PREMIERMINISTER

Bericht an den Premierminister

2007

Ständiger interministerieller Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten - MIVILUDES Beim vorliegenden Dokument handelt es sich um eine Übersetzung der französischen Fassung. Einzig die französische Originalfassung ist im Falle eines Rechtstreits verbindlich.

Inhaltsverzeichnis Wort des Präsidenten........................................................................ 5 Einführung ......................................................................................... 8 Erster Teil

Prävention und Einschätzung des Risikos ................ 12 Gefährliche Entwicklungen bei Sekten: Analyse des juristischen Werkzeugs....................................................................................... 12 Geistige Einflussnahme im Licht der Gerichtsentscheidungen....... 25 Gefährliche Entwicklungen innerhalb der Psychotherapie: der Fall der induzierten Erinnerungsfälschung............................................. 41 Zweiter Teil

Kindheit und Bildung .................................................................. 56 Die Folgen der parlamentarischen Untersuchungskommission „Gestohlene Kindheit“...................................................................... 56 Dritter Teil

Risikoerfassung im wirtschaftlichen Bereich .......... 77 Mit dem Multi Level Marketing verbundene Risiken........................ 77 Mit bestimmten Coachingmethoden in Unternehmen verbundene Risiken............................................................................................. 90 Vierter Teil

Verschiedene Untersuchungen ........................................ 102 Rauschgifte und gefährliche sektiererische Entwicklungen .......... 107 Satanismus: ein immer noch aktuelles Entgleisungsrisiko............ 112 Strategien der Sektenbewegungen zur Einflussnahme auf internationaler Ebene am Beispiel der OSZE ............................... 116 Das Sektenrisiko: gesetzliche und verwaltungstechnische Regelungen in Mitteleuropa .......................................................... 140 Blick einer Psychologin auf die Entgleisungen der Praktik der induzierten Erinnerungsfälschung ................................................. 169

Fünfter Teil

Verwaltungstätigkeiten 2007 ............................................... 181 Der MIVILUDES ............................................................................ 181 Die Ministerien............................................................................... 185 Schlussfolgerung ........................................................................... 230

Anhang Zeugenaussagen........................................................................... 232 Parlamentarische Aktivitäten: schriftliche Fragen ......................... 236 Adressen und nützliche Links........................................................ 248

Wort des Präsidenten Vor langer Zeit, das heißt mindestens einem Viertel Jahrhundert, sorgte sich der Staat nicht um diese Bewegungen, die ohne weiteres Überlegen als „Sekten“ bezeichnet wurden. Die einen belächelten den Sachverhalt, doch andere wollten das Interesse der Öffentlichkeit wecken. Der Premierminister beauftragte einen ausgewählten Parlamentarier mit der Erstellung eines Berichts zum Thema. Roger Ikor sprach den Präsidenten der Republik an, Familien organisierten sich in Opferschutzvereinen, das Parlament bildete einen Untersuchungsausschuss, die Regierung baute eine Beobachtungsstelle auf. Ein neuer Premierminister richtete einen ständigen Ausschuss zur Bekämpfung von Sekten ein, ein folgender veränderte diese in einen ständigen interministeriellen Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten und die Medien prangerten fast einstimmig die Geißel der Vorgehensweisen dieser sektiererischen Gruppen an. Kurz gesagt, das Bewusstsein bezüglich dieses Phänomen war geschärft und die Ansicht, dass das Problem nicht auf die Privatsphäre abgewälzt werden könne, wurde weitgehend geteilt. Über die verschiedene politische Sensibilitäten der einen oder anderen und über Wortfeinheiten hinaus, zeigt sich tatsächlich eine weit reichende Politik der Prävention, der Information, der Hilfe für die Opfer und ihre Familien und der Bekämpfung von allen Formen der gefährlichen Entwicklungen von Sekten. Diese Politik entwickelte sich anhand der gesammelten Erfahrungen und Dank eines Konsenses, den ein Gesellschaftsthema in Frankreich bisher nicht zu erreichen vermochte. Seit dem Beginn des neuen Jahrhunderts entwickelten sich Sektenbewegungen in den Bereichen der Spiritualität, der Philosophie, der Esoterik und des Okkultismus weitaus langsamer als bisher. Dafür fanden sie einen fruchtbaren Boden, um sich auszubreiten, in moderneren Ausdrucksformen, die den Erwartungen unserer Mitbürger angemessener sind. So arbeiten Sektenbewegungen nun verstärkt auf nationaler und internationaler Ebene in den Bereichen der Gesundheit, der Weiterbildung, der Persönlichkeitsentwicklung, des Coaching, der individuellen Begleitung usw.. Auf diesen Umstand musste eine Reaktion folgen. Die Aussagen der Sektenbewegungen sind ausgefeilt: Jegliche Tätigkeit des Staates in diesem Bereich verletzt die Ausübung der öffentlichen Freiheiten und insbesondere die der

Glaubensfreiheit. Meistens ist jedoch der Begriff des Glaubens gar nicht wirklich auszumachen. Jegliche Warnung der Behörden gleicht einer Diskriminierung, jegliche Verurteilung einer Diffamierung. Opfer gibt es nicht, nur Abtrünnige, deren Aussagen angezweifelt werden. Es gibt keine Tatsachen, sondern nur Gerüchte. Hin und wieder findet sich wohl manches Gerichtsurteil, jedoch ist es zwangsläufig ungerecht und findet kein Gewicht gegenüber der europäischen oder nationalen Rechtssprechung, deren Verordnungen und Urteile wenn nötig von den besagten Bewegungen mit einer beeindruckenden Gabe zur Instrumentalisierung in ihrem Sinne interpretiert und verflochten werden. Kurz gesagt, gibt es keine Opfer und keine Störung der öffentlichen Ordnung. Es gibt wohl dringendere und ernsthaftere Probleme, mit denen der Staat sich befassen sollte. Eine Handvoll Personen, im Übrigen immer die gleichen, verschwenden Staatsgelder, um eine überflüssige Hexenjagd zu betreiben, die aus einem vergangenen Zeitalter stammt. Nun, innerhalb von drei Jahren habe ich täglich diese Opfer getroffen, die man gerne übersehen würde, habe ihren Familien zugehört, die Schäden beurteilt, all die unüberwindbare Folgen der Aktivitäten dieser ganzen Gurus und Zauberlehrlinge, welche zu den Sektenbewegungen zählen, selbst einschätzen können. Ich habe die Erwartungen all derer wahrgenommen, die gelitten haben und immer noch leiden aufgrund von Machenschaften, die jegliche Achtung der menschlichen Würde in den Wind schlagen. Ich habe den Zynismus und die Arroganz mancher Verantwortlichen von Sektenbewegungen erlebt. Immer noch bin ich fassungslos ob der Dreistigkeit und Unaufrichtigkeit ihrer führenden Köpfe und Verteidiger. Daher möchte ich allen meine Anerkennung ausdrücken, welche sich uneigennützig dafür engagieren, dass unsere Mitbürger nicht der Anziehungskraft dieser Bewegungen verfallen, dass die Personen, die anderen Männern, Frauen und Kindern geschadet haben, die ihre Schwäche, ihre Gutgläubigkeit oder ihre Not ausgenutzt haben, vor Gericht Rechenschaft ablegen müssen. Bei allen, bei den gewählten Vertretern unseres Staates, den Verantwortlichen der Vereine, den Berufstätigen im Gesundheitswesen, im Bildungswesen und in den juristischen Berufen, den qualifizierten Personen und den Beamten der zentralen, der dezentralisierten und der territorialen Verwaltung möchte ich mich für ihre selbstlose und zutiefst menschliche Hilfe bedanken. Die Verhaltsweisen der Sektenbewegungen treten das Leitwort der Republik mit Füßen: welchen Sinn ergeben noch die Worte "Freiheit,

Gleichheit, Brüderlichkeit" in einer Welt, in der die menschliche Würde nichts mehr gilt? Unser Ziel soll es sein, die Opfer stets richtig zu erkennen und weiterhin denen beistehen zu können, die berechtigterweise den Staat um Hilfe und Unterstützung bitten.

Einführung Der Erlass, mit dem der interministerielle Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten eingeführt wurde, besagt, dass dessen Vorsitzender dem Premierminister jedes Jahr einen Bericht vorlegen muss. Dieses Dokument ist der fünfte Bericht seit der Einrichtung des Ausschusses im Dezember 2002. In den zwei ersten Dokumenten hat er, chronologisch aufgezählt, erst den Schwerpunkt auf das Sektenrisiko, dann auf gefährliche Entwicklung bei Sekten gelegt, im Bemühen, sein Tätigkeitsfeld deutlich zu definieren und die Natur der Risiken sowie die Art, an diese Tatsachen in strikter Einhaltung des Rechtsstaates heranzugehen, genauer darzulegen, für das Parlament, das die Tätigkeiten des Ausschusses aufmerksam verfolgt und für die Bürger, die vom Staat erwarten, gegen diese als besonders unzulässig empfundene Gefahr geschützt zu werden. In seinem dritten Bericht setzte der Ausschuss, unter Anführung einiger Beispiele, den Schwerpunkt auf vier Bereiche, welche angesichts der potentiellen Opfer eine verschärfte Überwachung und eine vollständige Information der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung begründete: Angriffe auf Minderjährige, Sektenbewegungen im Bereich des Gesundheitswesens im weitesten Sinne, Risiko der Unterwanderung des Wirtschaftsapparats und Infiltration in einem in Sachen Image viel versprechenden Sektor, der humanitären Hilfe. Man hat sich letztes Jahr dazu entschlossen, neue Themen anzugehen, welche die Entwicklung der Sektenlandschaft genauestens beleuchten und die tagtägliche Anpassungsfähigkeit der bezeichneten Organisationen und ihrer Anführer widerspiegeln. Es ging für den MIVILUDES nicht darum irgendjemanden a priori zu stigmatisieren, sondern seine Aufgabe der Überwachung voll wahrzunehmen, das Risiko zu analysieren und objektiv die Entwicklung der Gefahren zu beleuchten. In der Tat, jedes Mal, wenn der Staat sich rüstet, um einem bestimmten Risiko die Stirn zu bieten, passen sich Sektenbewegungen schnell an, umgehen Gesetzestexte, erfinden neue Herangehensweisen oder erschließen neue Bereiche. Eben diese Auffassung der Aufgaben und Pflichten des MIVILUDES galt als Leitlinie bei der Erstellung des vorliegenden Berichts. Er wurde unter

der Kontrolle und mit vollem Einverständnis seines Orientierungsrates erarbeitet. Der Schwerpunkt der auf diesen Seiten festgehaltenen Arbeit wird auf eine notwendige Wiederholung der geltenden Gesetzte gesetzt, sowohl bezüglich der Definition der Tätigkeiten der öffentlichen Akteure, die nur unter Einhaltung der Verfassungs- und Gesetzesprinzipien und bei totaler Transparenz erfolgen können, als auch hinsichtlich der Erwartungen der Bürger gegenüber den Justizbehörden, welche mit dem Schutz der Rechte und Freiheiten des Einzelnen beauftragt sind. Der MIVILUDES hielt es für seine Pflicht, die Arbeiten der parlamentarischen Untersuchungskommission „Sekten und Minderjährige: gestohlene Kindheit“ (Les sectes et les mineurs: l’enfance volée) einzubeziehen, welche unter dem Vorsitz von Herrn Georges Fenech im Dezember 2006 in einem Bericht veröffentlicht wurden. Der Ausschuss hat die fünfzig im besagten Bericht enthaltenen Empfehlungen verfolgt und berichtet im vorliegenden Dokument über die bereits ergriffenen und die noch vorgesehenen Maßnahmen und gegebenenfalls über die Gründe der Nichtberücksichtigung bestimmter Vorschläge. Im Vordergrund stehen Fragen zur Gesundheit, da es offensichtlich scheint, dass dieser Bereich zu den dreien zählt, neben der Weiterbildung und der Wirtschaft, in denen neue Doktrinen wuchern, neue Lehren, die oft vom Zielpublikum als allgemein risikobeladen empfunden werden, insbesondere hinsichtlich des Sektenrisikos. Natürlich begründet allein dieser letzte Aspekt das Interesse des MIVILUDES an diesen Bewegungen. Zwecks Einkreisung des Sektenrisikos und Einschätzung der Ausdehnung der Schäden in der Welt der Wirtschaft wurden Mechanismen der Einflussnahme und zwei Praktiken untersucht, die „systemische Konstellation“ und das „Multi Level Marketing“, da es hierzu im Laufe des vergangenen Jahres zahlreiche Anfragen gab. Gegenstand der Untersuchung war, inwieweit die Nutzung bestimmter Praktiken durch oft selbsternannte Pseudo-Spezialisten ernsthafte Auswirkungen auf das Gleichgewicht der Personen und die Strukturen, in denen sie sich bewegen, haben kann. Dieser Bericht zieht Bilanz über die Probleme, welche mit der unbestreitbaren Modeströmung der schamanischen Praktiken verbundenen sind, die auf eine meist unkontrollierte Einnahme von halluzinogenen Substanzen zurückgreifen. Nach der Aufnahme des Ayahuasca und des Iboga in die Liste der Betäubungsmittel infolge der durch vorangegangene Berichte hervorgehobenen Risikoeinschätzung, wird sich für 2007 ein Kapitel mit dem Phänomen des Datura, neues Medium der Schamanen, und des damit einhergehenden Potentials an gefährlichen Entwicklungen befassen.

Mehrere Mitglieder des Orientierungsrates des MIVILUDES, insbesondere die Vertreter der Familien- und Bildungseinrichtungen, haben darauf gedrängt, das Phänomen des Satanismus seit der Veröffentlichung des vorhergehenden Berichts aufgrund der neuen Entwicklungen in Frankreich neu zu untersuchen. In Zusammenarbeit mit den französischen diplomatischen Stellen hat der MIVILUDES letztes Jahr zum ersten Mal einen Vergleich der öffentlichen Politik zur Behandlung der gefährlichen Entwicklungen bei Sekten in den bedeutendsten westeuropäischen und nordamerikanischen Ländern angestrengt. Dieses Jahr wird ein Kapitel den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften in den Ländern Zentral- und Osteuropas gewidmet, da diese im Bericht des Jahres 2006 nicht behandelt wurden. Mehr noch als in den vergangenen Jahren war das Jahr 2007 von intensiver Lobbyarbeit von Seiten der Sektenbewegungen und ihren Satelliten gekennzeichnet. Erneut zeigte sich die Tendenz der Sektenbewegungen zur Entwicklung von Aktionen zur Paralysierung der mit der Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten beauftragten Behörden. Es musste festgestellt werden, dass die angewandten Strategien zur Einflussnahme erschreckend wirksam waren und dass ihre Fähigkeit, tatsächliche Situationen umzudrehen genauso ausgeprägt ist wie ihre Raffiniertheit bei der Rekrutierung von Anhängern. Ein Kapitel dieses Berichts befasst sich mit dem Beispiel ihrer Aktionen im Rahmen der Arbeiten der OSZE. Schließlich hat jede Behörde, welche Mitglied im Exekutivausschuss zur operativen Steuerung des interministeriellen Ausschusses Mitglied ist, die Möglichkeit erhalten, ihren eigenen jährlichen Tätigkeitsbericht vorzulegen, um somit den Leser besser über die geleistete Arbeit auf Ebene der einzelnen Ministerien informieren zu können. Diese Beiträge beleuchten konkret die Wirklichkeit der im Laufe der vergangenen Jahre angesprochenen Besorgnisse und informieren über die 2005 und 2006 angekündigten Entwicklungen. Seinerseits erstattet der MIVILUDES Bericht über seine Tätigkeit innerhalb der durch die Gründungstexte festgelegten Bereiche: Information, Weiterbildungsseminare, Überwachungszellen auf Departement-Ebene, internationale Maßnahmen, Beziehungen zu Familienschutzvereinigungen, Treffen mit den Verantwortlichen von Bewegungen, welche den Kontakt mit öffentlichen Behörden gesucht haben, usw. Die intensive Arbeit und die Bemühungen des Jahres 2007 sollen dazu gedient haben, dass die Opfer und ihre Familien bei den Schwierigkeiten, die sie durchleben, dessen versichert sein können, dass sie angehört, respektiert und begleitet werden. Die

Führungskräfte

des

MIVILUDES

sowie

viele

andere

Verantwortungsträger innerhalb der Politik, der Vereine und der Verwaltung mussten ebenfalls viel Zeit damit verbringen, alle möglichen Angriffe abzuwehren, insbesondere juristischer Art, die sie einschüchtern, ihre Tätigkeiten paralysieren und sie selbst auf der nationalen oder internationalen Ebene in Diskredit bringen sollten. So störend diese Belästigungen auch gewesen sein mögen, sie haben in keinster Weise die Entschlossenheit all derer mindern können, die sich völlig uneigennützig für die Anerkennung der Schäden bemühen, welche die Opfer und ihre Familien erleiden mussten. Diese Letzteren sollen wissen, dass die staatlichen Kräfte, welche im Orientierungsrat des MIVILUDES vertreten sind und dessen Tätigkeit sie kontrollieren und unterstützen, nicht die Absicht haben, die Prinzipien der Republik aufzugeben, sondern stets darauf achten werden, dass die Sicherheit der Schwächsten angesichts von Machenschaften, die meistens einzig und allein aufgrund von Gewinnsucht und der Suche nach absoluter Beherrschung des Individuums betrieben werden, gewährleistet wird.

ERSTER TEIL

Prävention und Einschätzung des Risikos Gefährliche Entwicklungen bei Sekten: Analyse des juristischen Werkzeugs Seit bald 25 Jahren bekräftigt der französische Staat seinen Willen, potentielle und tatsächliche Opfer vor den Machenschaften von Sektenbewegungen zu schützen. Diese Reaktion des Staates kam Schritt für Schritt zustande, in Folge der parlamentarischen Berichte und der Entwicklung der Organe zur Bekämpfung der gefährlichen Entwicklungen bei Sekten, welche die verschiedenen Premierminister einrichteten. Seit dem 28. November 2002 übt der ständige interministerielle Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten, wie sein Name schon sagt, einerseits eine Überwachungsfunktion aus, das heißt er trifft Vorsorge und spürt das Sektenrisiko auf, andererseits kommt ihm eine Bekämpfungsfunktion gegen

erwiesene sektiererische Entgleisungen zu. Im französischen Recht findet sich keine juristische Definition für Sekten, genauso wenig wie es eine Definition der Religion gibt. Dies ergibt sich teilweise aus der Tatsache, dass Frankreich in Anwendung des Prinzips der Trennung von Kirche und Staat religiöse und spirituelle Handlungen nicht definiert, womit das Risiko, den absoluten Grundsatz der Glaubensfreiheit zu verletzen, vermieden wird. Die interministerielle Beobachtungsstelle in Sachen Sekten stellte bereit 1997 fest, dass „der Versuch, einen Begriff, dessen Inhalt nicht starr und nicht fassbar ist, in einem Text festzuhalten und zu definieren zwangsläufig restriktiv wäre, ganz abgesehen von den gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Hürden, auf die eine solche Aufgabe stoßen würde. Darüber hinaus würde dieser Versuch höchstwahrscheinlich die Arbeit der öffentlichen Stellen gegen Entgleisungen dieses Phänomens nicht gerade vereinfachen“. Zehn Jahre später ist es durchaus angebracht, die Richtigkeit dieser Analyse festzustellen: heutzutage sind gefährliche sektiererische Entwicklungen häufiger im Bereich der Gesundheit, der alternativen Therapien und der Persönlichkeitsentwicklung zu finden als im eigentlichen spirituellen und religiösen Rahmen. Hingegen hebt das Fehlen einer Definition der Sekten nicht die Tatsache auf, dass es Opfer von Entgleisungen bestimmter Sektenbewegungen gibt. Der Begriff der gefährlichen sektiererischen Entwicklung ist wandlungsfähig und die französische Herangehensweise zeigt sich zugleich pragmatisch als auch gesetzlich untermauert. In der Tat definiert das Gesetz zwar nicht, was eine Sekte ist, sieht jedoch Strafen für alle Taten vor, welche die Menschenrechte oder die Grundfreiheiten verletzen oder die öffentliche Ordnung bedrohen, insbesondere wenn sie im Rahmen der geistigen Einflussnahme begangen wurden. In manchen Ländern gehören Tätigkeiten in diesem Bereich fast ausschließlich zur Privatsphäre. In Frankreich arbeiten mehrere Vereine im Sinne der Opfer und ihrer Familien, doch waren die Verantwortlichen aus der Politik, der Legislative und der Exekutive alle der Ansicht, dass der Staat sich nicht aus der Verantwortung und aus seinen Pflichten in diesem Bereich zurückziehen könne. Aus diesem Grund wurden Maßnahmen der Staatsbehörden zur Bekämpfung der verschiedenen Formen gefährlicher sektiererischer Entwicklungen auf unterschiedlichen Ebenen eingerichtet: Aufgabe des Administrationsleiters ist es, die entsprechenden Überwachungs- und Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Über die Arbeit des Sozialpartners ist es möglich, Risiken zu

erkennen und den Opfern zu Hilfe zu kommen. Dem MIVILUDES kommt die Aufgabe zu, die Gesamtheit der Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen Behörden auf Departement-Ebene, auf Ebene der Regionen und der Ministerien zu koordinieren, die Öffentlichkeit und die Beamten zu informieren und im Auftrag des Premierministers die Entwicklung des Phänomens zu analysieren. Die Verordnung vom 28. November 2002 weist dem Ausschuss, wie oben bereits beschrieben, zugleich eine Präventions- und Überwachungsaufgabe zu wie einen Auftrag zur Bekämpfung der Entgleisungen von Sektenbewegungen. Letztlich kommt der Tätigkeit des Richters, Wächter der Freiheiten, die Rolle des Schutzes vor jeglicher physischer oder psychologischer Abhängigkeit zu. Seine Arbeit gilt der Einhaltung der Gesetze, denen sich keine Regierung und kein Bürger entziehen kann. Obgleich kein spezifischer Tatbestand vorliegt, entspricht diese konzertierte und pragmatische Aktion des Staates einem doppelten Schutz: - dem der Glaubensfreiheit; - dem der individuellen Freiheiten, insbesondere der Schwächsten (zum Beispiel der Kinder und seit 2001 der in den Zustand der Unterwerfung gebrachten Personen). Es wird von vornherein keinerlei Urteil über den Wert oder die Glaubhaftigkeit eines ideologischen oder spirituellen Engagements getroffen. Im Namen der Glaubens- oder Religionsfreiheit ist jedoch nicht alles erlaubt. Es kommt dem Richter zu, an die Grenzen zu erinnern, die nicht überschritten werden dürfen, sowohl auf verwaltungstechnischer als auch gerichtlicher Ebene, aus nationaler oder europäischer Sicht.

1. Gefährliche sektiererische Entwicklungen im Hinblick auf das Privatrecht Denkt man im Allgemeinen bei gefährlichen sektiererischen Entwicklungen an Verletzungen der Gesetze des Strafrechts, sind die deutlich zahlreicheren Entscheidungen der Zivilgerichtsbarkeit nicht zu vernachlässigen.

Die Familiensphäre Im Falle dieser meist sehr diskret geführten Verfahren ist auch hier allein das Verhalten der Personen, Mitglieder von Sektenbewegungen ausschließlich ausschlaggebend für Entscheidungen gegen sie und nicht

allein die Tatsache, dass sie einer solchen Bewegung angehören.

1 – Das Familienrecht Die Zugehörigkeit zu einer Sektenbewegung kann nicht allein eine Scheidung begründen (Entscheidung des Berufungsgerichts Dijon vom 23. September 1997). Erst wenn das Verhalten eines der Ehepartner das Leben des Paares erheblich stört, kann der Richter für Familienangelegenheiten das Verhalten als Fehlverhalten beurteilen, das die Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft unmöglich macht und auf dieser Grundlage die Scheidung erklären (Entscheidung des Berufungsgerichts von Nancy vom 23. Februar 1996, Berufungsgericht Montpellier, 7. November 1994). Übertriebener Eifer bei der Ausübung der Doktrin der Bewegung, ob religiöser oder anderer Natur, Bekehrungseifer, offensichtliches Desinteresse an der Familie und seiner Umgebung, Gewalt und Zwang stellen erhebliche Störungen des Familienlebens dar, die nicht vereinbar sind mit der Aufrechterhaltung des Ehebundes (Kassationshof, Ziv., 8. Juli 1987, Berufungsgericht Agen 2005). Ebenso kann die Zugehörigkeit eines Elternteils zu einer sektenartigen Bewegung nicht allein eine Entscheidung zu seinen Ungunsten begründen, wenn es um die Festlegung des Wohnortes oder um das Besuchs- und Unterbringungsrecht der Kinder geht. Die Folgen der Entscheidungen des Elternteils und nicht seine Entscheidungen an sich können Kritikpunkte darstellen, wenn sie das Gleichgewicht des Kindes gefährden. Im Falle einer Trennung, wenn sich aus den Praktiken eines Elternteils ein ernsthaftes Risiko für das physische oder psychologische Gleichgewicht des/der Kinder ergibt, kann der Richter für Familienangelegenheiten entscheiden, deren Hauptwohnsitz zu dem anderen Elternteil zu verlegen und/oder das Besuchs- und Unterbringungsrecht zu beschränken (Kassationshof, 2. Ziv., 13. Juli 2000; Berufungsgericht Aix-en-Provence 2004). Das Berufungsgericht Grenoble hat das Prinzip der Religionsfreiheit eines Vaters und seiner Tochter vorbehaltlich einer Öffnung zur Gesellschaft hin und der Beteiligung am Gesellschaftsleben bestätigt.

2 – Die Kindheit in Gefahr Der Jugendrichter wird befasst, wenn die Gesundheit, die Sicherheit oder die Sittlichkeit eines minderjährigen Kindes gefährdet sind oder für die Bedingungen seiner Erziehung, seiner physischen, affektiven, intellektuellen oder sozialen Entwicklung erheblicher Schaden droht.

In diesem Rahmen kann der Richter Erziehungsmaßnahmen wie eine Unterbringung oder eine erzieherische Begleitung am Wohnort der Eltern beschließen. Über den Entzug von Pflege und Nahrung oder physischer und sexueller Gewalt hinaus, die es in manchen Gruppierungen gibt, kann die Wahl einer bestimmten Lebensart von Seiten der Eltern für ihre Kinder innerhalb einer „geschlossenen Welt“, wo sie weder eine richtige Schulausbildung erhalten noch angemessen unterrichtet werden, ebenso eine Meldung an den Staatsanwalt aufgrund der Artikel 375 ff des Code civil (bürgerliches Gesetzbuch) begründen und eine Strafverfolgung der Eltern zur Folge haben. In einem Beschluss vom 22. Februar 2000 bestätigt der Kassationsgerichtshof eine Entscheidung, welche einer Mutter ausdrücklich auferlegt hatte, ihre Kinder nicht mit Mitgliedern der Rael-Bewegung (mit Ausnahme ihrer selbst und ihres Lebensgefährten) in Kontakt zu bringen und angeordnet hatte, dass die Kinder das Staatsgebiet Frankreich nicht ohne das schriftliche Einverständnis ihres Vaters verlassen dürften. Der Kassationsgerichtshof war der Ansicht, dass das angefochtene Urteil Rechte und Freiheiten nicht direkt einschränkte, sondern deren Ausübung Bedingungen unterstellte, die einzig und allein die Interessen der Kinder wahren sollten. Der Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission „Gestohlene Kindheit", der zum Abschluss der parlamentarischen Kommission 2006 veröffentlicht wurde, legte 50 Vorschläge zum Schutz der Kinder vor, die ein besonders gefährdetes Ziel sektiererischer Machenschaften darstellen. In einem folgenden Kapitel zieht der vorliegende Bericht Bilanz über die Verwirklichung dieser parlamentarischen Vorschläge.

Die Arbeitssphäre In ihrem Bericht von 1999 mit dem Titel „Sekten und Geld“ haben Parlamentarier an die Tatsache erinnert, dass Bereicherung eines der hauptsächlichen Ziele der sektenartigen Bewegungen ist (neben Machtgewinn). Unternehmen werden von diesen Bewegungen unterwandert, weil sie sich daraus drei Vorteile versprechen: - Gelder anziehen, in erster Linie im Rahmen von beruflichen Fortbildungsmaßnahmen, deren Finanzierung erheblich ist und noch unzureichend kontrolliert wird, - eine gewisse Berühmtheit erlangen, - Bekehrungsmaßnahmen entwickeln, - das Eindringen in eine Struktur als Infiltrationsträger für andere Strukturen nutzen. Mehrere Hauptstränge der Berufswelt können betroffen sein:

1 – Die Ausnutzung der Anhänger Die ausgeprägte Unterwerfung und die Abhängigkeit vom Verantwortlichen oder vom Guru können Mitglieder einer Bewegung dazu bringen, unter Bedingungen zu arbeiten, die gesetzlich als Schwarzarbeit verfolgt werden.

2 – Berufliche Weiterbildung Es wurde gerichtlich entschieden, dass Angestellte rechtmäßig ihre Teilnahme an einer von ihrem Arbeitgeber verordneten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme verweigern können, wenn die bei dieser Fortbildung angewandten Methoden denen ähnelt, die Einrichtungen anwenden, welche als sektiererisch gemeldet wurden (Berufungsgericht Versaille, 22. März 2001).

3 – Erbringung von Dienstleistungen In dem sie möglichst nah an bestimmte strategische Funktionen innerhalb eines Unternehmens herankommen (Informatikabteilung, Personalabteilung), können Sektenbewegungen persönliche Daten über Angestellte oder wichtige Informationen über das Unternehmen gewinnen. Leser, die gerne ihre Kenntnisse zu diesem Thema vertiefen möchten, verweisen wir auf den vom MIVILUDES bei der Documentation française veröffentlichten Leitfaden „Unternehmen gegenüber dem Sektenrisiko“, der auf der Internetseite des Ausschusses zu finden ist. (www.miviludes.gouv.fr).

Der Bereich der Gesetzesverstöße Verstöße gegen das gemeine Recht sind dann möglich, wenn das Opfer zuerst psychologisch zerstört wurde, sodann unter den Einfluss einer Gruppe oder eines Gurus geraten ist. Die Einflussnahme erfolgt vor der Zuwiderhandlung, das gemeine Recht findet in einem spezifischen, durch Zwang gekennzeichneten Rahmen Anwendung. Es gibt in Frankreich keine Gesetzgebung „gegen Sekten“, sondern Gesetzestexte, welche auf gefährliche sektiererische Entwicklungen anzuwenden sind.

1 – Anwendung von allgemeinen Strafgesetzen Zahlreiche Taten von sektenartigen Bewegungen können strafgesetzlich eingeordnet und als gefährliche Entwicklungen bezeichnet werden. Angesichts ihrer Organisations- oder Finanzierungsart, der wirtschaftlichen Tätigkeit, die sie entfalten oder der Lebensart, die sie für sich beanspruchen, entwickeln machen sektenartigen Bewegungen

besondere Formen der Straffälligkeit. Es scheint absolut wesentlich zu sein, die Doktrin der Bewegung zu betrachten und sie in die Untersuchung einzubeziehen, denn sie enthält fast systematisch die Ideologie, welche eine Verletzung der Gesetze vorgibt oder welche zu einer Zuwiderhandlung führt. Folgende Vergehen wurden am häufigsten festgestellt (diese Liste ist nicht abschließend, da der Einfallsreichtum der Gurus grenzenlos ist): • Gruppierungen mit therapeutischem oder heilpraktischem Anspruch setzen sich der Gefahr aus, Gesetze zur öffentlichen Gesundheitsordnung zu verletzen, insbesondere im Rahmen einer illegalen Ausübung der Medizin oder der Pharmazie, in schlimmeren Fällen kann es sogar zur fahrlässigen Tötung kommen: - Das Berufungsgericht von Chambéry verurteilte mit seiner Entscheidung vom 1. Juli 2004 Ryke Hammer wegen Betrugs und Beihilfe zur illegalen Ausübung der Medizin zu drei Jahren Gefängnis; - Das Schwurgericht von Quimper verurteilte am 3. Juni 2005 Eltern, die Anhänger einer nicht reglementierten therapeutischen Praktik (der Kinesiologie) waren, wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Gefängnisstrafe von 5 Jahren, wovon 52 Monaten zur Bewährung ausgesetzt wurden und einer Bewährungsauflage von drei Jahren. • Sachbeschädigungen, Betrugsfälle, Vertrauensmissbrauch, Irreführung bezüglich wesentlicher Merkmale oder betrügerische Werbung werden in Bezug auf bestimmte Bewegungen, die Dienstleistungen im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, der schnellen und merklichen Verbesserung der Potentiale ihrer Kunden oder Mitglieder anbieten, regelmäßig gemeldet (Scientology-Prozess in Lyon, Landgericht (Tribunal de grande instance), 22. November 1996 und Berufungsgericht, 28. Juli 1997). Es ist offensichtlich, dass Geldgier die Antriebskraft für so gut wie alle sektenartigen Bewegungen ist. Nicht selten leben Anhänger einer Bewegung in großer Bedürftigkeit, denn sie haben all ihr Hab und Gut der Gruppe vermacht, mit all den indirekten Folgen, die das für die Mitglieder der Familie, nicht Anhänger der Bewegung, bedeutet. Dem Guru hingegen ergeht es anders: Im Allgemeinen führt er einen angenehmen und kostspieligen Lebenswandel. Die Finanzströme der großen grenzüberschreitenden Bewegungen sind sehr schwierig zu ermitteln, insbesondere auf steuerlicher Ebene, die Vermögenslage bleibt oft ungeklärt. Der parlamentarische Bericht von 1999 „Sekten und Geld“ hebt die Schwierigkeiten hervor, die bei der Eintreibung von Steuerschulden aufgrund der Tatsache auftreten, dass Sektenbewegungen ihre Zahlungsunfähigkeit geradezu organisieren. • Personenschäden, physische Gewalt, sexueller Missbrauch, unterlassene Hilfeleistung und Entzug von Pflege und Nahrung gegenüber

Minderjährigen sind Tatbestände, die meist innerhalb von zurückgezogenen Gemeinschaften festgestellt werden, welche sich absichtlich von der Außenwelt abkapseln. Innerhalb von sektenartigen Bewegungen nehmen Vergehen sexueller Natur einen wichtigen Platz ein. Sie treten in vielen unterschiedlichen Formen auf, die im restlichen Teil der Gesellschaft so nicht auftreten. Handlungen sexueller Art können zur Unterwerfung der Anhänger dienen. Manche Gurus propagieren Enthaltsamkeit, die bis zur Kastration gehen kann. Andere wählen Partner für ihre Anhänger aus. Weitere geben sich als wahrhaftige inquisitorische Polizei gegenüber ihren Anhängern. In bestimmten Bewegungen hingegen wird eine vollkommen freie Sexualität angepriesen, verschiedene Partner werden empfohlen, manchmal angeordnet, es wird geraten, sexuelle Beziehungen sowohl mit Erwachsenen als auch mit Kindern zu unterhalten, auch wenn dieser Umstand heute von den meisten bestritten wird. Manchmal wird Sexualität als Mittel zur Werbung von neuen Anhängern genutzt (flirty fishing, das den Tatbestand der Zuhälterei erfüllen kann). • Verletzungen der Schulpflicht fordern eine besondere Wachsamkeit. Das Gesetz vom 18. Dezember 1998 zur besseren Einhaltung der Schulpflicht richtet Straftatbestände gegenüber Eltern und Leitern von Privatschulen ein, wenn diese ihren Verpflichtungen hinsichtlich der Kinder nicht nachkommen (Artikel 227-17-1 und 227-17-2 Code pénal (Strafgesetzbuch). Das Gesetz vom 5. März 2007, dessen Durchführungsverordnungen bis heute noch nicht erlassen wurden, ist ein weiterer Bestandteil der Mittel zum Schutz der Kinder. • Der Nichtanzeige von Verbrechen und Vergehen sollte besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, denn sie charakterisiert die Haltung bestimmter Gruppen gegenüber dem Gesetz und der Justiz: Immer, wenn es möglich ist, werden Gesetz und Justiz im Sinne der Bewegung instrumentalisiert, wobei interne Angelegenheiten, die Auswirkungen für die Gruppe bedeuten könnten, fern gehalten werden. In einer Entscheidung vom 13. September 2000 bestätigte der Kassationshof ein Urteil des Gerichts von Montpellier, das Mitglieder einer Bewegung verurteilt hatte, weil diese Fälle von sexueller Gewalt an Minderjährigen nicht angezeigt hatten, die ihnen durch interne Aussage vor dem Ältestenrat bekannt geworden waren. Bis 2001 waren die Tatbestände des Strafrechts ausreichend, um gegen die Mehrheit der Vergehen von sektenartigen Bewegungen vorzugehen. Jedoch konnten bestimmte Handlungen nicht geahndet werden und so wählte das Parlament 2001 eine Abänderung des Gesetzes über die Ausnutzung von Schwäche, indem das Abhängigkeitsverhältnis hinzugenommen wurde.

2 – Der besondere Fall des About-Picard-Gesetzes vom 12. Juni 2001 Dieses Gesetz zielt auf eine verstärkte Prävention und Verfolgung von Vergehen ab, die Menschenrechte und Grundfreiheiten verletzen. Es ist auf jede rechtliche oder tatsächliche juristische Person anwendbar. Dieser Text führt eine neue Verfahrensweise zur zivilen Auflösung von juristischen Personen ein und weitet den ehemaligen Tatbestand des Missbrauchs von Schwäche aus. Der neue Artikel 223-15-2 des Strafgesetzbuchs ahndet den Missbrauch des Zustands der Unwissenheit oder einer Schwächesituation einer minderjährigen oder aufgrund ihres Alters, einer Krankheit oder Behinderung besonders empfindlichen Person. Ebenso schützt er nun Personen, die sich psychologisch oder physisch in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden, der in Folge von erheblichem oder wiederholtem Druck oder von Techniken zustande kam, die dazu geeignet sind, das Urteilvermögen so zu schwächen, dass die Person sich durch die Durchführung oder Unterlassung von Taten erheblichen Schaden zufügt. Die Akte des Gründers der Bewegung Néo-Phare aus Nantes hat zur ersten endgültigen Verurteilung auf dieser Grundlage geführt. Mehrere andere Verfahren werden bereits im Bereich der gefährlichen sektiererischen Entwicklungen geführt. Im besonderen Fall der Bewegung Néo-Phare ging es um einen Guru, der einen seiner Anhänger in einem religiösen, apokalyptischen, ufologischen und spirituellen Kontext zum Selbstmord führte. Ziel des Gurus war die physische und psychische Isolierung der Mitglieder der Bewegung, um ihre Anhaltspunkte im Leben zu zerstören und sie somit seinem ausschließlichen Willen zu unterwerfen. Dem psychiatrischen Gutachter kam sowohl bei der Beweisaufnahme (Bericht über 50 Seiten mit der Analyse der beschlagnahmten Aufnahmen) als auch bei der Verhandlung eine wichtige Rolle zu: Anhand der Studie von Texten (Lehre der Bewegung) und von Videos über die Sitzungen der Gruppe (drei Stunden Material wurden bei der Verhandlung gesichtet: von der Gruppe selbst gefilmte Sitzungen, welche die geistige Beeinflussung deutlich machten) konnte der Gutachter eine ganz besondere Art von Beziehungen zwischen den Personen hervorheben.

2. Rechtliche Mittel auf Verwaltungsebene Obgleich das Strafrecht in Sachen Sektenbewegungen für die Öffentlichkeit sichtbarer scheint, fällen Verwaltungsgerichte in diesem

Bereich ebenfalls wichtige Urteile. Als Beispiel sei diese nicht abschließende Aufzählung von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte angeführt:

Entzug von Pflege Das Gesetz vom 4. März 2002 bezüglich der Rechte von Kranken und der Qualität des Gesundheitswesens hat für Patienten ein Einspruchsrecht gegen Pflegeleistungen eingeräumt. Artikel L.1111-4 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen besagt, dass „[…] der Arzt, nachdem er die Person über die Folgen ihrer Entscheidung unterrichtet hat, ihren Willen respektieren muss". Mehrfach hat sich der Staatsrat zur Reichweite des Einspruchsrechts einer volljährigen Person gegen Pflegeleistungen geäußert. Durch einen Erlass vom 26. Oktober 2001 hat er geurteilt, dass die Achtung des Willens des Kranken Vorrang hat vor der Pflicht zum Lebenserhalt. In Bezug auf die Hintergründe entschied das oberste Gericht jedoch, dass „die Ärzte, angesichts der extremen Situation, in der sich der Kranke befand, mit dem einzigen Ziel den Patienten zu retten, eine zu seinem Überleben unumgängliche und seinem Zustand angemessene Maßnahme ergriffen hatten, die keinen Fehler darstellte, der in den Verantwortungsbereich der öffentlichen Fürsorge gefallen wäre“. Mit dem Urteil im summarischen Verfahren vom 16. August 2002 bestätigte der Staatsrat diese Rechtsprechung und erklärte, dass obgleich die Entscheidung eines volljährigen Patienten für oder gegen eine medizinische Maßnahme einer Grundfreiheit entspreche, die Durchführung einer Bluttransfusion gegen den Willen des Patienten unter bestimmten Bedingungen keine schwerwiegende Verletzung dieser Freiheit darstelle. Handelt es sich um Minderjährige oder um Volljährige, die unter Vormundschaft stehen, so muss ihre Zustimmung systematisch eingeholt werden, so weit sie in der Lage sind, diese auszudrücken oder die Entscheidung zu treffen. Können sich durch die Ablehnung der Maßnahme durch die erziehungsberechtigte Person oder durch den Vormund schwerwiegende Folgen für die Gesundheit des Minderjährigen oder des unter Vormundschaft stehenden Erwachsenen ergeben, so führt der Arzt die notwendige medizinische Versorgung durch (Artikel L.1111-4 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen). In einer Entscheidung vom 24. April 1992 entschied der Staatsrat außerdem, dass Personen, die eine Adoption beantragen und sich weigern Bluttransfusionen zuzulassen „nicht die ausreichenden Garantien für die Aufnahme eines Kindes“ bieten und ihre Haltung daher eine Ablehnung ihres Antrags durch den Vorsitzenden des Gemeinderats begründet.

Der Fall von Erziehern/innen im Kindergarten In einer Entscheidung vom 7. Februar 1997 bestätigte das Verwaltungsgericht Versailles den Beschluss der Behörden der Jugendfürsorge, die einer Erzieherin im Kindergarten die Zulassung entzogen und ihr die Betreuung von Kindern untersagt hatten, weil sie diese zur Bewegung, der sie angehörte, bekehren wollte. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Lyon vom 3. März 1998 bestätigte ebenfalls den Entzug der Genehmigung einer Tagesmutter, weil „sie sich weigerte, für die Kinder wichtige pädagogische Maßnahmen durchzuführen (Feiern des Weihnachtsfestes und der Kindergeburtstage), obwohl diese Feste für die betroffenen Kinder wichtige familiäre und gesellschaftliche Anhaltspunkte darstellen“. Das Gesetz vom 27. Juni 2005 bezüglich des Status’ von Kinderbetreuerinnen setzt für ihre Genehmigung die Vorlage von Garantien voraus, die bestätigen, dass die Minderjährigen unter Bedingungen aufgenommen werden, die ihre physische, intellektuelle und affektive Entwicklung gewährleisten.

Störungen der öffentlichen Ordnung In diesem Bereich ist Freiheit die Regel und bilden Beschränkungen dieser Freiheit Ausnahmen. Im Artikel 10 der Menschenrechtserklärung von 1789 heißt es: „Niemand soll wegen seiner Anschauungen, selbst religiöser

Art, belangt werden, solange deren Äußerung nicht die durch das Gesetz begründete öffentliche Ordnung stört‘‘. Die Äußerung und Ausübung von religiösen, philosophischen oder moralischen Überzeugungen können missbraucht werden und bei ihrem Ausdruck im Bereich der Gesundheit, der Sicherheit, der Ruhe, der Moral und der Prävention von strafbaren Handlungen zur Störung der öffentlichen Ordnung führen. Die Verletzung der öffentlichen Ordnung muss natürlich auf genauen Tatsachen beruhen, die sich aus Handlungen oder Unterlassungen von betroffenen Personen oder Bewegungen ergeben. Die Rechtsprechung im Fall Benjamin (Staatsrat 19. Mai 1933) zeigt die Reichweite der Kontrolle des Richters über den Schutz der öffentlichen Freiheiten. Mit der Begründung, dass Freiheit maßgebend sei und nur wenn erwiesenermaßen nicht genügend Sicherheitskräfte zum Schutz dieses Rechts herangezogen werden könnten, hob der Staatsrat ein durch einen Bürgermeister ausgesprochenes Verbot von zwei Versammlungen auf, die eine Gegendemonstration hervorgerufen hätte. Traditionell bildet die öffentliche Ordnung einen Dreiergespann: Erhalt der Ruhe, Schutz der Gesundheit und Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit. Es soll eine „materielle und externe Ruhe“ gewahrt

werden, ohne dass der Ebene der Gedanken oder Verhaltensweisen Bedeutung zukäme. Lokale Umstände können jedoch eine Anpassung dieses Begriffs begründen. Zum Beispiel kann „die Verbreitung eines blasphemischen Werks in einem Wallfahrtsort oder die Ausstrahlung eines Films über einen Kriminalfall in einem Ort, wo dieser sich abgespielt hat, eine Störung der öffentlichen Ordnung darstellen“.

3. Beschwerden der Sektenorganisationen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: die jetzige Rechtssprechung Ebenwenig wie die französische Gesetzgebung definiert die Europäische Menschenrechtskonvention das Wort Sekte. - Artikel 9 bestätigt das Recht auf Meinungs-, Glaubens- und Religionsfreiheit. - Artikel 14 verbietet Ausnahmen dieses Rechts insbesondere aufgrund der Religion. - Schließlich verlangt Artikel 2 des Zusatzprotokolls von den Mitgliedstaaten, dass sie das Recht der Eltern auf eine Erziehung und Ausbildung (ihrer Kinder) gemäß ihren religiösen und philosophischen Überzeugungen gewährleisten, wobei die Anwendung der Konvention über die Rechte des Kindes davon nicht berührt wird. Diese von Frankreich ratifizierte Konvention betont in der Präambel, dass „das Kind umfassend auf ein individuelles Leben in der Gesellschaft vorbereitet werden soll“, besagt dann, dass das Kind Zugang zu Informationen und Gedankengut jeder Art und Herkunft haben soll (Artikel 13), dass die Informationsquellen vielfältig sein sollen (Artikel 17), dass der Zugang von Kindern zu Bildung und Ausbildungen aller Art sichergestellt werden soll (Artikel 28), dass sie am kulturellen und künstlerischen Leben teilhaben sollen (Artikel 31), dass die Begabungen der Kinder gefördert werden sollen (Artikel 29). So wird Religion drei Mal in der Konvention und ihren Protokollen genannt, wo hingegen sektenartige Bewegungen an keiner Stelle erwähnt werden. Es ist dem Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein wichtiges Anliegen, die Glaubens- und Religionsfreiheit und den damit

einher gehenden religiösen Pluralismus zu schützen. So werden „Sekten“ wohlweislich nicht von den so genannten traditionellen „Religionen“ unterschieden. Der Gerichtshof musste bisher auch noch nie über Klagen von Personen entscheiden, die sich als Opfer von sektiererischen Machenschaften bezeichneten. Beurteilte Eingaben kamen von aktiven Anhängern von Bewegungen, die Glaubens- und Religionsfreiheit fordern. Es ist wohl möglich, dass in Zukunft Opfer von sektenartigen Bewegungen ebenfalls den Gerichtshof befassen und dass die Ausnutzung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) durch sektiererische Organisationen für sie erschwert wird. Seit einigen Jahren hat der EGMR mehrere Urteile in diesem Bereich gefällt. • Die erste vor dieses Gericht gebrachte Sache war der Fall Kokkinakis. Der Kläger war dafür verurteilt worden, dass er versucht hatte, eine Person orthodoxen Glaubens zu seinem eigenen Glauben zu bekehren (er gehörte den Zeugen Jehovas an). Der Gerichtshof stellte fest, dass diese Einmischung „in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig sei“ und dass die griechischen Gerichte nicht ausreichend dargestellt hätten, in wie fern der Kläger „versucht habe, seinen Nächsten durch unzulässige Mittel zu überzeugen“. Folglich schloss das Gericht auf eine Verletzung des Artikels 9 der Konvention. • Mit dem Urteil in der Sache Manoussakis berührte der Gerichtshof erneut das Feld der Religionsfreiheit. In diesem Fall wurden Personen verurteilt, weil sie ohne Genehmigung der durch den betroffenen Staat anerkannten kirchlichen Behörde und des Ministers für Bildung und Glaubensfragen, der für diese Angelegenheiten zuständig ist, ein Gebetshaus eröffnet hatten. Mit dem Hinweis darauf, dass ein echter religiöser Pluralismus wesentlicher Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft ist, urteilte der Straßburger Gerichtshof, "dass die angefochtene Verurteilung so direkt die religiöse Freiheit der Kläger berührt, dass sie in keinem Verhältnis zum legitimerweise verfolgten Ziel steht“ (in diesem Fall der Schutz der öffentlichen Ordnung). Er schloss daher auf eine Verletzung des Artikels 9. • Der Gerichtshof hatte über eine Klage gegen Griechenland zu entscheiden, die drei Offiziere der griechischen Luftwaffe eingereicht hatten. Die Kläger waren von den nationalen Gerichten wegen Bekehrungseifer gegenüber Soldaten und Zivilpersonen verurteilt worden. Der Gerichtshof urteilte, dass keine Verletzung des Artikels 9 vorliege, abgesehen bezüglich der gegenüber den Zivilpersonen ergriffenen Maßnahmen. In der Tat, im Falle des Bekehrungseifers gegenüber

Mitgliedern der Armee beurteilte das Gericht den von den klagenden Offizieren ausgeübten Druck als unzulässig. Die Zivilpersonen, per Definition außerhalb der Militärhierarchie, wurden hingegen nicht Opfer eines unzulässigen Bekehrungseifers, sondern von Konvertierungsversuchen, ohne dass der gleiche Druck und der gleiche Zwang, wie im Falle der Soldaten, ausgeübt worden wären.

Schlussfolgerungen Gemäß Herrn Jean-Paul Costa, Vorsitzender des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „ist es notwendig, dass das Gericht weiterhin Glaubensfreiheit und religiösen Pluralismus schützt, doch sicherlich ebenso wichtig, dass es Übertretungen verfolgt, die im Namen der Religion (im edelsten Sinne des Wortes) geschehen oder von Pseudoreligionen, welche sich lediglich religiös geben, um unbesorgter schädliche, manchmal auch abscheuliche Machenschaften zu entfalten. Ebenso wie die Vereinigungsfreiheit nicht dazu dienen soll, betrügerische Vereine zu unterstützen, so darf Religionsfreiheit nicht für die Straffreiheit von Personen sorgen, die sich verbrecherischer oder krimineller Handlungen im Namen dieser Freiheit schuldig gemacht haben“.

Geistige Einflussnahme im Licht der Gerichtsentscheidungen Im Bericht 2006 des MIVILUDES wurde die Schwierigkeit für den Richter festgestellt, den Begriff des Aufbaus eines Abhängigkeitsverhältnisses zu erfassen. Mit dem so genannten „About-Picard-Gesetz“ vom 12. Juni 2001 beabsichtigte der Gesetzgeber eine Verstärkung der Prävention und Verfolgung von Handlungen, die den Menschenrechten und Grundfreiheiten entgegenstehen. Beide Versammlungen trafen den Entschluss, das Gesetz nicht auf sektenartige Bewegungen zu beschränken. Die nun bereits sechs Jahre

andauernde Anwendung des Artikels 223-15-2 des Strafgesetzbuches geht weit über den Bereich der gefährlichen sektiererischen Entwicklungen hinaus. Sofort nach seiner Einführung wurde dieser Gesetzestext von sektenartigen Bewegungen mit der Begründung, er verletze die Glaubensfreiheit, scharf kritisiert. Die von der christlichen Vereinigung der Zeugen Jehovas eingereichte Klage gegen dieses Gesetz wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte am 6. November 2001 mit der Begründung abgewiesen, „dass eine Belangung des Gesetzgebers aufgrund von bloßem Vorsatz, ohne dass eine Handlung vollbracht wäre, obwohl dieser sich um die Lösung eines dringenden Gesellschaftsproblems bemüht, nicht für die Glaubwürdigkeit der Klägerin und ihrer Gefährdung spricht. Darüber hinaus kann diese nicht ohne Widersprüche geltend machen, sie verletze als Bewegung keine Freiheiten und gleichzeitig vorgeben, sie sei, zumindest potentiell, Opfer einer möglichen Anwendung dieses Gesetzes“. Ein Experte, eingesetzt zur Unterstützung des Ausschusses für Recht und Menschenrechte der parlamentarischen Versammlung des Europarates bei der Erarbeitung eines Berichts über Religionsfreiheit und religiöse Minderheiten in Frankreich traf folgende Schlussfolgerungen: „Das vom Gesetz verfolgte Ziel ist legitim und durch die Artikel 9 bis 11 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention abgesichert. Darüber hinaus besteht angesichts der Risiken für Sektenopfer dringender Handlungsbedarf und die vorgesehenen Strafen sind dem gesteckten Ziel angemessen.“ Die fehlende juristische Definition einer Sekte, sowohl in der französischen als auch in der europäischen Rechtssprechung hebt die Tatsache nicht auf, dass es tatsächlich Opfer von Machenschaften bestimmter sektenartiger Bewegungen gibt. Der Begriff der gefährlichen sektiererischen Entwicklung ist wandlungsfähig und die gesetzlich untermauerte Herangehensweise sollte pragmatisch erfolgen. Das Gesetz definiert zwar nicht, was eine Sekte ist, sieht jedoch Strafen für alle Taten vor, welche die Menschenrechte oder die Grundfreiheiten verletzen oder die öffentliche Ordnung bedrohen, insbesondere wenn sie im Rahmen der geistigen Einflussnahme begangen wurden. Das so genannte About-Picard-Gesetz, Ursprung des neuen Artikels 223-15-2 des Strafgesetzbuchs, erweitert im Jahr 2001 den bereits bestehenden Straftatbestand der betrügerischen Ausnutzung von Schwäche um Situationen der physischen oder psychologischen Abhängigkeit. So ist es nicht ausschlaggebend, ob die strafbare Handlung von einer sektenartigen Bewegung, einer neuen religiösen Bewegung, einer Religion des Buches oder einem Kurpfuscher begangen wurde. Sobald

bestimmte Kriterien erfüllt sind, wobei das erste der Aufbau eines Abhängigkeitsverhältnisses ist, kann die Strafverfolgung durch die Staatsbehörden erfolgen. Die Risikokriterien sind Folgende: - Starke Einflussnahme auf die Person einhergehend mit einer Veränderung der Persönlichkeit des neuen Anhängers - Horrende finanzielle Forderungen - Abreißen der Beziehungen zur Umgebung: Diabolisierung der Familie, der Freunde und all derer, die etwas gegen den Guru oder die Bewegung äußern - Verletzungen der physischen und psychologischen Integrität - Eingliederung von Kindern, antisoziale Reden und Störungen der öffentlichen Ordnung - Häufige Rechtsstreitigkeiten - Umleitung der traditionellen Wirtschaftskreisläufe - Versuchte Unterwanderungen der öffentlichen Behörden - Elitismus und Persönlichkeitskult - Werbung der Mitglieder durch Verführung - Andersartige Lebensweise: Gemeinschaft, Bekehrungseifer, andere Kleidung und Nahrung, Ablehnung der konventionellen Behandlungen… Ein einziges Kriterium reicht nicht aus und nicht allen Kriterien kommt der gleiche Wert zu. Das erste Kriterium ist jedoch bei gefährlichen sektiererischen Entwicklungen immer zu finden. Verstöße gegen das gemeine Recht, die damit einhergehen, sind nur möglich, weil das Opfer, unter den Einfluss einer Gruppe oder eines Gurus geraten ist und zuerst psychologisch zerstört wurde. Die Einflussnahme erfolgt vor der Zuwiderhandlung, das gemeine Recht findet in einem spezifischen, durch Zwang gekennzeichneten Rahmen Anwendung. Der neue Artikel 223-15-2 des Strafgesetzbuchs ahndet den Missbrauch des Zustands der Unwissenheit oder einer Schwächesituation einer minderjährigen oder aufgrund ihres Alters, einer Krankheit oder Behinderung besonders empfindlichen Person. Ebenso schützt er nun Personen, die sich psychologisch oder physisch in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden, das infolge von erheblichem oder wiederholtem Druck oder von Techniken zustande kam, die dazu geeignet sind, das Urteilvermögen so zu schwächen, dass die Person sich durch die Durchführung oder Unterlassung von Taten erheblichen Schaden zufügt. Sechs Jahre nach Annahme des Gesetzes ist einzugestehen, dass es für die Opfer, ehemaligen Anhänger und Familien der Anhänger schwierig ist zu beweisen, dass es keine Einwilligung gab, dass der Anhänger nicht frei war, obwohl er oft mehrere Jahre im Schoß einer sektenartigen Bewegung verbracht hat und damit den Anschein vermittelt, eine freie Entscheidung getroffen zu haben, ja sogar gewissermaßen zufrieden

gewesen zu sein. Getarnt als Hilfsangebot, als Zuneigung, handelt es sich hier eigentlich um eine psychologische Einnahme und um die Beeinflussung eines Individuums durch andere Individuen oder Gruppen. Der nicht unterrichtete Außenstehende beurteilt die Situation als Folge einer freien Entscheidung. Der Beweis der Einflussnahme, des Aufbaus eines Abhängigkeitsverhältnisses, stößt auf viele Widerstände, wobei in erster Linie die Komplexität der Verfahren steht. In der Tat, zur Undurchsichtigkeit der Bewegungen und der Schwierigkeit, Beweise anzuführen kommt das Schweigen der Opfer während der Taten und ebenfalls nach ihrem Austritt aus der Bewegung. Sie schweigen aus Scham, aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen gegen sie oder Mitglieder ihrer Familie, die noch der Bewegung angehören, oder aus der Angst heraus, man könnte ihnen keinen Glauben schenken. Es fällt ihnen schwer, strafbare Handlungen kund zu machen, die in die Bewegung eingetretene Mitglieder ihrer Familie begangen haben. Unabhängig von den materiellen Folgen, die leichter zu beweisen und zu ermessen sind, zeigt sich, dass der Schaden für den aus einer Bewegung austretenden Anhänger sehr schwer einzuschätzen ist, da sein Leben auf psychologischer Ebene manchmal unwiederbringlich gestört wurde. Augenscheinlich ist das Opfer ein einwilligender Beteiligter seines Schadens. Dennoch ist die Wiedergutmachung dieses Schadens entscheidend für die Wiederherstellung des Gleichgewichts des Opfers. Ähnlich wie bei Opfern sexueller Gewalt ist bei ehemaligen Anhängern von sektenartigen Gruppierungen festzustellen, dass sie, durch ihre innerhalb der Bewegung verbrachten Jahre innerlich zerstört, entblößt und schuldbeladen durch ihre sektiererischen Erfahrungen, oft juristische Fristen ablaufen lassen, bevor sie Klage erheben. Wenn sie dann bereit sind zu kämpfen, entdecken die Opfer, dass es bereits zu spät ist, rechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Die Zeit der physischen und psychologischen Genesung ist meistens länger als die juristisch angesetzte Zeit, so dass ehemalige Anhänger auf zweifache Weise Opfer von sektiererischen Entgleisungen und der Nichtbeachtung ihres Opferstatus' werden. 1

Michel Monroy führt an, „dass man sich der Vielfalt der Eingliederungstechniken bewusst werden sollte, die das Ziel verfolgen, einen Initiationsprozess einzuleiten, an dem der Anhänger teilnimmt, um innerhalb der Gruppe Anschluss zu finden und von den führenden Mitgliedern anerkannt zu werden. Gehorsam und Verfügbarkeit sind der zu zahlende Preis, die Bedingungen für den Aufstieg des Novizen innerhalb der Gruppe. Der Bruch mit der bisherigen Umwelt und ihren Anhaltspunkten wird 1 - In « Raison présente » Nr.143, 3. Trimester 2002, sektiererische Einflussnahme und strafrechtliche Verantwortung.

zur Verpflichtung. Die Geschichte des Einzelnen wird neu geschrieben und zuvor geschlossene Verträge aufgelöst, um als alleingeltende Ethik die Treue zur Gruppe auszugeben. Es erfolgt dann eine gleichmachende Neumodellierung, eine Instrumentalisierung und die Entscheidungen des Individuums werden dauerhaft an die Führungskräfte der Gruppe delegiert. Das Training wird durch Verstärkungen mittels Strafen und Belohnungen vervollständigt. Angst wird als Motor eingesetzt, indem die Welt diabolisiert und mit Zurückweisung gedroht wird. Veranlagungen für Beeinflussung finden sich auf professioneller und sozialer Ebene. Zuerst sollte bemerkt werden, dass Beeinflussung das Bewusstsein eines Menschen stark mindert und dass Anhänger oft ihre Situation abstreiten. Zu den individuellen Veranlagungen zählen ein starkes Streben nach persönlichem Fortschritt und nach Perfektionierung, der Hang, anderen Vertrauen zu schenken, der Wunsch, jedem zu folgen, der scheinbar einen Ausweg aus Zweifel und Schuld kennt, indem er das Vorgehen vereinfacht. Auf Ebene der sozialen Veranlagungen für eine Beeinflussung findet sich ein allgemeines Defizit, häufig auftretend bei anspruchsvollen väterlichen Modellen mit vereinheitlichender Wirkung. Falsche Versprechen seitens einer Gruppe oder einer charismatischen Person sind der Auftakt für die erste der drei Phasen der geistigen Einflussnahme: erst kommt die Phase der Verführung, gefolgt von der Zerstörung der Persönlichkeit. Hiernach werden neue Anhaltspunkte 2 aufgebaut. „Der Anhänger soll all seine bisherigen ethischen Anhaltspunkte und seine Auffassung der Welt vergessen, um sich der Sichtweise des Gurus 3 hinzugeben“. Angesichts der Schwierigkeit den Zeitpunkt zu definieren, ab wann ein Individuum, das ursprünglich frei entscheidet, den Anforderungen seiner neuen Gruppe zu genügen, diese Freiheit dadurch, dass er unter Einfluss steht, verliert, stellten Strafrichter bei der Analyse von Fällen gefährlicher sektiererischer Entwicklungen die Möglichkeit heraus, den Begriff der geistigen Einflussnahme einerseits anhand des About-Picard-Gesetzes und andererseits durch die Anwendung anderer Gesetze des Strafgesetzbuchs einzukreisen, da es in Frankreich keine „Antisekten-Gesetzgebung“ gibt, jedoch wohl Gesetze des allgemeinen Rechts, die durchaus auf sektiererische Machenschaften anzuwenden sind.

2

- Jahresbericht 2006 des MIVILUDES, La Documentation française und www.miviludes.fr

3

- Anne Fournier und Michel Monroy, La dérive sectaire, PUF, 1999.

1. Berücksichtigung der geistigen Einflussnahme bei Gerichtsentscheidungen Zahlreiche Taten von sektenartigen Bewegungen können strafgesetzlich eingeordnet und als gefährliche Entwicklungen bezeichnet werden. Angesichts ihrer Organisations- oder Finanzierungsart, der wirtschaftlichen Tätigkeit, die sie entfalten oder der Lebensart, die sie für sich beanspruchen, entwickeln manche sektenartigen Bewegungen besondere Formen der Straffälligkeit. Wesentlich ist es, die Doktrin der Bewegung zu betrachten und sie in die Untersuchung einzubeziehen, denn sie enthält fast systematisch die Ideologie, welche eine Verletzung der Gesetze vorgibt. Insbesondere ist aber wichtig anzumerken, dass Verstöße gegen das gemeine Recht erst dadurch möglich sind, dass das Opfer zuerst psychologisch zerstört wurde und unter den Einfluss einer Gruppe oder eines Gurus geraten ist. Die Einflussnahme erfolgt vor der Zuwiderhandlung, das gemeine Recht findet in einem spezifischen, durch Zwang gekennzeichneten Rahmen Anwendung.

Geistige Einflussnahme als Rahmen einer strafbaren Handlung ohne Feststellung durch ein psychologisches Gutachten In manchen Entscheidungen findet sich der Begriff der geistigen Einflussnahme zwar nicht in der Anklage, wohl aber in der Begründung des Urteils.

1 – Der Begriff des psychologischen Zwangs Durch das Urteil des Landgerichts (Tribunal de grande instance) Saint-Etienne vom 12.März 2001 wurden mehrere Mitglieder einer Bewegung wegen Verderbnis von Minderjährigen verurteilt. Das Gericht stellt fest, dass „innerhalb der Bewegung ein regelrechtes Klima der sexuellen Obsession herrscht, […] das Problem einer allgegenwärtigen Sexualität festzustellen ist“. So gestand ein Vater, Mitglied der Bewegung, seiner 15-jährigen Tochter die Teilnahme an einem Workshop im August 1997 untersagt zu haben, weil er befürchtete, er müsse es zulassen, dass bestimmte Mitglieder der Bewegung ihr sexuelle Beziehungen vorschlagen. Die Richter haben eine genaue Beschreibung der Mittel gegeben, die genutzt wurden, um Zwang und psychologische Einflussnahme auf die Mitglieder der Gruppe, Eltern wie Kinder, auszuüben, damit sie illegale

Handlungen durchführen. Sie stellten unter anderem fest, dass „sowohl minderjährige als volljährige Mitglieder der Bewegung beschwörend die Verpflichtung wiederholen mussten, die ihnen auferlegt wurde, nicht vor Erreichen des fünfzehnten Lebensjahres vollwertige sexuelle Beziehungen zu unterhalten. Die Notwendigkeit dieser ständigen Wiederholung der legalen Grenze, die laut Herrn H. „an jedem Tag des Workshops" erfolgte, zeigt ebenfalls, dass innerhalb der Bewegung tatsächlich Minderjährige permanent aufgefordert wurden, ihre sexuellen Triebe übersteigert zu verwirklichen. Diese Aufforderungen, denen die Minderjährigen im allgemeinen Rahmen ihrer Zustimmung zu den von der Bewegung propagierten Prinzipien nachgingen, erfüllen den Tatbestand der Verderbnis im Sinne des Artikels 227-22 des Strafgesetzbuchs“. Das Urteil betonte die methodische sexuelle Initiation, die von den Mitgliedern der Bewegung gefördert wurde. Es stellte fest, dass Berührungen oder sexuelle Beziehungen von jugendlichen Mädchen mit ihrer Zugehörigkeit zur Rael-Bewegung zusammenhingen, es wurde bei ihnen das impulsive Verlangen geweckt, sexuelle Erfahrungen verschiedener Art mit Mitgliedern der Bewegung zu erleben. In einer Entscheidung vom 24. Januar 2002 verschärfte das Berufungsgericht Lyon das Urteil mit der Begründung, dass „die von den für schuldig befunden Angeklagten durchgeführten Straftaten eine Schwere erkennen lassen, die vom Gericht unzureichend berücksichtigt wurde. Unter dem Deckmantel religiöser Aktivitäten nutzten die Beschuldigten ihre Zugehörigkeit zur Rael-Bewegung aus, um jugendliche Mädchen, die aufgrund der Verblendung ihrer Eltern in die Gruppe eingeführt wurden, zu verderben. Die Ausschweifungen der Mädchen wurden auf ausgetüftelte Art und Weise provoziert, um sie dazu zu bringen, sofort nach Erreichen des fünfzehnten Lebensjahres sexuellen Beziehungen zuzustimmen. Die vier Angeklagten haben jeder für sich aktiv am konzertierten Vorhaben, die jungen Mädchen zu verderben, teilgenommen und danach die sexuelle Gunst der zuvor verdorbenen Jugendlichen ausgenutzt. Die Beschuldigten können nicht geltend machen, dass sie Opfer von Intoleranz gegenüber Anhängern einer religiösen Minderheit seien, da ihre Taten offenkundig strafbar sind. Würde den Forderungen der Beschuldigten nachgegeben, so käme es einem Freibrief für die tadelnswertesten Machenschaften unter dem Deckmantel einer beliebigen religiösen Praktik gleich. Die Beschuldigten können keinen weiteren Nutzen aus den heutigen Sitten ziehen, da Gesetz und Moral unterschiedliche Anwendungsbereiche haben, aber Verletzungen der Freiheit oder der Würde von Personen selbstverständlich strafbar bleiben“. Der in diesem Fall beschriebene psychologische Zwang kommt dem in Artikel 223-15-2 des Strafgesetzbuches genannten Aufbau eines Abhängigkeitsverhältnisses nahe.

In seiner Entscheidung vom 28. Mai 2004 bestätigte das Berufungsgericht Paris das Urteil des Tribunal correctionnel (Landgericht, Abteilung Strafsachen) Melun vom 26. März 2002. Es klagt C.B. wegen sexueller Übergriffe an einer 15-Jährigen an und führt an, dass der Beschuldigte, Liebhaber der Mutter des Opfers, moralischen Druck auf das Kind ausgeübt hat und die Toleranz der Mutter, seine Aura innerhalb der Gemeinschaft und die fehlenden erzieherischen Anhaltspunkte des Kindes ausgenutzt hat. Das Urteil spricht von einem terrorisierten Kind, das sich nicht traute, sich zu bewegen, von einem Kind, das dem Autor des Missbrauchs großes Vertrauen entgegenbrachte, welcher „moralischen Druck auf das Kind ausgeübt hat, wobei er wusste, dass es sehr jung war, über wenig Festpunkte in der Erziehung verfügte und keine Unterstützung von Seiten seiner Eltern bekam“. Der Angeklagte provozierte das Aufkommen sexueller Triebe bei den Kindern, indem er in ihrer Anwesenheit laute sexuelle Handlungen mit ihrer Mutter vollführte.

2 – Der Begriff Rahmensbedingung

des

psychologischen

Zwangs

als

Eine Entscheidung des Berufungsgerichts Besançon verurteilte am 30. Oktober 1997 einen Arzt wegen Betrugs zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung und einer Geldstrafe von 150 000 Francs. Opfer warfen diesem Allgemeinmediziner und Homöopath vor, sie durch eine entsprechende Argumentation überzeugt zu haben, zur Dianetik zu greifen, um ihre Leiden, insbesondere psychischer Art, zu lindern. Das Urteil stellt fest, dass die Patienten aufgefordert wurden, das Buch über Dianetik zu kaufen, an Konferenzen teilzunehmen und einen Persönlichkeitstest durchzuführen, Anhörungsstunden abzulegen oder Kurse zu besuchen. Es führt weiterhin an, dass der Beschuldigte seine Eigenschaft als Arzt und Homöopath ausgenutzt hatte, um bei manchen seiner „aufgrund von Depressionen“ psychisch besonders labile Patienten, „die ihn als Arzt aufgesucht hatten“, „utopische Hoffnungen zur Heilung oder zum Wohlsein zu wecken“. Diese Entscheidung zeigt Parallelen zu einem Urteil des Berufungsgerichts Montpellier vom 10. Oktober 2001, das im Bereich des Zivilrechts in Familiensachen gefällt wurde und über das Besuchs- und Unterbringungsrecht eines Vaters entschied, der Mitglied einer kleinen Gruppe für „esoterische Therapie“ war. Das Urteil beschränkte dieses Recht, dass außerhalb der Gruppe und ohne seine Mitglieder wahrgenommen werden sollte. Ohne den Begriff der sektiererischen Entgleisung zu nennen, führt das Urteil die „Einflussnahme auf die Mitglieder der Gruppe“ und die „fast pathologischen Beziehungen […] auf geistiger Ebene“ an. Das Gericht begründet seine Entscheidung mit „der Schädlichkeit von Denkweisen, die eine Unterwerfung

unter Regeln empfehlen, welche durch unsichtbare Meister festgelegt werden, die durch Mitglieder der Gruppe sprechen“ und mit der „Gedankenmanipulation [...] der Gruppenmitglieder". Das Gericht sieht darin "eine reelle Gefahr dieser Praktiken für ein auf psychologischer und affektiver Ebene noch formbares Kind“.

Durch psychologisches Gutachten festgestellte geistige Einflussnahme als Rahmen für eine Straftat Zahlreiche Taten von sektenartigen Bewegungen können strafgesetzlich eingeordnet und als gefährliche Entwicklungen bezeichnet werden. Angesichts ihrer Organisations- oder Finanzierungsart, der wirtschaftlichen Tätigkeit, die sie entfalten oder der Lebensart, die sie für sich beanspruchen, entwickeln manche sektenartige Bewegungen systematisch besondere Formen der Straffälligkeit. Gruppierungen mit therapeutischem oder heilpraktischem Anspruch setzen sich der Gefahr aus, Gesetze zur öffentlichen Gesundheitsordnung zu verletzen, insbesondere im Rahmen einer illegalen Ausübung der Medizin oder der Pharmazie, oder sogar sich der fahrlässigen Tötung schuldig zu machen: Sachbeschädigungen, Betrugsfälle, Vertrauensmissbrauch, Irreführung bezüglich wesentlicher Merkmale oder betrügerische Werbung werden in Bezug auf bestimmte Bewegungen, die Dienstleistungen im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, der schnellen und merklichen Verbesserung der Potentiale ihrer Kunden oder Mitglieder anbieten, regelmäßig gemeldet. Insbesondere in diesen Bereichen führt die Ahndung nicht zwangsläufig über die Hervorhebung der geistigen Einflussnahme oder des Aufbaus eines Abhängigkeitsverhältnisses. Dennoch erklären manche Entscheidungen in wie weit Anhänger keine Entscheidungsfreiheit hatten.

1 – Der Begriff der geistigen Beeinflussung im Falle von Sachbeschädigungen Das Urteil des Berufungsgerichts Lyon vom 27. Juli 1997 hebt folgende Punkte hervor: „Die Techniken der Scientology, zu denen Anhörungen, Anhörungen mit Elektrometer und Reinigungskuren gehören, wurden vom Doktor Abgrall, durch den Untersuchungsrichter benannter Gutachter, intensiv diskutiert. Seiner Meinung nach bilden die Anhörungen, die sich als banale Unterhaltung zwischen dem Zuhörer und dem „Angehörten“, also in gewisser Weise dem Schüler, darstellen, ein Instrument der Beherrschung der beeinflussbaren und gutgläubigen Personen. Dieses Mittel kann affektive Störungen und Emotionskrisen

hervorrufen, im schlimmsten Falle jedoch auch Störungen mit Halluzinationen oder Verfolgungswahn, der bis zum Selbstmord führen könne. Die Anhörung mit Elektrometer, einem „elektrischen Apparat zur Messung der Schwankungen des geistigen Zustands der Person durch erhebliche Veränderungen des elektrischen Widerstands“, fügt sich in den Rahmen einer Therapie der repressiven Konditionierung ein, die doch sehr weit entfernt ist von der Freiheitssuche, mit der der Betroffene überzeugt wurde. Reinigungskuren, die so dargestellt werden, als würden sie eine spirituelle und physische Besserung bei den Personen hervorrufen, beinhalten Saunabesuche, sportliche Übungen, insbesondere Lauftraining, und Diäten mit Einnahme von Vitaminen, also eine Mischung von billigen, wohlbekannten Methoden und beliebigen Modellen, die jedoch im Rahmen einer geistigen Manipulation sehr wirkungsvoll sein sollen, da sie durch direkte oder indirekte schädliche Wirkungen tödlich sein können. Denn diese Behandlungen rufen beim Individuum eine besondere Empfindlichkeit hervor, die ihn angreifbar macht für eine psychiatrische Erkrankung, die begleitet wird von gefährlichen Verhaltensweisen, bis hin zum Selbstmord. Nach der Studie von Schriftstücken der Scientology, der Analyse von Akten über Anhänger und der Untersuchung der Praktizierenden, kommt Doktor Abgrall zu dem Schluss, dass Scientology eine „Sekte“ ist, welche medizinische und paramedizinische Methoden anwendet, die hauptsächlich aus dem psychiatrischen Bereich stammen, um Indoktrination, geistige Manipulation und Unterwerfung der psychisch labilen oder unreifen Personen zu erreichen. Diese Behandlungen können zum Wahnsinn führen oder sogar den Tod zur Folge haben. Seiner Meinung nach dient das religiöse Argument lediglich als Deckmantel für die Suche nach wirtschaftlichem Profit, denn Scientology verlangt einen sehr hohen Preis für die von ihr angebotenen Dienste. Dieser Logik folgend konnte der Gutachter auf einen Selbstmord von P.V. schließen, der in direktem und gesichertem Zusammenhang mit den Anhörungen stand, denen sie unterzogen worden war. In der Tat hatten diese Konditionierungstechniken, zusammen mit der Einnahme von Vitaminen, die Person physisch und psychisch geschwächt, wobei dieser Zustand dadurch verstärkt wurde, dass auf verschiedene Weisen Druck auf sie ausgeübt worden war. So befand sich P. V. schließlich vor dem Dilemma, entweder den kostspieligen Weg der Scientology zu verfolgen, oder ihren familiären Verpflichtungen nachzugehen. Dieser Zwangslage wusste sie nur durch Selbstmord zu entkommen“. Die als Gutachter eingesetzten Psychologen kamen zu dem Schluss, dass die Patientin, deren psychologische Struktur neurotischer Art war, einer Manipulation zum Zwecke der Entfremdung unterzogen worden war. Diese Behandlung kommt genau dem Gegenteil einer Psychotherapie gleich.

2 – Geistige Einflussnahme Gesundheitsbereich

bei

Personenschäden

im

Im Fall des „Patriarchen“, verurteilte das Tribunal correctionnel (Landgericht, Abteilung Strafsachen) Toulouse am 9. Januar 2007 Lucien Engelmajer, Gründer des Vereins „Der Patriarch“, wegen Missbrauch von Unwissenheit und Schwäche, Schwarzarbeit, Vertrauensmissbrauch, Missbrauch öffentlicher Gelder, Urkundenfälschung und –Missbrauch und Geldwäsche. Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt. Der Guru Lucien Engelmajer verstarb jedoch und beendete somit das gegen ihn laufende Verfahren. Zu Beginn der siebziger Jahre gründete Lucien Engelmajer eine Gemeinschaft zur Aufnahme von Drogenabhängigen. Die angebotene Methode war simpel: Nach einer Zeit des brutalen Entzugs ohne medizinische Betreuung wurden die aufgenommenen Personen zu Tätigkeiten öffentlichen Interesses eingesetzt (Gartenarbeiten, Putzarbeiten, Küchenhilfe), bevor sie zu Tätigkeiten geführt wurden, die dem Verein wirtschaftlich zuträglicher waren (Spendensammlungen, Zeitungsverkauf, Recycling…). Anlässlich der Einstufung als Sektenbewegung durch die parlamentarische Untersuchungskommission 1995 wurde der Verein stark kritisiert und wurde 1996 Gegenstand einer Überprüfung, die zu Ermittlungen führte. Das Gericht stellte fest, dass die therapeutische Gemeinde autark geworden war und in einem Kontext weiter bestand, der durch Militarismus und Missbrauch von Schwäche geprägt war. Es merkte an, dass Lucien Engelmajer „einen erheblichen Einfluss nicht nur auf die formbaren und beliebig für Frondienste einsetzbaren Bewohner ausübte, sondern auch auf die Betreuungspersonen, alle ausschließlich ehemalige Drogenabhängige, die sich vollkommen aufopfernd und ergeben verhielten“. Das anfängliche Abhängigkeitsverhältnis der Drogenabhängigen wurde insbesondere dadurch verstärkt, dass den Neuankömmlingen ihre Ausweisdokumente genommen wurden, es galt das Verbot, Studien weiterzuführen. Im Falle von Bewohnern, welche die Bewegung verlassen wollten, wurde Kontakt zu den Angehörigen aufgenommen, um sie davon zu überzeugen, dass sie ihrem Freund/Verwandten nicht trauen sollten. Es wurden Sitzungen abgehalten, bei denen die Bewohner in Diskredit gebracht wurden, besonders demütigende öffentliche Sitzungen veranstaltet, um Bewohner der Kritik von Außen auszusetzen. Widerspenstige Insassen mussten physische Gewalt über sich ergehen lassen. Das Gericht stellte darüber hinaus fest, dass persönliche Ressourcen (Sozialhilfe, Beihilfe für Behinderte, Kindergeld …) konfisziert wurden und die Bewohner gezwungen wurden, bis zu 12 Stunden am Tag

unentgeltlich zu arbeiten. Solche Methoden machen es dem Individuum unmöglich, sich gegen sektiererische Einflüsse zu wehren.

