Betaversion 2013 "Alte Leiden"

Betaversion 2013 "Alte Leiden" von Martin Delor Da hätte es beinahe in diesem Jahr von mir nix zu lesen gegeben. So unspektakulär hat mein Beta funkt...
Author: Tristan Kolbe
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Betaversion 2013 "Alte Leiden" von Martin Delor

Da hätte es beinahe in diesem Jahr von mir nix zu lesen gegeben. So unspektakulär hat mein Beta funktioniert. Zum Ende der Saison, hat er mich aber doch noch mal gefordert. Und es fühlte sich an, wie ein altes Leiden! Ja, ich setze ihn wieder ein, zumindest im Sommer, für meine alltäglichen Fahrten. Und ja, ich habe ihn vernachlässigt. Seit anderthalb Jahren will ich den Zylinderkopf instand setzen und auch den Zahnriemen endlich mal ersetzen. Ich habe nichts davon geschafft. Von "Keine Zeit" habe ich eben viel! Trotz des Wartungsstaus hat mich mein Beta Coupé ohne Probleme im Alltag begleitet und hat auch drei Ausfahrten mitgemacht. Alles ohne Probleme. Was für eine treue Seele!

Wovon sollte ich Euch also berichten? Keine großen Bauvorhaben standen an, keine TÜV-Termine und so weiter. Ich bin einfach nur Lancia Beta Coupé gefahren... Geärgert habe ich mich in diesem Jahr! So wie in jedem Jahr, wenn die Lancia Fulvia Flavia IG ihr Jahrestreffen zum Himmelfahrtswochenende veranstaltet. Dann kann nämlich meine Frau und ich nicht teilnehmen. Das hat bestimmte Hintergründe bedingt durch den Arbeitsplatz meiner Sabine. So viel zum Thema Work-Life-Balance! Wie dem auch sei. Damit ich mich nicht zu sehr ärgere, hat sie uns eine schöne Ausfahrt zu Pfingsten, wo wir ja Urlaub

hatten, nach Neuzelle organisiert. Alles ohne mein Wissen.

Truppe zu tun hatte und recht sympathisch schien. Mal sehen... Wie sagt ein Sprichwort? "Der erste Eindruck lügt!", oder so?! Die Teilnehmer der Reisegruppe haben sich doch als angenehme Zeitgenossen entpuppt. Und so wurde aus der trockenen Führung eine spaßige Sache die in einer feucht fröhlichen Verkostung endete. Während der Führung haben wir ja viel gesehen und berichtet bekommen.

Picknick auf dem Feld 200 Landstraßenkilometer auf dem Hinweg. Herrlich! Wir hatten zu dritt (Frauchen, Betachen und Ichchen) viel Spaß. Tolle Straßen, wunderbare Landschaften und Picknick auf dem Feld. Angekommen in Neuzelle, erwartete uns ein Hotel mit einem hervorragenden Service und Ambiente sowie ein putziges Zimmer. Die ersten warmen Tage in diesem Jahr, lockten uns nach unserer Ankunft auf die Terrasse für ein Bierchen in der Sonne. Der Kenner weiß aber, dass es in Neuzelle nicht nur schicke Hotels gibt, sondern auch ein Kloster mit einer relativ berühmten Klosterbrauerei. Ihr ahnt was angesagt war? Na klar, eine Brauereibesichtigung mit anschließender Verkostung. Muahahahaaaaaa! Nach dem "Vorglühen" auf der Terrasse wanderten wir zum Kloster. Ernüchterung für Sabine und mich am Eingangsbereich der Brauerei: da wurde scheinbar eine Reisegruppe mit dem Bus abgekippt. Sowohl die Männer als auch deren Frauen hatten schon ein "Ding zu sitzen". Schlüpfrige Witze und die offensichtliche Biernot der Gesellschaft trübte unsere Laune. Sollte die Führung tatsächlich ein so niedriges Niveau haben?! Da war aber noch ein anderes Pärchen in Motorradkluft, welches nichts mit dieser

