Bildung und Gesellschaft Zur Geschichte der Kantonsschule Baden

Bildung und Gesellschaft Zur Geschichte der Kantonsschule Baden 1961– 2011 Herausgegeben von Nicole Schwager, Hans Rudolf Stauffacher und Zsolt Kelle...
5 downloads 0 Views 3MB Size
Bildung und Gesellschaft Zur Geschichte der Kantonsschule Baden 1961– 2011

Herausgegeben von Nicole Schwager, Hans Rudolf Stauffacher und Zsolt Keller

2011 hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte, Baden

50 Jahre Unterricht

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

«Black Box Unterricht» «Illustration zum Einkleben, Schulradio, Diaserie, Alkoholmatrize, Overhead-Projektion, Arbeitsblatt, Unterrichtsfilm, farbig gedrucktes Lehrbuch, Selbstlernprogramm, Sprachlabor, Xerox-Kopie, Schulfernsehen, Farbkopie, Whiteboard … Und immer mehr und immer leistungsfähigere Computer mit immer grösseren Bildschirmen: einzeln, in Klassensätzen, im Schulzimmer vernetzt, mit Druckmöglichkeit, mit Internetzugang, als Laptops mit LAN, als Smartphone …»1 So liess im Jahr 2010 ein in den Ruhestand tretender Physik- und Mathematiklehrer seine 40 Unterrichtsjahre Revue passieren: als Abfolge technischer Unterrichtshilfen und Kommunikationsmittel. Man könnte dieser Reihe auch als Spur sinnlicher Erinnerungen entlanggehen und die letzten 50 Jahre Unterricht für einmal etwas anders gliedern. Das ergäbe einen langen Weg vom strengen Geruch der Gummi-Arabicum-Flasche zum Schnüffelduft der «Schnapsmatrizen», zu den blauen Fingern der Landkartenstempelkissen, zum Rotstich der Dias und dem Brandstaubgeruch der Diaprojektoren, zum Knacken der Videokassettenklappen und dem anschliessenden Beschleunigungssausen, zum Gleitgeräusch der DVD-Schubladen und schliesslich zum Startgeklingel von MS Office. Dieser Artikel hat das gleiche Thema, geht aber einen anderen Weg: Er versucht vorweg, die Freiräume der Schule und der Lehrpersonen an der Kanti Baden in der Gestaltung des Unterrichts zu bestimmen. Er schreitet dann die Einführung technischer Unterrichtsmittel seit der Gründungszeit ab und versucht, Veränderungen im alltäglichen Unterrichten im Gefolge der Technisierung zu beschreiben, mit einem wachen Auge auf die sozialen Formen des Unterrichts. Er sucht nach Einflüssen aus dem regionalen und dem politischen Umfeld und fragt im Anschluss Monika Boesiger-Fischer, Matur 1967: daran nach den Wegen der Neuerungen in den Un- Hellraumprojektoren gab es zu unserer Zeit terricht: Wie wirksam waren Vorgaben von Bund noch nicht, es wurde alles an die Wandoder Kanton? Was war die Rolle der Schulleitung, tafel geschrieben; daneben gab es Matrizen, einzelner Fachschaften, von Lehrergruppen oder blaue – die rochen so gut nach Alkohol! einzelner Lehrpersonen? Der Artikel zieht schliesslich Bilanz und versucht abzuwägen, wie nachhaltig die Ankoppelung des Unterrichts ans Internet auf Lehrer- wie auf Schülerseite künftig die Gestalt des Lehrens und Lernens verändern könnten – im Vergleich zum Wandel im Unterricht der letzten 50 Jahre. 2 Wer diese Entwicklung des alltäglichen Unterrichts gerne schriftlich dokumentiert hätte, stösst an der Kantonsschule Baden auf überraschend leere Regale. Zwar bieten sich die «Berichte zum Unterricht» in den Jahresberichten als Quellen an. Sie wurden von den Lehrpersonen selbst verfasst, im Sinn der politischen Rechenschaft, unterlagen aber keiner «Vollzugskontrolle» und geben deshalb kaum verlässlich Auskunft über das reale Geschehen im Unterricht. 3 Zwei Rektoren als Verfasser der Jahresbe87

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

richte bekannten freimütig, dass sie weder Zeit noch Auftrag für einen regelmässigen Blick in die Schulzimmer hatten. 4 Damit fallen die Jahresberichte als «Logbuch der Unterrichtsentwicklung» weitgehend weg. Auch die Konventsprotokolle berichten erst ab Mitte der 90er-Jahre über Diskussionen zu Unterrichtsfragen. Aus den Fachschaften gibt es ebenfalls kaum systematische Aktenbestände dazu, von Unterlagen zur technischen Ausrüstung ganz zu schweigen. Der historische Unterrichtsalltag ist also eine «Black Box». Der Klassenunterricht war im Gymnasium des 20. Jahrhunderts zwar in Form der Jahrgangsklasse der eigentliche Kern von «Schule», doch als solcher ist er als individuelle Erinnerung so vertraut wie für Aussenstehende unzugänglich. Das bestätigt die Erziehungswissenschaft und neuerdings auch die Literatur über das Qualitätsmanagement an Schulen. «Zur Praxis des Methodengebrauchs in Schulen weiss man […] eigentlich recht wenig. […] Klassenzimmer Stephan Boesiger, Matur 2002: Aus der sind in gewisser Hinsicht sakrosankte Orte; Unter- Schule bleiben einem die «normalen richt scheint eine Art intimes Geschehen.»5 «Unter- Sachen» in Erinnerung – im Sinne von «ich richt fand – und findet in der Regel bis heute – hinter könnte zu allen Lehrerinnen und Lehrern der Klassentür statt, die der Lehrer/die Lehrerin zu sagen, wie ich den Unterricht empfand, Beginn der Stunde hinter sich schliessen.» 6 wie es funktionierte zwischen Klasse und Auf welchen Pfaden war also Bedeutsames zu Lehrperson». Das ist natürlich sehr erfahren über das Geschehen hinter den Schul- fächerorientiert – oder besser: personenzimmertüren? Es galt, Umwege zu gehen und Ak- orientiert –, das «Was» bleibt kaum, aber teure zu befragen: In einem ersten Schritt wurden die Dynamik schon. die ehemaligen Rektoren Guido Bächli und Edgar Knecht sowie der langjährige Konrektor Hans Jörg Schweizer und die über Jahrzehnte an der Kanti tätige Mediothekarin Gudrun Wider interviewt.7 Anschliessend wurden unsystematische Aktenbestände sowie solche zu Bauten und Räumen nach Spuren der Technisierung des Unterrichts gesichtet. Aus den auf diese Weise aufgespürten «Versatzstücken der Erinnerung» ergab sich, als Etappenziel, ein Text zur «Aussensicht der Unterrichtsentwicklung». Dieser wurde anschliessend fünf langjährig an der Kanti Baden tätigen Lehrern 8 sowie zwei ausgewählten Familien aus der Badener Elternschaft 9 in Gesprächsrunden zum Kommentar vorgelegt mit der Frage: «Bildet unsere Sicht von aussen die Unterrichtsentwicklung ab, wie Sie sie von innen erlebt haben?» Einzelne Ausschnitte aus den drei Gesprächen Abb. 1 Lehrergespräch zur Rohfassung sind als «Zweitmeinungen» am passenden Ort in des Textes am 13. 12. 2010 im Lehrerzimmer den Text eingestreut. Insgesamt entstand auf diese der Kanti. Weise ein Puzzle von Sichtweisen auf 50 Jahre Unterricht an der Kanti Baden. Dieses mehrperspektivische Gesamtbild ist an manchen Orten inkonsistent, disparat oder gar widersprüchlich – es ist wohl so heterogen, wie es «der Unterricht» selbst auch war.

88

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Ein «Gymi» ohne Lehrplan? Wir sind Schulen mit Schulprogrammen, Leitbildern, Lehr-, Richt-, Grob- und Feinzielen, Qualitätsentwicklungspfaden, Evaluationszyklen und dergleichen gewohnt. Sie übersetzen den Bildungsauftrag von Bund und Kantonen in konkrete Vorgaben und Kontrollinstrumente für die Leistung von Schulen und deren Unterricht (und sie absorbieren heute nach Meinung vieler Lehrerinnen und Lehrer zunehmend zu viel Zeit auf Kosten des Unterrichtens). Ganz anders im Jahr 1961: An der neuen Kantonsschule Baden gab es eine einzige Vorgabe für den Unterricht – eine quantitative: Die Anzahl und die Verteilung der Fachlektionen über die Mittelschulzeit hinweg wurden von der Alten Kantonsschule in Aarau übernommen und offenbar nicht weiter in Zweifel gezogen – sei es aus Loyalität, Taktik oder Selbstverständlichkeit. Im Rahmen dieser sichtbar dem humanistischen Bildungsideal verpflichteten Relationen zwischen den Fächern wollte Gründungsrektor Schaufelberger einen eigenständigen Weg gehen, was die Inhalte des Unterrichts betraf: «[Unsere Lehrer gewinnen] die nötige Zeit, um die Gestaltung des künftigen Lehrplanes gründlich und ohne Hast zu überdenken und ihre Vorschläge, wenn sie sich in der Unterrichtspraxis bewährt haben, dem Konvent und den Behörden zu unterbreiten.»10 Er schuf mit diesem dezentralen, dynamischen Konzept von «Lehrplan» einen Zustand grosser Freiheit, der bis zu den Diskussionen über die neue Maturitätsanerkennungsverordnung in der Mitte der 90er-Jahre Bestand haben sollte.11 Hans Jörg Schweizer, in den 70er-Jahren Konrektor, resümiert Schaufelbergers Haltung wie folgt: «Aarau hatte keinen veröffentlichten und gedruckten Lehrplan, wollte aber der neuen Kantonsschule in Baden vorschreiben, was zu tun und zu lehren sei, wollte sie so gewissermassen ans Gängelband nehmen. Doch Schaufelberger war dafür der falsche Mann: er berief sich auf das, was die eidgenössische MAV, die Maturitätsanerkennungsverordnung, vorschreibe – das sei schliesslich der Auftrag der Gymnasien, und daran habe er sich zu halten.»12 Damit war das Thema «Bildungsauftrag der Kanti Baden» für Jahrzehnte vom Tisch. Dies lenkt den Blick auf das Lehrpersonal und die Frage «Wie verständigte sich das Kollegium der schnell wachsenden Schule über die Themen, die Gewichtung und die Ziele des Unterrichts»? Inhaltlich geschah dies bis Mitte der 90er-Jahre, nach den Worten des ehemaligen Rektors Edgar Knecht, wie folgt: «Wir hatten die Jahresberichte, dort wurden die Themen des Unterrichts aller Klassen aufgeführt; das war der Leitfaden, neuen Lehrern hat man gesagt: ‹lies mal einige alte Jahresberichte durch, dann weisst du, was du machen musst›.»13 Diese bereits erwähnten «Berichte über den Unterricht» waren ein Instrument der politischen Rechenschaft – und gleichzeitig in gewissem Masse ein «geheimer Lehrplan». Sie liessen subtile Veränderungen über die Jahre hinweg zu, ohne dass man sich in formellen Diskussionen detailliert einigen musste. Fachschaftsgeschichten I Ernst Götti, Lehrer 1969–2008: Die «Lehrpläne» – das war eher ein «Stoffplan», darin wurde zum Teil recht detailliert festgelegt, was zu tun sei. Die berühmte «50-Prozent-Regel» (50 Prozent der Unterrichtszeit sollten frei von Vorgaben sein), die bedeutete zum Beispiel bei uns, es sind 16 «Ganz-Werke» zu lesen in diesen vier Jahren, also vier Werke pro Jahr, das war

eine Art «Kanon». Der Stoffplan enthielt aber auch Teile, die eher ins Methodische hineingingen. Es war abgemacht, wie viele Aufsätze man schrieb, dass gewisse Referate gehalten und Protokolle geführt werden müssten. Und wenn eine junge Lehrerin an die Schule kam, dann drückte man ihr nicht den Jahresbericht in die Hände, sondern dieses Fachschaftspapier, mit dem Verständnis, «das ist das, worauf wir uns geeinigt haben». 89

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

Hans Rudolf Schneebeli, Lehrer 1979–2011: Ich wurde Lehrer, weil ich es besser machen wollte als mein eigener Mathematiklehrer. Ich habe Didaktik gehasst, deshalb habe ich ständig «empirische Didaktik» und Beobachtungen gemacht – dies war die Grundlage meiner «Vorbildung». Als ich nach Baden gewählt wurde, fragte ich den Rektor, ob ich einen Lehrplan haben könnte. Als ich 14 Tage vor Schulbeginn noch immer keinen hatte, fragte ich nach, worauf er mir sagte, er werde eine Lehrerin beauftragen, mir ein Heft eines Schülers zu besorgen. Dann bekam ich das Heft des Starschülers der künftigen Klasse, das schaute ich mir an und stellte fest, dass das nahtlos zu dem passte, was ich vorher schon (ohne Lehrplan) in Bülach gemacht hatte. André Ehrhard, Lehrer 1979–2011: Ich bin Anglist, wir hatten keinen Lehrplan, auch keine Werke oder einen «Kanon» festgelegt, es war nichts vorhanden, von

von Dieter Schindler

dem man sagen konnte, «daran kann man sich halten». Vielmehr lief dieser Prozess bei uns im Gespräch ab. Wir hatten unseren Doyen – der wusste alles, den fragte man alles, und als Junglehrer verlangte man sein Plazet, wenn man nicht sicher war. Er sagte stets, der Lehrplan sei nicht wichtig, den könne man eigentlich vergessen. Er versuchte natürlich durchaus, uns jungen Lehrern seinen literarischen Geschmack zu perpetuieren und uns zu beeinflussen – aber das führte zu interessanten Diskussionen … Hans-Peter Tschanz, Lehrer 1975–2010: Ich war der zweite Hauptlehrer für Physik. 1975 wurde ich gewählt, damals gab es keinen Lehrplan; es gab einen Stoffplan, wobei der Kollege, der schon da war, durchblicken liess, er habe nichts dagegen, wenn ich es anders mache – jeder solle auf seine Art selig werden …

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Hans Rudolf Schneebeli, Lehrer 1979–2011.