2. Aufbau eines Abhängigkeitsverhältnisses laut Artikel 223-15-2 Strafgesetzbuch Dieses Gesetz, dass eine wirksame Verstärkung der Verfolgung von Bewegungen ermöglicht, welche Menschenrechte und Grundfreiheiten verletzen, betrifft nicht allein Bewegungen, die aufgrund ihrer Machenschaften als sektiererisch bezeichnet werden. Es ist auf jede rechtliche oder tatsächliche juristische Person anwendbar. Es ist ein Gesetzestext des gemeinen Rechts. Der neue Artikel 223-15-2 des Strafgesetzbuchs ahndet den Missbrauch des Zustands der Unwissenheit oder einer Schwächesituation einer minderjährigen oder aufgrund ihres Alters, einer Krankheit oder Behinderung besonders empfindlichen Person. Ebenso schützt er nun Personen, die sich psychologisch oder physisch in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden, der infolge von erheblichem oder wiederholtem Druck oder von Techniken zustande kam, die dazu geeignet sind, das Urteilvermögen so zu schwächen, dass die Person sich durch die Durchführung oder Unterlassung von Taten erheblichen Schaden zufügt.

Gerichtsentscheidungen Der Fall des Gründers der Bewegung „Néo-Phare“ in Nantes war die erste endgültige Verurteilung auf dieser Grundlage. Es ging hier um einen „Guru“, der einen seiner Anhänger in einem religiösen, apokalyptischen, ufologischen und spirituellen Kontext zum Selbstmord führte. Ziel des „Gurus“ war die physische und psychische Isolierung der Mitglieder der Bewegung, um ihre Anhaltspunkte im Leben zu zerstören und sie somit seinem ausschließlichen Willen zu unterwerfen. A.M. stand vor dem Tribunal correctionnel (Landgericht, Abteilung Strafsachen) Nantes wegen des Missbrauchs von Unwissenheit und Schwäche an vier Personen, „die aufgrund von verstärktem und wiederholtem Druck und Techniken, die zur Trübung der Urteilsfähigkeit dienen sollten, in einem Abhängigkeitsverhältnis psychischer und physischer Art standen. Diese Taten wurden im Rahmen der Tätigkeiten der Gruppe Néo-Phare begangen. Im besonderen Fall wurden die Mitglieder einer psychologischen Konditionierung unterworfen, die auf die Verbreitung von apokalyptischen, mystischen und esoterischen Themen gründete und destabilisierend wirkte. Es wurde der Glaube an paranormale Phänomene

und Befehle aus dem Jenseits durch Vermittlung eines neuen Messias verbreitet, den Jüngern wurde glaubhaft gemacht, dass auserwählte Mitglieder durch Außerirdische vor der Apokalypse gerettet würden. Innerhalb der Gruppe wurde eine starke Empathie genährt, widerspenstige Anhänger ausgeschlossen und die Fügsamsten belohnt. Durch die intensive Konditionierung und Indoktrinierung und durch den Nahrungsentzug waren die Mitglieder physisch geschwächt. Jegliche Anhaltspunkte und Bindungen nach Außen wurden gekappt, was ebenfalls die Aufgabe aller affektiven und professionellen Beziehungen zur Außenwelt bedeutete. Paare wurden neu zusammengesetzt, mit dem Ziel, sie zu Taten oder Unterlassungen zu bringen, die ihnen sehr schädlich waren. Die Mitglieder der Gruppe sollten ohne Vorbehalt Thesen unterstützen, welche das Heil einer ausgewählten Gruppe durch die Landung von Außerirdischen verkündeten…“ Am 25. November 2004 verurteilte das Landgericht Nantes A.M. zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren mit Bewährung. Am 12. Juli 2005 bestätigte das Berufungsgericht Rennes das Urteil und verstärkte es durch eine Geldstrafe in Höhe von 10 000 Euro für den Guru und die Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände.

1 – Der Zustand der psychologischen Abhängigkeit als Bestandteil der Straftat Bei diesen Entscheidungen wurde einerseits auf die Zerbrechlichkeit der Anhänger und andererseits auf Techniken der geistigen Manipulation aufmerksam gemacht. Bezüglich der Gruppenmitglieder hoben die Gerichte die "besondere Zerbrechlichkeit" und die "wahrhafte Bewunderung" für den Guru hervor, auf der anderen Seite den mächtigen Einfluss, den dieser auf sie ausübt, „die Verschlechterung des psychischen Zustands“ aufgrund von Schlafmangel, eine „psychische Niedergeschlagenheit“, bei einem Mitglied „die offensichtliche Suche nach dem Sinn hinter den schwerverständlichen Aussagen“ des Gurus, ein bedrückendes Klima innerhalb der Gruppe, eine vollkommene Unterwerfung gegenüber der „verwandten Seele“, welche zu einer Unterhaltung von geduldeten, wenn auch ungewollten sexuellen Beziehungen führte und ein absolutes Vertrauen. Das Gericht stellt fest, dass "solche Aussagen einen Zustand der psychologischen Abhängigkeit offenbaren, der vom psychologischmedizinischen Gutachten bestätigt wird, da dieses von einer unreifen, besonders verwundbaren und beeinflussbaren Persönlichkeit spricht".

2 – Techniken zur Trübung der Urteilsfähigkeit, erhebliche und wiederholte Druckausübung Das Landgericht und das Berufungsgericht waren der Ansicht, dass die geistige Einflussnahme des Gurus auf seine Anhänger durch wiederholte

und erhebliche Druckausübung aufgebaut wurde, derart, dass die Urteilsfähigkeit der Anhänger gestört wurde. In der Tat zeigen die Aufnahmen der Sitzungen, die auf Initiative von A.M. meistens gemacht wurden, dass Techniken zur Destrukturierung der Gedankenwelt angewandt wurden. Dies wird sowohl durch den als Gutachter eingesetzten Psychiater bestätigt, als auch durch die Sichtung der Videokassetten bei der Verhandlung. Die im Laufe der Sitzungen behandelten Themen (Erwartung der Apokalypse, Rettung der Menschheit, Warten auf Außerirdische, Rolle der neuen Apostel) und die angewandten Techniken (Kommunikation mit dem Jenseits, Trancen, Inszenierung von paranormalen Phänomenen, mehr oder minder demütigende Prüfungen) verfolgten ausschließlich das Ziel, die Personen psychologisch zu konditionieren. Den gleichen Zweck erfüllte der Ausschluss der Widerspenstigen, denn „die, die blieben, fühlten sich aufgewertet und waren daher bereit, sich umso mehr zu unterwerfen, um eine Ausgrenzung zu umgehen“. A.M. wandte Techniken an, die auf die Ausnutzung des Zustands der Ermüdung fußten, wobei dieser unter anderem durch kärgliches Essen und endlose Diskussionen bei Tag und bei Nacht herbeigeführt wurde. Schließlich nutzte er diese Techniken, um in seiner Eigenschaft als Messias angenommen zu werden.

3 – Einflussnahme als Mittel, um Personen zu schädlichen Handlungen oder Unterlassungen zu ermuntern Das Engagement der Anhänger war vollkommen. Es wurden auch hier Brüche der sozialen, familiären und professionellen Beziehungen verzeichnet. Diese waren die Folgen einer wahrhaften Strategie, der Absicht des Gurus, die Anhänger ganz für die Tätigkeiten der Gruppe zu vereinnahmen. Die Gutachter waren der Ansicht, dass der Guru selbst nicht an seine Theorien glaubte, denn er war „intelligent genug, um seine Aussagen seinen Gesprächspartnern anzupassen“.

Die Schwierigkeiten der Anwendung Die größte Schwierigkeit besteht darin, zu beweisen, dass der durch die Einflussnahme erreichte Zustand der Abhängigkeit einen Prozess der psychologischen Regression begünstigt. Wie kann bewiesen werden, dass der beim Eintritt in die Bewegung erfolgte Initiationsprozess auf einer lügnerischen Strategie beruht, welche den Anhänger dazu bringt, durch freie Entscheidung, verführt durch die "Fata Morgana“, einzutreten? Erst in der Folge verliert er seine Freiheit, sobald der Einfluss ausgeübt wird: Es muss dann bewiesen werden, dass die Zugehörigkeit zur Bewegung nur scheinbar

gewollt wird.

1 – Ein Straftatbestand, der viele Schwierigkeiten aufwirft Im besonderen Fall des Néo-Phare-Prozesses kam dem psychiatrischen Gutachter eine bestimmende Rolle zu, sowohl bei der Untersuchung (Bericht über 50 Seiten), als auch bei der Verhandlung: Anhand der Studie von Texten (Lehre der Bewegung) und von Videos über die Sitzungen der Gruppe (drei Stunden Material wurden bei der Verhandlung gesichtet: von der Gruppe selbst gefilmte Sitzungen, welche die geistige Beeinflussung deutlich machten) konnte der Gutachter eine ganz besondere Art von Beziehungen zwischen den Personen hervorheben. Verschiedene Probleme, die bei der Behandlung von Verfahren auf Grundlage des Artikels 223-15-2 des Strafgesetzbuchs auftauchen, dürfen nicht verkannt werden: - der geheime Charakter der Bewegungen erschwert erheblich die Ermittlungen, die im Falle von geschlossenen Sektenbewegungen gar unmöglich werden, da manche eine regelrechte Paranoia entwickeln; - die durch die Undurchsichtigkeit der Bewegungen bedingte Komplexität der Verfahren macht genaue Kenntnisse des Phänomens der geistigen Einflussnahme seitens der Strafverfolgungsbehörden notwendig. Zu zahlreich sind noch die Begründungen, in denen der „Erwachsene, Herr seiner Entscheidungen“ angeführt wird oder wo Glaubensfreiheit verwechselt wird mit der Beherrschung eines unter Einfluss stehenden Menschen durch einen anderen oder einer Gruppe; - die daraus entstehenden Schwierigkeiten der Beweisführung machen hochentwickelte technische Mittel notwendig, die am Anfang einer Untersuchung unangemessen erscheinen mögen. Insbesondere stellt sich das Problem, die Einflussnahme zu beweisen, beziehungsweise aufzuzeigen, dass die scheinbar freiwillige Einwilligung aufgrund der Beeinflussung keine Gültigkeit hat. Das Opfer scheint im Lichte des psychologischen oder psychiatrischen Gutachtens keine angeborene Labilität aufzuweisen; - nur selten wird Klage erhoben, da die Opfer oft während der Vorfälle Stillschweigen wahren und aus Scham oder aus Angst, dass ihnen nicht geglaubt wird, ebenfalls recht lange Zeit nach ihrem Ausstieg aus der Bewegung keine Aussage machen; - die Angst davor, ein Verfahren zu beschleunigen und Opfer von Vergeltungsmaßnahmen und Belästigungen zu werden, die sehr offensiv und gut organisiert durchgeführt werden, der Unmut, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, die Bildung von „künstlichen“ Nebenklägern mit echten Opfern, welche aber immer noch unter dem Einfluss der Bewegung stehen und die Lehre der Organisation von der Bank der Nebenkläger aus mittragen, um die Beschuldigungen der „echten Opfer“ unglaubhaft erscheinen zu lassen.

2 – Ein Straftatbestand, der bei der Ahndung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen mehr genutzt werden könnte Zuerst scheint es angebracht, die zentrale Rolle der Familienschutzvereine zu unterstreichen, die dem Opfer helfen und es schützen, ihm helfen, über das Erlebte zu sprechen und es bei der Gerichtsverhandlung verteidigen. Der Beitrag der Experten, insbesondere Psychiater und Psychologen, ist entscheidend, wenn es um die Beschreibung der Einflüsse und Machtbeziehungen zwischen dem Anhänger und dem „Guru“ geht. Bei dem Prozess der Wahrheitsfindung können Angehörige und Familien einen konstruktiven Beitrag leisten. In erster Linie können sie Zeichen für einen Eintritt in eine sektenartige Bewegung erkennen: - andere, der Gruppe eigene Ausdrucksweise; - Veränderung der Essgewohnheiten, der Kleidung, der Gestik…; - Ablehnung von Behandlungen; - exklusives Engagement im Interesse der Gruppe; - Bruch mit den Angehörigen; - Verlust des kritischen Geistes. Es wird empfohlen, einen warmherzigen Umgang mit dem Anhänger zu wahren und nicht in die Opposition zu treten. Dann sollte versucht werden, die Lehre der Bewegung und die Funktionsweise der Gruppe, dem der einem nahe stehende Menschen beigetreten ist, kennen zu lernen und zu verstehen, so dass die spezifische Ausdrucksweise dekodiert werden kann. So ist es möglich, dass den mit der Sache befassten Ermittlern ein Maximum an Informationen über die Vergehen der Gruppe geliefert wird. Sinnvollerweise können die Ermittler technische Mittel zur Erfassung des Aufbaus des Abhängigkeitsverhältnisses und der eventuellen Verletzung der Gesetzestexte anwenden. Besonders notwendig erscheint die Vertiefung der Kenntnisse über das Sektenphänomen und seine Entgleisungen innerhalb der gesamten Behörden. Die Bildung einer Ermittlergruppe mit gründlichen Kenntnissen des Phänomens wäre ein großer Fortschritt für die wirksame Bekämpfung der gefährlichen Entwicklungen bei Sekten.

Schlussfolgerung Geistige Einflussnahme und Aufbau eines Abhängigkeitsverhältnisses sind die Grundvoraussetzungen für gefährliche sektiererische Entwicklungen, unabhängig davon, ob sie als Hauptmerkmal des Straftatbestandes auftauchen oder nur den Rahmen dafür bilden.

Um die Wirksamkeit der Aktion des Staates in diesem Bereich zu garantieren, sind die Kenntnis und das Verstehen dieser Begriffe durch alle Beteiligte innerhalb der Verwaltungs- und Justizbehörden, die mit der Prävention und Ahndung gefährlicher sektiererischer Entwicklungen beauftragt sind, die Grundvoraussetzungen. Wer diese Begriffe übergeht, lässt die Opfer hilflos zurück.

Gefährliche Entwicklungen innerhalb der Psychotherapie: der Fall der induzierten Erinnerungsfälschung Bezüglich seiner Arbeiten über eine zutreffende Darstellung der Vergangenheit schreibt der Philosoph Paul Ricoeur in seinem Werk: „Gedächtnis, Geschichte, Vergessen“, erschienen im September 2000 beim Verlag éditions du Seuil: „Ich bin immer noch erschüttert über das beunruhigende Schauspiel einer überlaufenden Erinnerung einerseits, eines übertriebenen Vergessens andererseits, ganz zu schweigen vom Einfluss des Gedenkens und des Missbrauchs des Gedächtnisses und des Vergessens. Die Idee einer Politik der richtigen Erinnerung ist mir in dieser Hinsicht ein besonders wichtiges soziales Thema“. Dieses Anliegen zeigt die Wichtigkeit der Errungenschaften der Vergangenheit und den Willen unserer Zeitgenossen, die Bedeutung unserer Erinnerungen auf kollektiver sowie individueller Ebene zu entziffern. In Bezug auf Personen birgt das banalisierte Zurückgreifen auf "Erinnerungen“ das Risiko der Irreleitung und der Manipulation unseres Gedächtnisses, insbesondere bei Maßnahmen der Persönlichkeitsentwicklung, der beruflichen Weiterbildung oder einer

Therapie. Bestimmte psychotherapeutische Methoden beziehen Erlebnisse des Individuums und seiner Familie ein und bemühen sich so um eine Rückerinnerung. Das Phänomen des so genannten „Syndroms der Erinnerungsfälschung“ ist ein dramatisches Beispiel der Verfälschung und Irreleitung der reellen oder imaginären Erinnerung durch inkompetente Therapeuten oder durch solche, die das Ziel verfolgen, ihnen vertrauende Personen zu steuern.

1. Die Entstehung eines gefährlichen Phänomens Definition der induzierten Erinnerungsfälschung Es werden mehrere letztendlich übereinstimmende Definitionen des Phänomens gegeben. Für den nord-amerikanischen Verein, der gegen die negativen Auswirkungen dieses Syndroms kämpft (http://www.sceptiques.qc.ca/dictionnaire/falsememory.html), „ist die Erinnerungsfälschung eine durch die Erinnerung der Person verfälschte Erfahrung oder eine imaginäre Erinnerung als Ergebnis eines Phantasma, das unbewusst im Gedächtnis an die Stelle einer Tatsache getreten ist“. „Die induzierte Erinnerungsfälschung ist das Ergebnis einer Autosuggestion oder eines unberechtigten Einflusses, das bestimmte Therapeuten ausüben“. Es gibt mehrere Arten von Erinnerungstäuschungen: „Falsche Erinnerungen an Misshandlungen, Falsche Erinnerungen an Vergewaltigungen, an Inzest (wobei die beschuldigte Person meistens der Vater, manchmal der Bruder ist), oder an sexuellen Missbrauch durch eine andere, als Autorität geltende Person (Lehrkraft, Pfarrer, Kindermädchen, Freund der Familie…) Es gibt auch falsche Erinnerungen an vorherige Leben oder Entführungen durch Außerirdische“ (http://pages.globetrotter.net/mleblank/msd/fauxsouvenirs1.html) Der französische Verein « Alerte Faux Souvenirs Induits » (AFSI) (Alarm, induzierte Erinnerungsfälschung) definiert das Phänomen wie folgt: „das Syndrom der Erinnerungstäuschung kann identifiziert werden, wenn während der vorangegangenen 20-30 Jahren keine andere gleichartige

Erinnerung aufgefallen ist und diese Erinnerung plötzlich während oder in Folge einer Therapie auftaucht, die auf der Suche nach Kindheitserinnerungen gründet und beginnt, die Urteilsfähigkeit und die Persönlichkeit der jungen erwachsenen Patienten zu trüben“.

Aufkommen des Phänomens Dieses in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts auf dem nord-amerikanischen Kontinent und insbesondere in den Vereinigten Staaten entstandene gefährliche Phänomen keimte im Rahmen der Öffnung der Mentalitäten, vorrangig im Bereich der sexuellen Tabus, und ebenso durch die Entwicklung des Marktes der psychotherapeutischen Angebote, die zum einem in therapeutischen Situationen und zum anderen im Bereich der beruflichen Weiterbildung und der Wellness-Angebote angewandt wurden. Das Syndrom der Erinnerungstäuschung entsteht dadurch, dass Therapeuten systematisch alle Schwierigkeiten einer Person mit der Verdrängung von Erinnerungen seit der frühesten Kindheit, Erinnerungen an Misshandlungen wie sexuellen Missbrauch (Vergewaltigung, Inzest) im Familienrahmen oder anlässlich von satanischen Riten oder an Entführungen durch Außerirdische begründen. Die Tatsache, dass diese Misshandlungen zum Zeitpunkt der tatsächlichen oder angenommenen Taten Jugendliche betreffen, hat die Öffentlichkeit mobilisiert und eine vorrangige Behandlung dieser Fälle durch die Sozialdienste, die Polizei und die Staatsanwaltschaft legitimiert, so dass den Opfern besser geholfen und die ausgewiesenen Angreifer besser verfolgt werden können. Laut der 1992 auf Initiave von Opferfamilien und mit der Unterstützung von Juristen und Wissenschaftlern gegründeten False Memory Syndrome Foundation bewirkte die Welle der Denunzierungen, wovon viele verleumderisch waren, die Eröffnung von 1 800 Ermittlungen und 736 Verfahren. In seinem Werk Hidden Memories (versteckte Erinnerungen) beschreibt der amerikanische Psychologe Robert A. Baker eine wahre Explosion des Phänomens, das nach offiziellen Statistiken im Jahr 1967 160 000 Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern und im Jahr 1985 1 700 000 Fälle betraf, der gleichen Quelle nach waren 65% davon haltlos. Angesichts der Vermehrung von dramatischen Situationen und des Fehlens von sicheren wissenschaftlichen Grundlagen in der Annahme, dass jegliche Dysfunktion der Persönlichkeit auf eine einzige Ursache, den „sexuellen Missbrauch“, zurückzuführen ist, haben sich Opfer durch die Gründung von Organisationen wie die False Memory Syndrome Foundation zur Wehr gesetzt. Es wurden ebenfalls wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, welche den abwegigen und gefährlichen Charakter einer so

dogmatischen Herangehensweise deutlich machten. Zwei Werke geben insbesondere für Amerika ein Bild der Reaktion der Betroffenen und der Bewegung der Skeptiker: – Syndrom der Erinnerungsfälschung von Elisabeth Loftus und Katherine Ketcham, erschienen 1997; – Faux souvenirs et désordre de la personnalité multiple, une perspective socio-cognitive (Erinnerungsfälschung und Verwirrungen der multiplen Persönlichkeit, eine sozio-kognitive Perspektive), von Nicholas P. Spanos, 1998. Obwohl das Phänomen intensiv angeprangert wurde, hat es sich auf dem nord-amerikanischen Kontinent, in Japan, in Australien und natürlich auch in Europa stark ausgebreitet. In Frankreich gab es Ende der siebziger Jahre und zu Beginn der achtziger Jahre eine sektiererische Bewegung, die Gruppe Saint-Erme, welche sich auf das Syndrom der induzierten Erinnerungsfälschung stützte, um ihre Anhänger zu manipulieren und den Bruch von ihren Familien herbeizuführen.

Die Gruppe Saint-Erme und das Hervorrufen von falschen Erinnerungen Ursprünglich ist diese Gruppe eine weltliche Institution, die von einem belgischen katholischen Priester, Marcel Cornélis, gegründet wurde und von rund zehn Personen dauerhaft unterstützt wird. Auf ihrem Höhepunkt zählt die Gruppe ungefähr 450 Mitglieder, davon 72 Ärzte, ca. zwanzig Universitätsprofessoren, Psychiater, Psychologen und andere im Gesundheitsbereich Berufstätige. Die Gruppe hat Standorte in oder in der Nähe von französischen und belgischen Universitätsstädten. Zum Ende der siebziger Jahre verwandelt sich die auch als „Familie von Nazareth“ bezeichnete Gruppe in eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts „Le Haut de Saint-Erme“. Sie ist mit zwei wissenschaftlichen Abteilungen ausgestattet, die société internationale de recherche interdisciplinaire sur la communication (SIRIC) (internationale Gesellschaft für fächerübergreifende Kommunikationsforschung) und die société internationale de recherche interdisciplinaire sur les maladies (SIRIM) (internationale Gesellschaft für fächerübergreifende Krankheitsforschung). Unter dem Einfluss des Gründers werden Praktiken der Trance angewandt und der Glaube an Sprachbegabungen, an Wunder oder Prophezeiungen über die Herrschaft Satans oder das Ende aller Zeiten verbreitet. Diese Ausschweifungen führen zu seinem Bruch mit der katholischen Kirche. Am Ende einer Untersuchung zur Entwicklung der Gruppe erklärte

Vater Jacques Trouslard in der Zeitschrift des UNADFI (Union nationale der associations pour la défense de la famille et de l’individu, Nationale Vereinigung der Organisationen zum Schutz der Familie und der Person), Bulles, erschienen im ersten Trimester 1991: „Durch die Untersuchung der Probleme des täglichen Lebens im Lichte der Funktionsweise des Gehirns liefern die SIRIC und die SIRIM ihren Anhängern und allen Lesern eine globale, neue und einzigartige Theorie der Psychopathologie und Psychosomatik. Die psychotherapeutische Methode ist einfach: die Autonomie und harmonische Entfaltung der Person wird durch die Warnung von der Beziehung Herrscher/Beherrschter garantiert, die als Quelle aller Abhängigkeiten und Krankheiten gilt. Im Grunde sind diese Theorien und ist diese angeblich wissenschaftliche Therapie für Marcel Cornélis der Anlass, um seine Jünger in eine heftige Kritik gegen Frauen, Psychologen und Psychiater, gegen die Kirche, Unternehmenschefs, Medien… hereinzuziehen“. Eine der Folgen der Anwendung dieser psychotherapeutischen Theorie, welche Person und Familie zerstört, war innerhalb der Gruppe die Explosion des Phänomens der induzierten Erinnerungsfälschung. Die Anhänger schrieben ihren Eltern Briefe voller Beschimpfungen und Verleumdungen und prangerten inzestuöse Beziehungen in ihrer jüngsten Kindheit an. Diese den Schriftstücken des Gründers entsprechende Vorgehensweise offenbart die an den Anhängern ausgeübten Manipulationsmechanismen und charakterisiert eine in drei Phasen verlaufende gefährliche sektiererische Entwicklung: zuerst kommt die Verführung, gefolgt von einer Destabilisierung hauptsächlich durch das Hervorrufen von falschen Erinnerungen, welche besonders schmerzhafte Brüche innerhalb der Familie mit sich bringen. Schließlich erfolgt der Aufbau des Abhängigkeitsverhältnisses des Anhängers. In einem besonders ausgeprägten Wahn befindlich, weist die Gruppe nun mit aller Macht jegliche Kritik und jegliche Anklage zurück, die von ehemaligen Anhängern oder ihren Familien kommen, organisiert im Verein für die Förderung und den Schutz des Individuums und der Familie (association pour la promotion et la défense de l’individu et de la famille (APEIF)), von Pressekampagnen oder seitens eines beim Verlag Editions du Cerf unter dem Titel „Radiographie d’une secte au-dessus de tout soupçon“ (Radiographie einer jeglichen Zweifels erhabenen Sekte“) erschienen Werks von Olivier Braconnier. Die Gruppe Haut de Saint-Erme erhebt eine Verleumdungsklage gegen den Verein, die Journalisten und den Verleger. Sie verliert schließlich den Prozess und löst sich auf. Dieser Fall, bei dem mehr als zweihundert Familien, ohne

tatsächliche Beweise, inzestuöse Beziehungen vorgeworfen wurden, zeigt eine gefährliche sektiererische Entwicklung größeren Ausmaßes, bei der das Phänomen der Erinnerungsfälschung festgestellt wurde. Aufgrund der Ausweitung und der Ernsthaftigkeit des Phänomens rief das Syndrom der induzierten Erinnerungsfälschung schnell Reaktionen der Opfer hervor. Studien und Publikationen der Wissenschaftsgemeinschaft, insbesondere über die Mechanismen der Erinnerung, wurden veröffentlicht.

2. Ausbreitung des Phänomens Dennoch geht das Phänomen keineswegs zurück, heutzutage entwickelt es sich auf beunruhigende Weise. Aufgrund dessen wurden zahlreiche Vereine zum Schutz der Opfer und in erster Linie der Familien gegründet, in denen eines der Mitglieder, meistens der Vater, verleumderisch des sexuellen Missbrauchs angeklagt wird (Inzest, Vergewaltigung…).

Spezifische Vereinsstrukturen Im Kielwasser der allgemeinen Vereine zur Prävention und zum Schutz der Opfer von Sektenbewegungen wie der UNADFI (Union nationale der associations pour la défense de la famille et de l’individu, Nationale Vereinigung der Organisationen zum Schutz der Familie und der Person), dem CCMM (Centre de documentation, d’éducation et d’action Contre les Manipulations Mentales, Zentrum gegen geistige Manipulation)) oder der GEMPPI (Groupe d’étude des mouvements de pensée en vue de la prévention de l’individu, Studiengruppe der Denkbewegungen zur Prävention des Individuums), finden sich, im Laufe der letzten Jahre zunehmend, Internetseiten zur Information und zur Bekämpfung von bedenklichen psychotherapeutischen Praktiken, die sich der induzierten Erinnerungsfälschung bei Patienten/Klienten als Mittel zur geistigen Einflussnahme bedienen. Hier eine Liste der wichtigsten Seite, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: – das Zentrum zur Information und Prävention vor missbräulichen und abweichenden Psychotherapien (centre d’information et de prévention sur les psychothérapies abusives et déviantes (CIPPAD)) – Prévensectes – Psychovigilance – France-FMS (False Memory Syndrom) – AFIS (Association Française pour l’Information Scientifique) (Französischer Verein für wissenschaftliche Information). Zwei Vereine engagieren sich hauptsächlich (wenn nicht sogar

exklusiv) für die Opfer der Geißel der induzierten Erinnerungsfälschung: AFSI (Alerte Faux Souvenirs Induits, Alarm, induzierte Erinnerungsfälschung), gegründet im Juli 2005, um den Familien und den Opfern zu Hilfe zu kommen - AEFCAS (Association d’entraide aux familles confrontées à des accusations soudaines, Verein zur gegenseitigen Hilfe für Familien, die mit plötzlichen Anschuldigungen konfrontiert werden) Diese Vermehrung von Vereinsinitiativen ist eine Antwort auf das Aufkommen eines Phänomens, das etliche Dramen verursacht, wie Trennungen und Brüche von Familien, Krankheiten, insbesondere Nervenzusammenbrüche und Depressionen, Selbstmorde und die Einleitung von Ermittlungs- und Justizverfahren, die mit der Gefahr verbunden sind, Unschuldige zu verurteilen. Mehrere Feststellungen erklären die Zunahme dieses Risikos, der Anzeigen und der Fälle von Erinnerungsfälschungen.

Die zunehmende Nachfrage nach psychologischer Betreuung Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben der Leistungskult innerhalb der Privatsphäre und der Berufswelt des Individuums, sein Recht auf Wohlsein, die weit verbreitete Ansicht, dass Unbehagen seine Wurzeln in der Familiengeschichte hat, begleitet von einem Verlust der religiösen und moralischen Anhaltspunkte und Institutionen, ein verstärktes Zurückgreifen auf psychotherapeutische Betreuung verursacht. Die Nachfrage hat erheblich zugenommen. Behandlungen werden bei der Bekämpfung von gesundheitlichen, schulischen und beruflichen Schwierigkeiten angefordert, ebenso für die Opferhilfe nach Katastrophen und natürlich im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung.

Die Zunahme der Anzahl an Praktikern, ein Angebot im Aufwind Angesichts dieser steigenden Nachfrage hat ebenfalls das Angebot an Dienstleistungen aller Art in diesem Bereich zugenommen. Drei verschiedene Kategorien sind auszumachen.

1 - Psychiater Laut einer von Magali Coldefy koordinierten Untersuchung mit dem Titel „Die Übernahme der geistigen Gesundheit“ (La prise en charge de la santé mentale), einer Sammlung von statistischen Studien, die 2007 durch die Documentation française veröffentlicht wurde, liegt die Zahl der am 1. Januar 2005 gezählten Psychiater in Frankreich bei 13 600, das bedeutet

eine Zunahme von 18% gegenüber dem Jahr 1990. Nach einer anhaltenden Entwicklung von 5% pro Jahr zwischen 1985 und 1990, liegt der Prozentsatz der Zunahme zwischen 1990 und 1995 bei 2 bis 3%. In der Folge und bis heute steigt die Anzahl der Psychiater jährlich um 1%.

2 – Psychologen Diese Berufsgruppe weist ca. 35 000 Berufstätige auf, Inhaber von Universitätsdiplomen, hauptsächlich tätig im Bildungsbereich, in der Funktion von Schulpsychologen und Berufsberater und im Bereich des Gesundheitswesens.

3 – Psychotherapeuten Diese Gruppe umfasst Praktiker, die für ihre Psychotherapien bezahlt werden, unabhängig davon, welche Methoden sie anwenden und welchen Beruf bzw. welche ursprüngliche Ausbildung sie aufweisen. So soll laut dem französischen Verband der Psychotherapeuten und Psychoanalytiker (Fédération française de psychothérapie et de psychanalyse (FF2P)), diese Kategorie zwischen 10 000 und 15 000 Praktiker umfassen, davon 10 bis 15% Ärzte, 20 bis 30% Psychologen, 20% Sozialarbeiter, 20% paramedizinische Berufstätige und 10 bis 15% verschiedener Herkunft. Über die drei festgelegten Kategorien hinaus macht diese Übersicht der Berufe im Bereich der psychologischen Behandlung deutlich, dass bei mehr als der Hälfte der durch einen Berufsverband gezählten Psychotherapeuten die Grundausbildung in den entsprechenden Fächern mangelhaft ist bzw. fehlt, das entspricht einer Zahl von 5 000 bis 7 000 Praktikern. Diese Feststellung sollte zwar nicht zum vorschnellen Schluss führen, dass mindestens die Hälfte der Psychotherapeuten Quacksalber sind oder gefährliche Praktiken anbieten, sie zeigt jedoch ein erhöhtes Risiko in diesem Dienstleistungsbereich, in dem die Bezeichnung „Psychotherapeut“ noch nicht eingegrenzt ist, weil auf die im Artikel 52 des Gesetzes vom 9. August 2004 bezüglich der Politik des Gesundheitswesens vorgesehenen Regelungen noch gewartet wird. Manche Berufsverbände der Psychotherapeuten haben zwar einen Kodex der guten Praxis aufgestellt, insbesondere die angewandten Methoden betreffend, jedoch entsprechen diese Verhaltensregeln meistens nur internen Empfehlungen, die weder unabhängig eingeschätzt noch zertifiziert und genehmigt werden. Unter diesen Bedingungen ist die Entscheidung für eine Psychotherapie nicht risikofrei, insbesondere besteht die Gefahr der geistigen Einflussnahme im Rahme von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen.

Für die schlechte Praxis empfängliche Methoden In einer analytischen Herangehensweise unterscheidet Delphine Guérard, Klinikpsychologin und Mitglied im Verein „Alerte Faux Souvenirs Induits“ (Alarm, induzierte Erinnerungsfälschung), drei verschieden Kategorien von Methoden, die besonders empfänglich für eine schlechte Praxis sind: • „Manuelle Methoden der energetischen Behandlung, die begleitet werden von Massagen wie die der energetischen Reprogrammierung, • intensive und systematische psychotherapeutische Methoden, welche grundsätzliche Lösungen für psychologische Probleme verfolgen, wie die Tunneltherapie, • Methoden, die sich auf Therapien stützen, welche für eine transgenerationelle Herangehensweise stehen“. Die Postulate und Grundprinzipien dieser Methoden können helfen, ihre Empfänglichkeit zu erklären.

1 – Die Postulate „Das Individuum wird als eine globale Einheit betrachtet, zu der physische, emotionelle und geistige Bestandteile sowie Vibrationen gehören. Physische und psychische Erkrankungen rühren aus gewaltigen, während der Kindheit erlebten Schocks. Krankheiten sind hauptsächlich das Ergebnis einer emotionellen Dysfunktion. Die Heilung hängt vom Zurückholen verdeckter Erinnerungen ab".

2 – Die Prinzipien • „Die Wahrheit des Unterbewusstseins. Alles ist im Unterbewusstsein verborgen und festgehalten: Antworten auf Fragen zum eigenen Ich und der Schlüssel zu grundsätzlichen Wahrheiten der Person (Informationen, vergangene, verdrängte, vergessene, verdeckte Erfahrungen, denen ein wesentlicher Einfluss beizumessen ist, die jedoch dem Bewusstsein unzugänglich sind). Das Unterbewusstsein bringt die befreiende Wahrheit ans Licht. Es offenbart und ist daher heilsam. Dank eines Zustands der Entspannung liefert das Unterbewusstsein die Information, indem es ermöglicht, auf intensive Art und Weise die Erfahrungen der Vergangenheit, die ganz oder teilweise verdrängt waren, wieder zu durchleben. • Der Mechanismus der Verdrängung.. Das Individuum verfügt über einen besonderen Schutzmechanismus, der Verdrängung, das ihm ermöglicht, sein physisches und psychisches Gleichgewicht zu wahren. Immer wenn die emotionelle Spannung nicht mehr

auszuhalten ist, kann es ein traumatisierendes physisches oder moralisches Erlebnis, das es nicht annehmen oder verstehen kann, vollkommen aus der Erinnerung streichen. Aus dem Unterbewusstsein heraus bewirken die verdrängten emotionellen Schocks ohne, dass wir es merken, eine Art generelle Verseuchung mit physischen oder psychischen Störungen. Diese Erlebnisse müssen aus der Vergessenheit geholt werden und wieder ins Bewusstsein gerückt werden, um ihnen ihre störende/zerstörende Kraft zu nehmen. Ziel ist es, wieder eine Verbindung zwischen dem Unterbewusstsein und dem Bewusstsein herzustellen, denn das Wiedererleben der verdrängten Erlebnisse durch das Zurückholen auf die Ebene des Bewusstseins bringt den Rückgang der Symptome und die Heilung mit sich. • Der Körper als Gedächtnis. Der Körper trägt unsere individuellen, familiären und kollektiven Erinnerungen und ist deren Zeuge. Er ist die Grundlage unserer Empfindungen und Erfahrungen. Er fasst uns zusammen. Der Körper wird als Auffangschale für alle unbewussten und bewussten Lebenserfahrungen angesehen. Der Körper erinnert sich an alles Geschehene und spiegelt unsere Geschichte wider. Der Körper lügt nicht. Er verrät unsere Schwachpunkte, wenn er durch Druckausübung befragt wird, verrät sie durch Verspannungen, Energieüberschüsse oder –Knicke. Im Körper wird alles festgeschrieben. Erlebt ein Mensch etwas, reagiert der Körper vom Bewusstsein unbemerkt, indem er Spuren hinterlässt. Mit der Zeit stören diese Spuren das allgemeine Gleichgewicht des Organismus. Die Stoffe beginnen sich zu straffen. Es erscheinen Spannungen, Unwohlsein oder Funktionsstörungen. Ein affektives, emotionelles oder physisches Trauma bleibt in der Muskulatur eingraviert und stellt somit ein traumatisches Gedächtnis dar, eine Art Alarmsignal oder Hilferuf. So teilt der Körper Informationen mit. Er ist die Sprache, die es zu entschlüsseln, zu entziffern und zu interpretieren gilt. • Das Zurückgreifen auf Chakras (Energiezentren). Es gibt sieben Chakras, die eine bestimmte Energie kanalisieren und unser physisches und psychisches Leben direkt beeinflussen. Jedes Chakra entspricht einer bestimmten Art von Emotionen und Instinkten, die es zu verwalten gilt. Der Therapeut befragt den Patienten, der sich auf einer anderen Bewusstseinsebene befindet und entschlüsselt die Belastung des Unterbewusstseins. Durch das energetische Bearbeiten des Körpers werden lokale Spannungen und Blockaden gelöst. • Emotionelle Reinigung Emotionelle Blockaden müssen gelöst werden, um die Verletzungen der Kindheit zu heilen und das daraus folgende Unwohlsein aufzuheben. Der Schwerpunkt liegt auf der Auflösung der negativen Emotionen,

bewusster oder unbewusster Art, da sie sich im Körper sammeln und somit sowohl physische als auch psychische Blockaden bewirken. Um sich von ihnen befreien zu können, müssen Blockaden aufgespürt werden. Dieser Prozess wird begleitet von einer Bewusstwerdung. • Die Befreiung von internen, familiären, vererbten und kollektiven Erinnerungen. Es geht darum, negative Erfahrungen, die im Gedächtnis eines Individuums festgeschrieben sind, aufzuspüren, den Menschen davon zu befreien, sie zu ersetzen oder sie zu integrieren. Ahnenforschungen dienen dazu, Wiederholungen und Weiterleitungen von Problemen zwischen den Generationen nach dem Modell der Vererbung zu entdecken. Ihre Entdeckung ermöglicht eine Bewusstwerdung, die den Prozess der Wiederholung unterbricht. • Selbstheilung Diese Methoden geben vor, dem Individuum zu helfen, Erinnerungen oder Empfindungen wieder aufzuspüren, die vollkommen vergessen waren, doch sein jetziges Unwohlsein begründeten. Im Grunde heilt der Patient sich selbst, indem er sich über seine eigenen Erlebnisse bewusst wird und sie integriert“. Diese Grundsätze erhöhen unermesslich die Wahrscheinlichkeit, verformte, ungenaue und manchmal sogar vollkommen illusorische Erinnerungen hervorzurufen. Delphine Guérard ist der Meinung, dass „die Art, wie eine Methode angewandt wird, bestimmend ist für ihre Schädlichkeit“. In der Zeitschrift Psychologies Magazine vom Dezember 2007 warnt Anne Ancelin Schutzenberger, Therapeutin und Gründerin der PsychoGenealogie, einer Methode zur Entzifferung der Familienbindungen, ihrer Übertragung und der transgenerationellen Kette, ihre Leser vor einer falschen Anwendung ihrer Methode: „Heutzutage kann jeder angeben, Psycho-Genealogie anzuwenden, ohne eine richtige, zugleich universitäre und klinische Ausbildung aufzuweisen. Manche kennen sich so wenig in diesem Gebiet aus, dass sie gravierende Fehler bei der Analyse und Interpretation machen und ihre Patienten auf falsche Fährten lenken“.

3. Physiognomie neuerer Fälle von induzierter Erinnerungsfälschung Seit seiner Gründung im Juli 2005 wurde der Verein AFSI (Alerte Faux Souvenirs Induits) mehrere hundert Male mit Familiendramen befasst. Nicht alle Meldungen betrafen Familiensituationen, die mit dem Syndrom der

Erinnerungsfälschung zu tun hatten. Außerdem kann der Verein nicht ausschließen, von Personen für Falschaussagen missbraucht worden zu sein, die sich tatsächlich eines sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht haben. Aus den zweihundert fundierten Situationen schließt der AFSI folgende Schlüsse:

Das Profil der anklagenden Opfer In 80% der Fälle handelt es sich um junge Frauen im durchschnittlichen Alter von 33 Jahren, mit Abweichungen die von 19 bis 52 Jahre reichen. Die angeblich ans Licht gebrachten Tatsachen werden auf ein Alter vor dem vierten Lebensjahr, mal bis zum zehnten oder elften Lebensjahr, mal auf die Zeit „als ich klein war“ fixiert. Die Beschuldigungen erfolgten hauptsächlich zu Beginn des zweiten Jahrtausends, daher vermutet der AFSI eine eventuelle „Ansteckung“ durch den Prozess des belgischen Pädophilen Marc Dutroux und das Verfahren von Outreau. Die aus der Verdrängung zurückgeholten, angeprangerten Tatsachen liegen mindestens zwanzig und bis zu vierzig Jahre zurück. Die „Anklagenden“ scheinen daher empfänglicher zu sein für eine Induktion von Taten des sexuellen Missbrauchs durch einen Therapeuten. Ihre Beschreibungen betreffen eher Bilder als Empfindungen. Zur großen Mehrheit weisen sie eine höhere Ausbildung auf und haben leitende Funktionen inne.

Die Psychotherapeuten Bei zehn Prozent handelt es sich um Mediziner (Psychiater und Homöopathen), zehn Prozent sind Psychologen, sechzehn Prozent Kinesiotherapeuten und vierundsechzig Prozent weisen verschiedene Berufsausbildungen auf. Die mit den Patienten geknüpften Beziehungen gehen über die berufliche Ebene hinaus und werden als freundschaftlich bezeichnet. Darüber hinaus verzeichnet der AFSI Parallelen zwischen dem Verhalten dieser abweichenden Therapeuten und der Funktionsweise von sektenartigen Gruppierungen: • „Abschirmung der Gruppe • Mauer des Schweigens nach Außen • Hoher Preis der Therapiesitzungen • Finanzielle Strafen für abtrünnige Mitglieder • Druck und Drohungen gegenüber dem abtrünnigen Mitglied, das seinen Fortgang aus der Gruppe vorsieht“.

Die Psychotherapien Sie erfolgen im Laufe von zahlreichen Workshops und Seminaren, die auf mehrere Wochenenden oder Wochen über das Jahr verteilt werden. Sie können über mehrere Jahre gehen.

Die Methoden Nicht alle sind genau bekannt. In einer gewissen Anzahl von Fällen wurden jedoch folgende genannt: • Hypnose • Sophrologie • Psycho-Genealogie • Bio-Genealogie • Energetische Massagen • Gestützte Kommunikation • Gestalttherapie • Yoga und Meditation • Psycho-theater • Musiktherapie • Einnahme von Iboga

Das Profil der beschuldigten Opfer Die angeklagten Opfer gehören dem engeren Familienkreis an und sind in 96% der zweihundert vom AFSI behandelten Fälle männlich, es handelt sich also hauptsächlich um Väter (80%), dann um Großväter (10%) und schließlich um Brüder, Onkel und andere Verwandte (6%). Auf weiblicher Seite werden Mütter hingegen lediglich in 4% der Situationen beschuldigt.

Die Konsequenzen 1 – Die Gesundheit der Opfer Gesundheitliche Folgen sind bei den Opfern zu verzeichnen, sowohl bei den Beschuldigten als auch bei den Anklägern. Nachdem sie des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurden, nahmen sich zwei Eltern das Leben. In Folge der Beschuldigungen erkrankten Eltern und Großeltern schwer: Herzerkrankungen, Krebs, Depressionen. Auf Seiten der Ankläger verzeichnet der AFSI Selbstmordversuche und Noteinlieferungen in psychiatrische Anstalten.

2 - Gerichtsverfahren Sie beginnen mit der Erhebung von Klagen vor Gericht. Manche Eltern wurden als Zeugen angehört. Andere wurden mit Handschellen aus

ihrem Haus geführt, in Gewahrsam genommen, haben Hausdurchsuchungen erlebt, sowie monatelange Ermittlungen bis zur Gerichtsverhandlung. Alle Verfahren wurden eingestellt.

3 – Erschütterungen innerhalb der Familien Folgen erscheinen ebenfalls durch die verleumderische Beschuldigung der Großeltern durch ihre Enkel, wodurch sie in bestimmten Fällen endgültig von ihnen getrennt werden. Wird die Justiz nicht befasst, bezeichnen sich die Beschuldigten als „lebenslänglich angeklagt“. Außerdem verursacht die falsche Anschuldigung eines Elternteils wegen so schwerwiegender Tatsachen erhebliche Brüche innerhalb der Familien und außergewöhnliche psychische Störungen.

Schlussfolgerung So bald es um Fälle von sexuellem Missbrauch geht, stellt das Syndrom der Erinnerungsfälschung eine besonders wirksame Waffe zur Destabilisierung und Unterwerfung des Individuums dar. Eine solche Beschuldigung trifft den angeblichen Täter schwer, denn es drohen ihm harte Strafen wegen Missbrauchs an Minderjährigen. Die Vermehrung der Aussagen und der schmerzhaften Situationen ist wahrscheinlich im gewissen Maße die Folge einer Vervielfältigung und schnellen Verbreitung von psychotherapeutischen Methoden innerhalb von zweifelhaften Praktiken. Ist bezüglich der Mehrheit dieser Therapien in zahlreichen Lebensumständen des Menschen gegen ihre Anwendung nichts einzuwenden, so öffnet die fehlende oder schlechte Begleitung der Ausbildungen und Praktiken Quacksalbern und Gurus eine Tür für sektiererische Machenschaften. Angesichts dieser Situation müssen schnellstmöglich Maßnahmen ergriffen werden, um die Menschen aufzuklären und zu schützen, wenn sie auf psychotherapeutische Behandlungen und Dienstleistungen zurückgreifen und um ihre Rechte innerhalb der Familie und gegenüber dem Gesetz sicherzustellen. Unabhängige, durch die öffentlichen Behörden genehmigte Beurteilungen und eine breite Information bezüglich der Indikationen und der Grenzen der Methoden sind notwendig, um dieses gefährliche Phänomen einzugrenzen und auszumerzen. Gemeinsam von den Behörden und den Berufsverbänden erarbeitete Mindeststandards an Kenntnissen und Berufserfahrung müssen die Qualität und Sicherheit bei der Ausübung von Berufen im Bereich der psychologischen Behandlung, unter anderem dem des Psychotherapeuten,

unabhängig vom Anwendungsbereich garantieren. Es müssen Sensibilisierungsmaßnahmen für Beamten der Verwaltung, der Polizei und der Justizbehörden angeboten werden, um sie über die mit abnormalen und manipulatorischen Praktiken einhergehenden Risiken zu informieren und ihnen zu ermöglichen, das Recht auch gerecht anzuwenden und im Rahmen ihrer Aufgaben die Opfer angemessen zu unterstützen. Die Notwendigkeit einer guten Kenntnis des Phänomens ist umso wichtiger, als dass der Beweis seines Bestehens schwer zu erbringen ist.

ZWEITER TEIL

Kindheit und Bildung Die Folgen der parlamentarischen Untersuchungskommission „Gestohlene Kindheit“ „Gestohlene Kindheit: Jugendliche Opfer von Sekten“, so lautet der Titel des im Dezember 2006 veröffentlichten Berichts zum Abschluss der Arbeiten der 3. parlamentarischen Untersuchungskommission bezüglich Sektenbewegungen. Den Vorsitz diese Kommission hatte Herr Georges Fenech innen, Berichterstatter war Herr Philippe Vuilque. Abgesehen von der Übertragung der Anhörungen durch den Kanal des Parlaments, haben die Arbeiten dieser Kommission ein großes Echo innerhalb der Medien bewirkt, besonders im Radio und im Fernsehen, sowohl anlässlich der Veröffentlichung des Berichts, als auch in den Wochen danach. Gegen manche von der Kommission zitierte Zeugen, deren Aussagen zuerst durch den Kanal des Parlaments an die Öffentlichkeit kamen, dann anhand der CD-Rom in Anlage des Berichts, wurde durch bestimmte Vertreter der beschuldigten Bewegungen Klage erhoben. Eben um eine solche gerichtliche Ausnutzung zu vermeiden, reichte der Vorsitzende der Nationalversammlung, Herr Bernard Accoyer, eine Gesetzesvorlage ein, mit dem Ziel, den Zeugen von Untersuchungskommissionen den gleichen gesetzlichen Schutz zu gewähren wie der, der Zeugen vor Gericht zuerkannt

wird. „Eine Klage wegen Verleumdung oder Beleidigung kann weder aufgrund der Aussagen noch aufgrund von Schriftstücken von Zeugen vor einer Untersuchungskommission eingeleitet werden, und ebenso wenig aufgrund des im guten Glauben erstellten Berichts über öffentliche Sitzungen dieser 4 Kommissionen“, heißt es im einzigen Artikel dieser Gesetzesvorlage . Dieser Schutz wäre auf Klagen wegen Verleumdung oder Beleidigung begrenzt. Herr Accoyer erinnerte daran, dass durch die Untersuchungskommission zu Jugendlichen in Sekten „zahlreiche Verleumdungsklagen gegen Personen, die vor der Kommission ausgesagt haben, eingeleitet wurden“. „Beginnen manche Kläger, so verbissen vor Gericht zu treten, dass es schon an Belästigung grenzt, so besteht das Risiko, dass die freie Äußerung vor Untersuchungskommissionen beschränkt wird und daher dieses wesentliche Instrument der Machtkontrolle des Parlaments an Glaubwürdigkeit verliert“. Der Bericht Nr. 3507 „Gestohlene Kindheit: Jugendliche Opfer von Sekten" schließt mit 50 Vorschlägen ab. Dank der Annahme von Abänderungsvorschlägen von Herrn Georges Fenech, Vorsitzender der Untersuchungskommission, wurden manche dieser Vorschläge bereits im Gesetz des 5. März 2007 zur Reform des Jugendschutzes berücksichtigt. Wie steht es heute um die Vorschläge der Parlamentarier, die im folgenden Text fettgedruckt nochmals aufgeführt werden?

1. Bildung Neudefinierung des Heimunterrichts 1 – Genaue Definition der Bedingungen für eine Entscheidung zum Heimunterricht: Krankheit, Behinderung des Kindes, Umzug der Familie und andere tatsächliche und ernsthaften Gründe Absatz eins des Artikels L.131-10 des Bildungsgesetzes sieht vor, „dass schulpflichtige Kinder, die zuhause unterrichtet werden, ebenfalls im Rahmen der Einschreibung bei einer Einrichtung des Fernunterrichts, ab dem ersten Jahr und dann alle zwei Jahre vom zuständigen Bürgermeisteramt untersucht werden, um festzustellen, welche Gründe von den Verantwortlichen angegeben werden und ob die Kinder eine Ausbildung erhalten, die mit ihrem Gesundheitszustand und den Lebensumständen der Familie vereinbar ist. Das Ergebnis der Untersuchung wird der Schulaufsichtsbehörde mitgeteilt, welche die Dienststellen des Bildungswesens auf Departement-Ebene leitet“.

4 - „Gesetzesvorlage zur Ergänzung der Verordnung Nr. 58-110 vom 17 November 1958 bezüglich der Verfahrensweise bei parlamentarischen Versammlungen“, in erster Lesung am 3. April 2008 durch die Nationalversammlung eingesehen.

Die Kommission für soziale Angelegenheiten der Nationalversammlung billigt zu, dass die Entscheidung für Heimunterricht durch den Gesundheitszustand oder eine Behinderung des Kindes begründet werden kann und urteilt, dass diese Entscheidung ebenfalls daher rühren kann, „dass es einfach den Vorstellungen der Eltern entspricht“. So sah es die Regierung ebenso wenig als angemessen an „das Freiheitsprinzip umzukehren und von allen Eltern zu verlangen, tatsächliche und ernsthafte Gründe anzugeben“. Es wird hinzugefügt, dass, „auch wenn die Fälle, in denen Eltern diese Freiheit nutzen, selten sind, ein Verdienst darin zu sehen ist, dass eben diese Freiheit besteht und [dass] die Einzelfälle, in denen diese Freiheit fehlgeleitet wird, keinen ausreichenden Grund darstellen können, diese Freiheit in Frage zu stellen“. Die Kriterien für eine Begründung des Heimunterrichts sind also nicht abschließend aufgezählt. Eine solche Praxis stünde in der Tat der freien Auswahl der Unterrichtsmodalitäten entgegen. In jedem Fall untersteht die den Eltern in diesem Bereich zugestandene Freiheit den Bestimmungen des Artikels L.131-10 des Bildungsgesetzes, das vorsieht, „dass schulpflichtige Kinder, die zuhause unterrichtet werden, ebenfalls im Rahmen der Einschreibung bei einer Einrichtung des Fernunterrichts, ab dem ersten Jahr und dann alle zwei Jahre vom zuständigen Bürgermeisteramt untersucht werden, um festzustellen, welche Gründe von den Verantwortlichen angegeben werden und ob die Kinder eine Ausbildung erhalten, die mit ihrem Gesundheitszustand und den Lebensumständen der Familie vereinbar ist“.

2 – Den Einsatz der pädagogischen Mittel des nationalen Zentrums für Fernunterricht und der anerkannten privaten Fernunterrichtseinrichtungen verlangen Manche Familien werden in ihrem Vorgehen durch Kurse des Fernunterrichts unterstützt (gemäß einer Untersuchung von 2006 ca. 13 500 Kinder zwischen 6 und 16 Jahren, davon 3 000, die von den wichtigsten privaten Einrichtungen für Fernunterricht betreut werden und 10 500, die bei dem nationalen Zentrum für Fernunterricht angemeldet sind), ca. tausend Kinder werden außerdem zuhause ohne Unterstützung durch Fernunterrichtskurse unterrichtet (Untersuchung des Jahres 2001 für die gleiche Altersklasse). Ein Abänderungsvorschlag, der eine Pflicht für Familien festlegen sollte, auf die Dienstleistungen des nationalen Zentrums für Fernunterricht oder der privaten Einrichtungen des Fernunterrichts zurückzugreifen, wurde abgelehnt: Solange die den Kindern vermittelten Lehrinhalte und ihr Fortschritt regelmäßig von der Schulaufsichtsbehörde überprüft werden, erscheint die Pflicht, auf bestimmte pädagogische Instrumente zurückzugreifen nicht notwendig. Sie würde hingegen dem Freiheitsprinzip entgegenstehen, das den Eltern bei der Wahl der Erziehungsart zusteht.

3 – Den Heimunterricht auf zwei Familien beschränken, darüber hinaus müssen außervertragliche Schulen den Unterricht übernehmen Artikel L. 131-10 des Bildungsgesetztes, abgeändert durch Artikel 32 des Gesetzes Nr. 2007-293 vom 5. März 2007 zur Reform des Kinderschutzes, sieht im vierten Absatz vor, dass die Schulbehörde im Rahmen der mindestens einmal im Jahr stattfindenden Kontrolle, ab dem dritten Monat nach der Erklärung der Durchführung von Heimunterricht „überprüft, dass der in einem Haushalt erteilte Unterricht für die Kinder einer einzelnen Familie gegeben wird“. In erster Lesung hatte die Nationalversammlung den Abänderungsvorschlag Nr. 310 angenommen, der das Ziel verfolgte, Heimunterricht auf höchstens zwei Familien zu begrenzen. Der Senat zeigte sich restriktiver und beschränkte die Möglichkeit von Heimunterricht auf eine einzige Familie, womit er die Entscheidung des Kassationsgerichtshofs vom 26. November 1903 bestätigte.

4 – Effektive Erfüllung der Pflicht des Ministeriums für Bildung zur jährlichen Kontrolle der Bedingungen von Heimunterricht Diese Überprüfung erfolgt in ausschließlicher Anwesenheit der Kinder und der ermächtigten Beamten in Begleitung der Beauftragten für Schulgesundheit Die Familien sind verpflichtet, sich den pädagogischen Untersuchungen zu unterziehen (seit dem Gesetz von 1998 ab dem dritten Monat und mindestens einmal im Jahr), die auf Betreiben des Bürgermeisters und des zuständigen Oberschulrats durchgeführt werden (Art. L.131-10 des Bildungsgesetzbuchs). Wird die innerhalb der Familie erteilte Ausbildung als unzureichend erachtet, werden die für das Kind verantwortlichen Personen aufgefordert, dieses in einer Schuleinrichtung einzuschreiben. Wird der Aufforderung nicht Folge geleistet, können sie zu 6 Monate Freiheitsstrafe und 7 500 € Geldstrafe verurteilt werden.

Neudefinierung des Systems des Heimunterrichts 5 – Auferlegung der bei Heimunterricht verlangten Sozialuntersuchung durch den Bürgermeister bei Anwendung von Fernunterricht Das Gesetz Nr. 2007-297 vom Prävention von Straffälligkeit ändert Bildungsgesetzbuchs in dem Sinne, dass ausgebildet werden, den gleichen Status Kinder.

5. März 2007 bezüglich der den Artikel L.131-10 des Kinder, die mit Fernunterricht erhalten wie heimunterrichtete

Dieser Artikel sieht nun vor, „dass schulpflichtige Kinder, die zuhause unterrichtet werden, ebenfalls im Rahmen der Einschreibung bei einer Einrichtung des Fernunterrichts, ab dem ersten Jahr und dann alle zwei Jahre vom zuständigen Bürgermeisteramt untersucht werden, um festzustellen, welche Gründe von den Verantwortlichen angegeben werden und ob die Kinder eine Ausbildung erhalten, die mit ihrem Gesundheitszustand und den Lebensumständen der Familie vereinbar ist. Das Ergebnis dieser Untersuchung wird der Schulaufsichtsbehörde mitgeteilt, welche die Dienststellen des Bildungswesens auf DepartementEbene leitet“.

6 – Die Leiter der Fernunterrichtseinrichtungen sollen folgenden Anforderungen entsprechen: • Nicht eine der im Artikel L.911-5 des Bildungsgesetzbuchs genannten Unfähigkeiten aufweisen; • Nicht zu einer Gefängnisstrafe von mindestens zwei Monaten ohne Bewährung für die in Artikel 223-15-2 des Strafgesetzbuchs genannten Vergehen verurteilt worden sein; • Entweder das Baccalauréat (Abitur), ein Diplom, oder einen der Befähigungsnachweise für den Grundschul- und den Sekundarunterricht aufweisen. Das Gesetz Nr. 2007-293 vom 5. März 2007 zur Reform des Kinderschutzes verändert die Artikel L.444-5 und L.444-6 des Bildungsgesetzbuchs, um die parlamentarischen Vorschläge bezüglich des Einflusses von sektenartigen Bewegungen zu berücksichtigen. Im Sinne des Artikels L.444-5 des Bildungsgesetzbuchs müssen Leiter und Lehrer an privaten Bildungseinrichtungen, welche Fernunterricht erteilen, per Verordnung definierten Bedingungen in Sachen Zuverlässigkeit, Diplomabschluss, Titel und Referenzen entsprechen. Des Weiteren verbietet der Artikel L.444-6 des Bildungsgesetzbuchs die Ausübung von Leiter- oder Lehrerfunktionen für alle Personen, die bereits verurteilt wurden, Verboten unterliegen oder denen Rechte entzogen wurden. Diese Unfähigkeiten zur Ausübung der Berufstätigkeit, die für Leiter von privaten Einrichtungen des Fernunterrichts gelten, entsprechen denen von Artikel L.911-5 des Bildungsgesetzbuchs Bildungspersonal betreffend: Betroffen sind Personen, die aufgrund eines Vergehens oder Verbrechens der Unredlichkeit oder Unsittlichkeit gerichtlich verurteilt wurden, die durch gerichtliches Urteil vollkommen oder teilweise ihre in Artikel 131-26 des Strafgesetzbuchs genannten bürgerlichen, staatsbürgerlichen oder Familienrechte verloren haben oder denen das elterliche Sorgerecht entzogen wurde, sowie diejenigen, welchen die Lehrtätigkeit untersagt ist. Gemäß den Schlussfolgerungen der Untersuchungskommission fügt das Gesetz vom 5. März 2007 einen Fall von Unfähigkeit hinzu, und zwar bei

einer Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von mindestens zwei Jahren ohne Bewährung wegen Vergehen, wie im Artikel 223-15-2 des 5 Strafgesetzbuchs vorgesehen . Seit der Einführung des Gesetzes vom 5. März 2007 müssen die zur Leitung einer privaten Einrichtung für Fernunterricht notwendigen Titel durch Verordnung festgelegt werden. Der infolge des Berichts über Einflüsse von sektenartigen Bewegungen eingereichte Abänderungsantrag schlug vor, dass diese Titel in einer abschließenden Liste aufgeführt werden sollten. Dieses hätte jedoch das Anforderungsniveau gegenüber dem heute per Verordnung definierten herabgesetzt. Die angewandte Lösung schreibt strengere Bedingungen vor, als die im parlamentarischen Bericht vorgeschlagenen.

Überwachung der Offenlegungspflicht der Lehreinrichtungen- und Organisationen 7 – Für die Einhaltung der in den Artikeln L.471-1 ff des Bildungsgesetzbuchs festgelegten Offenlegungspflicht der Lehreinrichtungen sorgen Durch diesen Vorschlag erinnern die Parlamentarier an den Sinn und die Notwendigkeit einer strikten Einhaltung der Offenlegungspflicht und der Vertragsabschlussregelungen, die für Lehreinrichtungenund Organisationen gelten.

Das Genehmigungsverfahren für Einrichtungen für Nachhilfeunterricht verstärken 8 – Es sollte eine gleichzeitige Genehmigung seitens des Bildungs- und des Arbeitsministeriums für Einrichtungen mit Erwerbszweck im Bereich des Nachhilfeunterrichts geben 9 – Die Anforderungen an Leiter von Nachhilfeunterrichtseinrichtungen sollten an die ihrer Kollegen aus dem Bereich des Fernunterrichts angepasst werden (siehe Vorschlag Nr. 6) In einer Antwort vom 30. Oktober 2007 auf eine schriftliche Frage von Frau Poletti, Abgeordnete des Departements Ardennes, führte der 6 Bildungsminister aus, dass : 5

- Missbrauch von Schwäche des About-Picard-Gesetzes von Juni 2001

6

- Fragen Nr. 3402 vom 14. August 2007, Amtsblatt vom 30. Oktober 2007, Seite 6728.

„Die Schlussfolgerungen des Berichts Nr. 3507 der Untersuchungskommission bezüglich des Einflusses von sektenartigen Bewegungen wurden im Rahmen der Debatte über den Gesetzesentwurf zur Reform des Jugendschutzes diskutiert. Der Gesetzgeber hat es nicht für angebracht gehalten, bei dieser Gelegenheit eine Genehmigung für Einrichtungen im Bereich des Nachhilfeunterrichts einzuführen. Hingegen hat er die staatliche Kontrolle über diese Einrichtungen verstärkt und verfolgt dabei zwei Ziele: Zum einen das Ziel der Zuverlässigkeit, indem Personen, die aus Gründen, die nicht mit einer Lehrtätigkeit vereinbar sind, Berufsverbot erhielten, zum anderen das Ziel der Unterrichtsqualität durch die Festlegung von Diplombedingungen. Der durch das Gesetz Nr. 2007293 vom 5. März 2007 zur Reform des Jugendschutzes eingeführte Artikel L.445-1 des Bildungsgesetzbuchs verbietet Personen, die aus bestimmten Gründen verurteilt wurden oder unter Berufsverbot stehen, die Leitungs- und Lehrfunktionen in Nachhilfeeinrichtungen. Betroffen sind Personen, die aufgrund eines Vergehens oder Verbrechens der Unredlichkeit oder Unsittlichkeit gerichtlich verurteilt wurden, die durch gerichtliches Urteil vollkommen oder teilweise ihre in Artikel 131-26 des Strafgesetzbuchs genannten bürgerlichen, staatsbürgerlichen oder Familienrechte verloren haben oder denen das elterliche Sorgerecht entzogen wurde, diejenigen, welchen die Lehrtätigkeit untersagt ist und jene, welche zu einer Gefängnisstrafe von mindestens zwei Jahren ohne Bewährung wegen Vergehen, wie im Artikel 223-15-2 des Strafgesetzbuchs vorgesehen, verurteilt wurden. Diese Fälle von Unfähigkeit entsprechen denen, die für Leiter und Lehrkräfte an Fernunterrichtseinrichtungen vorgesehen sind“.

Die Information der Öffentlichkeit und die Koordination der Maßnahmen des Bildungsministeriums mit denen des Ministeriums für Jugend und Sport verbessern Diese Forderung wird zurzeit innerhalb einer interministeriellen Koordinierungskommission untersucht.

10 – In den Realschulen, Hauptschulen und Gymnasien (collèges und lycées) im Rahmen des Sozialkundeunterrichts Sensibilisierungsmaßnahmen für gefährliche sektiererische Entwicklungen anbieten Die Programme des Sozialkundeunterrichts an Haupt- und Realschulen und zur Staatsbürgerkunde, Rechtskunde und Sozialkunde an Gymnasien sind so aufgebaut, dass sie bei jedem Schüler zur Aneignung

von eigenen Werten und Prinzipien als Grundlage für ihren Bürgersinn führen sollen. Ab der Sekundarstufe kann die notwendige Auseinandersetzung mit sektiererischen Phänomenen entsprechend einer dem Alter und der Klassenstufe angemessenen Herangehensweise in Gang gesetzt werden. Im Laufe der Hauptstufen an Real- und Hauptschulen können Fallstudien durchgeführt werden, bei denen Rechtssprechung und bestehende Gesetzestexte, die sich mit den Themen „Freiheiten“, „Rechte“, „Recht“ und „Sicherheit“ befassen, in Bezug gesetzt werden. Im Gymnasium können Themen wie „Staatsbürgerschaft und Integration“ oder „Staatsbürgerschaft und Globalisierung“ behandelt werden, so dass die Lehrkräfte die Möglichkeit haben, auf einer anderen Ebene und in ihrer ganzen Komplexität Phänomene anzusprechen, die mit Glauben und Religion zu tun haben.

11 – Die Politiken des Bildungsministeriums und des Ministeriums für Jugend, Sport und Vereinswesen sollen bezüglich der Genehmigung von Einrichtungen koordiniert werden, welche Jugendliche für Ferien- und Freizeitaufenthalte aufnehmen und ihnen Bildungs- und Erziehungsangebote zukommen lassen Das Bildungsministerium erteilt Bildungseinrichtungen zur Ergänzung des öffentlichen Bildungswesens Genehmigungen aus. Der nationale Rat der Lehreinrichtungen zur Ergänzung des öffentlichen Bildungswesens (conseil national des associations éducatives complémentaires de l’enseignement public (CNAECEP)), bestehend aus Partnereinrichtungen der öffentlichen Schulen und aus Eltern- und Personalvertretern gibt Stellungnahmen zu den Genehmigungsanträgen auf nationaler Ebene ab. Diese Stellungnahmen werden dem Minister vorgelegt, der dann entscheidet, ob der antragstellenden Einrichtung eine Genehmigung erteilt wird oder nicht. Ein ähnliches System besteht auf akademischer Ebene für akademische Genehmigungsverfahren im Rahmen des akademischen Rates der Lehreinrichtungen zur Ergänzung des öffentlichen Bildungswesens (conseil académique des associations éducatives complémentaires de l’enseignement public (CAAECEP)), wobei der Rektor nach Stellungnahme des akademischen Rates über die Genehmigung entscheidet. Bei der Analyse der Anträge sind das Ministerium und der CNAECEP gegenüber dem gegebenenfalls sektiererischen Charakter mancher Einrichtungen wachsam. In jedem Fall muss die Eigenschaft als Ergänzung des öffentlichen Bildungswesens belegt werden, und dies nicht durch einfache Aussage. Bezüglich der gemeinsamen Analyse der Genehmigungen durch das Bildungsministerium und das Ministerium für Gesundheit, Jugend und Sport wurde im Jahr 2006 eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet. Nach

der nationalen Konferenz über Vereinsleben vom 12. Januar 2006 versammelte diese Gruppe alle Ministerien, die für die Genehmigung von Vereinen und Einrichtungen zuständig sind, um die Möglichkeit einer weit reichenden, allen Ministerien gemeinsamen Genehmigung durch die Regierung zu erörtern. Angesichts der unterschiedlichen Regelungen zu den diversen Genehmigungen und ihren verschiedenen Zwecken erschien die Einrichtung eines solchen Genehmigungsverfahrens nicht als sinnvoll. Nichtsdestotrotz und auch wenn ihre Inhalte unterschiedlich sind, bemühen sich das Bildungsministerium und das Ministerium für Gesundheit, Jugend und Sport um eine Koordination unter Einhaltung ihrer Ermächtigungen und ohne ihre Genehmigungen in Frage zu stellen. In diesem Rahmen wird das Anliegen der Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen sehr wohl berücksichtigt.

2. Hochschulwesen 12 – In den Hochschulen für Ausbildung und Forschung (unités universitaires de formation et de recherche (UFR)) in den Bereichen Psychologie und Erziehungswissenschaften sowie in den Universitätsinstituten für Lehrerausbildungen (IUFM (instituts universitaires de formation des maîtres)) sollte es Lehreinheiten bezüglich gefährlicher sektiererische Entwicklungen geben 13 – Innerhalb der medizinischen Lehreinheiten angeboten werden, die Einflussnahme und Viktimologie befassen

Fakultäten sollten sich mit geistiger

Innerhalb dieser Fächer werden punktuelle Initiativen immer wieder umgesetzt, die Einführung von universitären Lehrprogrammen zum Sektenrisiko bleibt jedoch noch zu untersuchen.

14 – Gerichtsauditeure und Anwaltsanwärter sollten bezüglich des Sektenphänomens ausgebildet werden, insbesondere hinsichtlich der Streitfälle im Familienrecht und im Jugendschutzbereich Der MIVILUDES verfolgt diese Frage in Zusammenarbeit mit der Rechtsanwaltskammer. Im Laufe des Jahres 2007 hat die Fachhochschule für Justizbeamte eine Fortbildung zum Sektenphänomen sowohl für Gerichtsauditeure (Richter und Staatsanwälte in der Ausbildung) als auch für Richter und Staatsanwälte im Dienst angeboten.

Diese Weiterbildungsmaßnahme ermöglichte insbesondere den Gerichtsauditeuren ein Strafverfahren bezüglich gefährlicher sektiererischer Machenschaften nachzuvollziehen. Im Bereich der beruflichen Weiterbildung hatten 25 Justizbeamte, hauptsächlich im Bereich von Familien- und Jugendangelegenheiten tätig (Familienrichter, Jugendrichter, Beamte der Staatsanwaltschaft in Jugendsachen), die Möglichkeit, an einer von der Fachhochschule für Justizbeamte Ende November 2007 veranstalteten Fortbildung teilzunehmen, die infolge der Arbeiten der parlamentarischen Untersuchungskommission "Kinder und Sekten" angeboten wurde. Am 9. Januar 2008 schrieb der Direktor der Fachhochschule für Justizbeamte, Herr Jean-François Thony, an den Vorsitzenden des MIVILUDES: „…Mit Freude habe ich Kenntnis von Ihrem Vorschlag genommen, die Sensibilisierungsmaßnahmen für Gerichtsauditeure in der Ausbildung zu erweitern. Ich halte dies für eine hervorragende Idee. Wichtig erscheint es mir, Ihnen mitzuteilen, dass eine Fortbildungsreihe für werdende Jugendrichter im Rahmen ihrer Spezialisierung zum Ende der Ausbildung bereits jetzt für März 2008 unter dem Titel „Sektenphänomen und Minderjährige“ geplant wurde. ..."

3. Gesundheitswesen 15 – Einführung einer jährlichen medizinischen Pflichtuntersuchung für Kinder über 6 Jahre, die entweder in ihren Familien oder in nicht vertraglichen Einrichtungen unterrichtet werden Diese Maßnahme wird durch den neuen Artikel L.541-1 des Bildungsgesetzbuchs eingeführt. Sie wird eine Zunahme der Anzahl an Schulärzten verlangen, um die Pflicht zu Schuluntersuchungen für Kinder mit 6, 9, 12 und 15 Jahren durchführen zu können.

16 – Vereinheitlichung des Bestrafungssystems Weigerung der Eltern, ihre Kinder zu impfen

für

die

17 – Durch Rundschreiben des Justizministeriums die gesetzlich für Impfweigerungen vorgesehenen Strafen in Erinnerung bringen Im Rahmen der parlamentarischen Arbeiten bezüglich des Gesetzes vom 5. März 2007 zum Jugendschutz befasst, hat die Regierung eine positive Empfehlung zur Verstärkung der Strafen im Falle von nicht gemeldeten Geburten und Impfweigerungen ausgegeben.

Diese beiden verstärkten Rechtsverletzungen sind zu Vergehen geworden, die im Artikel 433-18-1 des Strafgesetzbuchs (mangelnde Meldung) und Artikel 3116-4 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen (Impfweigerung) genannt werden und für die Strafen in Höhen von 6 Monaten Freiheitsentzug und 3 750 € Geldbuße vorgesehen sind. Die direction des affaires criminelles et des grâces (Direktion kriminalpolizeiliche Angelegenheiten und Begnadigungen) hat anlässlich der Verstärkung des Straftatbestandes Sensibilisierungsmaßnahmen bei den zuständigen mit gefährlichen sektiererischen Entwicklungen befassten Stellen veranlasst.

18 – Die Weigerung der Eltern, eine Bluttransfusion bei ihren Kindern durchzuführen nicht zu beachten Bei ihrer Arbeit haben die Parlamentarier die Notwendigkeit unterstrichen, die Weigerung von Eltern, bei ihren Kindern eine Bluttransfusion durchführen zu lassen, unbeachtet zu lassen. Artikel L.111-4 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen verfügt, dass wenn sich durch die Ablehnung der Maßnahme durch die erziehungsberechtigte Person oder durch den Vormund schwerwiegende Folgen für die Gesundheit des Minderjährigen ergeben können, der Arzt die notwendige medizinische Versorgung durchführen hat. Bereits jetzt wird das elterliche Sorgerecht regelmäßig durch den Staatsanwalt aufgehoben.

19 – Eine Bewertung der nicht verlässlichen Therapien beantragen und für eine breitere Veröffentlichung der Schlussfolgerungen dieser Studien sorgen Die Bewertung der nicht konventionellen therapeutischen Praktiken und die Information der Öffentlichkeit und der Berufswelt sind wesentliche Ziele des Gesundheitsministeriums. Diese in den parlamentarischen Arbeiten anvisierte Maßnahme wurde bereits in Gang gesetzt.

20 – Eine sofortige Überprüfung bestimmter „Behandlungsorte“ für Jugendliche in Problemsituationen und eine behördliche Untersuchung der Gründungsbedingungen dieser Einrichtungen bewirken Seit 2002 ist die Kontrolle der Einrichtungen der Jugendhilfe verstärkt worden. Zuständig für diese Überprüfungsmaßnahmen ist das Ministerium für Jugend und Sport. Die Wirksamkeit der Kontrollen unterliegt jedoch einer substantiellen Verstärkung der Mittel.

21 – Die Betreuung der Sektenaussteiger im Allgemeinen und ihrer geistigen Gesundheit im Besonderen verbessern Die Arbeiten des MIVILUDES zur „geistigen Einflussnahme“

empfehlen eine Verbesserung der Betreuung von Sektenaussteigern. Mehrere Lösungen schienen von Interesse zu sein: Einrichtung einer Telefonzentrale, Errichten eines Netzes von Pflegern und Sozialarbeitern, die in der Lage sind, diese Opfer angemessen zu betreuen, Förderung der Tätigkeiten von Schutzvereinen, die sich für die Opfer und ihre psychologische Betreuung engagieren.

22 – Beim Gesundheitsministerium eine Monographie über soziale und gesundheitliche Folgen der Zugehörigkeit zu einer Sektenbewegung bei Jugendlichen beantragen Die sozialen und gesundheitlichen Folgen für Jugendliche, die innerhalb einer sektenartigen Bewegung aufwachsen, wurden teilweise durch dieses Ministerium untersucht. Aktuell laufende Arbeiten zeigen den Willen dieses Verwaltungsbereichs, eine analytische und aktualisierte Sicht des Phänomens zu erhalten. Zur Information sei die kürzlich verfasste Doktorarbeit von Armelle 7 Guivier genannt .

23 – Die Bedingungen für den Erhalt Psychotherapeuten genauer definieren

des

Titels

des

Eine Verordnung zur Eingrenzung der Zuweisungsbedingungen des Titels des Psychotherapeuten wird derzeit verfasst. Die Annahme der Verordnung wurde als dringlich eingestuft.

24 – Einen Kodex der guten Praxis für Psychotherapeuten festlegen 25 – Im Falle einer Anmaßung von Titeln anwendbare Strafen definieren Eine unter die Leitung der Arbeitsgruppe müsste demnächst Anwendungsverordnungen herbeiführen.

Gesundheitsministerin gestellte die Veröffentlichung von

26 – Iboga in die Liste des veränderten Erlasses vom 22. Februar 1990 der Betäubungsmittel aufnehmen Seit März 2007 zählt Iboga zu den Betäubungsmitteln. Den Generalstaatsanwälten wurde seitens der Direction des affaires criminelles et des grâces (kriminalpolizeiliche Angelegenheiten und Begnadigungen) eine Depesche mit der Mitteilung gesandt, dass Iboga in die Liste der Betäubungsmittel aufgenommen wurde. Sie wurden darüber hinaus über die Nutzung dieser Substanz durch sektenartige Bewegungen in 7

- Die Arbeit ist auf der Seite des Miviludes einsehbar (http://www.miviludes.gouv.fr).

8

Kenntnis gesetzt und über laufende gerichtliche Verfahren informiert .

4. Innere Angelegenheiten 27 – Veränderung des Artikels 910 des bürgerlichen Gesetzbuchs durch Wiedereinführung des Einspruchsrechts der öffentlichen Behörden gegen Vereinbarungen zwischen Lebenden oder per Testament im Interesse von kulturellen Vereinigungen 28 – Diesen Einspruch dann zulassen, wenn der Verein nicht die Ausübung einer Religion zum Ziel hat, diese Ausübung nicht der einzigen Zweck des Vereins darstellt, wenn die Tätigkeiten des Vereins ganz oder teilweise die öffentliche Ordnung verletzen und die übergeordneten Interessen der Kinder verkennen Laut parlamentarischer Untersuchungskommission „geht es darum, ein wesentliches Werkzeug zur Regulierung von kulturellen Vereinen wiedereinzuführen, das durch die Verordnung 2005-856 vom 28. Juli 2005 zur Verwaltungsvereinfachung abgeschafft worden war“.