Saint-Gobain. Woher kenne ich das Logo? Im Lager neben der Abfüllanlage fiel mir eine Palette mit verpackten neuen Bierflaschen auf. Auf der Verpackungsfolie war das Logo "Saint-Gobain" gedruckt. Ich habe hin und her überlegt, woher ich dieses wohl kennen mag. Saint-Gobain, Saint-Gobain, Saint-Gobain! Na Klar! Das ist auf allen Scheiben meines Betas eingeätzt! Das ist der Hersteller meiner Autoverglasung. Irre! Bei der Bierprobe saßen wir dann mit dem "Motorradpärchen" zusammen. Wir haben uns nett unterhalten. Es stellte sich heraus, dass sie aus unserer Nachbarschaft sind, direkt aus dem nächsten Dorf. Natürlich entflammten auch Benzingespräche. Ich habe die Lanze mit der Fahne weit hochgehalten und von der Marke geschwärmt, die uns hier alle verbindet! Schade, sie hatten nur einen Tagesausflug und sind zeitig aufgebrochen, um sich auf den Heimweg zu machen.

Sabine und ich konnten (noch) laufen. Zurück zum Hotel, wo wir dann erst mal zu Abend gegessen haben. Danach ab ins Zimmerchen. Das war echt nett und geschmackvoll eingerichtet. Das leckere Frühstück am nächsten Morgen fand in einer Räumlichkeit mit einer Schaudestillerie statt. Überall Kupferkessel, Kupferrohre sowie Druck- und Temperaturanzeiger. Sehr technisch. Sehr interessant. Keine Sorge: kein Alkohol zum Frühstück! Die Rücktour stand an. Es war die gekürzte Version der Hintour. Leider nur 170 Kilometer. Das Wetter war aber auch nicht mehr so schön. Trotzdem hatten wir Spaß. Zum Abschluss gab es noch ein Essen bei unserem Stammgriechen. Der Alltag hatte nun meinen Beta und mich wieder. Und so spulten wir Kilometer um Kilometer ab. Manchmal mit Testfahrten, um die Einstellung am Luftmengenmesser der LJetronic zu optimieren. Dazu habe ich mir ein App herunter geladen, welches mir Beschleunigungswerte auf meinem Smartphone anzeigen kann. Ich dachte mir, wo am meisten "G" ist, hat der Motor seine optimale Verbrennung. So habe ich mich über das Jahr beschäftigt. Es ist ja sonst fast nichts kaputt gegangen. Einmal musste ich Hand anlegen: der Generator hat gewackelt wie ein Lämmerschwanz. Da sich die untere Verschraubung, beziehungsweise das Lager aufgelöst hatte. Dass es für den Beta keine Teile mehr gibt, habe ich bereits akzeptiert. Daher Frage ich bei solchen Kleinigkeiten auch nirgends mehr nach, sondern improvisiere. Meistens ist eine Improvisation haltbarer als das Original. Noch ist die Lichtmaschine fest an ihrem Bestimmungsort. Ich kann ja schließlich nicht mit einer wackeligen Stromversorgung zu einer Fahrerausfahrt, wo die Technik richtig gefordert wird. Wroooaaaammmmmmm!!!