Unterricht war demnach mit dem «Wie viel?» und dem «Was?» genügend aussagekräftig beschrieben. Dass das «Wie?» und das «Wozu?» nicht definiert werden mussten – das war nicht nur in Baden so, das war im Schweizer Schulwesen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Brauch. Erst 1985 wurde öffentlich gefragt, welchen Platz das «solide Grundwissen» im gymnasialen Unterricht haben sollte – und die Frage stiess gleich auf viel inneren Widerstand:14 «In der Gymnasiallehrerschaft wurde ein solches Andrea Grolimund, Matur 1979: Die ErProjekt [eines gymnasialen Lehrplans] abgelehnt: innerung an den eigenen Unterricht ist warum sollten sich die Lehrkräfte vorschreiben total von den Lehrern und Lehrerinnen ablassen, was zu unterrichten sei. Lehrpläne waren in hängig: Da waren die, die man total gerne ihren Augen etwas für die obligatorische Schule, hatte, und da waren andere, die halt langnicht für das Gymnasium, wo richtige Wissenschaf- weilig waren oder wo es einen nicht terinnen und Wissenschafter ohne ‹ Weisungen von interessierte. Unser Deutschlehrer zum oben› unterrichteten.»15 Beispiel, der war immer so blumig und Hier liegt wohl der «Passe-Partout» zur vergeb- so engagiert, der setzte im Übrigen überlichen Suche nach einem verbindlichen «Lehrplan» haupt kein technisches Mittel ein, mit dem im heutigen Verständnis: Lehrerkollegien und Schul- gingen wir aber ins Theater, ins Schauleitungen konnten bis in die 80er-Jahre darauf spielhaus; er war halt eine Persönlichkeit. zählen, dass ihr eigener «Bildungsrucksack» noch immer aktuell, für ein Hochschulstudium ausreichend und demnach, auch was die Methoden betraf, so weiterzuvermitteln sei. Diese grosse Freiheit, über die sich die Lehrerschaft definierte und in der sie sich beruflich verwirklichte, war denn auch einer der zentralen Befunde einer Dissertation, die der Bildungsforscher Kurt Lüscher 1965 publizierte: Er kam aufgrund einer grossen Umfrage bei Berner Gymnasiallehrern « zu dem Schluss, dass sich Mittelschullehrer ‹primär als Fachwissenschaftler verstehen, welche mit ,richtig’ ausgewähltem Stoff Bildung vermitteln und der Ansicht sind, damit die Erziehungsaufgabe zu erfüllen›».16 Rektor Bächli beschrieb das kompakte Selbstverständnis des Kollegiums über seinen Bildungsauftrag im Jahresbericht 1984/85 aus Sicht der Schulleitung wie folgt: «Die entscheidenden Wandlungen ereignen sich im Kleinen, in den einzelnen Schulstunden; die Lehrer ändern ihren Lehrstoff, ihre Methode; sie orientieren sich über 90

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Neues in Wissenschaft und Gesellschaft und führen im Unterricht neue Erkenntnisse ein, soweit sie für unsere Stufe wichtig sind.»17 Er wusste in diesem Sinne die Qualität der Schule bei den Fachschaften und seiner wissenschaftlich ausgebildeten Lehrerschaft in guten Händen und konnte zuversichtlich sein, dass sich der Unterricht auch ohne sein Zutun gut entwickeln würde. Geheime Lehrpläne? Hans Rudolf Schneebeli, Lehrer 1979–2011: Im Grunde genommen gab es in der Fachschaft Mathematik einen informellen Lehrplan insofern, als man sich auf Lehrbücher einigte, die man verwendete. Mit diesen wollte ich aber nicht arbeiten, einfach darum, weil sie zwar historisch interessant waren, aber nicht zu dem passten, was ich im Sinne hatte. André Ehrhard, Lehrer 1979–2011: Wichtig war: Wir hatten ein Lehrbuch («Englisch für Sie» hiess es); es gab gar kein anderes, deshalb gab es darüber kaum Diskussionen – nicht wie heute, wo es unzählige davon gibt. Das Lehrbuch legte für uns alles Wichtige fest, zum Beispiel die grammatischen Themen oder das Vokabular; daran zweifelte niemand.

es klar, dass man am Gymnasium in einer Art «Berufsverbund» war, in dem man sich an eine grosse Menge von unausgesprochenen Regeln hielt, die funktionierten, wie es das damals überall in engeren Berufsverbänden gab. Man schrieb ja auch nicht vor, in welcher Kleidung man zur Kirche ging – das verstand sich von selbst. Ernst Götti, Lehrer 1969–2008: Ich habe eigentlich als Lehrer nicht viel anderes gemacht als das, was ich selbst als Schüler bei Rektor Fritz Schaufelberger gemacht hatte, und zwar bis zum Schluss – was den literarischen Kanon betrifft. Ich hätte mir nicht vorstellen können, beispielsweise eine Klasse zu unterrichten ohne Lessing und Aufklärung und Toleranz und all dies; es war für mich eine Selbstverständlichkeit, dass das einfach zu einer gymnasialen Ausbildung gehört.

Martin Mosimann, Lehrer seit 1983: Von Schüler- wie von Lehrerseite her war

Was hier aus heutiger Sicht an Gestaltungsraum erkennbar ist, reicht weit über das hinaus, was den Gymnasien im Rahmen der Verwaltungsreformideen des New Public Management in den späten 90er-Jahren als «Teilautonomie» zugedacht war (und mittlerweile durch Konzepte von «Output-Steuerung des Bildungsprozesses» schon wieder abgebaut wird). Die Rechenschaftslegung über die Gestaltung der Freiräume erfolgte glaubhaft über den Jahresbericht; dass die Politik darüber hinaus über die Lehrpläne Einfluss auf die Inhalte nehmen könnte (oder müsste), ist eine Vorstellung, die erst nach 1980 entstand (übrigens auch für die Volksschule). Diesen aus heutiger Sicht erstaunlichen Freiraum der Schule, der Schulleitung und der Lehrerschaft gilt es in Rechnung zu stellen bei der Frage nach deren Autonomie, Neuerungen in den Unterricht einzuführen: Weder wurde man als Lehrer von der Schulleitung insbesondere auch zur technischen Innovation verpflichtet, noch wurde sie einem verwehrt, falls die Finanzlage die Anschaffung entsprechender Ausrüstung erlaubte.18 Oder etwas verkürzt gesagt: «Wer wollte, der konnte» – wenn er es denn ertragen würde, sich dafür kritisieren zu lassen …

Aussendruck und Binnenfreiheit Dass die Kantonsschule Baden keinen behördlich genehmigten Lehrplan hatte, hiess allerdings nicht, dass das Nachdenken über die Inhalte des Unterrichts kein Thema gewesen wäre. Im Lehrerkonvent vom 30. August 1962 war eine «erste Diskussion über die Lehrplanrevision» traktandiert, es wurde über «Voraussetzungen, äussere Bedingungen, Formen des Unterrichts» beraten und dann beschlossen, Kollegen über neue «Schulsysteme» in der Schweiz und im umliegenden Ausland berichten zu 91

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

lassen.19 «Lehrplanrevision» meinte hier allerdings Revision der «Stoffprogramme der einzelnen Fächer». Sie kam, kaum begonnen, rasch ins Stocken wegen der Koordination mit der anstehenden Revision der Maturitätsanerkennungsverordnung (MAV): «Wir können an die Neugestaltung der Lehrpläne – die Aufgabe steht seit fünf, sechs Jahren auf der Tagesordnung – sinnvollerweise erst dann herantreten, wenn die Maturitätsverordnung […] revidiert und in Kraft gesetzt ist.»20 Hierhin passt eine Erinnerung von Hans Jörg Schweizer: «Generell gab es kaum Auseinandersetzungen um den Unterricht im Lehrerkonvent; die Anregungen für die Diskussion kamen meist aus der Schweizer Gymnasialszene.»21 Sie weist auf einen wichtigen Faktor für Veränderungsprozesse an den Schweizer Gymnasien hin: Es waren oftmals eher standes- oder bundespolitisch vorgegebene Wegmarken, die Tempo und Gegenstände der Schul- und Unterrichtsentwicklung vorgaben, als innerhalb der Schulen aktiv auftretende einflussreiche Personen, Gruppierungen oder gar die Schulleitung. Im Fall der Lehrpläne war es hier die MAV, die als Referenzpunkt der Diskussionen relevant war – allerdings mit der Wirkung einer Bremse. Beispiele für Schub aus nationalen Vorgaben wären das Langschuljahr, das gleich nachfolgend Thema sein wird, oder die neue Maturitätsanerkennungsverordnung, MAR (1995). 22 Innovation: von innen oder von oben? Martin Mosimann, Lehrer seit 1983: Die These, Unterrichtsentwicklung habe erst dann stattgefunden, wenn etwas von oben gekommen sei, stimmt nicht. Schritte von oben haben allenfalls dazu geführt, dass das, was innovative Lehrer bereits machten, «gemacht werden durfte». Einige haben beispielsweise mit «Vertragsvereinbarungen» mit Schülern gearbeitet für die individuelle Arbeit im Schulhaus. Als dann neue Unterrichtsformen eingeführt wurden, konnte man dies, nun von oben her gedeckt, ebenfalls tun – aber die Ideen, die waren schon lange vorher da. Hans-Peter Tschanz, Lehrer 1975–2010: Bildungsverwaltungen waren bei Schulversuchen eher hinderlich. Spitz und verkürzt gesagt: Zuerst wehrten sie sich gegen das Neue, und wenn es dann «in» wurde, musste es formalisiert und normiert werden – damit blieb die Entwicklung wieder stehen, in-

dem das Neue zur Norm wurde, allein selig machend. So habe ich es stets empfunden. Wir hatten lange grosse Freiheiten an der Kanti Baden – wir wurden erst eingeengt durch die Lehrplanarbeit. Hans Rudolf Schneebeli, Lehrer 1979–2011: Ein Beispiel für ungewohnte Wege zu Neuem ist das Schicksal der Darstellenden Geometrie (DG), deren enges Verständnis wir in Baden als hinderlich empfanden für die Erneuerung des Unterrichts. Wir wollten den Weg in Richtung Angewandte Mathematik gehen, im Lichte des damaligen Ingenieurmangels. Um 1988 konnte ich erreichen, in die Deutschschweizerische Mathematikkommission aufgenommen zu werden; über diese Kommission ausserhalb der eigenen Schule konnte wir schliesslich an der Kanti Baden den Ersatz der DG durch AM herbeiführen. Was bedeutet: Man konnte auch über externe Strukturen an der eigenen Schule viel bewirken oder Lehrpläne beeinflussen – aber man musste dafür arbeiten.

Martin Mosimann, Lehrer seit 1983.