5. Justizwesen 29 – Minderjährigen die Unterstützung durch einen Anwalt garantieren Die neue Fassung des Artikel 388-1 des bürgerlichen Gesetzbuchs (code civil), eingeführt durch das Gesetz Nr. 2007-293 vom 5. März 2007, richtet die Verpflichtung ein, durch den Richter überprüfen zu lassen, dass Minderjährige über ihr Anhörungsrecht und ihr Recht, anwaltlich vertreten zu werden, informiert sind.

Bürgerliches Recht 30 – Großeltern ermöglichen, den Jugendrichter direkt zu befassen, wenn die Gesundheit, die Sicherheit oder die Sittlichkeit ihres Enkels gefährdet sind Diese Empfehlung wurde als Abänderungsantrag zum Gesetz über Jugendschutz eingereicht. Sie wurde von der Regierung zurückgewiesen, da diese der Meinung war, dass Großeltern bereits über 8 - Seit diesem Datum scheint eine neue Substanz, das Datura, Ayahuasca und Iboga im Bereich des Schamanismus und der sektenartigen Bewegungen ersetzt zu haben.

Handlungsmöglichkeiten verfügen. In der Tat steht ihnen die Möglichkeit zu, den Staatsanwalt über jegliche sektiererische Entgleisung zu informieren, dieser befasst damit den Jugendrichter und kann, falls notwendig, die zeitweilige Unterbringung des Minderjährigen anordnen. Darüber hinaus können Großeltern den Jugendrichter über Tatsachen in Kenntnis setzen, welche eine Risikosituation darstellen können. Der Jugendrichter kann dann selbst die Befassung veranlassen.

31 – Die Politik der öffentlichen Behörden bezüglich der Genehmigung von Familienpfleger und Adoptiveltern vereinheitlichen Dieser Vorschlag wurde bis heute noch nicht verfolgt.

Strafrecht und Strafverfahren 32 – Bestrafung des sozialen Einsperrens von Minderjährigen Diesem Vorschlag wird in Artikel 375 des bürgerlichen Gesetzbuchs, entstanden durch das Gesetz vom 5. März 2007, entsprochen. Der in diesem Artikel vorgesehene Begriff der Gefährdung wurde auf Fälle erweitert, in denen die physische, affektive, intellektuelle und soziale Entwicklung des Kindes beeinträchtigt wird. Es kann dann der Jugendrichter oder der Staatsanwalt befasst werden. Artikel 226-4 des Sozial- und Familiengesetzbuchs weist den Generalräten bei der Feststellung der Gefährdungssituationen und ihrer Anzeige beim Staatsanwalt eine wesentliche Rolle zu.

33 – Bestrafung bei mangelnder Meldung von Kindern beim Standesamt verstärken, indem dieser Tatbestand zum Vergehen wird Im Rahmen der parlamentarischen Arbeiten bezüglich des Gesetzes vom 5. März 2007 zum Jugendschutz befasst, hat die Regierung eine positive Empfehlung zur Verstärkung der Strafen im Falle von nicht gemeldeten Geburten und Impfweigerungen ausgegeben. Diese beiden verstärkten Rechtsverletzungen sind zu Vergehen geworden, die im Artikel 433-18-1 des Strafgesetzbuchs (mangelnde Meldung) und Artikel 3116-4 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen (Impfweigerung) genannt werden und für die Strafen in Höhen von 6 Monaten Freiheitsentzug und 3 750 € Geldbuße vorgesehen sind. Die direction des affaires criminelles et des grâces (Direktion kriminalpolizeiliche Angelegenheiten und Begnadigungen) hat anlässlich

dieser Gesetzesänderungen Sensibilisierungsmaßnahmen bei den zuständigen mit gefährlichen sektiererischen Entwicklungen befassten Stellen veranlasst.

34 – Neue Verjährungsfristen für Minderjährige ab ihrer Volljährigkeit einführen, die vom Missbrauch der Schwäche innerhalb von sektenartigen Bewegungen betroffen sind Dieser als Abänderungsantrag zum Gesetz über Jugendschutz eingereichte Vorschlag wurde von der Regierung mit folgender Begründung abgewiesen: - zum einen, weil dies ein für Jugendliche, die im Sektenmilieu aufwachsen, spezifisches Verjährungssystem einführen würde, womit die Gleichheit der Opfer von Vergehen, die vor Erreichen der Volljährigkeit begangen wurden, aufgehoben würde, wobei darüber hinaus der juristisch nicht definierte Begriff der „Sekte“ gebraucht würde; - zum anderen weil jede Verlängerung der Verjährungsfristen nicht unproblematisch ist, insbesondere aufgrund des wesentlichen Risikos des Beweisverlusts und eines hohen Anteils an Einstellungen der Verfahren und an Freisprüchen. Es müssen neue Lösungen untersucht werden, denn für die Opfer ist es wesentlich, eine Wiedergutmachung des erlittenen Schadens zu erhalten.

35 – Die Strafverfolgung von Bekehrungseifer sektenartiger Bewegungen neu definieren

seitens

Um die Durchführung zu vereinfachen, wurden die Bestimmungen des Artikels 19 des Gesetzes vom 12. Juni 2001, das die Strafverfolgung von Bekehrungseifer vorsieht, durch das Gesetz vom 5. März 2007 zum Jugendschutz verändert. Bisher konnten sektenartige Bewegungen wegen Verbreitung von Schriften an Jugendliche verurteilt werden, wenn bereits mehrere Urteile wegen schwerwiegender Vergehen vorlagen (illegale Ausübung der ärztlichen Tätigkeit oder Arzneimittelkunde, bestimmte Personenverletzungen und Sachbeschädigungen, täuschende Werbung, Betrug…). Nun wurde die Voraussetzung, dass mehrere vorherige Verurteilungen vorliegen müssen, aufgehoben. Die neue Fassung dieses Artikels lautet wie folgt: „Für die Verbreitung von Schriften, die sich an Jugendliche richten und die für eine juristische Person, unabhängig ihrer juristischen Form und ihres Zwecks, werben, welche Tätigkeiten verfolgt, mit dem Ziel oder dem Ergebnis einer psychologische oder physische Abhängigkeit der Personen ist eine Geldstrafe in Höhe von 7 500 € vorgesehen, wenn mindestens einmal eine endgültige Verurteilung gegen die juristische Person selbst oder ihre Leiter von Rechts wegen ausgesprochen wurde…“

36 – Systematische Meldungen an die Staatsanwaltschaft Das Jugendschutzgesetz hat die Verfahren zur Überprüfung der Schulfehlzeiten neu definiert: Artikel L.131-8 (Gesetz Nr. 2006-396 vom 31. März 2006, Art. 48 II, Amtsblatt vom 2. April 2006), (Gesetz Nr. 2007-297 vom 5. März 2007, Art. 12-3º, Amtsblatt vom7. März 2007) „Bleibt ein Kind der Schule für kurze Zeit fern, so sind die für das Kind verantwortlichen Personen verpflichtet, umgehend den Schulleiter oder die Schulleiterin über die Gründe der Fehlzeiten zu informieren. Die einzig legitimen Gründe sind folgende: Krankheit des Kindes, übertragbare oder ansteckende Krankheit eines Mitglieds der Familie, feierliche Versammlung der Familie, Verhinderung aufgrund zufällig eintretender Kommunikationsschwierigkeiten, zeitweilige Abwesenheit der verantwortlichen Personen, wenn die Kinder sie begleiten. Andere Gründe werden durch die Schulaufsichtsbehörde geprüft. Diese hat die Möglichkeit, die von ihr genehmigten Sozialarbeiter mit einer Untersuchung zu beauftragen, wenn es sich um Kinder handelt, die als Schulverweigerer bekannt sind. Der Leiter oder die Leiterin der Schule befasst die Schulaufsichtsbehörde, damit diese den verantwortlichen Personen eine Verwarnung zusendet und ihnen die in folgenden Fällen anzuwendenden Strafen in Erinnerung bringt: 1° Wenn trotz der Aufforderung des Schulleiters/der Schulleiterin die Gründe für die Fehlzeiten des Kindes nicht mitgeteilt oder falsche Gründe angegeben wurden; 2° Wenn das Kind mindestens vier halbe Tage eines Monats ohne triftigen Grund und ohne gültige Entschuldigung von der Schule fern geblieben ist. Befasst der Schulleiter/die Schulleiterin die Schulaufsichtsbehörde, damit eine Ermahnung an die verantwortlichen Personen gerichtet wird, so informiert er/sie in den zwei oben genannten Fällen darüber den Bürgermeister der Gemeinde, in der das Kind seinen Wohnort hat. Bei Situationen, die nach Ansicht der Schulbehörde die im Artikel L.222-4-1 des Sozial- und Familiengesetzbuchs vorgesehene Einrichtung eines Vertrags über elterliche Verantwortung verlangen, befasst die Schulbehörde den Vorsitzenden des Generalrats. Sie händigt dem Bürgermeister die Liste der in der Gemeinde wohnhaften Schüler aus, für die eine wie im vorliegenden Artikel vorgesehene Verwarnung zugestellt wurde. Die dem Bürgermeister im Rahmen der Anwendung des vorliegenden Artikels mitgeteilten Informationen werden so wie im Artikel L.131-6 beschrieben erfasst“. Zwei weitere Gründe für das Fernbleiben von der Schule sind Fälle von Störungen oder Unregelmäßigkeiten, die durch Schulärzte festgestellt worden sind und Fälle von Unterernährung, die unter der Telefonnummer 119 „Allô enfance maltraitée“ (Hallo, misshandelte Kinder) eingegangen

sind. Diese wurden nicht besonders beachtet, sollten aber unter die allgemeinen Regelungen zur Meldung von Gefährdungen von Minderjährigen bei der Staatsanwaltschaft fallen.

37 – Die Rolle der „Sektenreferenten“ Generalstaatsanwaltschaften stärken

bei

Die Vorschläge der parlamentarischen Untersuchungskommission geben teilweise die aktuelle Praxis bezüglich Sektenreferenten wieder, denn diese sind zu bevorzugten Partnern des Beauftragten der Direction des affaires criminelles et des grâces (kriminalpolizeiliche Angelegenheiten und Begnadigungen) sowie der mit sektiererischen Entgleisungen befassten Staatsanwaltschaften und der Verantwortlichen der verschiedenen betroffenen Behörden geworden.

Grundrechte 38 – Die Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen in die Gesetzgebung bezüglich Veröffentlichungen für die Jugend einbeziehen Eine innerhalb der Direktion zum Rechtsschutz von Jungendlichen gebildete Arbeitsgruppe untersucht derzeit diesen Vorschlag.

39 – Die Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen in der Gesetzgebung zur digitalen Wirtschaft berücksichtigen Dieser Vorschlag wurde bis heute noch nicht verfolgt.

Gerichtsverfassung 40 – Personen, die ein Verfahren aufgrund eines Missbrauchs von Unwissenheit oder Schwäche veranlassen, den Vorteil des Rechtsbeistands ohne Pflicht zum Nachweis von Ressourcen zukommen lassen Dieser Vorschlag verlangt eine Gesetzesänderung, die bisher dem Parlament nicht unterbreitet wurde.

6. Berufliche Weiterbildung 41 – Weiterbildungen zum Thema Sekten für Richter und Staatsanwälte anbieten Sensibilisierungs-

und

Informationsmaßnahmen

müssen

weiterentwickelt werden, insbesondere, um ein weites Spektrum von Berufstätigen zu erreichen.

42 – Die Generalräte auffordern, Weiterbildungen zum Thema Sekten für das Personal ihrer Sozialabteilungen anzubieten, die mit der Genehmigung von Familienbeauftragten oder Adoptionsverfahren beauftragt sind Das zwischen dem MIVILUDES und dem nationalen Zentrum der öffentlichen Behörden (Centre national de la fonction publique territoriale (CNFPT)) unterzeichnete Abkommen sieht Weiterbildungen für Vertreter der Behörden vor. Sie werden in diesem Rahmen durchgeführt. Diese Maßnahme wird durch die Veröffentlichung eines Leitfadens für Behördenvertreter unterstützt.

43 – Die Regionalreferenten zum Thema „Sekten“ des Gesundheitsministeriums und des Ministeriums für Jugend und Sport so ausbilden, dass sie die notwendige Qualifikation aufweisen, um Vertreter der dezentralisierten Behörden bezüglich der Gefahren von sektiererischen Entgleisungen sensibilisieren können Diese Weiterbildungen werden mit der Unterstützung der regionalen Partner des MIVILUDES durchgeführt. Weiterbildungsmaßnahmen haben in Marseilles, Lyon, Dijon und anderswo bereits stattgefunden. Des Weiteren veranstalten beide genannten Ministerien jedes Jahr interne Weiterbildungen. Gleiches gilt für das Bildungsministerium.

7. Außenministerium 44 – Innerhalb des Ministeriums den Posten eines Ansprechpartners einrichten, der den Auftrag erhält, mit sektiererischen Entgleisungen verbundene Probleme zu verfolgen und Maßnahmen zu ihrer Behandlung, zur Weiterbildung und Information vorzuschlagen Ansprechpartner des MIVILUDES ist der Berater für Religionsangelegenheiten (CAR), der die Politiken der verschiedenen gegebenenfalls mit diesen Problemen konfrontierten Direktionen koordiniert. Er begleitet ebenfalls Diplomaten, die im Ausland die französische Politik in Sachen Bekämpfung von sektiererischen Entgleisungen erklären müssen.

45 – Vertreter des Ministeriums, die eine Stelle im Ausland besetzen, hinsichtlich der Risiken von sektiererischen Entgleisungen sensibilisieren Alle Vertreter des Ministeriums innerhalb der zentralen Verwaltung und im Ausland und insbesondere solche, die mit konsularischen Angelegenheiten befasst sind, haben über das Intranet des Ministeriums leichten Zugang zu den Empfehlungen des MIVILUDES. In Zweifelsfällen greifen sie darauf zurück. Doch natürlich ist es Aufgabe der französischen Stellen (Gemeinden), die für Gruppenreisen von Kindern ins Ausland zuständig sind, im Vorfeld die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, indem sie die Internetseite des MIVILUDES besuchen oder die öffentliche Seite des Außenministeriums, die einen Verweis zur Internetseite des MIVILUDES enthält.

8. Interministerielle Maßnahmen Die Zahl der nicht gemeldeten Kinder besser erfassen 46 – Die Generalinspektionen im Bereich des Bildungswesens, der sozialen Angelegenheiten und der Verwaltung auffordern, eine Untersuchung durchzuführen, einerseits, um die nicht standesamtlich gemeldeten Kinder zu erfassen, andererseits, um Vorschläge zu sammeln, wie die Einhaltung der Meldepflicht von Geburten allgemein besser gesichert werden könnte Diese Maßnahme wird noch nicht verfolgt.

Die Arbeit des MIVILUDES unterstützen 47 – Beteiligung innerhalb des MIVILUDES der Fürsprecherin der Kinder an der Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen Die Ernennung von Frau Dominique Versini, Fürsprecherin der Kinder, in den Orientierungsrat des MIVILUDES durch Erlass des Premierministers vom 30. Januar 2007 entspricht diesem Vorschlag. In Person oder in Vertretung beteiligt sie sich innerhalb dieser Steuerungsstelle.

48 – Förderung der Koordination der Maßnahmen von Vereinen, die sich an der Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen beteiligen Die zwei wichtigsten Vereine, die sich für die Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen engagieren, die UNADFI (Union nationale der associations pour la défense de la famille et de l’individu, Nationale Vereinigung der Organisationen zum Schutz der Familie und der Person) und das CCMM (Centre de documentation, d’éducation et d’action Contre les Manipulations Mentales, Zentrum gegen geistige Manipulation)), werden regelmäßig an Klausurtagungen beteiligt, die der MIVILUDES veranstaltet. Darüber hinaus sind ihre Vorsitzenden Mitglieder des Orientierungsrats des interministeriellen Ausschusses.

49 – Die Tätigkeiten des MIVILUDES auf internationaler Ebene verstärken Wie aus den beiden letzten Berichten des MIVILUDES ersichtlich, wurde der Ausschuss an den Arbeiten der OSZE in Warschau (jährliche Konferenz über die menschliche Dimension) beteiligt. Der MIVILUDES beantwortet außerdem Anfragen von bestimmten Ländern, die sich über seine Funktionsweise und im Allgemeinen über die französischen Instrumente zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen informieren möchten.

50 – Die Besonderheit der Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen auf Departement-Ebene unterstreichen Die Untersuchungskommission hat jeder Überwachungszelle auf Departement-Ebene empfohlen: - „eine Arbeitsgruppe zu bilden, die sich spezifisch mit gefährlichen sektiererischen Entwicklungen befasst. Sie soll unter ihren Mitgliedern den Präfekten oder einen seiner Vertreter zählen, einen Vertreter des Generalrats, den regionalen Delegierten des MIVILUDES, den Ansprechpartner der Staatsanwaltschaft des Berufungsgerichts, die regionalen Ansprechpartner der Ministerien, die mit dem Sektenphänomen zu tun haben und Vertreter der in Artikel 2-17 des Strafgesetzbuchs genannten Vereine. Diese Gruppe soll sich mindestens zwei Mal im Jahr zusammenfinden. Sie erstattet der Überwachungszelle auf Departement-Ebene Bericht. - sich mindestens einmal im Jahr zu versammeln, um eine Tagesordnung zu bearbeiten, die sich exklusiv mit der Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen befasst“. Die Anweisungen des Premierministers vom 27. Mai 2005 und vom 7. März 2007 empfehlen diese Vorgehensweise unter der Aufsicht der Präfekten der Departements für die Arbeit bezüglich gefährlicher sektiererischer Entwicklungen.

Schlussfolgerung Nachdem die Gesamtheit der Vorschläge der parlamentarischen Untersuchungskommission durchgegangen und der Stand der Verwirklichung untersucht wurde, ist es angebracht anzumerken, dass alle betroffenen Ministerien die Anliegen der Parlamentarier der Kommission von 2006 in der Frage des Schutzes von Minderjährigen vor sektiererischer Entgleisungen unterstützen, sowohl im Bereich der Prävention als auch der Strafverfolgung. Tatsächlich muss festegestellt werden, dass bereits nach einem Jahr zahlreiche Maßnahmen in die Tat umgesetzt wurden.

DRITTER TEIL

Risikoerfassung im wirtschaftlichen Bereich Mit dem Multi Level Marketing verbundene Risiken Im Bereich der Wirtschaft liegt die Schwierigkeit bei der Erfassung und Beschreibung des Sektenrisikos darin, dass die klassische Herangehensweise an das Sektenphänomen meistens von einer zuvor bestehenden menschlichen Schwäche und einer besonderen Verantwortung einer Leitfigur, welche sich diese Schwäche zu Nutzen macht, ausgeht. Bereits 1995 benannte der Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission dieses Risiko gefährlicher sektiererischer Entwicklungen. Seitdem und insbesondere im Laufe der vergangenen drei Jahre haben sich die Anfragen der „Händler-Kunden“ gehäuft, die um Hilfe, einen Rat oder Rechtsbeistand im Rahmen von Streitigkeiten mit Leitern oder Zwischenhändlern solcher Handelsnetze baten. Die Untersuchung der Grundsätze und Funktionsweisen bestimmter Handelsnetze des Multi Level Marketing zeigt hinsichtlich der methodologischen Herangehensweise verblüffende Gegenbeispiele.

Erfahrungen im Ausland bestätigen, dass es berechtigt ist, besorgt auf die Entwicklung mancher Handelspraktiken zu schauen, die im Bereich dieser Handelsform gelten. Multi Level Marketing gibt sich als zukunftsträchtig aus, sei es hinsichtlich der Schaffung neuer Arbeitsplätze, neuer Arbeitsformen, neuer Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentwicklung, neuer Chancen für den sozialen Aufstieg. Zahlreiche westliche Länder verfügen über eine Gesetzgebung zur Eingrenzung des Multi Level Marketing. So gibt es Vereinigungen von MultiLevel-Marketing-Unternehmen, die einen Geschäftsrahmen, institutionalisierte Beziehungen, ethische Grundsätze oder sogar Mittlerdienste zwischen Partnern anbieten. Es existiert ebenfalls eine „europäische Vereinigung der Vereine für Multi Level Marketing“. Die Landschaft des Multi Level Marketing hat sich im Laufe der vergangenen 15 Jahre erheblich entwickelt, nachdem die ersten Unregelmäßigkeiten im System mancher Verkaufsnetze hervorkamen, die mit „Kettenspiel“ oder „Pyramidenspiel“ oder noch „Schneeballprinzip“ bezeichnet werden. Diese Begriffe bezeichnen nicht immer die gleichen rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten bezüglich der Funktionsweise der Unternehmen, so unterscheiden sich die den Vertriebshändlern zugesicherten Garantien und die Produkte selbst. Zu einem Zeitpunkt, als die Handelsinitiativen in diesem Bereich sehr unterschiedliche Richtungen einschlugen und teilweise „vom rechten Weg abkamen“, das heißt nur noch am Rande mit Handel zu tun hatten, manchmal sogar als gefährliche sektiererische Machenschaften bezeichnet werden konnten, entschied sich der Berufsstand dazu, sich zu organisieren. So entstand die „Vereinigung des Multi Level Marketing“ (FVD) innerhalb dieser im vollen Wachstum befindlichen Handelspraxis, die Sorgen und Frustrationen zugleich anzieht und bewirkt. „Direktverkauf“ kann als eine Geschäftsmethode bezeichnet werden, bei der ein Verkäufer und ein „Verbraucher-Käufer“ außerhalb eines Ladens persönlich in Kontakt kommen. Zwei Arten von Verkaufsorten können den Laden ersetzen. Zum einen der Wohnort (es handelt sich also um Haustürgeschäfte), zum anderen die Wohnung, in der sich potentielle Kunden um einen „privilegierten Kontakt“ des Verkäufers bemühen. Die Vereinigung des MLM führte einen „Verhaltenskodex für den Direktverkauf“ ein, in dem sie unter anderem anmerkt, dass „diese Vertriebsart einer Gesetzgebung unterliegt, die den Verbraucher schützt und die zugleich vom Verkäufer, vom Verbraucher und vom Unternehmen eingehalten werden muss“. Sie führt aber auch an, dass „den Verhaltenskodex ergänzende Regelungen notwendig sind, um die Autonomie des Verkäufers und die Bedeutung der Dienstleistung für den Verbraucher zu berücksichtigen“. Weiter im Text merkt die FVD an, dass

dieser Kodex „den Zweck verfolgt, Berufsregeln einzuführen, die durch das Unternehmen und die Verkäufer im Rahmen ihrer Handelstätigkeiten angewandt werden“. Er dient der Definition „der Bedingungen für das Tätigwerden des Verkäufers, der Loyalität gegenüber dem Verbraucher und der Bestimmungen zur Verbesserung des Kundendienstes“. Durch ihre Positionierung hinsichtlich der Gesetzgebung setzt sich die FVD dem Risiko aus, dass sich ihr Netze anschließen, die empfänglich sind für gefährliche sektiererische Entwicklungen, (auffällig ist, dass fast ausschließlich auf das Verbraucherrecht hingewiesen wird und nur sehr selten auf das Arbeits- oder Vertragsrecht in seinen verschiedenen Dimensionen). Ebenso ebnet die mangelnde Berücksichtigung der Beziehungen zwischen der eigentlichen Handelsgesellschaft, den Zwischenebenen, die sehr unterschiedliche Rollen, sowohl im Bereich des Managements als auch des Vertriebs übernehmen, und den Endverbrauchern den Boden für sektiererische Bewegungen. Selbstverständlich ist das Risiko bei Handelsgesellschaften des Multi Level Marketing, die nicht der FVD angehören, deutlich erhöht. Es ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass diese Vereinigung in ihrer Herangehensweise den Status des Verbrauchers (also ein Kunde eines Vertriebhändlers, seltener des Unternehmens) und den Status des Händlers (also zugleich Endverkäufer und Kunde entweder des Unternehmens oder eines höher gestellten Vertriebshändlers) unterscheidet. Hierin besteht die ganze Schwierigkeit, die Handlungsfreiheit eines jeden zu bewerten. Zahlreiche beim MIVILUDES eingehende Fragen heben die Bedeutung des „psychologischen Hebels“ innerhalb der Handelsnetze dieser Art hervor. Es wird die erhebliche Intensivierung des Engagements der Personen unterstrichen, sowohl auf Produkte als auch auf Kundenbewerbung bezogen, sowie das langsame Fortschreiten in Richtung eines alternativen Wertesystems, in dem das Engagement zu einer Lebensweise führen kann, die nur noch um den Erfolg des Handelsnetzes kreist. Die vom MIVILUDES gesammelten Aussagen lassen zahlreiche gemeinsame Merkmale erkennen, die allen Multi-Level-MarketingUnternehmen eigen sind und regelmäßige Fragen aufwerfen, unabhängig davon, ob diese Unternehmen zur Vereinigung des Multi Level Marketing gehören oder nicht. Zu einen sind bei der Strategie zur Integration in das Netz Konstanten zu erkennen: Das erste Ziel dieser Netze, das ein Sektenrisiko birgt, besteht darin, ein Konzept zu vermitteln, das sich auf die Werbung für einen Katalog konzentriert, der Produkte und Dienstleistungen enthält, die sehr oft als „Wohlsein“ bringend präsentiert werden. Der Begriff der „Wellness“ kann

sowohl als eine ideologische Dimension verstanden werden, als auch eine ganzheitliche Lebensart bezeichnen, bei der Konsum, Verkauf, Integration in das Netz, Befreiung von vorherigen Lebensweisen und sogar das Verlassen seiner ursprünglichen Umgebung ein Ganzes bilden, das Glück und Zufriedenheit bringt. Dieser vorrangige Zweck wird durch eine ganzheitliche Integration in das „System“ erreicht. Dem Begriff der „Ganzheitlichkeit“ kommt eine zentrale Bedeutung zu. Die Vorstellung einer „ganzheitlichen Gesundheit“ ist ein viel sagendes Beispiel für den übertriebenen Gebrauch dieses Begriffs. Der Kunde wird zuerst aufgefordert, „Vertriebshändler“ zu werden, dann „Pate“ neuer Kunden oder potentieller Kunden, die wiederum zu Vertriebshändlern werden, gemäß der Vorstellung, dass die Entscheidungen des Lebens, um Wohlsein zu erreichen, bedeuten, dass der Körper, Familie, der Geist, das materielle Leben, finanzieller Wohlstand und schließlich die Gesellschaft eine Einheit bilden und dass der Wille, diese Einheit zu einer „höheren Ebene des Wohlseins“ zu bringen, ein zunehmendes Engagement innerhalb des Netzes voraussetzt. Diese „Philosophie“ soll zu der Überzeugung führen, dass geschäftliches Engagement und die vollkommene Verstrickung in das Netz im ersten Schritt eine „geschäftliche Chance“, dann eine „Chance für den Lebensunterhalt“ und schließlich eine „Chance für das Leben“ darstellen. Einen der genannten Faktoren zu überspringen, würde zu einem Scheitern der „Selbstverwirklichung“ und des Erreichens eines physischen und psychologischen Gleichgewichts führen. Man kann sich leicht vorstellen, dass nicht jeder potentielle Kunde, dem diese Herausforderung angeboten wird von vornherein die Gesamtheit der genannten Lebensgrundlagen erfüllt – Wohlsein des Körpers, Wohlsein innerhalb der Familie, Wohlsein des Geistes… Umso mehr Komponenten dem potentiellen Kunden fehlen, umso mehr bringt das Netz ihn dazu, seine Gedanken auf die Hoffnung und den Glauben darin zu konzentrieren, dass die Schwierigkeiten des Lebens, die er erduldet, auf den Mangel einer der durch das Konzept versprochenen Erfolgs- und Wohlseinsingredienzen zurück zu führen ist, und dass dieser Mangel aus der Unfähigkeit der Gesellschaft herrührt, ihm die notwendigen Grundlagen und die nötige Unterstützung zu bieten. Hier werden zwei der allgemeinen Bewertungskriterien für ein Sektenrisiko deutlich: Der Bruch mit der ursprünglichen Umgebung und gesellschaftsfeindliche Aussagen. Das zweite Ziel dieser Netze besteht darin, potentielle Kunden davon zu überzeugen, dass es eine „ganzheitliche Alternativlösung“ gibt, die an die Stelle der Gesellschaft treten kann. Diese „Lösung“ gibt dem Leben einen Sinn, indem das Leben im privaten, affektiven, sozialen und beruflichen Bereich harmonisiert wird, dank des durch das Multi-LevelMarketing-Unternehmen vermittelten Wohlseins, der Funktionsweise des

Unternehmens und des Platzes, der für die Mitglieder und die vertriebenen Produkte und Dienstleistungen geschaffen wird. Das Unternehmen nimmt also die Rolle einer Ersatzgesellschaft ein, in der der Neuankömmling durch das Durchlaufen eines langen Prozesses integriert wird. Die Integration geschieht in aufeinander folgenden Etappen, die eine zunehmende Verstrickung bezwecken. Diese Verstrickung bringt den ursprünglichen Verbraucher dazu, sich in einem Handelsnetz einzufügen, das ihm Antworten „auf alle existentiellen Fragen“ bringt. Jede hinsichtlich des Sektenrisikos bedenkliche Gesellschaft verfolgt eine ähnliche Verfahrensweise. Die folgende Beschreibung eines alternativen Integrationsprozesses soll die gemeinsamen Konstanten und Merkmale der verschiedenen Netze deutlich machen. Die Parallelen dieser Systeme liegen in der Absicht, alles Mögliche zu tun, um die Gedankenwelt des potentiellen Kunden negativ (Aufforderung zum Bruch) und positiv (Aufforderung, sich zunehmend zu engagieren) zu beeinflussen. Als Mittel zum Zweck dient die Aufwertung des Images, später große Versammlungen, bei denen die besten „Erfolge“ auf geschäftlicher Ebene hervorgehoben werden und das Markenzeichen aufgewertet wird. Es handelt sich hier um die Ausnutzung dessen, was als „emotionelle Intelligenz“ bezeichnet werden kann, die Menschen sowohl zum „Bruch“ als auch zur „Verschmelzung“ bringen kann. Die emotionelle Auswirkung muss so stark sein, dass die durch den Vertriebshändler geworbene Person überzeugt werden kann, dass es einen alternativen und wundervollen Weg gibt, der geeignet ist, um alles im Leben desjenigen oder derjenigen zu verändern, der/die sich bereit erklärt, in das „Netz“ einzusteigen. Im Folgenden werden die Etappen beschrieben, die der Akquisiteur, gleichzeitig lokaler oder regionaler Delegierter des Netzes, gegenüber seinen zukünftigen Verbrauchern und Vertriebshändlern entwickelt:

Erste Etappe Eine Gelegenheit, für sich und die anderen ein neues Leben zu schaffen. Über das eigentliche Ziel hinaus, also den Verbraucher, der seine Zusage für ein Informationstreffen gibt, (auf das sehr bald weitere Treffen folgen), ist in der Tat das familiäre und berufliche Umfeld von Interesse. Dieses Umfeld „spielt mit“ oder tut es nicht. So entsteht eine Kluft zwischen denen, die „mitspielen“ und denen, die es ablehnen. Es besteht "die Wahl“ zwischen denen, die „nichts sehen und ändern wollen“ (abzuwertende Personen), denen, die einen besseren Weg zu kennen glauben (Träumer) und denen, die der durch die Multi-Level-Verkaufsgesellschaft vermittelten „Lösung“ zustimmen.

Die MLM-Gesellschaft bietet also die Möglichkeit, eine Geschäftstätigkeit für das ganze Leben einzurichten (welches Unternehmen der Marktwirtschaft kann schon solch ein Angebot machen?), die sogar von Generation zu Generation als wesentliches Gut für die Familie und die Angehörigen weitergegeben werden kann. Das Argument ist Folgendes: es ist in keinster Weise notwendig, das Konzept durch weitere Kommentare zu verschönern. Die charakteristischen Aussagen und Bilder des Konzepts reichen aus, um die Menschen zum nachdenken zu bringen. Im Rahmen dieses ersten Schrittes stellt sich der Animateur vor, ohne eine wirkliche Biographie auszubreiten.

Zweite Etappe Diese Etappe dient dazu, eventuelles Zögern der Zielperson auszuräumen, die sich über die Gründe ihrer Anwesenheit (sie ist auf eine oft drängend formulierte „Einladung“ eines „Paten“ hergekommen) und über das Fragen stellt, was das Treffen an unerwarteten und eventuell verpflichtenden Ereignissen mit sich bringt. Der Animateur gibt den Rahmen und Anhaltspunkte vor, damit sich jeder wohl fühlt und den Sinn des Treffens versteht. Seine Aufgabe besteht darin, die für alle Teilnehmer wichtigen Gründe anzugeben und Antworten auf das Streben jedes einzelnen zu geben: - ein zusätzliches Einkommen, den meisten Persönlichkeitsprofilen gemeinsames Anliegen; - die Gesundheit der Familie (wichtig für Personen, die sich um ihre Familie und ihr Privatleben sorgen und womöglich Produkte kaufen, um sie an ihr Umfeld weiterzugeben. Sie gelten als Personen, die Energie und Geld brauchen, um ihre Familienpflichten und ihre Beschützerrolle zu erfüllen); - die Möglichkeit, die Zukunft zu sichern, eine Haltung, die charakteristisch ist für diejenigen, die viele Fragen stellen, weil sie „alles verstehen müssen“, die Initiative ergreifen und das in ihren Augen notwendige unternehmen, um Stress und Sorgen zu umgehen. Für diese Menschen müssen Zahlen und Details zur Verfügung stehen; - eine verlockende Information zur geschäftlichen Chance, die denen angeboten wird, die bereits verstanden haben, dass es nicht nur darum geht zu kaufen und zu werben, sondern zu verkaufen und Kunden zu werben; - das Bild der Herausforderung für diejenigen, die sich als „joyfull winners“ sehen.

Dritte Etappe Unter Berücksichtigung der vielfältigen Profile der Zielpersonen, die zum Informationstreffen eingeladen wurden und in der Folge an Treffen und Trainingsseminaren, Weiterbildungstreffen und Veranstaltungen für den Aufstieg in die Rangstufen der Multi-level-Geschäftsarchitektur teilnehmen,

geht es nun darum, eine Situation auszumalen, die einer Verbesserung der Lebensumstände entspricht, Erfolgsversprechen hinsichtlich der materiellen, moralischen, persönlichen und beruflichen Situation zu äußern, in denen jeder einzelner sich wieder finden kann: - man kann eine bessere Zukunft erreichen, indem man seiner Familie mehr Zeit opfert (was im paradoxen Gegensatz zu tatsächlich an den MIVILUDES wiedergegebenen Fällen steht, die über einen Bruch mit der familiären Umgebung, aufgrund eines übereifrigen Engagements innerhalb des Netzes berichten) und indem man höhere Einkünfte erreicht (was im Gegensatz zur materiellen und finanziellen Situation der Vertriebshändler der Grundstufen steht); - ein gesünderes, sogar längeres Leben führen; - ein besseres persönliches Gleichgewicht erreichen und den Stress vermindern; - seine Zukunft besser verwalten.

Vierte Etappe Für den Moderator und die Animateure der höheren Integrationsstufen besteht der Zugang zum Inhalt der „angebotenen“ Geschäftstätigkeit darin, die Dimension und Reichweite der Lebensveränderungen darzustellen, die der zukünftige Vertriebshändler aufgrund seiner Entscheidung für die ihm angebotene „geschäftliche Chance“ natürlich erfahren wird: eine außergewöhnliche und spannende Tätigkeit, ein Geschäft, das sich einzig aufgrund der Rekrutierungs-, Aufstiegsund Beteiligungsmechanismen entwickeln kann (Bemessungsgrundlagen einer theoretischen Vergütung sind die schlagenden Argumente), die Lösung von Geldnöten, der „unschätzbare Wert des Wohlseins“ und das Aufkommen eines „Glaubens an das Wohlsein“.

Fünfte Etappe Die vorgeschlagene radikale Veränderung entspricht den Herausforderungen des modernen Lebens: Jedermann kennt oder kannte Schwierigkeiten, seine Zeit zu verwalten, Probleme mit beruflichen Zwängen, die Störungen und Stress bedeuten, Diäten, Schlafstörungen, Beziehungsprobleme… Es wird festgestellt, dass zahlreiche Bereiche in dem Maße fortentwickelt wurden, dass sie spezifische Märkte, wie den der Telekommunikation, der gesunden Ernährung, der Gesundheit, der Freizeitaktivitäten, übersättigt haben. Es geht also darum, zugleich mit dieser übersättigten Welt und der Dichotomie Verbraucher-wirtschaftlicher Akteur (Produzent, Geldgeber, Vertreiber) zu brechen. Das Ziel: das „alles in einem“ erreichen.

Sechste Etappe Die These wird aufgestellt, dass es eine „Chance für das Leben“ gibt. Sie entspricht dem Bedürfnis nach sozialem und persönlichem Erfolg, nach Stressreduzierung oder -Abschaffung, dem Streben, sein Leben zu „managen“. Für alle liegt die Antwort in der Integration in ein Multi-LevelVerkaufsnetz, weil die Integration aller Facetten des Lebens in ein übergreifendes alternatives System Zeit- und Energieersparnisse ermöglicht und die Kosten für den Aufbau einer lukrativen Berufstätigkeit und der Verwaltungsaufwand (oft außerhalb der juristisch geregelten Bereichen) reduziert werden. Alle folgenden Etappen sind viel versprechend: Die Kundenwerbung beginnt im Familien- und Freundeskreis, wird dann auf das berufliche Umfeld erweitert, um schließlich auf Vertreter anderer vergleichbarer Verkaufsgesellschaften der Konkurrenz abzuzielen (Wellness, Gesundheit und Persönlichkeitsentwicklung sind Marktbereiche, die noch lange nicht gesättigt sind!). Zu diesem Zeitpunkt des Fortschritts in Richtung Integration des Neuankömmlings ändert sich der Ton, der mit der Zeit noch deutlicher und schärfer wird: „Ihren Erfolgsaussichten sind keine Grenzen gesetzt. Ihre Bemühungen und Ihre Hingabe werden es Ihnen ermöglichen, Ihre Chancen auf nationaler und internationaler Ebene zu konkretisieren. Es geht um eine Chance für das Leben, die in einem Produktkatalog steckt, dessen Potential, das Leben der Menschen zu verändern, unbegrenzt ist. Noch dazu ist er mit der besten geschäftlichen Chance, die es gibt, verbunden“.

Siebte Etappe Es folgt nun der Zeitpunkt, zu dem die Gesellschaft vorgestellt wird, so auch ihr Gründer, dem alle Qualitäten zuteil werden, die später als unantastbare Anhaltspunkte für die Bestimmung eines „integren Verhaltens“ innerhalb des Netzes genutzt werden. Der Gründer wird als derjenige dargestellt, der den Neuankömmling im Netz auf eine wesentliche Schwierigkeit des Lebens gestoßen hat, die dank der ihm angebotenen Lösung überwunden werden konnte (Einfallsreichtum wächst in der Not). Die Gesellschaft weist eine ausreichende Lebensdauer auf, um Stabilität und Wachstumspotential zu bezeugen. Dies gilt auf internationaler Ebene (auch wenn verwaltungstechnische und rechtliche Schwierigkeiten dazwischen kamen), seltener in Frankreich, wo sich das Konzept so schnell entwickelt, dass die potentiellen Kunden über keinerlei Anhaltspunkte verfügen. Der Erfolg der Gesellschaft ist mit der Tatsache zu erklären, dass immer mehr Personen das Konzept (der Wellness oder der Persönlichkeitsentwicklung) brauchen, um ihr Leben „positiv zu beeinflussen“.

Achte Etappe Das Netz hat ein Kapital an Glaubwürdigkeit und Bekanntheit angesammelt, insbesondere, wenn es gelungen ist, in das Panel der Geldgeber einzudringen (es werden dann Namen privater ausländischer Universitäten oder Forschungszentren genannt, zu deren Dokumentation das Netz natürlich Zugang hat). So entsteht die Verbindung zwischen dem Streben nach einer Verbreitung des Wohlseins, Argument im Dienste einer „auf einige wenige Grundprinzipien gegründeten Philosophie“ und urheberrechtlich geschützten Konzepten, auf die Fortbildungen, individuelle Fortschritte und Anreize zur Intensivierung des Verkaufs und der Werbung sowie die Forderung nach "interner Werbung“ aufbauen. Im Rahmen dieser Verflechtung kann der „Aufbau eines Abhängigkeitsverhältnisses“ seinen Anfang nehmen. Der Schlüssel dieser „Philosophie“ wird als ein einfaches Gleichgewicht dargestellt, als ein Konzept, das jeden anzieht und jedem gefällt und das jeder, soweit er ehrlich und integer ist, erreichen möchte. Nur dadurch, dass sie diese Prinzipien auf sich selbst bezogen haben und den Begriffen der Ehrlichkeit und Integrität den Sinn gegeben haben, den sie im Rahmen der Entwicklung des Multi-Level-Marketing-Netzes als Ziel ansahen, haben die Gründer die Ebene erreicht, auf der sie nun ein jeder sieht.

Neunte Etappe So dient die „energische Vision“ der Leiter als Richtschnur, damit jeder diese „Vision“ erreicht, die nun datiert werden muss. Nehmen wir eine Kundenwerbung im Jahr 2007 an, für die eine "Vision 2010“ aufgestellt wird. Der Zeitraum ist für alle greifbar, die Herausforderungen fassbar, der Druck auszuhalten und die Ziele im Hinblick auf das Fortschreiten in der Rangstufenordnung quantitativ leicht zu erfassen. Diese Vision kommt Millionen von Personen zu Hilfe und bildet eine „Weltdynamik“, für all diejenigen, die es betrifft.

Zehnte Etappe In dieser Etappe wird der ideale Ort für die Produktwerbung in den Vordergrund gestellt, denn er ist der Startpunkt für das Engagement als Vertriebshändler, als Nutznießer einer „geschäftlichen Chance“ im Rahmen des Erreichens eines neuen Lebens dank einer „Chance für das Leben“. Dieser ideale Ort ist der Wohnort, denn hier kommen Privat-, Familien- und Berufsleben zusammen. An diesem Ort können am besten die positiven Auswirkungen auf unser Wohlsein empfunden werden. Die Menschen brauchen das Beste für sich und ihre Familien. Zuhause sind sie am empfänglichsten. Das ist, was das Geschäftsnetz bietet und das ist „die Botschaft, die sie glauben und unterzeichnen sollen“. Das beste Produkt des

Netzes ist die Geschäftstätigkeit selbst. So entsteht von vorn herein eine Verwirrung bezüglich des Statusses des Kunden und des Vertriebshändlers. Kunde und Vertriebshändler können und sollen die gleiche Person sein. Diese Tätigkeit kann eben den Unterschied bringen, der das Leben verändern wird, kann aber auch für manchen unpassend sein. Es geht darum, die niedrigen Betriebskosten zu nutzen, die aufgrund der Heimarbeit als Vertriebshändler ohne Arbeitsvertrag so gering sind. Einzige vertragliche Festlegung ist ein „Vertrag über die Geschäftschance“ (so eine der häufig zu findenden Bezeichnungen). Individueller Fortschritt und fast zwangsläufige Integration werden durch das Durchsetzen der Idee vermittelt, dass dieses Geschäftssystem ermöglicht, ohne die lästigen Zwischenhändler auszukommen – Großhändler, Zwischenhändler, Einzelhändler, Verkaufsgesellschaften per Versand oder Internet. So kann der „zukünftige Kunde-Vertriebshändler“ Teams von Produktnutzern (angefangen mit seiner Familie, seinen Arbeitskollegen, seinem Freundeskreis) und von Unternehmensgründern, als Verbindung zwischen Hersteller und Verbraucher, bilden. So entsteht eine besondere Gruppe von Personen, die exklusive Produkte nutzen (und diese Gruppe aus dem ursprünglichen Umfeld eventuell ausschließen können). Diese exklusiven Produkte werden von begeisterten Nutzern geteilt, die sie ihren Bekannten empfehlen werden.

Elfte Etappe Was gewinne ich dabei, wenn ich mein Leben fast bis zum Umbruch verändere? Die Promoter des Netzes stellen dann Zahlen vor. In den Ausbildungssitzungen für Promoter wird erklärt, dass „keiner angezeigte Zahlen lesen kann“ und es nicht einmal notwendig ist, das Vergütungssystem während des Informationstreffens zu erklären. Die Botschaft, die vermittelt werden soll, ist die, dass das Programm jedem etwas bringen kann. Dann kehrt man zurück zu den errechneten Gewinnen: keine Zwischenhändler, also ein Zahlungssystem das garantiert, dass das Geld an die „Vertriebshändler“ oder „Berater“ für Wellness und Persönlichkeitsentwicklung geht. Diese Gelder vergüten sowohl Vollzeit- als auch Teilzeitarbeit. Hier deutet sich der Gedanke an, dass es eines Tages notwendig werden könnte, in Vollzeit zu arbeiten, also seine Stelle aufzugeben. Das Potential wird als grenzenlos dargestellt. Dann kommt die Frage, ob es eine Altersbegrenzung gibt. Die meisten Gesellschaften dieser Art bestimmten ein Mindestalter (in allen Niederlassungsländern entspricht es dem Alter der Volljährigkeit), geben aber gleichzeitig an, dass es nach oben keine Altersgrenze gibt, also keine „Rentenproblematik“. Hier taucht dann die Frage nach der Art des Vertrages auf, der die Personen der verschiedenen Ebenen bindet. Es wird festgestellt, dass es sich weder um einen Arbeitsvertrag, noch um einen Geschäftsvertrag handelt, sonder um eine „Geschäftschance“. Bezüglich des freien Zugangs zum Netz wird oft darauf hingewiesen, dass „Frauen ebenso viel Erfolg haben wie Männer“

und dass „Erfolg unabhängig ist von religiösen Überzeugungen und ethnischer Abstammung".

Zwölfte Etappe Diese ist die Etappe, bei der gezeigt wird, dass jeder Teammanager oder Unternehmensleiter werden kann. Diese Beweisführung beruht auf der Annahme, dass die Entwicklung von Teams und ihre Unterstützung (das heißt die Erweiterung der Basis aus Verbrauchern, also zukünftigen Vertriebshändlern) zu einer merklichen Zunahme der monatlichen Einkünfte führt, nicht nur dank des „persönlichen Bonus“, sondern auch aufgrund des „Teambonus“. Es folgen dann sorgfältig ausgesuchte Erfolgsbeispiele, die von „sofortigen“ Ergebnissen zeugen und nicht über einen langen Zeitraum verteilt sind. Es geht darum „etwas Starkes zu schaffen, das jeder versteht“, auch wenn dafür die Geschichten der als Beispiele dienenden Personen umgeschrieben werden müssen.

Dreizehnte Etappe Nun kommt der Moment, in dem die Verpflichtungsmodalitäten, einschließlich der Etappen der „Ausbildung“ und der „Unterstützung“ beschrieben werden. Zu diesem Zeitpunkt rühmt der Vertreter des Netzes die Verdienste der „Tätigkeiten“ und der „Ethik“ des Netzes. Das Netz unterstützt jeden und vor allem denjenigen oder diejenige, welche/r den Zuhörer zum Informationstreffen geleitet hat. Der zukünftige Rekrut kann also voller Vertrauen sein. Die angebotenen Fortbildungen bilden eine unzertrennliche Einheit. Sie werden meistens mit dem Ziel erarbeitet, den Zuhörer so bald wie möglich in das Netz zu integrieren. Er soll sich sofort eintragen, unabhängig davon, ob er am gleichen Abend den "Vertrag" unterzeichnet oder nicht. Dieser Vertrag wird meistens nicht als solcher bezeichnet, sondern als "Dokument über die Geschäftschance“ oder ähnlich. Die erste „Fortbildung“ dient nach Aussage der Netze dazu, „zu lernen, sich von seinem alten Ballast zu befreien“, mit seiner Geschichte und seiner Vergangenheit zu brechen, sein Leben zu ändern. Denn möchte die Person sich nicht ändern, wird sich auch nichts ändern. Diese bestimmende und unumgängliche Ankündigung ist der Zeitpunkt der Dramatisierung, die notwendig ist, um die Zustimmung des Zuhörers zu erhalten, um ihn dazu zu bringen, ein „Verpflichtungsdokument“ zu unterzeichnen, das meistens vertraglich gesehen wertlos ist, erste Produkte zu bestellen und sich auf dem Weg des Vertriebs zu begeben. Es wird nichts verlangt. Für die Beteiligten geht es darum, die Botschaft so zu vermitteln, dass dies die Gelegenheit schlechthin ist, sein Leben zu ändern, dass diese Gelegenheit womöglich nicht wieder eintrifft, dass „jeder frei entscheiden kann“.

Vierzehnte Etappe Der potentielle Kunde/Vertriebshändler wird in zwei Schritten gewonnen: Zuerst entdeckt er das „Wertesystem“, das auf folgendem Dreisatz gründet: - Das Netz ist vorrangig eine Chance für jeden, (die ergriffen oder verpasst werden kann) und die einzigartige Gelegenheit an einem Prozess der „Persönlichkeitsentwicklung“ teilzunehmen. Erst zweitrangig ist das Netz ein Geschäftssystem; - Ist man denen treu, die dem potentiellen Kunden diese einzigartige Chance geboten haben. Das Angebot abzuschlagen entspricht vielmehr einem Verrat an dem Paten, als einer Ablehnung eines Geschäftsangebots. Denn was zählt ist nicht der Konsum, sondern die Verbreitung der Idee des Wohlseins, deren grundsätzlicher Träger die Produktreihe ist; - Es ist die Möglichkeit, durch Treffen zwischen den verschiedenen Ebenen im Leben voranzuschreiten, einmalige Gelegenheiten, die großen Namen des Netzes zu treffen und vielleicht eines Tages sogar die Gründer, „denen jeder so viel verdankt“. Der Zugang zu den „Ebenen“, „Rangstufen“ oder „höheren Rängen“, also zu einem besseren Leben, ist ein stets wiederholtes Leitmotiv, das durch bildhaft dargestellte Ziele und detailliert ausgemalte Träume vermittelt wird (Reisen zu den „Top 10“, „Top 20“ oder „Top 50“, Fortbildungen zur Werbung von Vertriebshändlern, europäische und internationale Treffen mit den Leitern...), sowie durch finanzielle Beteiligungen, die nach einem sehr strengen Zeitplan verwaltet werden, so dass das Netz stramm organisiert gemanagt wird. So werden dem „Vertriebshändler“, dem dringend nahe gelegt wird, neue Fortbildungen wahrzunehmen und Werke sowie „Referenzsets“ zu erwerben, Sonderpreise angeboten, wenn er auf die Woche genau definierte Fristen einhält. Diese müssen genau der Zeitspanne entsprechen, die zwischen der Unterzeichnung des ersten "Vertrags" und der optimalen Vertrauensbildung liegt, die notwendig ist, damit der Vertriebshändler von sich aus annimmt, dass diese Fortbildung eine selbstverständliche und wesentliche Etappe ist. Dieses Prinzip gilt von Fortbildung zu Fortbildung. Darauf gründet das System zur Zunahme der finanziellen und zeitlichen Forderungen, die dem „Netzleben“ geopfert werden. Ebenfalls nach dieser Fortschrittslogik werden Schritt für Schritt Veranstaltungen eingestreut, die auf „psychologische Techniken“ aufbauen und regelmäßig zu Fragen an den MIVILUDES führen. Die Organisation und Reihenfolge der „Ebenen“, „Rangstufen“ oder „Ränge“ entspricht einem Kalender zur Nutzung von „psychologisch begründeten Konzepten“, deren Nutzung unumgänglich ist, damit das Fortschrittssystem akzeptiert wird. Ab einer bestimmten Ebene reichen die dem Vertriebshändler zugewiesenen „Punkte“ nicht mehr aus. Nun geht es für den Vertriebshändler darum, die Etappe der Werbung neuer

Vertriebshändler zu erreichen. Die erreichte Rangstufe entspricht der Anzahl an neu geworbenen Vertriebhändlern. Als Schlusswort dient die folgende Aussage, die dem interministeriellen Ausschuss gesendet wurde. Sie gibt ein anschauliches Bild des Risikos sektiererischer Machenschaften innerhalb dieser MultiLevel-Marketing-Netze: Alle Familienmitglieder, Freunde, Bekannte, wenn vorhanden, haben den seltsamen Charakter dieses Systems erkannt. Nur Sie nicht. Bevor Sie in das Netz eingetreten sind, fühlten Sie sich verloren und wertlos. Nachdem Sie es verlassen hatten, fühlten Sie sich erbärmlich. Sie befinden sich in einer Zwickmühle. Einerseits wurde Ihre eigene Glaubhaftigkeit gegenüber fast allen, die sie kontaktiert haben, vollkommen vernichtet, andererseits fühlen Sie sich schuldig gegenüber dem Netz, der Gesellschaft, dem Paten, der Führungsperson, die Sie verraten haben und die sie als „Abtrünnigen“ und als jemanden – wenn nicht sogar als etwas ansehen, der entsetzlich und verlogen ist. Sie können weder Ihre Klarsichtigkeit, noch den Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen geltend machen, denn sie werden weder durch ein gewonnenes Gerichtverfahren noch durch die Erkennung Ihrer Aussage in all ihrer Reichweite, insbesondere hinsichtlich des Merkmals des „Vertrauensmissbrauchs“ untermauert“. Und weiter steht in dieser gleichen Aussage: „Ich verstehe nun besser das Zögern anderer Arten von Opfern, die heute als solche anerkannt werden, eine Klage zu erheben und die Schwierigkeit, glaubhaft zu sein“.

Mit bestimmten Coachingmethoden in Unternehmen verbundene Risiken Die „Organisationskonstellationen“ oder „Unternehmenskonstellationen“, die auf dem Markt der Angebote im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung und in nicht unerheblichem Maße im Bereich der beruflichen Fortbildungsmaßnahmen im Laufe der letzten Jahre erschienen sind, weiten sich heutzutage enorm aus, eine Tatsache, die den MIVILUDES nicht unberührt lassen kann. Diese Konstellationen entspringen einem scheinbar älteren Konzept, das zur Lösung von „zwischenmenschlichen und familiären Konflikten“ genutzt wurde und besser bekannt ist unter der Bezeichnung „familiäre Konstellationen“ oder „systemische Konstellationen“. Immer häufiger sind Verbindungen und Verflechtungen von „familiären Konstellationen“, „Organisationskonstellationen“ und „BioGenealogie“ zu beobachten. Obwohl es nicht zur Aufgabe der vorliegenden Studie gehört, über die Philosophie der Doktrin oder den Inhalt ihrer Methoden zu urteilen, ist der MIVILUDES dennoch der Ansicht, dass es notwendig ist, die Öffentlichkeit zu alarmieren über die Gefahren, die eine unangemessene Anwendung einer Praktik hervorrufen kann. Leider wurde dies durch Aussagen von Opfern bestätigt. Die Berichte dieser Personen schildern Entgleisungen, die bei der Anwendung einer Doktrin und mittels Praktiken verübt wurden, die Sektentätigkeiten charakterisieren. Im Allgemeinen kritisieren Opfer und ihre Familien nicht in erster Linie die Methode oder Entgleisung, zu denen eine falsch angewandte Praxis geführt hat, sondern insbesondere die Weigerung ihrer Gesprächspartner, die tatsächliche Existenz eines Risikos und dieser Entgleisungen, sogar wenn sie erwiesen sind, wahrzunehmen. Sie bedauern das absolut mangelnde Verständnis und Mitgefühl für diejenigen, die Opfer von unvorsichtig und unkontrolliert durchgeführten Versuchen wurden.

Daher ist es notwendig, dass der MIVILUDES, unter Berücksichtigung der Informationen, die er durch die Staatsbehörden (Nachrichtendienst, Generaldirektion für Beschäftigung und Berufsbildung (DGEFP)) erhalten hat und einer Gerichtsentscheidung vom Mai 2004 (Urteil 390/04 des Landgerichts (Tribunal de grande instance) Foix vom 18. Mai 2004) die Entwicklung dieses Phänomens und seiner vielfältigen Anwendungen bei natürlichen und juristischen Personen überwacht. Diese Rechtsprechung beleuchtet in der Tat auf sehr interessante Art und Weise den Kontext der Entstehung, der Entwicklung und der Anwendung dieser Konzepte der „systemischen Konstellation“ und der „Organisationskonstellation“ in Frankreich, umso mehr, da zwei der Gründer der „französischen Vereinigung der Praktiker der systemischen Konstellation“ (FFPCS) eben die am 18. Mai 2004 Verurteilten sind, die aufgrund von „Missbrauch eines Titels, eines Diploms oder einer Eigenschaft“, „täuschende oder irreführende Werbung“ und „Betrug hinsichtlich der Art, der Qualität oder des Ursprungs einer Dienstleistung“ in Bezug auf den einen und wegen „täuschender oder irreführender Werbung“ und „Betrug hinsichtlich der Art, der Qualität oder des Ursprungs einer Dienstleistung“ hinsichtlich des anderen bestraft wurden. Bevor über die Ursprünge und die Geschichte der Entwicklung und praktischen Anwendung dieser Konzepte und Methoden gesprochen werden soll, ist es notwendig, die Urteilsgründe dieses Referenzurteils präsent zu haben. Bezüglich der unberechtigten Nutzung eines rechtlich festgelegten Berufs, eines offiziellen Diploms oder einer Eigenschaft, die durch Behörden vergeben wird, ging es in diesem besonderen Fall um „die Nutzung des Titels, des Diploms und der Eigenschaft des Psychosoziologen“. Bezüglich der täuschenden oder irreführenden Werbung sollte, weil es einen scheinheiligen Modus operandi verrät, angemerkt werden, dass das Urteil unterstrich, dass die besagte Werbung „falsche Behauptungen enthielt, die bezüglich der Qualität der Dienstleister irreführend waren, da die Beschuldigten sich als Vertreter eines durch Stellen der beruflichen Weiterbildung anerkannten Europäischen Instituts der Neuen Psychologischen Lösungen vorstellten“. Obwohl seit diesem Urteil die Eintragung (nicht aber die Genehmigung) des Europäischen Instituts der Neuen Psychologischen Lösungen IENSP-Lienspsy hinfällig ist, kann das Argument der Zulassung durch Stellen der beruflichen Weiterbildung, wie der MIVILUDES feststellen musste, immer noch von den Praktikern der „systemischen Konstellation“ angebracht werden. In der Tat gibt es noch eine zweite, von einer der zwei verurteilten Personen geleiteten Organisation, welche die gleichen Methoden anwendet und immer noch als Einrichtung der beruflichen Fortbildung durch die zuständigen Behörden der Region Midi-Pyrénées zugelassen ist.

Bezüglich des Betrugs ist es entscheidend anzumerken, dass dieser auf der Tatsache beruhte, dass der Kunde, im vorliegenden Fall eine öffentliche Einrichtung, irregeführt worden war hinsichtlich „der Art der Dienstleistung, im vorliegenden Fall ein durch eine nicht zugelassene Einrichtung angebotenes Praktikum der beruflichen Weiterbildung“. Heute bieten die gleichen Dienstleistungseinrichtungen weiterhin ihre Dienste an Unternehmen „in Verbindung mit anderen Werkzeugen wie dem Psychodrama und dem Coaching“ (Programmvorstellung zum zweiten frankophonen Kongress für systemische Konstellation, geplant für den 28. und 29. April 2008). In Organisationen und insbesondere in Unternehmen angewandt, zielen die verschiedenen Formen der „Organisationskonstellationen“, nach Aussage der in diesem Rahmen tätigen und diese Konzepte verbreitenden Beratern darauf ab, einen Prozess in Gang zu setzen, der bei der Suche nach Antworten auf Probleme im Bereich der Managementstrategie, des Konfliktmanagements, des interkulturellen Managements und des Veränderungsmanagements unterstützend wirkt. Diese Methoden sollen auch: - Mängel auf Ebene der Verwaltungskapazitäten aufdecken; - ermitteln können, ob das Unternehmen sich Ziele setzen kann, oder wegen interner Schwierigkeiten blockiert bleibt; - darauf hinweisen, ob Entlassungen angebracht sind oder nicht; - aufzeigen, ob die Leitungsebene eines Unternehmens frei entscheiden kann oder nicht. Für viele Berater im Bereich dieser "Managementkonzepte" kann ein Unternehmen als System verstanden werden, aufgebaut wie ein „biologisches System“. Da das Unternehmen angeblich eigenen Funktionsregeln unterliegt, (die nicht näher beschrieben werden), deren Einhaltung der Garant für das Gleichgewicht im Bereich der Produktivität, der Kommunikation und des Erhalts eines "guten Arbeitsklimas" ist, bewirkt das Missachten dieser Regeln (die von manchen Praktiker auch als „Gesetze“ bezeichnet werden) durch die Männer und Frauen, die das System bilden, zahlreiche Störungen: - Produktivitätsverlust; - Funktionsstörungen in der Hierarchie; - Stress und Beziehungsprobleme. Vertreter dieser „Methode“ und dieser „Praktiken“ behaupten, dass es Prinzipien und Ordnungen gibt, eigentlich "gestörte Ordnungen", die im Rahmen von „Unternehmenskonstellationen“ mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit aufgedeckt werden können. In der breiten Öffentlichkeit und bei leitenden Angestellten ist eine Begeisterung für diese Konzepte und Praktiken zu vernehmen, die parallel

zu Managementangeboten und Angeboten im Bereich der "Persönlichkeitsentwicklung“ ihren Platz auf dem Markt finden. Die augenscheinliche Originalität der Methode und das Interesse seiner Vertreter für interne Funktionsstörungen der Unternehmen und Einrichtungen hat ein Eindringen dieser Maßnahmen in öffentliche und private Arbeitsorganisationen zur Folge, Vermittlungen und Schiedsverfahren werden zur Priorität oder sogar zur Aufgabe. Die meisten Seminare und Fortbildungslehrgänge, die auf Methoden der „Organisationskonstellation“ gründen, zielen auf ein Publikum mit verantwortungsvollen Posten ab: - Unternehmer auf der Suche nach einem neuen Management- und Leitungswerkzeug; - Personen, die innerhalb ihres Unternehmens oder ihrer Einrichtung Entscheidungen zu treffen haben oder ein Team leiten müssen; - Unternehmensberater und Coachs, die ihre Kompetenzen steigern möchten; - Personen, die „familiäre Konstellationen“ entdeckt haben und ihr Blickfeld auf verschiedene Konstellationsformen erweitern möchten; - Personen, die ein Problem im beruflichen Bereich lösen möchten. Das Aufkommen von Netzen mit enormem Wachstumspotential und die Niederlassung zahlreicher Praktiker der „Bio-Genealogie“ und der „Konstellationen“ sollten zu einer erhöhten Aufmerksamkeit hinsichtlich der eventuellen negativen Auswirkungen für Patienten und Nutzer dieser Methoden führen. Die Bezeichnung systemische Konstellationen wird als Überbegriff für Konzepte der „familiären Konstellationen“ und der „Organisationskonstellationen“ gebraucht. „Familiäre Konstellationen“ richten sich an Personen und Familien, die eine Therapie oder eine Betreuung in Folge von persönlichen Problemen wünschen. „Organisationskonstellationen“ richten sich an Organisationen und geben vor, sich für die Systeme aller nicht familiären Organisationsformen, insbesondere im Bereich der Arbeitswelt, zu interessieren (Unternehmen aller Größen, Institutionen, Verwaltungen). Die ungeheuer schnelle Zunahme der Anzahl an Praktikern der „systemischen Konstellationen“ und die Vervielfältigung der bei der Anwendung dieser Praktiken angewandten Konzepte führt einige dieser Praktiker dazu, sich Fragen über den genauen Ursprung dieser besagten Konzepte zu stellen, umso mehr, da die angestrebte Nutzung zweigleisig ist: „psychotherapeutische Praktiken“ und „Persönlichkeitsentwicklung“. Weit verbreitet ist die Meinung, dass das Konzept der familiären Konstellationen auf die Arbeiten von Virginia Satir, die das „Mental Research Institute“ (Palo Alto, USA) in den Jahren um 1960 leitete, und insbesondere

auf Bert Hellinger zurückzuführen ist, der von den Praktikern dieser Methoden als „Philosoph, Theologe, Psychoanalytiker, Anhänger der Jungschen Prinzipien“ dargestellt wird, „der während seines sechzehn Jahre währenden Aufenthalts in Südafrika die Verbindung der Zulus zu ihren Ahnen untersuchte“. Virginia Satir (1916-1988), Staatsbürgerin der Vereinigten Staaten, besaß ein „Bachelor of Art“ der Universität Wiskonsin (1936) und ein M.A. der Universität Chicago, den sie zwölf Jahre später erhielt. Von 1978 bis 1986 bekommt sie mehrere Ehrendoktortitel der Sozialwissenschaften. Sie bildet Familientherapeuten aus und gründet 1958 das Team des "Mental Research Institute" (Palo-Alto-Schule). Innerhalb dieses Instituts beschäftigte sie sich vorrangig mit Familien- und Fortbildungsfragen. Bereits zu dieser Zeit brachte sie ihre berufliche Herangehensweise dazu, sich mit Mikrostrukturen wie der familiären Zelle und mit Makrostrukturen wie sie Unternehmen und allgemeiner gesehen, der berufliche Kontext im Leben der Menschen, aufweisen, zu befassen. Seit ihrem Tod wird ihr Werk von der Organisation "The Virginia Satir Global Network" (VSGN) verwaltet, dessen wesentliche Aufgabe es ist, den Fortbestand des Werkes und den Schutz der mit dem Werk verbundenen Rechte zu sichern, einschließlich aller Bücher, Techniken, Methoden, Konzepte und anderer von ihr entwickelten Fortbildungswerkzeuge. Es handelt sich also vorrangig um ein Netz zum Schutz der Eigentumsrechte und zur Überwachung der Nutzung der besagten Werkzeuge in den Vereinigten Staaten und in allen Ländern, in welchen das Netz ansässig ist. Tochterinstitute und –Organisationen des „Virginia Satir Global Network“ sind auf allen Kontinenten vertreten. In Europa gibt es aktuell zwei, eins in der Tschechischen Republik, das andere in der Slowakischen Republik. Drei Tochterorganisationen sind dem „VSGN“ bekannt und dort eingetragen, davon zwei in San Salvador, die „Agapè Sister Organization“ und die „Nueva Acropolis Sister Organization“. In seiner „Beschreibung der menschlichen Kategorien“ definiert David Gordon die wesentlichen Charakteristiken der von Virginia Satir entwickelten therapeutischen Konzepte und Techniken, so wie sie die Frau verstand, die immer noch als die Vorläuferin der Therapeuten und Praktiker der „familiären Konstellationen“ und „systemischen Konstellationen“ gilt. - Der „Beruhigende“ versucht zu gefallen, Zustimmung zu erhaschen, denkt er wäre zu nichts gut und schulde jedem etwas, er nimmt eine flehende Haltung an; - Der „Anklagende“ hält sich für besser als andere, macht ihnen Vorwürfe, zeigt eine angespannte Physiologie und eine anklagende Haltung; - Der „Ordnende“ ist sehr korrekt und vernünftig. Sein Körper scheint trocken

und aufgespalten, sein Wortschatz ist abstrakt. Seine Haltung ist durch eine Wirbelsäule gekennzeichnet, die steif wie eine Stahlstange wirkt; - Der „Verflüchtigte“ antwortet nie auf angemessene Art und Weise. Er bewegt seinen Körper, seinen Mund usw. Jede dieser Personen verstärkt das mangelnde Selbstwertgefühl eines Individuums; - Der „Ebnende“ ist kongruent, seine verbale und non-verbale Kommunikation stimmen überein, sein „Selbstwertgefühl“ ist kaum gefährdet. Innerhalb dieser fünf Kategorien hat nur der Ebnende die Fähigkeit, Brüche zu kitten, Sackgassen zu öffnen oder Brücken zwischen Menschen zu bauen. So lässt sich die therapeutische Herangehensweise von Virginia Satir, nach Ansicht David Gordons, aufgrund der oben beschriebenen Kategorien definieren: - „Die Klage einer Person funktioniert wie eine Polarität zwischen dem, was sie erlebt und dem, was sie erleben möchte“. Jeder Bestandteil wird einer der Kategorien von V. Satir zugewiesen. Eine sehr direkte Art, die dem Erlebten zugeordnete Kategorie zu definieren, besteht darin, zu fragen: „Was empfinden sie bewusst, wenn Sie das sagen?" Die Antwort liefert die Information, so zum Beispiel: „Ratlosigkeit (Beruhigender)", „Wut (Anklagender)“, „Nichts (Ordnender)“, „Wie bitte? (Verflüchtigter)“; - Der erste aus diesen Kategorien gezogene Vorteil ist der, dass die Geschichte für den Kunden bedeutungsvoller wird. Der zweite Vorteil ist die Förderung eines Veränderungsprozesses. Die Personen lösen ihr Problem nicht, weil sie nicht wissen, wie sie vorgehen sollen. Die Schwierigkeit liegt also im Kommunikationsstil und nicht im Inhalt. Die Hilfe tritt durch einen Wechsel der Kategorie ein“. Nach Ansicht des gleichen Autors verhelfen diese Kategorien darüber hinaus dazu, Veränderungen auf einer anderen Ebene als die der Grundgeschichte herbeizuführen. Um die Änderungen der „Satirischen Positionen“ in eine Metapher zu fassen, müssen zuerst alle Hauptpersonen der Geschichte anhand der von ihren Gegenspielern in der „realen“ Situation genutzten Kommunikationsmittel charakterisiert werden. Danach muss so vorgegangen werden, dass die in der Auflösung stattfindenden Veränderungen auf angemessene Kategoriewechsel beruhen. Sobald die „Satirischen Positionen“ der für das Problem bedeutenden Personen oder Parteien definiert sind und die Strategie für die Kategoriewechsel bestimmt ist, muss dies nur noch auf die Beschreibung der Personen oder Tätigkeiten übertragen werden. Die meisten Praktikernetze, welche Ausbildungen zu systemischen Konstellationen und ihrer Nutzung entwickeln, gehen von einer Verbindung

zwischen Virginia Satir und Bert Hellinger, anerkannter Gründer dieses Konzepts, aus. Diese Verbindung ist jedoch nicht gesichert, so dass zahlreiche Anbieter dieser Methode dies bei Kontroversen zu diesem Thema verwerfen. Dennoch ist bewiesen, dass Bert Hellinger, 1969 nach Deutschland zurückgekehrt, nachdem er als „missionarischer Lehrer“ in Südafrika tätig war, in Wien eine Ausbildung zur Psychoanalyse genossen hat. Er entdeckte die „Primaltherapie“, welche nach der Hellinger-Schule von Paris als ein starker Ausdruck von Gefühlen angesehen wird, dann die „Transaktions-Analyse“, die „Inszenierungs-Analyse“, die „Familientherapie“ und lernte die Arbeit mit „Familienskulpturen“ kennen, anders gesagt, die Herangehensweise mit den mit Viginia Satir in Verbindung stehenden „Kategorien“. Die Arbeiten von Bert Hellinger sind heutzutage ebenfalls umstritten. Dieser Umstand bremst jedoch die Ausbreitung der Praktik der „Konstellationen“ weder im Bereich der „persönlichen Therapie“ und noch weniger im Bereich der „Gruppentherapien“. Unbestrittenerweise gewinnt das Phänomen an Bedeutung. Der Modeeffekt macht sich auf erstaunliche Weise in der Berufssphäre breit, insbesondere innerhalb von Unternehmen und Institutionen. Die Methoden sind in der Tat umstritten, denn parallel zur Begeisterung macht sich, ebenfalls in Klubs und Unternehmensleiterkreisen, Kritik breit. Folgende Themen werden im Wesentlichen in Frage gestellt: - Die angewandten Methoden und Instrumente wurde zu keinem Zeitpunkt wissenschaftlich für brauchbar erklärt; - Die Akkreditierungsverfahren für Praktiker gelten als wenig glaubhaft; - Die Behauptungen bestimmter Praktiker, dass die Anwendung systemischer Konstellationen tiefe Störungen im Leben der Personen innerhalb einer einzigen Sitzung lösen könnte, wirken mehr als befremdlich. Umso mehr, wenn man feststellt, dass eben diese Praktiker ihre Dienstleistungen über einen langen Zeitraum verteilen, unabhängig davon, ob sie sich an natürliche Personen oder Unternehmen richten; - Es sollen sich ein Fall von Selbstmord und mehrere Fälle von Psychosen nach Anwendung dieser Methode ereignet haben. Welche sind die Grundprinzipien dieser umstrittenen Methode, die auf dem Markt der „Verhaltenstherapien in Gruppen“ immer präsenter wird? Vor ca. dreißig Jahren entwickelt, können das Konzept der familiären Konstellationen und die in der Folge für die verschiedenen Lebensformen innerhalb der Gesellschaft (Familien, Vereine, Unternehmen, Institutionen) entwickelten Methoden wie folgt beschrieben werden: Auf Einladung des “Aufstellers“, das heißt des Dienstleisters, tritt die von der Therapie betroffene Person in die im Rahmen der Sitzung gebildete Gruppe ein. Sie wählt mehrere Personen aus der Gruppe aus. Es handelt

sich vorrangig um eine Gruppentherapie, in der jedes Mitglied der Gemeinschaft (Familie, Unternehmen, …) dargestellt werden kann, in der sich das Problem, das die Person zur Therapie geführt hat, stellt. In einem Interview mit Bert Hellinger für die Zeitschrift „Nouvelle Clefs“, wird die Beschreibung der Methode wie folgt fortgeführt: Ohne ihnen etwas von sich zu sagen, stellen sie diese Menschen wie sie es möchten, aufrecht, mit herunterhängenden Armen, in den Kreis der Teilnehmer. Handeln Sie immer "nach Gefühl", fast in einem Zustand des Schlafwandelns, denken an nichts, achten nur auf das, was in Ihnen vorgeht. Dann setzen Sie sich und hören dem „Psycho-Konstellator“ zu, der jede der anwesenden Personen der so gebildeten „Konstellation“ befragt. So verrückt dies erscheinen mag, antworten diese Personen, die nichts über Sie oder Ihre Familie und Ihre Ahnen wissen, mit Aussagen, die auf Ihre Situation, Ihr Leben, Ihren Stammbaum zutreffen. Durch einen Teilnehmer eines solchen Workshops aufgefordert, seinen Vater darzustellen (es hätte genau so gut sein Bruder, sein Sohn, oder sogar seine Mutter oder seine Frau sein können, die Träger der Erfahrung sind geschlechtsunabhängig), haben wir angefangen, Gefühle und Emotionen zu empfinden, Wörter auszusprechen, Gesten auszuführen und Fragen auszudrücken, die wir nicht kontrollierten und die sich in eine interaktive Einheit einfügten, die aus vier, fünf, sechs, bis zu zwanzig Personen bestand, die sich in einem ähnlichen Zustand wie dem unseren befanden. Das Ganze gewann (in seinem folgenden Bericht) eine intensive Bedeutung für die Person, deren Problematik wir „aufstellten“, um eine möglichst harmonische Lösung zu finden…“ Das so geöffnete Blickfeld ist sehr überraschend und mit nichts anderem vergleichbar. Eins ist sicher: Der Intellekt interveniert nicht, jedenfalls nicht in einer lenkenden Funktion, es handelt sich um etwas Tieferes. Bert Hellinger spricht von einer Kommunikation „von Seele zu Seele“… Er führt weiter seine Definition des Konzepts aus, dessen Autor und R Inhaber der Rechte des geistigen Eigentums er ist (Bert Hellinger ): „Die neuen familiären Konstellationen sind nicht eine Technik, sondern eine Kunst, die Kunst unsere feinsinnigsten Empfindungen aufzuspüren“, das heißt „die Bewegungen der Seele“. „So befreien wir uns unseres Schicksals, unserer eigenen Verwirklichung und unseres Todes“. (Seite der Hellinger-Schule Paris), weiterhin: „Heutzutage organisieren sich die familiären Konstellationen, wie ich sie entwickelt habe und wie sie sich weiter entwickeln, auf Grundlage des Verständnisses einer organisierten aber unbewussten Funktionsweise der Liebe. Indem wir an unseren familiären Konstellationen arbeiten, entdecken wir schrittweise den Ursprung unserer Störungen mit Hilfe der Empfindungen, Emotionen und Haltungen. Die Geheimnisse, die versteckten Verbindungen, die Gesetze und ihre Überschreitungen, die unsere familiäre Dynamik lenken, kommen zu Tage, so dass wir sie auf symbolische Art und Weise durch Worte und Gesten

„reinigen“ können. Dann können wir Lösungen finden, die es jedem von uns ermöglichen, den störenden Einfluss unseres familiären Erbes abzulegen und uns mit der Seele unserer Familie zu versöhnen“. „Werden familiäre Konstellationen in erster Linie als Werkzeug der psychologischen Therapie genutzt, so erweisen sie sich in vielen anderen Bereichen als wesentlich, weil sie es ermöglichen, unbewusste Verbindungen zu entflechten und unser persönliches, familiäres und berufliches Leben ins Gleichgewicht zu bringen“. Der Gründer der „familiären Konstellationen“ selbst bestätigt, dass sich dieses Konzept und seine Anwendungen in "steter Entwicklung" befinden. Diese Tatsache stellt natürlich viele Probleme sowohl für den Gründer, als auch für seine Mitarbeiter und nahen Nachfolger, sowie für die vielen seit kurzem ausgebildeten Praktiker dar. Dies ist in Frankreich der Fall für die „Ecole Hellinger de Paris“, die vor kurzem gegründet wurde und für die bekannten Einrichtungen des Netzes (Hellinger-Partnerschulen) oder für die Einrichtungen, die mit dem Netz in Verbindung stehen, wie „Systemaviva“, „ARTE Systemica“ und „IENSP“ (europäisches Institut der neuen psychologischen Lösungen). Andere Netze sollten ebenfalls Beachtung finden. Seit 2004-2005 mehren sich Fragen und Polemiken, während gleichzeitig positive Berichte von Nutzern dieser Methode aufkommen und selbstverständlich hervorgehoben werden. In Deutschland sind aktuell 2 000 Praktiker der „systemischen Aufstellungen" tätig. Im Jahr 2004 beauftragte die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungen eine Untersuchung, welche den damaligen Kontext der Praxis beschreibt und die Unsicherheiten und Besorgnisse nennt, die mit dieser Methode verbunden sind. Viele Fragen ergeben sich aus der Anwendung der Praktiken, die zwar einen gleichen Ursprung haben, ähnlichen Verhaltensregeln unterliegen und identische Bezeichnungen aufweisen, weil sie juristischen Regelungen, wie den Rechten des geistigen Eigentums, unterworfene sind, aber dennoch verschieden sind, da jeder Praktikerkreis einen besonderen Stil für sich in Anspruch nimmt. Seit ca. zwei Jahren erheben viele Praktiker der „systemischen Konstellationen“ in Frankreich diesen vielfältigen Anspruch. Zahlreiche Nuancen des Konzepts erscheinen, die viele Fragen hinsichtlich des angedeuteten Anwendungsbereichs aufwerfen („therapeutische“ Praktiken oder Praktiken der „Managementführung“). Das Risiko von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen ist nicht zu übersehen. Bezüglich der Annahme, dass die Methode der Konstellationen eine

„spirituelle Therapie“ sei, bestätigen Praktiker, dass die Hellinger-Methode ein „einfaches und wirksames Werkzeug ist, weil die intellektuelle Herangehensweise umgelenkt wird und man gezwungen wird, festzustellen, dass der Körper über andere Ressourcen verfügt und mit dem Universum verbunden ist". Andere Behauptungen und ausgemachte Ziele von Anwendern dieser „Methode“ erfordern eine verstärkte Wachsamkeit. „Unser Leben würde von einer höheren Intelligenz getragen, in der eine Harmonie von kollektiveren Resonanzen jede Bewegungen leiten würde. Dies hilft dabei zu erkennen, dass unsere Strategien lächerlich sind, weil sie auf Wiederholungen und Automatismen basieren und von unserer Erinnerung abhängen“. Zu den tiefsten Ebenen unserer Identität vordringen: dorthin, wo weniger gegrübelt wird und wo wir Verbindung aufnehmen können mit den lebensspendenden Energien unserer eigentlichen dynamischen Kräfte“. „Das Streben nach Gruppenzugehörigkeit ist ein in den Tiefen des Unterbewusstseins verborgener wesentlicher Motor unseres Handelns. Mein Bewusstsein ist die Gruppe: sie entscheidet für mich über Gut und Böse“. (Bert Hellinger – Interview mit Nouvelles clés). Die Beziehung zwischen „Aufsteller“ und „Aufgestelltem“ wird oft als „analytische, spirituelle und energetische Arbeit“ dargestellt. Das heißt für die Praktiker, dass „diese Arbeit analytisches Verständnis der Grundproblematik mit einer energetischen und schließlich „spirituellen“ Bearbeitung verknüpft, denn die erbrachte Linderung bringt tiefreichende Heilung“. Die Person, die ihre Geschichte wieder durchleben möchte, ermöglicht der ganzen Gruppe aus der Nachbildung der „Knoten“ (keine Wiedererkennung, Ersatzidentifikationen, Geheimnisse und Niederlagen) Nutzen zu ziehen. Diese „Knoten“ wirken durch Redundanz und halten Veränderungen stand, weil sie die Garanten der Kohäsion der Gruppengeschichte sind. So kann es im Rahmen einer Analyse des Sektenrisikos notwendig werden, das aufzuspüren, was in der Art "seine Geschichte wieder zu durchleben“ durch „Bio-Genealogie“ „erarbeitet“ wird im Falle von Praktikern, die die Anwendung von "systemischen Aufstellungen“ mit „Bio-Genealogie“ verbinden, denn zwei der wichtigsten Konzeptentwickler und –Verbreiter wurden bereits vom MIVILUDES kritisch untersucht. Nach Ansicht der Praktiker der Bio-Genealogie entspricht jedes physische Symptom einer Stressäußerung, die sich mit der „Empfindung des Nichts“ verbindet, um uns zu einer Lösung zu verhelfen. Statt in einer Krankheit eine körperliche Schwäche zu sehen, also eine Störung durch einen Einfluss von Außen, wird versucht, die schützende und befreiende Rolle von Krankheit zu entziffern.

