Beatmungsaspekte bei Patienten mit Lungenversagen

Lorenz Droll – Frank Repschläger: Beatmungsaspekte bei Patienten mit Lungenversagen Beatmungsaspekte bei Patienten mit Lungenversagen Lorenz Droll, F...
Author: Hildegard Koch
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Lorenz Droll – Frank Repschläger: Beatmungsaspekte bei Patienten mit Lungenversagen

Beatmungsaspekte bei Patienten mit Lungenversagen Lorenz Droll, Frank Repschläger (2006)

Pathophysiologische Faktoren Das Ziel der Atmung ist eine kontinuierliche Versorgung der Körperzellen mit Sauerstoff sowie die Entsorgung von Kohlendioxid als Abbauprodukt bei der Energiegewinnung in den Zellen. Zur effektiven und bedarfsgerechten Aufrechterhaltung der äusseren und inneren Atmung sind nachstehende Einzelkomponenten des Prozesses von Bedeutung: • Neuromuskuläre Komponente Es findet eine zentrale Verarbeitung der O2 sowie CO2-Konzentration und des pH-Wertes statt. Nervensignale werden koordiniert auf die verschiedenen Muskelgruppen des Atemapparates übertragen. Es kommt zu einer rhythmischen Kontraktion sowie Relaxation der Atemmuskulatur. Das Produkt von eingesetzVolumenförderung

Flusskurve

Muskellänge isometrisch

isoton

Hysterese

Relaxation

ter Muskelarbeit1 zur Volumenänderung der Lunge bezeichnet die Atemarbeit WoB (WoB=F/∆V) als Kraft in Bezug auf die resultierende Volumenänderung der Lunge.

•Atemgaskonduktion Die Inspirations- und Exspirationsluft wird über die Atemwege in den Alveolarraum transportiert. Die Höhe Darstellung der Aktivität der Atemmuskulatur anhand des Atemwegswiderstandes RAW (RAW=P*t/∆V) ist proder Muskellänge, der Volumen- sowie der Flusskurve. portional zum WoB. Ein erhöhter RAW von mehr als 15 mbar*Sek-1/L macht das Verhältnis von Energieverbrauch durch die Atemmuskulatur im Verhältnis zur Gesamtausbeute ineffektiv. • Volumenkapazität In den Alveolen erzeugt das inspirierte Volumen in Abhängigkeit von der alveolaren Gewebebeschaffenheit, dem Anteil an intrathorakaler Flüssigkeit sowie der Surfactant2 -Aktivität einen Druck, der als Volumendehnbarkeit oder Lungencompliance CL (CL=V/∆P) bezeichnet wird. Bei inaktiver Atemmuskulatur unter älteren mechanischen Beatmungsformen addiert sich zur CL der Dehnungswiderstand des Rippenkäfigs, die Volumendehnbarkeit kann nur durch statische Messverfahren (CLstat)routinemäßig ermittelt werden.

1 Muskelarbeit lässt sich nur schwer messen. Daher wird alternativ der Betrag des transpulmonalen Druckes (P

zur Berechnung benutzt. der Pleuradruck entspricht dem Ösophagusdruck im unteren Drittel.

trPulm=PPleur-Palv)

2 Surfactant (Surface Active Agence) ist eine Lipid-Apoprotein Mischung, die von den Typ II Alveolarzellen und teilweise den Cla-

razellen synthetisiert wird. Die hydrophoben und hydrophilen Bestandteile reduzieren die Oberflächenspannung des Wassers in den Alveolen auf annähernd 0 mN/M2 und spielen eine wichtige Rolle bei der muko-zilliaren Clearance. Allerdings wirken die Aproproteine SP B und C bei der Plättcheneinschwemmung in die Alveole proinflammatorisch. 1

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Bei aktiver Atmung auch unter Überdruckbeatmung erfolgt eine dynamische Messung (CLdyn) über das Integral der Volumen-Druck-Beziehung. Die Normalwerte der Messverfahren divergieren sehr stark: CLstat = 50 – 100 ml/mbar, CLdyn = 120 – 200 mbar/ml (0,12 – 0,2 L/ mbar).

Entwicklung eines ARDS nach Beckenfraktur mit zunehmend konfluierendem und dem finalen Übergang in ein retikuläres Verschattungsmuster.

