Bibliotheken in Deutschland: Ein ambivalentes Bild

Bibliotheken in Deutschland: Ein ambivalentes Bild Hochwertige Informationen und schnelle Wissensvermittlung -diese Voraussetzungen lebenslangen Lern...
Author: Heidi Maus
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Bibliotheken in Deutschland: Ein ambivalentes Bild Hochwertige Informationen und schnelle Wissensvermittlung -diese Voraussetzungen lebenslangen Lernens sind in unserer Gesellschaft unverzichtbar. In diesem Bereich sind Bibliotheken qualifizierte Dienstleister: Sie erbringen in den Kommunen, in den Hochschulen und in wissenschaftlichen Institutionen einen grundlegenden Beitrag zu Bildung und Forschung, zu politischer Teilhabe und zur Orientierung im täglichen Leben. Entwicklungsstand und Leistungsfähigkeit der Bibliotheken in Deutschland zeigen allerdings ein ambivalentes Bild. Einerseits ist die bibliothekarische Infrastruktur gut entwickelt: Es gibt derzeit ca. 2.1001 hauptamtlich geleitete kommunale öffentliche Bibliothekssysteme mit rund 3.600 Standorten, ca. 13.0002 nebenamtlich geführte öffentliche Bibliotheken, davon ca. 7.000 kommunale öffentliche, ca. 5.000 kirchliche und ca. 1.000 Bibliotheken in sonstiger Trägerschaft sowie ca. 1.7003 wissenschaftliche Bibliotheken, die die wissenschaftliche Informationsversorgung von Universitäten, Fachhochschulen, Forschungseinrichtungen oder einer ganzen Region sicherstellen. Dazu gehören neben Universitäts- und Hochschulbibliotheken auch Universalbibliotheken, Fach-, Landes- und Regionalbibliotheken sowie die Spezialbibliotheken. Führungskräfte und Mitarbeiter der Bibliotheken sind meist fachlich ausgebildet. Die Personalausstattung der öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken liegt im europäischen Vergleich allerdings im unteren Bereich. In allen Sparten des Bibliothekswesens gibt es innovative Einrichtungen, die exzellente Leistungen erbringen. Das Zusammenwirken dieser Einrichtungen ist dabei aber teilweise unzulänglich und durch bürokratische Hindernisse geprägt.

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Quelle: DBS 2001, Teil A Öffentliche Bibliotheken mit hauptamtlichen Personal Quelle: Angaben des DBV 3 Quelle: DBS 2001, Teil B Wissenschaftliche Bibliotheken und DBS 2001 Wissenschaftliche Spezialbibliotheken Bibliothek 2007 Projektinformation, Stand: 15. Mai 2003 2

Andererseits gibt es eine Reihe von Umständen, die eine zukunftsorientierte Bibliotheksentwicklung in Deutschland nicht fördern und die somit den Beitrag schmälern, den die Bibliotheken zur Bildung, zum lebenslangen Lernen und damit zur Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands leisten könnten: Die Autonomie der Träger innerhalb der einzelnen Bibliotheks-Sparten und regionalen Zuständigkeiten lässt Synergien und Optimierungschancen häufig ungenutzt. Die zunehmende Autonomie der Hochschulen birgt die Gefahr, dass die bisherigen zentralen bzw. kooperativen Elemente des Bibliothekssystems wegbrechen. Die Trennung zwischen öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken ist nicht mehr zeitgemäß und behindert die weitere Entwicklung. Der Übergang zur elektronischen Publikation bietet einerseits die Chance einer wesentlichen Verbesserung und Beschleunigung der Information. Andererseits steht dadurch die Rolle aller Beteiligten im Informationsprozess auf dem Prüfstand. Die Entwicklung neuer Dienstleistungen der Bibliotheken ist erforderlich; neue Formen der Finanzierung und der Lizenzmodelle sind zu entwickeln. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind nicht flächendeckend sichergestellt. Die Bibliotheken halten nicht Schritt mit dem zunehmenden Umfang und der Bedeutung der Information für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Ein steter Innovationsimpuls, insbesondere durch systematische Fortbildung der Führungskräfte oder die Auswertung internationaler Best Practice sowie die Möglichkeit zur Anpassung und Implementierung in Deutschland ist nicht stark ausgeprägt. Insgesamt betrachtet, fehlt es in Deutschland bisher an einer vorausschauenden Bibliothekspolitik und -planung. Mangelnde Kooperation, unbefriedigender Einsatz von Ressourcen, fehlende Innovation und Flexibilität sind die Folgen.

