Bedarfsanalyse zur Versorgung demenzerkrankter Menschen. Demenz-Servicezentrum NRW Region Bergisches Land. Frieda geht auf Reisen

Bedarfsanalyse zur Versorgung demenzerkrankter Menschen Demenz-Servicezentrum NRW Region Bergisches Land Frieda geht auf Reisen Frieda geht auf Rei...
Author: Helmuth Kopp
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Bedarfsanalyse zur Versorgung demenzerkrankter Menschen Demenz-Servicezentrum NRW Region Bergisches Land

Frieda geht auf Reisen

Frieda geht auf Reisen

Einleitung Der Esel „Frieda“ hat das Demenz-Servicezentrum Bergisches Land zu Aktionstagen und Veranstaltungen begleitet. Ihre Reise begann am 13.12.2010 beim Alzheimer-Café in Remscheid und endete am 15.11.2011 in der Stadthalle in Wuppertal. Frieda wurde in der Region des Demenz-Servicezentrums Bergisches Land zur Bedarfsanalyse eingesetzt, um die Versorgung Demenzerkrankter und ihrer Angehörigen am Bedarf Betroffener orientiert, verbessern zu können. Menschen, die an Demenz erkrankt sind, ihre Angehörigen, ehrenamtliche und professionelle Helfer, Nachbarn und Interessierte hatten die Möglichkeit, Frieda ihre Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche oder Anregungen auf einem dazu vorbereiteten Handzettel mitzuteilen. Dazu wurde die folgende Information mit Formulierungshilfe vorbereitet: Bedarfsanalyse zur Versorgung und Betreuung Demenzerkrankter in der Region Bergisches Land

Frieda geht auf Reisen Bedürfnisse Wünsche Sorgen Anregungen von Betroffenen Angehörigen ehrenamtlichen und professionellen Helfern Nachbarn und Interessierten Schreiben Sie beispielsweise auf „was ich mir wünsche…“ „worüber ich mich freuen würde…“ „darüber sorge ich mich sehr…“ „das fehlt mir…“ „mit…würde es mir besser gehen“ „das…brauche ich“ „ich schlage vor…“ „…“ Schreiben Sie bitte auf die Rückseite, ob Sie: Betroffener, Angehöriger, ehrenamtlicher oder professioneller Helfer, Nachbarn oder Interessierter sind.

DANKE!

Der Zettel wurde anonym und unter Angaben, ob dies beispielsweise von einem Angehörigen, einem professionellen Helfer o. a. ausgefüllt wurde, in einem Koffer Frieda mit auf ihre weitere Reise gegeben. Es folgt zunächst die Dokumentation der Reise, dann die Auswertung und Zusammenfassung der Ergebnisse. -3-

Frieda geht auf Reisen

Die Reise 13.12.2010 „Alzheimer-Café“, Remscheid

14.12.2010 „Pause vom Alltag“, Veranstaltung Klosterkirche, Remscheid

10.01.2011 Alzheimer Café, Remscheid 14.02.2011 Alzheimer Café, Remscheid

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Frieda geht auf Reisen

15.02.2011 Vortrag CBT „Demenz – was tun“, Bergisch Gladbach

24.05.2011 Jahrestagung der Landesinitiative Demenz-Service NRW 2011, Düsseldorf

30.06.2011 Aktionstag „In Bewegung sein“ Stadt Bergisch Gladbach und Kreis Bergisch Gladbach

11.07.2011 Alzheimer Café, Remscheid

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14.07.2011 Polizeisporttag, Wuppertal

19.07.2011 „Demenz bewegt“ Laufaktion im Städtedreieck Wuppertal, Solingen, Remscheid

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20.07.2011 „Demenz bewegt“ Laufaktion im Rheinisch-Bergischen Kreis, Wermelskirchen, Witzhelden, Burscheid, Odenthal, Bergisch-Gladbach, Bensberg

21.07.2011 „Demenz bewegt“ Laufaktion im Oberbergischen Kreis, Radevormwald, Hückeswagen, Wipperfürth, Marienheide, Gummersbach

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21.09.2011 Weltalzheimertag, Aktionstag „Demenz verbindet“ im Allee-Center, Remscheid

24.09.2011 Wochenmarkt, Gemeinsamer Stand mit Pflegeberatung der Stadt Remscheid und AOK Rheinland im Rahmen der Bergischen Demenztage „Demenz verbindet“