Das Beharrungsvermögen von Schulen hat nach Meinung des Bildungsforschers Jürgen Oelkers gute Gründe: Schulen seien «eher konservative Institutionen, die nicht jeder pädagogischen Mode nachjagen, sondern die vom Bewährten ausgehen. Das kann nicht einfach ‹träge› genannt werden, sondern ist die Folge von bislang nicht überbotenen Problemlösungen.»23 Oelkers kam in seinen Untersuchungen zum Schluss, Schulsysteme und Schulen versuchten in Phasen rascher Veränderung, «im Wandel Stabilität zu bewahren». 24 Auf den Fokus dieses Beitrags übersetzt: «Nicht jeder Mode nachjagen» hiess, nicht jede technische Lösung ungefragt zu übernehmen, sondern nur, wenn sie (aus Lehrersicht) besser zur «Problemlösung» im Unterricht beizutragen versprach als die bewährte. In dieser schlauen Haltung mag ein Grund dafür liegen, dass eine unscheinbare eidgenössische Vorgabe die Vielfalt des Lehrens und Lernens in Baden (und anderswo) vermutlich mehr gefördert hat als manche mit «Innovation» etikettierten Projekte: 92

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

das Langschuljahr von Frühjahr1988 bis Spätsommer 1989. Der Übergang zum landesweiten Schulbeginn nach den Sommerferien eröffnete vielen Schulen ein Experimentierfeld für Unterrichtsformen ausserhalb des Stundenplanrasters. In Baden wurde das Programm für das zusätzliche halbe Jahr in verschiedenen Konferenzen unter aktiver Mitwirkung der Schülerschaft entwickelt. Zitate aus dem Jahresbericht 1988 und den Konventsprotokollen umschreiben die nachhaltige Wirkung dieser «grünen Wiese»: «Das Langschuljahr brachte den Schülern eine reiche Palette von Sonderaktivitäten und den Lehrern die Möglichkeit, an unüblichen Themen neue Unterrichtsformen auszuprobieren.»25 «[Es] sollte uns Gelegenheit geben, neue Arbeitsformen praktisch zu erproben und die interdisziplinäre Betrachtungsweise zu pflegen. […] Ziel der verschiedenen a. o. Schüleraktivitäten im Langschuljahr war es, den gebotenen Freiraum möglichst dazu zu benutzen, ohne Notendruck verschiedene Arbeitsformen zu erproben.»26 Das Langschuljahr wurde auf diese Weise zu weit mehr als einer «organisatorischen Pflichtübung», es wirkte als Katalysator und führte die Lehrer- und die Schülerschaft zu einem Erfahrungsschatz an neuen Arbeitsformen. Das Projekt ELF-C («erweiterte Lehr- und Lernformen im Typus C») schloss 1991/92 fast nahtlos ans Langschuljahr an. Es bot die Gelegenheit, «das fachübergreifende und vernetzte Denken, die Verbindung von theoretischem Wissen und Praxiserfahrung, die Teamfähigkeit, die Fähigkeit zu selbständiger Arbeit» zu fördern. 27 Formen von Unterricht und Lernen konnten ohne Rücksicht auf deren Integrierbarkeit in den Semester- und Fächerraster erprobt werden. Die Einpassung in den Regelunterricht erfolgte im nachfolgenden «ELF-C-Projekt», das in Gestalt des Projektunterrichts wichtige Vorarbeiten für die prominente Dotierung der Maturitätsarbeit im Kanton Aargau im Rahmen des MAR 95 leistete. Der Bericht über die Evaluation der ELF-C-Erfahrungen ist ein eindrückliches Dokument zu Formen von «Evaluation» und «selbstorganisiertem Lernen» – lange vor der gegenwärtigen Hochkonjunktur dieser Begriffe. 28 Es bilanziert, wie eine organisatorische Vorgabe das Feld für eine institutionalisierte methodisch-dikaktische Modernisierung des Unterrichts öffnen und in Teilen von Curriculum oder Unterrichtsorganisation zu einer dauerhaft veränderten «Grammatik des Unterrichts» führen konnte. 29 Roland Boesiger, Matur 2000: An den Zurück zur Suche nach dem Kontext für das täg- Projektunterricht habe ich eine gute liche Unterrichten in Baden: Erst 1969, sieben Jahre Erinnerung, das war innovativ. Das nach der «ersten Diskussion», wurde im Lehrerkon- waren coole Sachen, für C-Maturanden vent ein «Vorschlag von Rektor Dr. Schaufelberger» geeignet, dort war Teamarbeit gezur Ausarbeitung von «verbindlichen Lehrplänen» fragt, man konnte sich mit guten Leuten diskutiert. Die Lehrpläne sollten dabei «nicht mehr zusammen tun und gemeinsam etwas als 50 Prozent des Stoffes» fixieren und «ehrliche erarbeiten und präsentieren. Minimalprogramme» sein. Sie «sollen jedoch für Versuche ohne weiteres ausser Kraft gesetzt werden können». 30 Die Protokollsequenz ist aufschlussreich: Der Verweis auf die «Ehrlichkeit» enthält das nicht weiter erstaunliche Eingeständnis, dass niemand die Programme und die Realität des Unterrichts als deckungsgleich betrachtete. Beachtlich ist an der Vorgabe ferner, dass eine «freie Reserve von 50 Prozent des Stoffes» einzuhalten war und dass der neue Lehrplan Schulversuche nicht behindern sollte. Rektor Schaufelberger wollte offenbar weder die Autonomie seiner Kollegen noch den lehrplanfreien Raum seiner 93

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Schule als Ganzes preisgeben. Er schrieb im Jahresbericht 1969/70 denn auch, es sollten Koordinationsmöglichkeiten untersucht werden, um im Rahmen der Fachschaften zu versuchen, «einem zukünftigen Lehrplan für unsere Schule vorzuarbeiten». 31 Mitte der 70er-Jahre wurden auf der Basis von Versuchen vor allem an Zürcher Kantonsschulen Monika Boesiger-Fischer, Matur 1967 (S. 87): Wahlfächer heftig diskutiert und schliesslich einge- Die «Highlights» meiner Kantizeit waren führt: Sie erhielten zwei Lektionen wöchentlich zu- die klassenübergreifenden Theaterprojekte, geteilt, in Klassengrössen von zwölf Schülern und vor allem «Romeo und Julia». Unsere Klasse, interdisziplinär zwischen jenen Fächern, die Stun- damals im Maturjahr, war vollzählig dabei, den für das neue Gefäss abgetreten hatten. 32 Dane- wir gingen sogar auf Tournee. ben waren es seit der Gründung der Schule schon Andere bleibende Erinnerungen waren immer vielfältige, unter verschiedenen Namen fun- Exkursionen, zum Beispiel mit Geologie auf gierende «Sonder- und Arbeitswochen» gewesen, die Lägern, und Arbeitswochen irgendwo in denen entlang der Grenzlinien von Sympathie in der Schweiz sowie die Skilager, wo die und Interesse über die Fachgrenzen hinaus koope- ganze Schule samt Lehrern mitging. riert wurde, unter Begründung und Verfestigung persönlicher Kontakte. Es scheint, als ob es dafür lange keine fixen Gefässe oder Zeiträume gegeben hätte. Offenbar suchte man zuerst für eine Idee im persönlichen Interessenkreis einen Kollegen sowie eine oder mehrere Klassen – und schliesslich ein geeignetes Zeitfenster im Jahr, in Absprache mit dem Rektor. Veranschaulichen kann man dieses für Anlässe ausserhalb des Stundenplans geltende Prinzip «freiwillig, lehrerabhängig, auf persönliche Initiative»33 an einem Beitrag aus dem Jahresbericht 1969/70. 34 Die Klasse 2a reiste mit ihren beiden Lehrern Heinz Eith und Peter Abt zu einer «archäologischen Sondiergrabung» ins Württembergische: «Die Klasse 2a war erfreulicherweise bereit, an einem Experiment zur Neugestaltung der drei Schulreisetage aktiv mitzuarbeiten. Wir versuchten, einige Methoden landschaftskundlicher Forschung näher kennenzulernen, wobei im Mittelpunkt unseres Unternehmens eine kleine Ausgrabung römischer Siedlungsreste stand.» Die Zeilen spiegeln die Begeisterung des Zeichnungslehrers Eith für sein Hobby, er schaffte es in jenen Jahren mehrmals, Klassen und Kollegen für Tage oder Wochen in Geislingen zu mobilisieren. 35 Das kann man als Marotte belächeln – oder als Leidenschaft eines engagierten Lehrers würdigen. Aber ohne solche persönlichen Ressourcen kann «guter Unterricht» kaum gelingen. Wie auch immer: Bei den erwähnten Veranstaltungen ausserhalb des Stundenplans ist insgesamt eine administrativ kaum begrenzte Lehr- und Lehrerfreiheit sichtbar, die aus heutiger Sicht aussergewöhnlich anmutet. Offensichtlich herrschte im Badener Kollegium ein grundsätzlicher Konsens über den pädagogischen Wert dieser Freiheit. Sie scheint geschützt und gepflegt worden zu sein, von der Schulleitung wie von der Lehrerschaft selbst. Es stellt sich deshalb die Frage nach deren innerer Struktur und der Art ihrer Kommunikation.

Kollegium und Kommunikation Für Lehrer und Lehrerinnen war der Ort der täglichen Arbeit an der Schule das Schulzimmer – und die Fachschaft. Diese war der Ort des Gesprächs, des Konflikts und der Veränderung in Sachen Unterricht, über sie wurden Neuerungen installiert oder geduldet. Die Fachschaften waren übersichtliche Kleingruppen, je geführt von 94

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

einem Hauptlehrer (oft dem Doyen, bis er abtrat), die aus ihrem wissenschaftlichen Selbstbewusstsein und Berufsstolz heraus dachten und handelten. Die 50 «Hilfslehrer» waren im Lehrerkonvent der 30 Personen (Stand 1970) noch nicht vertreten und hatten in Planungs- und Konzeptfragen wohl kaum Einfluss. Sie wurden erst zwölf Jahre später, im November 1982, zu stimmberechtigten Mitgliedern – falls sie zwei Jahre lang mindestens ein halbes Pensum unterrichtet hatten und falls es nicht um Personalgeschäfte ging. 36 Rektor Schaufelberger führte die Schule offensichtlich mit Fachwissen, Sachverstand, Strenge und Vorbild. 37 Eine kleine Aktennotiz deutet auf seine Stellung im Kollegium hin: Als der Sekretär der schweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz 1982 nachfragte, von wem in Baden die Initiative zu Veränderungen der Stundentafel auf der Oberstufe ausgegangen sei, gab Schaufelbergers Nachfolger Bächli eine träfe Antwort: «Die Initiative kam vom damaligen Rektor, Dr. F. Schaufelberger; sie wurde bald von einer Rolf Iten, Matur 1979: Schaufelberger war Mehrheit des Lehrerkonventes mitgetragen.»38 angeblich ein fortschrittlicher Rektor; Im lange gut überschaubaren Lehrerkonvent wir haben ihn als Schüler, die nicht von ihm hatten die meisten viele Freunde (und wohl auch unterrichtet wurden, allerdings eher als Feinde – aber darüber ist nur wenig aktenkundig strengen, eher mürrischen Hausherrn erlebt und wird eher geschwiegen). Von Netzwerken in- – dieser Ruf wurde ihm wohl nicht gerecht. nerhalb des Kollegiums zeugen mehrfach kleine Er war ja offensichtlich eine «Koryphäe», Passagen in den Würdigungen aus Anlass von Rück- aus heutiger Sicht. tritt oder Hinschied. Ein Beispiel: «Walter Birrer gehörte sicherlich zu diesem Kreis [der ersten Hauptlehrer]. Zusammen mit unserem im letzten Jahr verabschiedeten Kollegen Fritz Tanner studierte er an der ETH […]. Die Freundschaft, die ihn mit Fritz Tanner verband, sollte auch ausschlaggebend für seine Wahl in Baden sein.»39 Was heute anrüchig tönen mag, war zu Badens Gründerzeiten Notwendigkeit: «Bei dem herrschenden Lehrermangel darf man von Glück reden, wenn von 13 Lehrerstellen an einer Mittelschule 11 mit gut ausgewiesenen Kandidaten besetzt werden können.»40 Fachschaftsgeschichten II Ernst Götti, Lehrer 1969–2008: Der Behauptung, die Hilfslehrer hätten in Planungs- und Konzeptfragen kaum Einfluss gehabt, muss ich widersprechen: Ich selbst wurde in der Germanisten-Fachschaft vom ersten Moment an in die Lehrplandiskussion absolut vollwertig einbezogen, genau gleich wie alle gewählten Hauptlehrer, wir konnten voll mitbestimmen. Das war vermutlich sehr unterschiedlich von Fachschaft zu Fachschaft. Wir waren in der Germanistik 4, 5 oder 6 Kollegen, ungefähr im gleichen Alter, die miteinander praktisch die ganze Schule durchliefen. Wir waren gleich aufgewachsen, wir hatten ungefähr die gleichen Auffassungen, und die jüngere Generation von Lehrern passte sich mehr oder weniger an.

Hans Rudolf Schneebeli, Lehrer 1979–2011: Als Anfang der 80er-Jahre ein neuer Kollege gewählt wurde, mit dem ich mich gut verstand, konnten wir zusammen viel bewirken: Wir veranstalteten etwa alle zwei Jahre eine grosse Weiterbildungsveranstaltung im Bereich des Mathematik- und Informatikunterrichts beziehungsweise der Informatikanwendung. In den folgenden Jahren ersetzten wir Darstellende Geometrie durch Angewandte Mathematik, beteiligten uns an Wettbewerben zum Zweck der Ingenieurförderung, kooperierten im Nachgang dazu mit der ETH, integrierten neue Themen, Lernmethoden und Literatur aus den USA in den Unterricht und schufen Beziehungen mit der ABB zwecks Benutzung von Rechnern.

Ernst Götti, Lehrer 1969–2008.