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Was sind die Ziele des Projekts? Was ist das Leistungspotenzial der Bibliotheken für die Wissensgesellschaft in Deutschland? Wie können in Zukunft alle Bibliotheken zu einer optimalen Infrastruktur für Bildung und Kultur beitragen? Welche Stärken können genutzt werden? Wo besteht Veränderungsbedarf? Die beiden Kooperationspartner Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände e. V. (BDB) und Berteismann Stiftung wollen > eine Empfehlung für die zukünftige Gestaltung des deutschen Bibliothekswesens erarbeiten, > die Einbindung der Bibliotheken in das Bildungssystem stärken, > die fachliche und politische Diskussion über Optimierungschancen und Leistungsfähigkeit der Bibliotheken anregen, > einen übergreifenden Strategieprozess auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene initiieren.

Welche Methoden werden eingesetzt? Kernelement der ersten Phase des Projekts ist die Entwicklung eines nationalen Strategieund Empfehlungspapiers. Dieses Strategiekonzept basiert auf den folgenden Bausteinen, die zum Teil bereits abgeschlossen sind, zum Teil derzeit noch bearbeitet werden: > Qualitative Interviews (infas) Inhaltlicher Ausgangspunkt der infas-Studie war die Frage nach dem Mehrwert der Bibliotheken und ihrer Zukunft. Der Funktionswandel von Bibliotheken - so die Ausgangsthese -wirkt sich gleichermaßen auf die Eigen- und Fremdbetrachtung aus. Aufgabe von infas war es, beide Perspektiven zu beleuchten. Dazu wurden im Zeitraum Oktober bis November 2002 die Meinungen relevanter Akteure aus den Bereichen Bibliotheken, Bildung, Wissenschaft, Kultur, Trägerinstitutionen und Politik zu einer Bestandsaufnahme verdichtet. Die Befragung wurde als qualitative Studie angelegt ergänzt durch eine Sekundäranalyse zahlreicher quantitativer Kundenbefragungen aus dem Bereich der infas-Bibliotheksforschung der Bibliothek 2007 Projektinformation, Stand: 15. Mai 2003

letzten fünf Jahre. Die Auswertung der Interviews steht in Form eines schriftlichen Ergebnisberichts auf der Webseite von „Bibliothek 2007" (www.bibliothek2007.de) zur Verfügung (siehe Navigationspunkt Projekt / Zwischenergebnisse). > Ist-Analyse des deutschen Bibliothekswesens Die Ist-Analyse dient dazu, Stärken und Schwächen des deutschen Bibliothekssystems zu identifizieren und notwendigen Veränderungsbedarf aufzuzeigen. Ziel der Ist-Analyse ist nicht, ein umfassendes, detailliertes Bild des Bibliothekswesens in Deutschland zu zeichnen und Lösungen für spezielle Einzelfragen zu entwickeln, sondern das deutsche Bibliothekswesen in seiner Gesamtheit zu betrachten. > Internationale Best Practice Recherche Ziel der Best Practice Recherche ist, von Ländern mit einer erfolgreichen nationalen Bibliotheksplanung und -entwicklung zu lernen. Das Bibliothekswesen in fünf ausgewählten Ländern (Dänemark, Finnland, UK, Singapur und USA) wird im Rahmen der Recherche auf seine Erfolgsfaktoren untersucht. Die praktische Erprobung und politische Durchsetzung der Empfehlungen des Strategiekonzepts kann in einer zweiten Projektphase bearbeitet werden. Das Projekt soll ausdrücklich nicht der Einsparung der aktuellen Kosten des Bibliothekswesens dienen. Vielmehr soll neben der optimierten Nutzung der bereits vorhandenen Gelder die auf dem Empfehlungspapier fußende nationale StrategieDiskussion möglichst zu einer angemessenen Ausweitung der finanziellen Ressourcen führen.