Das Geräusch ging mir das ganze Jahr nicht aus dem Kopf. Wann wird Lutz Bollenbach endlich den Termin für seine Fahrerausfahrt bekannt geben? Werden Sabine und ich überhaupt Zeit dafür haben? Frei bekommen? Der 14.September sollte es dann werden. Ich konnte mir das Wochenende tatsächlich frei schaufeln. Doch leider gab es wieder einmal ein Ungleichgewicht bei Sabines Work-Life-Balance zu Gunsten ihres Arbeitgebers. Ich wollte unbedingt mitfahren. Aber nicht ohne meine Frau. Wir haben dann einen Kompromiss gefunden: ich reise Freitag an, mache die Tour am Samstag mit und Sabine kommt Samstagabend zum "Grillen, Chillen und Kisten killen" nach. Das war übrigens das Motto zum "Après-Tour". Gesagt getan. Ich hatte mir am Freitag den 13. September vorgenommen zeitig Feierabend zu machen. Nun, es kam mal wieder anders. Nach der Arbeit bin ich schnell nach Hause gefahren. Sachen packen, Navi klar machen und den Beta waschen. Das mache ich immer von Hand mit Wasser aus der Regentonne. Ich verwende niemals ein Waschmittel. Dann ging es los. Schnell noch LPG und SuperPlus getankt, nach Öl und Luftdruck der Reifen geguckt und dann ab auf die Autobahn. Ich war spät dran. Mit Kay, meinem Bruder im Geiste, war ich irgendwo auf der A2 verabredet. Er kommt aus dem Süden von Berlin, ich aus dessen nördlichen Speckgürtel. Daher war das die beste Lösung. Auf Grund meines späten Feierabends hatte er aber in etwa eine Stunde Vorsprung. Dank WhatsApp kannten wir unsere gegenseitigen Standpunkte. Er trödelte. Ich raste, um die Zeit wieder gut zu machen. Irgendwo in Niedersachsen hatten wir uns auf einem Rastplatz verabredet und getroffen. Für den restlichen Weg nach Nordstemmen hatten wir ausgemacht "piano" zu fahren. Tempo 120 sollte reichen. Wenn man die

Langsamkeit wieder entdeckt, erlebt man auch deutlich mehr von der Landschaft. Doch irgendwann wurde uns ein wenig langweilig. Und so fotografierten wir uns gegenseitig beim Fahren und schickten uns die Bilder umgehend über das oben genannte "Socialnetwork" mit Hilfe unser Smartphones zu. Telefoniert haben wir aber nicht. Ich habe ja schließlich keine Freisprecheinrichtung. Muahahahaaaaaa! Irgendwann waren wir dann am Ziel. Ich habe erstmal mein Zimmer bezogen in einem netten und preiswerten Gasthaus. Danach haben wir uns mit Ulla und Lutz getroffen. Nach dem Willkommensbierchen sind wir zusammen zum Griechen im Ort gefahren. Wir haben gut gegessen. Haben nett und lustig geplaudert. Zu lange wollten wir den Abend aber nicht genießen. Wir hatten ja schließlich morgen noch was vor... Nach einer guten Nacht habe ich am nächsten Morgen auch ein gutes Frühstück genossen. Da ich ja noch alleine war, konnte ich es mir mit einer Zeitung richtig gemütlich machen. Ich habe noch nie eine Zeitung beim Frühstück gelesen, da ich meist nicht alleine bin und ich es dann aus Höflichkeit nicht mache. So trödelte ich vor mich hin. Als ich fertig war, hatte ich fast schon Zeitdruck. Schließlich sollte es mit der Fahrerausfahrt um 11:00 Uhr los gehen. Für mich gibt es zwei verschiedene Fahrzustände, die mir Spaß bereiten. Das gemütliche Cruisen gefällt mir genauso wie das Ausloten der technischen Möglichkeiten meines Motorwagens. Die Erfahrungen aus der Fahrerausfahrt im letzten Jahr ließen mich wissen, dass es hier und heute um die zweite Variante, also die mit der Adrenalinausschüttung ging! Jetzt aber los. Das Hotel war ein paar Kilometer von Lutz entfernt. Gute Gelegenheit den Beta schon mal ein bisschen warm laufen zu lassen. Der 14. September war ein feuchtkalter Tag. Entsprechend die Straßenverhältnisse.

Es ging mir, wie den meisten anderen Teilnehmern auch, nicht ums Cruisen, wozu auch Sonnenschein gehört, sondern um schnelles und vielleicht auch um instabiles Fahren. Feuchte Straßen, gelegentlich gespickt mit Laub machten dies um so anspruchsvoller.