Die im Vergleich zu heute augenfällige Überschaubarkeit des Hauptlehrerkollegiums gilt es in Rechnung zu stellen, wenn man abschätzen will, wie formalisiert die Kommunikation im Kollegium verlief – mindestens bis etwa Anfang der 80er-Jahre. Ein 95

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Idealbild des Umgangs im Kollegium malte Konrektor Schweizer etwa 1973 in seinem «Raumprogramm» für den Erweiterungsbau: «Damit das Lehrerzimmer seine Funktion als Ort des Gesprächs und der Mitteilung der Kollegen untereinander erfüllen kann, ist folgendes zu fordern: Jeder Lehrer soll die Gewissheit haben, dass er jeden anderen Lehrer mindestens einmal, in der Regel wohl mehrmals in der Woche, im Lehrerzimmer treffen kann. […] Es soll ca. 30 Personen bequemen Aufenthalt bieten und eine freundliche Atmosphäre haben; […]» 41 Sicher bis zum Bezug des Erweiterungsbaus von 1978 (und vermutlich auch noch einige Jahre danach) konnte sich das etablierte Lehrerkollegium «zwischen Tür und Angel» unter sich und mit der Schulleitung über das Wichtige mündlich verständigen. 42 Für die Frage nach der Mechanik der technischen Innovation ergibt sich daraus, dass die Lehrer der Kanti Baden für die Gestaltung ihres Unterrichts in den meisten Fachschaften viel Spielraum und kaum Vorgaben hatten. Wer methodisch-didaktisch Neues ausprobieren wollte, konnte dies ohne lange administrative Wege tun: allein, in der Fachschaft oder mit Gleichgesinnten im Kollegium. «Neues» kam damals nicht nur in Form neuer Unterrichtsformen unter Aufbrechung des Klassenverbandes infrage, sondern zunehmend auch in Form von technischen Unterrichtshilfen. Welches waren also die bedeutsamen technischen Schritte auf dem Badener Weg von der «Schnapsmatrize» (Alkoholumdrucker-Matrize) zur Laptopklasse am Internet?

Die Jahre nach 1970: Die Technik hält Einzug Konrektor Hansjörg Schweizer erstellte etwa 1973 ein Blatt «Raumprogramm – Installation von Projektions-, Radio-, Grammo-, TV-Apparaten», das die technischen Wünsche der Fachschaften auflistete (vermutlich im Hinblick auf den Erweiterungsbau, für den der Grosse Rat im Juni 1971 den Projektierungskredit gesprochen hatte). Das Blatt spiegelt den Stand der technischen Unterrichtsmittel am Ende des ersten Badener Kanti-Jahrzehnts:43 Die Ausrüstungsliste bildet mit den Wünschen nach Grammophon, Filmprojektionsmöglichkeiten und «Proki-Schreiber» für die frühen 70er-Jahre den Stand der zeitgemässen Technik im Haus ab. Das Tastaturschreiben wurde noch im Klassendiktat erlernt, als Tonträger scheinen Schallplatten Alltag gewesen zu sein, von Ton- oder Videokassetten ist noch nicht die Rede, und die Beschaffung elektronischer Rechner scheint noch kein Thema gewesen zu sein. 44 Die Stückzahlen auf der «Bestellliste» für den Erweiterungsbau lassen darauf schliessen, dass es sich bei den gewünschten Geräten um Hilfsmittel für einzelne Lektionen oder kleinere Unterrichtssequenzen von einzelnen Lehrpersonen gehandelt haben wird. Zum Thema «Film» ist die Information wichtig, dass der «Unterricht in Massenmedien» im Lauf der 60er-Jahre zur politischen Forderung an die Mittelschulen geworden war. Das Erziehungsdepartement hatte schon 1963, anlässlich der Bestückung der neuen Aula mit einem 16-mm-Filmprojektor, angeregt, es sei die «Filmerziehung» beispielsweise in Form einer «Arbeitsgemeinschaft» zu betreiben. 1967/68 wurde der «Massenmedienunterricht» Thema im Konvent, weil im Grossrat eine Motion eingereicht worden war, die einen solchen forderte:45 «Zur Frage des Massenmedienunterrichts hat [der Konvent] vorgeschlagen, kein neues Fach einzuführen, aber eventuell in Arbeits- oder Konzentrationswochen auf den Fragenkomplex einzugehen.» 46 Die For96

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Abb. 2 «Raumprogramm» für Neubauprojekt der 70er-Jahre (vermutlich 1973). 97

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

derung der Fachschaft Biologie nach einem speziellen «TV-Gerät für interne Projektion» verweist aber bereits auf die Spur, auf der Bilder im folgenden Jahrzehnt im Unterricht laufen lernten: nicht auf der Filmleinwand, sondern via Videokassette auf dem Fernsehschirm. Insgesamt deutet die Liste von 1973 noch nicht auf eine «flächendeckende Technisierung» des Unterrichts hin. Die kantonalen Planer für den Erweiterungsbau gingen allerdings zur gleichen Zeit (im Mai 1973) schon von einer Peter Boesiger, Matur 1966: An Technik Kolonnenordnung der Bänke mit einer prominen- habe ich nur das Episkop und Dias in ten Platzierung einer Projektionswand für den Hell- Erinnerung, vor allem in der Kunstgeschichte raumprojektor (HRP) schräg seitlich des Lehrer- und auch in der Biologie; in den neu erpults aus, in Kombination mit einem Diaprojektor, stellten Haller-Bauten war die Ausrüstung montiert auf einem «Boy»:47 dafür vorhanden – vorher, im «Klösterli», Ein vielversprechender Technologiesprung war kam der Zeichnungslehrer mit dem Projektor allerdings in der Audiotechnik schon vorher erfolgt, «dahermarschiert» … in der Sprachdidaktik: Neuartige «Sprachlabors» schienen in den späten 60er-Jahren einen Umbruch auch im Unterricht – nicht nur auf der Strasse – anzukündigen.

Das Sprachlabor: «Mission impossible»? Aktenkundig ist ein «Sprachlabor» erstmals im Jahresbericht 1968/69, wo der Rektor unter den Geschäften des Lehrerkonvents «aus schulinter- Abb. 3 Das sogenannte «Normklassenner Anregung […] die Stellungnahme zu Einrich- zimmer» als Planungsgrundlage für den tung und Standort eines Sprachlabors» erwähnt. 48 Erweiterungsbau der 70er-Jahre (Fenster Das Protokoll präzisiert das Problem: «Geeignete links, Korridor rechts, Wandtafel oben). Räume fehlen.»49 Aus dem Jahresbericht des kommenden Jahres wird klar, dass zwar 1968 ein Kredit gesprochen worden, der Einbau eines Sprachlabors im Kellergeschoss aber aus Kostengründen verworfen worden war. Weil ein angedachter Erweiterungsbau wieder in die Ferne rückte, hatte der Regierungsrat die Errichtung von vier «Baracken» ins Auge gefasst. Dort, auf dem Stück Land, wo später die «exacte Landschaft» entstand, wurde 1973 ein Sprachlabor eingerichtet – offensichtlich dank der unermüdlichen Fürsprache eines Fachschafts-Doyens: Theodor Roland Boesiger, Matur 2000 (S. 93): Im Ebneter, Französischlehrer der ersten Stunde, be- Badener Sprachlabor schrieb ich nur schäftigte sich neben einem Habilitationsprojekt Prüfungen ... Aber in Norwegen, während zur romanischen Sprache auch mit der Didaktik meines Studiums an der Fachhochschule des Sprachlaborunterrichts und sah in der neuar- (im Rahmen meines Erasmus-Aufenthalts), tigen technischen Unterstützung des Sprachunter- erfuhr ich im Sprachlabor sehr effizientes richts viel Potenzial. 50 Sprachenlernen, mit passenden LehrGudrun Wider, die 1986 die Mediothek und damit büchern und Lehrerhilfe. Kantischüler sind die Bewirtschaftung des Geräteparks der Schule vielleicht zu jung dafür; in Norwegen (ausser dem Sprachlabor) übernahm, erinnert sich, konnten wir profitieren, weil wir alle eine in der Mitte der 80er-Jahre sei das Sprachlabor als für uns neue Sprache lernen wollten. 98

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

«kurzlebiger Modegag» gesehen worden und habe generell kein gutes Renommee gehabt. 51 Manche Gesprächspartner erinnern sich an die Gewohnheit von Lehrern, das Sprachlabor ab den späten 80er-Jahren als Prüfungsraum zu benutzen – weil man wegen der Zwischenwände weniger gut abschreiben («spicken») konnte. 52 Dieser offenbar von verschiedener Seite gern gesehene «Nebennutzen» ist noch für 1995 belegt, mindestens für die Maturklassen. 53 Sprachlabor: André Ehrhard, Lehrer 1979–2011: 1977/78 stürzte die Baracke ein – aber zum Leidwesen vieler blieb das Sprachlabor unversehrt, der andere Teil wurde zerstört … Unser Problem war der «Fluch der Pionierrolle»: Wir hatten eines der ersten Sprachlabors, noch mit Spulentonbändern! Die machten den Lehrer zum «technischen Assistenten», weil die Geräte so störungsanfällig waren. So hatte der Gebrauch des Sprachlabors schliesslich methodisch kontraproduktive Folgen: Es funktionierte technisch so schlecht, dass man sich nachher lange Zeit scheute, über «Computer im Sprachunterricht» zu reden.

Das Sprachlabor scheiterte als Unterrichtsmittel letztlich daran, dass die Schüler die Fähigkeit nicht hatten, ihre eigenen Fehler zu erkennen. Das war die didaktisch-methodische Fehlüberlegung. Hinter der Maschine konnten sich die Schüler auch eher verstecken, als mit dem Lehrer individualisiert Kontakt aufzunehmen. Ernst Götti, Lehrer 1969–2008: Man muss allerdings anfügen, dass man 1979, bei der Einweihung des neuen Traktes, das neue Sprachlabor im Erweiterungsbau noch stolz vorgeführt hat – es war eine der Stationen auf dem Rundgang und wurde damals als «innovativ» verkauft!

André Ehrhard, Lehrer 1979–2011.

2001 wurde das Sprachlabor in einen Computerraum umgebaut, nachdem es offenbar immer weniger für den Fachunterricht genutzt wurde und technisch längst überholt war. Es scheint, als ob das Projekt «Sprachlabor» methodisch noch zu ungewohnt und technisch zu archaisch – und in dieser Kombination eine «Mission impossible» gewesen sei. Wie auch immer: Der nachfolgende Einbau eines Computerzimmers anstelle des Sprachlabors war ein durchaus zeittypischer Schritt. Einerseits war die Montage von Rechnern einfacher und günstiger, wenn ein Raum bereits Kabelkanäle und elektrotechnische Einrichtungen enthielt. 54 Andererseits wies das Sprachlabor schon früh die Richtung zum Computerunterricht: Alle Schülerinnen und Schüler hatten erstmals Maschinen vor sich, die ihnen individuelles Arbeiten mit operationalisiertem Unterrichtsmaterial ermöglichten, unter technischer und pädagogischer Beaufsichtigung durch die Lehrperson. Die fortschrittliche Unterrichtslehre sah in diesem neuen Arrangement damals grosses Potenzial: «Könnten die Schüler nicht durch umsichtiger geplante Aufgaben, ohne Hilfe des Lehrers, selbständiger üben und sich auch bereits zum voraus etwas an das Neue herantasten? Dem Lehrer bliebe dann mehr Zeit für das Schwierigere und Entscheidendere. Neue Wege im Sinne dieser Frage gehen zum Beispiel der ‹ Programmierte Unterricht› und die versuchsweise hier und dort installierten ‹ Sprachlabors› ». 55 Der Einbau eines Computerraums am Ort des alten Sprachlabors zeigte allerdings auch, dass künftig andere Fächer und Personen die Modernisierung der Unterrichtstechnik in die Finger nehmen würden. Und mit der Entfernung der Sprachlaborkojen und der Tonbandgeräte tat man den symbolischen Schritt von der analogen Unterrichtstechnik zur digitalen: vom Zuhören zum Zuschauen, vom Kopfhörer zum Bildschirm, vom Kassettengerät zur Tastatur – und vielleicht auch vom Primat der Sprachen zu jenem der Informatik?