•Atemgasdistribution Die Verteilung der Inspirationsluft ist abhängig vom regionalen RAW sowie der CL. Da der Zusammenhang der bei-

den Komponenten einen verstärkenden Charakter hat, beschreibt RAW*CL eine funktionale Lungeneinheit (Kompartiment) mit identischer Befüllungs- und Entleerungszeit. Die inspiratorische Gasfüllung ist unter Spontanatmung eine Funktion der über die Atemmuskulatur verursachten Lungendehnung und somit wegen des Hysterese-Effekts von Muskelanspannung- zu -entspannung sinusförmig. Die Exspiration erfolgt wegen des abnehmenden intraalveolaren Druckes in ihrem zeitlichen Verlauf in logarithmischer Form (t-e). Die einzelnen kompartimentellen Gasströmungen summieren sich zu einem Vektor. Bei einer hohen Entleerungsgeschwindigkeit kommt es zu einem Rückgang des funktionellen Residualvolumens3 .

• Diffusion an der alveolo-kapillaren Membran Da das alveolare Endothel vollständig von einem dünnen Wasser-Surfactantfilm bedeckt ist, muss O2 für den Übergang in die Kapillaren der Pulmonalarterie zuerst die Luft-Wassergrenzschicht überwinden, bevor es die aleolo-kapillare Membran überwinden kann. CO2 diffundiert natürlich in umgekehrter Richtung. Allerdings besitzt das CO2-Molekül eine deutlich bessere Fähigkeit zur Bindung an Wasser, so dass die CO2Diffusion ebenfalls erheblich schneller vonstatten geht. Daher äussern sich Diffusionsstörungen primär in einer Einschränkung der O2-Diffusion. Somit ist die Diffusionskapazität abhängig von der Diffuisonsstrecke sowie der Differenz der jeweiligen Partialdrücke von Alveole und Kapillare. • Kreislaufkonvektion Der Transport von Sauerstoff über das Kreislaufsystem erfolgt nahezu ausschließlich durch chemische Bindung an die Erythrozyten. Der saure pH-Wert im Endstromgebiet der Körperperipherie lockert die Bindung und erleichtert die Zelldiffusion. Umgekehrt sorgt der saure pH-Wert im Lungenstrombett für eine bessere Bindung von O2 an das Hämoglobin. CO2 wird über eine Carbamino-Bindung ebenfalls an den Erythrozyten gebunden. Die Lösung wird ebenfalls über den pH-Wert sowie den enzyminduzierten Regelkreis des [HCO3]-/[CO2] [H]+ Gleichgewichts reguliert. Die zelluläre Aufnahme und damit die effektive Energie3 Die FRK oder das FRV ist ein dynamisches Volumen, das nach der Exspiration in der Lunge verbleibt und beträgt zwischen 2,5

und 5 Litern. Die FRK stabilisiert den O2-Vorrat in der Lunge, erhöht jedoch ebenso den alveolaren PCO2. 2

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ausbeute von O2 hängt von der Perfusion der Körperperipherie ab. Bei gleichmässiger Perfusion sinkt der PO2 von 100 mmHg arteriell auf 60 mmHg im venösen Teil des Kreislaufs. Eine erhöhte Ausnutzung durch die Zellen reduziert den alveolaren PO2 und macht einen gesteigerten pulmonalen Gaswechsel oder eine Vergrößerung der FRK notwendig. Störungen der äusseren und inneren Atmung Da jede der Prozesskomponenten bei der Atmung die Energiegewinnung beeinflusst, müssen die auslösenden Faktoren und deren Auswirkungen zur Ausarbeitung einer Strategie gegeneinander abgegrenzt werden. Zur möglichst einheitlichen Beurteilung wurde als Klassifizierung des Schweregrads der Lungenschädigung der (Acute) Lung Injury Score (LinjSc)4 gewählt. Hierbei gelten statt der numerischen Skalierung von 0 bis 6 die Kriterien „mild“, „severe“ und „critical“. Auslösende Noxe – Score

Patho-Mechanismus

Auswirkungen

Infekt der Atemwege (meist nosokomial)



Schwellung



Erhöhung des PAW

LinjS: mild



Transsudat



Erhöhung des WoB

Alveolitis (meist humoral)



Intraalveolares Transsudat



Erniedrigung der CL

LinjS: mild - severe



Extraalveolares Ödem



Erhöhung des WoB



Inflammation



Verlust an FRK



Verlängerung der Diffusionsstrecke



Clearance-Insuffizienz



starke Erhöhung des PAW

Alveolitis-Bronchiolitis (meist protrahiert humoral/nosokomial)



Schwellung auch der terminalen Bronchiolen

starke Erniedrigung der CL





LinjS: severe - mild

Transsudat in Atemwegen und Azinus



starke Erhöhung des WoB



Extraalveolares Ödem



Verlust an FRK



mögliche Aktivierung der Thrombozytenaggregation und Elastase-Freisetzung



Diffusionsstörung



Regionale Clearance-Insuffizienz

4 siehe Murray et. al.