Ryke Geerd Hamer ist der Meinung, dass Krankheiten einen „biologische Nutzen“ haben, in dem Sinne, dass sie als spezifische Hilfsprogramme angesehen werden können, die auf Konfliktsituation, in die unser Empfinden uns angesichts der Wirklichkeit bringt, antworten. So verbinden deutsche Krankenhausärzte die von Ryke Geerd Hamer vertretene Herangehensweise der „Bio-Genealogie“ mit der von Bert Hellinger entwickelten Methode der „systemischen Aufstellungen“ und nutzen den Titel eines Werks des Gründers der „systemischen Konstellationen“ „Schicksalsbindungen in der Familie, die Krankheit mitbedingen und aufrechterhalten“. In einem für medizinische Zwecke bestimmten pädagogischen Diavortrag mit dem Titel „Medizin – Psychologie: Partner entdecken sich“, der in Deutschland in einer Gruppe privater Kliniken gezeigt wurde und der sich mit der Frage befasst „Brustkrebs, Krankheit der Seele?“, erhält ein Zitat von Ryke Geerd Hamer eine besondere Bedeutung, weil es fast vor dem Hinweis auf die Arbeiten von B. Hellinger zu finden ist. „Hochakutdramatischer Konfliktschock: um zu gesunden, muss jeder Patient diesen Konflikt lösen“. Die Feststellung, dass „Organisationskonstellationen“ und „BioGenealogie“ nah beieinander stehen, oder anders gesagt, sich ergänzen, begründet eine erhöhte Wachsamkeit gegenüber den Vertretern und Anwendern dieser Konzepte im therapeutischen und/oder beruflichen Rahmen. Im Folgenden werden mehrere Gründe für diese Aufforderung zur Wachsamkeit aufgeführt: Im Juni 2005 wurde Ryke Geerd Hamer endgültig zu drei Jahren Gefängnisstrafe wegen Betrugs und Beihilfe zur illegalen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verurteilt. Der Kassationshof hatte seine Berufung aufgrund seiner Verurteilung durch das Berufungsgericht Paris ein Jahr zuvor zurückgewiesen. Das Urteil führte insbesondere an, dass Ryke Geerd Hamer seit 1986 in Deutschland mit Berufsverbot belegt war, in Frankreich seine ärztliche Tätigkeit nicht ausüben durfte und dennoch seine Eigenschaft als Arzt nutzte, um Kranke zu betrügen und sie zu dazu zu bringen, ihm Gelder auszuhändigen. Nichtsdestotrotz wird noch 2007 diese Person bezüglich der verbundenen Anwendung von Konstellationen und Bio-Genealogie zitiert. Der Bezug auf beide Methoden wird ebenfalls in Frankreich regelmäßig bemerkt, gerade zu einem Zeitpunkt, wo die Praktik sich sehr schnell entwickelt und offensichtlich wird, dass sich die praktizierenden Vertreter dieser Konzepte, unabhängig davon, wo sie ausüben, in Netzen organisieren und ihre sich auf konzertierte Weise bezüglich der Praktiken austauschen und diese weiterentwickeln.

Die offensichtliche Begeisterung für diese Methoden, insbesondere innerhalb von Unternehmen und die starke Reaktionsfähigkeit des Angebots lassen sich durch die Überzeugungskraft des Arguments erklären, dass ein Unternehmen als System verstanden werden kann, auf gleiche Weise wie das bei einem biologischen System oder einer Familie der Fall ist. So heißt es: „Wie alle Systeme unterliegen Unternehmen eigenen Funktionsregeln, deren Einhaltung der Garant ihres Gleichgewichts ist, sowohl auf der Ebene der externen, als auch der internen Kommunikation, der Produktivität und des guten Arbeitsklimas“. Diese Vorstellung der Methode der systemischen Aufstellung stammt von einem Mitglied der „französischen Vereinigung der Praktiker der systemischen Konstellationen“, die ihren ersten Kongress in französischer Sprache im Dezember 2005 in Paris abgehalten hat. Der zweite Kongress ist für April 2008 geplant. Selbst Mitglieder dieser Vereinigung beobachten, dass der französische Kontext für sie aufgrund des Gesetzes von 2001 (Gesetz 2001504 zur Verstärkung der Prävention und zur Bekämpfung der sektenartigen Bewegungen, die Menschenrechte und Grundrechte verletzen) und des Gesetzes von 2005 bezüglich Psychotherapien problematisch ist. Werden diese Techniken falsch verstanden oder durch unzureichend ausgebildete, unvorsichtige oder bedenkenlose Personen angewendet, ist das Schlimmste zu befürchten. In ganz Frankreich wurden leider immer häufiger besonders schwerwiegende Fehler angezeigt. Widerspruch und Diskussionen sind nicht erlaubt und die Drohung mit Ausschluss bringt "Patienten" dazu, das zu akzeptieren, was ihnen auferlegt wird. Solche Entgleisungen wissenschaftlich nicht anerkannter Methoden mit starkem sektiererischem Beigeschmack, ernsthaft umstritten von angesehenen Akademikern, von Gerichten verurteilt, können diejenigen nicht unberührt lassen, die den Auftrag haben, die Öffentlichkeit über Gefahren von Praktiken zu informieren und davor zu warnen, da sie für die Betroffenen, Unternehmen, Personen und ihre Familien, oft dramatisch ausgehen können. Daher ist es angebracht in diesem Bereich äußerst wachsam zu bleiben, insbesondere, da die Verbreitung der besagten Konzepte und ihre Anwendung mehr und mehr Unternehmen und Verwaltungen betreffen.

VIERTER TEIL

Verschiedene Untersuchungen Rauschgifte und gefährliche sektiererische Entwicklungen In seinen vorherigen Berichten der Jahre 2005 und 2006 hatte der MIVILUDES die Aufmerksamkeit der Behörden und der Bevölkerung auf erhebliche mit der Einnahme von gefährlichen Substanzen durch bestimmte schamanische Gruppen und Gruppierungen der New-Age-Bewegung verbundene Gefahren gerichtet. Er hatte in diesem Rahmen erklärt, wie die Anwendung von Ayahuasca und später von Iboga in Verbindung mit der Einflussnahme auf „Patienten“ steht. In der Mehrheit der Fälle war eine sektiererische Entgleisung im Sinne der 1995 aufgestellten Kriterien festzustellen. Die Einnahme dieser halluzinogen wirkenden Pflanzen ist durchaus nicht folgenlos, sowohl physisch als auch psychisch gesehen. Die Ärztin Armelle Guivier schreibt in ihrer Doktorarbeit mit dem Titel „Gefährdung der physischen Integrität bei Anhängern von Sekten“ bezüglich Ayahuasca 9 (Seite 164) : 9 Die Arbeit kann auf der Seite des http://www.miviludes.gouv.fr/RISQUES-D-ATTEINTE-A-L-INTEGRITE

Miviludes

abgerufen

werden:

„In diesem Kontext hat die nationale Kommission für Rauschgifte und psychotrope Substanzen die aktuellen Daten untersucht und ist zu dem Schluss gekommen, dass „Ayahuasca psychoaktive Wirkstoffe enthält und bewiesenermaßen das Risiko des Missbrauchs birgt“. Bei Tieren wurde eine erhebliche neurotoxische und somatische Wirkung festgestellt. Beim Menschen besteht die Toxizität im Wesentlichen in der halluzinogenen Wirkung und in starken Bewusstseinsstörungen, verbunden mit Verdauungsstörungen (Brechreiz, Erbrechen, Durchfall), Störungen des vegetativen Nervensystems (Schweißabsonderungen, Schwindelanfälle, Zittern) und Herzbeschwerden (Herzjagen, Bluthochdruck). Darüber hinaus unterstreicht Doktor G. Pépin, Pharmakologe und Gutachter der französischen Gerichte, die mit der Einnahme von Ayahuasca einhergehenden Gefahren: Die Merkmale und Nebenwirkungen ähneln denen des LSD. Dennoch sind die pharmakologischen Eigenschaften und Nebenwirkungen noch weithin unbekannt. Es wurden endgültige und unwiederbringliche psychiatrische Dekompensationen bekannt (insbesondere im Fall von Marcu Lumby, Anthropologiestudent an der Universität Cambridge, der selbst diesen Trunk im Rahmen von Untersuchungen über den peruanischen Schamanismus zu sich genommen hatte), ebenfalls Komazustände und Todesfälle. Der Bericht des MIVILUDES aus dem Jahr 2005 (Seite 49), behandelte die Konzepte des Neo-Schamanismus, bei dem die physische Genesung einer Person erstmal über eine spirituelle Genesung führt, welche durch die Einnahme dieser Produkte gefördert wird. Der Prozess bestand oft im ersten Schritt in einem Workshop mit der Möglichkeit, eine "Reise" zu durchleben, dann folgte die (zwanghafte) Aufforderung an Sitzungen zur Persönlichkeitsentwicklung teilzunehmen, schließlich wurde die Möglichkeit angeboten, einer geschlossenen Gemeinschaft beizutreten, um selbst „Schamane“ zu werden. Dieser Kurs hatte den uneingestandenen Zweck, das Einkommen der Leiter aufzubessern, denn jede Etappe war kostenpflichtig, jeder neue Schamane musste seinen Ausbildern Gebühren bezahlen. Außer diesen New-Age-Schamanen nutzen auch andere Bewegungen mit selbsternannten Psychotherapeuten, kleine ländliche Gemeinschaften und ebenfalls deutlich besser organisierte Strukturen, die Eigenschaften dieser Pflanzen für die Techniken, die sie ihren „Kunden“ anbieten. Ihr erklärtes Ziel ist die „Wiederentdeckung einer natürlichen Harmonie und Spiritualität, sowie das Erlangen einer perfekten Einheit mit der Herrschaft der natürlichen Elemente“. Doch eigentlich handelt es sich für die Organisatoren in erster Linie um ein einträgliches Geschäft, das sich von den in verschiedenen Werbeschriften oder Internet-Seiten beschriebenen Absichten weit entfernt. Die vielen beim MIVILUDES eingegangenen Meldungen haben den

Ausschuss bewogen, Fortbildungsund Präventionsmaßnahmen einzurichten bezüglich des mit der unbesonnenen Anwendung dieser Substanzen verbundenen Risikos sektiererischer Entgleisungen: - Fortbildungen für die spezialisierten Dienststellen, die kaum darüber Kenntnis hatten, dass die im Rahmen von schamanistischen Ritualen genutzten Produkte verboten waren oder gerade verboten wurden; - An die Öffentlichkeit gerichtete Präventionsmaßnahmen, da durch den Modeeffekt und die Neuigkeit dieser Produkte innerhalb unserer Gesellschaft die Gefährlichkeit der Praktiken und der sich eventuell daraus ergebenden sektiererischen Entgleisungen nicht bekannt war. Ayahuasca wurde durch einen am 3. Mai 2005 im Amtsblatt erschienenen Erlass in die Liste der Rauschgifte (Tabelle B) aufgenommen 10 . Iboga, in den Vereinigten Staaten bereits seit 1996 verboten, wurde in Frankreich nach Veröffentlichung des Berichts 2006 des MIVILUDES durch 11 das Gesundheitsministerium verboten .

1. Die Alternative zur Eintragung von Iboga und Ayahuasca in die Liste des Betäubungsmittelgesetzes Die sehr schnelle Reaktionsfähigkeit der staatlichen Behörden hat die Organisatoren dieser Art von Workshop, welche nun verbotene Substanzen nutzen, gezwungen, auf die Anwendung dieser Produkte und ihrer Derivate zu verzichten. Dies ist zweifelsohne positiv, doch wussten sich diese Bewegungen an den neuen rechtlichen Rahmen anzupassen und haben Ersatzprodukte gefunden, die vielleicht weniger exotisch, aber mindestens genauso gefährlich für die Gesundheit der Personen sind. Die halluzinogenen Eigenschaften (unter anderen) einer neuen Pflanze werden nun genutzt: Es handelt sich um den Stechapfel (Datura), der bislang keinerlei rechtlichen Regelungen unterliegt. Ein echtes Modephänomen rankt sich um diese Pflanze, für die insbesondere über das Internet geworben wird. Für die Theorien des Schamanismus empfängliche Personen zeigen offensichtlich das größte Interesse am Stechapfel, der im Folgenden sinnvollerweise etwas genauer 10 - Erlass vom 20. April 2005 zur Veränderung des Erlasses vom 22. Februar 1990 zur Bestimmung der Liste der Betäubungsmittel. 11

- Erlass vom 12.03.07 zur Veränderung des Erlasses vom 22. Februar 1990 zur Bestimmung der Liste der Betäubungsmittel.

beschrieben werden soll. • Pharmakologische Eigenschaften Diese hochgiftige Pflanze bewirkt mehrere Stunden andauernde Halluzinationen. Sie wird als das giftigste aller Nachtschattengewächse angesehen. Diese Tatsache wird den „Kunden“ niemals mitgeteilt. • Beschreibung, Geschichte Der Stechapfel gehört zu den Nachtschattengewächsen und ist in Europa weit verbreitet. Datura wächst auf nicht bearbeiteten Flächen und wird meistens als ein aufdringliches Unkraut angesehen. Die Pflanze ist seit dem Altertum bekannt und wurde bereits damals genutzt. In bestimmten Ethnien Amerikas wird Datura traditionell bei Initiationsritualen und für ein Gebräu, dem "Wysoccan", gebraucht, das bei einem Ritual zum Übergang ins Erwachsenenalter getrunken wird. Daher ist es nicht überraschend, dass seine Eigenschaften die Aufmerksamkeit der neuen Zauberlehrlinge geweckt haben, auf der Suche nach Ersatz für ihre vorherigen Produkte, um schamanistische Rituale und andere so genannte Initiationszeremonien zu organisieren. Es ist ganz lehrreich, den Umgang mit dieser Pflanze in Frankreich und in manchen europäischen Nachbarländern zu vergleichen.

In Frankreich Mehrere Jugendliche werden zurzeit in Folge einer Einnahme von Datura durch Spezialisten behandelt, denn obwohl der Stechapfel nicht in der B-Liste der Betäubungsmittel aufgeführt ist, bleibt seine Verabreichung verboten und kann als illegale Ausübung der ärztlichen Tätigkeit gedeutet werden. Anhänger von schamanistischen Bewegungen sprechen in ihren Online-Tagebüchern über den Stechapfel und geben zahlreiche Details zur Verabreichung und zur Wirkung. Sie begründen seine Nutzung durch die Geschichte der Pflanze und ihrer Rolle in der „Kunst der Hexerei“, insbesondere in der Bretagne. Ebenfalls in so genannten Meditations-Workshops wird der Rückgriff auf Datura oft angesprochen, denn es wird systematisch daran erinnert, dass der Stechapfel von den Schamanen Südamerikas im gleichen Maße wie Ayahuasca genutzt wird. Es wurde festgestellt, dass mehrere Gruppen, welche sich für eine Rückkehr zum Naturkult (der altertümlichen Religion) einsetzen, auf ihren Websites einen Lobgesang auf Datura anstimmen und sogar sehr genaue Ausführungen zur Nutzungsart dieser Pflanze geben. Auch in diesem Fall beruht die Begründung für die Anwendung des Stechapfels auf seinen weit

zurück reichenden Amazoniens.

Gebrauch,

insbesondere

beim

Schamanismus

Die Werbung für diese Pflanze über das Web mit der Begründung einer rituellen Nutzung durch echte Schamanen ist besonders gefährlich. War die Verbreitung von Ayahuasca und Iboga relativ beschränkt dadurch, dass die Besorgung schwer war, so ist dies beim weit verbreiteten Stechapfel nicht der Fall. Daher ist es besonders unverantwortlich über das Internet Anwendungsempfehlungen zu dieser Art von Substanzen unter dem Deckmantel von schamanistischen Thesen zu verbreiten, oder wie es die WICCA (www.le-sidh.org/site/article_288.htlm) tut, die Nutzung durch eine Rückkehr zu alten Glaubensrichtungen wie dem Druidentum, der griechischen oder lateinischen Mythologie, usw. zu rechtfertigen.

Im restlichen Europa Im Rahmen der Redaktion des vorliegenden Berichts hat der MIVILUDES nach Vergleichselementen zum Phänomen des Daturas in den Ländern der Europäischen Union, sowie in der Schweiz und in den Vereinigten Staaten gesucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen machen deutlich, dass diese Pflanze allein im Vereinigten Königreich genauer studiert wurde.

1 – In Deutschland Der Stechapfel gehört zu den so genannten Biodrogen. Die Nutzung des Daturas, der Folgeerzeugnisse oder der für Rauschgifte gebrauchten Wirkstoffe ist illegal und kann strafrechtlich verfolgt werden.

2 – In Dänemark In Dänemark ist der Stechapfel rechtlich nicht erfasst. Seine Einnahme ist dafür bekannt, dass sie einen dem delirium tremens ähnlichen Zustand auslöst, bei dem die Person nicht mehr zwischen Wirklichkeit und Halluzinationen unterscheiden kann. Diese Wirkung liegt an den enthaltenen Wirkstoffen Hyoscyamin, Skopolamin und Atropin. In Dänemark wird der Stechapfel oft in Verbindung mit Alkohol konsumiert. Aus medizinischer Sicht macht Datura süchtig, kann verschiedene Krankheitssymptome verdecken, was bei einer notwendigen ärztlichen Diagnose problematisch werden kann. Der Unterschied zwischen verträglicher und tödlicher Dosis scheint sehr schwer einzuschätzen. Zwei schwere Vergiftungsfälle wurden den dänischen Behörden gemeldet. Zahlreiche dänische Internetseiten geben vielfältige Anwendungsideen, insbesondere auf der Seite einer selbsternannten „Hexe“.

3 – In Griechenland 12

Der Stechapfel ist dafür bekannt, dass ihn Dioskorid für seine Orakel nutzte. Datura ist in diesem Land rechtlich nicht erfasst und wird weiter nicht besonders erwähnt.

4 – In Island Zwei Rechtsvorschriften regeln die Nutzungsbeschränkungen des Stechapfels. Es wurde den Behörden kein Fall von Nutzung dieser Pflanze gemeldet.

5 – In den Niederlanden Der Verkauf des Stechapfels in veränderter Form ist verboten. Die Gesundheitsbehörden wurden hinsichtlich dieser Pflanze alarmiert.

6 – Im Vereinigten Königreich Der Verein „Inform“ weist darauf hin, dass Datura dafür bekannt ist, von Personen auf der Suche nach spirituellen Erfahrungen unter der Aufsicht eines „mentor shaman“ genutzt zu werden. Er merkt ebenfalls an, dass die Unvorhersehbarkeit der Wirkung und der erheblichen Nebenwirkungen dieser Droge in vielen im Internet veröffentlichten 13 persönlichen Erfahrungsberichten hervorgehoben werden . Die halluzinogene Wirkung gilt als sehr gefährlich. Einer der einflussreichsten Vertreter des Neo-Schamanismus in den Ländern der westlichen Welt soll es aus diesem Grund abgelehnt haben, die Nutzung des Stechapfels bei schamanistischen Ritualen zu unterstützen. Die Spezialisten des Vereins Inform machen darauf aufmerksam, dass die für eine halluzinogene Wirkung notwendige Dosis sehr nah an der Menge liegt, die zu zeitweiliger Erblindung, Herzrasen, Verlust der motorischen Kontrolle sowie Halluzinationen, die sich über drei bis vier Tage erstrecken und sogar ungewollt zum Tod führen kann. Nach Aussage dieser Spezialisten erzählen viele Berichte von Datura-Nutzern von erschreckenden Erlebnissen, die manchmal als „dämonisch“ bezeichnet werden. Diese Analyse führt schließlich aus, dass die Nutzung des Stechapfels durch bestimmte Praktiker des Neo-Schamanismus weitgehend aus der Inspiration durch die populärsten Vertreter dieser Bewegung herrührt, wie Carlos Castaneda (1925-1998) und Michael Harner, zu Schamanen gewordene ehemalige Anthropologen, die die Anwendung des Daturas unter Aufsicht von 12

- Griechischer Arzt, beschrieb und klassifizierte zahlreiche medizinische Pflanzen, indem er ihre Nutzung und Wirkung angab.

13

- Unter anderem unter folgendem Link: http://www.erowid.org/expériences/subs/exp?datura.shtml?general

Schamanen zentral- und südamerikanischer Stämme untersucht haben. Harner hatte seine Studien auf den Stamm der „Jivari“ in Ecuador konzentriert und auf seine Nutzung des Daturas, das zeitgleich als pädagogisches Mittel für Kinder diente und als Zutat für Initiationszeremonien, weil es einerseits medizinische Diagnosen und Heilung vereinfachte, andererseits prophetische Visionen hervorrief. Bei diesem Volk wird der Stechapfel als Disziplinierungsmittel und als Mittel zur sozialen Einflussnahme gebraucht. Inform macht deutlich, dass M. Harner, Gründer der FSS (Foundation for shamanic studies) und seine Vertreter, obwohl sie innerhalb der Bewegung des Neo-Schamanismus sehr einflussreich sind, die Nutzung des Stechapfels in keiner einzigen Veröffentlichung fördern. Die Spezialisten des Schamanismus im Vereinigten Königreich sind der Ansicht, dass Datura für die werdenden Schamanen viel schwieriger zu dosieren ist als Ayahuasca und daher um einiges gefährlicher.

7 – In der Slowakei Der Stechapfel wird in Zahlreichen Internetseiten erwähnt, dort finden sich auch an eventuelle Konsumenten gerichtete Warnungen. Datura ist als medizinischer Wirkstoff klassifiziert, jedoch nicht als illegale Droge. Ein slowakischer Experte des Instituts für polizeiliche Gutachten gibt an, dass der auf indischen Hanf ausgeübte gesetzliche Druck manche Drogenabhängige dazu gebracht hat, sich neu zu orientieren und auf Datura umzusteigen. Auch hier wird der Stechapfel mit Neigungen zum Mystizismus und Okkultismus in Verbindung gebracht, er gilt als Inspirationsmittel für HardRock-Gruppen oder heidnische Bands, die teilweise den Namen Datura in die Bezeichnung ihrer Gruppe oder ihrer Musikstücke übernommen haben.

8 – In Schweden Über ihre zentrale Organisation zur Information über Alkohol und Rauschgifte gibt Schweden an, dass Datura in Verbindung mit anderen Drogen konsumiert wird. Die Pflanze wird gegessen, getrunken oder geraucht. Sie ist als „Verführungsdroge“ bekannt, da sie die Urteilsfähigkeit trüben und lustfördernd wirken soll. Datura wird ebenfalls im Rahmen bestimmter magischer Praktiken angewandt, als Zutat für einen Prozess, der die Personen „zombie“ macht. Daher trägt die Pflanze auch den Namen „zombiegurka“.

9 – In der Schweiz Ein Todesfall wurde in Folge der Einnahme von Datura, auch „Engelstrompete“ genannt, verzeichnet, doch nach einer Einschätzung des Bundesamts der Schweizer Polizei ist der Kreis der Konsumenten sehr klein,

weil die starke und unvorhersehbare Wirkung dieser Pflanze potentielle Nutzer besorgt und abschreckt.

2. Vorschläge des MIVILUDES Der schamanische Kontext und seine Folgen Im Rahmen seiner Präventionsaufgabe hat der MIVILUDES bereits wiederholt die Aufmerksamkeit auf die Gefahren gelenkt, die mit der Nutzung von Pflanzen und verschiedenen Substanzen einhergehen, die insbesondere bei spirituellen Praktiken und Riten vorkommen, mit dem Ziel, im Bereich des Schamanismus „in Dialog mit übernatürlichen Wesen zu treten, um Heilung, Wohlsein, usw. zu erlangen…“. Michel Perrin, Ethnologe und Mitglied des Instituts für 14 Sozialanthropologie am Collège de France , ist der Ansicht, dass diesen toxischen Produkten bei Indianern strukturierende Eigenschaften zukommen, dass sie aber in Europa zerstörerisch wirken. In der Tat wird die Person, die Stechapfel unter verschiedenen Formen eingenommen hat, in eine Welt und in Landschaften geführt, die diesen Stämmen bekannt, den Mitgliedern unserer Industriegesellschaften aber vollkommen fremd sind. Aus diesem Grunde kann solch eine „Reise“ aus psychologischer Sicht dramatische Folgen haben. Die Studie von M. Perrin macht deutlich, dass die Nutzung dieser Art von Drogen in den Ursprungsländern durchgehend kodifiziert und nur wenigen auserwählten und wohl definierten Personen erlaubt ist, was nichts mit dem Handel oder den Seminaren gemein hat, die in Frankreich und anderen Ländern Europas angeboten werden, und auch nicht vergleichbar ist mit den Workshops, die für Europäer in den Ursprungsländern zur Initiation und Einnahme dieser Produkte organisiert werden. Unabhängig davon, wie diese Substanzen in unserem Land beurteilt werden, ob positiv oder negativ, muss doch eingesehen werden, dass sie im Wesentlichen einer Modewelle unterliegen, bei der es eigentlich für die Nutzer um die Suche nach einer persönlichen Veränderung, einer Veränderung des Bewusstseinszustands durch die enthemmende Wirkung geht und für die Initiatoren prosaischer um materiellem Profit und Einflussnahme. Der nord- und südamerikanische und der afrikanische Schamanismus tragen zum Zusammenhalt einer Gemeinschaft oder eines Stammes bei und stützen sich auf altüberlieferte Rituale, die perfekt beherrschet werden und die durch niemanden beurteilt werden sollten, da wir nicht in der Lage sind, ihre ganze Reichweite zu ermessen: Die 14 - Michel Perrin ist unter anderem Autor des Werks: Le chemin des indiens morts, mythes et symboles Guajiro (Der Weg der toten Indianer, Mythen und Symbole der Guajiro) (Paris, Payot 1973).

Veränderung des Bewusstseinszustands mit Hilfe von Musik, Tanz oder durch die Verwendung von Pflanzen oder Wurzeln ist eine kulturelle Konstante, die auf seit Urzeiten überliefertem Wissen beruht. Die Zauberlehrlinge können nicht meinen, sich diese Nutzung zu eigen zu machen, ohne das Wesen und den Geist dieser Rituale tief greifend zu verraten und ohne ihre Versuchspersonen in ernste Gefahr zu begeben. Die Beweggründe der selbsternannten europäischen Schamanen sind also weit entfernt von den Konzepten der Urvölker. Ihre Fähigkeit sich an Gesetzesänderungen über die Anwendung bestimmter Pflanzen und Wurzeln anzupassen, führt sie dazu, schamlos auf neue Substanzen zurückzugreifen, von denen sie die Nebenwirkungen nicht kennen und für die sie über kein Gegenmittel verfügen, einzig, um ein Geschäft aufrecht zu erhalten, das auf den „Verkauf von personalisiertem Wohlsein“ mit dem werbewirksamen Label des Schamanismus gründet. Darüber hinaus nehmen diese Personen ihre Verantwortung nicht ernst, da auf den Internetseiten, die bis zum letzten Jahr Ayahuasca und Iboga als große Entdeckung im Bereich der Behandlung von Drogenabhängigkeit anpriesen, keinerlei Anmerkung zur zwischenzeitlich eingetretenen Klassifizierung dieser Substanzen in die B-Liste der Betäubungsmittel zu finden ist… Der „westliche Schamanismus“ muss mit besonderer Wachsamkeit von den Behörden überwacht werden, denn er entwickelt sich in immer neue Richtungen. So berichten bestimmte Zeitschriften zur praktischen Information über „natürliche Therapien und Persönlichkeitsentwicklung“ über ein neues Konzept: dem Unternehmensschamanen. Dieses Konzept wird als Anwendung althergebrachter Praktiken auf zeitgemäße Fragen der Geschäftswelt dargestellt, basiert aber auf einem einfachen Prinzip: Unternehmen lassen sich mit einem Stamm oder einem traditionellen Volk vergleichen (Zeitschrift Recto Verseau, Nr. 172, Oktober 2006). Dies ist aber nicht der einzige Anlass zur Sorge in Anbetracht der Techniker zur Selbstfindung, denn immer mehr „Schamanen“ bieten nun einen personalisierten Schamanismus mit Hausbesuchen an.

Verbot des Stechapfels: muss diese Substanz gesetzlich erfasst werden? Die Aufnahme des Stechapfels in die Liste der Betäubungsmittel ist schwer zu verwirklichen, da die Pflanze überall in Europa vorkommt. Diese Maßnahme würde auch nicht das Aufkommen neuer Pflanzen für schamanistische Rituale verhindern, denn bereits jetzt wird ebenfalls Ephedrin, Winde, Rosenholz, Absinth, Andorn, usw. eingesetzt. Daher scheint Prävention sinnvoller als ein Verbot. Diese Vorsorge sollte auf dem Wege von Informationen erfolgen, die durch die verschiedenen Akteure des

Gesundheitswesens, über das Bildungspersonal und die Sicherheitsdienstellen vermittelt werden, um das Phänomen aufzuhalten.

Schlussfolgerung Die Werbung für diese exotischen Substanzen im Namen eines angeblichen Kampfes gegen die Abhängigkeit von bestimmten Drogen, wie dies von Neo-schamanistischen Gruppen unter dem Deckmantel verschiedener Antidrogenvereine praktiziert wird, stellt in Wirklichkeit eine äußerst gefährliche Annäherung an bereits sehr geschwächte Familien oder Individuen dar. Die Verbindung zwischen der Werbung und Verbreitung dieser halluzinogenen oder betäubenden Substanzen und sektenartigen Gruppierungen rechtfertigt eine besonders intensive Überwachung von Seiten der öffentlichen Behörden. Geistige Manipulation bewirkt allein schon erhebliche psychologische Schäden. Kommt die Verabreichung von Substanzen, die durch Zauberlehrlinge und ohne jegliche medizinische Überwachung gegeben werden, hinzu, so können die Folgen noch drastischer ausfallen. Um diese Spirale aufzuhalten und eine Verschlimmerung zu vermeiden, sind Untersuchungen durch die verschiedenen betroffenen Stellen notwendig. Die aktuelle Begeisterung für diese Produkte und die Empfindungen, die sie angeblich bewirken, lässt für die kommenden Jahre eine Zunahme in dieser Richtung erahnen.

Satanismus: ein immer noch aktuelles Entgleisungsrisiko Bereits in seinem Bericht 2004 unterstrich der MIVILUDES das Aufkommen des satanistischen Phänomens in Frankreich. Der Bericht wies auf die den fruchtbaren Boden, den das Internet und die Gothik-Musik und – Bewegung, insbesondere für Jugendliche bieten. Der Ausschuss zeigte sich besorgt über das mögliche Risiko gefährlicher sektiererischer Entwicklungen. Bereits 1995 betonte die parlamentarische Untersuchungskommission unter der Leitung von Alain Gest in ihrem Bericht „Sekten in Frankreich“ die mit luziferischen und satanischen Sekten einhergehenden Gefahren. In diesem wie bei allen anderen Fällen ist für den MIVILUDES nicht der satanische Glaube der Grund zur Besorgnis, denn wie jeder andere Glaube auch ist der Kult Satans oder jeglicher anderen Gestalt der Finsternis in Frankreich vollkommen frei. Gegenstand der Sorge sind die eventuell mit diesem Glauben verbundenen Entgleisungen, sobald sie Absicht einer geistigen Einflussnahme erkennen lassen. Die verzeichneten Fälle zeigen, dass die Auswirkungen auf die betroffenen Personen erheblich sind. Seitdem ist das Phänomen nicht zurückgegangen. Obwohl es kein alarmierendes Ausmaß erreicht, so wächst es dennoch unaufhörlich und ist von Entgleisungen begleitet, die für die Öffentlichkeit besonders skandalös wirken. Diese Umstände sowie die an den MIVILUDES herangetragenen Informationen bezüglich dieser gefährlichen sektiererischen Entwicklungen haben den Ausschuss bewogen, im November 2006 zwei Hefte über die Documentation française zu veröffentlichen: • Das erste trägt den Titel „Satanismus, ein Sektenrisiko“ und ist für die Öffentlichkeit bestimmt, • Das zweite heißt „Satanische Entgleisungen, praktischer Leitfaden für den Ermittler“ und richtet sich an die Justizbehörden und an die Polizei und Gendarmerie.

Die Berichte in den Medien, in Radio- oder Fernsehsendungen, in Zeitungen und Zeitschriften, spiegeln die Besorgnis und Verstörung wieder, die solche satanischen Entgleisungen in der Öffentlichkeit hinterlassen. Ein Teil der Beobachter tut sich jedoch schwer, die wirkliche Existenz des satanischen Phänomens in Frankreich anzunehmen und redet es manchmal als „Besessenheit“ klein, das heißt auf Veranstaltungen, bei denen vom Exorzismus Gebrauch gemacht wird. Doch sprechen die Tatsachen für sich: • 92 Fälle von Schändungen mit satanischem Charakter vom 1. Januar bis November 2007 (dies entspricht einer Steigerung von 300 % im Vergleich zu den drei vergangenen Jahren). Einzig im April 2007 wurde im Durchschnitt ein Schändungsfall pro Tag verzeichnet. • Selbstmorde von Jugendlichen nehmen in Verbindung mit der Zugehörigkeit zur satanischen Bewegung zu. Abweichende Handlungen, wie Ritzen der Haut, verschiedene Selbstverstümmelungen, die in der Folge eine therapeutische Betreuung der betroffenen Jugendlichen durch Psychologen oder Psychiater erfordern, sollten ebenfalls berücksichtigt werden. • Straftaten wie Anstiftung zum Rassenhass, Anstiftung zum Selbstmord oder Ausführung von barbarischen Taten, insbesondere Tieren gegenüber. Über die Aufzählung dieser Fälle hinaus ist es wichtig anzumerken, dass im Laufe der letzten zwei Jahre eine Radikalisierung des Phänomens festgestellt wurde, insofern, als die von den Anhängern begangenen Taten extremer waren. Zum einen sind Schändungen mit Exhumierung des Körpers und Verletzung der Integrität der Leichen (Schändung im Morbihan (Bretagne) im Februar 2006) keine Seltenheit mehr. Zum anderen verlieren die rein luziferischen Bewegungen zwar an Zulauf, doch entstehen dafür satanistische Bewegungen, die sich über die traditionellen 15 Glaubensrichtungen hinaus , von der Naziideologie und vom keltischen und nordischen Glauben inspirieren, was Jugendliche anscheinend mehr anzieht, als die vorherigen Formen des Satanismus, die eher esoterische oder okkultistischer Art waren. Initiationsgruppen mit Meistern (Church of Satan, Tempel des Seth, Ordre de Guillaume, Orden der neun Winkel) sind in Frankreich stets vorhanden, doch erfolgt die Werbung und Verbreitung eher über Zwischenstrukturen wie einerseits extremistische Netze (Charlemagne Hammerskin), andererseits durch Infiltrierung der Musikbewegung des Gothik oder Metall. 15

- Siehe Leitfaden Satanismus, ein Sektenrisiko, La Documentation française, 2006

Verbindungen und Kontakte werden oft über die Musik geknüpft, entweder spontan in Läden, manchmal anlässlich von Konzerten, doch vorrangig über das Internet (Seiten, Foren…). Die satanistische Bewegung spürt auf, nimmt auf und instrumentalisiert die Schwäche mancher Jugendlichen, die mit ihrer Selbstfindung kämpfen, Zukunftsängste ausstehen, einen Bruch mit ihrer Familie durchleben oder schulische Schwierigkeiten haben, indem sie ihnen eine Ideologie der Revolte anbieten, die augenscheinlich ihren Erwartungen, ihren Bedürfnissen und ihren Sehnsüchten entspricht. Jeder Jugendliche hat wahrscheinlich schon einmal gedacht „Ich möchte alles tun, was ich möchte, nichts kann mich aufhalten“. Der Satanismus hat daraus einen seiner Grundsätze gemacht, das erste Prinzip ist der, dass keiner wichtiger ist als man selbst. Der MIVILUDES untersucht das Phänomen des Satanismus seit 2004 und stellt fest, dass er im Jahr 2007 viel öfter von Familien kontaktiert wurde, deren Kinder über das Internet in regelmäßiger Verbindung mit solchen Bewegungen standen und die in Folge für ihre Umgebung ziemlich erschreckende Verhaltensstörungen aufwiesen, ohne ihren „Initiatoren“ direkt begegnet zu sein. Manche Familien berichteten über richtige satanische Rituale, über Kinder, die sich satanische Ritze in die Haut schnitten, die zu Ohnmacht, Erstickungserscheinungen, usw. führten. Die mit der Bewegung verbundenen Probleme sind für Mediziner und Forscher, die sich mit dem Thema und seinen Folgen befassen, sowohl aus psychologischer, als auch aus medizinischer Sicht von Interesse. Eine im April 2007 vom Doktor Guivier vorgestellte Arbeit bemerkt, dass satanistische Praktiken auf Ritualen beruht, die „nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollten, denn sie bestehen aus magischen Ritualen“. Obwohl es anscheinend keine zwingende Doktrin bezüglich der eigentlichen Praktik der Rituale gibt, sind bestimmte wiederkehrende Merkmale anscheinend unumgänglich. Es handelt sich um rituelle Prozesse, die auf der „Energetisierung der Gefühle und Emotionen“ beruhen. Sie können in drei Kategorien aufteilt werden: - sexuelle Rituale (Erfüllung der sexuellen Wünsche); - Rituale des Mitgefühls (seine Verzauberungen wirklich werden lassen); - Zerstörungsrituale (seine Wut ausdrücken). Doktor Guivier zeigt in der Folge die medizinischen Risiken auf, 16 denen sich junge Anhänger des Satanismus aussetzen . Die Anziehungskraft des Morbiden, Selbstmordtendenzen, das Interesse für Irrationales, für Symbolismus werden auf Internetseiten 16

- Die Arbeit von Frau Guivier ist im Internet auf der Seite des MIVILUDES zu finden: http://www.miviludes.gouv.fr/RISQUES-D-ATTEINTE-A-L-INTEGRITE

instrumentalisiert, in denen Tod und Gewalt banalisiert werden. Diese Mischung aus Wirklichkeit und Fiktion ist für Neubekehrte schwer zu entziffern. Die virtuelle Abhängigkeit von Bildern, dient nicht nur finanziellem Interesse bestimmter Gruppen oder Personen, denen es ganz besonders an Ethik und moralischem Gefühl mangelt, sondern sprengt auch psychologische Grenzen und Tabus, der Achtung Toten gegenüber zum Beispiel. Die Anzahl von Entgleisungen und Taten, die vor dem Straf- oder Schwurgericht verhandelt wurden, hat deutlich zugenommen, doch wurde bis heute in Frankreich nur ein Fall von Totschlag verzeichnet. Aufgrund der Geheimhaltung dieser Gruppen ist es heutzutage schwer ihre Anzahl zu schätzen, insbesondere die der strukturierten Gruppen. Doch spezialisierte Dienste nehmen an, dass die Anzahl der Anhänger der satanistischen Bewegung im weitesten Sinne, samt aller Abzweigungen und Cliquen, in Frankreich 25 000 Personen umfasst, davon gehören 80% zu den unter 21-jährigen. Diese Angaben begründen durchaus eine erhöhte Wachsamkeit. Es ist notwendig, so früh wie möglich den Zeitpunkt zu erfassen, wo Jugendliche eine tatsächliche Abhängigkeit zeigen und wo sie wahrscheinlich unter den Einfluss anderer Personen geraten, die sie auf eine Initiationsreise in die dämonischen Geheimnisse führen wollen.

Strategien der Sektenbewegungen zur Einflussnahme auf internationaler Ebene am Beispiel der OSZE17

Einführung Um Einfluss ausüben zu können, richten Sektenbewegungen Strategien ein, die alle zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, also nicht nur den Weg der traditionellen Bekehrung, um ihre Botschaften zu verbreiten und aufzuwerten und gleitzeitig diejenigen unglaubwürdig erscheinen zu lassen, die diese bekämpfen. Medien, Justiz, Institutionen: Jeder Raum, dem Aufmerksamkeit zukommt und in dem Kommunikation stattfindet wird instrumentalisiert. Der Bericht 2006 hatte sich mit diesen Praktiken auf nationaler Ebene befasst, indem er die Lobbyarbeit der sektenartigen Bewegungen um die parlamentarische Untersuchungskommission „Gestohlene Kindheit: Minderjährige Opfer von Sekten“ herum untersucht 18 hatte . Es schien notwendig, diese Beobachtung auf internationaler Ebene fortzuführen, insbesondere anhand des Beispiels der regelmäßigen Instrumentalisierung durch Sektenbewegungen der „Konferenz über die menschliche Dimension“ und anderer Seminare, die jährlich durch das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR), Institution der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) in Warschau organisiert werden. Wir haben unsere Beobachtungen auf die Jahre 2006 und 2007 konzentriert, da eine Delegation des MIVILUDES zu den Teilnehmern zählte und daher die angewendeten Methoden feststellen konnte. „Wir nennen hier diese Gruppen, deren Verhalten hinsichtlich der Menschenrechte eine echte Herausforderung darstellen, weil sie den Schutz 17

- Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – http://www.osce.org/odihr/

18

- Nationalversammlung: Dezember 2006.

eines Rechts suchen – der Religionsfreiheit – um andere Rechte besser mit Füßen treten zu können. (…) Diese Gruppen haben sehr schnell begriffen, dass es für sie von Nutzen ist, Institutionen wie die Ihre zu instrumentalisieren, wobei sie sich schamlos auf einer Ebene stellen mit denen, die legitimerweise um Ihre Unterstützung bitten und deren Leiden wir anerkennen (…). Wir bitten Sie, nicht auf die Doppelzüngigkeit derer reinzufallen, die einzig hierher kommen, um in Ihrem Arbeitsbericht zu erscheinen (…). Lassen wir uns nicht täuschen, erkennen Sie die wahren Opfer. (…)“: So drückte sich im September 2007 ein Vertreter der Europäischen Föderation der Zentren für Forschung und Information bezüglich des Sektenwesens (Fédération européenne des centres de recherche et d'information sur le sectarisme, FECRIS) aus, dessen Organisation zum ersten Mal in Warschau anwesend war. Er prangerte öffentlich die Instrumentalisierung dieses Treffens in Warschau durch sektiererische Nicht-Regierungsorganisationen an, deren Opfer und Familien durch nationale Vereine vertreten werden, die sich in der FECRIS 19 20 zusammenfinden, darunter in Frankreich die UNADFI und das CCMM . In dieser Erklärung des Sprechers der FECRIS wird alles gesagt 21 über die Strategie dieser Gruppen : seit Jahren unverändert wird sie stets von den gleichen „Anklägern“ vertreten. Diese Gelegenheitsverbündeten mobilisieren sich um eine unanfechtbare gemeinsame Sache, die Religionsfreiheit, um diejenigen besser bekämpfen zu können, die ihre schändlichen Taten anprangern und gegen diese Vorsorge treffen. 2006 und 2007 hat eine Delegation des MIVILUDES unter Leitung des Ausschussvorsitzenden die durch den ständigen Vertreter Frankreichs bei der OSZE geleitete französische Delegation begleitet, um die Stellungnahmen der Vertreter von Sektenbewegungen im Rahmen der Arbeitssitzungen über Fragen der Intoleranz und Diskriminierung und der Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu verfolgen. Die zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen geführten Politiken Frankreichs, aber auch Belgiens, Österreichs und Deutschlands werden regelmäßig von den Sekten und ihren Alliierten angeprangert. Die angeklagten Länder äußern sich im Übrigen immer dazu über ihre Delegierten. Hier soll nur das Beispiel Frankreichs angesprochen werden.

19

- UNADFI: Union nationale der associations pour la défense de la famille et de l’individu, Nationale Vereinigung der Organisationen zum Schutz der Familie und der Person,

20

- CCMM: Centre de documentation, d’éducation et d’action Contre les Manipulations Mentales, Zentrum gegen geistige Manipulation

21

- Die FECRIS wurde im Übrigen Opfer dieser Beeinflussungsstrategie anlässlich des Verfahrens zur Erteilung des Teilnahmestatus beim Europarat. Drei Jahre lang wurde blockiert und wurden lebhafte Verfahrenskämpfe von den Akteuren der Sektenbewegungen geführt (siehe Bericht 2005 Miviludes, Seiten 156 ff).

Es wird deutlich, wie und warum diese Konferenz durch ihre Funktionsweise das perfekte Forum für sektiererische „Multinationale“ und ihre Alliierten abgibt, deren Reden und Ziele mit denen übereinstimmen, die auf nationaler Ebene beobachtet wurden. Über das Profil der Redner wird klar, dass diese paar Akteure dieser Einflussnahmestrategie , welche sich an einer Hand abzählen lassen, so gut wie allein das ganze Netz der pro-sektiererischen Lobbyarbeit auf internationaler Ebene darstellen.

1. Ein Forum, das sich perfekt zur Instrumentalisierung anbietet: die jährliche Konferenz über die menschliche Dimension und andere Konferenzen des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) Die OSZE ist ein breites Beratungs- und Verhandlungsforum für die 56 beteiligten Staaten (Westeuropa, Mittel- und Osteuropa, Vereinigte Staaten von Amerika, Kanada). Sie wurde so gestaltet, dass die Zivilgesellschaften der Mitgliedsländer ihre Beschwerden äußern können, wenn sie der Ansicht sind, dass ihre Grundfreiheiten verletzt werden. Dieses Prinzip ermöglicht einen guten Schutz der individuellen Freiheiten, da, wo sie bedroht werden. Das BDIMR ist die wichtigste mit der Förderung der Menschenrechte und der menschlichen Dimension beauftragte Institution im OSZE-Raum. Die Jahreskonferenz erstellt eine Bilanz über die Verwirklichung der in diesen Bereichen übernommenen Verpflichtungen der beteiligten Länder mit dem Ziel, Leitlinie herauszuarbeiten. Dieses Expertentreffen – bestehend aus internationalen Beamten und hochrangigen Persönlichkeiten – dauert zwei Wochen an. Es ist den Vertretern der Zivilgesellschaft offen, die somit die Gelegenheit erhalten, sich gleichwertig mit den Staatsdelegierten im Rahmen von mehreren thematischen Sitzungen zu äußern, darunter über Grundrechte. Jede NRO (Nicht-Regierungsorganisation), welcher Art auch immer, ist frei, sich so oft sie es wünscht zu äußern, unter der einzigen Bedingung, sich zuvor einzutragen und eine Redezeit von fünf Minuten einzuhalten. Am Rande der Vollversammlung steht es den Ländern und NROs frei, auf dem Gelände der Konferenz Treffen, so genannte „side

events“, zu veranstalten, um auf eine bestimmte Problematik aufmerksam zu machen. Eine angesehene institutionelle Plattform, noch darüber hinaus mit einem internationalen Publikum und wo jeder sich frei äußern kann: Der so gesteckte Rahmen macht daraus einen idealen Ort, um sich Gehör zu verschaffen und von der Ehrwürdigkeit des Kontextes, der mit einem solchen Ereignis verbunden wird, Nutzen zu ziehen. Sektenartige Bewegungen haben dies wohl verstanden und zeigen sich ohne jeglichen Skrupel auf gleicher Ebene wie andere NROs, die legitimerweise ihre Leiden ausdrücken. Ihr einziges Ziel besteht darin, dass ihre Stellungnahmen im Bericht erscheinen. Mit internationaler Rückendeckung bestückt, können sie dann einfach von ihren Alliierten instrumentalisiert werden, doch auch, mit einem bisschen Glück oder etwas Anschub im richtigen Moment, durch diesen oder jenen offiziellen Bericht wiederaufgenommen werden.

2. Eine immer gleiche Botschaft: die Vermischung von „Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen“ und „Verletzung der religiösen Freiheit“ Sektenbewegungen und ihre Alliierten, das ist bekannt, rücken die Debatte gern auf das Feld der religiösen Freiheiten, um die Rollen besser zu vertauschen und sich als Opfer der Verletzung dieser Freiheit darzustellen. Daher äußern sie sich meistens im Rahmen der Sitzung, die sich mit dieser Problematik befasst. Anders gesagt suchen diese Gruppen, deren Verhalten ständig den Menschenrechten trotzen, Schutz hinter einem Recht, der Religionsfreiheit, um andere Rechte ungestörter missachten zu können. 2007 forderte ein Vertreter einer NRO zum Schutz der religiösen Minderheiten, „Menschenrechte ohne Grenzen“, „die Angliederung des MIVILUDES an das Innenministerium, das zuständig ist für Religionsangelegenheiten“ und prangerte die Tatsache an, dass „heute anwesende Redner und Bewegungen als antireligiös und dem religiösen Pluralismus entgegengesetzt bekannt sind“, und zitierte den französischen Verein UNADFI (Nationale Vereinigung der Organisationen zum Schutz der Familie und der Person) als Beispiel. Französische Vertreter der MoonBewegung „Gemeinschaft vom Heiligen Geist für die Vereinigung der 22 Weltchristenheit“ erwähnten „die Vereine, die Kampagnen gegen religiöse 22

- Auch als „Vereinigungskirche“ bekannt

Minderheiten veranstalten“. 2006 untermalten Mitglieder der „nationalen Vereinigung der Plymouthbrüder Frankreichs“ diese Aussage, indem sie behaupten, „den Löwen vorgeworfen worden zu sein“, weil sie im Bericht 2005 des MIVILUDES genannt worden waren. Der Sprecher der europäischen Rael-Bewegung scheute nicht davor zurück, von einer „systematischen Verfolgung der religiösen Minderheiten“ zu sprechen, welche „die Grundlagen selbst des Rechtsstaats in Frage stellten“. Ein französischer Vertreter der Zeugen Jehovas „(appellierte) feierlich, um aufmerksam zu machen auf das, was sich zur Zeit in Frankreich abspielt" und forderte, dass „diese Verletzungen der Glaubensfreiheit und der Menschenrechte nicht banalisiert würden“. Im Jahr 2007 nahm die RaelBewegung Bezug auf einen Bericht der UNO, seit zwei Jahren bevorzugte Referenz der Sektenlobbyisten: „Einmal mehr wurde unser Land, in Folge einer im September 2005 durchgeführten Untersuchung, vom Berichterstatter der Vereinten Nationen über Glaubens- und Religionsfreiheit 23 angeprangert“ . Verfolgung, Belästigung, Stigmatisierung, Hasspolitik und Diskriminierung sind die ohne Skrupel gebrauchten Begriffe, die diejenigen benutzen, die sich selbst zu „neuen religiösen Bewegungen“, „religiösen Minderheiten“ oder „Glaubensminderheiten“ erklären und die sonst keiner so bezeichnet. 2007 scheuten bestimmte Vereine, die auf der Jahreskonferenz des BDIMR vertreten waren, nicht davor zurück, sich im Abstand von zwei Tagen zweimal zu äußern, indem sie zusätzlich an der Sitzung über Diskriminierungsprobleme teilnahmen und einen kaum veränderten Text vorlasen, wofür sie eine Rüge der Gastbehörde erhielten. Mit mehr oder weniger Heftigkeit von einem Jahr zum anderen machen diese Gruppen die Einhaltung der Grundfreiheiten und insbesondere der Religionsfreiheit geltend, um zu versuchen, der Wachsamkeit der öffentlichen Behörden und der Parlamentarier angesichts von sektiererischen Entgleisungen die Legitimität zu entziehen, wobei sie gleichzeitig die Tätigkeiten der Vereine zum Schutz der Opfer und ihrer Familie diskreditieren.

23

- Bericht der Kommission für Menschenrechte, veröffentlicht am 8. März 2006, erstellt auf Grundlage eines im September 2005 durchgeführten Auftrags der Sonderberichterstatterin für Religions- und Glaubensfreiheit der UNO, Frau Asma Jahangir.

3. Wiederkehrende Ziele: die institutionellen und nicht institutionellen Akteure der Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen In den Stellungnahmen der Sektenbewegungen anlässlich der vom Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) des OSZE veranstalten Konferenzen können die gesamte Geschichte der französischen Überwachung und Bekämpfung des Sektierertums abgelesen werden. Im Laufe der Jahre haben die Einrichtung eines interministeriellen Ausschusses und seine Entwicklung, von der interministeriellen Beobachtungsstelle über Sekten zum MIVILUDES über den MILS (ständiger Ausschuss zur Bekämpfung von Sekten), die Annahme des About-PicardGesetzes und die Berichte der parlamentarischen Untersuchungskommissionen – insbesondere der von 1996, der eine „Liste“ der Sektenbewegungen veröffentlichte – und die Tätigkeiten von Vereinen zum Schutz der Opfer von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen und ihren Familien unaufhörlich mehr oder weniger heftige Kritik hervorgerufen, die stets die Anklage enthielt, Grundfreiheiten würden verletzt. Zur Zeit zum Beispiel ist zwar die Debatte um das About-PicardGesetz im Rahmen der OSZE etwas in den Hintergrund gerückt, die Angriffsziele bleiben jedoch mehr oder weniger die gleichen, besonders heftig werden Vereine wie die UNADFI (Union nationale der associations pour la défense de la famille et de l’individu, Nationale Vereinigung der Organisationen zum Schutz der Familie und der Person) und das CCMM (Centre de documentation, d’éducation et d’action Contre les Manipulations Mentales, Zentrum gegen geistige Manipulation) angegriffen.

Die französische Politik: interministerieller Ausschuss und parlamentarische Initiativen Frankreich, aber auch Belgien und Österreich und in einem minderen Maße ebenfalls Deutschland, haben jeder auf seine Weise Maßnahmen ergriffen, um sektiererischen Machenschaften vorzubeugen und gegen sie vorzugehen. Aus diesem Grund zählen sie zu den bevorzugten Zielen der Sektenbewegungen und ihrer Verbündeten: Die starke Mobilisierung und Vertretung dieser könnte einen nicht eingeweihten

Beobachter zu der Annahme führen, dass die genannten Staaten zur Spitzengruppe der freiheitszerstörenden Länder zählen, unter den 56 in Warschau wegen Verletzungen der Menschenrechte und diskriminierender Haltungen vertretenen. Aufgrund seines frühzeitigen Engagements bei der Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen stellt Frankreich seit zehn Jahren im Rahmen der Warschauer Konferenz ein besonders beliebtes Ziel dar. 2007 wies ein Vertreter der Scientology-Kirche, der sich unter einer der „humanitären“ Bezeichnungen dieser multinationalen Bewegung vorstellte, dem „europäischen Büro für Menschenrechte“, treu der weicheren Linie, welche die Organisation seit kurzem annimmt, um sich mehr Respekt 24 zu verschaffen , jegliche provokante Haltung von der Organisation und kritisierte im Gegenzug die oben genannten Länder ohne sie beim Namen zu nennen. Er prangerte die Intoleranz gegenüber religiösen Minderheiten an, die „bestimmte Staaten Westeuropas“ an den Tag legen, indem sie Listen von „Sekten“ veröffentlichen, wodurch bestimmte religiöse Minderheiten gegenüber anderen „Religionen“ stigmatisiert und isoliert würden. Im Jahr zuvor hatte er namentlich seine Angriffsziele genannt, indem er die Liste des französischen parlamentarischen Berichts sowie das About-Picard-Gesetz kritisierte, welches im Übrigen in Belgien zu einem Gesetzesvorschlag inspirierte. Gleichzeitig äußerten andere Bewegungen mehr oder minder das gleiche wie die Scientology-Kirche, wobei sie die von ihnen angeklagten Länder nannten. Anhänger der Moon-Bewegung erwähnten die „Diskriminierungspolitik“ des französischen Staats, bei der „offiziell ein schlechtes Bild religiöser Minderheiten vermittelt wird und ihre Gegner unterstützt werden“. Schließlich forderten sie die „Aufhebung des Erlasses zur Gründung des MIVILUDES“. Mitglieder der Rael-Bewegung folgten dem Beispiel, jedoch mit mehr Heftigkeit, und empörten sich über die „skandalösen Diskriminierungen“ der belgischen und französischen Regierungen gegenüber den neuen Religionen und über die Verletzungen der Menschenrechte und der Empfehlungen der OSZE durch diese Staaten. In dem gleichen Forum scheuten die Raelianer 2006 nicht davor zurück, den Begriff der „Hexenjagd“ zu gebrauchen, um ein „typisch

24 - Siehe Bericht 2006 des Miviludes / Lobbyarbeit der Sekten im Rahmen der parlamentarischen Untersuchungskommission „Gestohlene Kindheit: Minderjährige Opfer von Sekten“: es ist zu beobachten, dass Scientology von ihrer frontalen Aggressivität ablässt, um dies Vereinen wie CAP und CICNS zu überlassen, und sich selbst unanfechtbare Themen zu eigen macht, wie den Kampf gegen Drogen, Menschenrechte, usw. Zu diesem Zweck hatte das "europäische Büro für Menschenrechte" der ScientologyKirche in Warschau 2006 im Rahmen der "side events" der Konferenz die Ausstrahlung von Video-Clips organisiert, welche der internationale Verein Jugend für Menschenrechte (Youth for Human Rights international), "Partnerorganisation" der Bewegung, entwickelt und ausgestrahlt hatte (siehe dazu auch den Abschnitt des Bericht 2006 des Miviludes „Wenn die Scientology-Kirche sich selbst ins Fernsehen einlädt“).

französisches Phänomen“ zu bezeichnen, Paraphrase des Titels der Stellungnahme eines anderen Sekten-Lobbyisten, Christian Cotten, „Frankreich: Jagd auf Sekten im Land der Menschenrechte“, in der er die „paranoische Gewalt der Institutionen“ anprangerte. Die Zeugen Jehovas ziehen es für ihren Teil vor, sich nicht an den Äußerungen der zuvor genannten Bewegungen zu beteiligen. Nachdem sie sich bei den Staatsbehörden dafür bedankt hatten, dass ihrer Bewegung der Religionsstatus zuerkannt worden war, richteten sie ihre Kritik ausschließlich an die Parlamentarier, denen sie „ständige Belästigungen“ vorwarfen, und an den Inhalt der parlamentarischen Untersuchungskommission über Kinder und Sekten. Der MIVILUDES und sein Vorsitzender wurden bei der Kritik nicht ausgespart, sie wurden angeprangert als „diese Parlamentarier, welche die Unterstützung einer Regierungsstelle erhalten, dem MIVILUDES, dessen aktueller Vorsitzender, die Amtsverschwiegenheit verletzend, öffentlich dem Ansehen der Familien der Zeugen Jehovas schadet". Dies ist nicht das erste Mal, dass persönliche Angriffe in diesem Forum geäußert werden. Anlässlich eines anderen Seminars des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) in Warschau im 25 Mai 2006 , kritisierte ein Vertreter der Scientology-Kirche die „mangelnde Neutralität“ der Verantwortlichen de Sektenausschusses der Direction des affaires criminelles et des grâces (kriminalpolizeiliche Angelegenheiten und Begnadigungen) des Justizministeriums, welche die jährlich von der Fachhochschule für Justizbeamte angebotene Fortbildung zum Sektenphänomen veranstaltet. Abgesehen von der im parlamentarischen Bericht „Sekten in Frankreich“ enthaltenen „Liste“ der Sektenbewegungen, welche ohne Unterlass seit mehr als zehn Jahren in Warschau scharf verurteilt wird, zogen sich, wieder 2006, die Arbeiten der Untersuchungskommission, deren Bericht im Dezember 2006 veröffentlicht wurde, Kritik zu: „Löbliche Absichten, doch was geschieht tatsächlich? Auf einem Kanal des parlamentarischen Fernsehens, LCP, der Auszüge aus den Versammlungen dieser Kommission zeigt, sehen wir wie philosophische Minderheiten durch die Medien gelyncht werden. Diese Gruppen, zu denen die Rael-Bewegung gehört, werden angeklagt, ohne die Möglichkeit zu erhalten, auf diese 26 Verleumdungen zu antworten“ . Die Raelianer forderten die sofortige Einstellung der laufenden Arbeiten der Untersuchungskommission. Wie gewohnt, wenn sie in diesem Forum auftreten, nahmen die Zeugen Jehovas den Verlauf von dem wieder auf, was sie die „permanente Belästigung“ durch Parlamentarier nennen, angefangen mit dem Bericht von 25 - 10-12 Mai 2006 / Warschau / Seminar “Upholding the rule of law and due process in criminal justice systems” / Beitrag des “europäischen Büros für Menschenrechte der internationalen Scientology-Kirche“. 26

- Erklärung der europäischen Rael-Bewegung, 10. Oktober 2006.

1995 eine Liste der Bewegungen enthaltend, bis zuletzt zum Bericht vom Dezember 2006 über Kinder, Opfer von Sekten. Sie stellten sich als die „wichtigste Zielscheibe“ der betreffenden Kommission dar und machten den Berichterstatter und den Generalsekretär dieser Kommission für ihre 27 „Indexierung“ verantwortlich. Am Eingang der Konferenz lagen schließlich, zwischen den Dokumenten, die allen Beteiligten frei zur Verfügung stehen, einige Dutzend Exemplare eines von der Koordinierungsstelle der Vereine und Privatpersonen für Glaubensfreiheit (Coordination des associations et particuliers pour la liberté de conscience, CAP) veröffentlichten Hefts aus mit dem Titel „Les anomalies d'une Commission d'enquête parlementaire“ 28 (Unregelmäßigkeit einer parlamentarischen Untersuchungskommission) . Es sollte daran erinnert werden, dass die Koordinierungsstelle der Vereine und Privatpersonen für Glaubensfreiheit (CAP) eine in Frankreich und Belgien aktive Lobbybewegung ist, die schnell bereit ist, jegliche Initiative zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen zu kritisieren. Der Ton der im Laufe der zwei letzten Jahren geäußerten Kritiken kann jedoch als „gemäßigt“ bezeichnet werden, wenn man ihn mit der Heftigkeit der Anschuldigungen vergleicht, die bei Entstehung des MILS und während der Debatten über das About-Picard-Gesetzes 1999 und 2000 geäußert wurden, vergleicht. 1999 entging man knapp einem diplomatischen Zwischenfall, als die amerikanische Kritik gegen Frankreich und insbesondere den MILS von Sektenbewegungen und ihren Verbündeten aufgenommen und verstärkt 29 wurde , darunter die „internationale Vereinigung Helsinki für Menschenrechte“ (oder FIH, siehe V). Ein französischer Diplomat berichtete (auf diplomatische Art und Weise) von „Angriffen einer ungewohnten Schärfe“ gegenüber der französischen Politik. Der Generalsekretär des damals noch ganz jungen MILS, der auf Anfrage des Außenministeriums antwortete, um die französische Politik zu erklären, wurde heftig angegriffen. Das Forschungszentrum für neue Religionen (Centre d’Études sur les

27

- Mitteilung der religiösen Vereinigung der Zeugen Jehovas Frankreichs, 10. Oktober 2006.

28

- Siehe Bericht 2006 des Miviludes, „Strategien der Einflussnahme – Lobbyarbeit von Sekten auf parlamentarischer Ebene“.

29 - Nach dem Empfang am Quai d’Orsay (Sitz des Außenministeriums) mehrerer amerikanischer Delegationen, welche die religiöse Freiheit in der Welt untersuchten und nach der Veröffentlichung im September 1999 des Berichts des amerikanischen State Departements zum gleichen Thema hatte Hubert Védrine, damals Außenminister, in diesem Kontext am 8. Dezember einen Brief an seine amerikanische Amtskollegin, Madeleine Albright, gerichtet, in dem er sich entrüstet zeigte darüber, dass "dieses grundlose Infragestellen der staatlichen Maßnahmen Frankreichs durch (die amerikanische Verwaltung), in dem Moment, wo der Dialog zwischen (unseren) hohen Beamten weitergeführt wird, einen Schatten auf diesen fruchtbaren Dialog geworfen hat“ und die Weiterführung eines bilateralen Austauschs außerhalb des internationalen Kontexts beendete.

30

Nouvelles religions, CESNUR) bezeichnete kurz darauf die Reaktion des Generalsekretärs als „hysterisch“ und prangerte „die Intoleranz der Kreise des MILS an, die nicht nur statt Diskussions- und Dialogbereitschaft eine paranoische Komplotthaltung an den Tag legen, sondern auch als offizielle Position Frankreichs in Sachen Religionsfreiheit Begriffe angeben, die als religionsfeindlich bezeichnet werden können und im Allgemeinen aus der 31 antiklerikalen Zeit des XIX. Jahrhundert bekannt sind“ . 2000 übernahm ein Vertreter der Scientology-Kirche diesen Begriff der Hysterie in Zusammenhang mit Frankreich, „dem Land Westeuropas, das alle anderen übertrifft in seiner hysterischen und überkritischen Art, mit 32 Religionsfreiheit umzugehen“ , nachdem er das Jahr zuvor erklärt hatte, dass Frankreich Minderheiten „lediglich aufgrund ihrer Beschaffenheit und 33 ihrer religiösen Überzeugungen verfolgen würde“ . Ein Mitglied der internationalen atheistischen Religion Raels steigerte die Kritik noch, indem er „die Politik des Hasses und der Diskriminierung von religiösen Minderheiten“ anprangerte, welche „eine Stimmung verursacht, die Gewalttaten gegen Sekten hervorrufen könnte“. Es erinnere an „Praktiken Nazi-Deutschlands“. Dieser Bezug wurde erneut 2001 bezüglich des About-Picard-Gesetzes hergestellt, das als aus der 34 Nazizeit inspiriertes Gesetz bezeichnet wurde . Damals forderte die RaelBewegung zusammen mit der Scientology-Kirche die Abschaffung des MILS.

Vereine zum Schutz der Opfer von gefährlichen sektiererischen Machenschaften und ihren Familien Zurzeit befinden sich die wichtigsten französischen Opferschutzvereine die UNADFI und das CCMM im Fadenkreuz der 30 - Internationaler universitärer Verein, geleitet von dem Italiener, Massimo Introvigne. Erklärter Widersacher der Politiken zur Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen, insbesondere die Frankreichs. 31

- http://www.cesnur.org/Vienna_fra.htm

32

- 23. Oktober 2000: Beitrag des europäischen Büros für Menschenrechte und öffentliche Angelegenheiten der Scientology-Kirche.

33

34

- September 1999: Beitrag des europäischen Büros für Menschenrechte der Scientology-Kirche.

- Der Schritt zwischen der Beschuldigung des „Nazismus“ zur der des Antisemitismus ist nicht weit. Er wurde im Übrigen bereits von bestimmten Gegnern der französischen Politik gegen sektiererische Entgleisungen gewagt. In diesem Zusammenhang gipfelte Richard Land, Vorsitzender der SüdlichBaptistischen Konvention und Vorsitzender des Verwaltungsrats des Institute on Religion and Public Policy (bei der OSZE vertretene Lobby), in einem Interview an die Zeitschrift La Vie vom 13. März 2003: „Wir Amerikaner haben schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen zu melden. In Frankreich, zum Beispiel, wurden bis zum Abtritt von Alain Vivien an der Spitze des Mils Menschen so verfolgt, wie es unter der VichyRegierung der Fall war. Siehe auch Serge Faubert in Une secte contre la république (Eine Sekte gegen die Republik), Absatz mit dem Titel "Tous des antisémites" (Alle nur Antisemiten) (Verlag Calmann-Lévy, 1993).

35

Sektenbewegungen und ihrer Verbündeten , direkt, auf dem Feld der Medien und der Justiz und indirekt über heftige Kritik gegenüber der 36 FECRIS , ihres Dachverbands auf europäischer Ebene. Es scheint wesentlich anzumerken, dass diese systematischen Verleumdungen nicht die Tätigkeiten dieser Vereine zum Schutz der Opfer betreffen, sondern als Beschuldigungen wegen angeblicher Verletzungen der Glaubensfreiheit geführt werden. 2007 gingen also diese Beschuldigungen vom Forum der OSZE aus, mit einer außergewöhnlichen Verbissenheit seitens der Sekten-Lobbyisten, die sich augenscheinlich abgesprochen hatten, um den Stopp der Subventionen des französischen Staats an diese beiden Vereine zu fordern, was natürlich dem Antrag auf ein Todesurteil gleichkam. Vertreter der MoonBewegung äußerten sich wie folgt: „Mehrere private Vereine wie die UNADFI, das CCMM und die FECRIS erhalten Staatssubventionen in Höhe von fast 100% ihrer Ressourcen, dies verletzt das Prinzip der Teilung von Kirche und Staat. Sie sprechen abwertend, nahezu aggressiv von religiösen Minderheiten und entwickeln Aktivitäten, die nicht vereinbar sind mit den Regeln der Toleranz, die in den Mitgliedsländern der OSZE gelten“. So macht sich die Rael-Bewegung die oben genannten Argumente zu Nutzen und fügt hinzu, dass „es in Frankreich mehr Opfer von Vereinen zur Bekämpfung von Sekten als Opfer von Sekten selbst gibt". Bereits 2006 hatte sie die Auflösung der UNADFI gefordert. Der Verantwortliche der NRO Menschenrechte ohne Grenzen, Willy Fautré, betitelte seine Stellungnahme „Die öffentliche Finanzierung von Projekten und Organisationen, die sich für religiöse Intoleranz einsetzen, muss gestoppt werden!“, wobei er in seinem Beitrag „die UNADFI und andere französische Organisationen gegen Sekten“ benannte, sowie die Veranstaltung eines Studientags am 28. Juni 2007 durch die Konferenz des Europarats der internationalen Nicht-Regierungsorganisationen (INGO) „Sekten und Kulte: eine Herausforderung für Demokratie und Menschenrechte“. Im März 2006 hatte ein Vertreter der Scientology-Kirche Wort für Wort die von verschiedenen Klägern vor Gericht formulierten Anklagepunkte zur Auflösung der UNADFI anlässlich einer anderen Konferenz des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR)wiederholt, rehabilitierte jedoch diesen Verein, um die französische Regierung besser 37 angreifen zu können : „Der ADFI ist nicht mehr und nicht weniger als ein 35

- Siehe Bericht 2005 Miviludes (Sache um den Teilnehmerstatus der FECRIS beim Europarat) und Bericht 2006 Miviludes (Gerichtsverfahren gegen Opferschutzvereine).

36 - Europäische Föderation der Zentren für Forschung und Information bezüglich des Sektenwesens (Fédération européenne des centres de recherche et d'information sur le sectarisme) 37

- 10-12. Mai 2006, Warschau, Seminar “Upholding the rule of law and due process in criminal justice systems“: Beitrag des europäischen Büros für Menschenrechte der internationalen Scientology-Kirche.

Agent der Regierung im Kampf gegen Sekten. Daher sollte jegliche Aktion seinerseits der Regierung angerechnet werden und unterliegt der Rechtsprechung der internationalen Konvention über bürgerliche und politische Rechte und anderen Strukturen der Vereinten Nationen“. So war er einen Schritt voraus, um eine direktere Stigmatisierung zu erreichen, die 38 auf nationaler Ebene durch die CAP und das CICNS aufgegriffen wurde , da diese Einrichtungen auf französischem Gebiet die gleiche Verbissenheit aufweisen, um das Verschwinden der Vereine, die sie bekämpfen zu legitimieren. In Frankreich geht es jedoch nicht darum, sich „Opposition“, wie die UNADFI oder das CCMM, zu kaufen, wie es in den Vereinigten Staaten durch den Aufkauf des „Cult Awareness Network“ (CAN), amerikanischer Verein zum Schutz der Sektenopfer in den siebziger Jahren, durch Zwischenhändler geschehen ist, die einer bedeutenden multinationalen Sekte nahe standen. Andere Mittel werden genutzt, zum Beispiel die 39 Anwendung der juristischen Waffe oder unendliche verbale Attacken, wie die auf dem Forum der OSZE geäußerten.

4. Eine Konstante: der Ruf nach Rückendeckung der Universitäten Um ihre Aussagen zu unterstreichen und zu legitimieren, greifen Sektenbewegungen auf die Meinung von Experten der Universitäten zurück. Der Vorwurf, Gegendarstellungen seien nicht erwünscht und der Ruf nach Rückdeckung durch Soziologen, Juristen, Philosophen, Religionshistoriker oder andere „Experten“ sind Konstanten der Rhetorik der Sekten, und die Redner in Warschau bilden hier keine Ausnahme. 2006 erklären die Raelianer, „dass die Abgeordneten, Mitglieder dieser nationalen Kommission, anscheinend vergessen, dass sie stets nur Vertreter ihrer Wähler sind. Dies gibt ihnen in keiner Weise eine besondere Befugnis, so komplexe Themen wie die der philosophischen und religiösen Minderheiten zu behandeln, wo sie gut beraten wären, die Meinung von Spezialisten in diesen Fragen einzuholen, so von Soziologen, 40 Psychotherapeuten, Philosophen und Religionshistorikern“ . Anhänger der Moon-Bewegung empfehlen, „die objektiven Studien von Soziologen und anderen Spezialisten der neuen religiösen Bewegungen zu berücksichtigen“.

38 - Koordinierungsstelle der Vereine und Privatpersonen für Glaubensfreiheit (Coordination des Associations et Particuliers pour la Liberté de Conscience CAPLC) - Informations- und Beratungszentrum für neue Kulte (Centre d'information et de conseil sur les nouvelles spiritualités, CICNS ) 39

- Siehe Bericht 2006 des Miviludes: Strategien der Einflussnahme von Sektenbewegungen auf juristischer Ebene.

40

- Europäische Rael-Bewegung, 10. Oktober 2007.

Es ist daher nicht überraschend, dass Sektenbewegungen und ihre bei der OSZE vertretenen Verbündeten die Zusammensetzung des Expertenpanels des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) für Religions- und Glaubenfreiheiten sehr aufmerksam beobachten. Es geht um viel, denn diesem Panel kommt eine Beraterrolle beim BDIMR zu. Die Expertengruppe kann die Initiative für bestimmte Arbeiten ergreifen oder über das Profil der „Moderatoren“ bei Seminaren über Freiheits- und Religionsfragen entscheiden. 1999 zum Beispiel benannte das Panel als Moderatoren einer zusätzlichen Sitzung des BDIMR über „religiösen Pluralismus“ Herrn Alain Garay, seinerzeit Anwalt der Zeugen Jehovas und Herrn Massimo Introvigne, 41 Leiter des CESNUR , die es sich natürlich nicht nehmen ließen, gegen die Tätigkeit des MILS in die Bresche zu springen. Seit 2005 gehört Herr Alain Garay zum Expertenpanel - als eine der zwei von Frankreich benannten Persönlichkeiten – und kam 2006 in den engeren Kreis des Orientierungsrats dieser Expertengruppe. Dort verkehrt er auch mit Herrn 42 Jeremy Gunn , von den USA benannter Vertreter, ebenfalls erklärter Widersacher der europäischen Initiativen zur Prävention und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen. 2006 und 2007 rief die Scientology-Kirche zur Erweiterung der Vorrechts dieses Expertenpanels über Religions- und Glaubensfreiheit auf, damit es seine eigenen Prioritäten bestimmen und sich über ihm zu Kenntnis gekommene Fälle von religiöser Intoleranz oder Diskriminierungen äußern könne, ohne von der Zustimmung – oder dem Veto – einer der bei der OSZE vertretenen Regierungen abhängig zu sein, wie es heute noch der Fall ist. 43 Das „Institute on Religion and Public Policy“ , eine amerikanische NRO, forderte ihrerseits die Verstärkung seiner Mittel.

5. Vernetzte Teilnehmer und der Triumph des „Kopieren und Einfügen" Eine Analyse der Tätigkeiten der Sektenbewegungen und ihrer 41

- Forschungszentrum für neue Religionen: siehe oben, Verweis Fußzeile Nr.22

42

- Jeremy Gunn, amerikanischer Akademiker, äußerte sich am 14. Juni 2000 vor dem Repräsentantenhaus des amerikanischen Kongresses im Rahmen einer Stellungnahme mit dem Titel „Discrimination on the basis of religion and belief in western Europe“ sehr lang gegen die französische Politik zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen, nachdem er einen Monat zuvor beim Mils als Mitglied der amerikanischen Delegation empfangen worden war, die über Religionsfreiheit in der Welt Untersuchungen anstellte.

43

- Siehe oben.

Verbündeten innerhalb der OSZE, auch wenn sie wie im vorliegenden Kapitel zusammenfassend ist, macht die funktionellen oder opportunen Verbindungen, die sie einen, deutlich. Die Darlegung der Existenz von wahren "Netzen" könnte nationale Gruppen einbeziehen, doch der Gegenstand dieser Untersuchung beschränkt sich absichtlich auf die Sphäre der OSZE, wo mehrheitlich Bewegungen und Strukturen mit internationalen Bestrebungen verkehren. Die erste Konsequenz dieser Funktionsweise im Netz ist die, dass die gegen die französische Politik und ihre Akteure - interministerieller Ausschuss, Parlamentarier, Schutzvereine - geäußerte Kritik echoartig auf internationaler Ebene wiederholt wird: im Forum der OSZE, aber auch in den Jahresberichten des amerikanischen Statedepartments über „Religionsfreiheit in der Welt“ und „Menschenrechte in der Welt“, im Europarat und vor der UNO. Auf nationaler Ebene schließen sich Lobbies an, wie die Koordinierungsstelle der Vereine und Privatpersonen für Glaubensfreiheit (Coordination des associations et particuliers pour la liberté de conscience, CAP) und das Informations- und Beratungszentrum für neue Kulte (Centre d'information et de conseil sur les nouvelles spiritualités, CICNS, sogar manche Akademiker. Das ist der Triumph des Echos und des „Kopieren und Einfügen“, manchmal im genau gleichen Wortlaut. Innerhalb der OSZE wiederholen sich die genannten Beispiele. Sie betreffen hauptsächlich Organisationen aus Nord-Amerika, wie die Scientology-Kirche, die Zeugen Jehovas und die Moon-Bewegung, deren erheblichen Mittel die intensive Lobbyarbeit auf internationaler und nationaler Ebene begünstigen. Diese Feststellung wäre im Übrigen noch offenkundiger, wenn diese Untersuchung die Analyse des Inhalts mancher amerikanischer Berichte mit einbeziehen würde, die die Gelegenheit nie verpassen, Frankreich aufgrund von Verletzungen der Religionsfreiheit anzuprangern: gemeint sind die Jahresberichte des State Departments, sowie die der „United States Commission on International Religious Freedom“ 44 (USCIRF) . Eine Bewegung wie die Scientology-Kirche hat die Aufmerksamkeit, die sie von den Redakteuren solcher Berichte erhielt, immer begrüßt. Andere Arbeiten, gleiche Gesprächspartner: Frau Asma Jahangir, Berichterstatterin, sagt aus, für ihren Bericht vor der Kommission für Menschenrechte der UNO über „Religions- und Glaubensfreiheit“ vom 8. März 2006 „Vertreter bestimmter religiöser Gruppen oder Glaubensgemeinschaften getroffen zu haben, darunter die Scientology-Kirche und die Zeugen Jehovas“. Die bei Konferenzen des Büros für demokratische Institutionen und 44

- http://www.uscirf.gov/ Diese Organisation stellt sich dar als eine „unabhängige Bundesagentur, Beraterin des Weißen Hauses, der Verwaltung und des amerikanischen Kongresses“. Herr Richard Land (siehe Verweis Fußnote Nr. 26), ihr Vize-Präsident, wurde von Georges Bush, Präsident der Vereinigten Staaten, 2001 ernannt. Herr Land ist ebenfalls im Aufsichtsrat des IRPP.