Der erste Eindruck Als ich bei Lutz eintraf, war der Parkplatz vor seinem Haus bereits gut gefüllt mit Fulvias. Nicht einer hatte den Anspruch einen "Concours d´Elegance" zu gewinnen. Sie schienen eher auf schnelles Fahren getrimmt worden zu sein. So wie mein Beta Coupé: keine Stoßstangen, andere Felgen, tiefer gelegt und so weiter. Mit dabei waren noch Lancia Kappa Coupé, ein Beta Spider und ein Alfa Spider. Beim Briefing-Kaffee traf ich Kay wieder. Er hatte beim Lutz geschlafen. Ihm ging es nicht so gut. Daher hatte er beschlossen nicht mit seinem Fulvia zu fahren, sondern sich bei Anderen eine Mitfahrgelegenheit zu beschaffen. Waaaaaas?! Wir hatten seit einem halben Jahr kaum ein anderes Thema, als diese Fahrerausfahrt und nun fährt er nicht selbst?! Nun gut! Ich sollte ja meinen Spaß haben... Nach dem Briefing schlenderte die illustre Gesellschaft zu den Fahrzeugen. So wie ich, waren auch noch andere Einzelfahrer dabei, die erstmal das Roadbook auf den Beifahrersitz ablegten. Wohlwissend, nicht einen Blick reinwerfen zu können. Vielleicht später - irgendwann.

Viel wichtiger war es am Pulk dran zu bleiben. Dann war es soweit: "Gentleman start your Engines, please!". Die Fahrzeuge fädelten sich vom Parkplatz und los ging die Fahrerausfahrt 2013. Ich war mit meinem Coupé das Schlusslicht. Blöd!

Endlich Pause Denn da hinten passierte recht wenig. Cruisen war angesagt. Doch dazu fehlte die Sonne. Um ein bisschen Spaß zu haben, überholte ich das eine oder andere Fahrzeug. Ganz nach vorne in der "Cruisergruppe" konnte ich aber nicht, da ich nicht fahren und gleichzeitig Roadbook lesen konnte. Dann gab es den ersten Stopp. Nach der, für meinen Geschmack zu langen Mittagspause, wollte ich das besser lösen. So drängelte ich mich als siebentes Fahrzeug vom Parkplatz. Jetzt ging alles zügiger voran. Trotzdem wollte ich weiter nach vorne. Mein Beta hatte schon den einen oder anderen Fulvia auf der Landstraße vernascht. Dann kam eine Passage, wo die Strecke auf eine zweispurige Bundesstraße führte. Und das auch noch mit einer bemerkenswerten Steigung. Da hatte ich alle Trümpfe in der Hand, mich ganz nach vorne zu katapultieren. Mein Beta hat einen zwei Liter großen Zerknalltreibling mit einer Einspritzanlage von Bosch. Neben eines Fächerkrümmers habe ich die Kolben aus einem 1600er Motor als Tuningmaßnahme verbaut. Diese passen in die Bohrung der Zylinder

problemlos. Sie haben aber einen Dom, durch den die Verdichtung erhöht wird. Dies bewirkt einen spürbaren Anstieg des Drehmoments. Und dieses Drehmoment konnte ich am Berg nutzen. Die bis in den roten Bereich drehenden Fulvias hatten nicht den Hauch einer Chance. Das ist aber keine Schande. Auch ein voll beschleunigender Dreizwanziger Diesel von BMW musste mir die linke Spur an diesem Berg räumen, damit ich endlich zügigst überholen konnte. Muahahahaaaaaa! Das Fahrerfeld hatte sich hier ziemlich gestreckt. Schnell kam ich bei den ersten beiden Fahrzeugen an und sortierte mich auf Position drei ein. Voran fahrend Lutz mit seinem weißen Fulvia 3, der ja die Strecken wie seine Westentasche kannte und dahinter Bernd Schweiger mit seinem grünen Coupé der ersten Serie. Da vorne ging es denn auch richtig zur Sache. Immer wieder bemerkte mein Popometer, dass ich direkt im Grenzbereich drin bin. So schön!

