15/2015 16. bis 29. August

OBWALDEN

(Bild: df/zvg)

KISS: Eine Idee fasst Fuss in Obwalden

Sarnen  Seite 4/5 Schwendi  Seite 6 Kägiswil  Seite 7

2013 gründete eine Gruppe Interessierter unter der Federfüh-

Alpnach  Seite 8/9

rung der Einwohnergemeinde Sarnen die Genossenschaft

Sachseln • Flüeli  Seite 10/11

«KISS Obwalden». Diese vermittelt mit Zeitgutschriften freiwillige Nachbarschaftshilfe für Betagte. Die Genossenschaft zählt

Giswil  Seite 12/13

heute 160 Mitglieder. An ihrer Spitze steht die Geschäftsleiterin

Lungern • Bürglen  Seite 14/15

Marianne Marchello-Gisler.

Kerns • St. Niklausen  Seite 16/17

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Melchtal  Seite 18

2  Thema

Nachbarschaftshilfe mit Zeitgutschriften

«Geben fällt oft leichter als Nehmen» Das Rezept ist so einfach wie be­ stechend: Betagte helfen Betagten bei der Verrichtung alltäglicher Auf­ gaben, die ihnen aufgrund von Al­ ter  oder Krankheit Mühe bereiten. Weil es dafür aber Verbindlichkeit braucht, ist die Genossenschaft KISS Obwalden entstanden. Früher war es einfacher, da bedeutete «Kiss» Kuss. Heute ist KISS gleichzeitig die Abkürzung für «Keep it small and simple» (wörtlich: behalte es klein und einfach). Unkompliziert soll die Nachbarschaftshilfe unter ­Betagten sein. Wer für andere eine Stunde Arbeit leistet, lässt sich eine Stunde verbindlich auf einem Konto gutschreiben. Diese Zeitgutschrift kann er oder sie bei Bedarf einlösen. Annemarie Sutter (Namen zufällig) hilft beispielsweise Alois Zurfluh beim Speichern der Telefonnummern auf dem neuen iPhone 6. Als Gegen­ leistung schaufelt Herr Zurfluh bei ­Verena Bättig Schnee. Und Frau Bättig  betreut während des Coiffeurbesuchs den dementen Ehemann von Annemarie Sutter. All diese Leistungen werden gut – respektive minus­ geschrieben. Drehscheibe der Vermittlung ist Marianne Marchello-Gisler. «Ich bin überzeugt, dass diese Art von  Hilfe in Zukunft die bereits be­ stehenden Strukturen im Kanton optimal ergänzt – ohne Kosten. Multiplizierbar für die ganze Schweiz», schreibt die 57-jährige Alpnachstaderin auf dem Infoblatt der Genossenschaft KISS Obwalden. (Pfarreilbatt) Frau Marchello, im Buch Momo erzählt Michael Ende von grauen Männern, die zufriede­ nen Leuten unnütze Zeitgutscheine andrehen, worauf diese mit ihrer

Lebenszeit zu geizen beginnen. Lässt sich eine Ähnlichkeit zu den KISS-Zeitgutschriften ausschlies­sen? (Marianne Marchello schmunzelt) Das Buch kenne ich nur zum Teil. Bei  KISS stehen jedoch nicht die ­Zeitgutschriften, sondern der Dienst an hilfsbedürftigen Mitmenschen im Vordergrund. Die Zeitgutschriften sind für mich wie eine Krücke für den Start. Übrigens schenken wir allen Neumitgliedern 20 Stunden Gutschrift auf ihrem Konto. Annehmen ist gefühlsmässig einfacher, wenn der andere im Gegenzug auch etwas bekommt. Das klingt aber bereits nach Über­ ziehen des Guthabenkontos und kann auf die Dauer nicht funktio­ nieren. Schaut da am Schluss nicht irgendwer in die Röhre? Angst ist ein schlechter Ratgeber. Bei der Nachbarschaftshilfe dürfen wir nicht kleinlich denken, sonst geht die  Idee nicht auf. Ich merke, dass viele Menschen gerne Hilfe leisten, aber in ihrer direkten Umgebung keine Gelegenheit dazu finden. KISS vermittelt ihnen den notwendigen Kontakt. Da sind die Zeitgutschriften  oft nebensächlich. Wir möchten ganz einfach soziales Verhalten in der Gesellschaft fördern. Das klingt irgendwie nach einer Idee aus den USA? Nein, überhaupt nicht. Angeschoben hat das Projekt in Obwalden eine Arbeitsgruppe der Einwohnergemeinde Sarnen unter der Leitung von Ma­ nuela von Ah. Dort wurde klar, dass etwas geschehen muss, um den demografischen Wandel in der Gesellschaft abzufedern. KISS ist eine Innerschweizer Idee. Sie stammt von