99

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Fotokopie und Hellraumprojektion: ein erfolgreiches Tandem Das Sprachlabor machte die Auflösung des synchronisierten Lernens im Klassenverband möglich. Zur selben Zeit, in der Mitte der 70er-Jahre, verfestigte der in den USA entwickelte Hellraumprojektor (OHP, HRP oder militärisch «Prokischreiber» genannt56) scheinbar die frontale Ausrichtung des Unterrichts . Dies aber nur auf den ersten Blick – im wörtlichen Sinn. Parallel zur scheinbaren Fokussierung der Klasse nach vorn öffnete der HRP nämlich den Fächer der methodisch-didaktischen Möglichkeiten – insbesondere in Verbindung mit den Möglichkeiten der Fotokopie. Es wurde nun einerseits möglich, Schülerinnen und Schülern verschiedene Texte abzugeben und separate Aufgaben zu stellen, ohne auf Abb. 4 «Für Arbeitsprojektion, eine in schuleigene Bücherserien angewiesen zu sein. An- Deutschland noch sehr junge, in Amerika dererseits konnten auch Lehrerinnen und Lehrer (‹Overhead Projektion›) bereits bestens ihren Unterricht nach ihren Stärken und Vorlieben eingeführte visuelle Lehrhilfe, finden sich individualisieren beziehungsweise «personalisie- auch die Bezeichnungen ‹Tageslicht- oder ren», was häufig Basis eines guten Unterrichts ist. Hellraumprojektion› (das aber genauso Kein Wunder deshalb, dass die befragten Schullei- für die Dia-Tageslichtprojektion zutreffen ter und Mitarbeitenden den Fotokopierer als die könnte) bzw. ‹Schreibprojektion›. Sie alle einschneidendste technische Innovation bezeich- meinen eine bei Tageslicht mögliche neten: Er war die technische Basis für die Organi- Projektion sowohl von transparenten Vorsation eines methodisch und thematisch vielfältigen lagen (Folien und Modellen) als auch Unterrichts mit Gruppen-, Partner- und Einzelarbei- gewissen Arbeiten des Lehrers (Schreiben, ten. 57 Er löste den Klassenverband damit nicht auf, Zeichnen, Experimentieren) auf einer erlaubte aber in dessen Rahmen eine zukunfts- stark angeleuchteten Arbeitsplatte im trächtige Binnendifferenzierung des Unterrichts. Format 25 × 25 cm.» Technischer Beschrieb Parallel zur Erweiterung der methodischen Mög- eines Gerätes zur «Tageslicht- oder Helllichkeiten vergrösserte der Hellraumprojektor in- raumprojektion», aus einem 1970 erhaltlich den Fächer des von der Lehrperson ge- schienenen didaktischen Buch über führten «fragend-erörternden Unterrichts» (oft zu «audiovisuelle Hilfsmittel». Unrecht als «Frontalunterricht» verunglimpft): Neue Laserkopierer und Farbfolien weiteten in den 90er-Jahren das Materialsortiment auf Lehrerseite sichtbar aus. In dieser Beziehung bedeutete die Overheadprojektion einen grossen Schritt in Richtung einer erweiterten schulischen Nutzung der damals immer mehr so genannten «Informationsflut». Der Entscheid über die im Unterricht zu verwendenden Informationen lag allerdings vorläufig noch weitgehend in der Hand der Lehrperson – auf der «Datenbasis» des Buchdrucks. Die Verbindung von Fotokopie und HRP wurde in den Jahren nach 1970 zur «Basistechnologie» des gymnasialen Unterrichts. Ex-Konrektor Schweizer erinnert sich, erst der Neubau von 1978 habe einen allen Lehrkräften zugänglichen Kopierapparat gebracht und damit den definitiven Abschied von den «Schnapsmatrizen». Die Kopien seien allerdings noch lange vom Lehrer zu bezahlen gewesen, teilweise von den Fach100

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

schaften; auch die Schüler hätten sich immer an den Kopien beteiligen müssen – bis zum heutigen Tag. 58 Auch zufällige Hinweise aus Protokollen sagen kaum Grundsätzliches aus – beispielsweise wird am 6. Dezember 1994 im Konvent bemängelt, «dass für die Lehrerschaft nur sehr bescheidene Kopiergeräte zur Verfügung stehen. Er bittet zu überlegen, ob die technisch anspruchsvolleren Kopiergeräte der Abwarte auch der Lehrerschaft zugänglich gemacht werden könnten.»59 Dieses Zitat legt nahe, dass die Fortschritte der Kopiertechnologie möglicherweise nicht primär vom päd- Melanie Boesiger, Matur 2010: «Unterricht» agogischen, sondern vom administrativ-technischen an der Kanti Baden hiess bis am Schluss Bedürfnis (und Budget?) gesteuert wurden – min- immer noch sehr viel mit dem Helldestens phasenweise. raumprojektor, mit Compi-Vorlagen oder Einfacher als Daten zur Installationsgeschichte von Hand beschriebenen Folien. des Hellraumprojektors sind Geschichten zu dessen Der Hellraumprojektor gehört für mich Symbolkraft zu finden aus jenen Jahren, als der HRP einfach zu «Schule». noch nicht Standard war: In den meisten Fächern hatten lang dienende Hauptlehrer Anrecht auf ein zugewiesenes «persönliches Zimmer» – mit dem «Zauberstab HRP» ausgerüstet.60 Wortlaut und Tonalität einer Konventsmitteilung am 2. Mai 1975 geben vor diesem Hintergrund einen Hinweis auf Hierarchien und Territorien auch im überschaubaren Badener Kollegium: Es wird von Hauptlehrerseite beantragt, «dass in allen Zimmern die Sitzordnung belassen oder wiederhergestellt wird, die der regierende Hauptlehrer wünscht». 61 «Dogma Hellraumprojektor?» Hans-Peter Tschanz, Lehrer 1975–2010: Es waren die Didaktiker, die aus dem Hellraumprojektor eine Glaubenssache machten – und das Militär! Plötzlich war nichts mehr gut, das nicht mit Hellraumprojektor dargestellt werden konnte. Ich hatte zu jener Zeit Kandidaten für das Höhere Lehramt bei mir im Unterricht, die von Prof. Frey von der ETH kamen. Sie wussten zu berichten, Frey habe ihnen gesagt (das kam mir vor wie in der ArtillerieRekrutenschule), ein Hellraumprojektor müsse innert 30 Sekunden sozusagen «in Gefechtsstellung» bereit sein. Das war das Mühsame: Man MUSSTE den Hellraumprojektor gebrauchen, da war

der Druck von den Fachdidaktikern her massiv, das sei nun «in», hiess das Dogma – und die Wandtafel «out». Ernst Götti, Lehrer 1969–2008: Der Hellraumprojektor musste meiner Meinung nach nicht notwendigerweise zu einer Zentrierung auf den Lehrer im Unterricht führen. Auch die Schüler setzten den Hellraumprojektor von Beginn weg ein: Früher mussten Ergebnisse von Gruppenarbeiten mühsam auf «Schnapsmatrizen» präsentiert werden – das wurde nun einfacher, mit Folien. Dafür haben wir die Schüler am Hellraumprojektor extra ausgebildet.

Hans-Peter Tschanz, Lehrer 1975–2010.

Der Schritt von der Wandtafel zum Hellraumprojektor war technisch und hinsichtlich des Fächers an nutzbaren Unterrichtsmaterialien markant. Die «Architektur» des Unterrichts (und der Schulzimmer) blieb dabei weitgehend unverändert; auch die jüngsten Technologieschritte mit Beamer und elektronischer Wandtafel bauen räumlich auf dem Arrangement und den didaktischen Möglichkeiten des Hellraumprojektors auf. Weit bedeutsamer war aber nicht die räumliche Konstanz , sondern der «Quantensprung» in der Verfügbarkeit von Inhalten im Unterricht durch die Verbindung von Lehrerlaptop und Beamer mit dem Internet: Die Beschränkung der Unterrichtsmaterialien auf den Buchdruck entfiel, der Unterricht liess sich nun an das globale Informationsangebot ankoppeln. Dieser Schritt veränderte in den letzten Jahren den Unterricht entscheidender als der Dreischritt von der Wandtafel über den HRP zum Beamer. Vor dem Anschluss aller Schülerlaptops an das Internet im Schulhaus war der jahrhunder101

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

tealte Rahmen von «Schule» auch mit neuen technischen Hilfsmitteln erstaunlich konstant geblieben: Noch immer war die Lehrperson grundsätzlich «Türhüterin» der im Klassenzimmer verfügbaren Information. Erst in der Laptopklasse fiel dieser Unterschied zwischen Lehrer- und Schülergeräten dahin, es entstand (mindestens) ein neues Lernarrangement.

Informatik: Der Werkplatz Baden macht Druck

Franziska Boesiger, Matur 1996: Ich habe keine Erinnerung, dass wir für die Auswertung der Resultate von Gruppenarbeiten

1983/84 hielt Rektor Bächli, selbst Mathemati- den Hellraumprojektor oder die Informatikker, in seinem Jahresrückblick «gerne auch Erreich- räume benutzt hätten. Solches Verantes fest: Die Anzahl der uns zur Verfügung stehen- schaulichen und Strukturieren konkreter den Tischcomputer und der Ausbildungsstand der Ergebnisse lernte ich erst im Rahmen meines Mathematiklehrer erlaubten uns die Einführung des Studiums kennen. Vorher ging es in erster Informatikunterrichtes. Jeder Schüler der Realab- Linie darum, Resultate mündlich zu präteilung wird sich in der ersten Klasse mit dem Ba- sentieren. So wurden auch die Informatiksiswissen über den Umgang mit dem Tischcompu- räume in erster Linie für schriftliche Aufter vertraut machen. Im Verlaufe der Schulzeit wird träge genutzt, für das Zusammentragen von dann der Rechner an geeigneten Stellen im Mathe- Informationen, und nicht, um die Veranmatikunterricht und vereinzelt auch in anderen Fä- schaulichung der Schlüsselerkenntnisse zu chern zum Einsatz kommen.» 62 erleichtern. Mit dem Neubau von 1978 war die Badener Kanti zwar zu einem ersten modernen Computerraum gekommen. Es dauerte danach aber fast ein Jahrzehnt, bis der Informatikunterricht etabliert war. In der Berichterstattung zum Jahr 1987/88 benannte der Rektor dessen wesentliche Triebkräfte: «Die Forderung nach der Einführung der Informatik ist nicht nur in der neuen MAV enthalten, sie wird geradezu von einer landesweiten Welle getragen. Für unsere Schüler wurde im Berichtsjahr ein Zimmer mit Personal-Computer-Arbeitsplätzen für eine halbe Klasse eingerichtet. Die speziell für die Bedürfnisse unserer Handels- und Wirtschaftsabteilung ausgewählten Rechner ermöglichen den Einsatz verschiedenartiger Software für die Wirtschaftsfächer. Auch die drei Personal Computer der gleichen Serie, die den Lehrern zur Ausbildung und Vorbereitung zur Verfügung stehen, und eine weitere Station, die von der Schweiz. Kreditanstalt in verdankenswerter Weise der Schülerschaft geschenkt wurde, werden intensiv benutzt.» 63 Dies also waren die Türöffner für den Durchbruch des PC im Unterricht: die MAV, eine Verordnung des Aargauer Regierungsrats,64 der neue Lehrplan des BIGA für die Handelsdiplomabteilung und die lokale Wirtschaft. Diese hatte vor allem in Form des «Kaufmännischen Praktikums» von Beginn weg enge Beziehungen zur Kanti. Gleichzeitig gab es aber zunehmend Probleme, für Schülerinnen und Schüler der Handelsabteilung ohne PC-Kenntnisse genügend Praktikumsplätze zu finden: «Mit der fortschreitenden Umstellung von Arbeitsabläufen in Wirtschaft und Verwaltung auf elektronische Datenverarbeitung fällt es immer schwerer, den Schülern den Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis aufzuzeigen.» 65 Im Sommer 1989, am Ende des Langschuljahres, konstatierte der Rektor, die materiellen Voraussetzungen für einen stufengerechten Informatikunterricht seien nun geschaffen, um dann festzustellen: «Zwei Probleme harren aber noch der Lösung: Die 102

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Abb. 5 Mitteilung der Mediothek zur Benutzung eines «Personal Computers», geschenkt von der «Schweizerischen Kreditanstalt» (1986/87).

103

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Ausbildung von Informatiklehrern und die durchgehende Reduktion der zu instruierenden Schülergruppen auf Halbklassen.» 66 Hans-Peter Tschanz, Lehrer 1975–2010: Der Hellraumprojektor war sicher ein wichtiger Schritt, aber für Physik und Mathematik war der bedeutendere der von der Rechenscheibe und dem Rechenschieber zum Rechner. Ich erinnere mich, dass die Realklassen ungefähr 1977 auf Initiative der

Mathematiker einen Rechner erhielten, der die höheren Funktionen enthielt (allerdings noch ohne Speicher) – und mit einem Schlag wurde klar, dass man die Logarithmentafel nicht mehr brauchte und den Rechenschieber fortwerfen konnte.