Fahrspaßige Hinterachse Eine lang gezogene Rechtskurve habe ich aus Spaß mit Vollgas im dritten Gang genommen. Das hatte ich noch nicht, dass die Antriebsräder einfach so bei ca. 100 Kilometer pro Stunde mal eben den Grip verlieren und anfangen durch zu drehen. Ich danke Sergio Camuffo für seine Arbeit. Die Camuffo-Hinterachse ist eine

unabhängige Aufhängung der Hinterräder. Sie besteht pro Rad aus drei voneinander unabhängigen Lenkern und einem Rad führenden McPherson-Federbein. Zwei Lenker liegen quer und einer ist längs eingebaut. Das verleiht dem Lancia Beta ein derart neutrales Fahrverhalten. Nur ein Hauch von Untersteuern bei Vollgas in Kurven. Kaum Lastwechselreaktionen. Es macht einfach Spaß damit zu fahren. Aber vielleicht ist mein Beta "unterbereift". Ich habe 185er Reifen drauf. Genauso wie alle Fulvias, die dabei waren. Nur hat der Beta 200 Kilogramm und mehr an Masse um die Ecke zu wuchten. Das machte sich vor allem in Spitzkehren bemerkbar. Während ich über alle vier Räder schob, schnippten die Fulvias nur so um die Ecke. Dafür konnte ich wieder Boden gut machen beim Herausbeschleunigen aus Kurven. So verblieb ich auf Position Drei. Hinter mir fuhren, glaube ich, Klaus-Dieter mit seinem roten und Hanno mit dem blauen Fulvia. Mehr hatte ich im Rückspiegel nicht gesehen. Es machte auch keinen Sinn Bernd zu überholen. Er ist schnell. Außerdem machte es Spaß ihm beim Fahren zu zusehen. Er bewegt seinen Fulvia sehr geschmeidig. Sehr zügig aber weich. Bremsen vor einer Kurve aber nicht in einer Kurve. Das ist auch notwendig beim Fulvia. Denn wenn man den Grenzbereich erreicht hat, hat man ihn eigentlich auch schon überschritten! Schuld daran ist die schwere Hinterachse, die große ungefederte Masse, auf der ein filigranes, leichtes Heck ruht. Das Fahrerfeld hatte sich durch diverse Kreuzungen mit vorfahrtsberechtigten Straßen wieder zusammengestaucht. Am Vormittag hatte ich viele Gelegenheiten, mir während der Fahrt, eine Zigarette anzuzünden. Das war mir im zweiten Teil der Tour nicht möglich gewesen. Auch egal! Rauchen gefährdet sowieso die Gesundheit.

Aber eigentlich war gerade im Moment das Nichtrauchen gefährlich! Ich war nicht auf Nikotin, sondern auf Adrenalin. Das Zittern der Hände sollte noch stärker werden und noch lange anhalten... Schonungslos gegenüber dem Material, schmissen wir unsere Fahrzeuge von einer Kurve in die nächste. Plötzlich merkte ich schon früh den Verlust der Reifenhaftung. Das war richtig glitschig. Ich ließ zu Bernd etwas mehr Abstand und wollte die nächste Kurve nicht zu schnell nehmen. Ich sah dann dort, wie sein Heck ausbrach. "Jetzt ist er weg", dachte ich. Doch er konnte sein Fulvia im Drift halten. Dann leuchteten die Bremslichter auf und der Driftwinkel wurde größer. Ich dachte nur: "Fehler! Jetzt ist er wirklich weg." Das ereignete sich alles im Bruchteil einer Sekunde. Die enge Kurve war nicht einsehbar. Als ich um die Ecke flog wusste ich warum er bremste. Vor mir stand ein weißes Fulvia Coupé quer. Lutz! Bernd hatte es geschafft, sein Auto zu fangen und an Lutz vorbei zu manövrieren. Der Raum war aber nicht mehr da, daher musste ich anhalten. Ich bremste scharf, hatte aber keine Nöte. Noch nicht! Pschhhhhhhhhhht!!! Das Geräusch von blockierenden Reifen auf nassem Asphalt!!! Dieses kennt, heute im ABS-Zeitalter, kaum noch jemand. Ich schon. Und es kam nicht von mir! Im Rückspiegel sah ich einen Fulvia quer auf mich zu kommen. Für meinen Geschmack mit zu wenig Bremswirkung für ein unversehrt bleibendes Betaheck. So öffnete ich die Bremse, um noch ein Stück weiter zu rollen, um Raum hinter mir zu schaffen. Ich blickte in die weit aufgerissenen Augen von Lutz´s Sohn auf dem Beifahrersitz, da meine Betafront nur noch 50cm von ihm entfernt war. Pschhhhhhhhhhht!!!