Menschenrechte (BDIMR) systematisch anwesenden Bewegungen sind wohl bekannt. Es ist nicht notwendig, sich lange mit dem Profil derer zu befassen, die regelmäßig ganz vorne in den Berichten des MIVILUDES stehen. Im Gegenzug ist das Profil bestimmter NROs von Interesse, die erhebliche Anstrengungen entfalten, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Forums der OSZE, um Länder zu kritisieren, die an der Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen beteiligt sind. So wird deutlich, was diese Gruppen im Netz der "Sektenlobby" vereint, die letztendlich auf einige wenige Schlüssel-Akteure beschränkt ist, deren wichtigste Vertreter eifrige Teilnehmer der Tätigkeiten der OSZE sind.

Die Vorzeige-Bewegungen des Einflussnetzes Unabhängig davon, ob sie eifrig teilnehmen oder Gelegenheitsbeteiligte sind, all diese Bewegungen haben ein internationales Tätigkeitsfeld gemeinsam und sind meistens nord-amerikanischer Herkunft. Die eifrigste Bewegung ist zweifelsohne die Scientology-Kirche, die immer von einem oder mehreren europäischen Verantwortlichen der Bewegung vertreten wird, oft durch den Direktor des „europäischen Büros für Menschenrechte“ aus Brüssel, Martin Weightman. Es kommt vor, dass einer ihrer amerikanischen Anwälte die Delegation begleitet, wenn er nicht bereits über das „Institute on Religion and Public Policy“ vertreten ist (siehe oben). Die Zeugen Jehovas treten abhängig vom aktuellen Geschehen auf nationaler oder internationaler Ebene auf. Zum Beispiel äußerten sich französische Delegierte 2004, um ihre Streitsache mit der französischen Finanzbehörde anzuprangern und 2006, um die parlamentarische Untersuchungskommission „Minderjährige Opfer von Sekten“ zu kritisieren. Seit einigen Jahren äußern sich die in Frankreich wie auf internationaler Ebene vertretenen Raelianer regelmäßig. Beteiligen sich Scientology und Zeugen Jehovas nicht oder sind sie abwesend, so findet sich immer eine NRO um in die Bresche zu springen, so wie diejenigen, über die im Folgenden berichtet werden soll. Gelegentlich, wenn das aktuelle Geschehen sie betraf, waren Vertreter der Moon-Bewegung, der Plymouthbrüder, sogar Herr Christian 45 Cotten anwesend, um teils heftige Stellungnahmen abzugeben, auch das theologische Institut Nîmes (ITN) zeigte sich. Auf diese Organisation sollte etwas genauer eingegangen werden.

45 - Sehr bekannter Lobbyist, früher lebhafter Stammgast im Fernsehen, Verantwortlicher von „Politique de Vie“, deren „strategische“ Organisation im parlamentarischen Bericht „Sekten in Frankreich“ (1996) zitiert wurde.

In der Tat sagt der Rahmen ihres Auftretens im Kreis der OSZE viel aus über die Funktionsweise des Einflussnetzes der Bewegungen und NROs, die in der vorliegenden Analyse genannt werden. So verursachte die Scientology-Kirche anlässlich einer Konferenz des BDIMR im September 1999 die Entrüstung der französischen Delegation mit der Aussage, dass die Regierung über die Tätigkeit des MILS die Rechte von Minderheiten verletzen würde, und dies nicht aufgrund von illegalen Handlungen, sondern lediglich wegen ihres Glaubens. Das „theologische Institut Nîmes“, vertreten durch Herrn Demeo, Pastor der „evangelischen Kirche der Gnade“, vertrat damals die gleichen Behauptungen. Er prangerte die Diskriminierungen an, denen er angeblich zum Opfer gefallen sei und die seiner Ansicht nach mit der Eintragung des ITN in die Liste der 172 in den parlamentarischen Bericht „Sekten in Frankreich“ aufgenommenen Bewegungen zusammen fielen. Der vom Institut in den Anmeldungsdokumenten für die Teilnahme an der Konferenz angegebene Kontakt war das amerikanische State Department. Das ITN, bisher in den Medien und in der Öffentlichkeit kaum bekannt, ist eine Tochter der evangelischen Kirche der Gnade. Es umfasst heute und umfasste damals ein paar Dutzend Personen im Süden Frankreichs. Es ist interessant festzustellen, dass wenige Monate zuvor, im April 1999, das Institut gemeinsam mit der Scientology-Kirche und den Zeugen Jehovas als Beispiel einer von Diskriminierungen betroffenen Gesellschaft von den Mitgliedern einer amerikanischen Delegation genannt worden war, welche mit einer Untersuchung über Religionsfreiheit in der 46 Welt beauftragt, ebenfalls nach Frankreich gereist war . Im Juni des gleichen Jahres sagte Pastor Demeo neben den Herren Fautré (DHSF) und Garay (damals Anwalt der Zeugen Jehovas) vor der amerikanischen Kommission über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der CSCE, 47 gegen Frankreich aus. Darauf hin wurde das Beispiel des ITN weitgehend von Sektenbewegungen und ihren Verbündeten übernommen. Mehrere Jahre lang erschien das ITN systematisch in den Berichten des amerikanischen State Department über Religionsfreiheit in der Welt, obwohl es in Frankreich von den Behörden unbeachtet blieb, weil keine neue Beschwerde eingegangen war. Schließlich ist es sinnvoll anzumerken, dass der Gründer der amerikanischen Mutterkirche, der „Greater Grace“, kein anderer als

46

- Der Bericht 1999 des amerikanischen State Department über „Religionsfreiheit in der Welt“ enthält eine lange Abhandlung über das ITN, sowie über Scientology und die Zeugen Jehovas. Im Bericht 2007 wurde das ITN zu den wesentlichen diskriminierten Bewegungen gezählt, weil es im parlamentarischen Bericht „Sekten in Frankreich“ (Nationalversammlung – 1996) gelistet ist.

47

- siehe oben, Abschnitt über „Menschenrechte ohne Grenzen“.

„Reverend“ George Robertson ist. Dieser machte als Leiter einer „Voice of Freedom“ genannten Organisation auf sich aufmerksam, welche das Scheitern und die Übernahme des "Cult Awareness Network" (CAN) betrieb, in den siebziger Jahren die bedeutendste amerikanische Organisation für Sektenopfer, womit er seine Bemühungen mit denen der Scientology-Kirche 48 verknüpfte .

Die Vorzeige-NROs des Einflussnetzes Die hier genannten Organisationen, eine belgischer Herkunft, die zwei anderen aus Nord-Amerika, haben gemeinsam, dass sie ihre Tätigkeiten auf die Förderung von Demokratie und dem Schutz von Menschenrechten in der Welt konzentrieren. Im Rahmen ihres Kampfes für Religionsfreiheit und Minderheitsrechte prangern sie regelmäßig auf dem Forum der OSZE und anderswo die ihrer Meinung nach restriktive Haltung bestimmter Staaten wie Frankreich an.

1 - Human Rights Without Frontiers / Menschenrechte ohne Grenzen (HRWF)?49. Diese NRO behauptet von sich, sie sei „unabhängig von jeglicher politischer, ideologischer oder religiöser Bewegung“. Ihr Ziel ist die „Förderung der Demokratie, die Vorherrschaft des Rechts und der individuellen Rechte überall in der Welt durch alle geeigneten Mittel“. HRWF schloss sich 2007 der auf dem Forum des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) geäußerten Forderung an, der MIVILUDES solle der Dienststelle für Glaubensfragen des Innenministeriums untergeordnet und die Subventionen für Vereine gegen Sekten eingestellt werden (siehe oben). Diese Organisation tritt hauptsächlich als Anwalt der religiösen Minderheiten auf und bemüht sich unter anderem seit mehreren Jahren die Maßnahmen Frankreichs und anderer in der Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen engagierten Länder anzuprangern. Der belgische Vertreter der Raelianer 50 erklärte kürzlich , dass seine Bewegung seit fünf Jahren bei den Seminaren des BDIMR auf Anraten des HRWF sei, der sie stets angesichts der Diskriminierungen, denen sie angeblich im französischsprachigen Europa zum Opfer fallen, unterstützt habe. Abgesehen davon, dass ihr Vertreter, Willy Fautré, bei allen Versammlungen der OSZE/BDIMR zur Religionsfreiheit anwesend ist und 48 - in Le Monde diplomatique, Mai 2001: „Sekten, trojanisches Pferd der Vereinigten Staaten in Europa“, und Artikel von Stephen Kent in Marburg Journal of religion, Vol.6 Nr. 1, Januar 2001. 49

- http://www.hrwf.net/blog/ http://www.hrwf.net/network/home.html

50

- Eric Remacle, in Contact 340, 2. Oktober 62aH - http://fr.raelianews.org/download.php?view.218

diese Organisation keine Gelegenheit verpasst hat, ihre Stimme der der Sektenbewegungen und ihrer Verbündeten anzuschließen, ist es interessant folgende Beispiele zu betrachten: • Am 8. Juni 1999, sagte Willy Fautré vor der Kommission für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) aus, einer Struktur, 51 welche die amerikanischen Vertreter der OSZE umfasst, um die religiöse Intoleranz in Frankreich, Belgien und Deutschland anzuprangern, wobei er nicht davor zurückscheute, Vergleiche mit dem amerikanischen 52 Maccartysmus zu ziehen . Zwei andere „Zeugen“ wurden vor der KSZE angehört: Herr Alain Garay (damals Anwalt der zeugen Jehovas und heute Mitglied des Expertenpanels des BDIMR über Religionsfreiheit) und Pastor Demeo, Gründer des theologischen Instituts Nîmes (siehe oben). • Willy Fautré war bereits am 22. Juli 1998 auf Einladung der KSZE im Rahmen einer öffentlichen Anhörung über den „Rückgang der Religionsfreiheit in Europa“ im Kapitol in Washington zu Wort gekommen. • Wie David Little vom Institute on Religion and Public Policy (IRPP) zählte auch er zu den Unterzeichnern von zwei offenen Briefen, die auf 53, Initiative des französischen Vereins „Omnium des libertés“ die Auflösung des MILS forderten. Einer der Briefe war an den Präsidenten der Republik Jacques Chirac gerichtet, der andere an den Premierminister Lionel Jospin, sie wurden jeweils in France Soir am 20. April 2000 und in der Herald Tribune vom 14. Juni 2000 veröffentlicht. • Die „Internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte“ (siehe oben) nahm mehrfach Bezug auf die Berichte der Organisation HRWF, um vor der OSZE gegen Frankreich auszusagen. • Der französische Vertreter des HRWF ist Professor Régis Dericquebourg, Akademiker aus Lilles und emsiger Beobachter der 54 Tätigkeiten des MILS, später des MIVILUDES, die er oft auf Seminaren des Forschungszentrums für neue Religionen (Centre d’Études sur les Nouvelles religions, CESNUR) analysierte. Vor einigen Jahren machte er auf sich aufmerksam, indem er einen Text veröffentlichte, indem er sich bemühte zu beweisen, dass die Scientology-Kirche alle Merkmale einer 51

- http://www.csce.gov/index.cfm?FuseAction=Home.Home&CFID=5644569&CFTOKEN=25218429

52

- in CSCE Digest: volume 22 number 7 – july 1999.

53

- Dieser von Joël Labruyère 1996 gegründete Verein, heutzutage sehr ruhig geworden, "hat zum Ziel, Personen zu schützen, die aufgrund ihrer Überzeugungen Opfer von Diskriminierungen wurden“. 2000 initiierte dieser Verein zusammen mit der Scientology-Kirche eine Pseudo-Untersuchungskommission und ein Pseudo-Gericht, um die Beschwerden von Opfern der „Antisekteneinrichtungen“ zu sammeln. Im gleichen Jahr richtete er einen offenen Brief an Jacques Chirac, Präsident der Republik, (France Soir – 20. April 2000) und an Lionel Jospin, Premierminister (Herald Tribune, 14. Juni 2000), indem die Auflösung des Mils gefordert wird.

54

- „Vom Mils zum Miviludes“: Rede zum Kolloquium des Cesnur 2003 (Wilna), veröffentlicht am 11. April 2003 auf der Internetseite de HRWF.

55.

Religion aufweise.

• Es ist interessant zu bemerken, dass eine neue NRO im Juli 2007 unter dem Einfluss des HRWF gegründet wurde, das „European Network for Religious Tolerance and non Discrimination“. Dieses „Netz von Vereinen und religiösen Bewegungen zur Förderung der religiösen Toleranz und der NichtDiskriminierung“ wurde dieses Jahr offiziell von Willy Fautré vorgestellt, der es auch prompt einer seiner Stellungnahmen anschloss. Unter den ersten Mitgliedern finden sich wohl bekannte Strukturen wie das Büro für Menschenrechte der Scientology, Vereine der Moon-Bewegung, das CAP 56 France sowie das IRPP (Institute on Religion and Public Policy) (siehe oben). • „Menschenrechte ohne Grenzen“ verbreitet sein Know-how in 57 Sachen Lobbyarbeit auf seiner Internetseite , wo es einige Beispiele gibt, um seine Wirksamkeit beim Europäischen Parlament zu steigern, wo diese NRO zu den „akkreditierten Interessengruppen“ zählt. Sie wird hier jedoch nicht von Herrn Fautré vertreten, den man aber in der Liste der unter dem Banner der „International Helsinki Federation für Human Rights“ (FIH, siehe oben) eingetragenen akkreditierten NROs wiederfindet.

2 – Die internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte (IHF) / International Helsinki Federation for Human Rights (IHF)?58. 1983 gegründet verfolgt diese NRO das Ziel, die Einhaltung der Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten der OSZE in Sachen Menschenrechte zu unterstützen. Gewohnter Gast beim BDIMR, zählt sie zu den NROs, die emsig die Politiken zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen anprangern. Ihre Standpunkte werden systematisch von den Sektenbewegungen und ihren Verbündeten übernommen, umso mehr als ihr ehrenvoller Name gern als eindrucksvolle Referenz genutzt wird. Seit gut zehn Jahren erscheint die Antisektenpolitik Frankreichs stets im Kapitel Religionsfreiheit ihrer Jahresberichte, wobei das About-Picard-Gesetz und die Tätigkeiten des interministeriellen Ausschuss 59 besondere Beachtung finden , obwohl die Föderation noch nie den 55

- „Wie Scientologen ihren Glauben rechtfertigen“: veröffentlich in einem Dokument der Scientology mit dem Titel „Experten untersuchen Scientology – Band 1“.

56 - Coordination des associations et particuliers pour la liberté de conscience (Koordinierungsstelle der Vereine und Privatpersonen für Glaubensfreiheit). 57

- “Human rights violations in non-EU countries: Directions for use of the European Parliament mechanisms by human rights defenders “.

58

59

- http://www.ihf-hr.org/index.php

- …manchmal sogar bis ins kleinste Detail: Der Bericht 2006 bemerkte den Fortgang von Natalie Luca aus dem Orientierungsrat des Miviludes, sogar der von ihr an den Vorsitzenden des Ausschusses wurde erwähnt.

Ausschuss direkt befragt hat. Die direkten Stellungnahmen ihrer Vertreter bei der OSZE oder Zitate aus ihren Berichten in den Jahren 1999 und 2000, bleiben unvergessen, da sie scharfe Auseinandersetzungen verursachten. Es ist ebenfalls interessant zu bemerken, dass das Frankreich gewidmete Kapitel im Bericht 1999 der IHF einfach Bezug auf ein von der zuvor genannten NRO, „Menschenrechte ohne Grenzen“, verfasstes 60 Dokument nahm . Beim Seminar des BDIMR über Religionsfreiheit in Warschau im März 1999, wurde dieses Dokument, das die Verschärfung der Intoleranz und der Diskriminierung von „neuen Religionen oder Sekten“ in Frankreich feststellte und am Vortag veröffentlicht worden war, ausführlich 61 kommentiert. Die Antwort Frankreichs über den Generalsekretär des MILS , erinnerte zu diesem Anlass, dass der französische Zweig des IHF, Comité français Helsinki des droits de l’homme, sich bereits von den Aussagen des vorhergehenden Berichts (1998) über Fragen der Religionsfreiheit und der 62 Bekämpfung von Sekten in Frankreich distanziert hatte . Herr Bernard Stasi, Vorsitzender des französischen Komitees, bestätigte im Übrigen diese Missbilligung in einem Schreiben vom 10. April an den Vorsitzenden des MILS, Alain Vivien, und bemerkte, dass „das französische Komitee keine Verantwortung für die Verfassung des beanstandeten Textes (trug)“. Im Oktober 2000 prangerte die IHF auf dem Forum des BDIMR mittels der Stimme des „Greek Helsinki Monitor“ den vorgesehenen Gesetzesentwurf About-Picard an, um sich dann über die Äußerungen von 63 Alain Vivien zu entrüsten, der in der Tageszeitung Le Figaro versicherte, dass die Helsinki-Föderation in Russland von der Scientology-Kirche infiltriert sei. Beim Durchlesen einer Veröffentlichung des „Moskau-HelsinkiKomitees“ hatte der MILS festgestellt, dass dem internationalen Verein der Scientology gedankt wurde für „seine Unterstützung beim Verfassen und bei der Veröffentlichung dieses Hefts". Die Helsinki-Föderation kritisiert Frankreich aufgrund seiner Politik gegenüber Sektenentgleisungen in jedem ihrer Jahresberichte, welche dann ebenso viele Referenzen für Sektenbewegungen wie die Scientology-Kirche oder die Zeugen Jehovas bilden, die oft als Beispiele in ihren Veröffentlichungen genannt werden. In einem von Scientology verbreiteten 64 Text über „Menschenrechtsabkommen“ , wird bemerkt, dass die OSZE „sich für die meisten ihrer Informationen, auf die Berichte der 60 - “Based on New dramatic Developments in the Sect issue, press release, Human Rights Without Fontiers, 7 July 1998 ; and an update of 4 march 1999. 61 - Siehe oben. 62

- Brief des französischen Komitees an den Exekutivdirektor der IHF vom 19. September 1998.

63

- Le Figaro / 13. Juni 2000.

64

http://scientologuescontreladiscrimination.com/textes-fondamentaux-garantissant-la-liberte-dereligion/printpage/

Menschenrechtsorganisationen stützt“ und dass „eine der bedeutendsten die internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte ist“. Bei der Jahreskonferenz über die menschliche Dimension immer anwesend, spricht die IHF nicht jedes Mal das französische Thema an, obwohl sie dies stets in ihren Berichten tut. 2002 und 2003 nahm sie Stellung bei einer zusätzlichen Versammlung des BDIMR über Religionsund Glaubensfreiheit, an der der Vorsitzende des MIVLIUDES, Jean-Louis Langlais, teilnahm.

3 - The Institute on Religion and Public Policy (IRPP)?65. „In Österreich, Belgien und Frankreich wird versucht, mit Gesetzen über Religion Praktiken und Glauben von religiösen Minderheiten anzugreifen. Diese Gesetzgebungen verletzen die Religionsfreiheit und sollten nicht als Modell für Mittel- und Osteuropa und in Zentralasien 66 dienen“ . In Bezug auf Frankreich werden in diesem Text des Institute on Religion and Public Policy (IRPP) besonders das Gesetz über religiöse Zeichen in der Schule, 2004 angenommen, und das About-Picard-Gesetz kritisiert, letzteres, weil es als Gesetz über geistige Manipulation gilt. Es folgt dann eine kritische Studie über den belgischen 67 Gesetzesentwurf über den Missbrauch von Unwissenheit und Schwäche , der sich von dem französischen About-Picard-Gesetz inspiriert. Die oben zitierten Meinungen stammen aus zwei vom IRPP in Warschau 2006 vorgelegten Texten. Der IRPP ist eine amerikanische NRO, deren kritische Aufmerksamkeit für europäische Maßnahmen zu Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen unser Interesse daran durchaus rechtfertigen. Das IRPP und die französische Politik Das IRPP ist eine internationale NRO, die einen „interreligiösen“ Anspruch hegt und das Ziel verfolgt, über den Schutz von Religionsfreiheit und Demokratie in der Welt zu wachen. 68

Im seinem Aufsichtsrat findet sich Richard Land wieder , Vorsitzender 69 der Südlich-Baptistischen Konvention , und stellvertretender Vorsitzender der

65

- http://www.religionandpolicy.org/

66

- Statement on religious freedom in the OSCE Region, Institute on Religion and Public Policy, Working Session 13 : Fundamental Freedoms II – 10 october 2006. - Analysis of the Draft Law of the Kingdom of Belgium To Punish the Abuse of an Individual’s Ignorance or Weakness, Institute on Religion and Public Policy, Working Session 13 : Fundamental Freedoms II – 10 october 2006. 67

68

- Siehe oben: Anmerkungen Nr. 26 und 36

69

- Zweig der „konservativen Christen“ der amerikanischen evangelischen Bewegung.

70

„United States Commission on International Religious Freedom“ (USCIRF) , sowie David Little, Professor an der „Harvard Divinity School“. Dieser gehörte zur amerikanischen Delegation, welche die Religionsfreiheit in der Welt untersuchte und im April 1999 vom MILS empfangen wurde. Gemeinsam mit Willy Fautré von „Menschenrechte ohne Grenzen“ war er Unterzeichner eines offenen Briefs an den Präsidenten der Republik Jacques Chirac, der in France 71 Soir am 20. April 2000, auf Initiative der Organisation „Omnium des Libertés“ veröffentlicht wurde und die Auflösung des MILS forderte. Eine Zeit lang gehörte Benjamin A. Gilman, ehemaliger Senator, dessen Wahlkampf von einem der 72 wichtigsten Köpfe der Scientology mitfinanziert wurde ebenfalls diesem Aufsichtsrat an. Das IRPP ist auch und vor allem ein aktiver Lobbyist für den Schutz von religiösen Minderheiten. In dieser Eigenschaft hat es sich besonders für Frankreich interessiert. Sein Vorsitzender, Joseph Grieboski, verfolgte die Entwicklung vom MILS zum MIVILUDES. Abgesehen von den Beiträgen des IRPP im Rahmen der Versammlungen des BDIMR, zeugen davon noch drei weitere Texte. Er interessiert sich da für die Vorsitzenden des MIVILUDES, Herr Langlais und Herr Roulet, dessen „Betriebszustände“ und bestimmte Äußerungen er analysiert. Er zeigt sich 2002 zuerst beruhigt durch das „bürokratische“ Profil von Jean-Louis Langlais, der „moderater“ sei als ein 73 „Sektengegner“ wie sein Vorgänger, Alain Vivien. Im folgenden Jahr kommt er dann doch bezüglich seiner eigenen Feststellung ins Zweifeln: Trotz einer Bereitschaft zum Dialog und einer „größeren religiösen Toleranz“ der Regierung dank der neuen Zusammenstellung, zeigt er sich besorgt darüber, dass im Orientierungsrat weiterhin die Abgeordneten vertreten sind, die erheblich an parlamentarischen Berichten und an der 74 Erarbeitung und Annahme des About-Picard-Gesetzes beteiligt waren . 2005 wünscht der gerade ernannte Vorsitzende des MIVILUDES JeanMichel Roulet eine sich auf dieses Gesetz stützende Rechtsprechung sowie den Abschluss von zwei bis drei Prozessen in Sachen gefährliche sektiererische Entwicklungen. Herr Grieboski versteht die Äußerungen des neuen Vorsitzenden des MIVILUDES als „Aufruf“ zu „wiederholten 75 Verfolgungen“ und als Rückschritt in Sachen religiöse Toleranz . 70

- Siehe oben: Anmerkung Nr. 36.

71

- Siehe oben: Anmerkung Nr. 45.

72

- in Le Monde Diplomatique /Mai 2001, nach einem Text von Stephen A. Kent in Marbourg Journal of Religion – Universität von Alberta Kanada. 73

- http://www.religionandpolicy.org/show.php?p=1.1.488, 16-12- 2002 : “Jean-Louis Langlais is the new president of the French mission to watch and fight cultic deviances”.

74 - http://www.religionandpolicy.org/show.php?p=1.1.465, 28-3-2003 : “Institute wary of new french antisectarian body”. 75

- http://www.religionandpolicy.org/show.php?p=1.1.1691, 21-10-2005 : ”France moving backward rather

Das IRPP und Scientology: einige Beispiele Am 10. Mai 2006 unterzeichnete William Walsh, Vorsitzender des Expertenkomitees über Gesetzgebung und Anwendung von Gesetzen des IRPP und amerikanischer Anwalt der Scientology-Kirche, deren Delegation er als Berater bei der Konferenz 2007 begleitete, einen kritischen Text auf 76 der Internetseite des Instituts , in dem er Frankreich und den belgischen Gesetzesentwurf über den Missbrauch von Schwäche kritisierte. Am nächsten Tag wurde dieser Text vor der OSZE vorgestellt, jedoch als Beitrag von Herrn Martin Weightmann, Vertreter des „europäischen Büros für Menschenrechte“ der Scientology. Anlässlich eines Kongresse des IRPP 2002 äußerte sich Frau Leisa Goodman, Leiterin des „internationalen Büros für Menschenrechte“ der 77 Scientology-Kirche zum Thema „Religionsfreiheit in Russland: ihr Einfluss auf die amerikanische Außenpolitik und die bilateralen Beziehungen“. Im gleichen Jahr, vom 23. bis 26. Mai, nahm Joseph Grieboski, 78 Vorsitzender des IRPP an einem vom „Büro für Menschenrechte“ der 79 Scientology im Herrenhaus Saint Hill , einem Gut der Scientology-Kirche in England teil. Dort traf er unter anderem auf Thierry Bécourt, heute Verantwortlicher des CAPLC (Koordinierungsstelle der Vereine und Privatpersonen für Glaubensfreiheit ), damals Vertreter des „Omnium des 80 libertés“ , sowie auf einige ausländische Persönlichkeiten, die 2000 einen offenen Brief an den französischen Präsidenten und an den Premierminister mitunterzeichnet hatten, in dem die Auflösung des MILS gefordert wurde. 2003 wurde Martin Weightman, Leiter des „europäischen Büros für Menschenrechte“ der Scientology eingeladen, im Rahmen der ersten, vom IRPP in Brüssel organisierten „interparlamentarischen Konferenz über Menschenrechte und Religionsfreiheit“ in den Räumen des europäischen 81 Parlaments zu reden.

than forward? Institute concerned by statements of new Miviludes president”. 76

- http://www.religionandpolicy.org/show.php?p=1.1.1783, «Upholding the rule of Law and due process in criminal justice system », siehe oben, Verweis Fußnote Nr. 17.

77

- http://www.religionandpolicy.org/show.php?p=1.1.1246

78

“Filling the moral conference”http://www.religionsworkingtogether.org/2002Conference/agenda.html

vacuum

79

- Studienort der „fortgeschrittenen“ Scientology-„Studenten“, ehemaliger Weltsitz der Scientology zu Anfang der sechziger Jahre.

80

81

- Siehe Anmerkung Nr. 45.

- http://www.religionandpolicy.org/show.php?p=1.1.854, Conférence Bruxelles 17-18 septembre 2003 (Bericht Konferenz Brüssel, 17.-18. September 2003).

Schlussfolgerung Wie bereits im Bericht 2006 des MIVILUDES beschrieben, ist das Einflussnetz der Sektenbefürworter auf internationaler Ebene, bei der OSZE und anderswo, doch ebenfalls auf nationaler Ebene letztendlich recht beschränkt. Seine Betreiber lassen sich an den Fingern beider Hände abzählen. Doch sind die Verfügbarkeit und die Mittel unvergleichlich höher als die, über die Institutionen und Vereine verfügen, die sich gegen gefährliche sektiererische Entwicklungen mobilisieren. Man muss daher mit der Kraft dieser vollzeit tätigen Freischärler rechnen, deren Reden… und „Kassen“ regelmäßig genährt und aufgefüllt werden. Im Laufe der Zeit lassen sich die Gesprächspartner bei der OSZE jedoch nicht mehr so leicht täuschen. Die Wirkung der Wiederholung verliert sich, wenn man diese zu oft nutzt. Im Unterschied zu Komikern, die wissen, wie weit sie gehen können, um stets das erwartete Lachen zu erreichen, tun die Strategen der sektenartigen Bewegungen sich schwer, ihre Aussage zu variieren: Jahr für Jahr wiederholen sie bis zum Überdruss die gleichen anklagenden Reden über die französische Politik, die Listen und parlamentarischen Berichte, über Opferschutzvereine, usw... ohne schließlich überzeugen zu können, dass Frankreich aufgrund seiner Politik gegen gefährliche sektiererische Entwicklungen tatsächlich zu den Widersachern der Religionsfreiheit gehört. Man wird den Behauptungen derer, die unaufhörlich Menschenrechte instrumentalisieren, um von ihren eigenen schändlichen Taten abzulenken, irgendwann überdrüssig. Nichtsdestotrotz sollte man sich nicht zurücklehnen, ganz im Gegenteil. Keine der hier und da vorgebrachten Unwahrheiten über eine angeblich freiheitsfeindliche Haltung der Staaten und Vereine, die Grundrechte verletzende Entgleisungen, wozu gefährliche sektiererische Entwicklungen gehören, aufspüren und bekämpfen, sollte hingenommen werden. 2007 reagierte im Übrigen die französische Delegation mittels ihres Botschafters, ständiger Vertreter bei der OSZE, sehr entschlossen und begründete die gezielte Haltung Frankreichs, insbesondere bezüglich des Opferschutzes. Sie prangerte ebenfalls diejenigen an, welche die Rollen umtauschen, indem sie sich als Opfer einer religiösen Diskriminierung hinstellen. Die Delegation bestätigte das Vertrauen und die Unterstützung der Staatsbehörden hinsichtlich der Tätigkeiten des MIVILUDES. Die paar Lobbyisten, die sich anscheinend die Rollen aufgeteilt haben, haben den Sinn einer Instrumentalisierung mancher internationaler Gremien, in denen die Zivilgesellschaft ein Wort mitzureden hat, wohl verstanden. Deswegen ist es notwendig, dass die französischen Stellen, sowie die Vereine zum Schutz der Opfer sich so oft wie nötig vor der OSZE, doch auch vor dem Europarat und der UNO, Gehör verschaffen.

Das Sektenrisiko: gesetzliche und verwaltungstechnische Regelungen in Mitteleuropa

Bis heute wurden wenige Vergleichsstudien zu den Umständen, unter denen Regierungen anderer Länder mit den Problemen der gefährlichen Entwicklungen bei Sekten konfrontiert wurden, erstellt. Es gibt auch kaum Studien über die Herangehensweise anderer Staaten als Frankreich, die also eine andere Geschichte, andere Traditionen und andere gesetzliche Regelungen aufweisen, an ein Phänomen, das geopolitische Grenzen nicht kennt. Daher hat der MIVILUDES es für nützlich und interessant erachtet, die diplomatischen Stellen Frankreichs in bestimmten befreundeten und partnerschaftlichen Ländern zu befragen, um eine Reflexion in Gang zu bringen, die in ein besseres gegenseitiges Verständnis und einen verstärkten Schutz der Staatsbürger münden könnte. Letztes Jahr bezog sich diese Untersuchung im Bericht 2006 des MIVILUDES an den Premierminister auf Europa und Nord-Amerika. Dieses Jahr wurde sie auf die acht Länder Mittel- und Osteuropas, erweitert, die Mitglieder der Europäischen Union sind: Bulgarien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, und auf vier weitere Länder Mittel- und Osteuropas, die nicht zur Europäischen Union gehören: Albanien, Weißrussland, Russland, Ukraine. Keines der untersuchten Länder verfügt über eine mit dem ständigen interministeriellen Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten vergleichbare Struktur. Durch sein Konzept der Trennung von Kirche und Staat zeigt Frankreich Eigenarten und Besonderheiten auf, doch finden sich die Grundprinzipien der französischen Politik hinsichtlich der Risikoeinschätzung, der Anwendung von Sanktionen des gemeinen Rechts zur Bekämpfung von Entgleisungen und der Behandlung der Opfer im Wesentlichen bei anderen Staaten, wahrscheinlich in einer weniger vom Hoheitsrecht geprägten, aber dennoch nicht

zwangsläufig weniger strengen Form wieder. Bestimmte Länder – wie Russland – üben eine sehr restriktive Politik aus, andere haben ein sehr gestattendes Recht. Alle jedoch sind betroffen von dem Problem der gefährlichen sektiererischen Entwicklungen und bleiben wachsam. Diese Wachsamkeit zeigt sich manchmal – dies ist der Fall der Slowakei – in einer mit anderen Ländern gemeinsam geführten Reflexion über dieses Thema und die Beziehungen von Kirche und Staat. So wird der MIVILUDES regelmäßig in die Slowakei eingeladen, um Kolloquien und Fortbildungen abzuhalten. In Folge eines 1990 in Russland angenommenen sehr liberalen Gesetzes über Religionsfreiheit strömten zahlreiche religiöse Organisationen und besonders sektiererische Bewegungen in das Land. Die schädlichen Folgen der Tätigkeiten dieser Bewegungen wurden bald spürbar. Die Gefahr, insbesondere das Risiko der Manipulation von Jugendlichen, wurde erkannt, es entstanden sehr lebhafte Debatte zwischen den Verteidigern einer absoluten Glaubensfreiheit und den Befürwortern einer notwendigen Reglementierung der Tätigkeiten sektenartiger Bewegungen, so dass die Douma (das Parlament) am 26. September 2007 ein Gesetz über Glaubensfreiheit verabschiedete, das weitaus restriktiver ausfiel, als das von 1990 und Tätigkeiten dieser Bewegungen sehr strengen, von der Bundesregistratur überwachten Bedingungen unterstellte. Manche Länder wie Weißrussland, Bulgarien und Lettland verfügen über einen verwaltungstechnischen und gesetzlichen Rahmen, der eine gewisse Überwachung und relative Vorbeugung der möglichen sektiererischen Gefahren ermöglicht. So verfügt Weißrussland über Gesetze und Politiken, die Gruppen, die als sektenartige Bewegungen angesehen werden, wenig Spielraum lassen und in manchen Fällen sehr repressiv sind. Bulgarien hat eine wenig ausgeprägte Struktur zur Überwachung der Religionen. Sie untersteht dem Premierminister. In Lettland werden die Überwachung und die Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen von einem Verein mit dem Namen „Für die Bekämpfung von totalitären Sekten“ und den traditionellen Kirchen organisiert. Ungarn, die Ukraine und Rumänien verfügen streng genommen über kein eigentliches Überwachungssystem, doch achten sie dennoch darauf, eine gewisse Prävention gegen gefährliche Entwicklungen bei Sekten zu gewährleisten, indem sie, wie die zuvor genannten Länder, die Tätigkeit der sektenartigen Bewegungen im Lichte ihrer Einhaltung der öffentlichen Ordnung einschätzen. Slowenien, Litauen und Estland gehen liberal mit dem Problem um, entweder weil sektenartige Bewegungen wenig erfolgreich sind, weil vor dem Phänomen die Augen verschlossen werden, oder weil traditionelle Kirchen die Vorherrschaft haben.

Schließlich erklärt Albanien, dass es sich nur um eine eventuelle Ausbreitung der islamischen Sekten sorgt. Wie im vorherigen Jahr untersucht die vorliegende Studie den durch die geltenden Gesetze und Verordnungen in diesen Ländern gesteckten Rahmen. Sie beschreibt die Art, wie drei große, öffentlich wohl bekannte, grenzüberschreitende Bewegungen behandelt und aufgefasst werden. Aufgrund der Vorfälle und Hinweise, die regelmäßig Behörden und Vereine zum Schutz der Personen und Familien beschäftigt haben, kommt diesen in Frankreich eine besondere Aufmerksamkeit zu. Es handelt sich um die Scientology-Kirche, die Zeugen Jehovas und die Gemeinschaft vom Heiligen Geist für die Vereinigung der Weltchristenheit, besser bekannt unter dem Namen Moon.

Der juristische und verwaltungstechnische Rahmen Russland In der Zeit der „Perestroika“ und während der neunziger Jahre schwemmte eine Welle zahlreicher sektenartiger Organisationen über Russland, die von der Lockerung der ideologischen Zwänge des atheistischen Kommunismus profitierten. Angesichts der Gefahren, die sich daraus ergaben, insbesondere für die Jugend, beschlossen die russischen Behörden, die Aktivitäten dieser Bewegungen juristisch einzuschränken. In der Euphorie der „Perestroika“ und aufgrund der siebzig Jahre offiziellen Atheismus, die Russland durchlebt hatte, wurde 1990 ein sehr liberales Gesetz über Religionsfreiheit verabschiedet. Es garantiert Ausdrucksfreiheit für alle Formen der Religion und des Glaubens. Jede religiöse Organisation mit mehr als zehn Anhängern kann als Rechtspersönlichkeit anerkannte werden. Im gleichen Sinne stellt die Verfassung vom 12. Dezember 1993 fest, dass Russland ein laizistischer Staat ist, der die ideologische und religiöse Vielfalt sichert, dabei jedoch keine Religion anerkennt. Religiöse Organisationen sind vom Staat getrennt und vor dem Gesetz gleich (siehe insbesondere Art. 13 und 14). Der Staat und das Gesetz erkennen die Menschenrechte und die Glaubensfreiheit an und schützen sie. Von diesem sehr günstigen Kontext angezogen, strömten ungeheuer viele religiöse Organisationen, vor allem sektenartige Bewegungen, nach Russland. Sie nutzten und missbrauchten den Drang der Russen nach erneuter Spiritualität, ihren traditionellen Hang zur geheimnisvollen Welt des Irrationalen und Paranormalen und ihre oft heidnische Beziehung zur Natur,

die unter dem dicken Mantel des christlich-orthodoxen Glaubens dennoch nie ganz verging. Die schädlichen Folgen der Aktivitäten dieser Bewegungen wurden jedoch bald spürbar. Ärzte meldeten sich als Erste. 1994 gelang es ihnen, ein Verbot der Entziehungskuren der Scientologen zu erreichen. Parallel dazu reichten mehr und mehr Lehrkräfte und Eltern, die mit dem Bekehrungseifer der Sekten konfrontiert wurden, Klagen bei Gericht ein. Die Regierung wurde sich der Gefahr, insbesondere des Risikos der Manipulation von Jugendlichen, bewusst, worauf sehr lebhafte Debatten zwischen den Verteidigern einer absoluten Glaubensfreiheit und den Befürwortern einer notwendigen Reglementierung der Tätigkeiten sektenartiger Bewegungen aufkam. Schließlich wurden Letztere von der Douma angehört und am 26. September 2007 wurde ein Gesetz über Glaubensfreiheit verabschiedet, das weitaus restriktiver ausfiel, als das von 1990. Dieser Text bestätigt die Prinzipien der Glaubensfreiheit, der Trennung von Kirche und Staat und der Gleichheit der Religionen vor dem Gesetz. Dieses letzte Prinzip wird jedoch beschränkt, indem die Handlungslegitimität der orthodoxen Religion, der anderen Religionen und der sektenartigen Organisationen in Russland unterschieden wird. So unterstreicht das Gesetz „die besondere Rolle der orthodoxen Kirche bei der Entwicklung der russischen Nation und Kultur“, die sich vom Islam, Buddhismus und Judentum unterscheiden, Religionen, welchen eine geringere Bedeutung als dem orthodoxen Glauben zuerkannt wird, die jedoch als „untrennbarer Teil des historischen und kulturellen Erbes der Völker Russlands“ anerkannt werden. Die Aktivitäten der anderen religiösen und sektenartigen Organisationen unterliegen restriktiven Bedingungen. Insbesondere sind alle Bewegungen, die seit weniger als fünfzehn Jahren in Russland vertreten sind, verpflichtet, sich jedes Jahr bei der Bundesregistratur neu eintragen zu lassen, was ein aufwendiges Unterfangen darstellt, da diese Dienststelle sehr pedantisch arbeitet. Dieser Bezug auf die fünfzehn Jahre Bestehens verleiht also den vier Religionen, welche über eine historische Berechtigung in Russland verfügen, einen besonderen Status. In Wirklichkeit hat dieser Gesetzestext dem Staat ermöglicht, die orthodoxe Kirche zu ihrem bevorzugten Ansprechpartner in Religionsfragen zu machen, obwohl dem Präsidenten ein Rat für die Beziehungen mit den Religionen untersteht, in dem alle legalen Religionen Russlands vertreten sind. Heute gewinnt der orthodoxe Glaube innerhalb des Gesellschaftslebens mehr und mehr an Bedeutung, so dass bestimmte Mitglieder der Akademie der Wissenschaften kürzlich einen Brief an den Staatschef gerichtet haben, um ihrer Besorgnis Ausdruck zu geben, dass die "Gesellschaft verkirchlicht“ werde. Die orthodoxe Kirche erreicht

dennoch nicht immer ihre Ziele: Sie stößt auf einen erbitterten Widerstand der Lehrkräfte und des Bildungsministeriums gegen ihr Vorhaben, in den Schulen ein Pflichtfach über die „Grundlagen der orthodoxen Kultur“ einzuführen. Dieses Gesetz hat jedoch nicht alles regeln können. Den vier großen historischen Religionen wurde zwar eine eindeutige Stellung zugewiesen, hinsichtlich der sektenartigen Bewegungen bleibt die Situation jedoch vollkommen unklar. Dies liegt in erster Linie an der mangelnden Definition des Begriffs des „sektiererischen Charakters“. Unter dem Druck der traditionalistischen Orthodoxen neigen die Behörden dazu, jeden Glauben, der nicht einer Buchreligion zuzuordnen ist, als gefährlich anzusehen. Diese Haltung erschwert die Bekämpfung dieser Bewegungen erheblich. Darüber hinaus sind die juristischen Instrumente, die den Gerichten zur Verfügung stehen nicht genau genug, so dass sektenartige Organisationen, die nie eingetragen oder durch Gerichtsentscheid verboten wurden, weiterhin unter anderem Namen oder einer anderen Form weiter bestehen. In Ermangelung von glaubwürdigen offiziellen Statistiken in diesem Bereich ist es schwer, die Anzahl der Anhänger dieser Bewegungen in Russland zuverlässig zu schätzen. Der Vorsitzende des panrussischen Vereins zur Untersuchung von Religionen und Sekten, Professor Alexander Dvorkin, der dem Patriarch von Moskau nahe steht und dessen Glaubwürdigkeit anerkannt ist, schätzt die Anzahl der Personen, die Mitglied in geheimen religiösen oder sektenartigen Organisationen in Russland sind auf 600 000 bis 800 000.

Slowakei Die drei grenzüberschreitenden sektenartigen Bewegungen sind in der Slowakei vertreten. Die slowakische Regierung überwacht die eventuellen Entgleisungen dieser Bewegungen. 1997 wurde innerhalb des slowakischen Kultusministeriums ein Institut gegründet, das sich mit den „Beziehungen zwischen Kirchen und Staat“ beschäftigt. Dieses Institut arbeitet zusammen mit dem MIVILUDES, der 2006 zu einer Konferenz über die französische Position hinsichtlich gefährlicher sektiererischer Entwicklungen eingeladen wurde. Weiterhin steht die Veröffentlichung einer Untersuchung des MIVILUDES "Satanismus, ein Risiko der Sektenentgleisung“ in slowakischer Sprache kurz bevor und für 2008 sind eine neue Konferenz über gefährliche sektiererische Entwicklungen und die Veranstaltung einer Fortbildung durch den MIVILUDES bei der Polizeischule von Bratislava (Pressburg) vorgesehen. Das slowakische Gesetz erlaubt die Anerkennung als „Religion“ erst ab 20 000 Mitgliedern.

Ziel der slowakischen Regierung ist es nicht, den aktuellen Status der Religionen in Frage zu stellen. Sie bleibt jedoch wachsam gegenüber gefährlichen sektiererischen Entwicklungen und im Bereich der Prävention, auch wenn in diesem Land, das lediglich tausend erklärte Muslime zählt, Politiker und Intellektuelle öfter das Problem der Beziehungen zwischen Christen und Islamisten erwähnen, als das der Entgleisungen von sektenartigen Bewegungen. Nichtsdestotrotz sollte die manchmal gegenüber slowakischen Parlamentariern mit Nachdruck geäußerte Unterstützung für Scientologen und der Mormonen seitens der Botschaft der Vereinigten Staaten nicht unerwähnt bleiben. So forderte diese kürzlich, dass die Anzahl der Anhänger zur Anerkennung als Religion auf 1 000 Mitglieder gesenkt werde.

Weißrussland, Bulgarien und Lettland In dieser Gruppe sollen die Länder untersucht werden, die über einen verwaltungstechnischen und gesetzlichen Rahmen verfügen, der eine gewisse Überwachung und relative Vorbeugung der möglichen von Sekten ausgehenden Gefahren ermöglicht. Weißrussland hat sowohl politisch als auch gesetzlich dafür gesorgt, einen für nicht-orthodoxe Religionen sehr ungünstigen Boden zu schaffen, der gegenüber Bewegungen, die als Sekten angesehen werden, sogar sehr repressiv ist. Das Sektenphänomen hat zu Beginn der neunziger Jahre keine Zeit gehabt, sich zu verwurzeln. Sind die Zeugen Jehovas in Weißrussland eine legale Organisation, so gilt dies nicht für die MoonBewegung und die Scientology-Kirche. Soweit es festzustellen ist, üben diese Sekten keinen wirklichen Einfluss aus. Die Verfassung Weißrusslands sichert das Recht auf Religionsfreiheit. Der Zusammenbruch der UdSSR beendete nach siebzig Jahren die religiöse Repression und das weißrussische Recht zeigte sich mild gegenüber verschiedenen Glaubensrichtungen. Am 9. Januar 1992 wurde eine Abänderung des Artikels 50 der Verfassung verabschiedet, um die „Beziehungen zwischen Staat und Kirchen gesetzlich einzugrenzen“. Das „Gesetz über Religionsfreiheit und religiöse Organisationen“ vom 15. März 1994 setzte die Grundlagen für eine wirkliche rechtmäßige Glaubensfreiheit und gab entsprechend internationalen Standards religiösen Organisationen einen gesetzlichen Status. Die weißrussische Gesetzgebung garantierte so die Glaubensfreiheit. Zu dieser gehören unter anderen folgende Punkte: - das Recht eine persönliche Beziehung zur Religion aufzubauen; - das Recht, allein oder in der Gruppe zu bekennen, oder keiner Religion anzugehören; - das Recht die Überzeugungen seines Glauben auszudrücken und zu

verbreiten; - das Recht an religiösen Diensten, Ritualen und Zeremonien teilzunehmen; - das Recht für Eltern, ihre Kinder gemäß ihren eigenen Überzeugungen zu erziehen. Das Gesetz sieht jedoch vor, dass die Ausübung dieser Freiheiten beschränkt werden kann, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu sichern oder um „Gesundheit, Sittlichkeit sowie die Rechte und Freiheiten der anderen Bürger“ zu schützen. Darüber hinaus setzt die Verfassung fest, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind, unabhängig von ihrer Religion und dass alle Glaubensrichtungen und Religionen vor dem Gesetz gleich sind: keine Religion und auch keine Glaubensrichtung darf gegenüber anderen bevorzugt oder benachteiligt werden. Die Kontrolle des Staates über die Religionen wurde ab 1997 verstärkt. Das neu gebildete Staatskomitee für Religionen und Staatsbürgerschaft unterteilte Glaubensrichtungen und Religionen in drei Kategorien: • Die erste Gruppe umfasst so genannte „traditionelle“ Konfessionen: russisch-orthodoxer Glaube, Katholizismus, Judentum und Islam. • Zur zweiten Kategorie gehören als "nicht traditionelle" Religionen angesehene Glaubensrichtungen: es handelt sich hauptsächlich um protestantische Religionen. • Die dritte Gruppe umfasst schließlich östliche und/oder asiatische Religionen und alle anderen Glaubensrichtungen, unabhängig davon, ob es sich tatsächlich um Sekten handelt, die mit solchen in Verbindung gebracht werden. Eine neue Strenge gegenüber nicht traditionellen Religionen wird seit 2002 beobachtet. Das Gesetz über „Religionsfreiheit und religiöse Organisationen“ wurde im November 2002 abgeändert. Dieses neue Gesetz zielt deutlich auf eine verstärkte Kontrolle des Staates über religiöse Aktivitäten ab, um einen Einfluss politischer Art zu verhindern. Der Bekehrungseifer der protestantischen Gemeinschaften und Glaubensrichtungen, die sich zwischen 1989 und 2000 vervierfacht haben, sorgte die weißrussische Regierung, weil diese Religionen, zu recht oder unrecht, von den Behörden als eng mit dem Westen und insbesondere mit den Vereinigten Staaten verbunden angesehen werden. Es geht ebenfalls darum, die „spirituelle, kulturelle und historische Identität“ des weißrussischen Volks zu erhalten, die nach Ansicht des Staatschefs eng mit der orthodoxen Kirche verbunden ist. Die Präambel des abgeänderten Gesetzes führt eine Hierarchie der verschiedenen Glaubensrichtungen ein, indem „die für die Entwicklung der

spirituellen, kulturellen und nationalen Traditionen des weißrussischen Volkes entscheidende Rolle der orthodoxen Kirche“ anerkannt wird, während der katholischen Kirche auf weißrussischem Gebiet eine „spirituelle, kulturelle und historische Rolle“ zukommt und „die lutherische Kirche, das Judentum und der Islam zur allgemeinen Geschichte des weißrussischen Volks gehören“. Religiöse Gemeinschaften müssen nun strenge Bedingungen erfüllen, um legalisiert zu werden: zwanzig Mitglieder mindestens, Tätigkeiten auf weißrussischem Gebiet seit mindestens zwanzig Jahren. Alle religiösen Gruppen sind verpflichtet, sich zwei Jahre nach ihrer Anerkennung bei den Behörden neu registrieren zu lassen. Durch die Konkordatsregelung von 2003 wird eine staatliche Bevorzugung der orthodoxen Kirche Weißrusslands, einem Zweig der orthodoxen Kirche Russlands, eingeführt. Obwohl die weißrussische Verfassung keine Staatsreligion eingerichtet hat, werden die Religionen politisch gesehen in drei Kategorien eingestuft: der russisch-orthodoxen Kirche wird der Vorzug gegeben, die katholische Kirche, das Judentum und der Islam werden mit Zurückhaltung behandelt, andere Glaubensrichtungen werden unterdrückt und verfolgt. Durch dieses Konkordat zwischen dem Staat und der orthodoxen Kirche Weißrusslands (Zweig der russisch-orthodoxen Kirche) genießt diese beträchtliche Vorteile, nicht nur im Verhältnis zu nicht orthodoxen, sondern auch gegenüber anderen orthodoxen Religionen. So ist die russischorthodoxe Kirche (Weißrusslands) inzwischen die einzige in Weißrussland anerkannte orthodoxe Kirche und die einzige, die sich legal als „orthodox“ bezeichnen darf. Darüber hinaus verbindet das Konkordat orthodoxe Kirche und Staat im verschiedenen Bereichen, darunter bei der Bildung, der Erhaltung des kulturellen Erbes Weißrusslands, „dem Kampf gegen pseudoreligiöse Strukturen, die eine Gefahr für die Gesellschaft und ihre Mitglieder darstellen“, bei nationalen und militärischen Festen. Das Konkordat sieht außerdem die Erteilung von staatlichen Subventionen in unterschiedlichen Formen vor. Die weißrussischen Behörden haben vielen religiösen Gruppen die Eintragung aufgrund von „verfassungsfeindlichen Tätigkeiten“ verweigert. So wurde die Eintragung von 70% der protestantischen Religionen abgewiesen, oder sie haben diese im Zeitraum der obligatorischen Neueintragung verloren. Die so in Weißrussland geschaffene Umgebung ist äußerst ungünstig für die Ansiedlung und Entwicklung von Sekten. In der Tat gibt es in Weißrussland nur wenige Sektenanhänger und die Öffentlichkeit, sehr empfänglich für die Haltung der Behörden in diesem Zusammenhang, zeigt sich ihnen gegenüber wenig nachsichtig. In Bulgarien ist die Bindung an die orthodoxe Religion stark ausgeprägt. Sie ist offiziell als „traditionelle Religion“ anerkannt und gilt als

Garant der nationalen Identität Bulgariens. Daher werden alle anderen Glaubensrichtungen mit Argwohn betrachtet. Die bulgarische Gesetzgebung erkennt jedoch nicht den Begriff der "Sekte" an und beschränkt sich darauf, die Tätigkeiten der religiösen Bewegungen im Lichte der Einhaltung der öffentlichen Ordnung einzuschätzen. Bisher verbreiten sich dort keine sektenartigen Bewegungen. Es gibt eine Stelle zur Überwachung der Religionen, die dem Premierminister unterstellt ist: Für Angelegenheiten in Sachen Religion ist die „Direktion Religionsangelegenheiten“ zuständig, eine kleine Einrichtung von fünf Personen, die dem „Ministerrat“ (Dienststellen des Premierministers) untersteht. In ständiger Verbindung mit Vertretern verschiedener Konfessionen, theologischen Fakultäten und NROs, die religiöse Praktiken überwachen – die bekannteste ist das „Forschungszentrum über neue religiöse Bewegungen“ - kommt der Direktion Religionsangelegenheiten unter anderem die Aufgabe zu, auf Anfrage des Innenministeriums Stellungnahmen zu Eintragungsanträgen seitens Kongregationen und religiösen Bewegungen, die sich in Bulgarien ansiedeln möchten, abzugeben. Durch die starke Bindung an den orthodoxen Glauben und trotz einer erheblichen Lockerung der Religiosität und einem althergebrachten religiösen Pluralismus, werden alle anderen Konfessionen mit Argwohn betrachtet. Der Artikel 13 der bulgarischen Verfassung erkennt die absolute Glaubensfreiheit an, bemerkt aber zeitgleich und ohne, dass sich daraus rechtliche Konsequenzen ergeben würden, dass dem orthodoxen Glauben der Status einer „traditionellen Religion“ zukommt. Diese Bemerkung bezieht sich auf die historische Rolle des orthodoxen Glaubens bei der Entwicklung der nationalen Identität und spiegelt den Stolz Bulgariens wieder, dass es das Land war, von dem aus sich die Evangelisierung der slawischen Völker durch die Heiligen Brüder Kyrill und Method ausbreitete (IX. Jh.). Während der fünf Jahrhunderte der Herrschaft des Ottomanischen Reiches war der orthodoxe Glauben das wichtigste Element zum Erhalt der nationalen Identität. Dies erklärt die stets andauernde, eher kulturelle als religiöse Bindung an diese Religion innerhalb der bulgarischen Gesellschaft, die immer noch geprägt ist von der Religionsfeindlichkeit der kommunistischen Ära. Es besteht ein spontanes Misstrauen gegenüber anderen Konfessionen – Islam, aber auch Judentum, Katholizismus, usw. – aus dem die rechtsextreme Partei „Ataka“ Profit zieht. Es gibt aber auch einen althergebrachten religiösen Pluralismus, der einerseits in der frühen Rückkehr, einige Jahrhunderte nach dem Morgenländischen Schisma, von Katholiken nach den Kreuzzügen

begründet liegt. Sie machen heutzutage 1 % der Bevölkerung aus. Dieser religiöse Pluralismus liegt andererseits an der frühen Ansiedlung des Islams (islamische Eroberung Ende des XIV. Jahrhunderts). Muslime vertreten heute 10% der Bevölkerung, hauptsächlich handelt es sich um eine türkisch sprechende Minderheit, es sind aber auch Romas und islamisierte Bulgaren dabei, die Pomaken. Aufgrund eines stärkeren Zuwachses als bei der restlichen Bevölkerung wächst ihr Anteil zusehends. Dank finanzieller Hilfen von außen werden Moscheen in Gebieten mit starken Bevölkerungsanteilen türkischen Ursprungs wiederhergestellt oder erbaut. Angeblich nehmen zahlreiche Roma seit einigen Jahren, wohl auch manchmal mit finanzieller Unterstützung, den islamischen Glauben an. Der Begriff der „sektenartigen Bewegung“ ist im bulgarischen Recht unbekannt. Die Rechtmäßigkeit religiöser Bewegungen wird lediglich an der Einhaltung oder Verletzung der Gesetzgebung (aus straf-, zivil- und steuerrechtlicher Sicht) und hinsichtlich der Störung der öffentlichen Ordnung gemessen. Die drei untersuchten grenzüberschreitenden Bewegungen werden von den Kreisen, die in diesem Bereich tätig sind, geläufig mit dem Überbegriff „neue religiöse Bewegungen“ bezeichnet. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1991 konnte in Lettland eine Neuentdeckung der traditionellen Religionen (lutherischer, katholischer und orthodoxer Glaube) beobachtet werden. Die neuen Religionen und sektenartigen Bewegungen bekamen wenig Zulauf. Die lettische Verfassung von 1991 sichert die Glaubensfreiheit und die Trennung von Kirche und Staat. Es gibt keine Staatsreligion und ein Gesetz ahndet jegliche Form der religiösen Diskriminierung. Seit der Gründung des lettischen Staats 1918 bis zur sowjetischen Besetzung 1940 herrschte in Lettland eine vollkommene religiöse Toleranz. Von 1940 bis 1987 (Beginn der Perestroika), bewirkten die sowjetischen Behörden die Auflösung der religiösen Organisationen, deportierten zahlreiche Verantwortliche und beschlagnahmten ihr Hab und Gut. Da sie ihre Religion nicht offen ausüben durften, haben die Letten ihren Glauben dadurch erhalten, dass sie ihn geheim praktizierten - insbesondere Taufen – und selbstgemachte Hefte verteilten. Dies ermöglichte gleich nach Wiedererlangung der Unabhängigkeit die Wiederaufnahme der religiösen Ausübung. Als traditionelle Religionen sind der lutherische, der katholische und der orthodoxe Glaube, die „Altgläubigen“, die Juden, die Baptisten und die Siebenten-Tags-Adventisten anerkannt. Letten sind größtenteils lutherisch und katholisch, Russen hingegen orthodoxen Glaubens. Die Gemeinschaft der Altgläubigen ist nicht zu verachten. Zu den neuen Religionen zählt ein sehr geringer Prozentsatz der

Bevölkerung (1,5%): New Wave, Mormonen, Krishna und andere Glaubensrichtungen aus Indien. Religiöse Organisationen müssen sich bei der Dienststelle für religiöse Angelegenheiten des Justizministeriums eintragen lassen. 2006 gab es 1 173 gemeldete Organisationen. Um sich eintragen zu lassen, müssen Organisationen Akten einreichen, die Satzung, Struktur, Verwaltung und Namen der Leiter umfassen. Eine Mindestanzahl von 20 Mitgliedern ist für die Gründung erforderlich. Neue religiöse Organisationen müssen diesen Antrag auf eine Zeitspanne von zehn Jahren jährlich wiederholen, so dass die Entwicklung ihrer Tätigkeiten überwacht werden kann. In Ermangelung von Strukturen, die mit dem MIVILUDES vergleichbar wäre, wird die Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen von den traditionellen Kirchen und einem Verein organisiert, der sich „Für die Bekämpfung von totalitären Sekten“ nennt. So wurde im Januar 1998 von der lutherischen Kirche und dem kriminologischen Institut eine Konferenz über „Die neuen Religionen und ihr schädlicher Einfluss auf die Gesellschaft“ organisiert. Im Rahmen dieser Konferenz wurde ein „Beschluss über zerstörerische religiöse Organisationen“ angenommen, der den Schutz der Bevölkerung von dem Sektenphänomen betraf.

Ungarn, Ukraine, Rumänien Die Länder dieser Gruppe weisen kein eigentliches Überwachungssystem auf, achten jedoch darauf, eine gewisse Prävention gegen gefährliche Entwicklungen bei Sekten zu garantieren. Seit dem Regimewechsel 1989 in Ungarn achten die Behörden peinlich genau auf die Einhaltung der Glaubensfreiheit. Sie möchten sich in der Tat von den ordnungspolitischen und freiheitsfeindlichen Regierungen der kommunistischen Zeit unterscheiden. Die Gesetzgebung in diesem Bereich ist besonders liberal. Die neuen religiösen Bewegungen werfen zwar manchmal Fragen auf, sie werden jedoch nicht von den Medien oder der öffentlichen Meinung stigmatisiert. Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit nicht nur theoretisch sondern auch praktisch seit 1990. Es gibt zwar keine Staatsreligion, manche Glaubensrichtungen werden aber als „historisch“ bezeichnet: Katholische, reformierte und lutherische Kirche und Judentum. Diese Religionen genossen lange eine Bevorzugung von Seiten des Staates gegenüber minder vertretenen Religionen, bis ein Gesetz 1990 die Gleichbehandlung aller Religionen festschrieb. Wie der Leiter der Religionsstelle bemerkte, „auch wenn diese Gesetzgebung dem Hexenbund ermöglicht, die gleiche Behandlung zu genießen wie die katholische Kirche". Die Verfassung garantiert die Gedankenfreiheit, Glaubens- und Religionsfreiheit, sowie die, diese durch Ausübung individuell oder

gemeinsam, öffentlich oder privat zu äußern. Sie sichert ebenfalls die Freiheit seinen Glauben zu lehren. Es ist gesetzlich festgelegt, dass Eltern das Recht haben, die Erziehung für ihre Kinder zu wählen, die sie für richtig halten. Religionen genießen also einen weitgehenden Schutz und eine gesetzlich zugesicherte Autonomie. Obwohl jegliche Gruppe die Freiheit hat, jegliche Form der Religion auszuüben, verfügen die eingetragenen Konfessionen über bestimmte Absicherungen, Privilegien und über einige Staatshilfen. Das Verfahren zur Eintragung einer Glaubensrichtung ist in Ungarn besonders einfach. Es reicht aus, hundert Anhänger zu versammeln und zu erklären, dass keine Tätigkeiten vorgesehen sind, die den Gesetzen des Landes entgegenstehen. Außerdem werden Glaubensrichtungen nicht bei der Regierung sondern bei den Gerichten angemeldet. Der für Religionsfragen verantwortliche Dienststellenleiter erklärte sein Interesse, die Herangehensweise Frankreichs und seine Behandlung dieser Fragen kennen zu lernen. Allgemein gesehen ist das Klima zwischen Staat, Kirchen und religiösen Bewegungen ruhig und dem Thema „Sekten“ kommt keine Medienwirksamkeit zu. In der Ukraine ist der gesetzliche Rahmen schwer zu bestimmen und eher liberaler Prägung. Die Bedeutung des Sektenphänomens lässt sich nur ungenau beschreiben, obwohl es sich anscheinend während der Umwälzungen und der Öffnung in den neunziger Jahren angesiedelt hat. Aktuell gibt es keine Auseinandersetzung oder Maßnahmen in diesem Bereich seitens der öffentlichen Behörden. Gemäß offiziellen Statistiken des staatlichen Ausschusses für Nationalitäten und Religionen liegt die Anzahl der angemeldeten religiösen Organisationen bei 31 227 und der nicht offiziell anerkannten bei 1 836. Diese besitzen keine Rechtspersönlichkeit, organisieren aber religiöse Versammlungen unter dem Deckmantel der verfassungsmäßig festgeschriebenen Versammlungsfreiheit. In der Ukraine wird die Ausbreitung der neuen Religionen aufgrund von Gesetzeslücken nicht kontrolliert. Die Gesetzgebung lässt jeglicher religiösen Organisation, die nicht direkt das Leben oder die Gesundheit des Individuums bedroht, absoluten Freiraum. Die neuen Kirchen hüten sich davor, die Anzahl ihrer Anhänger bekannt zu geben, doch verzeichnen Psychologen eine rasante Zunahme der Anzahl von Personen, die eine Abhängigkeit von einer Sekte zeigen. Entsprechend Schätzungen der traditionellen Kirchen, gehören ca. 3 Millionen Ukrainer verschiedenen sektenartigen Bewegungen an, dies entspricht 6,4 % der Bevölkerung. Des Weiteren scheinen sich Techniken der Einflussnahme und der

Manipulation, die von diesen Bewegungen angewandt werden, in der Unternehmerwelt (hauptsächlich in großen Unternehmen) auszubreiten. Sie werden als „Management-Techniken“ bezeichnet und können zur Ausnutzung des Personals führen. Der gesetzliche Rahmen ist liberal. Das Prinzip der Glaubensfreiheit wird sehr weit gefasst, so dass jegliche religiöse Organisation ohne Eintragung oder offizielle Meldung bestehen kann (eine einfache Tätigkeitserklärung ist ausreichend). Dieser Umstand begünstigte in den neunziger Jahren das massive Einströmen von nicht traditionellen Kirchen in die Ukraine, wo sie einen sehr fruchtbaren sozialen Boden vorfanden: in der Krise befindliches Bildungssystem, anhaltende wirtschaftliche und soziale Schwierigkeiten, politische Instabilität, dauerhafte Zerrissenheit der verschiedenen orthodoxen Kirchen. In Ermangelung einer gesetzlichen Definition der Kriterien für eine Zurückweisung der Eintragung einer Sekte, gibt es für die staatlichen Stellen keine andere Möglichkeiten als auf formaler Ebene eine Hinhaltetaktik anzuwenden, um die Eintragung möglichst lange hinauszuschieben. Andererseits versuchen sektenartige Bewegungen, um eine Eintragung zu erreichen, im Vorfeld privilegierte Kontakte zu den lokalen und regionalen, manchmal sogar zu den nationalen Behörden aufzubauen. Bemerkenswert ist auch die Untätigkeit der öffentlichen Behörden. Die Bevölkerung wird weder gesetzlich geschützt, noch über die von Sekten ausgehenden Gefahren informiert. 1999 unterzeichnete die Ukraine die Resolution des Europarats zur Unterstützung von Stellen zur Information über Gefahren, die von destruktiven Sekten ausgehen und von Hilfezentren für die Opfer dieser Sekten: Dies blieb bis heute ohne Folgen. Schließlich sind evangelistische Bewegungen nord-amerikanischer Prägung in der Ukraine etabliert, eine der größten und einflussreichsten charismatischen Kirchen neupflingstlicher Tendenz ist die „Kirche der Botschaft Gottes“, die 30 000 ständige Mitglieder und mehr als 400 Gemeinschaften zählt. Sie wird vom Bürgermeister von Kiew unterstützt, der ein Mitglied sein soll. In Rumänien ist das Ministerium für Kultur und Kulte, das über ein Staatssekretariat für Kulte verfügt, zuständig für Religionsfragen. Als „religiöser Verein“ ab 1990 anerkannt, genießt die Bewegung der Zeugen Jehovas in Rumänien seit 2003 den offiziellen Status einer Religion. Die Scientology-Kirche und die Moon-Bewegung haben ihrerseits keine Anerkennung beantragt, erstere ist aber im Land als „Verein freiwilliger humanitärer Helfer“ tätig, die zweite lediglich im Nachbarland Republik Moldau zu verzeichnen.

Slowenien, Litauen und Estland Die drei in dieser Gruppe aufgeführten Länder verfügen über kein eigentliches Überwachungssystem und sind im Bereich des Sektenproblems fast vollständig liberal, manchmal entgegen den Wünschen der Öffentlichkeit, wenn man bestimmten Pressestellen und Autoren Glauben schenkt. In Slowenien scheinen sich die staatlichen Behörden nicht um möglicherweise von sektenartigen Bewegungen ausgehenden Risiken zu sorgen. Die öffentliche Meinung sowie die Presse in Slowenien sind wenig sensibilisiert was dieses Thema angeht. So verfügt das „Regierungsbüro für religiöse Vereine“, das in Slowenien für die Überwachung von sektenartigen Bewegungen zuständig ist, nur über wenige Informationen über solche Bewegungen und insbesondere zu den drei Bewegungen, die Gegenstand der Untersuchung sind: Zeugen Jehovas, Scientology-Kirche, Gemeinschaft vom Heiligen Geist für die Vereinigung der Weltchristenheit, genannt „Moon“. Die drei genannten Bewegungen wurden beim Regierungsbüro für religiöse Vereine eingetragen. 1976 im Fall der Zeugen Jehovas, 1991 wurde die MoonBewegung eingetragen und 1995 die Scientology-Kirche. Sobald sie registriert sind, erhalten diese Bewegungen den Status von „juristischen Personen". Dann verfügen sie, gemäß dem slowenischen Gesetz über Glaubensfreiheit, das vom Parlament am 12. Februar 2007 verabschiedet wurde und am 16. Februar 2007 im Amtsblatt erschienen ist, über die Ausdrucks- und Versammlungsfreiheit. Die religiösen Bewegungen, die das „Risiko von illegalen Tätigkeiten aufweisen" (gewalttätige Demonstrationen, Verletzungen von Personen, Verletzungen der Freiheiten) können nicht registriert werden. Die Eintragung dieser Bewegungen beruht also auf der Vermutung der Wahrung der öffentlichen Ordnung. Das Gesetz ermöglicht, die Eintragung im Falle von illegalen Handlungen in Frage zu stellen. In Litauen haben sektenartige Bewegungen wenig Erfolg. Moon und Scientology sind offiziell vorhanden, doch de facto nicht zu bemerken, die Zeugen Jehovas sind zahlreicher und aktiver, doch stellen sie für die Behörden keine besonderen Schwierigkeiten dar. Nach der langen Zeit sowjetischer Herrschaft hat sich die religiöse Praxis schnell wieder eingestellt. Die Verfassung von 1992 garantiert voll und ganz Gedanken-, Glaubens- und Religionsfreiheit. Ein Artikel des Strafgesetzbuches ahndet auf einen Menschen ausgeübte geistige Gewalt und könnte zur Verfolgung von psychologischem Druck dienen, den bestimmte Sekten ausüben, dieser Fall ist jedoch vor Gericht noch nicht aufgetreten.

Die Verfassung ist in diesem Bereich sehr liberal und erkennt für jedermann das Recht an, seine Religion frei zu wählen, sich dazu zu bekennen, religiöse Zeremonien abzuhalten, seinen Glauben auszuüben und ihn zu lehren, wobei der Staat keine Religion auferlegen kann (keine Staatsreligion). Einzige Beschränkung: diese Freiheit kann, aber ausschließlich gesetzlich, beschränkt werden und „nur, wenn diese Beschränkungen notwendig sind, um die Sicherheit der Gesellschaft, die öffentliche Ordnung, die Gesundheit und Sittlichkeit einer Person, sowie die Grundfreiheiten und –Rechte Dritter zu sichern“. Die Gesetze unterscheiden zwischen bestimmten Kategorien: • „Traditionelle Kirchen und religiöse Organisationen Litauens“, die staatlich anerkannt sind, besitzen die Rechte einer juristischen Person, verbreiten frei ihre Doktrin, feiern ihre Riten, besitzen Bauwerke zur Ausübung des Glaubens, Wohltätigkeitsinstitutionen und Schulen zur Ausbildung ihrer Glaubensminister, sie können sich gemäß ihrer Glaubensvorschrift und ihren Statuten frei organisieren. Neun Glaubensrichtungen zählen aktuell zu dieser Gruppe: römischkatholisch, östlich-katholisch, lutherisch, calvinistisch, orthodox, altgläubig, jüdisch, islamisch – wohlgemerkt sunnitisch – und karaitisch. Diese Liste entspricht den seit mindestens 300 Jahren auf litauischem Boden aktiven Religionen (abgesehen von den Altgläubigen, die etwas jüngeren Datums sind) und bildet das, was Litauen als sein kulturelles Erbe ansieht. Die Anzahl ist jedoch nicht abschließend: Eine religiöse Bewegung kann den Antrag auf Erteilung dieses Status stellen, doch muss eine Frist von 25 Jahren ab der ersten Eintragung als Kirche oder religiöse Organisation ablaufen, eine Stellungnahme des Justizministeriums und eine Abstimmung des Parlaments sind notwendig. Fällt die Entscheidung des Parlaments negativ aus, müssen nochmals 10 Jahre vergehen, bevor der Antrag erneuert werden darf. • Andere Kirchen und religiöse Organisationen, deren Status durch ein Übereinkommen oder gesetzlich festgelegt ist: Sie müssen sich unter Einhaltung von zwei Kriterien beim Justizministerium registrieren lassen, bei einer Dienststelle, die ebenfalls für die Eintragung von politischen Parteien zuständig ist: - sie müssen eine „Basis in der Gesellschaft“ haben, diese Basis ist durch das Gesetz von 1995 flexibel geregelt: mindestens 15 erwachsene Anhänger litauischer Staatsbürgerschaft; - Ihre Doktrin und ihre Riten dürfen nicht „der Sittlichkeit und dem Gesetz entgegenstehen“. Die praktische Anwendung dieser Gesetzestexte ergibt 160 beim Justizministerium eingetragene Organisationen, die 26 Glaubensrichtungen vertreten. Aktuell ist kein Antrag in Bearbeitung, eine Tatsache, welche das

geringe Interesse an sektenartigen Bewegungen bestätigt. Seit der Unabhängigkeit hat lediglich eine Kirche (baptistisch) die staatliche Anerkennung erlangt. Diese Kirche umfasst jedoch nur die Hälfte der Baptisten, die andere Hälfte ist in Vereinen organisiert. Vier andere Kirchen haben sich beworben (adventistisch, pfingstlich, methodistisch), doch laut Justizministerium begnügt sich das Parlament damit, die Sache in die Länge zu ziehen. Die staatlichen Behörden scheinen nie in Betracht gezogen zu haben, dass Sekten in Litauen Schwierigkeiten machen könnten, doch infolge von aufsehenserregenden Presseartikeln, die 2000 erschienen und die Tätigkeiten von 300 Sekten im Land aufdeckten, haben sie eine Kommission zur Koordinierung der staatlichen Maßnahmen gegen illegale Aktivitäten von Sekten eingerichtet (übrigens entsprechend einer Empfehlung des Europarats, die im Jahr zuvor ausgegeben worden war). Diese Kommission besteht immer noch und versammelt sich alle zwei Monate. Ihr größter Verdienst ist es, eine „Vorbereitende Studie über den Bekehrungseifer von Sekten gegenüber Jugendlichen in Litauen“ angeregt zu haben. Der geringe Erfolg von Sekten in Litauen könnte als Ausdruck des christlichen Charakters der litauischen Bevölkerung angesehen werden (60 bis 80 % der Litauer erklären, dass sie Katholiken sind). In Estland taucht der Begriff der „sektenartigen Bewegung“ nicht auf. Das Phänomen, das bis zum Wiedererlangen der Unabhängigkeit 1991 kaum zu spüren war, wurde bisher nicht weiter untersucht. Die estnische Gesetzgebung benutzt den Begriff der „Sekte“ nicht, sondern spricht von „Vereinen mit religiösem Zweck“. Nichtsdestotrotz gibt es eine geringe Beobachtung durch die „Dienststelle für religiöse Angelegenheiten“ im Innenministerium, die aus nur zwei Beamten besteht. Schließlich sollte angemerkt werden, dass die Bevölkerungszahlen Estlands (lediglich 1,35 Millionen Einwohner) die Ansiedlung oder das Tätigwerden von sektenartigen Bewegungen nicht begünstigen, diese würden recht bald von den Polizeidiensten aufgespürt werden.

Albanien Albanien verfügt bis heute über keine Gesetze zu sektenartigen Bewegungen. Religionsund Glaubensfreiheit sind verfassungsrechtlich festgeschrieben. Es gibt in Albanien keine offizielle Religion. Sektenartige Organisationen, die in Albanien tätig sind, tun dies in Form von Vereinen, gemäß dem „Gesetz über nicht wirtschaftliche Organisationen und Vereine“.

Diese werden bei den Gerichten angemeldet. Gibt es bezüglich der Sicherheit der Personen oder der nationalen Sicherheit Schwierigkeiten, werden sie durch das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geregelt. Zurzeit entwickelt der Ausschuss für Kulte, der dem Ministerium für Tourismus, Kultur und Sport untersteht, einen Gesetzesentwurf zur Regelung der Beziehungen zwischen den verschiedenen religiösen Gemeinschaften und dem Staat. Es scheint nicht sicher zu sein, ob das Phänomen der sektenartigen Bewegungen Berücksichtung findet. In der Tat erklärten die albanischen Behörden, sie seien insbesondere über eine eventuelle Verbreitung der islamischen Sekten besorgt, wovon einige seit mehreren Jahrhunderten auf ihrem Gebiet vertreten sind. Aktuell sind zwölf als solche registriert, davon die Gemeinschaft der Baha’i. Die albanische Bevölkerung scheint noch sehr vom offiziellen und militanten Atheismus gezeichnet zu sein, so dass ihr Desinteresse an Religionsfragen eine Erklärung für die Gelassenheit der Behörden sein könnte.

Ansiedlung der drei grenzübergreifenden Bewegungen und anzuwendende Bestimmungen Die Scientology-Kirche In Russland führt sie einen erbitterten Kampf gegen die Behörden, um sich offiziell anerkennen zu lassen. Im Rahmen ihres Protestes gegen die fortwährende Weigerung der russischen Behörden, sie zu registrieren (elf Ablehnungen von 1998 bis 2005), erzielte sie nun vor der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EKMR) einen beträchtlichen Erfolg. Am 5. April 2007 wurde Russland von der EKMR verurteilt, mit der Begründung, es habe den Artikel 9 zur Gedanken, Glaubens- und Religionsfreiheit und den Artikel 11 bezüglich Versammlungs- und Vereinsfreiheit der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt. Die russischen Gerichte verteidigten sich mit dem Argument, die Scientology-Kirche biete keinerlei rechtliche Grundlage zur Eintragung, da sie nicht die dafür notwendigen Unterlagen vorgelegt habe. Die EKMR war jedoch der Ansicht, dass die russischen Behörden der Antragstellerin nicht die zur Erstellung der vollständigen Registrierungsunterlagen notwendigen Informationen zu Verfügung gestellt hätten. Das Gericht sprach der

Scientology-Kirche Moskaus 10 000 Euro für den ideellen Schaden und 15 000 Euro Unkostenerstattung zu. Die Scientology-Kirche in Russland soll 10 000 Anhänger zählen. In der Slowakei ist sie seit 1995 mit 2 000 Mitgliedern vertreten. 2000 eröffnete die Bewegung ein „Dianetik-Zentrum“ in Bratislava. Zurzeit gibt es in der Slowakei 14 Zentren dieser Art, die insbesondere Management- und Englischkurse anbieten und Vereinsstatus haben. Der Einfluss dieser Bewegung ist schwer einzuschätzen. Trotz einer Unterschriftensammlung der Mormonen Anfang 2007 und dem Protest durch "Sit-in", der vergangenen September vor dem Regierungsbüro ohne großes Aufsehen in den Medien veranstaltet wurde, lehnt die Regierung es bisher ab, den Status der Religionen zu verändern. Die Scientology-Kirche scheint von der relativen Stagnation auf dem Markt der beruflichen Fortbildungen Nutzen ziehen zu wollen, um sich innerhalb von Unternehmen ansiedeln zu können. In Weißrussland ist die Scientology-Kirche nicht eingetragen. Das Staatskomitee für Religionen und Nationalitäten konnte keine Zahlen über die Anzahl der Anhänger in Weißrussland liefern. Man kann aber davon ausgehen, dass es nur wenige sind. Die europäische Zentrale der Scientology-Kirche hat Schritte unternommen, um offiziell in Bulgarien eingetragen zu werden. Die Scientology-Kirche hat 2003 Vertreter in Bulgarien ernannt. Diese bemühen sich darum, Kontakte mit der bulgarischen Verwaltung zu knüpfen und zu unterhalten. Sie versuchen ebenfalls, bislang aber ohne großen Erfolg, die zukünftigen Eliten des Landes mit ihren Lehren zu erreichen. Im November 2005 wurde in Sofia ein Seminar durch den Verein Narconon organisiert, der für die Fortführung der Tätigkeiten der Bewegung gegründet wurde. In Lettland hat die Dienststellte für religiöse Angelegenheiten die Eintragung der Scientology-Kirche 2006 abgelehnt, weil sie den Gesetzen über religiöse Organisationen nicht entsprach. Die Bewegung zählt im Übrigen nur wenige Mitglieder (ein paar Dutzend Personen). Verschiedene von der Scientology-Kirche ausgehende Vereine wurden in Lettland gegründet, darunter das Dianetik-Zentrum, ein Club zur Geschäftsentwicklung, ein Fortbildungszentrum für Lehrkräfte und der Verein Naconon Europe. Die Öffentlichkeit zeigt sich weitgehend ablehnend gegenüber dieser Organisation. Die Medien äußern sich ebenfalls aufgrund der angewandten Methoden kritisch. So wurden verschieden Werbeaktionen in Lettland von Scientology gestartet, ohne dass diese sich offen als Scientology-Kirche zu erkennen gegeben hätte.