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Wie ist das Projekt organisiert? Die strategischen Grundsätze und alle Projektaktivitäten werden in der Steuerungsgruppe abgestimmt, in der alle Vorstandsmitglieder der BDB und die Berteismann Stiftung vertreten sind. Die BDB versteht sich in diesem Gremium als Vertretung des gesamten deutschen Bibliothekswesens. Die operative Projektleitung liegt bei der Berteismann Stiftung. Sie koordiniert die Durchführung der Projektschritte, vergibt einzelne Aufträge an externe Firmen und übernimmt die Bereitstellung der Ressourcen, die Finanzplanung und -Verwaltung für das Projekt. Die Projektleitung wird in der konzeptionellen Arbeit durch eine Expertengruppe aus sieben Vertretern des öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliothekswesens unterstützt. Zu speziellen Einzelfragen werden außerdem Fachgruppen-Workshops durchgeführt. Mit der Konzeption, Durchführung und Auswertung der qualitativen Interviews wurde infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH in Bonn beauftragt. Die Unternehmensberatung Booz Allen & Hamilton wurde mit der Ist-Analyse des Bibliothekswesens in Deutschland und mit der internationalen Best Practice Recherche betraut. Dabei arbeitet sie eng mit der Expertengruppe und der Projektleitung zusammen.

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Welche Beiträge leisten die Projektpartner? Die Beiträge der Projektpartner sind in einer Kooperationsvereinbarung spezifiziert. Beitrag der Berteismann Stiftung > Mitarbeit in der Steuerungsgruppe > Operative Projektleitung > Finanzierung mit T € 500 > Kommunikation (international in Zusammenarbeit mit der BDB Beitrag der BDB > Vertretung des deutschen Bibliothekswesens in der Steuerungsgruppe > Unterstützung bei den Akteuren der Träger, der Kommunen, der Länder, des Bundes und der Verbände etc. > Kommunikation (international in Zusammenarbeit mit der Berteismann Stiftung

Öffentlichkeitsarbeit und Ergebnisse Die bibliothekarische Fachwelt wird laufend über die Schritte und Maßnahmen des Projekts informiert. Neben Informationsmaterialien und Berichten in der Presse gibt es eine eigene Projektwebseite http://www.bibliothek2007.de Darüber hinaus wird das Projekt regelmäßig in Gremien und auf Tagungen der Fachöffentlichkeit präsentiert. Erste Erkenntnisse aus dem Projekt werden zeitnah veröffentlicht. Die Gesamtergebnisse in Form eines Strategiekonzepts werden voraussichtlich im Herbst 2003 vorliegen.

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Mitglieder der Steuerungsgruppe > Dr. Georg Kuppelt, Sprecher der BDB E-mail: [email protected] > Dr. Friedrich Geißelmann, Vorsitzender DBV E-mail: [email protected] > Dr. Claudia Lux, DBV E-mail: [email protected] > Ulrich Moeske, DBV, vbnw E-mail: [email protected] > Christoph-Hubert Schütte, DBV E-mail: [email protected] > Reinhard Supper, DBV, ASpB E-mail: [email protected] > Dr. Daniela Lülfmg, Vorsitzende VDB E-mail: [email protected] > Dr. Wolfgang Dittrich, VDB E-mail: [email protected] > Klaus-Peter Böttger, Vorsitzender Bffi E-mail: [email protected] > Sabine Stummeyer, BIB E-mail: [email protected] > Henner Grube, ekz.bibliotheksservice E-mail, [email protected] > Christel Mahnke, Goethe-Institut Inter Nationes e. V. E-mail: [email protected] > Bettina Windau, Berteismann Stiftung E-mail: [email protected] Projektkoordination Anja Friese, Berteismann Stiftung E-mail: [email protected]