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Auslösende Noxe – Score Ausgedehnt traumatisch (Kontusion, chirurgischer Eingriff)

Patho-Mechanismus



LinjS: severe - critical PaO2 /FIO2 > 240





SIRS – ARDS LinjS: critical PaO2 /FIO2 < 240 (ohne PEEP)





Auswirkungen



starker regionaler Verlust an CL



Regionaler FRK-Verlust



Starke Erhöhung des WoB



Regionale ausgeprägte Diffusionsstörung



Regionale Clearance-Insuffizienz

Extraalveolares und intraalveolares Ödem (Schrankenstörung)



Globaler Verlust an CL



Massivste Erhöhung des WoB

Aktivierung der Thrombozytenaggregation und Elastase-Freisetzung



Massiver Verlust an FRK



Ausgeprägte Diffusionsstörung



Clearance-Insuffizienz



Aufhebung der VentilationPerfusion Autoregulation

Extraalveolares und intraalveolares Ödem (Schrankenstörung) Aktivierung der Thrombozytenaggregation und Elastase-Freisetzung

Störung des C1-INH

Es zeigt sich bei dieser Einteilung eine abgestufte Einschränkung von äusserer Atmung, Gasaustausch und Konvektion, wobei fliessende Übergänge geben sind. Offensichtlich ist, dass bei einer systemischen Antwort der Schweregrad des Lungenversagens zunimmt. Es lässt sich eine deutliche Unterscheidung treffen

P

zwischen einem Infekt der Lunge, bei dem primär die entzündungstypischen Veränderungen zu einer Atemstörung führen, und der Freisetzung von Media-

P

Auswirkungen von Surfactant auf die Oberflächenspannung P: In der Surfactant-freien Alveole versuchen die am Endothel kondensierten Wassermoleküle wegen der Dipolstruktur des Wassermoleküls die energiearme Idealform einer Kugel einzunehmen. Surfactant reduziert die Bindungskräfte des Dipols und reduziert die Oberflächenspannung im Idealfall auf 0 mN/m2.

4

toren über nicht lungenspezifische Noxen, bei der die Suppression der Surfactant-Synthese mit Compliance-Verlust und Störung der muko-zilliaren Clearance im Vordergrund steht. Bei besonders schweren Störungen erfolgt die Initialisierung der extravasalen Gerinnung mit Bin-

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dung der hydrophoben Apoproteine des Surfactants an das Fibrin sowie einer Elastase-Freisetzung, die zu einer Destruktion der alveolo-kapillaren Kontinuität führt und kollagene Fasern substituiert. Die bindegewebige Umstrukturierung der Lunge ist bedingt reversibel5, in frühen Stadien eines schweren Lungenversagens kann es zu einer vollständigen Remission kommen. Allerdings bedingt der begleitende, erhöhte Rechts-Links Shunt wegen eines aufgehobenen Euler-Liljestrand Mechanismus eine hyperdynamen Kreislaufsituation, die therapeutisch kontrolliert werden muss. Risikomanagement und Prozessqualität Um eine adäquate Beatmungsstrategie zu entwickeln, sollte eine auf die jeweilige Patientenklientel bezogene Risikoanalyse stattfinden, die eine Adaptierung an den LinjS oder ein vergleichbares Scoring System ermöglicht. Neben den genannten aktuellen Diagnosen kann die Patienten-Historie mit bestehenden Vorerkrankungen oder begleitenden Defiziten entscheidenden Einfluss auf die Beatmungsstrategie haben. Disponierende Faktoren sind: ➡ ➡ ➡

Alter Ernährungszustand Abusus von Alkohol und Nikotin

➡ ➡ ➡ ➡

Stoffwechselerkrankungen Mehrfachverletzungen Neurologische Ausfälle Dauer der Behandlung

Bei Infekten von Lunge und Atemwegen wird hier auf die Empfehlungen des Paul-Ehrlich-Instituts verwiesen, in denen Materialgewinnung, Beurteilung und die Empfehlungen für die Wahl eines Antibiotikums bzw. von entsprechenden Kombinationen systematisiert werden. Weiterhin werden an die hygienischen Bedingungen der invasiv genutzten Therapiemittel vom Robert-Koch-Institut strenge Anforderungen gestellt. Zur Vermeidung von Device assoziierten Infektionen sollten folgende Regeln konsequent eingehalten werden: ➡ ➡