Beispielsweise wurde im Juni 2005 die Anwerbungsaktion „Gelbe Zelte“ veranstaltet. Große gelbe Zelte waren in der Stadt Riga aufgestellt worden. Sie trugen die Aufschrift: „Damit lässt sich was machen“. Neugierige Passanten gingen in die Zelte hinein, wo sie von Scientologen empfangen wurden, die in keinem Fall ihre Zugehörigkeit zu dieser sektenartigen Bewegung angaben. Diese Aktion wurde in Zeitungen stark kritisiert. Die Presse erinnerte mehrfach daran, dass die Scientology-Kirche in Lettland nicht offiziell als religiöse Organisation anerkannt ist. Die Scientology-Kirche ist in Ungarn seit 1989 vertreten und seit 1990 registriert. Nach eigenen Angaben hat sie in Ungarn 15 000 ständige Mitglieder. Der für Religionsfragen verantwortliche Dienststellenleiter im Ministerium für Bildung und Kultur erklärte, er sei „informiert und besorgt“ über die Aktivitäten der Scientology-Kirche in Ungarn. Das Amt für nationale Sicherheit äußerte seine Kritik gegenüber der Scientology-Kirche wie folgt: Befürchtung, dass „innerhalb der Gesellschaft ein unsichtbares Netz“ aufgebaut würde, da die Gruppe im Bereich der Bildung und der geistigen Gesundheit einen gewissen Einfluss zu haben scheint. Er bezeichnete die Scientology-Kirche als „totalitär, ihre Mitglieder finanziell und geistig ausbeutend“. Weiterhin bemerkte er, dass sie „über ihren religiösen Charakter weit hinausgeht, da sie wie ein multinationaler Konzern funktioniert“. Der für den Schutz der privaten Daten der Bürger zuständige Ombudsmann brachte Vorbehalte hinsichtlich der Praktiken der ScientologyKirche an: Als problematisch sah er an, dass sie persönliche Informationen über ihre Anhänger speichert und ein „Elektropsychometer“ benutzt, was Artikel 59 der Verfassung entgegenstehe, der den „Schutz des Rufes, der Unantastbarkeit des Wohnorts, des Privatlebens und der persönlichen Daten“ garantiere. Es gibt in Ungarn jedoch keine gerichtliche Instanz, welche die Tätigkeiten der Scientology-Kirche in Frage stellen könnte. In der Ukraine ist die Scientology-Kirche seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre vertreten. Sie umfasst 20 Gemeinschaften in verschiedenen Regionen der Ukraine, davon befinden sich die wichtigsten in Kiew (mehr als dreitausend Anhänger), Kharkiv (einige Tausend), Kremenchuk, Odessa und Uzhgorod. Die erste Phase der Ansiedlungsstrategie läuft über die „DianetikZentren“ ab, welche die von Hubbard entwickelten Management-Techniken verbreiten: Dies ist auch der Zeitpunkt der nützlichen Kontaktaufnahme mit den Kreisen der Politik und Geschäftswelt. Die „Dianetik-Zentren“ unterliegen dem Gesetz über öffentliche Vereine und streben die Anwendung der Theorie und Methode von Hubbard in den verschiedenen

Ebenen des sozialen Lebens an. Eine der erfolgreichsten Einrichtungen ist die Organisation „Narconon“, welche Erziehungsprogramme gegen Drogenabhängigkeit in Schulen der Sekundarstufe und in Hochschulen anbietet. Sie hat dazu die Einwilligung der Ministerien für Bildung, Jugend und Gesundheit und die Unterstützung der regionalen Behörden von Kharkiv erhalten. „Dianetik-Zentren“ weisen eine öffentlichen Vereinen vergleichbare Funktionsweise auf. In der Strategie der Scientology-Kirche weichen sie schrittweise der eigentlichen Scientology-Kirche, die ein viel weiteres Betätigungsfeld besitzt. Scientologen nähern sich ebenfalls der Arbeitswelt und Unternehmen an, insbesondere durch Einstellungsbüros, die den Arbeitssuchenden anbieten, einen Fragebogen auszufüllen, der dem „Oxford-Test“ der Scientologen gleicht. Die Arbeitssuchenden werden dabei nicht über mögliche Verstrickungen informiert. In Kreisen von Unternehmensleitern versuchen Scientologen die von Ron Hubbard entwickelten „Management-Techniken“ zu verbreiten, angeblich, um die „Leistungsfähigkeit des Personals zu steigern“. 2004 versuchte die Scientology-Kirche, sich in der Ukraine registrieren zu lassen, wurde aber von der Stadtverwaltung Kiews abgewiesen. 2006 wurden die Unterlagen beim Staatsausschuss für Kulte eingereicht, jedoch später wieder zurückgezogen, weil der Kontext als „ungünstig“ beurteilt wurde. Scientologen in der Ukraine streben danach, einen offiziellen Status zu erlangen, der ihnen mehr Möglichkeiten bei ihren täglichen Geschäften bieten würde: Anmietung von Räumen, Formalitäten bei verschiedenen Einrichtungen (Zoll, Banken), Zugang zur rechtlichen Fähigkeit, eigene Interessen zu vertreten, insbesondere, um die Urheberrechte der Werke Ron Hubbards zu sichern, die von bestimmten Organisationen illegal vertrieben werden. Die Scientology-Kirche besteht in Rumänien in der Form des „Vereins freiwilliger humanitärer Helfer“, gelegen am Coposu-Boulevard in Bukarest. Der Verein ist ebenfalls in der Republik Moldau vertreten. Im Frühjahr 2006 haben sich Mitglieder des Vereins in die Gegend Kraiowa begeben, um den Opfern von Überschwemmungen zu Hilfe zu kommen, denen sie Entspannungstechniken und psychologische Unterstützung anboten. Obwohl diese Aktion kein großes Aufsehen erregte, verlieh die Anwesenheit der Scientologen an der Seite der Helfer des Roten Kreuzes der Bewegung eine Art Legitimierung. Dennoch ist die Anzahl der Anhänger in Rumänien gering. Im Rahmen ihrer Bekehrungsmaßnahmen macht die Scientology-Kirche die Mitgliedschaft des rumänischen Prinzen Paul Lambrino (unehelicher Enkel des Königs Karol II) und seiner Frau Lia (amerikanischer Herkunft) geltend. In

Slowenien

verfügen

das

Innenministerium

und

das

„Regierungsbüro für religiöse Vereine“ über keinerlei Informationen, auch nicht über den Einfluss dieser Bewegung. In ist die Scientology-Kirche eine absolute Litauen Randerscheinung. Es gibt nur in Wilnius eine kleine, 50 Anhänger starke Gruppe, die kaum aktiv ist. Sie hat keinen Antrag auf Registrierung als religiöse Organisation gestellt. Nur ein „Dianetik-Zentrum“ ist als Verein tätig. In Estland wurde die Anwesenheit der Scientology-Kirche von den Stellen des Innenministeriums nicht bestätigt. Dennoch scheint die Bewegung, hauptsächlich in Tartu, der bedeutendsten Universitätsstadt des Landes, vertreten zu sein, denn dort kam es zu Auseinandersetzungen zwischen vermuteten Scientologen und der Verwaltung der Universität. In Albanien ist die Scientology-Kirche aktuell nicht vertreten. Die wenigen als solche anerkannten Scientologen waren Mitglieder ausländischer diplomatischer Vertretungen. Es scheint im Übrigen keine Rekrutierungsversuche gegeben zu haben.

Die Zeugen Jehovas In Russland sind die Zeugen Jehovas seit dem Ende der neunziger Jahre nicht mehr offiziell registriert. Diese Tatsache hindert sie nicht daran, weiterhin tätig zu sein: Hausieren, Bücherverkauf auf der Straße und Versammlungen, die mehrere Tausende Personen umfassen können. Die Zeugen Jehovas sollen zwischen 140 000 und 200 000 Anhänger zählen. In der Slowakei genießen die Zeugen Jehovas den Status einer Religion, denn ihnen gehören 20 000 Mitglieder an. Sie vollziehen 200 Taufen im Jahr. Dennoch bleibt ihre Anzahl beständig, denn es verlassen jährlich ca. 200 Mitglieder diese Religion. In Weißrussland wurden die Zeugen Jehovas vom Staatskomitee für Religionen und Nationalitäten offiziell registriert. Es bestehen dort 26 „Gemeinschaften“. Die Anzahl der Anhänger ist nicht offiziell bekannt, aber wahrscheinlich sehr gering. Bemerkenswert ist, dass das an Studenten gerichtete offizielle Handbuch „Grundelemente über nationale und individuelle Sicherheit“, das von den weißrussischen Behörden in Universitäten verteilt wurde, einen Absatz mit der Überschrift „Vorsicht Sekten" enthält. Die Zeugen Jehovas werden dort deutlich als gefährliche Sekte bezeichnet. In Bulgarien hat sich diese Bewegung zwischen den Weltkriegen angesiedelt, bis sie in der kommunistischen Zeit verboten wurde. Nach der Wiederherstellung der Demokratie haben sich die Zeugen Jehovas 1991 als Verein registrieren lassen. Seit 1998 sind sie in Anwendung des Gesetzes über Religionen als „religiöse Bewegung“ anerkannt. Heute liegt die Anzahl

der Anhänger bei ca. 1 600 Personen. Die Organisation trifft auf wenig Unterstützung bei ihren Rekrutierungstätigkeiten und ihr Einfluss innerhalb der bulgarischen Gesellschaft ist begrenzt. Das allgemeine Ansehen dieser Gemeinschaft ist eher negativ. Radikale nationalistische Gruppen haben mehrfach versucht, ihre Versammlungen zu stören. Nach mehreren Jahren der Streitigkeiten wurden die Zeugen Jehovas 1998 in Lettland registriert: Die Abteilung für religiöse Angelegenheiten sowie die Gerichte lehnten es ab, die Zeugen Jehovas als neue Religion anzusehen. Heute sind in Lettland 21 Gemeinden angemeldet, die 1 900 Prediger und 4 000 Anhänger umfassen. Von den sowjetischen Behörden verfolgt, weil sie für amerikanische Spione gehalten wurden, vermitteln die Zeugen Jehovas immer noch ein negatives Bild in der öffentlichen Meinung, sowohl aufgrund ihres hartnäckigen Bekehrungseifers, als auch wegen ihrer anti-patriotischen Einstellungen. So verweigern sie den Militärdienst, lehnen es ab den Fahnengruß zu leisten und nationale Symbole zu respektieren. Dennoch verursachen die Aktivitäten der Zeugen Jehovas keine Störungen der öffentlichen Ordnung. In Ungarn wurde ihr Glauben 1989 registriert. In diesem Land sind sie seit Anfang des XX. Jahrhunderts vertreten. Im Mai 2007 zählte man ca. 22 000 Anhänger. Es handelt sich um eine der aktivsten religiösen Gemeinschaften Ungarns. Ein internationaler Kongress der Zeugen Jehovas wurde 2003 in Budapest veranstaltet, bei dem bestimmte Führungspersönlichkeiten des Zentralkollegs aus Brooklyn, Sitz der Leitung in den Vereinigten Staaten, anwesend waren. Ein Gesetz von 2007 ermöglicht es den Zeugen Jehovas bestimmte medizinische Verfahren und Behandlungen, die ihrem Glauben entgegenstehen, insbesondere Bluttransfusionen, abzulehnen. Die Anwendungskriterien dieses Gesetzes sind jedoch sehr streng: nur unheilbar kranke Patienten, dessen Tod unausweichlich ist und kurz bevor steht können die Möglichkeit wahrnehmen. Schwangere Frauen, die in der Lage sind, ihre Kinder zur Welt zu bringen, dürfen Bluttransfusionen nicht ablehnen, die dazu dienen sollen, ihr Leben zu retten. Die Zeugen Jehovas, strenge Gegner von Bluttransfusionen, haben einen Informationsdienst über Ärzte eingerichtet, die Spezialisten von Methoden ohne Verwendung von Blut sind. Dieser Dienst verfügt seit einigen Jahren über eine Zweigstelle in Ungarn. Mehr als 600 Ärzte greifen heutzutage darauf zurück, um sich an die Überzeugungen der Zeugen Jehovas anzupassen. Ebenfalls bietet die Bewegung bestimmten Krankenhäusern finanzielle Hilfen, um sie bei der Anschaffung des für diese alternativen Methoden notwendigen Materials zu unterstützen.

Die Zeugen Jehovas werden von bestimmten Gesellschaftsgruppen regelmäßig kritisiert. In den letzten Jahren bemängelten zahlreiche Sendungen ihre Art ihre Kinder zu erziehen, ihre Arbeits- und Rekrutierungsmethoden, sogar ihre Haushaltspolitik. Da sie der Ansicht sind, dass die Überzeugungen der Zeugen Jehovas Kindern schaden, weisen ungarische Gerichte in Scheidungsfällen meistens dem Elternteil das Sorgerecht zu, der nicht „Zeuge" ist. Der Organisation wird ebenfalls vorgeworfen, junge Anhänger von einem Studium abzuraten. Eine positive Einschätzung kehrt jedoch immer wieder: Zeugen Jehovas lehnen Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum strikt ab. Die Zeugen Jehovas sind 1920 zum ersten Mal in der Ukraine verzeichnet worden, als ukrainische Emigranten aus den Vereinigten Staaten und Kanada zurückkehrten. Zur Zeit der UdSSR übten sie ihren Glauben geheim aus. Die seit 1991 in der Ukraine registrierte Mitgliederzahl ist hoch: es gibt mehr als eintausend Gemeinschaften im ganzen Land. Davon sind die meisten offiziell gemeldet. Im politischen Leben sind die Zeugen Jehovas wenig präsent: da sie nur eine einzige Regierung auf Erden anerkennen, die „Leitende Körperschaft Brooklyn“, verbieten sie ihren Anhängern, an Wahlen teilzunehmen. In Rumänien seit 1990 vertreten, zählen die Zeugen Jehovas aktuell 76 000 Mitglieder, die sich auf fast 500 Gemeinden verteilen. Nach der „Revolution“ von Dezember 1989 haben die Zeugen Jehovas 1990 das Recht zugesprochen bekommen, sich als Verein zu organisieren. Im Mai 2003 wurde durch ein Erlass des Ministers für Kultur und Kulte ihr Status als Religion anerkannt. Die „religiöse Organisation der Zeugen Jehovas“ steht nun auf der Liste der 18 offiziell durch das Gesetz 489/2006 „über Religionsfreiheit und das allgemeine Verfahren mit Kulten“ anerkannten Religionen. Diese Regelung unterscheidet drei Kategorien: „Religiöse Gruppierung“ (Vereinsform ohne Rechtspersönlichkeit, die einen religiösen Glauben frei ausübt), „Religiöser Verein“ (Rechtsperson des privaten Rechts) und „Religion“ (gemeinnützige Rechtsperson). In Litauen haben sich die Zeugen Jehovas 1993 als religiöse Organisation eintragen lassen. Hier sind sie am zahlreichsten (es sollen 3 500 sein, das entspricht 0,1 % der gesamten Bevölkerung) und am aktivsten, wobei ihr Bekehrungseifer gemäßigt ist. Ihr Zuwachs ist stetig, wenn auch nicht erheblich. In Estland sind sie mit ihren 4 250 Anhängern bei weitem die bedeutendste sektenartige Bewegung, zu der noch mehrere Tausend Sympathisanten hinzukommen. Diese Bewegung soll einen starken

Bekehrungseifer an den Tag legen. Die Zeugen Jehovas sind in Albanien seit der Wiederherstellung der Demokratie Anfang der neunziger Jahre vertreten. Sie sollen 2 000 Personen umfassen, die sich sehr aktiv zeigen, unter anderem durch zahlreiche mit der Rekrutierung von Tür zu Tür beauftragte Gruppen. Das mangelnde Interesse an Religionsfragen und eine starke Abneigung gegen alles, was als strukturierte Betreuung empfunden werden könnte, sind zwei wichtige Dämpfer ihres Bekehrungseifers. Die in den Medien stark kommentierten zwei Selbstmordfälle von Jugendlichen in den Jahren 1997 und 2004, die anscheinend unter erheblichem Einfluss der Zeigen Jehovas standen, haben noch dazu beigetragen, das Misstrauen gegenüber ihren Aktivitäten zu nähren.

Die Gemeinschaft vom Heiligen Geist für die Vereinigung der Weltchristenheit oder „Moon“ Im Zeitraum 1990-2000 war die Moon-Bewegung in Russland sehr aktiv. Mittels Organisationen im Bereich der Sozialarbeit und der Bildung, die sich hauptsächlich mit dem Thema Familie beschäftigten, hatte es die Gemeinschaft vom Heiligen Geist für die Vereinigung der Weltchristenheit geschafft, das Vertrauen bestimmter Bezirke zu gewinnen, darunter das der Stadt Moskau, welche ihr Räume zur Verfügung stellte und sich öffentlich über diese Unterstützung rühmte. Zahlreiche dieser Gemeinden haben nun ihre Haltung revidiert und sind zurückhaltender geworden. Oft infolge von Prozessen, die in der Presse für Schlagzeilen sorgten, wurden jegliche Verbindungen zu diesen Organisationen unterbrochen. Die Moon-Bewegung soll in der Ukraine 5 000 Anhänger zählen. Moon ist seit 1968 in der Slowakei als Verein unter verschiedenen Namen vertreten: Gemeinschaft vom Heiligen Geist für die Vereinigung der Weltchristenheit, Familienföderation für Weltfrieden, Akademie der Professoren für Weltfrieden. Diese Vereine haben in der Slowakei ungefähr 250 Mitglieder. Die Moon-Bewegung wurde in Weißrussland ebenfalls nicht registriert. Es stehen keine offiziellen Daten über diese in Weißrussland nicht bemerkbare Bewegung zur Verfügung. In Bulgarien wurde die Gemeinschaft vom Heiligen Geist für die Vereinigung der Weltchristenheit bisher nicht in Anwendung des Gesetzes über Religionen offiziell gemeldet. Sie agiert unter dem juristischen Deckmantel von fünf rechtlich anerkannten gemeinnützigen Vereinen. Die Anzahl der Anhänger schwindet fortwährend seit 2000. Aktuell

sollen es 30 sein. Immer weniger ausländische höhergestellte Vertreter dieser grenzübergreifenden Bewegung reisen nach Bulgarien. Der Gründer der Organisation, Sun Myung Moon, wurde 2005 wegen „Störungen der öffentlichen Ordnung“ für zehn Jahre die Einreise und der Aufenthalt in Bulgarien verboten. Diese Strafe hat zum Rückgang der Aktivitäten der Bewegung in Bulgarien beigetragen. Moon ist in Lettland nicht eingetragen und besitzt keinerlei rechtlichen Status. Die Bewegung zählt sehr wenige Mitglieder, die sehr diskret tätig sind und keine Rekrutierung betreiben. Die öffentliche Meinung ist aufgrund mangelnder Information neutral. Die Moon-Bewegung ist ebenfalls in Ungarn vertreten, wo sie zwar registriert ist, aber nur geringe Aktivitäten betreibt und nur einige Hundert Anhänger vereint. Reverend Moon und seine Gattin sind mehrfach nach Ungarn, anlässlich der Gründung von Nebenstellen der Organisation gereist. Die wenigen Kommentare, die in den Medien bezüglich dieser wenig bekannten und unauffälligen Organisation zu finden sind, berichten eher negativ über ihre Tätigkeiten. In der Ukraine stehen wenige Daten über die Moon-Sekte zur Verfügung. Ein ehemaliger Bildungsminister ist dafür bekannt, dass er eine Versammlung der Kirche für die Vereinigung der Weltchristenheit, kurz Moon genannt, einweihte. Die Presse hat einen Abgeordneten des Blocks Julia Timochenko mit der Bewegung in Verbindung gebracht. Der zweite Vorsitzende der genannten Partei ist im Übrigen ehemaliger Leiter des SBOu (ziviler Nachrichtendienst) und dafür bekannt, baptistischer Priester zu sein. Anscheinend ist die Organisation des Koreaners Sun Myung Moon in Rumänien nicht vertreten. In der Republik Moldau hingegen ist die Bewegung sehr wohl angesiedelt. Hier hat sie sich über bestimmte NichtRegierungsorganisationen auf beiden Ufern des Pruts niedergelassen. Von dort aus wird sie sich wahrscheinlich über kurz oder lang nach Rumänien ausbreiten. In Litauen ist Moon seit 2004-2005 als religiöse Organisation eingetragen, existiert aber sozusagen nur virtuell. Die sehr wenig aktive Bewegung ist in diesem Land so gut wie verschwunden. In Estland existiert die Moon-Bewegung unter dem Namen „Gemeinde für die Vereinigung der Christen Estlands“, soll aber bisher nur einige wenige Anhänger vereinen. In Albanien hat Moon im Oktober 2005 eine öffentliche Versammlung in Tirana in Anwesenheit des Gründers der Organisation veranstaltet. Seitdem wurden keine bemerkenswerten Entwicklungen

verzeichnet. In diesem Land soll die Bewegung 800 bis 1 000 Mitglieder umfassen. Es ist interessant zu bemerken, dass der Leiter des Ausschuss für Kulte angibt, „nichts über diese Sekte zu wissen und in Albanien noch nie davon gehört zu haben".

Schlussfolgerung Diese Feststellungen zeigen, dass die grenzübergreifenden sektenartigen Bewegungen die Behörden, die mit dem Schutz der empfindlichsten Bevölkerungsteile beauftragt sind, insgesamt beunruhigen. Die Verpflichtung zur Prävention, manchmal zur Repression, denen sie sich nicht ganz entziehen können, wird oft dadurch gebremst, dass sie befürchten, in die Kritik der öffentlichen Meinung zu geraten, denn diese ist auf nationaler und internationaler Ebene sehr empfindlich, wenn es um Beschränkungen der Ausdrucksfreiheit und der Ausübung des Glaubens geht. Im Namen der Religionsfreiheit verzichten die Behörden manchmal darauf, ihre gesetzgeberische Macht speziell auszuüben und überlassen es den Gerichten, eventuelle Störungen der öffentlichen Ordnung zu bewerten und zu ahnden, oder sie zählen auf die traditionellen Kirchen, um die Bekämpfung gegen sektiererische Entgleisungen zu betreiben. Angesichts der Bedrohung der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft durch bestimmte Gruppierungen versuchen die Staaten, die aus geschichtlichen Gründen entschieden haben, auf eine Gesetzgebung zu verzichten, über den Ausbau ihrer Strafgesetze entweder die menschliche Person vor den Folgen von Sektenentgleisungen, oder den Staat und die öffentlichen Personen vor den Infiltrierungen durch bestimmte Bewegungen zu schützen. Inzwischen ist die Notwendigkeit einer verbesserten Koordinierung zwischen den Staaten, die die gleichen Werte zum Schutz der Menschenrechte und der Würde des Menschen teilen, immer deutlicher zu spüren. In Ermangelung von gesetzlichen Mitteln zur Bekämpfung des betrügerischen Missbrauchs der Schwäche und der Ausnutzung der Schwächsten wird es immer schwieriger, Straftatbestände gerichtlich zu definieren. Dadurch kann es zu einer Schwächung der schützenden und präventiven Kraft des Staates zugunsten der Opfer von mentaler Beeinflussung durch sektenartige Bewegungen kommen. Heutzutage stellen alle demokratischen Staaten Europas fest, wie schwierig es ist, die freie Ausübung der individuellen Freiheiten mit der Einhaltung des unantastbaren Rechts eines Jeden auf Sicherheit zu vereinbaren.

ANHANG

Aktuelle Situation der Gemeinschaft vom heiligen

Geist für die Vereinigung der Weltchristenheit oder „Moon“ im Ursprungsland Südkorea Diese internationale sektenartige Organisation ist in Südkorea immer noch stark vertreten, doch ist zu beobachten, dass die Anhängerzahlen stagnieren bzw. leicht zurückgehen. Moon ist die bedeutendste der drei sektenartigen Bewegungen, die hier untersucht werden. Die Zeugen Jehovas sind hauptsächlich dafür bekannt, dass sie den Militärdienst verweigern, während die Scientology-Kirche in Südkorea kaum vorhanden ist. Die Regierung betreibt im Allgemeinen eine Politik der Toleranz, das heißt der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der religiösen Bewegungen, auch wenn es sich um sektenartige Organisationen handelt. In Südkorea fallen religiöse Fragen in den Aufgabenbereich des Ministeriums für Kultur und Tourismus, dem eine „Abteilung für religiöse Angelegenheiten“ untersteht. Wie alle anderen Religionen des Landes genießen auch sektenartige Bewegungen die Toleranz der koreanischen Behörden. Während die Zeugen Jehovas und die Scientology-Kirche wenig Einfluss haben, kommt Moon ein wirtschaftliches und soziales Gewicht zu. Aufgrund ihrer Verbindungen zum nord-koreanischen Regime könnte die Moon-Bewegung eine bestimmte Rolle bei der Vereinigung der beiden Koreas spielen. Die Zukunft der Organisation und ihre zukünftigen Orientierungen bleiben ungewiss, da bisher der Reverend Moon eine vorherrschende Rolle spielte. Heute ist er 87 Jahre alt und seine Nachfolge bleibt ungeklärt. Im Allgemeinen hält sich Moon in der politischen und medialen Landschaft Südkoreas zurück. Dennoch kann die Bewegung auf die Unterstützung bestimmter Parlamentarier zählen, obwohl diese sich nicht öffentlich zu Moon bekennen, und auf ein gewisses Wohlwollen mehrerer wichtiger Presseorgane, in denen einflussreiche Vermittler Moon positiv gesonnen sind. Die Gemeinschaft vom Heiligen Geist für die Vereinigung der Weltchristenheit oder „Moon“, Organisation des Reverends Moon Sun.Myung, auch „Kirche für die Vereinigung der Weltchristenheit“ genannt, besitzt in Südkorea einen legalen Status und vereint knapp eine Million Anhänger. Sitz der Organisation ist eigentlich Seoul, doch seit einigen

Jahrzehnten konzentrieren sich die Aktivitäten auf die Vereinigten Staaten. Weder zeigt sich die Regierung wahrhaft über die Bewegung besorgt, noch ist sie Gegenstand von Polemiken innerhalb der Medien oder der Bevölkerung. Nach Angaben der Abteilung für religiöse Angelegenheiten gibt es in Südkorea keine Einrichtung zur Kontrolle und Überwachung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen. Polizei und Justiz greifen bei klassischen Fällen von Vergehen oder Verbrechen ein (meistens handelt es sich um Steuerhinterziehung), wobei diese Fälle nicht sektenartige Bewegungen an sich betreffen, sondern ganz allgemein natürliche Personen. Das finanzielle und industrielle Imperium des Reverends Moon ist und bleibt seine wichtigste Machtquelle in Südkorea. Er besitzt mehrere Unternehmen in den Bereichen der Bauwirtschaft, des Immobilien- und Gesundheitswesens, in der Nahrungswirtschaft, im Bankwesen, im Automobilgeschäft und in der Veranstaltungs- und Sportwirtschaft. Er ist darüber hinaus Inhaber einer Zeitung in Seoul und hat mehrere Schulen, Gymnasien und eine Universität gegründet. Die Tätigkeiten des Reverend Moon sind in Nordkorea ebenfalls beträchtlich. Lange Zeit waren seine Beziehungen mit Pyongjang aufgrund des Antikommunismus der sektenartigen Bewegung schwierig. 1991 traf Reverend Moon jedoch Kim II Sung, wurde dann zu seiner Beerdigung eingeladen und unterhält mit Kim Jong II relativ gute Beziehungen. Er ließ kürzlich ein Hotel, einen Park und einen Tempel in der Nähe seines Geburtsortes errichten. Eine „internationale Gipfelkonferenz über den Frieden“ wurde im Februar 2002 in Seoul durch die „interreligious and International Federation for World Peace“ organisiert (IIFWP). Die Haltung der koreanischen Regierung gegenüber der MoonBewegung ist gekennzeichnet durch das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten (und in die Beziehungen mit anderen Konfessionen) der grenzübergreifenden Organisation, solange ihre Tätigkeiten die öffentliche Ordnung nicht berühren. Ihre Kontakte mit Kim Jong II werden von der Regierung in Seoul als positiv angesehen, die darin eine Annäherungsmöglichkeit an das nordkoreanische Regime sieht. Darüber hinaus kommen der Moon-Bewegung ihre bedeutenden

Investitionen im Bildungsbereich zugute (Spenden an Weisenhäuser und Schulen, an Arme und Behinderte). Die Regierung sieht darin eine Art "Entschädigung" für die Tatsache, dass religiöse Bewegungen keine Steuern zahlen. Schließlich werden die Einreihung der Anhänger, der Bekehrungseifer und die weit verbreitete Praxis der kollektiven Hochzeiten von der Öffentlichkeit nicht angeprangert. Die Scientology-Kirche ist nach Angabe der Abteilung für religiöse Angelegenheiten in Südkorea aufgrund der wenigen Anhänger so gut wie unbekannt. Die Zeugen Jehovas sind ihrerseits in Südkorea weniger vertreten (keine 100 000 Anhänger). Sie betreiben diskrete Bekehrungsarbeit, die von den öffentlichen Behörden geduldet wird. Die Bewegung ist hauptsächlich dafür bekannt, dass sie sich gegen den Militärdienst richtet (der verfassungsrechtlich zwingend ist und 24 Monate dauert). Die Zeugen Jehovas bilden 90 % der Verweigerer in Südkorea. Jedes Jahr werden aus diesem Grund 500 bis 700 Mitglieder angeklagt und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Im Mai 2004 wurden jedoch zum ersten Mal drei Zeugen Jehovas, die den Militärdienst verweigert hatten, vom Obersten Gericht freigesprochen. In der Urteilsbegründung hieß es, dass die „Auswirkungen dieser Verweigerung für die nationale Verteidigung unbedeutend sei“. Die 600 verzeichneten Verweigerungen entsprechen ca. 0,2 % der jährlich Einberufenen. In Folge dieser Entscheidung hat die koreanische nationale Kommission für Menschenrechte eine Stellungnahme an die Nationalversammlung und an das Verteidigungsministerium gerichtet, mit der Aufforderung, ein alternatives System für „eine harmonische Koexistenz des Verweigerungsrechts und des Militärdienstes“ zu schaffen. Der Präsident Roh Moo-Hyun hat kürzlich einen Gesetzesentwurf in diesem Sinne vorgestellt.

Blick einer Psychologin auf die Entgleisungen der Praktik der induzierten Erinnerungsfälschung Während der vergangenen drei Jahre sind beim MIVILUDES zahlreiche Meldungen eingegangen von Eltern, die plötzlich von ihren Kindern des Inzestes und/oder der Pädophilie angeklagt wurden. Es handelte sich fast ausschließlich um junge Frauen und die Vorwürfe kamen nach dem Besuch einer Psychotherapie auf. Die durch diese Methode verursachten Schäden waren der Anlass, das Problem in den vorherigen Berichten anzusprechen, doch scheint es sinnvoll weiter zu gehen und dem Leser Möglichkeiten zu bieten, dieses Phänomen, das sich offensichtlich ausweitet, kennen zu lernen. Zu diesem Zweck soll Frau Delphine Guérard in diesem Bericht 2007 zu Wort kommen, denn ihre Untersuchungen zum Thema sind gut verständlich und können dazu beitragen, die Sache angemessen zu beurteilen.

Wenn falsche Anschuldigungen des sexuellen Missbrauchs während einer Psychotherapie aufkommen: das Phänomen der induzierten Erinnerungsfälschung VON DELPHINE GUERARD, Klinikpsychologin des Vereins „Alerte Faux Souvenirs Induits“ (Alarm, induzierte Erinnerungsfälschung)

Patienten geben an, Erinnerungen an Inzest wiedererlangt zu haben. All diese Erinnerungen sind während einer psychotherapeutischen Sitzung oder im Laufe einer Therapie erschienen. Familien werden einer Straftat angeklagt, die sie ihrer Aussage nach nicht begangen haben. Der Einfluss

der Psychotherapeuten durch bestimmte Methoden, die offensichtlich suggestiv arbeiten, lässt sich nicht mehr beweisen. Diese Suggestion kann Patienten zu falschen Anschuldigungen des sexuellen Missbrauchs führen. Die psychischen Auswirkungen sowohl für die anklagende Person, als auch für die/den Angeklagte(n) und die Angehörigen sind erheblich. Familien können auseinander brechen, Scheidungen, Selbstmorde und andere Dramen sind die Folgen.

Die Situation in Frankreich Wir beobachten und untersuchen das Phänomen in Frankreich bei Einzelsprechstunden seit Beginn des neuen Jahrtausends. Bis heute haben wir mehr als 50 Familien getroffen. Den meisten Situationen geht die gleiche Vorgeschichte voraus: Plötzlich wird der Vater von seiner erwachsenen Tochter per Brief oder Telefon der Vergewaltigung und die Mutter der Mitwisserschaft beschuldigt. In einigen wenigen Familien werden ebenfalls die Mütter von ihrem Sohn oder ihrer Tochter der Vergewaltigung, des Inzests oder sexueller Übergriffe beschuldigt. Entsprechend den bei den Eltern gesammelten Informationen, denn die Anklägerinnen sind nicht erreichbar, ist das Thema der falschen Erinnerungen oder der induzierten Erinnerungsfälschung sehr komplex. Folgende Merkmale kehren immer wieder: • Eine Person weist starke Persönlichkeitsstörungen auf und wird psychiatrisch behandelt, oder auch nicht. Der offensichtliche Wahn dreht sich um Inzest. • Diplomierte Fachkräfte, die eine bestimmte Theorie oder Praktik anwenden, die nicht unbedingt orthodox ist, flüstern Erinnerungen über Missbrauch und Misshandlung ein. • Quacksalber maßen sich an, als Psychotherapeuten zu arbeiten, obwohl ihre Ausbildung mehr als ungenügend oder sogar nicht vorhanden ist. Die Mehrzahl erfindet Methoden. Ihre Praktiken sind missbräulich. • Sektenartige Gruppen besitzen eine bestimmte Technik, nicht unbedingt therapeutischer Art, die manchen Anhänger zur Einbildung von Inzesterinnerungen führt. • Schließlich suchen leidende Personen allein Hilfe im Internet, denn es gibt zahlreiche Seiten und Diskussionsforen über Inzest. Das eigene Szenarium wird manchmal auch über die Lektüre von Werken so genannter „Spezialisten“ erstellt. Eine solche Vielfalt an Situationen führt dazu, sich Fragen über die Grenzen der Ausübung der Psychotherapie zu stellen und insbesondere über den Zugang zu einer höheren Ausbildung im Bereich der Psychopathologie. Sie macht uns aber auch neugierig zu wissen, was für diplomierte Fachkräfte, die meisten Ärzte, am Werke sind.

Die Therapeuten Die in diesen Fällen der falschen Erinnerungen oder induzierten Erinnerungsfälschungen verwickelten Therapeuten sind zum größten Teil Psychotherapeuten, weder Psychologen noch Psychiater, die meistens in kürzester Zeit durch private Fortbildungsinstitute oder mittels einer lächerlichen Anzahl von Stunden, über ein oder mehrere Jahre verteilt, zu den verschiedensten Techniken geschult wurden. Nur manche sind Psychiater, Psychologen oder Kinesitherapeuten. Vorerst ist es sinnvoll daran zu erinnern, dass der Beruf des Psychotherapeuten immer noch nicht reglementiert ist. So hat jeder die Möglichkeit, sich von heute auf morgen freiberuflich und ohne Ausbildung niederzulassen. Die Ausübung der Psychotherapie ist vollkommen frei. Psychotherapeutische Methoden und Techniken werden auch nicht kontrolliert. Daher ist der Markt der Therapien sehr weit und vielfältig. Es gibt anerkannte und geprüfte Methoden, aber auch merkwürdige Praktiken und solche, die gefährlich und zum Teil sektiererisch sind. Die betroffenen Psychiater und Psychologen scheinen mit dem System DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen) und anhand des folgenden Grundpostulats zu arbeiten: Der Inzest wird als „nosographische Einheit“ betrachtet. Die Gleichung „bestimmtes Trauma => bestimmte Folge“ ergibt sich von selbst und bringt sie dazu, ohne weiteres eine Diagnose anhand einer Liste von Symptomen zu erstellen. Damit ermuntern sie ihre Patienten, sie als gute Fachkräfte zu bestätigen, indem die gegebene Diagnose angenommen wird. Diese neue „nosographische Einheit“, diese Art der Beschreibung und Klassifizierung von Krankheiten, begleitet von einer zunehmenden medizinischen Betreuung von sozialen Problemen, führt zu einer Fixierung auf den sexuellen Missbrauch, wobei die „Kinder des Inzests“ allgegenwärtig sind. Eine Form übersteigerter Militanz treibt oft diese Therapeuten an, die ihre Patienten leiten und eingliedern. Verbissene Nachforschungen bringen außerdem Fehleffekte mit sich. Wenn eine Person eine Therapie mit der Überzeugung verlässt, dass ihre Erinnerungen und Aussagen richtig sind und sich entschließt, einen Anwalt zu nehmen, kann man legitimerweise davon ausgehen, dass die erzählte Wirklichkeit über die historische Wirklichkeit ausufert. Nicht jeder behauptete sexuelle Missbrauch sollte als Wahrheit begriffen werden. Mit therapeutischer Verbissenheit und um jeden Preis Erinnerungen mittels suggestiver Fragen wieder hervorzuholen, auf eindringliche Weise ein Wort zu fordern, das nicht heraus will und Anklage als ein Mittel zur Rückkehr zum Frieden zu erachten, kann gefährlich sein. Ist nicht gerade solch ein Vorgehen eine Art der Vergewaltigung? Denn Unterdrückung und bewusstes Vergessen sind gültige Schutzmechanismen, die es uns

ermöglichen, psychisch zu überleben. Diese Mechanismen zu sprengen kann zu schweren psychologischen Störungen führen. Diese inquisitorische Vorgehensweise verzichtet auf die Regeln der Psychoanalyse, wonach die Psyche sich eine Realität aufbaut, die eingeführt wurden, als Freud nicht mehr glaubte, dass alle Väter mit ihren Töchtern schlafen. Können die Beiträge dieser Disziplin zur Erkenntnis der Mechanismen von Träumen, Erinnerungen und Übertragungen derart vernachlässigt werden? Zu dieser Unwissenheit gesellt sich die krasse Unkenntnis der Tatsachen, die uns die kognitive Psychologie über die Mechanismen der Erinnerung liefert.

Ihre Theorien Anhand der Schriftstücke der betroffenen Therapeuten und ihrer Internetseiten war es möglich, ihre Theorien zu untersuchen. Es geht Folgendes daraus hervor: • Diese Therapeuten sind nicht freudianisch: Sie sind auf der Suche nach Wahrheit und Sinn. Dies ist ihr eigentlicher Auftrag. Das therapeutische Material wird als historische Wahrheit aufgefasst. In der Tat wird jedes Bild, das durch Emotionen hervorgebracht wird, als Wahrheit angesehen. Jedes Wort wird als wahrhaft beurteilt: Es gibt keinen Raum für Subjektivität. Gefangen in einer Art Opferwahn banalisieren sie gewissermaßen Misshandlungen, Inzest und Vergewaltigung, denn sie fokussieren aktiv ihre Arbeit auf sexuellen Missbrauch und gehen soweit, zu meinen, dass jedes Kind ein Opfer seiner Eltern sei. Mit Nachdruck denunzieren sie den zerstörerischen Charakter der elterlichen Erziehung. Das Individuum ist ein Opfer seiner Eltern und um sich zu befreien, um „seine Autonomie vollständig zu leben“, muss es notwendigerweise mit seiner Familie, seiner Geschichte, seiner Persönlichkeit brechen und seine Angreifer anprangern, kritisieren, beschuldigen, verurteilen und sich ihnen stellen. Um vergangene Traumata zu heilen, was das wahre Ziel all dieser Therapien ist, besteht die therapeutische Arbeit darin, sich hauptsächlich auf Traumata, Erinnerungen und Träume zu konzentrieren. Diese werden ohne weiteres vom Therapeuten interpretiert. Die Interpretation hat nicht in Zweifel gezogen zu werden, sie spielt bei der Wahrheitsfindung eine zentrale Rolle. • Diese Therapeuten gehen davon aus, dass die Symptome der Kindheit das krankmachende Prinzip (die Etiopathogenese) sexueller Misshandlungen aufzeigen. So kann sexuelle Gewalt über die Erkennung und Identifizierung von emotionellen Blockaden aufgespürt werden. Diese spezifischen Symptome des als Kind sexuell missbrauchten Erwachsenen sind: - Schwierigkeiten bei Liebesbeziehungen im Erwachsenenalter; - Depressionen, die von einem allgemeinen Gefühl von Traurigkeit bis zur

allgemeinen Parallisierung gehen können; - Gewichtsprobleme; - chronische Kopfschmerzen; - zerstörerische Verhaltensweisen, Selbstmordversuche, Drogenkonsum; - Schuldgefühle.

Alkohol-

und

Machen sich eins oder mehrere dieser Symptome bemerkbar, so leitet der Therapeut daraus die Wirklichkeit des Inzests ab. Sind im Erwachsenenalter auftretende Symptome wirklich zuverlässige Zeichen für sexuellen Missbrauch im Kindesalter? Das Familiensystem wird von vornherein als schädlich angesehen: Die elterliche Gewalt wirkt vom Zeitpunkt der Geburt an und rührt bereits aus vorhergehenden Generationen. Die Verhaltensweisen und Gewohnheiten der Eltern sind zerstörerisch und schädlich… Eltern sind verhängnisvoll und schuldig, diabolisch, treten zurück, dominieren, kritisieren, verachten, manipulieren, sind pädophil... Die Theorien dieser Therapeuten entsprechen also weniger Systemen, sondern eher Überzeugungen, die zum Teil einen wissenschaftlichen Schein annehmen, wenn ein medizinisches Modell bei der Ausarbeitung eines neuen Syndroms nachgeahmt wird. Darüber hinaus sind Theorie und Methode funktionaler Art und auf Nutzen ausgerichtet. Sie werden also mehr oder minder ehrlich gekürzt oder fehlverstanden. Die sich daraus ergebenden Techniken werden partiell und/oder parteiisch angewendet und fast immer fehlgeleitet.

Die Methoden Zuerst wurde das Phänomen der Erinnerungsfälschung anhand von spezifischen therapeutischen Verfahren untersucht, die in bestimmten bekannten Sektenbewegungen angewandt werden. In der Tat führten manche therapeutische Verfahren dazu, dass einige Anhänger meinten, sich an Inzestsituationen zu erinnern. Neben diesen erfassbaren Praktiken gibt es zahlreiche Techniken, die auf fehlgeleitete Art und Weise angewandt werden. Es handelt sich im Wesentlichen um Körpertechniken, deren Erfolg seit den siebziger Jahren unbestritten ist. Hier beruhen sie aber auf einer katastrophalen semantischen Verschiebung: wenn sich der Körper äußert, ist diese Äußerung zwangsläufig eine Sprache. Das Postulat aber, dass es eine Sprache des Körpers gibt, mündet auf allen möglichen Verirrungen. Dieses Postulat wird mit dem berühmten Spruch: „Der Körper lügt nicht“ begründet. Um das wesentliche Ziel dieser auf Erinnerungen beruhenden Therapien zu erreichen, das heißt „Widerstände lösen“, wird auf alle möglichen psycho-

körperliche Techniken zurückgegriffen wie Massagen, Entspannungsübungen, Handauflegen, energetische Behandlungen, Atemübungen. Denn es soll eine tiefgehende Entspannung erreicht werden, damit die Erinnerungen des Körpers zu Tage treten. Wird die Blockade bewusst wahrgenommen, ist es möglich sie zu überwinden und das Trauma zu bereinigen. Es finden sich oft Techniken wieder, die der transgenerationellen Analyse und der Psycho-Genealogie ähneln. Auch diese werden von ihrem eigentlichen Zweck entfremdet. Tatsächlich begegnet man hier einer besonderen Konzeption der Ahnenforschung: Man soll sich von seiner kranken Ahnenfolge loslösen; jede Genealogie ist zur Wiederholung verdammt; das Individuum ist Gefangener der familiären, sozialen und religiösen Wiederholungen. Andere Maßnahmen, wie das Schreiben eines Tagebuchs werden ebenfalls angewandt. Zur Ergänzung der individuellen Therapie können Gruppensitzungen mit kollektiver Konfrontation angeboten werden. Musik, Theater, Tanz und Trance sind Mittel zur Begleitung dieser Maßnahmen. Schließlich haben wir Methoden aufgespürt, die von ihren Gründern als Innovationen angesehen werden, die wir aber als wahrhaftig missbräuchlich bewerten. Im Folgenden sollen einige aufgezählt werden: • Eine erste Methode beruht auf dem „Prinzip der Verdrängung“. Für den Autor dieser Methode ist Verdrängung ein Schutzmechanismus, der es dem Menschen ermöglicht, eine unangenehme Begebenheit zu vergessen. Es geht dann darum, den Prozess der Verdrängung wieder zu aktivieren, um die verborgenen Erinnerungen aufzustöbern, die verantwortlich waren für die Gesundheitsprobleme. Das Ziel ist eine „Reinigung“ zu erreichen. Es wird davon ausgegangen, dass die mentale Ebene aus Symbolen besteht, welche auf die Existenz von Ereignissen hinweist, die aus dem Verborgenen hervorgeholt werden müssen. Es reicht aus, in einem Zustand der Entspannung, ohne dass es notwendig wäre, auf Hypnose zurückzugreifen, auf die verdrängten Ereignisse zurück zu kommen, um sie wieder auf die Bewusstseinsebene zu bringen und damit die Symptome verschwinden zu lassen. Alle Krankheiten, ob physisch oder psychisch, haben ihren Ursprung in der Umgebung. Nach Ansicht des Autors wurde eine Mehrheit der Patienten sexuell missbraucht. 80 % und mehr haben in ihrer Kindheit Inzest erlebt, den sie dann verdrängt haben. Die meisten Menschen, die aufgrund von Gesundheitsproblemen in die Sprechstunde kommen, wissen nicht, dass sie in Fälle von sexuellem Missbrauch verwickelt waren. 95 % der Störungen werden mit Schocks begründet, die in Verbindung mit Sexualität stehen, Ereignisse, die vom Kleinkind oder Fötus verdrängt wurden. Alle Krankheiten finden hier ihren Ursprung. Die Therapeuten dieser Methode verschreiben gerne Medikamente aus der Naturheilkunde. Die

vorgebrachten

Zahlen

sind

nicht

durch

nachprüfbare

Untersuchungen zu belegen. Daher ist anzunehmen, dass der Autor einer wahrhaften Faszination für Inzest verfallen ist, dem die meisten von uns zum Opfer gefallen sein sollen. Der kausale Zusammenhang zwischen allen Krankheiten und sexuellen Dingen bleibt zu beweisen. • Eine Methode, die auf der Technik des Wachtraums beruht. Hier erzählt der Patient und der Therapeut übersetzt, indem er auf Symbole weist, die er anhand seiner Interpretationen identifiziert. Das Symbol wird als real betrachtet: „Es ist eine Gewissheit“. Der Therapeut verfügt über den Schlüssel zu den Äußerungen der Person und ihrer so gegenständlich gemachten Träume. In einer Art Vorherrschaft und Sakralisation der „inneren Realität“, droht die Außenwelt durch diese einseitige Lesart zu verschwinden. • Eine Methode, die auf der „Erinnerung der Zellen“ beruht: Es handelt sich um eine Methode, die sich nach den körperlichen Gefühlen, den Schmerzen des Körpers und ihrer biologischen Dekodierung richtet. Das Ziel ist, die unbewussten wiederkehrenden Schemata zu entziffern, welche im Körper „engrammiert“ sind (also eine Gedächtnisspur hinterlassen haben) und sich davon zu befreien. Es wird davon ausgegangen, dass der Körper eine Sprache besitzt, die einfach gelesen bzw. entziffert werden muss. Doch obwohl der Körper sich äußert, besitzt er dennoch keine Sprache. • Eine ganzheitliche Methode der so genannten „energetischen Behandlung“: Diese Methode ermöglicht es, negative Erlebnisse, die in der „Erinnerung“ der Person eingeprägt sind, zu befreien und sie durch ein „positives Programm“ zu ersetzen. Dank seiner außersensorischen Fähigkeiten kann der Praktiker die vom Patienten zum Zeitpunkt des Erlebens empfundenen oder geäußerten Emotionen einfangen. Der Therapeut nutzt sein Gespür, um den Patienten zu leiten. Er zeigt ihm, wie er sich von seinen „emotionalen Blockaden“ dank begleitetem Ausatmen und der geistigen Bereitschaft befreien kann: „Ich befreie meinen Körper und meinen Geist von dieser Blockade“. Dann sucht der Therapeut in der „Aura“ der Person, ob es „mit den Blockaden verbundene Vibrationen“ gibt. Im Allgemeinen gibt es negative Vibrationen auf Höhe des Schambeins oder des Unterbauchs, welche die Vorstellung des Angreifers oder seiner sexuellen Gewalt darstellen. Diese so genannte Methode der „intuitiven Lesung“ für eine „intuitive psychische Heilung“ wird von ergänzenden praktischen Übungen der Transformation begleitet, wie psycho-körperliche Techniken und Meditationen. Die Atmungsphysiologie wird hier im Dienste von esoterischen Praktiken genutzt. Die Autoren dieser Methoden machen durchaus Schule und bilden weitere Psychotherapeuten aus, sie sind in bestimmten Institutionen aktiv, veröffentlichen Werke, verbreiten ihre Methoden anhand von CDs und Kassetten, organisieren Seminare und Konferenzen.

Sektiererische Psychotherapien Mehrere besondere Psychotherapien:

Merkmale

kennzeichnen

sektiererische

• Suggestivität, Überzeugungskraft, Allmacht des Therapeuten. Er übt einen massiven Einfluss auf seine Patienten aus. Er behauptet, Personen heilen zu können und die Fähigkeit zu besitzen, ihr Leben zu verändern. Der Therapeut nimmt eine Rolle ein, aus der heraus er als Richter auf der Suche nach der Wahrheit eingreift. Als wahrhafter Missionar verliert er vollkommen die Neutralität gegenüber seinen Patienten: er bindet sich ein, dirigiert, gibt starke Ermunterung und aktive Beratung. • Eingliederung in die Theorie: Der Therapeut ermuntert seinen Patienten, aktiv in seinen Erinnerungen und seiner Vergangenheit nach Tatsachen zu suchen, welche die Theorie veranschaulichen. Die Theorie wird nicht als eine Ansammlung von Hypothesen angesehen, die es zu befragen gilt, sondern als eine heilige Einheit, die alles erklärt und immer funktioniert. Sie darf nicht angezweifelt, kritisiert oder Fragen unterzogen werden. Sie muss als solche angenommen und perfekt beherrscht werden. So leitet und initiiert der Therapeut, Meister des Wissens, seine Patienten. Er denkt an Stelle des Patienten, bohrt nach, formuliert, interpretiert, macht Vorschläge, drückt seine Vorstellungen auf und drängt seine Weltsicht auf. Mit seinen Einwürfen, seinen Vorschlägen, seine Ratschlägen, seinen Erklärungen und Interpretationen leitet er das „Spiel“ nach seinen Erwartungen und seinen eigenen Denkweisen. Sein theoretisches Material ist aber oft beschränkt und wirkt vereinfachend. Seine Annahmen sind nicht nachweisbar und willkürlich. • Aufbau einer auf Einflussnahme beruhenden Beziehung: ohne jegliche Distanz und Neutralität dringt er in das Leben seiner Patienten ein und fügt sich ein. In einer Art Zusammenschmelzung ohne Möglichkeit, Abstand zu gewinnen, sucht der Therapeut nach Anpassung und nach einer konfliktlosen Position. So zieht er den Patienten in einen selbstzerstörerischen Prozess, der zur Einheit mit dem Therapeuten führt und bei dem die auf Einflussnahme beruhende Beziehung einen Akt des Kannibalismus ermöglicht: Die zum Gegenstand gewordene Person findet sich selbstentfremdet in einem Abhängigkeitsverhältnis wieder. • Verletzung der psychischen Integrität der Patienten: Über Träume und Erinnerungen dringt der Therapeut mit Nachdruck in das Unterbewusstsein des Anderen ein. Die Patienten werden über lange Zeiträume hinweg Überzeugungsprozessen unterzogen, die darauf abzielen, ihren Glauben in die Wahrhaftigkeit ihrer Erinnerungen zu steigern. Durch Beherrschung und Kontrolle gleicht der Therapeut die Patienten an seine Vorstellungen an, instrumentalisiert sie also und macht aus ihnen wahrhafte Versuchsgegenstände, die es zu formatieren gilt. Schließlich bestätigen alle

die Theorie! • Irreleitung des Begriffs der Autonomie der Person durch die systematische Aufforderung, mit der ursprünglichen Umgebung zu brechen Der schädliche Einfluss der Psyche des Therapeuten auf seine Patienten hat schlimme Folgen für die geistige Gesundheit der Angehörigen.

Familien als Opfer Die Familien erleiden einen erheblichen psychologischen Schaden. Sie sind bestürzt, vernichtet, verzweifelt angesichts einer Situation, die ihnen unglaublich, aber unumkehrbar scheint. Die Eltern sind niedergeschlagen von diesen „Enthüllungen“ und von den Gerüchten, die aus ihnen Pädophilen machen. Ihr Leben geht zu Bruch. Zuerst verstehen die Familien nicht, wie und unter welchen Umständen so etwas geschehen konnte. Dann erfahren sie, dass ihr Kind sich einer so genannten psychotherapeutische Behandlung unterzieht. Sie nehmen dann an, dass es wieder gut wird und dass es „Teil der Therapie“ ist. Wenn die erwachsenen Kinder Beschwerde einlegen, folgen für manche Eltern Gerichtsverfahren mit Vorladungen zur Polizei, Polizeigewahrsam, Anklage. Die Situation wird als unerträglich und inakzeptabel erlebt. Der Angeklagte ist machtlos. Er ist entehrt, in Verruf gebracht, wird als Krimineller angesehen, als Monster. Doch wehren kann er sich nicht. Es wird eine große Gewalt gegenüber dem Vater beschrieben. Die Familien erkennen ihre Tochter nicht mehr, die sich in eine Art Tötung der väterlichen Figur und des elterlichen Paares steigert: Sie hat sich eine Geschichte angeeignet, die nicht die ihre ist. Durch die Unvorhersehbarkeit der Anklage und des Bruchs, die Zusammenhangslosigkeit und Abgerücktheit ihrer Aussagen, ihre Aggressivität bis zur Gewalt, ihre Forderungen und ständigen Vorwürfe, durch die Verwerfung der gesamten elterlichen Erziehung und der familiären Verbindungen, ihre zurückgezogene Haltung, die stetige Suche nach Details der Vergangenheit und Erinnerungen bei den Angehörigen und in Fotos machen aus ihr eine Fremde. Vollkommen auf ihre eigene Existenz fixiert, auf ihre Kindheit und Vergangenheit und überzeugt von ihren Offenbarungen, fühlt sie sich von unwürdigen, gewalttätigen und pädophilen Eltern verfolgt. Die Gedanken um Belästigung und Vergewaltigung lassen ihr keine Ruhe. Die Familien zeigen sich schwer mitgenommen und weisen meistens starke Depressionen und psychosomatische Störungen auf. Manche besonders verzweifelte Eltern haben ihrem Leben ein Ende gesetzt. Stets

von Angst, Zweifeln und Misstrauen geplagt, erleben die Familien eine beklemmende und traurige Zeit. Sie denken, sie hätten ihr Kind endgültig verloren. Ständiges Grübeln und Fragen werden Teil ihres alltäglichen Lebens : Wie konnte unsere Tochter so etwas behaupten? Wie kann der Kontakt zu ihr wieder geknüpft und aufgebaut werden? Wie kann man ihr helfen, damit sie wieder zur Vernunft kommt? Wie kann die Wahrheit wieder die Überhand nehmen? Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um gegen den Therapeuten vorzugehen? In den meisten Fällen wird die Familie gespalten: einerseits die Angehörigen die den Anschuldigungen Glauben schenken, auf der anderen diejenigen, die nicht daran glauben. Bei den meistens beschuldigten Eltern bricht auch die Beziehung zu den Enkelkindern auseinander. Trotz der Schwere der Anschuldigungen bleiben die meisten Ehepaare beisammen und rücken angesichts des Unglücks zusammen. Die Stärke der Ehefrauen ermöglicht es, sich Hilfe zu holen, um das Geschehen besser zu verstehen. Dies ermutigt dazu, ebenfalls das Umfeld zu mobilisieren. Um nicht vollkommen von der verrückten Geschichte ihres Kindes eingenommen zu werden, haben sich Familien zusammengeschlossen und einen Verein gegründet, den AFSI (Alerte Faux Souvenirs Induits, Alarm, induzierte Erinnerungsfälschung). Sie haben sich mobilisiert, um zu kämpfen und um die Öffentlichkeit zu informieren und zu schützen. Um das unfassbare zu begreifen haben bestimmte Familien mehrere Psychiater aufgesucht oder nehmen, soweit dies noch möglich ist, als Einzelperson und/oder als Familie eine psychotherapeutische Behandlung bei einem Psychologen in Anspruch. Schließlich gibt es Eltern, die die Gerichte befassen, um das Unwesen des in Frage stehenden Therapeuten zu stoppen: so kam es bereits zu Klagen wegen illegaler Ausübung der ärztlichen Tätigkeit, zu Berufsverboten mehrerer Monate, die von der Ärztekammer ausgesprochen wurden und zu Verurteilungen aufgrund der missbräuchlichen Nutzung des Titels des Psychologen. Um gegen eine solche Situation vorzugehen, ist viel Zeit und viel Mühe notwendig. Es handelt sich um einen fortdauernden Kampf gegen eine gewaltige, zerstörerische und aufdringliche Kraft. Es gibt keine bestimmte Methode und keine bestimmte Maßnahme, die anzuwenden wäre, um die Verbindung zu dem- oder derjenigen, welche(r) die Beziehungen gebrochen hat, wiederaufzunehmen. Die Haltung der Familie hingegen kann wesentliche Auswirkungen haben. So ist es wichtig: - sich über Psychotherapien im Allgemeinen zu informieren, insbesondere über das Phänomen der induzierten Erinnerungsfälschung (siehe Bibliographie zum Thema); - das Umfeld zu mobilisieren; - anhand von Vereinen eine kollektive Gegenmacht zu bilden; - sich von Fachkräften beraten und unterstützen zu lassen.

Dadurch, dass sie etwas gegen die Situation unternehmen und Maßnahmen ergreifen, können sich die betroffenen Familien aus ihrer Ohnmacht befreien und die sie lähmende Opferrolle verlassen.

Schlussfolgerung Die Beobachtung und Untersuchung bestimmter sektenartiger Gruppierungen führt uns zur schwerwiegenden Problematik der Erinnerungsfälschung. Dieses Phänomen geht weit über das Sektenproblem hinaus, denn es lässt sich in folgenden Bereichen beobachten: - seitens diplomierter Psychiater und Psychologen, die, beherrscht von ihrer Experimentiersucht und fasziniert von sexuellem Missbrauch, zweifelhafte Praktiken und wenig empfehlenswerte Theorien anwenden; - seitens kaum oder gar nicht ausgebildeter Psychotherapeuten. Dieses Phänomen wirft also grundsätzliche Fragen bezüglich Psychotherapien, ihrer Definition, ihrer Legitimierung, ihrer Anwendung, ihrer Überwachung und hinsichtlich der Ausbildung der Praktiker und ihrer Verantwortung auf. Die psychologische Unterstützung, die Eltern benötigen, welche mit einer solch schwerwiegenden Situation konfrontiert werden, muss von seriösen Fachkräften erfolgen, die sich bereits mit dem Problem befasst haben.

Bibliographie Christian Ballouard, Le travail du psychomotricien, Dunod, 2006. Patrick Bellet, L’hypnose, Odile Jacob, 2002. Mikkel Borch-Jacobsen, Pour introduire la personnalité multiple in Importance de l’hypnose sous la direction d’I. Stengers, Les empêcheurs de penser en rond, 1993. Serge Bredart, Martial Van Der Linden, Christine Bastin, Delphine Bouhy, Souvenirs récupérés, souvenirs oubliés et faux-souvenirs, Ed. Solal, coll. Neuropsychologie, 2004. Colloque de Cerisy sous la direction de Daniel Bougnoux, La suggestion, hypnose, influence, transe, Les Empêcheurs de penser en rond, 1991. Delphine Guérard, « Le phénomène des faux souvenirs : un vrai cauchemar », Revue Bulles n° 69, UNADFI, 2001. Delphine Guérard, Lorsque de fausses allégations d’abus sexuels surviennent au cours d’une psychothérapie : le phénomène des souvenirs induits. A paraître.

Laurent Guyenot, « Les abus sexuels, attention aux faux souvenirs ou les vraies histoires de faux souvenirs d’inceste », Revue Psychanalyse, Octobre/Novembre 2000. Ian Hacking, L’âme réécrite, étude sur la personnalité multiple et les sciences de la mémoire, Les empêcheurs de penser en rond, 1998 Françoise Héritier, Boris Cyrulnik, Aldo Naouri, De l’inceste, Odile Jacob, 1994. Jean Laplanche et J.-B. Pontalis, Fantasme originaire, fantasme des origines, origines du fantasme, Hachette Littérature, 1987. Elizabeth Loftus, Katherine Ketcham, Le syndrome des faux souvenirs, Exergue, 1997. Jean-Claude Maleval, « Une épidémie américaine, le syndrome d’enlèvement extra-terrestre » in Le conciliabule d’Angers : effets de surprise dans les psychoses, Collectif, Le paon, Seuil, 1997. Marie-Jeanne Marti, Les marchands d’illusions, Dérives, abus, incompétences de la nébuleuse « psy » française, éditions Mardaga, 2006. Sherill Mulhern, « Les aléas de la thérapie des réminiscences : le trouble de la personnalité multiple » in Le traumatisme de l’inceste, M. Gabel, S. Lebovici, Ph. Mazet, PUF, 1995. Sherill Mulhern, La maladie mentale en mutation, Odile Jacob, 2002. Claudine Rembis-Graziani, « D’un lien à l’autre : les sectes, un pacte « hors père », Université Rennes 2 Haute Bretagne, Thèse 2000 sous la direction du Pr. Loïck Villerbu. Elisabeth Roudinesco, Pourquoi la psychanalyse ?, Fayard, 1999. Daniel Schacter, Science de la mémoire : oublier et se souvenir, Odile Jacob, 2003. Nathalie Sinelnikoff, Les psychothérapies, M.A éditions, 1987. Nicholas Spanos, Faux souvenirs et désordre de la personnalité multiple, De Boeck Université, Bruxelles, 1998. Alain Vanier, « Mémoire freudienne, mémoire de l’oubli », Revue La Recherche, n° 344, 2001. Arnold Wesker, « Souvenirs fantômes », L’avant-scène théâtre, n° 1156, 2004.

FÜNFTER TEIL

Verwaltungstätigkeiten 2007 DER MIVILUDES 1. Internetseite: Bilanz und Perspektiven Information durch den MIVILUDES anhand der Internetseite 2007 funktioniert die Webseite des MIVILUDES bereits drei volle Jahre. Wie im Bericht 2006 des MIVILUDES angekündigt, wurden im Laufe des Sommers 2007 zahlreiche Verbesserungen vorgenommen. In Zusammenarbeit mit der Informatikabteilung des Premierministers wurde die erneuerte Webseite im September ins Netz gestellt. Um dem ursprünglichen Pflichtenkatalog zu entsprechen, das heißt, um die Öffentlichkeit zu informieren, aber auch Forschern, Journalisten usw. eine vollständige online Dokumentation über das Thema der gefährlichen sektiererischen Entwicklungen zu bieten, wurden mehrere Funktionen hinzugefügt: - eine echte Suchmaschine ermöglicht nun die Schlagwortsuche in allen Dokumenten der Seite; - eine neue Funktion auf der ersten Seite macht den Leser auf ein aktuelles Thema aufmerksam;

- ein RSS-Feeder informiert die Abonnenten über neu ins Netz gestellte Informationen. Außerdem: - wurden die Titel der Rubriken verändert, um den Internetnutzern ein einfacheres und intuitiveres Navigieren zu ermöglichen; - wurde die Organisation der Rubriken neu konzipiert und strukturiert; - wurden mehr Links zu anderen Seiten eingerichtet; - wurde die Weiterleitung der Adressen der verschiedenen Artikel der Seite in einem gut lesbaren Format so eingerichtet, dass eine verlässliche Registrierung der fremden Seiten besteht; - sind die Links zu anderen Behörden, rechtliche Informationen und Kontakte übersichtlicher und sichtbarer angeordnet. Ebenso wurde der Inhalt der Seite ergänzt und verbessert. Insbesondere im Bereich „Prävention des Sektenrisikos“ und „Gesetze, Verordnungen und Rundschreiben“ wurden die Informationen vervollständigt. Es wurde eine Rubrik "Bibliographie" eingerichtet. Dank der Unterteilung in Risikobereiche können sich nun Privatpersonen sowie Fachkräfte eingehend über das gewünschte Thema informieren. Links zu Gesetzestexten auf der Seite Légifrance wurden hinzugefügt. Privatpersonen können nun Warnungen einsehen und detaillierte Informationen erhalten, um sich schützen zu können und zu wissen, wie sie sich in den Bereichen verhalten sollen, wo ein Sektenrisiko bestehen könnte: bei Jugendlichen, in Tätigkeitsbereichen rund um Bildung, im Gesundheitswesen, innerhalb von Unternehmen und im Bereich der beruflichen Fortbildung. Die Rubrik „Bibliographie“ wurde ebenfalls ergänzt. Die genannten Titel sollen es dem Leser ermöglichen, das Phänomen unter verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten und sich anhand der unterschiedlichen Betrachtungen eine persönliche Meinung zu bilden. Wie die gesamte Seite entspricht nun auch diese letzte Rubrik besser dem Erlass von 2002 zur Gründung des MIVILUDES und seinen Zielen: Analyse, Prävention, Information und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen.

Registrierung der Webseite des MIVILUDES Besondere Bemühungen wurden unternommen, um die Webseite bei denen besser bekannt zu machen, welche die Informationen über das Sektenrisiko weiterleiten. Es ist festzustellen, dass bereits zahlreiche Ministerien den Begriff des Sektenrisikos bei ihren Arbeiten berücksichtigen und auf ihrer offiziellen Internetseite Bezug auf die Webseite des MIVILUDES nehmen. Die Herkunft der Internetbesucher spiegelt es wider. Das Ranking der Webseite des MIVILUDES, das heißt die

Gesamtheit der technischen Verfahren, die es ermöglichen, eine Seite ganz vorne bei einer Schlagwortsuche zu platzieren, wurde von der Informatikabteilung der Regierung untersucht. Aktuell kommt die Webseite bei der Suchmaschine Google auf den fünften Platz einer Skalierung von 1 bis 10. Die Seite des Premier Ministers findet sich auf Platz 7. Im Laufe des Jahres 2008 sollen in Zusammenarbeit mit der Informatikabteilung der Regierung mehrere technische Lösungen realisiert werden, um den Bekanntheitsgrad der Seite zu steigern. Nutzung der Webseite durch Internetbesucher: Gemäß den Angaben des Analysewerkzeugs Xiti haben 66 028 Personen die Seite besucht. Die Besucherzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr relativ gleich geblieben, das Verhalten der Besucher hat sich jedoch erheblich gewandelt: - die Anzahl der aufgerufenen Seiten, 285 618, ist steigend; - immer mehr Internetnutzer gelangen direkt auf die Webseite ohne über eine Suchmaschine zu gehen. Dies zeigt, dass die Abkürzung MIVILUDES sowie seine Internetseite inzwischen wohl bekannt sind; - Andere Webseiten, welche auf die Seite des MIVILUDES verweisen, bringen ebenfalls zahlreiche Besucher. Dies ist ein Zeichen für den zunehmenden Bekanntheitsgrad der Seite. Jedes neu ins Netz gestellte Dokument der Seite bringt weitere Besucher. Da ein neues System für die Zählung der Besucherzahlen eingerichtet wurde, ist es nicht möglich, die Werte der einzelnen am meisten aufgerufenen Rubriken und Artikel für ein ganzes Jahr zu erhalten. Die Zahlen jedoch, welche die kalendarische Verteilung der Besuche angeben, zeigen, dass die Jahresberichte aktuell das größte Interesse hervorrufen. Die Übersetzungen des letzten Berichts ins Englische, Deutsche und Spanische haben viele Besucher angezogen. Der neue, am 13. Dezember 2007 ins Netz gestellte Leitfaden L’entreprise face au risque sectaire (Unternehmen angesichts des Sektenrisikos) wurde bereits häufig heruntergeladen. Weiterhin oft aufgerufen werden die Leitfäden Le satanisme, un risque de dérive sectaire (Satanismus, ein Sektenrisiko) sowie die Texte des Seminars 2003-2004 Sectes et laïcité (Sekten und die Trennung von Kirche und Staat), was auch daran liegt, dass sie in mehreren Suchmaschinen und auf zahlreichen Webseiten registriert sind.

Vorhaben Im Bereich der Prävention vor Sektenrisiken werden aktuell zu jeder Verwaltungsbehörde Wegweiser fertig gestellt, die den privaten und beruflichen Nutzern zur Verfügung gestellt werden sollen. Obwohl bereits zahlreiche offizielle Seiten nun in ihrem Verantwortungsbereich das Phänomen des Sektenrisikos berücksichtigen, gibt es hinsichtlich der Registrierung der Webseite noch vieles zu

verbessern. Die Webseiten der Ministerien beinhalten fast alle eine Rubrik zum Thema. Die gleiche Arbeit gilt es nun mit den Webseiten der Gebietskörperschaften zu erledigen. Daher soll das Jahr 2008 für eine Sensibilisierungskampagne in dieser Richtung genutzt werden. Schließlich soll die Rubrik Jugend angesprochen werden: Zahlreiche für Jugendliche interessante Informationen wurden auf der Seite aktualisiert und entsprechend der verschiedenen Tätigkeitsfelder, in denen das Risiko aufkommen kann, aufgeteilt. Die Bearbeitung der fünfzig Vorschläge des Berichts der Nationalversammlung L’enfance volée: les enfants victimes de sectes (Gestohlene Kindheit: Kinder Opfer von Sekten) wird wahrscheinlich zur Veröffentlichung neuer Informationen führen. Alle entsprechen den Empfehlungen und Wünschen der Kommission. Eine neue an Jugendliche gerichtete Rubrik ist in Vorbereitung. Diese Arbeit könnte eventuell mit den Aufgaben des Fürsprechers der Kinder (Défenseur des enfants), einer vom Staat unabhängigen Verwaltungsbehörde, verbunden werden.

2. Nationale Instrumente zur Überwachung und Bekämpfung: ein noch nicht abgeschlossener Übergang Hinsichtlich der Aufgabe der öffentlichen Behörden, die Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen zu sichern, sind sich alle Beteiligten innerhalb der betroffenen Staatsverwaltungen einig, dass die stete Wachsamkeit und Beteiligung der dezentralisierten Dienststellen notwendig sind. Die Aufgabe der Sensibilisierung aller Dienststellen kommt vorrangig dem interministeriellen Ausschuss zu. In der Tat besagt der Gründungserlass, dass er „im Rahmen seiner Befugnisse“ dazu beitragen soll, die Staatsbediensteten zu informieren und fortzubilden. Sowohl in „seiner Aufgabe, die präventiven und strafrechtlichen Maßnahmen der öffentlichen Behörden zu koordinieren, die Machenschaften der sektenartigen Bewegungen betreffen, welche die Menschenrechte und Grundfreiheiten verletzen, die öffentliche Ordnung bedrohen oder den Gesetzen und Regelungen entgegenstehen“, als auch in seiner Verpflichtung zur Sensibilisierung und Fortbildung muss der MIVILUDES in der Lage sein, das Zusammenwirken der staatlichen Dienststellen zu fördern, die am nächsten vor Ort arbeiten. Seit 1997 haben alle Vermerke und Rundschreiben der im Exekutivausschuss zur operationellen Steuerung vertretenen Ministerien klar

auf die Wichtigkeit einer Dezentralisierung der nationalen Politik hingewiesen, zum einen im Bereich der Beobachtung, zum anderen hinsichtlich der Überwachung und Bekämpfung. Das Rundschreiben des Premierministers vom 27. Mai 2005 bezüglich der Bekämpfung von Sektentätigkeiten und die Verordnung Nr. 2006-665 vom 7. Juni 2006, welche im Rahmen einer Verringerung der Anzahl der Verwaltungsausschüsse und einer Vereinfachung ihrer Zusammensetzung die Bildung von „Räten des Departements für Prävention von Straffälligkeit, Opferhilfe und Bekämpfung von Drogen, gefährlichen Entwicklungen bei Sekten und Gewalt gegen Frauen“ vorsieht, gehen in die gleiche Richtung. Diese Kohärenz wird durch einen Vermerk des Vorsitzenden des MIVILUDES an die Präfekten im März 2007 weitergeführt. Dieses Streben nach Kohärenz soll folgende Ziele erfüllen: - Unterstützung der staatlichen Maßnahmen innerhalb der Departements gegen Machenschaften, die das Gesetz 2001-504 vom 12. Juni 2001 zur Verstärkung der Prävention und zur Bekämpfung der sektenartigen Bewegungen, die Menschenrechte und Grundrechte verletzen; - Initiativen zur Prävention und Opferhilfe vorschlagen und verwirklichen; - So viele und detaillierte Informationen wie möglich über das Phänomen sammeln und verbreiten, um effektiv zur Verwirklichung der Maßnahmen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene beizutragen, unabhängig davon, ob diese Maßnahmen von den zentralisierten oder dezentralisierten Dienststellen oder den Stellen des interministeriellen Ausschusses ausgehen. Diese seit dem 1. Juli 2006 in Kraft getretene Reform betrifft nur die lokale Ebene. In der Tat enthält das Rundschreiben des Premierministers vom 27. Mai 2005 bereits die allgemeine Definition der Prinzipien und Eingriffsmodalitäten für staatliche Behörden. Eine wirkungsvolle Anwendung der öffentlichen Politik führt zwangsläufig über die Koordinierung der Maßnahmen der Behörden. In Bezug auf die Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen muss diese Koordinierung sowohl die Prävention als auch die Verfolgung von Straftaten betreffen. Die folgenden Tabellen und Karten zeigen, welche Anstrengungen noch unternommen werden müssen, um die Ziele zu erreichen, die sowohl dem MIVILUDES gesteckt wurden, als auch den verschiedenen Ministerien auf nationaler Ebene und den Berufungsgerichten, Präfekturen und dezentralisierten Stellen auf regionaler Ebene und auf Ebene der Departements. Es soll angemerkt werden, dass es im Jahr 2007 weitgehend geteilte Schwierigkeiten beim Übergang vom alten zum neuen System gab. Dies hatte verschiedene Gründe:

- Die Einrichtung der Räte der Departements für Prävention der Straffälligkeit, Opferhilfe und Bekämpfung von Drogen, für gefährlichen Entwicklungen bei Sekten und Gewalt gegen Frauen zog sich über mehrere Monate hin, so dass innerhalb der Präfekturen verschiedene Arbeitspläne für jedes Thema des Zuständigkeitsbereichs erstellt wurden. - Vollversammlungen bieten einen ungünstigen Rahmen für die detaillierte Analyse des Sektenphänomens, die Untersuchung der konkreten Risikosituationen und die Reflexion über die zur Bekämpfung von Entgleisungen zu treffenden Maßnahmen; - Die Einrichtung von untergeordneten Sonderkommissionen entspricht vor allem einem Bedarf der Kontroll-, Überwachungsund Untersuchungskommissionen sowie der Stellen, die mit Prävention befasst sind. In diesem ganz besonderen Jahr gilt es, zwei wesentliche Entwicklungen des Rahmens für die partnerschaftliche Arbeit des MIVILUDES und der dezentralisierten Stellen zu beobachten. Zum einen musste das Generalsekretariat des interministeriellen Ausschusses eine erhebliche Zunahme der Hilfs- und Beratungsanträge auffangen, die ihm seitens der verschiedenen, noch wenig in die Koordinierungsmaßnahmen der Präfekturen eingegliederten öffentlichen Stellen zukamen. Dieses Phänomen offenbart besonders deutlich die wachsende Notwendigkeit einer Fortbildung der öffentlichen Bediensteten und die zunehmende Anerkennung der fachlichen Befähigung und Eingriffsfähigkeit des Generalsekretariats des MIVILUDES. Zum anderen hat die Entwicklung der Fernkommunikation dank der Internetseite und die erhebliche Zunahme unserer telefonischen Kommunikation mit zahlreichen Stellen, die den direkten Kontakt mit dem interministeriellen Ausschuss suchen, das Aufkommen von lokalen Initiativen gefördert, insbesondere im Bereich der Fortbildung. Dies geschah unabhängig des Entwicklungsstands der staatlichen Einrichtungen zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen auf regionaler Ebene und auf Ebene der Departements. Die folgende Karte und Tabelle bestätigen diese Analyse: Stand der Tätigkeiten 2007 Beschreibung der Tätigkeit VERSAMMLUNGEN

Anzahl Altes System (Überwachungszellen auf DepartementEbene)

11

Neues System (Räte der Departements zur Prävention vor Straffälligkeit*)

10

Departements, die über eine untergeordnete Sonderkommission verfügen** VERSCHIEDENE INITIATIVEN

Lokal organisierte Fortbildungstage Workshops und Diplomarbeiten

* an denen der MIVILUDES beteiligt wurde. ** Zwei in Planung.

Frankreich – Departements ABGEHALTENE VERSAMMLUNGEN 2007 Keine Versammlung (74) 1 oder mehrere Versammlungen (22)

Frankreich – Departements

5

23 3

Durchführung von Fortbildungen des Miviludes 2007 NEIN (39) JA (57)

Die Ministerien Justizwesen Direction des affaires criminelles et des grâces (kriminalpolizeiliche Angelegenheiten und Begnadigungen) Die Abteilung für gefährliche sektiererische Entwicklungen innerhalb der Direction des affaires criminelles et des grâces (kriminalpolizeiliche Angelegenheiten und Begnadigungen) des Justizministeriums wurde, zusätzlich zu den anhängigen Verfahren ab 31. Dezember 2006 mit ca. fünfzig neuen Fällen befasst.