29.09.2011 Umgang mit Demenzerkrankten, CBT Senioreneinrichtung, Bergisch-Gladbach

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Frieda geht auf Reisen

14. – 16.10.2011 „25 Jahre Alzheimer-Gesellschaft München“, München

15.11.2011 „Pause vom Alltag“, Veranstaltung Stadthalle, Wuppertal

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Frieda geht auf Reisen

Bedarfsanalyse Wir erhielten insgesamt 137 Rückmeldungen von Betroffenen, Angehörigen, ehrenamtlichen und professionellen Helfern. Der größte Anteil davon fällt auf Angehörige von Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Von Nachbarn oder Interessierten, die nur wenig mit dem Thema Demenz vertraut waren, erhielten wir keine Rückmeldung. Es folgen zusammengefasst die Aussagen von Betroffenen, Angehörigen, ehrenamtlichen und professionellen Helfern, die mehrfach genannt wurden:

Betroffene Ich wünsche mir…  für andere noch da sein und etwas tun zu können  dass mir immer jemand zur Seite steht  mehr Rat von Fachleuten (es gibt zu wenig Beratungsstellen)  dazu zu gehören und am Leben noch teilhaben zu können  einkaufen und ins Kino gehen  akzeptiert zu werden und nicht als dumm hingestellt zu werden  mehr Hilfe für meine Angehörigen  mehr Therapien speziell für die Krankheit  einen Arzt, der mir zuhört und mich versteht  bessere Medikamente  Hoffnung, dass ich wieder gesund werde  dass nicht alle Last auf den Schultern meines Partners liegt Ich brauche…  Respekt  Verständnis von Menschen, denen ich begegne  Liebe und ganz viel Zuneigung  Ruhe  Reisen und Abwechslung im Alltag  mehr Sicherheit  einen Menschen, der zu mir steht  mehr Hilfe  mehr Sorglosigkeit  Ärzte, die helfen können

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Angehörige Ich wünsche mir…  noch viele gemeinsame Tage mit meinem Partner  dass die Situation noch lange stabil bleibt  mehr Beratung und Hilfe im Alltag  mich nicht länger mit der Krankheit und meinem demenzkranken Partner alleine zu fühlen  dass Ärzte mehr Zeit haben und sich für das Thema Demenz engagieren  nicht alleine zu sein mit allen Problemen  immer zu wissen, an wen ich mich mit welchen Problemen wenden kann  die notwendige Ruhe und Gelassenheit, um noch ein paar gemeinsame Jahre zufrieden zu bestehen  dass ich ab und zu verreisen könnte (Freizeit- und Reisemöglichkeit)  mehr Zeit für mich (Freizeitmöglichkeiten)  Geduld  Freiraum  Beratungsstellen, die erreichbar sind, wenn Schwierigkeiten auftreten  Mut  mehr Begleitung im Alltag  Zuversicht  einfühlsame Ärzte  eine starke Schulter zum Anlehnen  jemanden, mit dem ich über meine Probleme sprechen kann (Austausch)  mehr öffentliche Information zum Thema Demenz, wie z.B. Behandlungsmöglichkeiten, Betreuungsangebote, Netzwerke  eine größere Akzeptanz der Krankheit in der Öffentlichkeit  Hilfe bei Problemen zu Hause  alle Schwierigkeiten zu Hause lösen zu können  kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich ungeduldig bin und nicht mehr kann  ohne Sorgen zu sein  viel mehr Verständnis in der Gesellschaft  mehr Geld von den Pflegekassen  Beratung von den Pflegekassen  Schulung für den Medizinischen Dienst bei der Einstufung  eine Veränderung der Kriterien für die Pflegebedürftigkeit von Demenzkranken Ich sorge mich darüber…  dass ich krank werden könnte  dass ich es körperlich nicht mehr schaffe meinen Partner zu pflegen  dass mein Partner ins Heim muss  noch hilfloser mit der Situation der Pflege und der Erkrankung zu sein  dass die Zustände in den Heimen immer katastrophaler werden  dass Ärzte nicht in der Lage sind wirklich zu helfen  dass ich kein Geld mehr habe, wenn mein Partner ins Heim kommt  dass ich alleine mit allen Problemen bin  dass die Situation sich für ältere Menschen noch verschlechtern wird

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Frieda geht auf Reisen

Professionelle und ehrenamtliche Helfer Ich wünsche mir….  dass in den Krankenhäusern mehr auf die Besonderheiten der demenziell erkrankten Patienten eingegangen wird, auch wenn Demenz nur eine Begleiterkrankung ist  Schulung für Ärzte und Arzthelferinnen  mehr Verständnis von Außenstehenden, nicht nur wegsehen, sondern helfen, jedes freundliche Wort tut gut  dass mehr miteinander gesprochen wird  flächendeckende Beratung  kleinere Gruppen  Finanzierungsfragen zu lösen  die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf  eine sinnvolle Koordinierung der Pflegeberatungen  ein bundesweit geltendes, reformiertes Pflegemodell für demenziell Erkrankte  mehr Netzwerke und Kooperationen von allen Anbietern in einer Region  Politiker, die nicht mehr die Augen vor dem Problem verschließen, dass es künftig mehr und mehr Demenzerkrankte geben wird  Hausärzte, die sich für Demenzerkrankte engagieren und besser über Demenz informiert sind Ich sorge mich darüber…  dass es zu wenig Personal gibt für die Pflege und Beratung von Demenzerkrankten  dass es zu wenig Ruhe für die Einzelnen gibt  dass es zu wenig Hilfe und Unterstützung gibt für die wachsende Zahl an Demenzkranken und deren Angehörige  dass der Hausarzt Angst davor hat, die Diagnose zu stellen  dass die Versorgung Demenzerkrankter nicht mehr zu finanzieren ist  dass es viel zu wenig Betreuungsangebote für Demenzerkrankte gibt