Der nächste Fulvia "glitt" heran. Der driftete an dem hinter mir irgendwie vorbei. Da standen wir nun. Ein Knäuel aus geilen Lancias. Ein Knoten aus geliebtem Blech. Doch keines der Fahrzeuge hatte ein Anderes berührt. Nachdem wir uns kurz mental gesammelt hatten, ging die wilde Fahrt auch schon weiter. Gleichwohl etwas verhaltener.

Irgendwann war das Fahrerfeld wieder komplett auf dem Parkplatz versammelt. Die Fahrerausfahrt war vorbei. Und ich wartete sehnsüchtig auf meine Frau, die ja heute noch arbeiten musste. Nicht viel später ist sie eingetroffen. Da konnte es denn los gehen mit "Chillen, Grillen, Kisten killen!". Alle von den Teilnehmern mitgebrachten Salate waren lecker. Das von Lutz und Ulla organisierte Fleisch war toll und der Grillmaster hat seinen Job auch spitzenmäßig bewältigt. Das war wieder ein Event, was seines gleichen sucht. Wir hatten bis in die Nacht hinein so viel Spaß. Unglaublich, was wir gelacht haben. Wir haben gegen "Durscht" Ramazotti getrunken. Der ist irgendwie gar nicht angekommen. Bestimmt wurde uns "Ramazotti alkoholfrei" untergejubelt ;-)

Es knistert noch

Schade, schade. Auch solche grandiosen Veranstaltungen nehmen irgendwann ihr Ende.

Es war ja auch nicht mehr weit bis zum Ziel. Auf dem Parkplatz vor dem BollenbachAnwesen sortierten sich zunächst die Fahrzeuge der Schwerfuß-Fraktion ein. Alle stiegen sofort aus und sammelten sich in der Mitte des Parkplatzes. Eine Traube bildete sich. Lautes Geplapper, um das soeben erlebte einem Anderen zu erzählen, der das Selbe erlebt hatte. Lustig! Wir haben uns aber alle darüber geärgert, dass niemand von dem "Knoten" Bilder gemacht hat. Aber da merkt man auch mal, wie ernst es unser Lutz mit seinen Fahrerausfahrten nimmt! Maximales Tempo an der Front, um den Teilnehmern seines Events maximalen Spaß zu bieten. Das ist denn wie bei Zugvögeln: der ganz vorne hat immer zu tun! Im Konvoi fährt es sich gelöst hinterher: "Wenn der vor mir die Kurve in diesem hohen Tempo schafft, schaffe ich das auch!" Daher sind ihm solche Ausrutscher zu verzeihen!

Ab nach Hause "An Tage wie diese - wünscht man sich Unendlichkeit. An Tage wie diese - haben wir noch ewig Zeit" Die Toten Hosen hämmerten mir wieder durch den Kopf. So wie im letzten Jahr... Am nächsten Morgen haben Sabine, Kay und ich uns für die Rückfahrt versammelt. Drei Fahrer, drei Autos. Wie unökonomisch! Auf dem Weg hatte sich mein Beta einen kleinen Fauxpas geleistet. Nach einer

Pause auf einer Raststätte, wollte er keinen Mucks mehr sagen. Das übliche Beta-Problem. Der Anlasser dreht nicht, wenn er heiß geworden ist. Schieben war angesagt! Ich habe jetzt schon den dritten Starter drin. Keiner hat das Problem behoben. Jetzt lebe ich damit. Die Fahrt ging aber trotzdem ohne Probleme weiter. Das war es denn mit dem "heißesten Termin" in diesem Jahr.