Gesetzgeberische Aktivitäten Um die Tätigkeiten der Strafgerichte hinsichtlich gefährlicher sektiererischer Entwicklungen zu veranschaulichen, sollen mehrere Strafverfolgungsfälle beschrieben werden. • Die Graal-Bewegung In Ergänzung der Informationen des vorhergehenden Jahresberichts (siehe Seiten 246 bis 248) soll angemerkt werden, dass dieser Fall im ersten Trimester 2008 beim Berufungsgericht Douai verhandelt werden soll. Zur Erinnerung: In Folge des Todes von Évelyne Marsaleix, einer Patienten, die an Brustkrebs erkrankt war, wurden zwei Ärzte wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässiger Tötung angeklagt. Vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen, wurden sie jedoch wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Sie erhielten außerdem Berufsverbot als Mediziner. Das Urteil ist bis heute nicht rechtskräftig. • Der Sonnentempler-Orden In seinem Urteil vom 20. Dezember 2006 bestätigte das Berufungsgericht Grenoble den Freispruch von Michel Tabachnick, der am 25. Juni 2001 in erster Instanz vom Strafgericht der gleichen Stadt ausgesprochen worden war. Nachdem im Wald von Vercors 16 verkohlte Leichen von Personen, die in Verbindung mit dem Sonnentempler-Orden standen, gefunden worden waren, wurde im Dezember 1995 ein Ermittlungsverfahren gegen diesen Mann eröffnet. Er wurde der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, Revisionsanträge bei diesem Gericht anhängig sind.

da

mehrere

• Verein „Der Patriarch“ Wiederholung der Tatsachen Im Fall des „Patriarchen“, verurteilte das Tribunal correctionnel (Landgericht, Abteilung Strafsachen) Toulouse am 9. Januar 2007 Lucien Engelmajer, Gründer des Vereins „Der Patriarch“, wegen Missbrauch von Unwissenheit und Schwäche, Schwarzarbeit, Vertrauensmissbrauch, Missbrauch öffentlicher Gelder, Urkundenfälschung und –Missbrauch und Geldwäsche zu einer Gefängnisstrafe von 5 Jahren und 375 000 Euro Geldstrafe. Elf der sechzehn anderen Angeklagten wurden zu Strafen zwischen 18 Monaten Gefängnis mit Bewährung und 3 Jahren Gefängnis mit einem Jahr Bewährung und Geldstrafen zwischen 7 500 bis 50 000 verurteilt. Anfang der siebziger Jahre hatte Lucien Engelmaier eine Gemeinschaft zur Aufnahme von Personen ohne festen Wohnsitz gegründet, die sich ein paar Jahre später auf die Betreuung von Drogenabhängigen spezialisierte. Nach einer Zeit des Entzugs ohne medizinische Betreuung wurden die aufgenommenen Personen zu Tätigkeiten öffentlichen Interesses eingesetzt (Gartenarbeiten, Putzarbeiten, Küchenhilfe), bevor sie zu Tätigkeiten geführt wurden, die dem Verein wirtschaftlich zuträglicher waren (Spendensammlungen, Zeitungsverkauf, Recycling…). Weil die Einrichtung bereit war, Drogenabhängige ohne Vorbedingungen und Fristen aufzunehmen, schien sie auf erheblichen Bedarf zu stoßen. Das ermöglichte ihr einen schnellen Zuwachs und den Erhalt von Subventionen des französischen Staats. 1995 setzte die parlamentarische Untersuchungskommission den Verein auf die Liste der Sektenbewegungen, so dass die öffentlichen Subventionen eingestellt wurden. Andererseits kamen zu der Zeit neue verschiedenartige Behandlungsmethoden, unter anderen auch Substitutionstherapien auf, so dass diese Zentren weniger Zulauf hatten. Schließlich beschleunigte die Steuerprüfung, der Lucien Engelmajer unterzogen wurde, den Zusammenbruch des Systems Engelmajer. Im diesem Kontext verließ Lucien Engelmajer Frankreich im Jahr 1998. Das Strafverfahren: Im Dezember 1998 legten mehrere ehemalige Bewohner Beschwerde gegen den Verein ein. Sie prangerten die vollkommene psychische und materielle Abhängigkeit an, in der sie mehrere Jahre gelebt hatten, sowie die Tatsache, dass sie zu Arbeiten ohne Vergütung gezwungen worden waren.

Die Untersuchungen des am 8. September 1999 eröffneten Ermittlungsverfahrens bestätigten ihre Aussagen. Im Laufe der Ermittlungen zeigte sich außerdem, dass Lucien Engelmajer eine Vielzahl an Einrichtungen gegründet hatte (Vereine, Zivilund Handelsgesellschaften, Stiftungen). Diese leitete er meistens faktisch auf autokratische Art und Weise. Bei der Verhandlung stellte sich heraus, dass die therapeutische Gemeinde autark geworden war und in einem Kontext weiter bestand, der durch Militarismus und Missbrauch von Schwäche geprägt war. Es wurde deutlich, dass Lucien Engelmajer einen erheblichen Einfluss nicht nur auf die formbaren und beliebig für Frondienste einsetzbaren Bewohner ausübte, sondern auch auf die Betreuungspersonen, alle ausschließlich ehemalige Drogenabhängige, die sich vollkommen aufopfernd und ergeben verhielten. Das Gericht stellte außerdem fest, dass Lucien Engelmajer mehrere Wege gefunden hatte, um die Güter der Vereine zu hinterziehen und dass er ebenfalls die nicht verbuchten Bareinnahmen, insbesondere aus dem Straßenverkauf von Zeitschriften und aus Spenden, massiv hinterzogen hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da mehrere Berufungen eingelegt wurden. Des Weiteren ist die Strafverfolgung eingestellt, da Lucien Engelmajer verstorben ist.

Fortbildungen zum Thema Sekten 2007 wurde von der Fachhochschule für Justizbeamte in Zusammenarbeit mit dem Sachbearbeiter „gefährliche sektiererische Entwicklungen" und einem Staatsanwalt eine Reihe von beruflichen Fortbildungen organisiert, um auf die Vorschläge der parlamentarischen Untersuchungskommission zu antworten, die entwickelt wurden, um Richter und Staatsanwälte in Jugend- und Familiensachen über Fragen des Einflusses von sektenartigen Bewegungen und den praktischen Folgen für die physische und geistige Gesundheit Minderjähriger zu informieren und fortzubilden. Diese Fortbildungsreihe über Kindheit im Sektenmilieu richtete sich ebenfalls an Beamte der Behörden, die Minderjährige betreuen. Der Sachbearbeiter für gefährliche sektiererische Entwicklungen ist im Rahmen der Fortbildung in Sachen Sekten mehrfach an Behörden herangetreten, insbesondere im Interesse der Beamten der Kriminalpolizei bei der Gendarmerie.

Kommission für den Zugang zu Verwaltungsdokumenten, (CADA) Die Abteilung für gefährliche sektiererische Entwicklungen erhielt Anfragen für den Zugang zu Dokumenten ihrer Internetseite, auf die im vorherigen Jahresbericht Bezug genommen wurde, weil sie Richtern und Staatsanwälten, die sich mit Fällen befassen, die eine sektiererische Komponente aufweisen, eine Hilfe sein könnten. Dem Antrag wurde jedoch nicht stattgegeben, da es sich bei den betroffenen Dokumenten nicht um Verwaltungsdokumente handelte, sondern lediglich um Presseartikel.

Die Aufnahme von Iboga in die Liste der Betäubungsmittel Durch einen Erlass des Ministeriums für Gesundheit und Solidarität vom 12. März 2007 wurde Iboga auf die Liste der Betäubungsmittel gesetzt. Im vorhergehenden Bericht des MIVILUDES wurde die Listung von Iboga gefordert (siehe Seiten 180 ff) und das Sektenrisiko angesprochen, dass mit der Nutzung von bestimmten Produkten einhergeht, die teilweise unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Zur Aktualisierung der Informationen des vorhergehenden Berichts des MIVILUDES richtete nun das Justizministerium eine Depesche an die Generalstaatsanwälte.

Das Gesetz zum Schutz der Jugend Die Abteilung für gefährliche sektiererische Entwicklungen hat an der Erarbeitung des Gesetzes vom 5. März 2007 zur Reform des Kinderschutzes teilgenommen. Der fünfte und neue Abschnitt dieses Gesetzes befasst sich mit dem Schutz von Kindern gegen gefährliche sektiererische Entwicklungen. Er wurde aufgrund der Abänderungsvorschläge eingefügt, die Herr Fenech und Herr Vuilque, Abgeordnete und Vorsitzender bzw. Berichterstatter der Untersuchungskommission und Autoren des parlamentarischen Berichts „L’enfance volée: les mineurs victimes des sectes“ (Gestohlene Kindheit: Minderjährige Opfer von Sekten) vorgelegt haben. Somit wird in Anwendung des neuen Artikels 433-18-1 des Strafgesetzbuchs die Unterlassung der im Artikel 56 des bürgerlichen Gesetzbuchs vorgeschriebenen Meldung einer Geburt durch eine Person, die bei der Geburt anwesend war, mit einer Strafe von sechs Monaten Gefängnis und 3 750 Euro Geldstrafe geahndet. In seiner durch das Gesetz vom 5. März 2007 geänderten Fassung sieht der Artikel L. 3116-4 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen die gleichen Strafen für die Unterlassung der Pflichtimpfung vor.

Schließlich wurden die Bestimmungen zur Begrenzung der Werbung von sektenartigen Bewegungen, die im Kapitel 5 des Gesetzes vom 12. Juni 2001 vorgesehen sind, durch das Gesetz untermauert, mit dem Ziel „die Prävention und Verfolgung von sektenartigen Bewegungen, die Menschenrechte und Grundrechte verletzen, zu verstärken".

Auswärtige und europäische Angelegenheiten Das Außenministerium stellt dem MIVILUDES einen ständigen diplomatischen Berater zur Verfügung. Innerhalb des Exekutivausschusses zur operationellen Steuerung (CEPO) des MIVILUDES wird das Außenministerium durch den Berater für Religionsangelegenheiten (CAR) zusammen mit dem Ministerialrat für Sicherheitsfragen (ASD/SEC) vertreten.

Veranstaltung von Auslandsreisen für Mitglieder des MIVILUDES Im Rahmen seiner Verpflichtung, die Entwicklung des Risikos zu überwachen und den gefährlichen Entwicklungen bei Sekten vorzubeugen und aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters mancher sektenartigen Organisationen richtet sich das Interesse des MIVILUDES auf den internationalen Aspekt des Sektenphänomens. Darüber hinaus obliegt es dem Ausschuss in Verbindung mit dem Außenministerium, die Partner Frankreichs über seine Überwachungs- und Bekämpfungstätigkeiten gegen gefährliche sektiererische Entwicklungen zu informieren, die französische Gesetzgebung bezüglich dieser Frage sowie den Kontext seines Auftrags zu erklären. So hat der MIVILUDES im Jahr 2007 folgende Dienstreisen ins Ausland unternommen: Kolloquium in Lviv (Ukraine) – 16. und 17. März 2007 Die Generalsekretärin des MIVILUDES hat an dem Kolloquium über „Rechtliche, psychologische, medizinische und ethische Aspekte des Missbrauchs von Schwäche und der Manipulation der Schwächsten durch zerstörerische Organisationen“ am 16. und 17. März 2007 in Lviv (Ukraine) teilgenommen. Sie sprach zum Thema „Frankreich und gefährliche sektiererische Entwicklungen“. Die Teilnehmer zeigten großes Interesse und stellten zahlreiche Fragen. Jahreskonferenz der Europäischen Föderation der Zentren für Forschung und Information bezüglich des Sektenwesens (FECRIS) in Hamburg (Deutschland) am 28. April 2007 Die Jahreskonferenz der Europäischen Föderation der Zentren für Forschung und Information bezüglich des Sektenwesens (FECRIS), welcher

der Status einer beratenden/teilnehmenden Nicht-Regierungsorganisation beim Europarat zukommt, wurde am 28. April 2007 in Hamburg abgehalten. Der MIVILUDES war vertreten, so dass seine Delegierten bereichernde Kontakte wieder auffrischen und die in diesem Rahmen angebotenen Beiträge anhören konnten. Vergleich der öffentlichen Politiken zur Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen Auf Einladung der Abteilung für Kooperation und Kultur des Generalkonsulats Frankreichs in Quebec ist die Generalsekretärin des MIVILUDES vom 22. bis 24. Mai 2007 nach Kanada gereist. Diese Reise hat es ermöglicht, die öffentlichen Politiken zur Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen zu vergleichen. Im Sinne einer Erweiterung der Sichtweisen und einer Förderung des gegenseitigen Verständnisses wurden Kontakte geknüpft. Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vom 24. September bis 10. Oktober 2007 Eine Delegation des MIVILUDES, geleitet vom Vorsitzenden und von der Generalsekretärin, nahm vom 24. September bis 5. Oktober 2007 an der „jährlichen Konferenz über die menschliche Dimension“ teil, die vom BDIMR (Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte, Institution der OSZE) in Warschau organisiert wurde. Dieses Treffen von Experten (internationale Beamte und Fachleute) ist den NROs offen, die in großer Zahl daran teilnehmen. Die Europäische Föderation der Zentren für Forschung und Information bezüglich des Sektenwesens zählte zum ersten Mal zu den Teilnehmern. Mit großer Aufmerksamkeit haben die Mitglieder des MIVILUDES die Beiträge verfolgt, die im Rahmen von Arbeitssitzungen zu den Themen Intoleranz und Diskriminierung einerseits und Gedanken-, Glaubens- und Religionsfreiheit andererseits angeboten wurden. Auf die Angriffe bestimmter NROs bezüglich der Politik der Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen (Kritik an Subventionen für Vereine, an den Tätigkeiten des MIVILUDES usw…) reagierte die französische Delegation mittels ihres Botschafters, ständiger Vertreter bei der OSZE, sehr entschlossen und begründete die gezielte Haltung Frankreichs, insbesondere bezüglich des Opferschutzes. Er prangerte ebenfalls diejenigen an, welche die Rollen umtauschen, indem sie sich als Opfer religiöser Diskriminierung hinstellen und bestätigte die Entschlossenheit der Behörden, die Aktivitäten des MIVILUDES unter der „demokratischen Kontrolle“ des Parlaments fortzuführen.

Untersuchungen der gesetzlichen Instrumente bestimmter Länder bezüglich Bewegungen, deren Tätigkeiten sich zu einer sektiererischen Entgleisung entwickeln könnten Im Mai und Juni 2007 beauftragte der MIVILUDES die französischen Botschaften in Bratislava, Bukarest, Budapest, Ljubljana, Minsk, Moskau, Riga, Seoul, Sofia, Tallin, Tirana, Vilnius und Kiev Informationen zu übermitteln über den Stand der Gesetzgebung in ihren Ländern, über die Tätigkeiten, das finanzielle und personelle Gewicht der Zeugen Jehovas, der Scientology-Kirche und der Moon-Bewegung und über die eventuell auf diese Bewegungen anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden dem MIVILUDES mitgeteilt. Dieser hat sie in den vorliegenden Bericht einfließen lassen.

Erklärung und Begründung der französischen Politik gegenüber den internationalen Instanzen In diesem Zusammenhang erklärt das Außenministerium, dass der MIVILUDES bei seinen Tätigkeiten die internationalen Konventionen voll und ganz einhält, die Frankreich in diesem Bereich ratifiziert hat, insbesondere den Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte von 1966 und die europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950. Es betont zudem, dass die von Frankreich geführte Politik nicht das Ziel verfolgt, die Religions- und Glaubensfreiheit zu beschränken, sondern dem Risiko von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen vorzubeugen und die Öffentlichkeit diesbezüglich zu informieren. In diesem Sinne unterstreicht das Außenministerium den Partnern Frankreichs gegenüber drei wesentliche Punkte: - Es werden nicht spezifische Bewegungen überwacht, sondern strafbare Verhaltensweisen und Handlungen, welche die öffentliche Ordnung stören; - Strafbare Handlungen werden vor den Gerichten des gemeinen Rechts verfolgt, - Der MIVILUDES wurde eingerichtet, weil die Opfer von gefährlichen sektiererischen Aktivitäten von den staatlichen Stellen unterstützt werden wollen und Hilfe erwarten.

Anhörungen zur Nominierung von Fachleuten Der Vorsitzende des MIVILUDES und der Berater Religionsangelegenheiten sorgen gemeinsam für die Neubesetzung „Arbeitsgruppe Religions- und Glaubensfreiheit“ des BDIMR (Büros demokratische Institutionen und Menschenrechte) der OSZE französischen Experten.

für der für mit

Benutzung der Diplomatenpost Dokumente des MIVILUDES

der

für

die

Übermittlung

Das Ministerium übernimmt die Übermittlung der vom MIVILUDES

veröffentlichten Dokumentation an die verschiedenen diplomatischen und konsularischen Stellen mittels Diplomatenpost. So war der Bericht 2006 Gegenstand einer Sendung im Februar 2007.

Ministerium für innere Angelegenheiten, Überseegebiete und Raumordnung Die Zentraldirektion des Nachrichtendienstes (Direction centrale des Renseignements Généraux, DCRG) macht wie bereits im Jahr 2006 darauf aufmerksam, dass immer mehr alternative Therapien auf dem Markt angeboten werden und eine steigende Zahl neuer Therapeuten und Heiler im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung auffällt durch die gefährlichen Entwicklungen, die ihre Methoden nehmen und durch ihre persönliche Haltung gegenüber ihren „Patienten“. In der Tat betreffen mehr als zwanzig der 80 im Jahr 2007 eingegangenen Meldungen alternative Therapien. Die Praktiken bestimmter Spezialisten oder Gruppen, die im medizinischen oder paramedizinischen Bereich tätig sind, laufen oft auf sektiererische Handlungen hinaus, wobei manche sich besonders über Netze hervorheben, die sich, wie auch die gefährlichen "Heilpraktiken", in stetiger Entwicklung befinden. Besonders anschaulich wird die Verbindung dieser Bewegungen durch eine pseudo-politische Partei, gegründet von Persönlichkeiten, welche die Kontroverse seit vielen Jahren nähren und die Lücken des geltenden System bestens kennen, (insbesondere im medizinischen und paramedizinischen Bereich), und sich zu wandeln wissen, wenn auf sie gezeigt wird oder sie sich bedroht fühlen. Die traditionellen Bewegungen finden weniger Zulauf, bleiben jedoch unter ständiger Beobachtung, weil sie durch ihren beständigen Bekehrungseifer eine Bedrohung darstellen.

Ein Überblick Therapien

über

New-Age-Bewegungen

und

alternative

Mehr denn je nehmen die New-Age-Bewegungen, die schwer 82 einzukreisen sind , einen vorrangigen Platz im Bereich der gefährlichen sektiererischen Entwicklungen ein. Die unglaubliche Vielfalt der neospirituellen Strömung liegt in der Tatsache begründet, dass sie aus einem wahrhaften Mosaik aus Vereinen, 82

- Um den folkloristischen oder sympathischen Beigeschmack des Begriffs New-Age zu umgehen, sollten die Bewegungen dieser Richtung unter der weniger unklaren Formel „Bewegungen der Personalentwicklung“ zusammengefasst werden.

Gesellschaften und Persönlichkeiten besteht und ständig neue Ideen und Konzepte anhand von primitiven oder asiatischen Philosophien, Esoterik, Wissenschaft, Kunst, Umweltschutz usw. entwickelt. Seit der Gründung des ersten New-Age Vereins im Jahr 1985 in Paris sind die Anhänger dieser Bewegung inzwischen in allen Bereichen des sozialen Lebens vertreten, insbesondere in der Welt der Bildung, der Politik, der beruflichen Fortbildung und vor allem der Gesundheit. Bevor wir auf den Bereich des Gesundheitswesens zu sprechen kommen, sollte daran erinnert werden, dass die New-Age-Bewegung alle Ebenen des sozialen Lebens für sich eingenommen hat. In Bezug auf Bildung lehnen Anhänger des New Age das Konzept der Wissensvermittlung in getrennten Fächern ab und streben die Verbreitung von Methoden an, die einem das „Lernen lehren“. Über das Konzept der Indigo-Kinder hinaus und die Anziehung, die ihre Theorien auf Eltern von Kindern mit schulischen Schwierigkeiten ausüben, lässt sich eine allgemeine Tendenz zum Heimunterricht und zu alternativen Schulformen erkennen. Die Methoden sind, wie auch im medizinischen und paramedizinischen Bereich, nicht bewährt und können zu schulischen Defiziten und zu Betrügereien führen. Die Wirtschaft ist ebenfalls betroffen. Es hat sich eine echte Parallelwirtschaft (Tauschhandel, Kooperativen) entwickelt, die sich auf die „wahren Bedürfnisse des Menschen“ gründet und in einem Geist besteht, der beherrscht wird von ökologischer Militanz und Konsumgegnerschaft. Es vermischen sich Gesellschaften, die Produkte, Werke, Lehrmethoden und spirituelle Lehren von Heilern und anderen Psychotherapeuten vertreiben mit den Verfechtern unterschiedlichster Anliegen (Umweltschutz, Tierschutz…), bishin zu den erleuchtetsten „Verschwörern“. Andererseits gibt es zahlreiche Konzepte aus dem spirituellen und religiösen Leben, wie die Rückkehr zu den Ursprüngen, den Vorrang des Glaubens vor dem Wissen, die Vorherrschaft des Mystischen vor dem Rationalen. Diese „Glaubensrichtungen“ führen zur Bildung von Kleingruppen, in denen Fälle geistiger Verwirrung häufig vorkommen. Im Gesundheitsbereich zieht die verfochtene ganzheitliche Herangehensweise immer mehr dafür empfängliche Menschen an, die sich alternativen Methoden unterziehen, welche wissenschaftlich nicht fundiert sind. Dieser sehr erträgliche Markt (mehr als 200 „Methoden“ wurden bisher verzeichnet) bietet Methoden an, die zur Abkehr von klassischen Therapien führen können und somit zum Tod mancher Patienten. Die immer zahlreicher werdenden Gruppen in diesem Bereich organisieren sich in echten Netzen. Die Verantwortlichen kennen die Lücken

des geltenden System bestens und wissen sich zu wandeln, wenn auf sie gezeigt wird oder sie sich bedroht fühlen. Hier finden sich beachtlich viele Anhänger von Bewegungen, die sich mehr oder minder auf dem absteigenden Ast befinden, wieder. Sie kennen die Tipps und Tricks genau, wie Personen zu erreichen sind, die durch eine Krankheit oder aus anderen Gründen, wie "hochbegabte" oder hyperaktive Kinder, oder der Suche nach Spiritualität empfindlich und empfänglich sind. Sie ziehen Nutzen aus der zunehmenden Popularisierung – und daher aus einer gewissen Banalisierung – ihrer Methoden, aufgrund des stetigen Zuwachses des Marktes der Persönlichkeitsentwicklung und der Wellness. Dazu kommt die Unterstützung durch bereitwillige Medien, die einen wissenschaftlichen oder auch nur kritischen Blick auf diese Methoden, Produkte oder Dienstleistungen scheuen. Es gab Meldungen aufgrund der Unterwanderung der medizinischen und paramedizinischen Berufe und der Lobbyarbeit gegen konventionelle Medizin. Als Beispiele seien die Gegner von Impfungen, einer wahrhaften Oppositionsfront und die Bewegung der neuen deutschen Medizin des Doktors Hamer und seiner Nachfolger genannt. Die wesentliche Schwierigkeit bei der Bekämpfung dieser Individuen und Gruppen der New-Age-Bewegung ist die wissenschaftliche Bewertung der von ihnen angewandten Methoden. Wie kann gleichzeitig die Schädlichkeit ihrer Praktiken bewiesen werden und der Umstand, dass sie sich ihrer vollkommenen Nutzlosigkeit oder der eventuellen Gefahren bewusst sind? Mit der Zeit kann stückweise die Schädlichkeit bestimmter Praktiken ausgezeigt werden. Ungeachtet der Fälle, in denen es bis zum Tod des Patienten oder zur Verschlimmerung des Zustands kam, gibt es bestimmte Anzeichen, anhand derer die Risiken identifiziert werden können. So der Abbruch von Behandlungen der klassischen Medizin, der Bruch mit dem familiären Umfeld, die hohen Kosten bestimmter Sitzungen, die fehlende Ausbildung der Praktiker, nicht vorhandene medizinische oder paramedizinische Diplome und das Verhalten der Therapeuten. Die beste und sicherste Art der Prävention gegen alternative Behandlungen ist die Information der Öffentlichkeit.

Beispiel einer gefährlichen sektiererischen Entwicklung, die "induzierte Erinnerungsfälschung" Im Laufe der letzte drei Monate haben zwei Familien aus Hochsavoyen unsere Aufmerksamkeit auf die zweifelhaften Therapien zweier Therapeuten gelenkt, wovon der eine in Paris und der andere in Hochsavoyen praktiziert. Einer der beiden ist Allgemeinmediziner. Sie sollen verschiedene Techniken zum Zurückholen von Erinnerungen ausüben. Sie

suggerieren ihren Patienten (meistens handelt es sich um Patientinnen), dass sie ein schlimmes Erlebnis ihrer Kindheit verdrängt haben (meistens sexuellen Missbrauch) und dass dies nun ihr Leiden verursacht. Diesen Methoden wird vorgeworfen, dass sie mit geistiger Manipulation arbeiten. Das Syndrom der Erinnerungstäuschung kann identifiziert werden, wenn während der vorangegangenen 20 bis 30 Jahre keine andere gleichartige Erinnerung aufgefallen ist und diese Erinnerung plötzlich während oder in Folge einer Therapie auftaucht, die auf der Suche nach Kindheitserinnerungen gründet und beginnt, die Urteilsfähigkeit und die Persönlichkeit der jungen erwachsenen Patienten zu trüben. Im konkreten Fall ging es um eine junge Frau, ca. dreißig Jahre alt, welche sich einer Psychotherapie unterzog und plötzlich ihrem Vater vorwarf, sie in ganz früher Kindheit sexuell missbraucht zu haben. Der Therapeut hilft der Patientin, die „Erinnerungen“ zurückzuholen, die ihr jetziges Unwohlsein angeblich begründen. Da die Heilung nur im Rahmen einer Enthüllung der Taten erfolgen kann, werden Eltern des sexuellen Missbrauchs angeklagt. Man kann sich die zerstörerische Wirkung solcher Offenbarungen vorstellen und den Familien fällt es schwer zu verstehen, was ihnen da widerfährt. Obwohl sie nun den Ursprung ihres Leidens „entdeckt“ haben, sind die jungen Erwachsenen deswegen nicht geheilt. Manche verfallen in Depressionen und werden dann zur „Beute“ ihres Therapeuten. Abgesehen von der Freude, die diese "Therapeuten" daran haben, einen Patienten zu manipulieren, ist der Geldsegen, nicht zu verachten, den man von einem eingefangenen Kunden zu erwarten hat. Diese abnormale therapeutische Praktik ist in den achtziger Jahren in den Vereinigten Staaten erschienen und hat dort zu zahlreichen Prozessen und Familiendramen geführt. Ab dem Beginn der neunziger Jahre wurden diese "Therapien" von der FMS Foundation (False Memory Syndrome) angeprangert. Seitdem sind die amerikanischen Gerichte vorsichtiger geworden im Umgang mit Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, bei denen Erwachsene behaupten, sie hätten die Erinnerung wiedererlangt. In Frankreich wurden Eltern 2005 zu Unrecht von ihren erwachsenen Kindern der Misshandlung und des sexuellen Missbrauchs angeklagt, die diesen plötzlich nach einer Therapie wieder zu Erinnerung kamen. Daraufhin gründeten die Eltern den Verein Alerte Faux Souvenirs Induits (Alarm, induzierte Erinnerungsfälschung). Bei der ersten Aussage war die Rede von einem in Paris praktizierenden Therapeuten. Im März 2007 erklärte die Tochter der Gründer des Vereins sie habe die Ursache für ihre verschiedenen Leiden (Harninfektionen, Abgeschlagenheit) entdeckt, und zwar ein sexuelles Trauma, ausgelöst

durch den Missbrauch durch den Vater im Alter von fünf Jahren. Stand sie bis dahin in engem Kontakt zu ihren Eltern, insbesondere zum Vater, so lehnt sie seitdem jegliche Verbindung ab. Als er den ersten Schock überwunden hatte, versuchte der Vater mit dem Therapeuten ins Gespräch zu kommen. Mit seinem Willen zu verstehen und seinen legitimen Fragen traf der Vater auf unverständliche Reden des Therapeuten. Von der ganzen Familie und den verschiedenen Vereinen zum Schutz der Opfer von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen unterstützt, erhob er im vergangenen Juli Klage vor der Staatsanwaltschaft. Eine zweite Aussage stellt einen Allgemeinmediziner und Homöopathen in Frage, dessen Praxis in Hochsavoyen liegt. Dieser behandelt seit vielen Jahren eine junge Frau, die mehr und mehr Abstand zu ihrer gesamten Familie gewann, bis sie im Jahr 2004 erklärte, sie sei in ihrer Kindheit (mit ca. 8 Jahren) Opfer von sexuellen Übergriffen seitens ihres Vaters geworden. Sie war zum Zeitpunkt der Offenbarung 26 Jahre alt. Ihre Familie versuchte das Geschehene zu verstehen und stellte sogar für kurze Zeit einen Privatdetektiv ein. Ihre Bemühungen bei der Ärztekammer sind bis heute scheinbar erfolglos geblieben. Das Opfer hat jeglichen Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen und Klage gegen ihren Vater erhoben. Im Allgemeinen wird diese „Therapie“ durch die Ärzteschaft und Opferschutzorganisationen kritisiert. Sie werfen diesen Praktiken katastrophale Ergebnisse vor und bemängeln unfähige autodidaktische Therapeuten und gefährliche sektiererische Entwicklungen. In der Tat findet diese Art der Therapie seit einigen Jahren in Frankreich durch mehrere Therapeuten, aber auch durch Organisationen der New-Age-Bewegung Anwendung.

New-Age und Rauschgifte Zu den halluzinogenen Pflanzen, die in den Kreisen der New-AgeBewegung benutzt werden, gehören: • Iboga, in den Wäldern Zentralafrikas gezüchtet, insbesondere in Gabun, wo die Pflanze zum nationalen Kulturerbe zählt. Ihre Wurzel wird traditionell im Rahmen des Bwiti-Kults gebraucht. Dieser Initiationsritus der Pygmäen markiert den Übergang zum Erwachsensein. Nachdem zwei Personen in Folge der Einnahme von Iboga 2005 und 2006 verstorben sind, wurden die Pflanze und ihre Inhaltsstoffe durch einen Erlass des Gesundheitsministeriums, veröffentlicht im Amtsblatt am 25. März 2007, „aufgrund der halluzinogenen Eigenschaften und der hohen Toxizität“ in die Liste der Betäubungsmittel aufgenommen. •

Ayahuasca,

Liane

des

Amazonasgebiets,

wurde

bei

schamanistischen Workshops angewandt und ist heutzutage in New-AgeGemeinschaften sehr beliebt, die „veränderte Bewusstseinszustände“ erleben möchten. Aufgrund der starken toxischen Wirkung wurde Ayahuasca vom Gesundheitsministerium am 20. April 2005 in die Liste der Betäubungsmittel aufgenommen. • Mit Argwohn wird aktuell der Konsum eines Trunks bei New-AgeWorkshops beobachtet, der als "Yage" bezeichnet wird und durch seine halluzinogene Wirkung einen Trancezustand hervorruft. Diese Substanz ist momentan in Frankreich nicht als Betäubungsmittel gelistet, nicht weil sie nicht gefährlich ist, sondern aus dem einfachen Grund, dass sie bisher sehr wenig bekannt ist. Es handelt sich jedoch um ein Derivat des Ayahuasca.

Eine Bestandsaufnahme des Satanismus Im ganzen Land gibt es heutzutage einen sozusagen "wilden" Satanismus, das heißt, dass keine bestimmten organisierten Gruppen zu verzeichnen sind. Die satanistische Bewegung äußert sich hauptsächlich über Straftaten, die von Personen verübt werden, die der rechtsextremen Szene nahe stehen oder sich mit der satanistischen Ideologie identifizieren. Nur zwei Strukturen wurden in den letzten Jahren gegründet : • Der Verein association 666 le chiffre de la bête humaine (Verein 666 Zahl des menschlichen Tieres), dessen Zweck die „Untersuchung des Konflikts zwischen Heidentum und Christentum von den Ursprüngen bis heute“ ist. Bisher wurden keine Bekehrungsaktionen verzeichnet, die ein „empfindliches“ Publikum hätten treffen können. • Ende des Jahres 2005 wurde ein Laden eröffnet, der sich auf den Verkauf von so genannten esoterischen Produkten spezialisiert hat und auf dessen Schaufenster eine Graphik erscheint, die Analogien zum Drudenfuß aufweist, Symbol der schwarzen Magie und des Satanismus. Im Juni 2006 wurden durch Ermittlungen der Gendarmerie von Airesur-la-Lys (Departement Pas-de Calais) Reinigungssitzungen und Rituale aufgedeckt, bei denen Ziegenböcken und Hähnen der Hals abgeschnitten wurde. Die Beteiligten stehen in Kontakt mit dem Heiligen Graal. Im April 2007 wurden Tierleichen im Kanal von Neufossé in Racquinghem (Pas-de-Calais) aufgefunden. Der Fund von fünf enthaupteten Ziegen im Kanal von Smetz in Arques (einem Bach, der die Gemeinde Racquinghem durchquert) am 23. Oktober 2007 lässt darauf schließen, dass die Reinigungssitzungen weiterhin stattfinden. Die Vielfalt der satanistischen Bewegung rührt aus dem Internet, wo zahlreiche mehr oder minder seriöse und vollständige Seiten sich mit Satan, Luzifer, der gothischen Kultur und den satanistischen Überzeugungen befassen. Für besonders beeinflussbare Jugendliche und solche, die keinen

kritischen Geist aufweisen, können die Foren im Internet, insbesondere diejenigen über Black-Metal-Musik, gefährlich werden.

ANHANG

Die Klassifizierung von alternativen Therapien des National Center for Complementary and Alternative Medicine Unter den Begriff weiche, natürliche oder traditionelle Medizin, auch entsprechend der englischen Bezeichnung CAM – für and alternative medicine – „alternative“ oder „ergänzende“ Therapien genannt, fallen, in Verbindung mit konventionellen Behandlungen, zahlreiche Praktiken. Es sei hier die Klassifizierung des National Center for 83 Complementary and Alternative Medicine (NCCAM)? , einer Stelle des nationalen Gesundheitsinstituts der Vereinigten Staaten hervorgehoben, welche die ergänzende und alternative Medizin betrifft. Diese wird wie folgt definiert: „Gruppe verschiedener medizinischer, gesundheitlicher Konzepte und Produkte, die bisher nicht als Bestandteil der konventionellen Medizin angesehen werden“. Das NCCAM beschreibt fünf allgemeine Typen: - ganzheitliche Behandlungen westlicher Prägung, wie Homöopathie und Naturheilkunde oder östlicher Prägung, wie traditionelle chinesische Medizin oder indische Ayurveda-Behandlungen; - Körper/Geist Behandlungen wie Meditation, Gebete, geistige Heilung oder Meditation durch Kunst; - Auf Biologie basierende Praktiken wie Ernährungsergänzungen oder bestimmte Pflanzen; - Körperliche Behandlungen wie Chiropraktik, Osteopathie und Massagen; - Energetische Behandlungen wie Qigong, Reiki und andere Formen des therapeutischen Handauflegens sowie Therapien der elektromagnetischen Felder. Seit 2002 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Strategie zur „Förderung von sicheren, wirkungsvollen und preisgünstigen traditionellen medizinischen Behandlungsmethoden“ eingerichtet. Seit 1983 wurden diese Maßnahmen vom Research Council for 83

- Diese Informationen stammen von einer Internetseite (http://www.john-libbey-eurotext.fr/fr/revues/edocs/00/04/35/CA/article.md), die mit der Seite von Prévensectes (http://www.prevensectes.com/home.htm) verbunden ist, einer Seite zur Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen.

Complementary Medicine (RCCM) initiiert. Dann haben die amerikanischen Stellen des National Institute of Health (NIH) im Jahr 1991 ein Institut zur genauen Erforschung und Bewertung dieser Behandlungsmethoden, das NCCAM, eingerichtet. Die Agency for Healthcare Research and Quality américaine (AHRQ) beendete vor kurzem diese Bewertungsarbeit. Ihr Bericht stützt sich auf eine besonders gründliche und unabhängige Übersicht der 813 durchgeführten Studien. Es werden die verschiedenen Praktiken der Meditation, des Yoga, Tai Chi und Qigong eingehend begutachtet. Die Studien konzentrierten sich auf Bluthochdruck, Herz-KreislaufStörungen und Abhängigkeiten. Mit großer Genauigkeit beschreiben die Autoren ihre Analysemethoden. Zur Sicherung der internen Gültigkeit der Veröffentlichungen und zur Vermeidung von systematischen Fehlern, (insbesondere doppelte Veröffentlichungen und graue Literatur betreffend), erarbeiteten sie eine eigene Strategie. Die AHRQ zieht den eindeutigen Schluss, dass der Stellenwert und die Qualität der Veröffentlichungen zu diesen Behandlungsmethoden in Frage zu stellen sind. Viele Unsicherheiten umgeben diese Praktiken und die entsprechenden Werke. So weist die wissenschaftliche Forschung keine gemeinsame und zusammenhängende theoretische Richtung auf. Die Studien sind gekennzeichnet von einer schlechten methodologischen Qualität. Physiologische und neuropsychologische Wirkungen der Meditation wurden in zahlreichen Untersuchungen bewertet, es ergeben sich aber stets nur wenig haltbare Annahmen. Hinsichtlich der klinischen Wirkungen fehlen wissenschaftliche Tatsachen völlig. Keinerlei Wirkung ist wirklich bewiesen. Sowohl bei krebskranken Patienten als auch bei anderen lässt sich nicht beweisen, dass Meditation zur Reduzierung von Stress, Anspannung, Depressionen oder Bluthochdruck führt. Sollten in Zukunft weitere Forschungen betrieben werden, sollten sie sowohl hinsichtlich des Konzepts und der Durchführung als auch bezüglich der Analyse der Ergebnisse gründlicher durchgeführt werden. Welche Risiken haben diese Behandlungsmethoden? Sie sind unzureichend untersucht worden und daher wenig bekannt. Sie waren nicht Gegenstand des Berichts der AHRQ. Dennoch wurden bezüglich der betroffenen Praktiken Fälle von verschärften Depressionen, von aufkommender Entfremdung, Selbstmordversuche und schizophrene Anfälle beschrieben.

Unseres Wissens gibt es diesbezüglich keine Forschungsmethode zur Ermittlung des Verhältnisses Nutzen / Risiko. Sowohl für die Fachkräfte des Gesundheitswesens als auch für die Entscheidungspersonen und die Patienten passt dieser Mangel an Überprüfungsdaten schlecht zur Verpflichtung primum non nocere. In Frankreich nimmt der ständige interministerielle Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten (MIVILUDES) regelmäßig Stellung zu den alternativen Behandlungsmethoden und spiegelt die Sorge der Patienten und der Öffentlichkeit wider. In der Zusammenfassung lässt sich sagen, dass es derzeit kein wirkliches Argument für die Empfehlung dieser meditativen Behandlungsmethoden gibt: Der Nutzen ist nicht bewiesen und das Risiko wurde nicht untersucht.

Verteidigungsministerium Der folgende Abschnitt enthält den Beitrag des Verteidigungsministeriums (gendarmerie nationale) zum Jahresbericht des ständigen interministeriellen Ausschusses zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten (MIVILUDES), der an den Premierminister gerichtet ist. Im ersten Teil sind die Vorschläge des Generaldirektors der Gendarmerie nationale aufgeführt, die er anlässlich einer Versammlung beim Innenministerium im August 2007 äußerte. Diese Veranstaltung fand infolge des Entführungsfalls des „kleinen Alexandre“ nach La Réunion statt, ein Fall, bei dem die Sektenbewegung „Coeur douloureux et immaculé de Marie“ (schmerzhaftes und unbeflecktes Herz Mariens) in Frage stand. Sie inspirieren sich aus den Vorschlägen, die am 4. Oktober 2006 vor der parlamentarischen Kommission vorgetragen wurden, die sich mit dem Einfluss von Sektenbewegungen und den Folgen ihrer Praktiken für die physische und geistige Gesundheit von Minderjährigen befasste und deren Bericht am 12. Dezember 2006 veröffentlicht wurde. Drei wesentliche Punkte wurden für das Jahr 2007 als vorrangig betrachtet: die Überwachung der Sektenaktivitäten im Internet, Fortbildungen und der Umlauf von Informationen. Der zweite Teil enthält die Beschreibung der laufenden Ermittlungsverfahren, die von den operationellen Einheiten der Gendarmerie nationale geführt werden. Die aussagekräftigsten Fälle werden detaillierter ausgeführt.

Vorschläge zur besseren Beobachtung gefährlicher sektiererischer Entwicklungen Die Überwachung von Sektenaktivitäten im Internet Diese Aufgabe wird bei der Gendarmerie nationale hauptsächlich durch die Abteilung zur Bekämpfung von Computerkriminalität wahrgenommen, die der Abteilung für technische Ermittlungen und Dokumentation (service technique de recherche judiciaire et de documentation, STRJD) mit Sitz in Rosny-sous-Bois untersteht. Die in den Ermittlungseinheiten eingesetzten Spezialisten für neue Technologien (NTech) beteiligen sich ebenfalls an den Überwachungsaufgaben, im Wesentlichen entsprechend den Bedürfnissen der laufenden Verfahren. Die Überwachung des Internets, welche natürlich fortgesetzt werden sollte, hat die Feststellung ermöglicht, dass es wenige Sektenseiten gibt, die den geltenden gesetzlichen Regelungen entgegenstehen und dass die Bekehrungsaktivitäten in diesem Bereich gering sind. Fortbildungsmaßnahmen Zurzeit werden Unteroffiziere der Meldestellen der Gruppierungen und regionalen Abteilungen der Gendarmerie nationale in der Schule von Le Mans ausgebildet. Im Rahmen des Lehrpraktikums erhalten sie eine zweistündige Fortbildung über gefährliche sektiererische Entwicklungen. Bisher erhalten lediglich die Meldestellen eine solche Fortbildung. Diese Maßnahme könnte auf die übergeordnete Kriminalpolizei im Rahmen von Lehrpraktika erweitert werden, die im nationalen Ausbildungszentrum in Fontainebleau erteilt werden können (Lehrpraktika für Leiter der Ermittlungsdienste, Ermittlungsleiter, Ermittler und Fortbildungen für Beamte der Kriminalpolizei). Schließlich könnte im Rahmen der Erstausbildung von GendarmenSchülern eine Einheit zur Sensibilisierung zu Sektenphänomenen erteilt werden. Darüber hinaus hat der MIVILUDES den Wunsch geäußert, auf regionaler Ebene eine interministerielle Stelle einzurichten (Polizei, Gendarmerie, Justiz, Bildungseinrichtungen, Gesundheitswesen) mit Ausbildern/Vermittlern für die Referenten auf Departement-Ebene. Die Gendarmerie möchte einerseits unterstreichen, dass sie der Ansicht ist, dass umso mehr Teilnehmer umso positiver wären für dieses Vorhaben, andererseits ihren Willen zur Beteiligung ausdrücken. Sie würde das Personal der Meldestellen auf regionaler Ebene und der Gruppierungen zur Verfügung stellen.

Ein besserer Umlauf der Informationen Bei der Betreuung von Anhängern von Sektenbewegungen stoßen die Beamten der Ordnungsbehörden oft auf einen Mangel an Informationen über diese geschlossenen Kreise, in die sich nicht legal eindringen können, obwohl die gewünschten Informationen von anderen betroffenen Stellen bereits gesammelt wurden (medizinischer Bereich, Bildungs- und Sozialbereich, usw.). Eine verstärkte Zusammenarbeit mit den anderen Behörden ist daher wünschenswert und wird auch erwartet. Man muss anerkennen, dass die Einführung von interministeriellen Referentenstellen und Zellen auf Ebene der Departements und Regionen zu einer Verbesserung des Umlaufs der Informationen über angesiedelte Gemeinschaften beigetragen hat. Dennoch stößt der methodische Austausch von Informationen auf juristische Hürden (Berufsgeheimnis, Sammlung von Informationen anhand automatischer Verarbeitung von Daten), die vom Gesetzgeber aufgehoben werden sollten, damit das System auch wirklich wirkungsvoll zur Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen dienen kann.

Beschreibung der laufenden Ermittlungsverfahren Allgemeine Betrachtungen Die Einheiten der Gendarmerie greifen entweder auf eigene Initiative ein oder, was meistens der Fall ist, in Ausführung eines staatsanwaltlichen Ermittlungsauftrags, um einer Beschwerde, einer Anzeige oder einer Aussage nachzugehen. Wird in den schlimmsten Fällen ein Ermittlungsverfahren eröffnet, führen die Untersuchungen im Allgemeinen zu einer Anklage. Der Beschuldigte wird dann gerichtlich überprüft oder kommt in Untersuchungshaft. Ermittlungen in Bezug auf gefährliche sektiererische Entwicklungen betreffen folgende Tatbestände: - Missbrauch von Schwäche; - Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit (von Kindern oder Erwachsenen); - Infragestellen der angebotenen Bildung; - Schulverweigerung bei minderjährigen Kindern; - Betrug; - Schwarzarbeit; - Kindesentführung; - Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe; - Körperverletzung – Personenschäden (Erwachsene und Minderjährige). Darüber hinaus können Vermögensprüfungen durchgeführt werden,

um die Herkunft und Nutzung der von Sektenbewegungen verwalteten Gelder zu überprüfen.

Repräsentativste Fälle und Ereignisse 2007 • Fall des "Petit Lys d'amour" in La Réunion und der Sekte Coeur douloureux et immaculé de Marie (schmerzhaftes und unbeflecktes Herz Mariens) - Entführung des jungen Alexandre, befreit am 5. August 2007: Verhaftung von J.V., von neun seiner Offiziere und einem knappen Dutzend Anhänger. Der kleine Alexandre wurde am Freitagabend vor den Augen seiner Mutter von vier Anhängern der Sekte „Coeur douloureux et immaculé de Marie“ entführt. Die Sekte war 2001 von J.V., genannt „Petit lys d’amour“, gegründet worden. Dieser behauptete, dass es jeden Monat zu Marienerscheinungen an seinem Wohnort käme. Nach Angaben der Mutter des Kindes und den Aussagen der befragten Personen war die Sekte der Ansicht, dass der kleine Alexandre der Auserwählte sei, der zukünftige Messias, der J.V.'s Nachfolge antreten sollte. Dieser wurde im Oktober 2006 in Abwesenheit zu 15 Jahren Gefängnis wegen Vergewaltigung eines minderjährigen Kindes verurteilt (Straftaten von 2003). Die erste Entführung und das Sektenphänomen wurden von der Gendarmerie bearbeitet. Das Kind wurde zurückgegeben und wurde in den folgenden Tagen erneut entführt (im Zuständigkeitsbereich der Police nationale). Die Sache wurde von der Police nationale bearbeitet. Ermittlungen wurden aufgrund der Tatbestände der Entführung und Freiheitsberaubung unter acht Tagen und Verbergung von Straftätern aufgenommen. Der Untersuchungsrichter des Landgerichts (Tribunal de grande instance) Saint-Denis und die Fahndungsabteilung von Saint-Denis wurden befasst. • Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe innerhalb der Sekte "Tang". Zu Beginn der achtziger Jahre leitet RLD, Spitzname „Din Tang“, eine Gemeinschaft bestehend aus einem Kern von ca. zwanzig Personen, angesiedelt im Departement Lot-et-Garonne (47). 1988 gründet er den Verein Association de défense des libertés d’expression dans l’institution française (ADLEIF) (Verein zum Schutz der Ausdrucksfreiheit in französischen Institutionen). Im parlamentarischen Bericht 1995 gelistet, wird der Verein 1996 aufgelöst. Im Jahre 1989 hatte Din Tang einen anderen Verein ins Leben gerufen: « Travail, Amour du Christ » (TAC) (Arbeit, Liebe zu Christus). Er bot ebenfalls im Rahmen eines dritten Vereins Kampfsportarten an. Dieser Verein trug den Namen: „Chen Hsin“. Anfang September 2007 wird der Guru der Sekte "Tang" von den Gendarmen des Departements Ariège polizeilich überprüft. Es wurde ein Ermittlungsverfahren eröffnet und der Untersuchungsrichter des Tribunal de

grande instance der Stadt Foix reichte ein Rechtshilfeersuchen zur Fortführung der Ermittlungen ein. 2006 verlässt Din Tang das Departement Lot-et-Garonne (47) um ins Departement Ariège (09) überzusiedeln, wo er regelmäßig Versammlungen organisiert. Dort präsentiert er sich als Himmelsbote, als außerirdischer Überbringer von apokalyptischen Botschaften. Die Ermittlungen verfolgen das Ziel, den Wahrheitsgehalt der schwerwiegenden Anschuldigungen zu überprüfen, die ehemalige Anhänger hervorgebracht haben. • Die apostolische Gemeinschaft Tabitha’s Place Diese Sektenbewegung bekennt sich zu einer fundamentalistischen Lesart der Bibel. Sie wird von den Behörden beobachtet und weckt regelmäßig das Interesse der Medien. Diese bibeltreue Gemeinschaft ist ebenfalls unter dem Namen „Zwölf Stämme“ bekannt. Die Mitglieder stellen Brot und Gebäck her, das sie auf Märkten verkaufen. Sie leben von Bauund Holzarbeiten und den Erträgen ihrer Gemüsegärten. Außerdem produzieren sie Möbel und Bettzeug, da sie auf Märkten und in ihrem Laden in Oloron (64) verkaufen. Aussagen zufolge werden die Kinder dieser Gemeinschaft bereits in jüngsten Jahren gezüchtigt, um „diszipliniert zu werden. Sie nicht zu züchtigen hieße, sündige und kriminelle Erwachsene heranzuziehen". Die von den Anhängern auf ihrer Internetseite geforderten physischen Strafen sind reglementiert und gestaffelt. Die Kinder arbeiten hart. Spiele sind ihnen verboten. Mehrere Mitglieder wurden verurteilt. Im Jahr 2001 wurde ein Ehepaar verurteilt, weil ihr kleines Kind aufgrund mangelnder Pflege und fortgeschrittener Unterernährung verstorben war. 2002 wurden mehrere Anhänger wegen Unterlassung der gesetzlichen elterlichen Pflichten verurteilt. Ermittlungen laufen wegen der Tatbestände des Missbrauchs von Schwäche und Vertrauen, regelmäßiger Misshandlungen von Minderjährigen, Schulverweigerung („damit sie nicht infiziert werden“). Vier Parlamentarier der Untersuchungskommission waren Ende 2006 vor Ort gereist und hatten 18 Kinder und Jugendliche vorgefunden, die völlig von der Außenwelt abgeschnitten lebten. Die Gemeinschaft hat einen neuen Standort im Departement Indre (36), in der Ortschaft Chatillon gegründet, wo sich aktuell nur einige wenige Anhänger befinden.

Phänomene, die in Verbindung mit gefährlichen sektiererischen Entwicklungen stehen können Schändungen werden methodisch untersucht, ob es sich um Schändungen von Grabstätten, Sachbeschädigungen an Friedhöfen oder religiösen Gebäuden handelt. Viele Schändungen sind das Werk von

Jugendlichen, die von dem Medienrummel um diese Art von Fällen beeinflusst wurden. Diese Jugendlichen sind oft Trittbrettfahrer oder handeln aus Trotz. Ihre Taten sind nicht ideologisch begründbar. Ihr Mangel an moralischen Bezugspunkten ist jedoch offenkundig. Genauso wenig ideologisch motiviert sind Gewalttaten an Grabstätten die von Personen begangen werden, die unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen. Andererseits sind manche Schändungen jugendlichen Anhängern der „Gothik-Bewegung“ zuzuschreiben. Diese Taten gehen auf das Konto von minderjährigen Tätern, die unter dem Einfluss der „Black-MetalBewegung“ stehen, welche über das Internet und Videospiele verbreitet wird und der auch Musik und Fernsehserien zuzuordnen sind („Buffy gegen die Vampire“). Sie begehen ihre Taten im Namen „Satans“. Diese Art von Schändungen ist gekennzeichnet durch eine Mischung antireligiöser Handlungen (im Allgemeinen richten sie sich gegen die katholische Kirche), wobei Kreuze, Stelen oder Grabsteine zerstört werden und satanische Schriftzüge (666, devil…) oder anarchistische und/oder neonazistische Graffitis aufgemalt werden. Im Jahr 2006 wurden im Zuständigkeitsbereich der Gendarmerie 172 Taten verzeichnet, 2005 waren es 208 (-36) und 2004 130 (+42). Die große Mehrheit der betroffenen Stätten sind katholisch. Die meisten Vorfälle fanden 2006 in den Departements Loire-Atlantique (17 Taten), Moselle (11) und Isère (9) statt. Beschädigungen ohne rassistischen Hintergrund machten 143 Fälle aus, 33 % davon wurden aufgeklärt. Im ersten Semester 2007 wurden 103 Schändungsfälle ohne rassistischen Hintergrund verzeichnet (gleiche Zahlen wie im ersten Semester 2006). 56 Personen wurden polizeilich überprüft und 30 Fälle aufgeklärt. Im Juni 2007 stellte sich der „True Armorik Black Metal“ mit unbeugsamen Willen gegen das Christentum und richtete seinen Unmut gegen die religiösen Bauten im Finistère. Die drei Mitglieder dieser aus dem südlichen Finistère stammenden Kleinstgruppe wurden von der Polizei überprüft, als sie neue hoch symbolische Angriffe verüben wollten. Sie bekannten sich zur Beschädigung von zehn religiösen Bauten seit dem vergangenen 5. Mai. Sie behaupten gehandelt zu haben „um gegen die Allmacht des Christentums vorzugehen“, denn „diese Religion hat sich in Armorika (Bretagne) ohne jeglichen Respekt vor unseren keltischen Wurzeln angesiedelt“. Sie ertragen es nicht, dass den heidnischen und keltischen Stätten, wie Carnac usw… nicht die gleiche Aufmerksamkeit zuteil wird wie denen des religiösen Erbes. Infolge des Brandes der Kapelle von Loqueffret (29) am 17. Juni 2007 wurden fünfundvierzig Gendarmen mobilisiert. Bei der Pressekonferenz erklärten der Leiter der Gendarmerie des Departement Finistère und die Staatsanwältin, dass die Zeugenaussagen, die Mitarbeit

eines Experten und die Schnelligkeit der Analysen durch das IRCGN (wissenschaftliches Labor der Gendarmerie nationale) die zügige Auflösung des Falles ermöglicht hätten. Die drei Angeklagten wurden von dem Schwurgericht zu zwanzig Jahren Gefängnisstrafe und 150 000 Euro Geldstrafe verurteilt. Die Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen verlangt vielfältige Ermittlungen, die von der Gendarmerie durchgeführt werden sollten. Um die Bekämpfung dieser Phänomene weiter zu verstärken, muss die Gendarmerie die Fortbildung ihres Personals zusätzlich verbessern. Denn es ist nicht einfach Straftaten aufzuspüren, hinter denen eine Sektenbewegung steht. Darüber hinaus erfordert die Bearbeitung der Fälle größte Professionalität. Die „Bekenntnisse“ von (ehemaligen) Anhängern einzuschätzen, setzt besondere Zuhörerqualitäten voraus. Im Rahmen der laufenden Ermittlungsverfahren ist festzustellen, dass der rechtliche Begriff des Missbrauchs der Unwissenheit oder Schwäche, für eine geistige Einflussnahme charakteristische Zustände, ein Schlüsselelement in der Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen darstellt. Des Weiteren entwickeln sich neue Interessengebiete für sektiererische Bewegungen auf rasante Art und Weise. Sie sind ein potentieller, sehr günstiger Nährboden : „Quacksalber im Gesundheitswesen“ und „Missbrauch des Coaching“. Die Gendarmerie nationale zeigt sich besonders aufmerksam angesichts dieser Phänomene, denn sie könnten neue Schichten der Bevölkerung treffen, die bisher den „traditionellen“ sektiererischen Entwicklungen weniger ausgesetzt waren.

Ministerium für Wirtschaft, Finanzen und Beschäftigung Generaldirektion des Zolls und der indirekten Abgaben Aufgrund des öffentlichen Charakters des Berichts des MIVILUDES ist die Direktion der Ansicht, dass es nicht der richtige Rahmen ist, um über ihre Tätigkeiten zu informieren.

Generaldelegation für Beschäftigung und Berufsbildung

Prävention der gefährlichen sektiererischen Entwicklungen Seit mehreren Jahren ist eine starke Zunahme von bestimmten Risikogruppen festzustellen, die sich oft zu Netzen zusammenschließen und ein überreiches Angebot an Dienstleistungen im Bereich Therapien,

Heilmethoden und/oder Persönlichkeitsentwicklung (Wellness) anbieten. Diese Leistungen werden auf längere Zeiträume angeboten und sie können aufgrund ihrer Inhalte und Anwendungsbedingungen zu einem ernsthaften sektiererischen Risiko für die Leistungsnehmer ausarten. Diese Angebote kennzeichnen sich durch die Vermischung der Inhalte und die geringe oder fehlende anerkannte wissenschaftliche Gültigkeit. Sie setzen den Schwerpunkt auf emotionale Aspekte (Lockangebote) und lassen wenig Raum für den kritischen Geist. Schließlich können diese in Frage gestellten Dienstleistungen ebenso Störungen innerhalb von Unternehmen und Organisationen hervorrufen. Die Situation ist besonders im Bereich der Gesundheit und der Personalressourcen besorgniserregend. Im Gesundheitswesen schaffen diese Leistungen die Voraussetzungen dafür, dass die Leistungsempfänger, die nicht über die notwendigen Diplome verfügen, gesetzlich geregelte Berufe im Gesundheitsbereich illegal ausüben. Der Grad der Gefährlichkeit nimmt zu, wenn sich diese Angebote als Alternative zur wissenschaftlichen Medizin darstellen und konventionelle Behandlungen ablehnen. Im Bereich der Personalressourcen kommen solche Angebote nur selten wirklichen beruflichen Ausbildungen gleich. Sie bilden auch keinen brauchbaren Bestandteil einer beruflichen Fortbildung. Diese Dienstleistungen vermischen Fortbildung und Therapie und beruhen nicht auf theoretischem oder praktischem Zusatzwissen, das einem besseren Verständnis einer beruflichen oder sozialen Situation dienen könnte. Sie kommerzialisieren Dienstleistungen für Unternehmen im Bereich der beruflichen Weiterbildung und der Persönlichkeitsentwicklung (coaching, testing, profiling, Leistungsoptimierung, Kommunikation, Veränderungsmanagement…). Die Aufforderung dieser Gruppen oder Netzte an die Teilnehmer, ein Lehrpraktikum nach dem anderen durchzuführen, um die höchsten „Stufen“ zu erreichen, der übertriebene Charakter mancher „Bescheinigungen, Qualifikationen, Titel und Diplome“, die meistens von den Instanzen der Berufswelt und von der Verwaltung nicht im Sinne des Artikels L.900-3 des Arbeitsgesetzbuchs anerkannt werden, geht oft einher mit trügerischen oder irreführenden Werbemaßnahmen. Wiederholung der Regelungen bezüglich der Werbung für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung Die Bestimmungen des Artikel L.920-6 des Arbeitsgesetzbuchs besagen: „Nennt die Werbung für eine Fortbildungseinrichtung die im Artikel L.920-4 vorgesehene Erklärung, so darf diese nur unter folgender Form erscheinen: „Eingetragen unter Nummer… Diese Registrierung gilt nicht als staatliche Zulassung“. Die Werbung darf nicht darauf hinweisen, dass die Ausgaben für die beworbenen Dienste anzurechnen sind auf die in Artikel L.950-1

vorgesehene Verpflichtung zur Beteiligung an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Die Werbung darf nicht irreführend sein hinsichtlich der Bedingungen für den Zugang zu den angebotenen Fortbildungsmaßnahmen, der Inhalte, der Bestätigungen der erhaltenen Ausbildung und der Finanzierungsbedingungen". Jegliche Verletzung dieser Bestimmungen kann in Anwendung des Artikels L.993-2 des Arbeitsgesetzbuchs strafrechtlich verfolgt werden. Diese gut organisierten Gruppen und Netze werben neue Anhänger, um sie in gut strukturierte, zwanghafte Systeme einzugliedern (geistiges Eigentum, Pyramidenverkaufssystem, Multi-Level-Marketing…). Die zwischen den Entwicklern, den ersten Verteilern und deren Nachahmer hergestellten Beziehungen sind äußerst ungleich. Die Gefahr ist umso größer, wenn diese Personen übertriebenen und langfristigen finanziellen Zwängen oder Forderungen unterworfen werden, oder wenn sie aufgefordert werden, die Konzepte, Techniken oder Praktiken innerhalb von Unternehmen oder Organisationen (zum Beispiel Krankenhäusern) zu verbreiten. Angesichts dieser Tatsachen könnten Maßnahmen der Wirtschafts- und Sozialinformation dazu beitragen, dem Sektenrisiko vorzubeugen. Es ist ebenso angebracht, die Öffentlichkeit über diese besonderen Risiken zu unterrichten. Die mit der Kontrolle der beruflichen Weiterbildung beauftragten Stellen wachen, unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen darüber, dass diese Einrichtungen sich nicht eine gewisse gesellschaftliche Anerkennung anmaßen und damit in den Genuss der Finanzierungsmaßnahmen für die berufliche Fortbildung von Angestellten, Arbeitssuchenden und Unternehmensleitern kommen. Diese Überwachung wird heikler, wenn sich die Angebote an physische Personen richten, die individuell und auf eigene Kosten an einer Fortbildung teilnehmen.

Anschauungsbeispiele Die wesentlichen Merkmale der verschiedenen im Jahr 2007 an die Überwachungsstellen im Bereich Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen gemeldeten Fälle sind folgende: - keine genauen Angaben bezüglich der beruflichen Stellung des oder der Anbieter der Maßnahme; - Unklarheit über das berufliche Ziel oder den eigentlichen Zweck der Fortbildungsmaßnahme entsprechend den Qualifikationen und Bedürfnissen der Teilnehmer; - keine genaueren Angaben bezüglich der Titel und Qualifikationen der Lehrkräfte und der verbundenen Lehrmittel; - es wird keinerlei Vorwissen für diese Maßnahmen verlangt; Nicht-Einhaltung der Klauseln des Artikels L.920-13 des

Arbeitsgesetzbuchs (Staffelung der Zahlungen, Widerruf,…), welche die zwischen Privatpersonen und Fortbildungsanbietern geschlossenen Fortbildungsverträge regeln. Allgemeiner gesehen, entsprechen die angebotenen Maßnahmen nicht den in Artikel L.920-1 des Arbeitsgesetzbuchs genannten gesetzlichen Bestimmungen und verfolgen nicht das Ziel einer Entwicklung der Befähigungen oder eines Zugangs zu einer anerkannten beruflichen Qualifizierung. Sie gleichen eher einer therapeutischen und ganzheitlichen Herangehensweise gegenüber den Teilnehmern und stimmen nicht wirklich mit dem Bereich der beruflichen Weiterbildung überein, so wie er im Artikel L.900-2 des Arbeitsgesetzbuchs beschrieben ist. Bestimmte dieser streitbaren Maßnahmen, (unabhängig davon, ob sie angefordert, angeboten oder in Anspruch genommen wurden), verbreiten Konzepte, Therapien, Behandlungsmethoden, Techniken und Methoden (die oft miteinander verbunden werden) unter anderem aus folgenden Bereichen: Bio-Genealogie [der Krankheit], Gesamtbiologie [der Lebewesen], Channeling, Fasciatherapie, Kinesiologie, Zellheilung, Silva-Methode [der mentalen Kontrolle], Rebirth, Familienaufstellungen, Unternehmensaufstellungen, Reiki, neuro-linguistische Programmierung (NLP), EMF Balancing Technique und Kundalini Yoga. Folgenden Risikokriterien sind die Häufigsten: - Risiko der psychischen Abhängigkeit (geistige Destabilisierung); - wirtschaftliche und rechtliche Zwänge (Pyramidenverkaufssystem, Anwerben von Anhängern); - Aufforderung sich vom familiären und sozialen Umfeld zu distanzieren; - Versprechungen einer neuen Sicht der Welt, Heilungsversprechen (wobei die Heilung von der konventionellen Medizin nicht herbeigeführt werden könnte), Entfaltung der Persönlichkeit; - übertriebene Forderungen nach finanzieller und persönlicher Beteiligung; - Nutzung eines abgefälschten Bildes der Unternehmen und öffentlichen Institutionen (z.B. Universitäten). Die Verfolgung der genannten Fälle führte mal zum Rücktritt der Anforderung einer Fortbildung, mal in Anwendung des Artikels L.920-4 des Arbeitsgesetzbuchs zur Ablehnung der Registrierung der Erklärung der Berufstätigkeit als Einrichtung der beruflichen Weiterbildung, mal zur Nichtigerklärung dieser Registrierung durch die im Bereich der beruflichen Weiterbildung zuständigen staatlichen Verwaltungsbehörde.

Aktionen zur Sensibilisierung und Fortbildung im Jahr 2007 Die Generaldelegation für Weiterbildung hat ihre Bemühungen öffentlichen und privaten Entwickler, Fortbildungen hinsichtlich der Risiken

Beschäftigung und berufliche fortgesetzt, um die wichtigsten Verkäufer und Financiers von sektiererischer Entwicklungen zu

sensibilisieren. Insbesondere wurden mehrere Sensibilisierungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit der Association nationale de la formation hospitalière (ANFH) (nationalen Vereinigung für die Berufsbildung des Krankenhauspersonals) und den zuständigen Direktionen des Gesundheitsministeriums durchgeführt. Diese Maßnahmen richteten sich an leitende Angestellte und Krankenhausangestellte sowie an Ausbilder. Ähnliche Aktionen wurden ebenfalls für Leiter der Personalabteilungen von Unternehmen und leitende Angestellte der Behörden durchgeführt.

Orientierungen für 2008 Die Generaldelegation für Beschäftigung und Berufsbildung hat die Absicht, die Anbieter Assédic, Anpe und Agefiph, welche Personen in schwierigen Situationen betreuen, gezielter zu sensibilisieren und fortzubilden. Es wäre ebenfalls empfehlenswert, diese Sensibilisierung gegenüber den Gebietskörperschaften (Regional- und Generalräte) unter Berücksichtigung ihrer gesetzlich zuerkannten Zuständigkeiten zu verstärken.

Bildungsministerium Im Jahr 2007 hat der Ausschuss zur Schaffung von Präventivmaßnahmen gegen das Sektenwesen seine Koordinierungs- und Warnungsaufgabe weitergeführt. Der Ausschuss wurde über folgende Fälle informiert: - ein Antrag zur Neuaufnahme von Ermittlungen innerhalb einer Familie, welche der Sekte Tabitha’s Place angehört; - Eröffnung einer außervertraglichen Privatschule in Brest „Cours primaire Notre-Dame de Rumengol“; - Wunsch des Vereins „Les enfants d’abord“ (Kinder zuerst) nach baldmöglichster Einführung von neuen Kontrollbedingungen zur Überwachung von Heimunterricht. Die Schulaufsichtsbehörde des Departement Gard hat uns über eine Funktionsstörung und einen Verdacht sektiererischer Entgleisung bezüglich drei außervertraglicher Einrichtungen informiert. Es wurden entsprechend dem Gesetz vom 18. Dezember 1998 pädagogische Überprüfungen durchgeführt. Der Verdacht sektiererischer Entwicklungen wurde nicht bestätigt. Der Ausschuss zur Schaffung von Präventivmaßnahmen gegen das Sektenwesen (CPPS) wird ebenfalls weiterhin aufmerksam gegenüber der Lage an außervertraglichen Privatschulen bleiben, insbesondere, wenn ihre Entstehungsbedingungen und Funktionsweisen auf sektenartige Tätigkeiten schließen lassen. Im Übrigen haben die Verantwortlichen des Ausschusses das

traditionelle jährliche Fortbildungs- und Informationsseminar für ihre Kollegen in anderen Schulbezirken organisiert, um sie aufmerksam zu machen auf die neuen Formen der Sektentätigkeit und die gesetzlichen Bedingungen, unter denen die Überprüfungen stattfinden sollen. Das Seminar erfreute sich über einen Beitrag des Leiters der Direktion Rechtsangelegenheiten des Ministeriums. Dieses Jahr konnten fünf Vertreter der Schulbezirke im Rahmen der beruflichen Weiterbildung für die Teilnahme an einem Seminar der Fachhochschule für Justizbeamte mit dem Thema „Kinder und Sekten“ eingetragen werden. Zu Beginn eines jeden Schuljahres reichen die Departements die Zahlen bezüglich Heimunterricht bei dem Ausschuss zur Schaffung von Präventivmaßnahmen gegen das Sektenwesen (CPPS) ein. Im Rahmen ihrer Verfügbarkeit versuchen die Vertreter des CPPS an den verschiedenen Seminaren der Schulbezirke teilzunehmen. Die Verwaltung des Bildungsministeriums sendete dem MIVILUDES eine Bilanz der Maßnahmen, die aufgrund der Vorschläge der parlamentarischen Untersuchungskommission zum Einfluss sektenartiger Bewegungen auf Minderjährige getroffenen wurden. Schließlich wurde der Verantwortliche des CPPS für die Generalinspektion der Verwaltung im Bereich Bildung und Forschung (inspection générale de l’administration de l’Éducation nationale et de la Recherche, IGAENR) beauftragt, das neu gebildete Ministerium für Hochschulbildung und Forschung beim MIVILUDES zu vertreten.

Ministerium für Gesundheit, Jugend und Sport Generaldirektion für Gesundheit Krankenhausaufnahme und Organisation Generaldirektion für soziale Angelegenheiten

Direktion für der Pflege –

Seit 2000 müssen die Sozialministerien innerhalb ihrer jeweiligen Aufgabenbereiche die Zunahme von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen berücksichtigen, welche es meistens auf empfindliche Personen abgesehen haben, Menschen, die schwierige Situationen erleben oder am Rand der Gesellschaft leben und Hilfe brauchen könnten. Angesichts der Tatsache, dass die angetroffenen Probleme quer durch verschiedene Bereiche gehen, haben die Ministerien ein gemeinsames System zur Prävention und Behandlung dieser sektiererischen Entwicklungen erarbeitet. Das Rundschreiben der Generaldirektion für soziale Maßnahmen (DGAS) Nr. 2000/501 vom 3.

Oktober 2000 wiederaufgenommen und ergänzt durch das Rundschreiben Nr. DGAS/2A/2006/241 vom 1. Juni 2006 bestimmt den gesetzlichen Rahmen und die Funktionsbedingungen. Die Generaldirektion für soziale Maßnahmen übernimmt die Koordinationsaufgaben. Im Wesentlichen betrafen die im Jahr 2007 getroffenen Maßnahmen Fragen sektiererischer Entwicklungen im Bereich der Gesundheit und der nicht konventionellen therapeutischen Praktiken. Diese Aktionen werden in den folgenden Monaten spezifisch im medizinisch-sozialen Bereich, unter anderem bezüglich der beruflichen Weiterbildung, fortgesetzt. Es wurden bereits Arbeiten hinsichtlich bestimmter Methoden im Bereich geistiger Behinderungen eingeleitet. Im Bereich der beruflichen Weiterbildung sind Maßnahmen bezüglich gefährlicher Entwicklungen nicht konventioneller therapeutischer Praktiken vorgesehen.

Bestandsaufnahme Stets präsente sektenartige Organisationen Sektenartige Organisationen sind immer noch im Zuständigkeitsbereich der Sozialministerien präsent. Über ihre eigenen Tätigkeiten und Werbungsaktionen hinaus haben sektenartige Organisationen im Jahr 2007 ihre Offensiven gegenüber dem Staat verstärkt. Sie waren meistens eine Folge der Veröffentlichung des Berichts der parlamentarischen Untersuchungskommission (Dezember 2006) durch den Verlag Documentation française mit dem Titel: „Gestohlene Kindheit: Minderjährige Opfer von Sekten (L'enfance volée : les mineurs victimes des sectes). Die betroffenen Dienststellen erhielten hauptsächlich Anträge zur Übermittlung von Verwaltungsdokumenten, insbesondere seitens der Zeugen Jehovas und von Vereinen, die in Verbindung mit der ScientologyKirche stehen. Die Anfragen betrafen meistens Subventionen der Sozialministerien an Vereine, die im Bereich der Hilfe für Opfer von sektenartigen Organisationen tätig sind. Im Bereich der Psychiatrie ist die Scientology-Kirche insbesondere mittels zweier ihr zugehöriger Organisationen tätig (Bürger-Kommission für Menschenrechte und Kollektiv der Ärzte und Bürger gegen entwürdigende Behandlung der Psychiatrie), die sich als Organisationen zum Schutz der Menschenrechte ausgeben. Mit Demonstrationen, Unterschriftensammlungen und Heften werden regelmäßig die Anwendung von Elektroschocks, die Verschreibung von Ritalin an Kinder und die Zunahme von „zwangsmäßigen Einlieferungen“ angeprangert. Diese Organisationen fordern, dass ihnen verwaltungstechnische Daten mitgeteilt werden. Zum Beispiel wurde die vom nationalen Institut für Prävention und

Gesundheitsbildung (INPES) geführte und vom Ministerium im Oktober 2007 gestartete nationale Kampagne gegen Depressionen stark angefochten. Am 15. Dezember 2007 wurden in Paris und in der Provinz Demonstrationen organisiert, die vom Arzt Jean-Philippe Labrèze, Vorsitzender der Bürger-Kommission für Menschenrechte, ausgingen. Die Darstellung der angeblich negativen Folgen dieser Kampagne (übertriebener Konsum von Antidepressiva, Verschlimmerung des Selbstmordrisikos, Gewalttaten in Anlehnung an die Blutbäder von Columbine in den USA und von Jokela in Finnland) war der Anlass für zahlreiche schriftliche Fragen von Parlamentariern an die Regierung. Dabei ist das Ziel der Kampagne gegen Depressionen ein sinnvoller Umgang mit Medikamenten einschließlich einer Einschränkung der Verschreibung von Antidepressiva, die nur noch nach einer gründlichen Risiko/Nutzen-Abwägung entsprechend den Empfehlungen der Hohe Gesundheitsbehörde und der AFSSAPS (französische Agentur für sanitäre Sicherheit der Gesundheitsprodukte) abgegeben werden sollen. Wie jedes Jahr beantragte die Bürger-Kommission für Menschenrechte die Übermittlung der Jahresberichte der für die Einweisung in psychiatrische Einrichtungen zuständigen Departementskommissionen, unabhängige gesetzliche Instanzen, die mit der Untersuchung der Situation eingewiesener Personen hinsichtlich dem Schutz der individuellen Freiheiten und der Würde der Person beauftragt sind. Darüber hinaus beantragte die Bürger-Kommission für Menschenrechte 2007 erneut die Übermittlung von Kopien der Registerseiten der Gesundheitseinrichtungen, in denen Geisteskranke betreut werden, die ohne eigene Zustimmung eingewiesen wurden. Diese Seiten beinhalten Daten über die Besuche der zuständigen Behörden (Präfekt, Amtsrichter, Richter am Landgericht, Bürgermeister und Staatsanwalt). Sehr besorgniserregende Entwicklungen in Verbindung mit nicht konventionellen therapeutischen Praktiken, im Sektenmilieu und außerhalb Neben den bekannten und seit langem bekämpften sektenartigen Organisationen überschwemmen verschiedenartige Mikro-Strukturen seit einigen Jahrzehnten den Bereich des Gesundheitswesens und den medizinisch-sozialen Bereich mit einem Angebot an nicht konventionellen therapeutischen Praktiken und entsprechenden Fortbildungen zu diesen Methoden. Diese in keinster Weise wissenschaftlich anerkannten nicht konventionellen therapeutischen Praktiken entwickeln sich am Rande des Gesundheitssystems und weisen eine Reihe von Risiken auf, die einige Ähnlichkeiten mit gefährlichen sektiererischen Entwicklungen zeigen: esoterische oder mystische Grundlagen, blinde Verbundenheit mit dem Gründer-Promoter der Methode, netzartige Organisationsformen, Verbreitungsart der Praktiken, geschäftliche Funktionsweise in immer

teueren Stufen für die Nutzer, Werbung von Anhängern… Bestimmte nicht konventionelle therapeutische Praktiken werden im Sektenmilieu ausgeübt, andere außerhalb. Nicht konventionelle therapeutische Praktiken stellen sich oft dar als Methoden die Wohlsein (Wellness), alltägliche Lebensqualität, Persönlichkeitsentwicklung anstreben. Sie stellen die Wohltaten der „Natur“ und ihrer Energiequellen in den Vordergrund. Die Inhalte und Bezeichnungen der nicht konventionellen therapeutischen Praktiken sind vielfältig und veränderlich. Meistens weisen sie aber die gleichen neoorientalischen Inspirationsquellen auf (insbesondere China und Indien). Zahlreiche Methoden ahmen Ideologien und Praktiken nach, die ursprünglich in Nordamerika innerhalb der so genannten New-AgeBewegung entstanden sind. Dieses breite Angebot an nicht konventionellen therapeutischen Praktiken entspricht einer großen Begeisterung der Öffentlichkeit auf der Suche nach Antworten und Lösung für Gesundheitsfragen. Diese Schwärmerei wird von den Medien dankbar aufgenommen. Durch Krankheit, Behinderung oder Abgrenzung in schwierige Situationen geratene Personen sind den Machenschaften dieser Erleuchteten, Kurpfuscher und Betrügern besonders ausgesetzt, was ein Risiko der Verschlimmerung ihres Gesundheitszustands, manchmal sogar eine Gefährdung ihres Lebens bedeutet. Die mit nicht konventionellen therapeutischen Praktiken verbundenen negativen Entwicklungen und die Notwendigkeit Nutzer zu informieren und zu schützen, haben das Ministerium für Gesundheit, Jugend und Sport dazu bewogen, eine pragmatische Zusammenführung seiner Bekämpfung der gefährlichen sektiererischen Entwicklungen im Bereich des Gesundheitswesens und seiner Maßnahmen gegen gefährliche Entwicklungen der nicht konventionellen therapeutischen Praktiken zu betreiben, unabhängig davon, ob letztere dem Sektenmilieu zuzuschreiben sind oder nicht. In diesem Sinne ist es notwendig, die nicht konventionellen therapeutischen Praktiken, die ausschließlich zum Zwecke eines körperlichen und geistigen Wohlseins betrieben werden von denen zu unterscheiden, die bedenkliche therapeutische Behauptungen äußern und Behandlungen anbieten, die womöglich einer illegalen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit und einer Gefährdung der Gesundheit der Betroffenen gleichkommen. Folgende gefährliche Entwicklungen sind in Verbindung mit nicht konventionellen therapeutischen Praktiken erkennbar: • Finanzielle und geschäftliche Risiken Personen und Mikro-Strukturen, die nicht konventionelle therapeutische Praktiken ausüben arbeiten meistens in Netzen. Der Patient

und seine Familie können in die Fänge dieser Organisationsformen und der sie vertreibenden Personen geraten. Diese Organisationen vermehren sich gewöhnlicherweise durch Ausschwärmen. Jede ausgebildete Person personalisiert mehr oder minder das Dogma und die Praktik, die ihr vermittelt wurde. Sie kennzeichnet sie und verkauft sie ihrerseits, indem sie Praktiker, Ausbilder und Anhänger einer und manchmal mehrerer nicht konventioneller therapeutischer Praktiken wird. Das Angebot an Behandlungen, diversen Betreuungen und Ausbildungen im Rahmen der „Persönlichkeitsentwicklung“ bildet inzwischen einen weitläufigen Markt. Diese Situation ist problematisch einerseits, weil sie das Risiko birgt, Patienten die bereits anderweitig angeschlagen sind auch noch finanziell in Bedrängnis zu bringen und andererseits, weil Gelder der Krankenkassen oder der Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung für diesen Markt genutzt werden. • Zweifelhafte, wissenschaftlich nicht untermauerte und durch kein anerkanntes System für gültig erklärte Kompetenzen Die fehlenden Grundlagen und die nicht vorhandene wissenschaftliche Validierung der nicht konventionellen therapeutischen Praktiken haben zur Folge, dass diese außerhalb jeglicher Reglementierung zur Regulierung der Ausbildung und Ausübung angewandt werden. Nach Ausbildungen, die nur wenige Monate, manchmal Wochen oder nur Tage dauern, werden so genannte Diplome ausgehändigt, die weder durch das Bildungsministerium anerkannt oder im nationalen Verzeichnis der anerkannten Berufe (RNCP) eingetragen sind noch im Gesetz über das öffentliche Gesundheitswesen benannt werden. Sie münden auch nicht in eine Qualifizierung, mit der ein wissenschaftlich oder gesetzlich anerkannter Beruf ausgeübt werden könnte. Es gibt ebenfalls längere Ausbildungen (über mehrere Jahre), die jedoch ebenso fragwürdig sind. Diese angeblichen Ausbildungen richten sich an Personen, die meistens keinerlei Vorkenntnisse im medizinischen oder paramedizinischen Bereich aufweisen, aber implizit zu einer illegalen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit oder der Pharmazie geführt werden können. Manche Fachkräfte im Gesundheitswesen üben ebenfalls nicht konventionelle therapeutische Praktiken aus und setzen somit Personen dem Risiko von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen aus, das mit diesen Methoden verbunden ist. • Ein Risiko für die physische und geistige Gesundheit der Nutzer Der Rückgriff auf nicht konventionelle therapeutische Praktiken kann mit eigenen Gefahren einhergehen, die in Verbindung mit den angewendeten Produkten und der Art der angewandten Behandlungen stehen und/oder mit der Tatsache, dass den Patienten Behandlungen der konventionellen Medizin vorenthalten werden, die bessere Heilungschancen

geboten hätten. Die mit nicht konventionellen therapeutischen Praktiken einhergehenden Risiken sind dann erheblich, wenn sie die Diagnostik verzögern und/oder dazu führen, dass Kranke ihre klassische Behandlung unterbrechen. Diese Situationen sind besonders dramatisch, wenn die Prognose Lebensgefahr feststellt. Wird die Ausübung von nicht konventionellen therapeutischen Praktiken oder der Rückgriff darauf mit Phänomenen der geistigen Einflussnahme verbunden, können daraus geistige Störungen folgen und in manchen Fällen familiäre Brüche, wenn auseinander gehende Überzeugungen und Praktiken zerstörerisch aufeinanderprallen. Schwerwiegende Risiken für Kinder Sektenartige Bewegungen bestehen in einer vom aktuellen Lauf der Gesellschaft weit entfernten Welt, so dass die Besonderheiten ihrer Funktionsweisen nur selten Beachtung finden und in Frage gestellt werden. Insbesondere Kinder können den Einrichtungen zum Kinder- und Jugendschutz entzogen werden, die somit ihre Aufgaben nicht erfüllen können. Abhängig von beeinflussten Erwachsenen, werden sie als zukünftige Anhänger erzogen. Eine solche Situation entsteht zum Beispiel, wenn die Geburt des Kindes nicht standesamtlich gemeldet wird. Ein nicht gemeldetes Kind hat kein öffentliches Dasein. Damit ist es für Maßnahmen des Kinderschutzes nicht zugänglich. Darüber hinaus ist es für das Greifen solcher Maßnahmen erforderlich, dass entweder die Eltern oder ein Elternteil aus eigenem Antrieb Bemühungen anstellen, um eine medizinische oder soziale Stellungnahme zu erhalten, oder Meldung bei den Behörden gemacht wird, wenn ein Kind, insbesondere unter sechs Jahren, als gefährdet gilt.