den Zugerinnen Susanna Fassbind und Edith Stocker. Die erste Genossenschaft entstand 2012 in Luzern. Die Innerschweizer zählen zu den Pionieren des Projekts. 2015 steigt ­ die  Gemeinde Cham ein. In Zürich, Aargau, Glarus und Baselland sind neue Genossenschaften am Entstehen. Und das Modell macht Schule. Wird KISS schon bald eine Konkur­ renz zur Spitex, zu Pro Senectute oder zu anderen Organisationen? Nein, auf keinen Fall. Wir verstehen uns als Ergänzung zu bestehenden Institutionen. Bei Umzügen putzen wir keine Wohnungen. Auch bieten wir keinerlei Pflege an. Sagen sie mir aber: Wer kauft einer Gehbehinderten Mineralwasser ein, wenn keine Angehörigen dies tun? Da braucht es Nachbarschaftshilfe. Ist eine Stunde Schneeschaufeln gleich viel wert wie eine Stunde Spa­ ziergang mit einem Hund? Ja. In Obwalden kennen die meisten Leute ihre Nachbarn noch. Braucht es da so viel Bürokratie, um kleine Hilfsdienste zu vermitteln? Den Ein­ kauf erledigen die Nachbarskinder auf dem Heimweg von der Schule. Oder nicht? Das sollen sie um Himmelswillen weiterhin so tun. Aber auch in Ob­ walden findet ein Wandel statt. Wir haben je länger je mehr hochbetagte Leute, die zu Hause wohnen. Wenn sich die Betreuung von Angehörigen auf mehr Schultern verteilt, lässt sie sich leichter bewältigen. Und Frauen, die sich ausschliesslich um Haushalt, Kinderbetreuung und Pflege der betagten Eltern kümmern, gibt es

Thema  3   die  über  90-Jährige noch zu Hause leben. St. Gallen hinterlegt die Zeitgutschrif­ ten mit Geld. Dies ist eine andere Art der Um­ setzung. KISS legt grossen Wert auf Vertrauen. Bei den meisten Menschen ist das gute Gefühl nach den Einsätzen massgebend.

(Bild: zvg)

Die Genossenschaft «KISS» präsentiert sich am Sarner Wochenmarkt (von links: Berta Amport, Marianne Marchello-Gisler, Silvia Harvey). auch hierzulande immer weniger. Entlastung von Angehörigen ist eine wichtige Aufgabe von KISS. Sie sprechen von einer vierten Säule. Das klingt nach viel Bürokratie. «Small and simple» meint jedoch ausdrücklich «ohne grossen Verwaltungsaufwand». Die KISS-Arbeit umfasst gemäss Budget 2015 in Ob­ walden 80 Stellenprozente. Der Aufbau der Stelle erfordert viel Ressourcen. Und immer noch ist KISS zahlreichen Leuten kaum bekannt. Aber das Interesse nimmt zu. 2014 hat das ZDF einen Beitrag über das Schweizer Projekt ausgestrahlt. Früher oder später multipliziert sich Nachbarschaftshilfe wie von selbst. Aber dazu muss der Stein zuerst richtig rollen. Woher stammt das Geld? Die Gemeinde Sarnen unterstützt KISS mit total 90 000 Franken. Und die Albert Koechlin Stiftung leistet  eine Anschubfinanzierung von 210 000 Franken. Dazu kommen weitere Beiträge von Mitgliedern und der öffentlichen Hand.

