder und Zalando-Finanziers Samwer stammten, trügen heute mehr Schultern die großen Unternehmen. Nach Erhebungen der Beratungsgesellschaft Ernst & Young gingen im vergangenen Jahr 70 Prozent (2,1 Milliarden Euro) des gesamten Risikokapitalvolumens in Deutschland an Start-ups in Berlin. Hamburg und Bayern liegen mit 300 beziehungsweise 260 Millionen Euro auf Platz zwei und drei in der Länder-Rangliste. Im europaweiten Ranking folgen London (1,7 Milliarden Euro), Stockholm (992 Millionen Euro) und Paris (687 Millionen Euro).

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Wird Berlin das neue Silicon Valley? So erwachsen ist die deutsche Startup-Szene

Berlins Start-ups sind zusammen größer als Siemens

Gründer-Studie – Die Start-Up-Welt Berlins

Startup-Unternehmen in Berlin: Gründer bald größter Jobmotor

Digitales Berlin – In der Post-Pubertät

Boomtown Berlin häuft Risikokapital

Booming Berlin – Factory Berlin und IFSE präsentieren Studie über die Berliner Startup-Szene

Die Start-Up-Welt Berlins

IFSE-Studie „Booming Berlin“ www.startup.ifse.de Hergen Wöbken Email: [email protected] Institut für Strategieentwicklung (IFSE) Schustehrustr. 29 10585 Berlin Tel. +49 30 40 57 48 33 www.ifse.de