Ein vom Ministerium für Gesundheit, Jugend und Sport in Gang gesetzter Bekämpfungsplan Die gefährlichen sektiererischen Entwicklungen im Gesundheitsbereich und insbesondere die mit nicht konventionellen therapeutischen Praktiken verbundenen, ergeben aktuell eine besorgniserregende Situation, angesichts der das Ministerium für Gesundheit, Jugend und Sport die Umsetzung eines Aktionsplans beschlossen hat, der am 18. März 2007 durch den Gesundheitsminister unterzeichnet wurde. Die Generaldirektion für soziale Maßnahmen hat die Aufgabe, die Umsetzung des Plans zu koordinieren und seine Verwirklichung zu bewerten. Zu diesem Zweck hat der Generaldirektor für soziale Maßnahmen die Einrichtung eines Leitungsteams vorgesehen.

Ziele des Plans Ziel des Plans ist die schrittweise Einrichtung eines ständigen Überwachungssystems, das helfen soll, gefährliche sektiererische Entwicklungen im Gesundheitsbereich und bedenkliche Entwicklungen der nicht konventionellen therapeutischen Praktiken aufzuspüren und zu untersuchen. Mit Hilfe einer technischen Unterstützungsgruppe werden die Generaldirektion für Gesundheit und ihre Partner in diesem Bereich die risikoreichsten Praktiken hinsichtlich der direkten und indirekten (das heißt durch Unterlassung konventioneller Behandlungen) Gefahren für die Anwender untersuchen. Bei Bedarf können Klagen eingereicht werden. Die Überwachungsmaßnahmen sollen ebenfalls die Angriffe der sektenartigen Bewegungen betreffen, die den Betrieb des Gesundheitssystems stören. Ziel ist es, diese Störungen aufzuheben. Es sollen Einrichtungen zur Information und Prävention der Öffentlichkeit entwickelt und umgesetzt werden. Das Überwachungsinstrument soll durch Sensibilisierungsaktionen ergänzt werden, die sich an Fachkräfte des Gesundheitswesens richten und gefährliche sektiererische Entwicklungen im Gesundheitsbereich und bedenkliche Entwicklungen in Verbindung mit nicht konventionellen therapeutischen Praktiken betreffen. Fachkräfte im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes sollen bei der Bekämpfung von Prozessen der geistigen Einflussnahme und ihren Folgen für die körperliche und geistige Gesundheit unterstützt werden. Die betroffenen Überwachungsstellen werden aufgefordert, eventuelle gefährliche sektiererische oder therapeutische Entwicklungen im Bereich der Gesundheit und der sozialen Angelegenheiten zu untersuchen. Der Plan sieht darüber hinaus die Förderung der Forschung über Phänomene der geistigen Einflussnahme und über klinische Lösungen zur Betreuung von Sektenaussteigern vor, die eine psychologische Betreuung wünschen oder benötigen. Diese Maßnahmen betreffen Praktiken, für die aufgrund der fehlenden wissenschaftlichen Anerkennung und des mangelnden gesetzlichen Rahmens die Behörden nicht bürgen können und für die keinerlei Absicherung geltend gemacht werden kann. Im Sinne des Gesundheitsschutzes, der Information der Öffentlichkeit und der Optimierung des Nutzen/Risiko-Verhältnisses, weist die Generaldirektion für Gesundheit auf die notwendige Unterscheidung zwischen: - den nicht konventionellen therapeutischen Praktiken und Praktikern einerseits, die ihre Patienten gefährden und/oder ihnen Möglichkeiten verwehren, weil die mit konventionellen Behandlungsmethoden erzielten Ergebnisse besser wären; - den nicht konventionellen therapeutischen Praktiken und Praktikern andererseits, die verschiedenartige Leistungen anbieten, die gegebenenfalls

eine Behandlung mit konventionellen Mitteln ergänzen, um eine Verbesserung des Allgemeinzustands herbeizuführen oder die Schmerzen und das Unwohlsein von Kranken zu lindern. Alle Initiativen des Ministeriums verfolgen das Ziel, den Nutzern des Gesundheitssystems eine freie Auswahl ihrer Therapie zu ermöglichen und zwar mit einer so vollständigen Information wie möglich über die Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlungsmethoden. Im Jahr 2007 eingeleitete Maßnahmen des Ministeriums Im Wesentlichen wurden im Jahr 2007 folgende Maßnahmen im Rahmen des zuvor beschriebenen Plans ergriffen: 1) Sechs Tage zur Sensibilisierung bezüglich gefährlicher sektiererischer und therapeutischer Entwicklungen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung von Krankenhausbeamte Zwischen Juni 2006 und Ende 2007 wurden sechs interregionale Tage zur Sensibilisierung bezüglich gefährlicher sektiererischer Entwicklungen im Gesundheitsbereich und bedenklicher Entwicklungen in Verbindung mit nicht konventionellen therapeutischen Praktiken angeboten. Die Veranstaltung wurde organisiert durch die nationale Vereinigung für die Berufsbildung des Krankenhauspersonals (ANFH) mit der Unterstützung und Zusammenarbeit des MIVILUDES, der Generaldirektion für Beschäftigung und Berufsbildung (DGEFP), der Direktion für Krankenhausaufnahme und Organisation der Pflege (DHOS) und der Generaldirektion für Gesundheit (DGS). Ziel dieser Veranstaltung war es, die Wachsamkeit der Fachkräfte der medizinischen, sozialen und medizinisch-sozialen Einrichtungen hinsichtlich der Entwicklung der Sektenlandschaft und des Eindringens von sektenartigen Bewegungen in den Bereich des Gesundheitswesens und der beruflichen Weiterbildung aufrechtzuerhalten. In Verlauf dieser Tage konnte über eine Ausübung nicht bewährter Praktiken und entsprechende Ausbildungen unter Einhaltung der Qualitätsanforderungen gesprochen und Fragen des Rechts, der Haftung und der Ethik behandelt werden. Der Schwerpunkt wurde insbesondere auf die Notwendigkeit für die Einrichtungen gesetzt, sich auf eine strenge Untersuchungsmethode für Fortbildungsangebote und -Nachfragen stützen zu können, um zur Sicherheit der Patienten und der Fachkräfte beizutragen. An jedem dieser Tage haben im Durchschnitt sechzig Personen teilgenommen: Einrichtungsleiter, Fortbildungsbeauftragte, Fachkräfte des Gesundheitswesens, Mitglieder der Instanzen und der Regionalabteilungen der ANFH (nationale Vereinigung für die Berufsbildung des Krankenhauspersonals). 2)

Meldung

einer

nicht

konventionellen

therapeutischen

Behandlungsmethode und ihres Gründers/Vertreibers Justizbehörden durch den Generaldirektor für Gesundheit

an

die

Bestimmte nicht konventionelle therapeutische Praktiken erweisen sich auf den ersten Blick als Quacksalberei, die bis hin zum Betrug gehen kann und verstoßen gegen das gemeine Recht (illegale Ausübung eines Berufes des Gesundheitswesens, Gefährdung Dritter, täuschende Werbung, Betrug, Missbrauch der Schwäche…). Angesichts dieser Situation sind alle Instanzen und alle betroffenen Dienststellen der Gesundheitsverwaltung berechtigt, auf Grundlage von Tatsachen oder ausreichend begründetem Verdacht, Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zu erstatten. So erstattete der Generaldirektor für Gesundheit im August 2007 nach gründlicher Prüfung des Falls durch seine Dienststellen, den Justizbehörden Anzeige bezüglich des Gründers/Vertreibers einer nicht konventionellen therapeutischen Praktik, die er als besonders besorgniserregend erachtete. 3) Folgen einer Klage der Direktion für Krankenhausaufnahme und Organisation der Pflege (DHOS) bei den Justizbehörden aufgrund eines Falls von Titelmissbrauch Im Jahr 2005 reichte die Direktion für Krankenhausaufnahme und Organisation der Pflege (DHOS) Klage bei den Justizbehörden ein, wegen des Titelmissbrauchs durch den Inhaber eines Diploms des Doctor of Philosophy (Ph.D) mit Promotionsfach Krebsforschung, ausgestellt durch ein kanadisches Institut für Naturheilkunde, das jedoch nicht zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit berechtigte. Der Rat der Ärztekammer auf Departement-Ebene beantragte 2007 bei der betroffenen Departement-Direktion für gesundheitliche und soziale Angelegenheiten eine Untersuchung aufgrund eines neuen Versuchs dieser Person, sich als Krebsarzt niederzulassen. 4) Ablehnung eines Antrags zur Ausübung der traditionellen chinesischen Medizin durch die Direktion für Krankenhausaufnahme und Organisation der Pflege (DHOS) Die DHOS lehnte es ab, einer Person die Zulassung zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit zu erteilen, die ein Diplom der traditionellen chinesischen Medizin vorlegte und ein zwischen Frankreich und China am 1. März 2007 unterzeichnetes Forschungsprotokoll geltend machte. Dieses Protokoll dient der Erforschung eines eventuellen wissenschaftlichen Nutzens der traditionellen chinesischen Medizin. Die DHOS informierte den Antragsteller darüber, dass dieses Abkommen im vorliegenden Fall keinerlei Einfluss auf die aktuelle Gesetzgebung habe und dass es ihm, unter Androhung einer Verfolgung wegen illegaler Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in Anwendung des Artikels

L.4161-1 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen nicht erlaubt sei, die angestrebten Praktiken auszuüben. 5) Leitfaden über die von sektenartigen Bewegungen ausgehenden Risiken für Fachkräfte des Kinderschutzes Um die mit dem Kinderschutz beauftragten Fachkräfte zu unterstützen, hat die Generaldirektion für soziale Maßnahmen im Jahr 2007 einen Leitfaden fertig gestellt, der im oben genannten Aktionsplan vorgesehen war. Dieser Leitfaden wird Anfang 2008 ins Internet gestellt. 6) Von der Generaldirektion für soziale Maßnahmen (DGAS) in Auftrag gegebene Studien über „gestützte Kommunikation“, einer Methode mit wenig überzeugender Wirkung Die Generaldirektion für soziale Maßnahmen hat 2007 Studien zur Betreuung von autistischen Patienten in Auftrag gegeben. In diesem Rahmen wurde die so genannte Methode der „vereinfachten Kommunikation“ analysiert. Die Untersuchungen wurden durch das regionale Zentrum für Kindheit und Jugend (CREAI) der Region LanguedocRoussillon durchgeführt. Sie geben an, dass die gestützte Kommunikation eine pädagogische Methode ist, die ursprünglich für Personen, die an Hirnlähmung leiden, vorgesehen war und später auch bei Autismus angewandt wurde. Für den Stützer bedeutet die Anwendung der Methode, dass er die Hand oder den Arm der Person stützt, um ihr zu helfen, eine spezielle Computertastatur zu benutzen, so dass sie Buchstaben und/oder Wörter schreiben und sich somit ausdrücken kann. Dies soll die Sozialisierung und Autonomie der autistischen Person fördern. Die Methode der gestützten Kommunikation wird kontrovers diskutiert und kritisiert. Auf der Grundlage einer Analyse der verfügbaren Arbeiten über diese Methode unterstreicht das CREAI das Fehlen von ernsthaften experimentellen Überprüfungen. Die Mehrheit der erstellten Studien und die methodologisch zuverlässigsten kommen zu dem Schluss, dass gestützte Kommunikation nicht wirkungsvoll ist. Manche nicht gründlich durchgeführte Untersuchungen erachten sie als wirksam.

Jugend, Sport und Vereinswesen Die Überwachungszelle Die Überwachungszelle „Jugend, Sport und Vereinswesen“ des Ministeriums für Gesundheit, Jugend und Sport vereint Vertreter der Generalinspektion und der Direktionen. Sie traf sich monatlich, um Bilanz über die verschiedenen Fälle der jeweiligen Direktionen zu ziehen. Drei Anhörungen wurden veranstaltet: - ein Vertreter der Direction des affaires criminelles et des grâces

(kriminalpolizeiliche Angelegenheiten und Begnadigungen) des Justizministeriums wurde mit den Ermittlungen zu den Fällen in Verbindung mit gefährlichen sektiererischen Entwicklungen beauftragt; - Es wurde der Beauftragte für gefährliche sektiererische Entwicklungen bei der Generaldirektion für Gesundheit angehört (Koordinierung im Rahmen der neuen Struktur des Ministeriums); - schließlich wurden die zwei mit Sektenfragen beauftragten Kontrollbeamte des Bildungsministeriums angehört. Bei dieser letzten Anhörung wurden die Mittel zur Umsetzung der Empfehlungen des Berichts der parlamentarischen Untersuchungskommission von Dezember 2006 erarbeitet, die eine Koordinierung der Maßnahmen beider Ministerien zum Schutz, zur Ausbildung und Information der Jugend ermöglichen sollen. Schließlich haben Vertreter der Überwachungszelle an den Arbeitsgruppen über Misshandlungen (darunter gefährliche sektiererische Taten) teilgenommen, die von der Direktion für Sport organisiert wurden, um leitende Angestellte im Sportbereich fortzubilden und zu informieren (siehe unten). Maßnahmen der Abteilungen Im Sportsbereich Kampfsportarten Das Jahr 2007 war gekennzeichnet von einer besonderen Aufmerksamkeit der Beamten der Direktionen auf Ebene der Regionen und Departements gegenüber Kampfsportarten, die in bestimmten Kontexten, außerhalb der Vereine, zu gefährlichen sektiererischen Entwicklungen geführt haben. Die Direktion für Vereinsleben, Beschäftigung und Fortbildungen veröffentlichte in einem ersten Schritt eine Anweisung zur Ermittlung der Situation von Kampfsportarten (Anweisung 07-026 vom 5. Februar 2007). In einem zweiten Schritt erfassten die Dienststellen 175 verschiedene Kampfsportpraktiken oder -Stile. Nur vierzig davon wurden zum Zeitpunkt der Erfassung in entsprechend beauftragten oder genehmigten Vereinen ausgeübt oder vermittelt. Verschiedene Maßnahmen wurden ergriffen, um zusammenhängende Verbände zu bilden. Manche Kampfsportarten haben sich einem der vier zugelassenen und bevollmächtigten "unisport"Verbänden angeschlossen, andere haben sich für eine Integration in „multisport“-Interessenverbänden entschieden. Letztere werden von den Dienststellen des Ministeriums für Gesundheit, Jugend und Sport besonders aufmerksam beobachtet und es findet ein reger Austausch an Informationen mit den betroffenen lokalen Verbänden statt. In diesem Zusammenhang wurden in den Departements Languedoc-Roussillon und Rhône-Alpes einige

Fälle gemeldet, bei denen Praktiken ausgeübt werden, die fragwürdig erscheinen und womöglich mehr oder minder ausgeprägte gesundheitliche Störungen hervorrufen können, in Fällen von Einflussnahme eventuell auch psychologischer Art. Im Rahmen einer allgemeinen Prävention von physischen und psychologischen Schäden wurde die Wachsamkeit der Dienststellen bezüglich aller außerhalb von Vereinen und geheim organisierten Kampfsportarten gefordert. In der Tat wurde in verschiedenen Fällen die Meldepflicht als Einrichtung für Leibesübungen und Sport (APS) nicht eingehalten. In solchen Fällen liegt nicht nur eine Straftat vor, es droht auch die Schließung der Einrichtung. Coaching Die Frage des Coachings wird aktuell unter allen Gesichtspunkten untersucht. In diesem Bezug wird aller Wahrscheinlichkeit nach ein Eingriff der Behörden notwendig werden, um diese neue Form der Betreuung von Sportinteressierten in geordnete Bahnen zu lenken. Bereich der Jugend und Volksbildung Direktion Jugend und Volksbildung (DJEP) hat ihre aktive Überwachung gefährlicher sektiererischer Entwicklungen in all ihren Zuständigkeitsbereichen fortgeführt, insbesondere im Bereich der Aufnahme von Gruppen Minderjähriger, mit und ohne Übernachtungen. Die bei den dezentralisierten Behörden (Direktionen der Regionen und Departements) von Vereinen oder von Eltern gemeldeten Sektenrisiken wurden untersucht. Ferienaufenthalte Infolge einer bei der Gendarmerie eingegangenen Beschwerde eines jungen Teilnehmers an einem in Bains-les-Bains (Vogesen) vom „Türkischen Kulturzentrum Nancy“ organisierten Aufenthalts wurden im Juli 2007 Beamte der Regionaldirektion beauftragt, eine Kontrolle vor Ort durchzuführen. Daraufhin wurde durch einen Erlass des Präfekten die sofortige Schließung des Jugendlagers beschlossen, um „die moralische Sicherheit der Kinder“ zu gewährleisten. In einem weiteren Fall hat die Direktion des Departements Isère im Juli 2007 in Zusammenarbeit mit den Dienststellen der Gendarmerie und dem Veterinärdienst ein von einem französisch-türkischen Sportverein organisiertes Jugendlager überprüft. Die Tätigkeiten dieses Zentrums bezogen sich hauptsächlich auf religiöse Lehren und verbundene Praktiken. Das pädagogische Projekt und die Animation schienen sehr mager, ein sektiererisches Risiko konnte jedoch nicht festgestellt werden. Grundlagenprüfungen • Eine von einem Verein produzierte DVD zur Prävention gegen

sexuelle Gewalt an Kindern mit dem Titel "Nein sagen" wurde, aufgrund des Themas, der Direktion zur Überprüfung des Inhalts übergeben. Nach Überprüfung des Vereins und Analyse der Filme wurde diese Sensibilisierungs-DVD als unbedenklich hinsichtlich des Sektenrisikos erklärt. • Es ging eine Anfrage bei der Direktion für Jugend und Volksbildung über ein europäisches Seminar ein, das im November 2007 im nationalen Institut für Jugend und Volksbildung (INJEP) von einem Verein organisiert wurde, der Mitglied einer internationalen Organisation mit Sitz in den USA ist. Nach Rückfrage bei der Nationale Vereinigung der Organisationen zum Schutz der Familie und der Person (UNADFI) wurde der Verein als unbedenklich hinsichtlich des Sektenrisikos erklärt. • Eine Regionaldirektion erbat eine Stellungnahme des Ministeriums bezüglich eines Vereins, der den Verdacht des radikalen Fundamentalismus geweckt hatte. Es wurde Kontakt zum MIVILUDES aufgenommen, der an das Innenministerium (Dienststelle für Glaubensfragen) weiterverwies. • Im April 2007 wurde die Direktion für Jugend und Volksbildung auf eine Gruppenwanderung aufmerksam gemacht, welche die Teilnehmer in mehreren Etappen von Februar bis Mai 2007 vom Departement Aude bis nach Paris führen sollte. Die Direktion des Departements Aude führte eine Untersuchung durch, die zu dem Ergebnis kam, dass kein Sektenrisiko bestehe. Lokale Maßnahmen Die Ansprechpartner des Ministeriums (Abteilung Jugend, Sport und Vereinsleben) auf Departement-Ebene in Sachen gefährliche sektiererische Entwicklungen nehmen an den Versammlungen der Plenarkommissionen teil, die seit 2006 den Präfekten unterstehen. Bereich der Beschäftigung und Fortbildungen Die Umgestaltung der Diplome und Fortbildungen im Bereich Jugend, Volksbildung und Sport sieht ein Referenzsystem für Berufe und Bescheinigungen vor. Für alle Fachrichtungen und/oder Lehrfächer des Niveaus IV (Meisterprüfung Jugend, Volksbildung und Sport), des Niveaus III (Staatsdiplom Jugend, Volksbildung und Sport) und den Niveaus II (höheres Staatsdiplom Jugend, Volksbildung und Sport) soll der Schwerpunkt auf den Schutz der physischen und moralischen Unversehrtheit der Personen liegen. 84

Für die Diplome BAFA und BAFD (Befähigungsnachweis für Leiter) wurden die Arbeiten zur Neustrukturierung 2007 beendet. Sie verfolgen das Ziel, die zur Überwachung des Schutzes der physischen und moralischen Unversehrtheit notwendigen Befähigungen zu untermauern. In Bezug auf die 84

- Befähigungsnachweis für Animateure

Leiter (BAFD) wurden die Aspekte der Partnerschaft und Kommunikation verstärkt, wobei eine Kommunikation über die erzieherischen Ziele, sowie eine regelmäßige Übermittlung der Informationen an die Kandidaten und die Familien explizit vorgesehen sind. Andererseits wurden die Behörden durch eine Anweisung von 2007 angehalten, die zehn Autorisierungskriterien für neue Fortbildungsorgane zu berücksichtigen, um eine Identifizierung von eventuellen Unregelmäßigkeiten sektiererischer Art zu ermöglichen. Gerichtsgutachten: Übermittlung der Verwaltungsdokumente Im Laufe des Jahres 2007 haben die üblichen, insbesondere in Verbindung mit der Scientology-Kirche stehenden „Vereine“ weiterhin Anfragen an das Ministerium gestellt, zurückgreifend auf die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 78-753 vom 17. Juli 1978 (abgeändert durch Verordnung Nr. 2005-650 vom 6. Juni 2005), welche den freien Zugang zu Verwaltungsdokumenten regeln und die Nutzung von öffentlichen Informationen definieren. Der Verein „Ethik und Freiheit“ und das „Komitee französischer Scientologen gegen Diskriminierung“ haben beim Ministerium die Übermittlung von Unterlagen über die Vereine zum Schutz von Sektenopfern UNADFI und CCMM beantragt. Die zwei Organisationen haben jeweils die Übermittlung einer Akte beantragt, die im Allgemeinen die Genehmigung, die Verwaltung und die Unterstützung der genannten Vereine durch das Ministerium betrifft. Im Übrigen lehnte die CADA, französische Kommission für den Zugang zu Verwaltungsdokumenten, einen Antrag auf Übermittlung von ministeriellen Anweisungen des Vereins „Ethik und Freiheit“ ab. Fortbildung der Beamten des Ministeriums Im Rahmen des nationalen Fortbildungsplans des Ministeriums für 2007 wurden zwei Lehrgänge für ca. vierzig Beamten veranstaltet, insbesondere für die mit gefährlichen sektiererischen Entwicklungen beauftragten Ansprechpartner auf Departement-Ebene. Ein dritter Lehrgang wurde im Rahmen des Fortbildungsplans für die Zentralverwaltung für zwanzig Beamte organisiert. Darüber hinaus haben im November 2007 fünf Beamte an der von der Fachhochschule für Justizbeamte organisierten Fortbildung teilgenommen. Fortbildungen bezüglich Misshandlungen Im Jahr 2007 wurde eine Fortbildungsreihe für leitende Angestellte im Sportbereich geplant, um sie hinsichtlich verschiedener Probleme zu

sensibilisieren, die unter dem Begriff „Misshandlungen“ zusammengefasst werden, unabhängig davon, ob es sich um die Förderung von Suchtverhalten oder Aufforderung zu Doping handelt oder um Belästigungen und sexuelle Gewalt und ob diese in Verbindung mit sektiererischen Taten stehen oder nicht. Die Umsetzen dieser Maßnahmen wird unmittelbar nach Beginn des Jahres 2008 erfolgen.

Schlussfolgerung Ein oft von Sektenopfern, seien es ehemalige Anhänger oder Familienangehörige von noch aktiven Mitgliedern, ausgesprochener Satz zitiert eine Fabel von Jean de La Fontaine: „Es ist wie das Ringen des Tonkruges gegen den Eisenkrug“. Im Jahr 2007 erwähnten Gesprächspartner des MIVILUDES dieses Bildnis viele Male. Eine Botschaft ist wesentlich: Der Staat kann nicht und darf nicht tatenlos zusehen, wie sektenartige Bewegungen beträchtliche Mittel aufwenden, um straffrei schädliche Machenschaften zu entfalten. Der Staat muss informieren, vorsorgen und bestrafen. Beriefe er sich ausschließlich auf die Privatsphäre, würde der Staat seine Pflichten vernachlässigen. Doch angesichts der Tatsache, dass Lobbyarbeit, falsche Informationen, Gerichtsverfahren, Einschüchterungen und Manipulation zum alltäglichen Geschäft dieser Gruppen gehören, besteht die reelle Gefahr, dass nicht nur Opfer, die auf eine Befassung der Gerichte verzichten, sondern auch der Staat an der Legitimität seiner Handlungen zweifelt. Dieses Risiko nimmt zu, sobald man das Vorzugsgebiet dieser sektenartigen Bewegungen und ihrer Strohmänner betritt, nämlich das der Religion, denn dann ist die Debatte mit aller Sicherheit verfälscht. Nach zwei Jahrhunderten republikanischer Kultur und einem Jahrhundert Laizität ist die Glaubensfreiheit in unserem Land nicht bedroht. Jeder achtet den Glauben oder Nicht-Glauben des anderen. Der heutzutage herrschende Geist der Toleranz lässt die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gepflegten Stereotypen hinfällig werden. Zu unserer Zeit schmücken sich sektenartige Gruppen, stets bereit auf einer Welle zu reiten, die sie als viel versprechend erachten, mit dem Titel Kirche, zweifelsohne, weil es beträchtliche Steuervorteile bringt, doch auch, weil es den zukünftigen Anhängern ein positives Bild vermittelt und insbesondere, weil sie so aus der Rolle der Peiniger in die Rolle der Opfer schlüpfen, Opfer einer inakzeptablen Intoleranz des Staates gegenüber Glaubensfreiheit, einer Hexenjagd, die durch perfekt eingeübte und bewährte Behauptungen von Verfolgungen religiöser Minderheiten und neuer spirituellen Überzeugungen als glaubwürdig verkauft wird… Lassen wir und nicht täuschen und irren wir uns nicht hinsichtlich der Opfer! Der Eisenkrug stößt stets gegen den empfindlichen Tonkrug, er stößt aber auch immer gegen den Naiven, der meistens guten Glaubens, dachte, er würde richtig handeln, wenn er, seine Schreie hörend, zu seiner Rettung eilt!

Ziel des vorliegenden Berichts ist es, den unbedingten Willen des MIVILUDES auszudrücken, im Auftrag des Premierministers, alle ihm durch den Gründungserlass zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen, den Erwartungen des Parlaments zu entsprechen und als bescheidenes Schutzschild zwischen dem „Eisenkrug“ und dem „Tonkrug“ zu dienen. Paris, Dezember 2007

Anhang Zeugenaussagen Aussage einer Mutter und Großmutter Ende 1999 fing mein Sohn, 33 Jahre alt, sein Doktor der Biologie vorbereitend, an, von Traumata zu berichten, die er im Kleinkindalter erlitten haben soll. Kurze Zeit später beschuldigte er die gesamte Familie des Inzestes (Vater, Mutter, Großvater, Onkel, Tanten…). Meine Sorgen hielten sich in Grenzen, denn seine junge Lebensgefährtin hatte gerade die Gegend verlassen, „um sich von ihrem Vater und ihrem Großvater zu schützen", denen sie ebenfalls Inzest vorwarf. Anfang 2000 wurde sein Kontakt zu seiner Schwester intensiver, er überhäufte sie mit „Erinnerungen“, die sie angeblich "verdrängt" hatte und nahm sie zur Kristalltherapeutin mit, bei der er bereits seit einigen Jahren in Behandlung war. Daraufhin besuchte meine Tochter monatlich zwei Sitzung von jeweils 2 Stunden bei dieser Therapeutin. Im Oktober 2001 äußert sie dann die gleichen Vorwürfe wie ihr Bruder. Ihrerseits bricht sie alle Kontakte mit denen ab, die ihr nicht glauben (Familien, Schwiegerfamilie, Freunde, Bekannte…). Im September 2002 beschuldigt meine Tochter auch ihren Mann, er habe ihre Kinder unsittlich berührt und verlässt die gemeinsame Wohnung mit ihren drei kleinen Töchtern, 10, 8 und 6 Jahre alt. Die Gerichte werden befasst: die Kinder kommen in ein Heim der Departementdirektion für Gesundheits- und Sozialangelegenheiten (DDASS), es folgen Gutachten, Gerichtsverfahren, usw…. Im Oktober 2004, nach zwei Jahren Gerichtsverfahren, werden alle Angeklagten freigesprochen. Die Kinder werden ihrem Vater übergeben, da

ihre Mutter verpflichtet wurde, sich psychiatrisch behandeln zu lassen. Während der gesamten Dauer der Untersuchungen hielt sich mein Sohn außerhalb Frankreichs auf. Wir haben nie erfahren, wo er hingezogen war. Wir hatten kein Kontakt mehr weder zu unserem Sohn, noch zu unserer Tochter. Als die Kinder Ende 2004 in die Obhut des Vaters gegeben wurden, weigerte sich die Älteste, zu ihm zurückzukehren. Sie blieb im Kinderheim, riss aber mehrfach aus, war in der Schule abgängig und wollte zu ihrer Mutter zurück. Um die Situation zu vereinfachen, bin ich nach Nancy gezogen, in die Nähe meines Schwiegersohnes und der anderen Großmutter, mit der Absicht, ihnen allen unter die Arme zu greifen, damit die Dinge soweit wie möglich in Ordnung kämen. Um seiner Tochter wieder etwas Halt zu geben, zog mein Schwiegersohn es vor, sie zu ihrer Mutter zurückgehen zu lassen, als sie von ihrer Familie getrennt traurig zu sehen. Von dieser Seite schienen die Dinge sich zu beruhigen. Obwohl wir keinen Kontakt zu ihr hatten, waren wir froh zu sehen, dass es ihr besser ging. Drei Jahre später kann ich feststellen, dass die Dinge sich entwickelt haben: Mein Sohn ist nach Frankreich zurückgekehrt, er ist nun Coach, beschäftigt sich mit Erinnerungen des Wassers, hält Konferenzen ab… Meine Tochter hat ein neues Leben angefangen, doch hat sich die Lage nicht verbessert. Meine erste Enkelin, 16 Jahre, hatte Streit mit ihrer Mutter und ist zu mir geflüchtet. Dann hat sie es vorgezogen, allein in einem Heim für junge Mädchen zu leben. Dort ist sie seit Januar 2008 und sie fühlt sich wohl. Ich sehe sie jedes Wochenende. Ihre Beziehungen zu ihrem Vater sind immer noch spannungsgeladen, doch sieht sie ihn wieder ab und zu. Sie hat auch den Kontakt zu ihrem Großvater wieder aufgenommen. Die Zweite ist sich bewusst über das, was bei der Kristalltherapeutin passiert ist und weigert sich immer noch, ihre Mutter zu sehen. Doch stelle ich fest, dass sich, seit sie 14 geworden ist, ihre Wut auf ihre Mutter gelegt hat. Sie ist sehr reif für ihr Alter. Sie hat mir zu meinem Geburtstag einen „Herzensbrief“ geschrieben, den ich beifüge. Die Kleinste ist nun 12 Jahre alt und befindet sich mitten in einer

Pubertätskrise. Da ihre Mutter zum Ende des Jahres 2007 ein viertes Kind erwartete, bat sie darum, wieder bei ihrer Mutter leben zu dürfen, was ihr Vater erlaubte, um keine Konflikte zu wecken. Sie sieht ihren Vater jedes zweite Wochenende. Sie fährt jeden Tag mit dem Bus zur Schule nach Nancy (ihre Mutter wohnt mehr als 30 km entfernt). Sie geht jeden Morgen um 7 Uhr aus dem Haus, steigt von einem Bus in den anderen, um zu ihrer Schule zu kommen. Abends legt sie die gleiche Strecke zurück… Da sie sehr müde ist, regt sie sich schnell über alles und jeden auf, ebenfalls über ihre kleine Schwester. Seit den Anschuldigungen hat die Familie schlimme Zeiten durchlebt. Jeder für sich hat mal den Mut verloren, doch mit etwas Abstand und trotz allem, was meine Enkelinnen erleben mussten, denke ich, dass sie ganz gut zurecht kommen. Ich hoffe, dass es mit der Zeit immer besser wird. Es ist noch nicht alles gewonnen, doch hege ich große Hoffnungen. Meine liebe Omi, Wie soll ich nur alles in einem Brief zusammenfassen, der bestimmt sehr schön wird, aber voller Rechtschreibfehler… Fangen wir am Anfang an. Es gibt so viele Erinnerungen an die Zeit, als ich klein war… Wenn ich daran denke… Du bist wirklich die beste Oma der Welt. Du warst immer da, wenn ich Dich brauchte, immer da, um mir Mut zuzusprechen, mir das zu sagen, was ich hören wollte, und das auch noch zur rechten Zeit. Ich bin immer größer geworden, bin vom Kind zur Jugendlichen geworden und in ein paar Jahre, werde ich erwachsen sein. Doch Du bist immer da, um mir zu helfen, um mir Ratschläge zu geben usw. Du bist viel mehr als eine einfache Oma, denn unsere Momente zu zweit, unsere Unterhaltungen, unsere Kuscheleinheiten, unsere Küsse, unsere Streits, …. all dies, weißt Du, ist UNBEDINGT NOTWENDIG. Ich kann Dir gar nicht genug sagen, wie sehr ich Dich liebe. Oh ja, ich liebe Dich unheimlich. Dir gehört ein ganz großer Teil meines Herzens und das soll mein Leben lang so bleiben. Seit 68 Jahren gehörst Du zu dieser Welt, 68 Jahre Leben, Glück, Lachen, Weinen, gute und schlechte Nachrichten, 68 Jahre, in denen Du jedem etwas Gutes getan hast. Ich könnte alle Tränen meines Körpers ausweinen, nur um bis zur letzten Stunde, Minute, Sekunde an Dich zu

denken. Es ist bald 23 Uhr, ich weine fast und mir tut die Hand vom Schreiben weh, doch wenn Du einen Brief brauchst, um zu wissen, wie sehr ich Dich liebe und an Dir hänge… dann kann ich noch die ganze Nacht weiterschreiben. Ich hatte Dir einen langen und schönen Brief versprochen, ich hoffe, dass Du nicht enttäuscht bist. Meine liebe Omi, was soll ich noch sagen? Ich liebe Dich so sehr, ich liebe alle Seiten von Dir. Deine Charakterstärke, Deine Nudeln (hm, lecker) mit Hackfleischsauce, natürlich, Deine Moralpredigten. Also sage ich es Dir noch einmal, ich liebe Dich. So, liebe Oma meines Herzens Ich sende Dir viele liebe Küsse und meinen herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag Ich liebe Dich, Du weißt gar nicht, wie sehr Schmatz, ich liiiiiiebe Dich zu sehr…

Erinnerungsfälschungen: ein Alptraum Meine Tochter, Studentin der Literaturwissenschaft in Nantes, lernte ihren Freund 2003 kennen. Er ist fünfzehn Jahre älter als die, bereits verheiratet gewesen, geschieden, Vater von drei Kindern, wovon zwei in Heimen der Departementdirektion für Gesundheitsund Sozialangelegenheiten untergebracht sind. Er ist „Straßenkünstler… Medium, Kartenleger…“ kurzum, er geht keiner geregelten Beschäftigung nach. Die Verbindung hält drei Monate, nach denen sie sich trennen. In diesem Sommer erklärt uns unsere Tochter, mir und ihrer Mutter, dass sie sich daran erinnert, im Alter von 7 Jahren bei einem Ferienlageraufenthalt Opfer einer Vergewaltigung gewesen zu sein. Wir sind bestürzt über die Tatsache und darüber, sie erst 15 Jahre später zu erfahren… und nichts bemerkt zu haben. Sie fällt durch die Prüfung zum CAPES (certificat d'aptitude au professorat de l'enseignement du second degré, Befähigungsnachweis für Lehrer im höheren Schulwesen) der Literaturwissenschaft durch und informiert uns Ende 2003 darüber, dass sie ein drittes Jahr Psychologie studieren wird. Es bleibt ihre Entscheidung. Sie verfolgt die Therapie zur Verarbeitung ihrer Vergewaltigungserinnerung. Ende 2003 kommt meine Tochter wieder mit ihrem Freund zusammen, bricht ihr Studium ab und geht mit ihm auf Abenteuerreise in die Bretagne. Sie gesteht, dass ihr Leben bewegt ist. Sie gibt ihrem Vornamen den Zusatz Léa… 2004 trennt sie sich von ihrem Freund, reist nach Brasilien und findet

Freunde wieder, die sie beim Sozialforum in Porto Alegre kennen gelernt hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt halten wir regelmäßigen Kontakt per E-Mail. Sie kündigt uns an, dass sie schwanger ist. Ihre Mutter und ich unterstützen sie. Sie ist allein und wir kommen für sie auf, doch machen wir uns große Sorgen. Ihre Mutter, ihr Bruder und ich entscheiden uns dafür, ihr bei der Geburt zur Seite zu stehen. Anfang 2005 wird ein kleines Mädchen geboren. Sie gibt uns Bescheid, wir helfen ihr alle, damit sie sich nicht allein fühlt. Doch informiert sie ebenfalls ihren Freund, der sofort nach Brasilien reist. Von diesem Zeitpunkt an verschlechtert sich die Situation. Meine Tochter erklärt mir per E-Mail, dass ich meine Enkelin nicht sehen werde, denn ich hätte sie (meine Tochter) als Kind vergewaltigt. Die drei kehren nach Frankreich zurück. Unsere Tochter verlangt von uns Geld, um leben zu können, wir weigern uns. Es beginnt für die drei ein Irrleben. Ende 2005 reicht meine Tochter Klage gegen mich ein. Sie wirft mir vor, sie als Kind vergewaltigt zu haben. Juni 2006, ich werde von der Polizei festgenommen, mit Handschellen abgeführt. Ich bitte darum, meine Tochter gegenübergestellt zu werden, die am nächsten Morgen kommt. Nach der Gegenüberstellung verlasse ich die Wache als freier Mann… Die Klage wird abgewiesen. Heute lebt meine Tochter von ihrem Freund getrennt (endgültig?). Wir halten wieder Kontakt per E-Mail. Sie möchte mich sehen und mir ihre Tochter vorstellen, aber ich bin voller Vorbehalte… nach solchen Anschuldigungen mir gegenüber bin ich zerknirscht, die ganze Familie ist zerknirscht. Ich habe meine Tochter gebeten, den Schaden einzusehen, den sie uns angetan hat und sich zu rechtfertigen… Dann werde ich sie wieder sehen. Nach solchen Beschuldigungen sind unsere Beziehungen natürlich nicht mehr die gleichen, man kann so etwas nicht einfach vergessen.

Parlamentarische Aktivitäten: schriftliche Fragen Im Laufe der fünfzehn vergangenen Monate und bis Ende Januar 2008 wurden etwas mehr als 70 schriftliche Fragen zur Sektenproblematik gestellt, davon wurden 30 beantwortet. Sie wurden fast alle von der Nationalversammlung gestellt. Fast die Hälfte der Fragen ist durch den Wechsel der Legislaturperiode hinfällig geworden und daher unbeantwortet 85 geblieben . Diese Statistiken zeigen das anhaltende Interesse der 85

- 13. Legislaturperiode seit dem 20. Juni 2007

Parlamentarier für dieses Thema. Zahlreiche Fragen betreffen den MIVILUDES und den Inhalt der umgesetzten Präventions- und Bekämpfungspolitik gegen gefährliche sektiererische Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Gesundheit und der Bildung. Letztere werden hier nicht aufgeführt, weil die in den Antworten enthaltenen Informationen bereits im Teil dieses Berichts enthalten sind, der sich mit den Folgen der parlamentarischen Untersuchungskommission “L'enfance volée: les mineurs victimes des sectes“ (Gestohlene Kindheit: Minderjährige Opfer von Sekten) befasst. Viele Fragen beziehen sich auf den Jahresbericht des MIVILUDES und auf den Bericht der zuvor genannten parlamentarischen Untersuchungskommission, die jeweils im Januar und im Dezember 2006 veröffentlicht wurden. Schließlich hat der Start der großen Informationskampagne des Gesundheitsministeriums zur Prävention und Behandlung von Depressionen einige Fragen aufgeworfen, die bis heute unbeantwortet geblieben sind und von denen anzunehmen ist, dass sie weitgehend von einer internationalen Sektenorganisation inspiriert wurden, die für ihre Anprangerung der Psychiatrie wohlbekannt ist. Der Leser findet im Folgenden eine Auswahl der Fragen, deren Antworten, vollständig oder teilweise angedruckt, aufgrund neuer Aspekte von Interesse sind:

MIVILUDES / Politik zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen Dienststellen des Premierministers 86

Frage : Im Anhang des Haushaltsplans findet sich eine Liste der beratenden Ausschüsse und Instanzen, die direkt dem Premierminister oder Ministerien untergestellt sind. Dieses Dokument verzeichnet die Funktionskosten, die Anzahl der Mitglieder und der Versammlungen für jedes Organ. Herr Jean Leonetti bittet den Premierminister, ihm die Gründe zu nennen, warum der durch den Erlass Nr. 2002-1392 vom 28. November 2002 eingerichtete ständige interministerielle Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten in diesem öffentlichen Dokument nicht aufgeführt ist. Antwort: (…) Er (der MIVILUDES) ist nicht im Anhang des Haushaltsplans aufgeführt, weil er keine beratende Instanz ist, sondern eine dem Premierminister unterstellte Dienststelle, die den Auftrag hat, für die Koordinierung und Umsetzung einer öffentlichen Politik zu sorgen.

86

- Frage Nr. 8448 von Herrn Jean Leonetti, Abgeordneter Alpes-Maritimes (Amtsblatt: 29. Januar 2008)

Befugnisse und Budget 87

Frage : Die Arbeiten der Untersuchungskommission der Nationalversammlung bezüglich des Einflusses von sektenartigen Bewegungen auf Minderjährige haben die zentrale Rolle des ständigen interministeriellen Ausschusses zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten (MIVILUDES) ganz besonders unterstrichen. Diese Arbeiten mündeten in nützliche Vorschläge, die von der Regierung auf jeden Fall in Form von Gesetzen, Verordnungen oder Rundschreiben aufgegriffen werden sollten. Um die in diesem Bericht enthaltenen Informationen zu ergänzen, bittet Herr Jean-Pierre Abelin die Ministerin für Inneres, Überseegebiete und Gebietskörperschaften, ihm die Anzahl der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden durch den MIVILUDES bei der Staatsanwaltschaft seit seiner Einrichtung eingereichten Strafanzeigen anzugeben, sowie die Gesamtsumme der Haushaltsmittel zu nennen, die ihm zugewiesen werden. In der Tat geben die Haushaltsdokumente des Ausschusses, wie bereits im Bericht der Untersuchungskommission angemerkt, nur einen Überblick seiner Mittel, denn neun Mitglieder des Personals werden ihm zur Verfügung gestellt, vier weitere Angestellte werden über andere Budgets finanziert. An den Premierminister weitergeleitete Frage. Antwort: Der durch den Erlass Nr. 2002-1392 vom 28. November 2002 eingerichtete ständige interministerielle Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten (MIVILUDES) hat die Aufgabe, Tätigkeiten von sektenartigen Bewegungen zu bekämpfen, welche die Menschenrechte oder die Grundfreiheiten verletzen oder die öffentliche Ordnung bedrohen. In diesem Rahmen meldet der MIVILUDES die ihm zur Kenntnis gekommenen Taten an die zuständigen Behörden. Sind diese Taten als Straftaten einzuordnen, reicht er Klage beim Staatsanwalt ein und unterrichtet den Justizminister. In diesem Sinne sind seit 2005 einundvierzig Meldungen erfolgt. Darüber hinaus werden regelmäßig interministerielle Treffen zu den Themen Kinder und Gesundheit veranstaltet, um die Koordinierung der Maßnahmen der öffentlichen Behörden in diesem Bereich sicher zu stellen. Die dem MIVILUDES durch die Dienststellen des Premierministers im Rahmen des Programms 129 „Koordinierung der Regierungsaktivitäten“ bereitgestellten Haushaltsmittel betragen für das Jahr 2007 250 000 Euro, davon sind 200 000 Euro dem Posten II „Personalausgaben“ zugewiesen, das heißt 129 400 Euro für die Vergütung der vier Vollzeitstellen der Dienststellen des Premierministers und 71 500 Euro für Zusammenarbeit.

87

- Frage Nr. 4127 von Herrn Jean-Pierre Abelin, Abgeordneter Vienne (Amtsblatt: 8. Januar 2008)

Allgemeine Politik 88

Frage: Herr Michel Hunault macht den Staatsminister, Minister für innere Angelegenheiten und Raumordnung, auf die Politik zur Bekämpfung von Sekten aufmerksam. Über Untersuchungskommissionen und über die parlamentarische Versammlung des Europarats hat das Parlament in großem Maße dazu beigetragen, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und Maßnahmen zu empfehlen, um gegen gefährliche sektiererische Entwicklungen vorzugehen, welche Individuen und insbesondere Jugendliche gefährden könnten. Es zeigt sich aber, dass bestimmte sektenartige Bewegungen im Rahmen von Demonstrationen, Kolloquien oder öffentlichen Versammlungen ordnungsgemäß angemeldete SchirmVereine vorschieben. Daher bittet er als Antwort, um die offizielle Veröffentlichung der Liste aller Schirm-Vereine von sektenartigen Organisationen, die für ein rechtliches Bestehen eine Anmeldung und Genehmigung der Präfektur benötigen und um die genau Angabe der Maßnahmen, welche die Regierung plant, um die Bevölkerung, insbesondere die Jugend, hinsichtlich des Sektenphänomens zu sensibilisieren und welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung vorgesehen sind, um Sekten zu verbieten. Antwort: Eine Veröffentlichung einer Liste der sektenartigen Bewegungen wurde durch staatliche Behörden nie vorgenommen. Die einzige bisher durchgeführte Bestandsaufnahme ging von den Volksvertretern anlässlich der 1995 gebildeten parlamentarischen Untersuchungskommission über „Sekten in Frankreich“ aus. Sie ermöglichte die Erstellung einer Liste von 172 Vereinen, wobei keinerlei rechtliche Folgen mit dieser Liste verbunden waren. Mehr als zehn Jahre später zeigen die Erfahrungen, dass eine solche Liste keine wirksamere Tätigkeit des Staates gewährt, obwohl ihr das Verdienst zukommt, die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam gemacht zu haben. Entsprechend ihres Konzeptes der Laizität, das im Artikel 10 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 genannt wird, mischt sich die französische Republik nicht in die Überzeugungen ein, denen Personen frei anhängen, sie hat aber die Pflicht, gleichzeitig die Glaubensfreiheit und die öffentliche Ordnung zu schützen und insbesondere die, Personen vor gefährlichen sektiererischen Entwicklungen zu bewahren. Die Einhaltung dieser gleichwertigen Forderungen macht die Bekämpfung dieser Entgleisungen für die öffentlichen Behörden besonders heikel. Um dieser Komplexität zu begegnen, hat die Regierung eine interministerielle Einrichtung gegründet, deren Koordinierung seit 2002 dem ständigen interministeriellen Ausschuss zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen Entwicklungen bei Sekten (MIVILUDES) obliegt. Innerhalb dieses Organs tragen die Verwaltungen zur Verbesserung der Kenntnisse über Bewegungen bei, die 88

- Frage Nr. 106070 von Herrn Michel Hunault, Abgeordneter Loire-Atlantique (Amtsblatt: 6. Februar 2007)

eventuell sektiererische Entgleisungen aufweisen könnten, oder mit solchen in Verbindung stehen, seien es Vereine, Gesellschaften mit einem wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse oder andere Strukturen, die eine Überwachung, Kontrolle oder Untersuchung seitens der verschiedenen Verwaltungen notwendig werden lassen könnten. Im Rahmen der Umsetzung der öffentlichen Politik zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen müssen alle Strukturen berücksichtigt werden und dies unter Einhaltung der öffentlichen Freiheiten. Das Ministerium für innere Angelegenheiten und Raumordnung, dessen Dienststellen das Sektenphänomen ständig überwachen, hat seinen Anteil an dieser koordinierten Aktion der öffentlichen Behörden, sowohl innerhalb des MIVILUDES, als auch innerhalb der Departementkommissionen, die den Präfekten unterstellt sind und durch den Erlass vom 7. Juni 2006 bezüglich der Verringerung der Anzahl und vereinfachten Zusammensetzung von verschiedenen Verwaltungsausschüssen eingeführt wurden. Über die Einleitung von Strafverfahren bei Feststellung von Vergehen hinaus, kommt der Fortbildung des Personals der verschiedenen Behörden und der Information der Öffentlichkeit eine besondere Bedeutung im Rahmen der Prävention und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen zu. Diese Maßnahmen wurden durch den interministeriellen Ausschuss 2006 bereits erheblich entwickelt. Sekten und gefährliche sektiererische Entwicklungen 89

Frage : Herr Francis Saint-Léger macht den Staatsminister, Minister für innere Angelegenheiten und Raumordnung, auf das Thema Sektenaktivitäten in unserem Land aufmerksam. Er bittet um eine Darstellung der zur Kontrolle dieser Bewegungen ergriffenen Maßnahmen. Antwort: Unser Rechtssystem beinhaltet nicht den Begriff der Sekte. Die vom Parlamentarier erwähnten Bewegungen bestehen im Rahmen der Vereinsfreiheit und der Glaubensfreiheit, also von Grundfreiheiten, die verfassungsrechtlich festgeschrieben sind. Solange ein Verein nicht verwaltungsrechtlich oder durch gerichtliche Entscheidung aufgelöst wird, hat er das Recht, unter Einhaltung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen, der seinem Zweck entsprechenden Tätigkeit nachzugehen. Die Republik sichert die Glaubensfreiheit und garantiert die freie Ausübung der Kulte, in bestimmten Bewegungen festgestellte gefährliche Entwicklungen kann sie jedoch nicht hinnehmen. So richten sich die Maßnahmen der öffentlichen Behörden nicht gegen das eigentliche Bestehen der Sekten, sondern gegen strafbare Handlungen bestimmter dieser Bewegungen. Die Bezeichnung des „Ausschusses zur Überwachung und Bekämpfung von gefährlichen sektiererischen Entwicklungen“ (MIVILUDES), der durch den Erlass Nr. 2002-1392 vom 28. November 2002 89

- Frage Nr. 102246 von Herrn Francis Saint-Léger, Abgeordneter Lozère (Amtsblatt: 6. Februar 2008)

dem Premierminister unterstellt wurde, fasst im Übrigen die Herangehensweise der Behörden in diesem Bereich zusammen. Diese Auffassung lag ebenfalls der Erarbeitung des Gesetzes Nr. 2001-504 vom 12. Juni 2001 zugrunden, welches die Prävention und Verfolgung von sektenartigen Bewegungen, die Menschenrechte und Grundfreiheiten verletzen, zum Ziel hat. Entsprechend der Stellungnahme des ständigen Ausschusses der parlamentarischen Versammlung des Europarates zielt dieser Gesetzestextes nicht auf die Bekämpfung jeglicher sektenartigen Bewegung ab, sondern auf einen verstärkten Schutz der Personen, insbesondere der Schwächsten und auf die Verfolgung bestimmter Missbräuche. Anwendung der Kriterien einer Entgleisung 90

Frage: Herr Alain Suguenot macht den Justizminister auf die Bekämpfung von Sekten aufmerksam. Das Vorgehen gegen jegliche Organisation, die sich als gefährlich und indoktrinierend für Personen herausstellt (meistens aufgrund von finanziellen Beweggründen), ist wesentlich. Es ist jedoch angebracht, vorsichtig zu sein und nicht in eine systematische Stigmatisierung von philosophischen oder religiösen Überzeugungen zu verfallen, die nichts mit Sekten gemeinsam haben, doch von denjenigen, die sie nicht von sektenartigen Bewegungen zu unterscheiden wissen, als solche bezeichnet werden. Es besteht das Risiko einer Verletzung der Religionsfreiheit und des Rechts zur freien Äußerung von philosophischen Überzeugungen. Dies kann in bestimmten Fällen sogar Auswirkungen im beruflichen Umfeld haben. Er möchte daher wissen, ob die Zugehörigkeit zu einer Organisation, die im jährlichen parlamentarischen Bericht als Sekte verzeichnet ist, Maßnahmen seitens eines privaten Arbeitgebers oder der Exekutive von Gebietskörperschaften begründen kann. Antwort: Der Justizminister möchte den Parlamentarier darüber in Kenntnis setzen, dass das Zurückgreifen auf die von der parlamentarischen Untersuchungskommission über Sekten in Frankreich im Jahr 1995 erstellte Liste der sektenartigen Bewegungen zu vermeiden und die Nutzung von bestimmten Kriterien vorzuziehen ist, so wie es der Premierminister im Rundschreiben vom 27. Mai 2005 erläutert hat. Im Übrigen verbieten verfassungsrechtliche Prinzipien jeglicher Behörde, über die Gründe von Personen, die Organisationen anhängen, zu urteilen. Lassen sich diese Organisationen jedoch Personenverletzungen oder Sachbeschädigungen zu Schulden kommen, ist es selbstverständlich, dass die Gerichte auf die festgestellten Entgleisungen eine entschlossene Antwort geben müssen.

90

- Frage Nr. 101587 von Herrn Alain Suguenot, Abgeordneter Côte d’Or (Amtsblatt: 3. Oktober 2006)

Religiöser Status / Steuerrecht 91

Frage : Herr Pierre Morel-A-L’Huissier macht die Ministerin für Innere Angelegenheiten, Überseegebiete und Gebietskörperschaften auf die Funktionsweise von religiösen Vereinen aufmerksam, die dem Gesetz von 1905 unterliegen. Das hier anzuwendende Steuerrecht erschwert Spenden und Vermächtnisse erheblich. Mehrere Konfessionen haben daher Vereine gegründet, die durch das Gesetz vom 1. Juli 1901 geregelt werden, so dass ihre Kommunikation, Fortbildung, rechtliche Betreuung usw. sichergestellt ist. Es soll vorgesehen sein, das Steuerrecht beider Arten von Vereinen zu vereinheitlichen, insbesondere, damit Spenden und Vermächtnisse schneller eingehen können. Es soll ebenfalls über die Einführung einer „verbindlichen Steuerauskunft für Glaubensgemeinschaften“ nachgedacht werden, die es religiösen Vereinen ermöglichen soll, die Verwaltung über die Möglichkeit, Spenden und Vermächtnisse zu erhalten, zu befragen. Daher bittet er um die Information, ob tatsächlich eine Lockerung der Funktionsweise der durch das Gesetz von 1905 geregelten religiösen Vereine vorgesehen ist und darum, den Inhalt der „verbindlichen Steuerauskunft für Glaubensgemeinschaften“ genauer zu beschreiben. Antwort: Artikel 1 der Verordnung Nr. 2005-856 vom 28. Juli 2005, erlassen auf Grundlage des Artikels 10 des Gesetzes vom 10. Dezember 2004 zur Vereinfachung des Rechts, das der Regierung erlaubt, durch Verordnungen den rechtlichen Status von Vereinen, Stiftungen und Gemeinschaften zu bestimmen, beendete das System der genehmigungspflichtigen Zuwendungen für die genannten juristischen Personen. Es wurde durch ein deklaratorisches System ersetzt, einhergehend mit einem Widerspruchsrecht der Verwaltungsbehörde, im Falle, dass die Empfängerorganisation der Spenden oder Vermächtnisse nicht in der Lage sei, die Zuwendungen gemäß ihrem Satzungszweck zu verwenden. Der Erlass Nr. 2007-807 vom 11. Mai 2007 bezüglich Vereine, Stiftungen, Gemeinschaften und öffentliche Glaubenseinrichtungen zur Anwendung des Artikels 910 des Code civil (bürgerliches Gesetzbuch), sowie das Rundschreiben vom 1. August 2007 definieren die genaueren Durchführungsbestimmungen für dieses neue System der Zuwendungen. Die Bestimmungen des Artikel 910 des Code civil, abgeändert durch den Artikel 1 des vorgenannten Erlasses, besagen, dass das neue Erklärungssystem für Zuwendungen Anwendung findet für "Stiftungen, Gemeinschaften und Vereine, welche die Befugnis haben, diese Zuwendungen zu empfangen, ausgenommen Vereine oder Stiftungen, deren Tätigkeiten oder die ihrer Leiter im Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juni 2001 zur Verstärkung der Prävention und zur Bekämpfung der sektenartigen Bewegungen, die Menschenrechte und Grundrechte verletzen, genannt werden. Diese Befugnis, Zuwendungen zu empfangen, 91

- Frage Nr. 6299 von Herrn Pierre Morel-A-L'Huissier, Abgeordneter Lozère (Amtsblatt: 22. Januar 2008)

wurde durch den Gesetzgeber bestimmten Kategorien von Vereinen zugestanden, die einen bestimmten Zweck in genau definierten Bereichen verfolgen. Es handelt sich um Vereine, die den ausschließlichen Zweck der Fürsorge, der Wohltätigkeit, der medizinischen oder wissenschaftlichen Forschung (Art. 6, letzter Absatz des Gesetzes vom 1. Juli 1901 bezüglich Vereinsverträge) verfolgen und um Vereine, mit dem ausschließlichen Zweck der Ausübung eines Glaubens (Art. 19, Absatz 1 und 8 des Gesetzes vom 9. Dezember 1905 bezüglich der Trennung von Kirche und Staat). Es obliegt also der Verwaltung zu überprüfen, ob ein Verein tatsächlich die Befugnis hat, Zuwendungen zu empfangen und ob seine Tätigkeit und die seiner Leiter nicht im Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juni 2001 genannt werden. Das Verfahren der so genannten „verbindlichen Steuerauskunft“, eingeführt durch den Artikel 1 des Gesetzes vom 1. August 2003 bezüglich Mäzenatentum, Vereine und Stiftungen ermöglicht es jeder gemeinnützigen Einrichtung, die an ihrer Befugnis, vom Steuervorteil für Geschenke von Hand zu Hand (vorgesehen in den Artikeln 200 und 238a des Steuergesetzbuchs) zu profitieren, zweifelt, das Finanzamt zu befragen, ob es Quittungen für steuerliche Vergünstigungen ausstellen darf. Die Kommission für rechtliche Überlegungen über die Beziehung von Glaubensgemeinschaften und Behörden, unter dem Vorsitz des Professors Jean-Pierre Machelon, hat in ihrem im September 2006 an den Innenminister ausgehändigten Bericht vorgeschlagen, dass alle Vereine, in Anlehnung an das Verfahren der verbindlichen Steuerauskunft, auf die gleiche Art die Möglichkeit erhalten sollen, die Verwaltungsstellen der Präfekturen zu befragen, in wie weit sie über die mit dem Status eines religiösen Vereins verbundenen Vorteile verfügen können, insbesondere bezüglich Spenden und Vermächtnisse. Die Ministerin für Inneres, Überseegebiete und Gebietskörperschaften hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um über die Weiterführung der Vorschläge der zuvor genannten Kommission nachzudenken. Mit besonderer Gründlichkeit und unter Einhaltung des durch das Gesetz vom 9. Dezember 1905 gesetzten rechtlichen Rahmens, untersucht diese Gruppe aktuell die Frage der Prüfung der Befugnis von Vereinen durch die Verwaltung, Spenden und Vermächtnisse zu empfangen, sowie alle anderen Vorschläge der Kommission. Nach Beendigung der Arbeiten der Arbeitsgruppe im Laufe des ersten Semesters 2008 wird die Ministerin die zur Verbesserung der Funktionsweise von religiösen Vereinen getroffenen Maßnahmen bekannt geben.

Gesundheit Psychotherapeuten 92

Frage: Frau Nadine Morano 92

macht den Minister für Gesundheit

- Frage Nr. 109977 von Frau Nadine Morano, Abgeordnete Meurthe-et-Moselle, sowie zahlreiche andere Fragen, welche die gleiche Antwort erhalten haben. (Amtsblatt: 6. März 2007)

und Solidarität auf die von der Gewerkschaft der freischaffenden Psychologen geäußerten Erwartungen aufmerksam. Ihre Vertreter streben unter anderem danach, der Öffentlichkeit ein hohes Niveau an Kompetenz und Qualifizierung der Praktiker zu garantieren und gegen gefährliche sektiererische Entwicklungen anzugehen. Sie fordern daher, für den Titel des Psychotherapeuten eine Hochschulausbildung mit anspruchsvollem Master-Abschluss. Der Verordnungsentwurf vom 25. September 2006 scheint aber diesen Erwartungen nicht zu entsprechen. Sie möchten die Meinung des Ministers zu diesem Thema kennen. Antwort: Der Artikel 52 des Gesetzes Nr. 2004-806 des 9. August 2004 über Gesundheitspolitik verfolgt das Ziel, sowohl der Öffentlichkeit, als auch den Fachleuten, welche diejenigen sind, die am häufigsten danach fragen, Informationen über die Qualität und das Ausbildungsniveau der Fachkräfte zu liefern, die den Titel des Psychotherapeuten nutzen. Dieser Artikel sieht einerseits die Eintragung aller Nutzer dieses Titels in ein nationales Register vor, das den Staatsvertretern auf Departement-Ebene untersteht. Diese Eintragung geschieht ohne weiteres für Ärzte, Psychologen und Psychoanalytiker, die regelmäßig in den Listen ihrer Vereine registriert sind. Um für besonders gefährdete Patienten und solche, die eine Geisteskrankheit aufweisen, eine besonders qualitativ anspruchsvolle Betreuung sicherzustellen, sieht dieser Artikel das Prinzip einer theoretischen und praktischen Ausbildung in klinischer Psychopathologie für die Personen vor, die diesen Titel benutzen. Dieses Verfahren muss durch Verordnung nach Anhörung des Staatsrates definiert werden. Der Entwurf für die Durchführungsverordnung dieses Artikels ist in Arbeit. In diesem Rahmen wurden zahlreiche bilaterale Konsultationssitzungen und drei Konsultationssitzung mit allen betroffenen Berufsvereinigungen veranstaltet: Psychotherapeuten, Psychoanalytiker, Psychiater, Psychologen, Akademiker. Bei diesen Versammlungen wurde ein Arbeitspapier erstellt, das als Grundlage für die zukünftige Verordnung dienen könnte, vorgelegt und mit Fachkräften diskutiert. Diese haben eine Reihe von Abänderungen vorgeschlagen. Nun geht die Beratungsphase zu Ende. Die groben Richtlinien dieses Verordnungsentwurfs sind folgende: Die Qualität der Fachkräfte hängt vom geforderten Ausbildungsniveau ab. Die Nutzung des Titels des Psychotherapeuten wäre also den Fachkräfte vorbehalten, die eine Ausbildung mit Master-Abschluss abgeschlossen haben (mit Angabe der Anzahl an theoretischen und praktischen Unterrichtsstunden), ausgenommen werden die von Rechts wegen registrierten, wovon ein Großteil bereits Master-Ausbildungen vorweisen kann. Die Ausbildung sollte an Universitäten erfolgen. Das Ausbildungsniveau der Ärzte ist durch die Verpflichtung geregelt, die in der Verordnung Nr. 2005-345 vom 14. April 2005 festgeschriebenen ist, Durchführungsverordnung der Gesetze Nr. 2004-810 vom 13. August 2004

zur Krankenversicherung und Nr. 2004-208 vom 9. August 2004 zur Gesundheitspolitik. Der Nationalrat für Hochschulbildung und Forschung (CNESER) hat bei seiner Sitzung vom vergangenen 15. Oktober eine ablehnende Stellungnahme abgegeben. Der Verordnungsentwurf bezüglich der Ausbildung von Psychotherapeuten müsste demnächst 93 vom Staatsrat behandelt werden . Krankenhäuser - Laizität 94

Frage: Herr Jacques Remiller macht den Minister für Gesundheit und Solidarität auf die erheblichen Schwierigkeiten aufmerksam, die bei der Aufnahme von schwangeren Frauen muslimischen Glaubens auftreten. Im Laufe des Septembers 2006 hat die nationale Presse dieses besorgniserregende Problem aufgegriffen, das zwar seit langem besteht, aber nun in den letzten zwei Jahren im Krankenhausbereich allgegenwärtig geworden sein soll. Verbale und körperliche Aggressionen seitens der Ehemänner, die es nicht zulassen, dass ihre Frauen untersucht werden, sind an der Tagesordnung, Bekundungen des islamischen Fundamentalismus also, welche die Arbeit des Pflegepersonals beträchtlich erschweren (...), diese fundamentalistischen Äußerungen werden alltäglich. Abgesehen von der Tatsache, dass das Krankenhauspersonal fortlaufend mit ernsthaften Problemen konfrontiert wird (mit allen Fragen der Sicherheit der Gesundheit, der Patienten und des Personals, die es mit sich bringt), sind hier die Würde der Frau in Frankreich, sowie das Grundprinzip der Laizität, das unserer Republik zugrunde liegt, auf bösartige Weise in Frage gestellt. Dieser Umstand ist untragbar und erfordert durchgreifende Maßnahmen. Der Parlamentarier bittet daher den Minister, ihm die Sofortmaßnahmen zu beschreiben, die er zu ergreifen bedenkt. Antwort: Die Aufmerksamkeit des Ministers für Gesundheit und Solidarität ist gefordert hinsichtlich der Einhaltung des Prinzips der Laizität im Krankenhaus, sowie bezüglich der zunehmenden Schwierigkeiten für Gesundheitseinrichtungen bei der Betreuung von schwangeren Frauen aufgrund ihrer religiösen Einstellungen. Ein Rundschreiben vom 2. Februar 2005 unterstreicht sehr deutlich das grundsätzliche Prinzip der Neutralität des Personals von öffentlichen Krankenhäusern. Dieser Text besagt ebenfalls, dass in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen und in privaten Gesundheitseinrichtungen, die am öffentlichen Krankenhausdienst teilnehmen, das Recht der Patienten auf eine freie Wahl des Arztes mit verschiedenen Regeln konform gehen muss, wie zum Beispiel die Organisation der Dienste und die Erteilung der Behandlungen. Hinsichtlich der Organisation der Dienste darf die freie Wahl des Praktikers durch den 93

- Der Staatsrat hat den Entwurf überprüft, doch war der Erlass am 11. Februar 2008 noch nicht veröffentlicht.

94

- Frage Nr. 108715 von Herrn Jacques Remiller, Abgeordneter Isère (Amtsblatt: 23. Januar 2007)

Patienten nicht der Organisation der Visiten und Kontrollgänge der Ärzte entgegenstehen. Diese werden entsprechend den Kontinuitätsanforderungen des Artikels L. 6112-2 des Gesundheitsgesetzbuchs festgelegt. In Bezug auf die Organisation der Pflege darf die freie Wahl des Patienten nicht die Erteilung der Pflege stören, die gesundheitlichen Erfordernisse gefährden oder anhaltende Störungen verursachen. In diesem letzten Fall ergreift der Leiter der Einrichtung in Einvernehmen mit dem diensthabenden Chefarzt alle erforderlichen Maßnahmen, die bis zur Entlassung des Betroffenen aus disziplinarischen Gründen in Anwendung des Artikels R. 1112-49 des Gesundheitsgesetzbuchs gehen können. Schließlich kann die freie Wahl des Patienten in keinem Fall die Ablehnung von Eingriffen zur Diagnose oder zur Pflege durch ein Mitglied des Pflegeteams aufgrund seiner bekannten oder vermuteten Religion begründen. Iboga 95

Frage : Frau Bérengère Poletti macht den Minister für Gesundheit und Solidarität auf den Bericht Nr. 3507 aufmerksam, welcher der Regierung im Namen der Untersuchungskommission zum Einfluss von sektenartigen Bewegungen und den Konsequenzen ihrer Praktiken für die physische und geistige Gesundheit von Minderjährigen übergeben wurde. Besagter Bericht schlägt vor, im Bereich der öffentlichen Gesundheit, Iboga auf die Liste des Erlasses vom 20. April 2005 zur Veränderung des Erlasses vom 22. Februar 1990 zur Bestimmung der Liste der Betäubungsmittel zu setzen. In der Tat wird Iboga, aus einem afrikanischen Strauch entnommene halluzinogene Substanz, frei durch bestimmte Bewegungen als Behandlungsmittel gegen Drogenabhängigkeit benutzt, da es sie heute in Frankreich frei zu kaufen gibt. Da es psychische Störungen und im schlimmsten Fall den Tod bringen kann, sollte dieses Produkt unbedingt in die Liste der Betäubungsmittel des abgeänderten Erlasses vom 22. Februar 1990 aufgenommen werden. Daher möchte die Parlamentarierin einerseits die Haltung der Regierung hinsichtlich dieses Vorschlags kennen und andererseits wissen, innerhalb von welchem Zeitraum die Maßnahme umgesetzt würde. Antwort: Iboga ist ein Strauch aus der Familie der Apocynaceen (Tabernanthe Iboga), der in den Wälder rund um den Äquator in Westafrika wächst, insbesondere in Gabun, Kamerun und Kongo, wo diese Pflanze in hohen Dosen bei Initiationsriten und religiösen Anlässen angewandt wird. Die Wurzel dieses Strauchs enthält rund einen Dutzend Alkaloide, unter anderen das Ibogain. Der therapeutische Nutzen von Iboga und Ibogain wurde insbesondere bei der Behandlung von Opiat-, Kokain- und Alkoholabhängigkeit erwähnt und untersucht (Vereinigte Staaten und Israel). Bisher wurde jedoch kein therapeutischer Nutzen nachgewiesen. In 95

- Frage Nr. 116691 von Frau Bérangère Poletti, Abgeordnete Ardennes (Amtsblatt: 20. März 2007)

Frankreich wird diese Pflanze bei Aktivitäten der Art „Seminar zur Selbstaufwertung“ und „Innere Reise“ benutzt. Iboga ist auch über das Internet erhältlich, wo viel dafür geworben wird. Es besteht die Möglichkeit, große Mengen zu erhalten. Ibogain ist ein schwach dosiertes Psychotonikum. Bei höherer Dosierung verursacht es visuelle und auditive Halluzinationen, manchmal einhergehend mit Beklemmungsgefühlen und Selbstmordgedanken. Die Neurotoxizität des Ibogain wurde bei Tierversuchen bewiesen. Schäden am Kleinhirn wurden festgestellt. In Europa und den USA wurden ungefähr zehn mit der Einnahme von Ibogain in Verbindung stehende Todesfälle verzeichnet. Die genauen Umstände wurden nicht geklärt. Man vermutet eine erhöhte Toxizität von Opiaten bei gleichzeitiger Einnahme dieser Substanz und eine Störung des Nervensystems, die zu Herzrhythmusstörungen führt. Diese Todesfälle ereigneten sich im Allgemeinen mehr als 20 Stunden nach der Einnahme von Iboga, manchmal sogar nach geringen Dosierungen. Seit 2002 wurden in Frankreich ca. zehn Fälle beim Netz der Bewertungs- und Informationszentren über Drogenabhängigkeit (centres d’évaluation et d’informations sur la pharmacodépendance, CEIP) verzeichnet, bei denen der Konsum von Iboga mit Halluzinationen, frenzied anxiety (bouffée délirante) und Angstzuständen einherging. Infolge eines ersten in Frankreich gemeldeten Todesfalles eines Mannes, der einen Iboga-Tee getrunken hatte, hat die französische Agentur zur Sicherheit von Gesundheitsprodukten (Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé, AFSSAPS) eine Untersuchung eröffnet, um das Missbrauchs- und Suchtpotential dieser Pflanze zu ermitteln. Die Ergebnisse dieser durch das Bewertungs- und Informationszentrum über Drogenabhängigkeit von Lyon durchgeführten Studie wurden der nationalen Kommission für Betäubungsmittel und Psychopharmaka (Commission nationale des stupéfiants et des psychotropes, CNSP) bei ihrer Versammlung vom 19. Dezember 2006 übergeben. Angesichts der neurotoxischen Wirkung und der halluzinogenen Eigenschaft des Ibogas, sowie aufgrund der vorgefallenen schweren Vergiftungsfälle und Todesfälle, hat die CNSP einstimmig beschlossen, folgende Substanzen auf die Liste der Betäubungsmittel zu setzen: Die Pflanzen Tabernanthe iboga und Tabernanthe manu, Ibogain und seine Isomere, Estere, Ethere und natürliche oder synthetischen Salze, sowie die Zubereitungen, welche solche enthalten. Daher wird bereits ein Entwurf eines Ministerialerlasses durch die französische Agentur zur Sicherheit von Gesundheitsprodukten (Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé, AFSSAPS) erstellt, der den Erlass vom 22. Februar 1990 zur Bestimmung der Liste der 96 Betäubungsmittel ersetzen soll .

96 - Durch den Erlass des Gesundheitsministers vom 12. März 2007 (Amtsblatt 25. März 2007) wurde Iboga in die Tabelle B der Liste der Betäubungsmittel aufgenommen. Der Bericht 2006 des Miviludes hatte das mit dem Gebrauch von Iboga verbundene sektiererische Risiko erwähnt.

So genannte nicht konventionelle Medizin 97

Frage: Herr Jean-Marc Nesme macht die Ministerin für Gesundheit, Jugend und Sport auf den kürzlich durch die Hohe Gesundheitsbehörde veröffentlichten Bericht zur verbesserten Verschreibung von Psychopharmaka an ältere Menschen aufmerksam. Dieser Bericht sieht für 2008 und 2009 Programme für die Fachkräfte im Gesundheitsbereich vor, sowie Kampagnen des nationalen Instituts zur Prävention und zur Gesundheitserziehung in den Bereichen Schlaf sowie Themen der Angst und Beruhigungsmittel. Er fragt die Ministerin, ob im Rahmen dieser Kampagnen eine Sensibilisierung zu den so genannten nicht konventionellen Medizinen vorgesehen werden könnten, darunter Fußreflexzonenmassage, Phytotherapie, Akupunktur oder Homöopathie. In der Tat könnten diese Techniken der weichen Medizin, die von der breiten Öffentlichkeit aufgrund ihrer positiven Wirkung auf Schlaf und Angstzustände geschätzt werden, im Rahmen dieser Maßnahmen für ältere Menschen eine gute Ergänzung darstellen. Er möchte ihre Einstellung zu diesem Vorschlag erfahren. Antwort: Abgesehen von der Akupunktur und der Homöopathie, können die genannten nicht konventionellen therapeutischen Praktiken nicht legal in Frankreich ausgeübt werden, da sie entsprechend den Bestimmungen des Artikels L. 4161-1 des Gesundheitsgesetzbuchs wegen illegaler Ausübung der ärztlichen Tätigkeit geahndet werden. In der Tat beruhen diese Praktiken bis heute auf Theorien, die nicht genug untermauert wurden, um darüber Studien mit den Methoden und Mitteln der heutigen Wissenschaft und mit den finanziellen Mitteln, die solche Untersuchungen erfordern würden, durchzuführen. Aus diesem Grund und da diese Praktiken nicht wissenschaftlich anerkannt wurden, scheint es nicht angebracht, ihre Anwendung zu fördern.

Adressen und nützliche Links Die im Folgenden angegebenen Adressen führen zu Seiten, die viele nützliche Informationen enthalten. Der MIVILUDES übernimmt keinerlei 98 Haftung für den Inhalt dieser Seiten . • Union nationale des associations pour la défense de la famille et de l’individu victime des sectes (UNADFI) (nationale Vereinigung der Organisationen zum Schutz der Familien und der Person) http://www.unadfi.com • Centre de documentation, d’éducation et d’action contre les manipulations 97

- Frage Nr. 11215 von Herrn Jean-Marc Nesme, Abgeordneter Saône-et-Loire (Amtsblatt: 29. Januar 2008)

98

- Nicht erschöpfende Aufzählung.

mentales (CCMM) (Zentrum gegen geistige Manipulation) www.ccmm.asso.fr Andere nützliche Adressen •

Association des faux Erinnerungsfälschung)

souvenirs

induits

(AFSI)

(Verein

gegen

e

Maison des associations du 13 arrondissement, 11 rue Caillaux, 75013 PARIS • Association vie religieuse et familles (Verein religiöses Leben und Familien) www.avref.asso.fr • La Défenseure des enfants (Fürsprecherin der Kinder) http://www.defenseurdesenfants.fr • Fédération européenne des centres de recherche et d'information sur le sectarisme (Europäische Föderation der Zentren für Forschung und Information bezüglich des Sektenwesens) http://www.fecris.org • Groupe d’étude des mouvements de pensée en vue de la prévention de l’individu (GEMPPI) (Studiengruppe der Denkbewegungen zur Prävention des Individuums) http://www.ifrance.com/sectes-info-gemppi/ • Institut National d’Aide aux Victimes Et de Médiation (nationales Institut für Opferschutz und Vermittlung) http://www.inavem.org • Psychothérapie vigilance (Verein zur Beurteilung von Psychotherapien) http://PsyVig.com www.prevensectes.com www.zelohim.org http://www.sos-therapires.org/ www.antisectes.net