Systematische hygienische Händedesinfektion Durchgehender Gebrauch und regelmäßiger Wechsel von Schutzhandschuhen

➡ ➡ ➡ ➡

Standardisierte Entsorgungslogistik Isolationskonzept (Einzel,- Kohorten- und Umkehrisolation) Absaugkatheter sind grundsätzlich Einmalartikel Mehrfachinstrumente wie Bronchoskope werden bevorzugt thermodesinfiziert sowie nach Möglichkeit sterilisiert

5 Siehe Seeger et. al.

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Bestimmte Konzepte wie selektive Darmdekontamination, Mund- und Rachendesinfektion oder kontinuierlich subglotische Absaugung werden durchgehend auf ihre Evidenz hin in Studien überprüft. Hier sollte der jeweilige Konsens der Kommissionen umgesetzt werden. Beatmungsrichtlinien Für die unterschiedlichen patho-physiologischen Aspekte bei einem graduellen Lungenversagen sind entsprechende Empfehlungen der Fachgesellschaften als Konsens veröffentlich worden und sollten als Grundlagen der Respiratoreinstellung dienen. Zielgröße VTid

Empfehlung LinjS mild: < 8 ml je kg Körpergewicht LinjS severe: < 6 ml je kg Körpergewicht LinjS critical: < 5 ml je kg Körpergewicht

Pinsp

Nicht einheitlich: < 30 - 50 mbar

PEEPextr

LinjS mild: > 8 mbar LinjS severe: > 12 mbar LinjS critical: > 15 mbar

∆P (Pinsp - PEEP)

Nicht einheitlich: < 15 - 30 mbar (beachte auch Pinsp und VTid)

Tinsp

Keine vergleichbare Empfehlungen

Spontanatmung

Obligat, keine durchgehende Empfehlungen zur Art der Umsetzung

Oxigenierung

Nicht einheitlich: SO2 > 95%

Ventilation

Nicht einheitlich: Hauptkriterium ist pH-Wert, Regulierung nach klinischen Aspekten

Aus den genannten Kriterien lässt sich ableiten, dass eine Ventilationsform mit demandatorischem Flow einzusetzen ist. Hiermit ist gleichzeitig die Drucklimitierung sowie die Möglichkeit der Spontanatmung gewährleistet. Wegen der zu erwartenden extrem kompartimentierten Lunge beim Stadium severe bis critical sollte prinzipiell eine vollständige Inspiration zu Ungunsten der Exspiration im Vordergrund stehen. Der hierbei auftretende intrinsische PEEP im Sinne eines Volume Trapping muss mit dem eingestellten 6

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extrinsischen PEEP zur Gesamt-PEEP verrechnet werden. Sofern das eingesetzte Beatmungsgerät kein unmittelbares Messmanöver zur Berechnung von PEEPintr zulässt, kann über eine Verlängerung von Texsp bis zum Sistieren des exspiratorischen Flows die jeweiligen Differenzen zu PEEPtotal ermittelt werden. Aufgrund der inkonstanten Flowförderung bei allen demandatorische Ventilationsformen ist die Überwachung des oberen Tidalvolumens obligat. Gerade bei kritischen Formen der Lungenkompromittierung wurde die Überlegenheit der niedrigen Tidalvolumina bezogen auf das ideale Körpergewicht eindeutig nachgewiesen. Ideales Körpergewicht