Zum Feierabend setzte ich mich in mein Fahrzeug. Drehte den Schlüssel: "Si si si si si si si si si si si si si si si - no!" Ich hatte es schon lange verdrängt. Ein altes Leiden!!! Ich spulte den Videorekorder im Kopf zurück in das Jahr 2007.

Am darauf folgenden Montag hatte ich frei. Ich habe mit dem Beta noch einige Erledigungen und Einkäufe gemacht. Am Dienstag wollte ich zur Arbeit fahren. Alle Altitalofreaks kennen das: "Si si si si si si si si si si si si si si si - no!" Der Starter dreht und dreht. Aber der Motor springt nicht an. Ich habe mich kurz mit der Fehlersuche befasst. Habe am Auspuff geschnuppert und wusste: "okay, Sprit kommt. Aber er scheint nicht zu zünden." Ein paar Tage später konnte ich mich mit dem Problem näher befassen. Ich habe mir die Unterlagen zur DigiPlex-Zündung herausgesucht, mein Multimeter startklar gemacht und angefangen zu gucken und zu messen. Ohne Erkenntnis! Nachdem ich alles wieder zusammen gesteckt hatte, machte ich den Versuch, den Beta zu starten. Siehe da, er lief sofort. Ein bisschen rumpelig zwar, weil er den unverbrannten Sprit von den vorherigen Startversuchen rausrotzen musste. Aber er lief. Ich habe noch eine heiße Proberunde gedreht, die mich an die Fahrerausfahrt erinnerte. Er ist wieder wie die Wutz gerannt. Am nächsten Tag bin ich mit meinem Beta zur Arbeit gefahren. Ohne Schwierigkeiten. Ich hatte das Problem auf Kontaktkorrosion geschoben. Schließlich hatte ich alle Verbindungen der Zündung gelöst und wieder gesteckt. Der Spuk schien scheinbar vorbei zu sein. Scheinbar!

Elektronikneubau Der Beta war noch im ganzjährigen Alltagseinsatz, also auch im Winter. Ich hatte damals massive Startprobleme. Es war nicht der Anlasser selbst. Der drehte fleißig, doch der Motor sprang nicht an. Die Probleme traten meist auch nur in der Tiefgarage, bei meiner Arbeitsstelle auf. An einem Abend ging fast nichts mehr. Die Batterie war leer genuddelt. Ein letztes Mal wollte ich den Zündschlüssel drehen. Zuvor rief ich ein beherztes „Arschloch“. Und als wäre nichts gewesen, sprang mein Beta an. Dies hatte sich noch zweimal genau so zugetragen. Es gibt auch eine Zeugin: eine mitleidige Kollegin hatte jedes Mal auf mich gewartet, um mich im Bedarfsfall ein Stück mit zu nehmen. Das erinnerte mich damals an eine Werbeannonce von einer Oldtimerversicherung. Zitat: “Haben Sie sich schon mal mit ihrem Fahrzeug gestritten?“ Ich habe herzlich gelacht. Das kam mir irgendwie bekannt vor! Danach folgte ein kompletter Elektronikumbau und das Problem trat seit dem nie wieder auf. Bis in diesem Jahr nach der Fahrerausfahrt.

Nachdem der Beta drei Tage auf einem nachts unbeleuchtetem öffentlichen Parkplatz stand, habe ich es endlich geschafft ihn in seine Garage zu schleppen und mein Winterauto zu reanimieren. Traurig war ich! Sollte die Saison, die "Betaversion 2013" ein so jähes Ende nehmen?! Nö!

So kniete ich mich tief in die Materie rein. 2000 I.E. gab es ja nicht nur bei Lancia oder beim Beta. Ich schaute über den Tellerrand. Ersatzteile vom Delta und Thema oder diverser FIAT-Modelle kamen in Frage. Mir wurde auch bewusst, dass die Zündanlage beim Beta ab ´83 noch mal verändert wurde. Daher habe ich auch den OT-Geber an der Riemenscheibe und nicht im Verteiler. Deswegen brauche ich auch eine ganz andere Verteilerkappe als andere Betas mit Einspritzung. Ich kenne jetzt den Unterschied zwischen Hall-Geber und Induktionsgeber und so weiter... Ich fand auch heraus, dass OT-Geber und Drehzahlsensor identische Teile sind. Aber welche sind das?