Die Forderung nach Informatik-Halbklassen hatte bereits fünf Jahre vorher von den Handelsfächern Schub bekommen: Ausrüstungskosten und Raumbedarf halbierten sich beim Halbklassenunterricht (allerdings unter Verdoppelung der Lehrerstunden). Weil der Erziehungsrat keine Zwischenstunden wünschte, ergab sich die Notwendigkeit von Halbklassen in «Parallelfächern», vor allem in Biologie und den modernen Fremdsprachen.67 Auf diese Weise öffnete der Halbklassenunterricht in «Bürotechnik und Textverarbeitung» auch anderen Fächern die Tür zum Halbklassenunterricht. 68 Die Pionierrolle von Handelsfächern und Mathematik gilt allerdings nur für die ersten Schritte der Kanti Baden ins Computerzeitalter – bald zogen andere innovative Lehrer nach, bildeten sich weiter und erprobten die neuen Möglichkeiten. Einer, der dafür ein ganzes Semester Weiterbildung einsetzte, war (als Beispiel) der Anglist André Ehrhard. Er kam in seinem Schlussbericht nach intensivem Literaturstudium und einer ausgedehnten USA-Reise «zum Thema Multimedien» zu folgendem Schluss: «Ich würde dafür plädieren, dass die Beschäftigung mit dem Computer nicht beschränkt bleibt auf die mathematisch-naturwissenschaftlichen bzw. die Wirtschaftsfächer. Diese Technologie muss vermehrt auch den sprachlich-historischen Fächern zur Verfügung stehen, noch besser wäre es, wenn man möglichst oft fächerübergreifende Projekte unter Einsatz der Computertechnik realisieren könnte.» 69 Diesen Weg ging die Kanti Baden in den darauffolgenden zehn Jahren konsequenter und neugieriger als andere Mittelschulen. Sie tat es nicht nur aus didaktisch-methodischem Innovationsgeist, sondern auch zur Profilierung gegenüber anderen Mittelschulen im Kanton, im Besonderen gegenüber der Nachbarschule in Wettingen nach der Einführung der freien Mittelschulwahl im Rahmen des MAR. Baden führte schon ab 2004 eine «Laptopklasse» pro Jahrgang und erstellte 2009 einen Bericht über die Erfahrungen.70 Renzo Iten, Matur 2008: Als ich an die Kanti Die Laptopklasse mit einem persönlichen Lap- kam, waren die Beamer in allen Zimmern top pro Schüler und dem universellen Zugang zum neu, gebraucht wurden sie vor allem in Internet auch während des neu gedachten Unter- «bilderlastigen» Fächern, Geografie und so. richts, der möglichst webbasiert organisiert ist, stellt In den Sprachen war es kein Thema, in die zentralen Parameter des gymnasialen Unter- den naturwissenschaftlichen Fächern auch richtsarrangements und der Unterrichtsorganisa- nicht, dort verlief alles «klassisch»: tion infrage – also Klassenzimmer, Jahrgangsklasse, Wandtafel! Fachlehrersystem, Wochenrhythmus und Lektio- Wir hatten allerdings viele Lehrer kurz vor nentakt. Wie beurteilt die Kanti Baden deren Ein- der Pensionierung; ich nahm das aber fluss auf diese «Grammatik der Schule»? nie negativ wahr – natürlich mussten wir Einerseits könne man, etwas plakativ, formulie- deshalb viel abschreiben, aber man ist ren: «Das lehrerzentrierte Unterrichtsmodell ist Ge- dann gezwungen, mehr aufzupassen als schichte. Der aktive, eigenverantwortliche und pro- mit dem Beamer. 104

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

blemlösende Schüler steht im Mittelpunkt des neuen Lernens. E-Learning wird die Schule und den Unterricht auf eine revolutionäre Art und Weise verändern.» Andererseits lasse sich, zugespitzt, erwidern: Man habe beim Aufkommen des Radios und der Tele-Kurse im Fernsehen oder auch bei der Einführung von Gruppen- und Projektarbeiten von einer Revolution gesprochen, von mehr Eigenaktivitäten und verbesserter Lernleistung bei gleichzeitigem Zuwachs an überfachlichen Kompetenzen. «Übrig geblieben sei wenig Substanzielles. Die ganzen Investitionen im Bereich der Schulen […] seien gigantische Fehlinvestitionen und werden, wie einst die Sprachlabore, auf der Müllhalde der didaktischen Innovationen landen.»71 Der Bericht kommt aufgrund der Erfahrungen insgesamt zu einem pragmatischen Schluss, der die Wichtigkeit der Lehrperson aus den übrigen Parametern von Unterricht heraushebt: Die Schule werde sich durch den Einsatz des Notebooks nicht von Grund auf verändern, vielmehr bleibe die Lehrperson der limitierende Faktor im Unterrichtsalltag. «Die Schüler schätzen nach wie vor den persönlichen Kontakt zu den Kommilitonen und zu den Lehrpersonen. Sie bevorzugen einen Präsenzunterricht mit einem Lehrer, der engagiert unterrichtet, der sich von der Sache begeistern lässt und als Modell für die Studierenden taugt.»72 Das führt an den Anfang zurück, in die Zeit der Lehrer der ersten Stunde, als diese noch mit dem Diaprojektor unter dem Arm dahermarschiert kamen, die Finger von den Wachsmatrizen auf Dauer blau getönt …

Bilanz: «Im technischen Wandel stabil» Die Aktenrecherche und die Gespräche mit Akteuren haben gezeigt, dass das räumliche Arrangement des Unterrichts während der 50 Badener Kanti-Jahre erstaunlich konstant blieb. Oelkers’ Begriff der «Stabilität im Wandel» trifft auch für den Einbezug technischer Unterrichtshilfen zu.73 Das Tandem von Fotokopie und Hellraumprojektion ab den 70er-Jahren ermöglichte es den Lehrpersonen, ihren Unterricht individuell und prägnant zu verändern: Er wurde materialreicher, persönlicher und aktueller. Er liess sich auch punkto Sozialformen vielfältiger führen: Gruppen-, Partner- und Einzelarbeiten konnten mit genauen Anweisungen, spezifischem Franziska Boesiger, Matur 1996 (S. 102): Material und differenzierter Fragestellung organi- Es war charakteristisch für viele Lehrsiert werden – dies allerdings innerhalb der ge- personen, die häufig Gruppenarbeiten wohnten Vorgaben zur Unterrichtsorganisation. Man machten, dass sie unsicher waren: «Um könnte diese Öffnung des Methodenfächers aus Himmels Willen nie die ganze Klasse Lehrersicht als «Personalisierung des Unterrichts» vor sich sehen!» bezeichnen, in Kontrast zum Begriff der «Individua- Melanie Boesiger, Matur 2010 (S. 101): lisierung» des Unterrichts aus Schülersicht. Eine so Nein, die Unsicheren mieden Gruppenverstandene «Personalisierung des Unterrichts» war arbeiten, standen vorne und erzählten an der Kanti Baden in ihren ersten 50 Jahren des- irgendetwas! halb besonders leicht zu vollziehen, weil es nur Stephan Boesiger, Matur 2002 (S. 88): Das wenige fachliche und administrative Vorgaben gab. eine ist, man will die Klasse nicht sehen, Die wachsende methodische Vielfalt tat dem Unter- und das andere ist, man ist unsicher – das richtsalltag gut, weil sie auf Lehrerseite den fachli- ist nicht ganz das Gleiche. Dem ersten chen Enthusiasmus, die didaktische Originalität und würde ich zustimmen – so haben wir es die Varianz der Lehrer-Schüler-Beziehungen im Un- jedenfalls erlebt als Klasse. «Nicht sehen terricht förderte. Die Breite tat auch der Vielfalt im wollen» weist letztlich auf Angst vor Kollegium gut, weil der Fächer des im Unterricht Auseinandersetzung hin. 105

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Denkbaren und Möglichen weiter wurde. Kein Wun- Rolf Iten, Matur 1979 (S. 95): Ich war am der, dass die nach der Schülerperspektive befrag- Besuchstag in der Physik, vor drei Jahren, ten Akteurinnen oder Akteure fast unisono den Ein- da hatte ich ein absolutes «Flashback»: fluss der Lehrperson und der sozialen Dynamik im Das war 1 : 1 genau das Gleiche wie zu Klassenzimmer auf den sogenannten «guten Unter- meiner Schulzeit, mit 30 Jahren dazwischen – richt» so viel stärker gewichten als die Auswirkun- die Art, wie der Lehrer es gebracht hat. Er gen neuer technischer Hilfsmittel. hatte dabei aber einen charmanten Witz, Lässt sich eine grundsätzliche «Mechanik der wie er mit Ironie Physik vermittelte, an der Innovation» beobachten? Es ist in mehreren Fällen Tafel: ein eindrückliches Erlebnis. feststellbar, dass bis in die 90er-Jahre ein für die Gymnasiallehrer als Fachlehrerschaft sehr selbstverständlicher Transferprozess spielt: Aus individueller, meist fachdidaktischer Weiterbildung sowie aus der pädagogischen und politischen Tätigkeit in Fachverbänden oder Lehrerorganisationen (insbesondere im Gymnasiallehrerverband VSG) ergaben sich Versuche und Projekte im «geschützten Rahmen» von Fachschaft oder Kollegenkreis und wurden schliesslich auf der Ebene der Schule zu Begriffen und Konzepten. Diese wurden meist im Schulganzen dann wirksam und sichtbar, wenn sie in der Organisation des Schulalltags über das eigene Fach hinaus Veränderungen erforderten und Spuren hinterliessen. In der Wahrnehmung der Lehrerschaft waren dies seit der Gründungszeit alles «bottom-up»-Projekte gewesen – auch wenn manche durch externe bildungspolitische oder pädagogische Postulate in Gang gesetzt worden waren. Selbst das aus einer eidgenössischen Volksabstimmung resultierende, pädagogisch kreativ wirkende Langschuljahr 1988/89 wurde im Blick zurück subjektiv zu einem «Eigengewächs». Der Übergang zum MAR ab der Mitte der 90er-Jahre markiert einen Wendepunkt:74 Ab diesem Zeitpunkt werden von den Oberbehörden «top-down» verordnete, über die Fachkreise hinweg gespannte Unterrichtsentwicklungs-Projekte im grösseren Stil zum Alltag der Schule. Die Umsetzung des MAR, die Einführung des Qualitätsmanagements, die Harmonisierung der Maturitätsprüfungen und andere kantonale Vorgaben absorbierten nach der Jahrtausendwende rasch viel Veränderungsenergie auf Lehrerseite. Sie liessen tendenziell die vorher im «Dschungel des Tagesgeschäfts» häufig begangenen Pfade der «Mikro-Innovation» der ersten drei Jahrzehnte zuwachsen. Parallel dazu nahmen die Grösse, die organisatorische Trägheit und die Anonymisierung des Lehrerkollegiums zu – teilweise durch die schiere Zahl, teilweise in Folge veränderter Anstellungsmuster (vor allem Teilzeitarbeit), die zu abnehmenden Verfügbarkeiten führen. Die «Spur der technischen Innovation», die das Kollegium der Kanti Baden in den letzten 50 Jahren gelegt hat, macht Eindruck: Im Sprachlabor wurde früh die Individualisierung in einer besonderen Form erprobt – es geriet zur Episode. Ganz anders beim Nachfolgeprojekt Computerunterricht: Dieser machte den Halbklassenunterricht nötig und attraktiv, er war auf Partnerfächer aus anderen Fachgruppen angewiesen, lockerte im Verbund mit den neuen Blockkursen für Wahlfächer die Schulorganisation auf und öffnete weiteren Fächern Fenster im Stundenplan für neue Unterrichtsideen. Markiert der Computerunterricht also den Schritt in die «didaktische Moderne»? Nicht unbedingt: Er kann je nach Fach und Ausbildungsstand auf Lehrer- und Schülerseite sehr traditionell geführt werden (zum Beispiel auf der Basis vorinstallierter Programme, Daten und CD-ROMs sowie mit dem Beamer anstelle des Hellraumprojektors). Die Tür zum wirklich selbst gesteuerten individuellen Lernen (als Möglichkeit, nicht als «Königsweg») öffnet sich erst mit der Anbindung des Schülerrechners an das Internet. Erst mit diesem technischen Schritt, der in Baden anlässlich des jüngsten 106