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Mitglieder der Expertengruppe > Albert Bilo, Universitätsbibliothek Essen E-mail: [email protected] > Dr. Gabriele Beger, Zentral- und Landesbibliothek Berlin E-mail: [email protected] > Prof. Birgit Dankert, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Fachbereich Bibliothek und Information E-mail: [email protected] > Dr. Arend Flemming, Städtische Bibliotheken Dresden E-mail: [email protected] > Dr. Elisabeth Niggemann, Deutsche Bibliothek Frankfurt a. M. E-mail: [email protected] ^ Barbara Lison, Stadtbibliothek Bremen E-mail: [email protected] > Hans-Joachim Wätjen, Bibliotheks- und Informationssystem Universität Oldenburg E-mail: [email protected]

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Kontakt Wenn Sie weitere Informationen zum Projekt »Bibliothek 2007: Bibliotheksentwicklung in Deutschland« wünschen, stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Wir freuen uns über Ihr Interesse! Berteismann Stiftung Carl-Bertelsmann-Straße 256 33311Gütersloh Telefon: 05241 781-81 202 Telefax: 05241781-81 998 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.bertelsmann-stiftung.de/bibliothek2007 Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände e. V. Geschäftsstelle der BDB Straße des 17. Juni 114 10623 Berlin Telefon: 030 7 39 00 14-80, -81 Telefax: 030 / 30 00 14-84 E-mail: [email protected] Internet: http://www.bdb-dachverband.de Die Projekthomepage finden Sie unter http://www.bibliothek2007.de

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Was ist die Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände? Die 1989 gegründete Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände e.V. (BDB) mit Sitz in Berlin fördert die wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken. Sie unterstützt die Weiterentwicklung des Bibliothekswesens, das eine demokratische Informations- und Wissensbildung garantieren soll. Ziel der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände ist die Förderung und Zusammenarbeit aller Bereiche des Bibliothekswesens und verwandter Organisationen national und international. Die BDB vertritt als Dachverband der bibliothekarischen Institutionen und Personalverbände die Interessen ihrer Mitglieder und damit ganz wesentliche gesellschaftliche Ziele. Folgende Einzelverbände und Institutionen sind in der BDB vertreten: Deutscher Bibliotheksverband e.V. (DBV) Berufsverband Information Bibliothek (BEB) Verein Deutscher Bibliothekare e.V. (VDB) ekz.bibliotheksservice GmbH Goethe-Institut Inter Nationes e.V. Berteismann Stiftung Die BDB plant und koordiniert gemeinsame Aktivitäten und vermittelt den politischen Entscheidungsträgern bibliothekspolitisch wirksame Argumente und Sachverhalte.

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Was ist die Berteismann Stiftung? Die Berteismann Stiftung wurde 1977 von Reinhard Mohn gegründet und ist eine Einrichtung, die durch Projektarbeit Beiträge zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Probleme leistet. Die Stiftung engagiert sich in den Themenfeldern »Bildung«, »Wirtschaft und Soziales«, »Demokratie und Bürgergesellschaft«, »Internationale Verständigung« und »Gesundheit«. Im Rahmen ihrer Bildungsinitiativen fordert die Berteismann Stiftung seit ihrer Gründung Bibliotheken durch praxisrelevante Modellprojekte, die sie selbst konzipiert und initiiert. Gemeinsam mit Projektpartnern aus der Praxis arbeitet die Stiftung an zukunftsorientierten -Lösungen und veröffentlicht Ergebnisse und Schlussfolgerungen für die Fachwelt und die Öffentlichkeit. Kundenorientierung, wirtschaftliche Betriebsführung sowie die Qualifizierung von Führungskräften und Mitarbeitern sind Ziele, die die Berteismann Stiftung in gemeinsamen Projekten mit Bibliotheken anstrebt. Dabei folgt die Berteismann Stiftung den folgenden Grundsätzen: > Praxisorientierung, > Kundenorientierung, > Innovation, > Nachhaltigkeit, > Partnerschaftlichkeit und > Evaluation. Wenn Sie weitere Informationen wünschen, senden wir Ihnen gern unseren Tätigkeitsbericht, den Sie unter S 05241 / 81-81203 anfordern können, oder besuchen Sie unsere Homepage (http://www.stiftung.bertelsmann.de).

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