LinjS mild

LinjS e severe

LinjS critical

60 kg

VTid: 0,48 Liter

VTid: 0,36 Liter

VTid: 0,30 Liter

70 kg

VTid: 0,59 Liter

VTid: 0,42 Liter

VTid: 0,35 Liter

80 kg

VTid: 0,64 Liter

VTid: 0,48 Liter

VTid: 0,40 Liter

Gerade beim Klassifizierungsgrad critical lässt sich mit einem VTid von 5 ml je kg Körpergewicht die Ventilation im Sinne der CO2-Eliminierung besonders in Kombination einer durch PEEP hochgestellten FRK kaum noch aufrechterhalten. Bei der resultierenden permissiven Hyperkapnie muss über den pH-Wert eine zufrieden stellende klinische Situation erreicht werden. Sinnvoll ist neben einer angepassten Pufferung mit alkalischen Valenzen die Reduzierung des Kohlenhydratanteils zugunsten von Fetten bei der Ernährung sowie die frühzeitige Unterstützung der renalen Funktion. Die Beurteilung der Oxigenierung zielt auf den Grad der Ausnutzung des O2-Angebots ab. Bei einer arteriellen Sättigung von 95% sollte die gemischt-venöse O2-Sättigung noch bei 75% liegen, sofern die periphere Perfusion in ausreichendem Maße gewährleistet ist. Wenn im venösen Schenkel des Kreislaufs der Halbsättigungsdruck unterschritten wird, muss das alveolare O2-Angebot erhöht werden. Weiterhin findet bei einer Verschiebung des pH-Werts eine Beeinflussung der Sauerstoffsättigungskurve statt, die bei einer ausschließlichen Betrachtung des arteriellen PO2 eine ausreichende Sättigung vorspiegelt. Bedeutung der Spontanatmung Die interponierte Spontanatmung beim Lungenversagen ist als Standard nachgewiesen. Unstimmigkeit findet man allerdings bei der Ausgestaltung der spontanen Atemanteile bezüglich Tinsp und Texsp. Im Gegensatz zur intermittierenden Spontanatmung bei vielen Weaningstrategien ist Spontanatmung während der maschinellen Exspirationsphase kontraproduktiv, da hierdurch eine weitere Vergrößerung der FRK erfolgt. Positive Effekte werden erreicht, wenn Spontanatmung synchron zur maschinellen Inspiration erfolgt. Auch wenn hierdurch keine gesteigerte Ventilation zu realisieren ist, erfolgt eine Vergrößerung der totalen Lungencompliance durch die Aktivierung des Rippenkäfigs. Somit kann die mechanische Arbeit (∆P) bei einer erfolgreichen Synchronisation nachweislich gesenkt werden.

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Voraussetzungen für eine Patienten schonende Synchronisation sind angepasste Inspirationszeiten (Tinsp < 1,8 Sek.) und eine pharmakologische Stressprophylaxe. Insgesamt sollte die Sedierung eine ausreichende Abschirmung von Umgebungs- sowie Ventilationsstress (Hyperkapnie) beinhalten. Im optimalen Fall bleibt die Exspiration passiv. Durch interponierte Spontanatmung wird zusätzlich die Beweglichkeit des Zwerchfells unterstützt, was der Bildung von minderbelüfteten Bezirken bei reduzierter muko-zilliarer Clearance ent-

Beatmung mit fixiertem Pinsp unter demandatorischer Flowlieferung. In der unteren Flowkurve ist ein inspirationssynchroner spontaner Atemanteil zu sehen, der allerdings nur marginalen Anteil an der Gesamtvolumen-Förderung hat.

gegenwirkt. Als gute Maßnahme zur Einschätzung des intraabdominalen Drucks hat sich die Messung über eine standardisiert gefüllte Harnblase erwiesen.

Weitere Maßnahmen Bei der Therapie von schweren Formen des Lungenversagens haben sich eine Reihe von Maßnahmen mit unterschiedlicher Spezifität herauskristallisiert: Maßnahme Kinetische Therapie

Bewertung Effektiv zur Therapie von Kompressionsatelektasen, Bauchlage zeigt Vorteile gegenüber Seitenlagerung sowie Permanentrotation. Nachgewiesen wurde ebenfalls eine Reduzierung des pulmonalen Shuntvolumen. Einsatz zur Vermeidung von Atelektasen wird different beurteilt.

Pulsierende Thoraxmassage

Effektiv zur Unterstützung der muko-zilliaren Clearance.

NNR-Hormonsubstitution

Effektiv bei inflammatorischen Bildern.

Surfactant-Substitution

Zur Langzeittherapie wegen noch experimenteller Applikation nicht geeignet.

Zweiseitenbeatmung

Positive Effekte nur bei regionalem Trauma nachgewiesen.

Selektive Darmdekontamination

Obsolet zur Routineanwendung, Verfahren ist einer frühzeitigen enteralen Zufuhr von Nährstoffen deutlich unterlegen.

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Maßnahme

Bewertung

Supponierte Beatmung mit externer Unterdruck-Kammer

Bislang kein Nachweis von positiven Effekten.

Extrakorporale Oxigenierung

Keine Verbesserung der Mortalität.

Hyperbare Oxigenierung

Keine Verbesserung der Mortalität.

Inhalative NO-Therapie

Keine Verbesserung der Mortalität.

Insgesamt scheint eine Verbesserung von Morbidität und Mortalität bei kritischen Formen des Lungenversagens eher in der konsequenten Umsetzung bestehender Empfehlung zu erwarten sein. Einige der aufgeführten Maßnahmen sind noch zu experimentell für eine valide Beurteilung oder als ultima ratio Anwendung rationell nur schwer zu beurteilen.

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