Das ist viel Geld. Im Jahresbericht schreiben sie von 50 vermittelten Einsätzen. Stimmen hier Aufwand und Ertrag? Bei den 50 Einsätzen handelt es sich  mehrheitlich um wiederkehrende Aufgaben. Der längste Einsatz bestand aus 250 erbrachten Leistungen. Und das Interesse der Bevölkerung nimmt zu. Ich sage oft, lieber langsam und kontinuierlich wachsen  als ein Strohfeuer. Alle Mitglieder  der Genossenschaft sind überzeugt, dass KISS eine gute Sache ist. Und das  soziale Denken und Ver­ halten in unserer Gesellschaft muss wachsen. Sonst können wir uns das Altwerden nicht mehr leisten. Ein Beispiel? Ich denke an eine hochbetagte Frau. Sie kann mit Hilfe der Spitex noch in  den eigenen vier Wänden wohnen.  Eine Putzfrau sorgt für Ordnung und Sauberkeit. Und drei Freiwillige  helfen bei der Bewältigung des  Alltags. KISS ist immer da, wo ­Lücken entstehen. Unsere Geschäftsstelle plant minuziös, wer wann und wofür  zuständig ist. Nur so kann

Besteht bei der Genossenschaft KISS möglicherweise eine gewisse Nähe zur FEG (Freien Evangeli­ schen Gemeinde)? Nein, KISS ist konfessionsneutral. Wir  können die Räume der FEG für das KISS-Café kostenlos nutzen. Zudem sind wir ab August 2015 jeweils montags in der Jugendbox an der Marktstrasse zu finden. Diese Anlaufstelle für Interessierte ist jeweils von 9–11 und 14–16 Uhr geöffnet. Die Genossenschaft KISS OW besteht aus 160 Genossenschaftern. Mitglieder erwerben einen Anteilschein von 100 Franken. Neumitglieder werden zu einem Erstgespräch mit einer Beraterin eingeladen. Dort wird abgeklärt, welche Leistungen ein Mitglied anbieten bzw. annehmen kann. Die Geschäftsstelle der Genossenschaft befindet sich an der Brünigstrasse 37 in Alpnachstad. Detaillierte Unterlagen sind dort erhältlich. Marianne Marchello-Gisler 079 302 26 84 E-Mail: [email protected] Donato Fisch

Thema  19  

30 Jahre kirchliche Gassenarbeit in Luzern

Wo die Kirche sich einmischt Gassenarbeit: Darum kümmern sich in Luzern die Kirchen. 30 Jahre, nachdem Sepp Riedener dafür den Anstoss gegeben hatte, zieht Ge­ schäftsleiter Fridolin Wyss Bilanz. Die kirchliche Gassenarbeit in Luzern  geht auf eine Initiative der ­katholischen Kirchgemeinde Luzern zurück. Sie wird heute von einem ökumenischen Verein getragen, den die katholische Synodalrätin Renata Asal-Steger präsidiert. 30 Jahre kirchliche Gassenarbeit Lu­ zern: ein Grund, zu feiern? Fridolin Wyss: Sicher. Was vor 30 Jahren begann, ist heute noch wichtig. Es  gab zuvor an der Eisengasse die offene Drogenszene wie am Letten in Zürich. Sepp Riedener war der Pionier. Er wollte, dass die Kirche sich einmische und aktiv engagiere. Wir begannen damals mit 50 Stellenprozenten, heute haben wir rund 50 Mit­ arbeiterinnen und Mitarbeiter. Verändert sich die GassenkücheKundschaft? Unter den jungen Leuten gibt es viele  Secondos. Die über 40-Jährigen  sind vorwiegend Schweizerinnen  und Schweizer. Ich frage mich, ob  die Integration der Secondos in unsere Gesellschaft gelungen ist. Gassenküche und Fixerraum sind heute am gleichen Ort. Ja. Dass dies so bleiben soll, ist die Meinung der ganzen Interessengemeinschaft Überlebenshilfe mit Jobdach, Drop-in und Sozialamt der Stadt. Zudem hat Sepp Riedener zusammen mit den Spitalschwestern den «Stutzegg» an der Baselstrasse auf die Beine gestellt, damit es einen

(Bild: Jutta Vogel)

Sepp Riedener (links) hat die Gassenarbeit in Luzern aufgebaut, Fridolin Wyss (Mitte) ist seit 2008 sein Nachfolger als Geschäftsleiter des Trägervereins, Franz Zemp ab diesem Sommer als Seelsorger.