Verdächtig! Ich suchte in Reparaturhandbücher, büffelte in technischen Unterlagen und recherchierte, was das Google-Zeugs so her gab. Ich habe zur Zündanlage Widerstandswerte gefunden, die ich mit den Ist-Werten am Fahrzeug verglichen habe. Ich hatte ja einen Verdächtigen! Ich wusste, dass so ein OT-Geber nicht für die Ewigkeit gemacht ist. Und so war es denn auch. Die Messung zeigte mir einen unendlichen Widerstand an. Da mein OT-Geber und der Drehzahlsensor ebenso alt wie das Fahrzeug sein mussten, dachte ich mir: "Tausche ich eben beide!" Nun brauchte ich aber Ersatzteile. Da konnte ich nicht improvisieren! Aber welche Teile brauchte ich? Diese Frage verhallte beim "Googlen" ungehört. Alle Onlineportale unserer einschlägigen Teilelieferanten gaben mir keine Antworten. "Hallo Ersatzteil?" Nicht mal das Centro in Berlin konnte mir Informationen geben. "Lancia Beta? Was ist das?"

Der Hersteller war klar: Magneti Marelli. Doch die Teilenummer? Ich war mir zu 80% sicher, zu wissen, welche Teile ich benötigte, als ich eine Auktion bei einem einschlägigen OnlinePortal gewann. Die restlichen 20% "Rechthaben" kamen am Tag der Lieferung. Ich hatte die Sensoren kaum ausgepackt, da waren sie schon im Beta verbaut. Si si Siiiiiiiiihhh!!! Das hört man gerne bei einem Teststart. Ja, Ja, Jaaaaaaahhh!!!

Ein Beta fühlt sich wohl Stante pede habe ich mein Winterfahrzeug wieder in der Garage geparkt und düste bis zum 31.10. noch mit dem Beta rum. Einfach schön. Keine weiteren Probleme.

Zur Belohnung für uns gab es zum Saisonabschluss noch eine kleine Ausfahrt. Die von den Lancia-Freunden-Berlin. Die Tour war gut ausgesucht. Nette Sträßchen, tolle Landstraßen. Leider haben wir uns zu oft verfahren und zu viele Stopps gehabt. Trotzdem schön. Sehr nett auch mal alle Altbekannten wieder getroffen zu haben. Das ist eben mein Problem: keine Zeit war schon immer da! Ich glaube ich habe die meisten Leute seit zwei oder drei Jahren nicht mehr gesehen. Schön fand ich auch, dass ich sehr viele neue und junge Gesichter gesehen habe. Für Nachwuchs ist also gesorgt... Am Ende des Treffens hat mir ein Teilnehmer eine Frage gestellt: "Was ist denn das für ein Modell?" "Waaaaas?", dachte ich. Da kennt ein Mensch, der sich mit Lancia beschäftigt den Beta nicht?! Ich möchte daraus keinen Vorwurf machen. Die Frage hat mir aber zu denken gegeben. Kaum jemand kennt noch Lancia Beta. Fast alle Beta-Treter kenne ich persönlich. Und das sind nicht viele. Da ich recht aktiv in Internetforen unterwegs bin, bekomme ich europaweit viele Anfragen zu Problemlösungen. Es bilden sich natürlich auch private Verknüpfungen. Was ich wiederum sehr interessant finde! Der Beta ist leider, wie ich merke, ein wirklich seltenes Modell geworden. Ich werde ihm ein Denkmal setzen müssen. Ich werde eine eigene Internetseite erstellen! www.lanciabetacoupe.de Diese Seite wird neben schönen Bildern natürlich auch sehr viel informative Inhalte haben, damit ein Beta-Besitzer genau wissen wird, welchen Drehzahl- oder OTSensor er braucht. Ich habe also zu tun...

Ihm geht´s gut

Viva Lancia