Das brauchen wir…  mehr mutige Politiker, welche unkonventionelle, nicht zertifizierte Wohnformen fordern und fördern  mehr Begegnungsstätten für demenzerkrankte Menschen und deren Angehörige  mehr Aufklärung für Angehörige über Unterstützungsmöglichkeiten (auch finanziell §45)  mehr Vorbeugung, also Prävention, mehr Aufklärung und mehr Therapien für ältere Menschen  mehr Begleitung im Alltag für Demenzerkrankte und ihre Angehörigen  Ärzte, die sich für das Thema Demenz interessieren

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Frieda geht auf Reisen

Zusammenfassung Der Esel Frieda war ein Jahr lang in der Region Bergisches Land auf Reisen und hat dazu angeregt, sich an einer Bedarfsanalyse zur Versorgung Demenzerkrankter und ihrer Angehörigen zu beteiligen. Das Ziel war es, in der Region des Demenz-Servicezentrums Bergisches Land den Bedarf von Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind und deren Angehörigen, zu erheben, um die Versorgung verbessern zu können sowie bedarfsorientierte Hilfe geben zu können. Demenzerkrankte Menschen, ihre Angehörigen sowie auch ehrenamtliche und professionelle Helfer haben ihre Sorgen, Wünsche, Bedürfnisse und Anregungen zum Thema Demenz mitgeteilt. Die Schwelle, den Bedarf Demenzerkrankter und ihrer Angehörigen zu erfassen, war mit Frieda auf diese Weise niedriger, als im persönlichen Gespräch mit Experten und bei festgelegter Fragestellung. Das Mitteilen von Bedürfnissen und Wünschen, aber auch von fehlenden Strukturen in der Versorgung Demenzerkrankter fiel sowohl den Betroffenen selbst wie auch den ehrenamtlichen und professionellen Helfern leichter. Die Erfahrung zeigte, dass Angehörige darüber hinaus ins Gespräch gekommen sind; sei es untereinander im Sinne eines Erfahrungsaustauschs oder auf einer fachlichen Ebene mit Menschen, die sich für Demenzerkrankte engagieren. Es gab Wünsche, Sorgen und Bedürfnisse, die für Betroffene, Angehörige und ehrenamtliche wie auch professionelle Helfer gleichermaßen wichtig waren und wiederholt genannt wurden. Dazu gehörte u. a., dass mehr personelle wie auch finanzielle Unterstützung gewünscht wurde. Ebenso zählte dazu, dass Betroffene und Angehörige sich Hilfe beim Lösen von schwierigen Situationen im Alltag wünschen; einerseits um im Alltag entlastet zu werden, andererseits um sich weniger mit den Problemen im Umgang mit dem Erkrankten alleine gelassen zu fühlen. Gleichermaßen wurde der umfassende Bedarf an kontinuierlicher Beratung und Begleitung Demenzerkrankter und ihrer Angehörigen ermittelt. Es fehlen in der Region des Demenz-Servicezentrums Bergisches Land Strukturen, die eine individuelle, umfassende und problembezogene Beratung Demenzerkrankter und ihrer Angehörigen; und zwar unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung, ermöglichen. Ebenso wurde sowohl von Betroffenen und Angehörigen wie auch von ehrenamtlichen und professionellen Helfern häufig die mangelnde Information, Unterstützung, Begleitung und Beratung, bezogen auf qualitative und quantitative Aspekte in der ambulanten Versorgung durch niedergelassene Ärzte genannt. Wie die hohe Beteiligung von Angehörigen, von Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind und auch von ehrenamtlichen und professionellen Helfern zeigen konnte, war der Einsatz von Frieda eine gute und niedrigschwellige Möglichkeit zur Bedarfsanalyse. Die Erhebung ist dabei allerdings nicht als repräsentativ anzusehen; kann jedoch helfen, die Versorgung Demenzerkrankter und ihrer Angehörigen in der Region des Demenz-Servicezentrums Bergisches Land am Bedarf der Betroffenen orientiert, zu verbessern.

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Frieda geht auf Reisen

Frieda war auf Reisen

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