50 Jahre Unterricht. Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen

von Dieter Schindler

Text 4 Anmerkungen auf Seite 213

Umbaus konsequent getan wurde, verliert die Lehrperson strukturell den Posten des «Türhüters» der Information, der ihr über Jahrzehnte viel Sicherheit in ihrer Position gebracht hat. Keines der im 20. Jahrhundert an der Kanti Baden neu eingeführten technischen Unterrichtsmittel hat das Lehrerselbstverständnis sowie die «Arbeitsteilung» zwischen Lehrer- und Schülerschaft derart grundsätzlich infrage gestellt, wie es der Zugang zum Internet heute tut. Dass allerdings der Grad, in dem sich der alltägliche Unterricht nun verändern könnte, nicht primär Abb. 6 Die neue Lehrerinnenrolle in der Lapvon der installierten Hard- und Software abhängen topklasse; «Leading from one step behind». wird, hat der «Laptopbericht» der Kanti Baden unmissverständlich klargestellt: «Notebooks alleine machen noch keinen besseren Unterricht, entscheidend sind die Lehrpersonen und Rahmenbedingungen, in denen das Notebook eingeführt wird.»75 Informationen bewerten und Wege zu Erkenntnis, Wissen und schliesslich zu «Bildung» finden zu lassen – das ist der Auftrag des Gymnasiums. Zum Gebrauch der dazu nötigen Werkzeuge anzuleiten und zu dieser Kunst unter völlig neuen Bedingungen hinzuführen, ist die kardinale Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern im 21. Jahrhundert. Weil es künftig weniger um das Finden von Information als vielmehr um das Be-Werten derselben gehen wird, werden menschliche Beziehungen – dies ist anzunehmen – in der Schule wichtiger werden. Dies wird die methodische Palette farbiger und den Freiraum der Lehrenden, wie sie mit Lernenden in Beziehung treten können, grösser werden lassen. Sie werden künftig auch zu «Begleitpersonen des Lernens» werden – diesen Weg jedenfalls weist ihnen die Theorie zu (und hat dabei noch Klärungsbedarf). In diese Richtung geht gleichzeitig auch die Hoffnung: dass Lehrerinnen und Lehrer selbst in die Rolle von Lernenden wechseln und so zu neuen Einsichten in den Zauber vom Lehren und Lernen gelangen können, was jedem Unterricht gut tut. Als Moritz Iten, Maturand im Jahr 2011, gefragt wurde «Wenn Sie einen Auftrag haben für eine Arbeit beispielsweise in den ‹Geistes- und Sozialwissenschaften› oder schliesslich die Maturarbeit schreiben müssen: Geht man als Schüler heutzutage überhaupt noch in die Medio, oder sagt man dann: ‹brauche ich nicht mehr – Internet›?» kam die Antwort ohne Zögern: «Brauche ich nicht mehr – Internet! Ich habe praktisch nie mehr etwas in einem Buch nachgeschaut – ausser wenn ein spezifischer Auftrag bestand, etwas in einem bestimmten Buch nachzuschlagen.» Die Antwort lässt ahnen, dass die vergangenen 50 Jahre technisch begleiteter Unterrichtsentwicklung im Vergleich zu der im Gang befindlichen Umwälzung des Unterrichts eine Kette fast nebensächlicher Veränderungen gewesen sein könnten. Zu erwarten ist Wesentlicheres: die Vervielfältigung der Rollen, daraus folgend die Aufwertung der Lehrperson und insgesamt die Infragestellung des gewohnten Lernarrangements hinter der am Anfang Moritz Iten, Matur 2011: Es kommt drauf an, dieses Artikels geschlossen vorgefundenen Klas- ob einer etwas zu erzählen hat – auch, ob senzimmertür. man am Fach grundsätzlich Interesse hat. Ob allerdings in absehbarer Zukunft dieses Klas- Man kann es besser machen mit technischen senzimmer und die Klasse darin noch der real (nicht Hilfsmitteln, aber schlussendlich kommt virtuell) existierende Normalfall bleiben werden, sei es darauf an, wie ein Lehrer es rüberbringt, zumindest mit einem Fragezeichen versehen. ob er wirklich etwas zu erzählen hat. 107

73 Hans Rudolf Stauffacher, Mail vom 15. April 2011. 74 Vgl. Edwards, Paul N.: Schwache Disziplin. Der Macht-Wissen-Komplex in Netzwerken und der Niedergang des Expertentums. In: Kaufmann, Stefan (Hg.): Vernetzte Steuerung. Soziale Prozesse im Zeitalter technischer Netzwerke, Zürich 2007, S. 47–66. 75

Dubs, Lehrerverhalten, S. 34.

76

Vgl. ebenda, S. 38.

77

Ebenda, S. 30.

78

Edwards, Schwache Disziplin, S. 63.

79 Verordnung des Bundesrates/ Reglement der EDK über die Anerkennung gmynasialer Maturitätsausweise, Art. 5, Abs. 1. 80 Deleuze, Postskriptum über die Kontrollgesellschaften, S. 261.

Text 4 50 Jahre Unterricht: Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen von Dieter Schindler 1 Gymnasium Helveticum 4/2010, S. 18: Rückschau von Hans Peter Dreyer, Präsident des Vereins Schweizerischer Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer (VSG), anlässlich seines Rücktritts, 2010. 2 Der herzliche Dank des Autors geht an Rémy Kauffmann, Lehrer für Geschichte an der Kanti Baden, für seine Unterstützung bei Literaturrecherche und Konzept, für das kritische Gegenlesen der Entwürfe und die Logistik der Gesprächsrunden. 3 Eine inhaltsanalytische LängsschnittAnalyse der «Berichte zum Unterricht» wäre theoretisch denkbar, war im Rahmen des vorliegenden Auftrags aber nicht zu leisten. Methodisch wäre sie komplex, da die aufgeführten «Berichte» nicht lückenlose Reihen ergeben, sondern abteilungsweise, nach wechselnden Kriterien, publiziert wurden. 4 Guido Bächli: «Für Unterrichtsbesuche blieb mir als Rektor keine Zeit – ich war mit der Beschaffung von Raum für die wachsende Schule vollends ausgelastet.» Edgar Knecht: «Wir konnten keine Unterrichtsbesuche machen, das war die Zeit der Informatisierung der Verwaltung, und der vielen Sparvorgaben, wir waren absorbiert durch anderes.» 5 Terhart, Ewald: Methodik des Unterrichts. In: Handbuch der Erziehungswissenschaft. Hg. von Mertens, Gerhard; Frost, Ursula; Böhm, Winfried; Ladenthin, Volker. Band II, Paderborn 2009, S. 353. 6 Kuhlemann, Frank-Michael: Die Sozialgeschichte des Unterrichts. Belege

für die «stille Revolution» des Schulund Unterrichtshaltens zugunsten der Lernenden. In: ebenda, S. 253. 7 Interviews zu Beginn der Recherchen: Dr. Guido Bächli, Konrektor 1969–1977, dann Rektor bis 1989; Dr. Edgar Knecht, Rektor 1989–2001; Dr. Hans Jörg Schweizer, Konrektor 1972–1981; Gudrun Wider, Mediothekarin 1986–2008. 8 Gespräch mit fünf Lehrern zur Rohfassung des Textes am 13.12. 2010 im Lehrerzimmer der Kanti Baden: André Ehrhard, *1946, Lehrer für Englisch 1977–2011, Konrektor 1993–2005; Dr. Ernst Götti, *1945, Lehrer für Deutsch 1969–2008, Konrektor 1995–2001; Dr. Martin Mosimann, *1951, Lehrer für Deutsch seit 1983 und Philosophie seit 2001; Dr. Hans-Peter Tschanz, *1945, Lehrer für Physik 1975–2010; Dr. Hans Rudolf Schneebeli, *1946, Lehrer für Mathematik 1979–2011. 9 Gespräch mit Familie Iten/Grolimund zur Rohfassung des Textes am 14.1. 2011 zu Hause in Wettingen: Rolf Iten, *1959, KSBA 1975–1979, B-Matur 1979, Studium VWL, heute bei INFRAS, in der GL; Andrea Grolimund, *1959, KSBA 1975–1979, B-Matur 1979, Stud. Arch. + MSc Real Estate, heute Metron; Renzo Iten, *1989, KSBA 2004–2008, C-Matur 2008, jetzt Studium VWL an der Uni ZH; Moritz Iten, *1991, KSBA 2006–2011, W-Matur 2011. Gespräch mit Familie Boesiger zur Rohfassung des Textes am 18.1. 2011 im Lehrerzimmer der Kanti Baden: Peter Boesiger, *1946, KSBA 1962–1966, B-Matur, Physikstudium, Promotion, heute Prof. für Biomedizinische Technik Uni/ETH ZH; Monika Boesiger-Fischer, *1947, KSBA 1963–1967, B-Matur, Studium Uni ZH, Bezirksschullehrerin Deutsch, Englisch, Latein; Franziska Boesiger, *1976, KSBA 1992–1996, B-Matur, Studium Uni ZH, Anglistik/Romanistik, Diplom Höheres Lehramt, Lehrerin für E/F an KV LenzburgReinach, Leiterin BMS; Roland Boesiger, *1979, KSBA 1996–2000, C-Matur, Studium Elektrotechnik FH Brugg-Windisch, jetzt freier Tontechniker und Softwareentwickler in der Audiobranche; Stephan Boesiger, *1982, KSBA 1998–2002, E-Matur, Studium Geschichte/Englisch Uni BE, jetzt Hochschulpraktikant in der Bundesverwaltung, Bern; Melanie Boesiger, *1991, KSBA 2006–2010, neusprachl. Matur mit Spanisch, jetzt Studium Germanistik mit Nebenfach Medien- und Kommunikationswissenschaft in Freiburg/CH.

D. Naef: Stichwort Gymnasium. Gymnasiallehrer und Gymnasiasten antworten auf Fragen zur Schule und zum Unterricht. Basel 1971, S. 77. 17

Archiv KSBA: JB 1984/85, S. 3.

18 Zur Rolle der Finanzen: Es fällt auf, dass sie in der Erinnerung von alt Rektor Guido Bächli in den 80er-Jahren nicht der begrenzende Faktor für die Einführung von technischen Innovationen waren. Die Kanti Baden habe halt immer «ein gutes Gespür gehabt, was man habe fordern können und was nicht», meinte Bächli (er selbst habe, als Rektor, seine administrativen Aufgaben auch noch 1989 ohne Computer bewältigt – seine Briefe gab er der Sekretärin via Diktiergerät in Auftrag). Alt Konrektor Hans Jörg Schweizer erinnert sich, man habe bewusst eine «billige Schule» sein wollen, auch in Anerkennung der grossen Opfer, die die Region bei der Gründung der Schule erbracht habe. Mdl. Auskunft Guido Bächli, Hans Jörg Schweizer. 19 Das Protokoll der Kantonsschule Baden wurde grundsätzlich als Beschlussprotokoll geführt, erst von «Hilfslehrern» (so nannte man damals die nicht von der Regierung gewählten Lehrpersonen), dann administrativen Mitarbeiterinnen oder von Mitgliedern der Schulleitung. Die Konventsakten insbesondere aus den ersten drei Jahrzehnten enthalten kaum Hinweise auf den Gesprächsverlauf oder die Argumentationslinien. 20

Archiv KSBA: JB 1967/68, S. 4.

21

Mdl. Auskunft Hans Jörg Schweizer.

22 Zum MAR-Prozess an der Kanti Baden siehe den Beitrag von Stefan Nellen in diesem Band. 23 Oelkers, Jürgen: Der Wandel der Schule und seine Geschwindigkeit. Vortrag auf dem Weiterbildungstag im Gewerblichen Berufs- und Weiterbildungszentrum St. Gallen am 26. 6. 2009, Zitiert am 30. 8. 2010 aus: http://www.ife.uzh.ch/index. php?treenode_id=379. 24 Oelkers, Jürgen: Warum muss die Schule ständig reformiert werden? Überlegungen am Beispiel des Gymnasiums. Vortrag anlässlich der Information für Maturandinnen und Maturanden am 4. 9. 2007 in der Universität Zürich. Zitiert am 30. 8. 2010 aus: http://www.ife.uzh.ch/ index.php?treenode_id=240. 25

Archiv KSBA: JB 1988/89, S. 3.

10

Archiv KSBA: JB 1961/62, S.9.

11

Mdl. Auskunft Edgar Knecht.

26 Ebenda, S. 41–49, «Bericht über die Sonderaktivitäten im Langschuljahr».

12

Mdl. Auskunft Hans Jörg Schweizer.

27

13 Mdl. Auskunft Edgar Knecht und Hans Rudolf Stauffacher. 14

Gymnasium Helveticum, 2/1985.

15 Meylan, Jean-Pierre: Die Erneuerung des Gymnasiums und die Anerkennung der Maturitäten – Stationen der Debatte 1968–1995. In: Von der «Mittelschule von morgen» zur Maturitätsreform 1995. Hg. EDK/CDIP, Bern 1996, S. 28f. 16 Lüscher, Kurt: Der Beruf des Gymnasiallehrers. Eine soziologische Untersuchung über den Gymnasiallehrermangel und Möglichkeiten seiner Behebung. Bern 1965, zitiert in Regula

Archiv KSBA: JB 1992/93, S. 21–24.

28 Mosimann, Martin: Bericht über die Evaluation der erweiterten Lehr- und Lernformen ELF… Baden 1995 (Standort: Rektorat der KSBA). 29 Der Begriff «grammar of schooling» stammt von den US-Autoren Tyack, Tobin und Cuban. Das Langschuljahr wirkte auch personell katalytisch: Der Leiter der «Projektgruppe Langschuljahr», Edgar Knecht, folgte direkt im Anschluss an das verlängerte Sonderjahr Guido Bächli als Rektor nach und wurde wenige Jahre später Leiter der kantonalen Projektgruppe zur Umsetzung des MAR an den Aargauer Kantonsschulen. Dort konnte er, ebenso wie die Schulen selbst, 213

auf den Erfahrungen im «Schulversuch Langschuljahr» aufbauen. Knecht war im Übrigen bereits in den 80er-Jahren über die Schule hinaus aufgefallen, als Präsident der «Kommission Gymnasium–Universität, KGU», die 1985 die «10 Thesen der KGU» publiziert hatte. 30 Archiv KSBA: Protokoll der Lehrerkonferenz vom 7.11.1969. 31

Archiv KSBA: JB 1969/70, S. 6.

32

Mdl. Auskunft Hans Jörg Schweizer.

33

Mdl. Auskunft Hans Jörg Schweizer.