Fest am 29. August Unter dem Motto «ausser Rand und Stand» steht das Jubiläum 30  Jahre Gassenarbeit Luzern am 29. August im Lukaszentrum (Morgartenstrasse 6, Luzern). Im Festakt um 10 Uhr spricht Ueli Mäder, Professor für Soziologie in Basel. Weiter im Programm: Ausstellung «Kunst von der Gasse», Podiumsgespräch (14 Uhr), Film (16 Uhr), Märchenzauber mit Jolanda Steiner, Konzert (20 Uhr). www.gassenarbeit.ch Ort gibt, wo sich nicht Drogenkonsumierende weiter aufhalten können. Gibt es offene Fragen für die Zu­ kunft? Mich beschäftigt die nächtliche Klubszene in der Stadt. Der Konsum von Kokain nimmt zu, vorwiegend bei

jungen Leuten, die noch nichts mit uns zu tun haben. Es fragt sich, ob diese Menschen gesellschaftlich in­ tegriert bleiben oder schliesslich auf der Gasse landen. Damit werden wir uns befassen müssen. Haben Sie Wünsche an die Stadt­ bewohnerinnen und -bewohner, an die Stadt als Behörde? Ich bin erstaunt, dass wir in einer Stadt mit 70  000 Einwohnern die Gassenzeitung mit einer Auflage von 10 000 Exemplaren verkaufen können. Das ist ein Zeichen für eine sehr grosse Akzeptanz gegenüber diesen Menschen. Ich wünsche, dass dies so  bleibt. Die Zusammenarbeit mit Behörden und Polizei ist sehr gut. Ich  hoffe, dass die Stadt ihr soziales Engagement trotz Finanzproblemen weiterführen wird. Interview: René Regenass Ungekürztes Interview: www.lukath.ch

AZA 6064 Kerns Abonnemente und Adress­ änderungen: Administration Pfarreiblatt Obwalden 6064 Kerns, Tel. 041 660 17 77 [email protected]

47. Jahrgang. Erscheint vierzehntäglich. – Redaktion Pfarreiseiten: Für die Pfarreiseiten sind ausschliesslich die Pfarrämter zuständig. – Redaktion Mantelteil: Donato Fisch, Sr. Yolanda Sigrist, Judith Wallimann, Eveline Burch. Adresse: Redaktion Pfarreiblatt Obwalden, Postfach 121, 6072 Sachseln, E-Mail [email protected] – Druck/Versand: Brunner AG, Druck und Medien, 6010 Kriens. Redaktionsschluss Ausgabe 16/15 (30. August bis 12. September): Dienstag, 18. August.

Naturbilder in der Arbeit mit jungen Menschen

Rosenkranzgebet in der Lourdesgrotte Kerns

Die Fachstelle Katechese lädt am Mittwoch, 2. September von 13.30 bis 17 Uhr zum Weiterbildungsnachmittag «Gott und den Glauben mit Naturmaterialien darstellen» nach Stansstad ins Öki (Bürgenstockstras­se) ein. Die Veranstaltung unter der Leitung von Bruno Durrer richtet sich an Religionslehrpersonen, Jugendarbeiter und Firmbegleiterinnen. Anmeldung bis 17. August an Benno Büeler, Fachstelle KAN, [email protected].

Am Samstag, 29. August findet um 16  Uhr ein Rosenkranzgebet in der Lourdesgrotte Kerns (Kernmattgrotte) statt.

In Kirchenberufen schnuppern

(Bild: df )

Sommersoirée im Hotel Paxmontana Flüeli-Ranft Das Vokalensemble der Kantorei Sachseln führt zusammen mit dem SanktMartins-Chor Adligenswil am 30. August die Liebesliederwalzer von Johannes Brams auf. Begleitet werden die Chöre vom Klavierduo Yvonne Lang und Marc Hunziker. Geri Dillier und Cornelia Nepple Kost ergänzen mit Gedichtrezitationen das musikalische Programm. Die Leitung hat Josef Kost. (Bild: zvg)

17.30, Hotel Paxmontana. Kollekte.

Die Kampagne «Chance Kirchenberufe» macht mit Schnupperange­ boten auf die Vielfalt der kirchlichen Berufswelt neugierig. www.chance-kirchenberufe.ch

Sommerrästel 2015: Einsendeschluss ist am 17. August Auch dieses Jahr findet das Sommerquiz des Pfarreiblattes Obwalden grossen Anklang. Noch bis Montag besteht Gelegenheit, das Rätsel zu lösen. Letzter möglicher Absendetermin ist der 16. August (mit A-Post). Die Rätselaufgabe ist in der letzten Pfarreiblatt-Ausgabe (14/2015) zu finden.