34

Archiv KSBA: JB 1969/70, S. 22–24.

35

Mdl. Auskunft Hans Jörg Schweizer.

36 Archiv KSBA: Protokoll der Lehrerkonferenz vom 22.11.1982. 37 Würdigung von alt Rektor Fritz Schaufelberger anlässlich seiner Pensionierung: Archiv KSBA: JB 1985/86, S. 94–97; ferner aus dem Nachruf von «EF» in der Aargauer Zeitung, 15.11. 2006. In: Archiv Mediothek, Ordner «Kanti 1», Rubrik A, News und Ausstellungen. 38 Archiv KSBA, A.010.7: Brief Bächli an EDK, 19.11.1982. 39

Archiv KSBA: JB 1995/96, S. 15.

40 Archiv KSBA: JB 1964, zitiert im JB 1995/96, S. 15. 41

Archiv KSBA, A.062.2.4.

42 Archiv KSBA: JB 1984/85, S. 83–93: Gegenüber den knapp 60 «Hauptlehrern» gab es an der KSBA zu Beginn des Schuljahres 1984/85 insgesamt 85 «Hilfslehrer». Während zu diesem Zeitpunkt lediglich vier Hauptlehrer beziehungsweise -lehrerinnen «im Teilamt» angestellt waren, fehlen uns Angaben über die erteilten Pensen der Hilfslehrer und -lehrerinnen; diese Angaben wären aber wichtig zur Bestimmung des relativen «Gewichts» der Hilfslehrerschaft. 43

Archiv KSBA, A.062.2.4.

44 Nach ergänzender mdl. Auskunft von Hans Jörg Schweizer seien ferner die im «Raumblatt» nicht erwähnten Diaprojektoren eine Spezialität der Historiker gewesen. 45 Archiv KSBA: Protokoll der Lehrerkonferenz, 12. und 31.1.1968. 46

Archiv KSBA: JB 1967/68, S. 5.

47 Archiv KSBA, A.062.2.4: «Raumblätter». 48

Archiv KSBA: JB 1968/69, S. 6.

49 Archiv KSBA: Protokoll der Lehrerkonferenz, 21. 6.1968. 50 Mdl. Auskunft Hans Jörg Schweizer; Archiv KSBA, A.051.2.12: Erfahrungen mit dem Badener Sprachlabor öffneten ihm Türen zu einer späteren Professur an der Universität Zürich. Bild Sprachlabor siehe Seite 56 in diesem Band, Abb. 28.

75 Kauffmann, Bericht über die Notebookabteilungen, S. 59f.

55 Humm, Werner: Das Gymnasium – heute und morgen. In: Der Gymnasiallehrer, Die Gymnasiallehrerin. Hg. Verein Schweizerischer Gymnasiallehrer (VSG), Schweizerischer Arbeitsgemeinschaft für akademische Berufsberatung (AGAB), Schweizerischer Verband für Berufsberatung (SVB), Aarau 1968, S. 15.

Text 5

56 Hinweise aus Gesprächen und die Erinnerung des Autors legen den Schluss nahe, dass die Einführung des Hellraumprojektors in die Didaktik zu tun haben könnte mit der hohen Lehrerquote im Offizierskorps der Schweizer Armee. Der HRP scheint über Wege der militärischen Zusammenarbeit aus den USA den Weg in die Instruktionskurse der Schweizer Milizoffiziere gefunden zu haben. Viele Einheitskommandanten waren Lehrer (mit einer hohen Quote im Gymnasium), fanden Gefallen an der neuen Technik und gebrauchten sie zivil und militärisch. Für die Weiterverbreitung in der Didaktik vgl. die mündliche Auskunft von Hans-Peter Tschanz in diesem Artikel zur Rolle von Prof. Dr. Karl Frey. 57 Mdl. Auskünfte Guido Bächli, Hans Jörg Schweizer, Edgar Knecht, Gudrun Wider. 58

Mdl. Auskunft Hans Jörg Schweizer.

59 Archiv KSBA: Lehrerkonferenz, 5. 12. 1994. 60 Mdl. Auskunft Hans Rudolf Stauffacher, Rektor ab 2001. Archiv KSBA: Protokoll der 61 Lehrerkonferenz, 2. 5.1975. 62

Archiv KSBA: JB 1983/84, S. 3.

63

Archiv KSBA: JB 1986/87, S. 3f.

64 1988 verordnete der Aargauer Regierungsrat zwei Lektionen obligatorischen Informatikunterricht. Archiv KSBA: JB 1987/88, S. 3. 65

Archiv KSBA: JB 1986/87, S. 63.

66

Archiv KSBA: JB 1988/89, S. 3.

67 Rundschreiben des Rektors an die Fachvorstände, 20. 5.1985, A.010.2. 68

Mdl. Auskunft Guido Bächli.

69 Ehrhard, André: Neue Technologie im Sprachunterricht. Bericht vom 16. 2.1992, auf dem Rektorat KSBA. 70 Kauffmann, Rémy: Bericht über die Notebookabteilungen, 2004–2009. Baden 2009 (Standort: Rektorat KSBA). 71

Ebenda, S. 59.

72

Ebenda, S. 61.

52 Mdl. Auskunft Hans Jörg Schweizer, Guido Bächli.

73 Oelkers, Jürgen: Warum muss die Schule ständig reformiert werden? Überlegungen am Beispiel des Gymnasiums. Vortrag anlässlich der Information für Maturandinnen und Maturanden am 4. 9. 2007 in der Universität Zürich. Zitiert am 30. 8. 2010 aus: http://www.ife.uzh.ch/ index.php?treenode_id=240.

53 Archiv KSBA: Protokoll der Lehrerkonferenz, 3. 4.1995.

74 Zum MAR-Prozess siehe den Beitrag von Stefan Nellen und Caroline Goldstein in diesem Band.

51

214

54 Archiv KSBA: Protokoll der Lehrerkonferenz, 2. 4 . 2001.

Mdl. Auskunft Gudrun Wider.

Ein Brett ist ein Brett ist ein Brett. Badener Schüler und Lehrer im gesellschaftspolitischen Kräftefeld von Iris Blum 1 Walser, Robert: Tagebuch eines Schülers. In: Geschichten. Sämtliche Werke in Einzelausgaben. 2. Band. Jochen Greven (Hg.). Frankfurt a. M. 1985, S. 104–113, hier S. 104. 2

Ebenda, S. 107, S. 105 und S. 111.

3 Archiv KSBA, A.033.1.1: JB 1969/70, S. 38. 4 Archiv KSBA, A.033.1.1: JB 1961/62, S. 28. 5 Archiv KSBA, A.033.1.1: JB 1969/70, S. 38. Gemäss JB wurde das Schülerparlament aufgrund von gleichzeitiger Anregung von Schüler- und Lehrerseite gewählt mit dem Ziel, die Mitarbeit der Schüler an der Gestaltung der Schule zu aktivieren. Vgl. Archiv KSBA, A.033.1.1: JB 1969/70, S. 5. 6 Bichsel, Peter: Kindergeschichten. Darmstadt 1982, S. 18–27. 7 Archiv KSBA, A.024.1: Protokoll des Konventes der Klassenlehrer vom 3. 5. 1966. 8 Gugerli, David; Kupper, Patrick; Speich, Daniel: Die Zukunftsmaschine. Konjunkturen der ETH Zürich 1855–2005, Zürich 2005, S. 253. 9 Die Studentenzahlen wuchsen etwa an der Universität Zürich überproportional, «doch Strukturen und Entscheidungsträger konnten mit dem Aufschwung nicht mithalten, [sie] blieben verkrustet»; dies beklagten sogar bürgerliche Kreise. Vgl. dazu Howald, Stefan: «Eine Universität im Dienste der Befreiung.» Die Deutschschweizer Studentenbewegung zwischen Vietnamprotest und Hochschulreform. In: 68. Zürich steht Kopf. Rebellion, Verweigerung, Utopie. Billeter, Fritz; Killer, Peter (Hg.), Zürich 2008, S. 14–24, hier S. 18. 10 Criblez, Lucien: Bildungsexpansion durch Systemdifferenzierung – am Beispiel der Sekundarstufe II in den 1960er- und 1970er-Jahren. In: Schweizerische Zeitung für Bildungswissenschaften 1/2000, S. 95–116, hier S. 96. 11

Ebenda, S. 100.

12 Gugerli et al., Zukunftsmaschine, S. 263. Die Koordinationsstelle wurde dann 1971 auch realisiert. 13

Howald, Studentenbewegung, S. 14.

14

Gugerli et al., Zukunftsmaschine, S. 269.

Abb. 1 © Alex Spichale, 2011. Abb. 2 © Fabian Furter, 2011. Abb. 3 © Fabian Furter, 2011. Abb. 4 © Fabian Furter, 2011. Abb. 5 zvg., 2007. Abb. 6 Aus: «werk», Nr. 51, 1964, Fotograf: Fritz Maurer, Zürich. Abb. 7

Audiovisuelle Mittel in der modernen Schule, München 1970, S. 34. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Westermann Verlags Braunschweig. Abb. 5 KSBA, Mediothek, Ordner «Kanti I», Rubrik B: «Diverses». Abb. 6 Abbildung 13 aus dem Laptopbericht der Kanti Baden, S. 60.

Aus: «werk», Nr. 50, 1963.

Abb. 8 Aus: «Schweizerische Bauzeitung», Heft 16, 1970. Abb. 9 © Fabian Furter, 2009. Abb. 10 © Fabian Furter, 2009. Abb. 11 © Fabian Furter, 2011. Abb. 12 © Fabian Furter, 2011. Abb. 13 Chicago Historical Museum. Abb. 14 Aus: «werk», Heft 4, 1956, Fotograf: Bernhard Moosbrugger, Zürich. Abb. 15 USM Haller, Münsingen. Abb. 16 Archiv kantonales Hochbauamt Aarau.

Text 5 Ein Brett ist ein Brett ist ein Brett. Badener Schüler und Lehrer im gesellschaftspolitischen Kräftefeld

Abb. 17 Archiv KSBA. Abb. 18 Archiv kantonales Hochbauamt Aarau. Abb. 19 Archiv kantonales Hochbauamt Aarau.

von Iris Blum Abb. Archiv KSBA, A.34.2, und Archiv AKSA.

Abb. 20 Archiv KSBA. Abb. 21 © Alex Spichale, 2011. Abb. 22 © Fabian Furter, 2011. Abb. 23 © Alex Spichale, 2011. Abb. 24 Badener Tagblatt, 28. 6. 1977, S. 17. Abb. 25 Aus: «werk», Heft 2, 1973. Abb. 26 Aus: «werk», Heft 9, 1976. Abb. 27 Archiv KSBA, A.062.2.11. Abb. 28 Aargauer Tagblatt, 12. 6. 1978, S. 6. Abb. 29 © Reinhard Zimmermann. Abb. 30 © Alex Spichale, 2011.

Text 4 50 Jahre Unterricht: Lehr(er)freiheit, Technik und neue Rollen von Dieter Schindler Porträtaufnahmen der ehemaligen Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrpersonen © Aljoscha Thomas und Rémy Kauffmann. Abb.1

Vom konfessionellen Zeitalter zur kulturellen religiösen Vielfalt von Zsolt Keller und Patrick Zehnder Abb. 1 Bild aus der Privatsammlung von Eva Gretener-Steinmann (Wettingen), Teilnehmerin der ersten Romreise der Kantonsschule Baden.

Text 7 Ist eine Kantonsschule ein Wirtschaftsfaktor? von Adrian Knoepfli

© Aljoscha Thomas.

Abb. 2 Archiv KSBA, A.062.2.4.

Abb. 1 Historisches Archiv ABB Schweiz.

Abb. 3 Nach einem Bild aus dem Archiv KSBA.

Abb. 2 Historisches Archiv ABB Schweiz.

Abb. 4 Nach Bergmann, Erhard, 222

Text 6

Abb. 3 Wir und unser Werk, Brown Boveri Hauszeitung, Nr. 3, März 1958.

Abb. 4 © Adrian Knoepfli. Abb. 5 Historisches Museum Baden, Foto Werner Nefflen. Abb. 6 Plautus, Amphytrion. Leitung: Hans Jörg Schweizer und Manuel Pörtner. Januar 1991. Parterre, Gebäude 1. Bild: Archiv KSBA. Abb. 7 Aristophanes, Die Vögel. Leitung: Hans Jörg Schweizer und Manuel Pörtner. Juni 1989. Szene: Die Götterbotin Iris schwebt heran. Aula. Bild: Archiv KSBA. Abb. 8 Shakespeare, Romeo und Julia. Leitung: Anton Keller und Heinz Eith. Dezember 1966. Szene: Die verfeindeten Clans. Kurtheater. Bild: Archiv KSBA. Abb. 9 Badener Neujahrsblätter 2005, S. 79; Bild Barbara Brönnimann-Stammbach. Abb. 10 Wir und unser Werk, Brown Boveri Hauszeitung, Nr. 12, Dezember 1958. Abb. 11 © Adrian Knoepfli.