Basisstufe, Kindergarten und Regelschule

Pädagogisches Zentrum für Hören und Sprache HSM 3053 Münchenbuchsee Basisstufe, Kindergarten und Regelschule Didaktik Audiopädagogischer Dienst APD ...
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Pädagogisches Zentrum für Hören und Sprache HSM 3053 Münchenbuchsee

Basisstufe, Kindergarten und Regelschule Didaktik

Audiopädagogischer Dienst APD Klosterweg / Postfach 404 3053 Münchenbuchsee Telefon 031 868 90 50 [email protected] www.be.ch/hsm / www.audiopädagogik-bern.ch

Didaktik in der Basisstufe, Kindergarten und Regelschule Eine Didaktik, die das Kind mit einer Hörbeeinträchtigung berücksichtigt, dient der ganzen Klasse und ermöglicht es, alle Kinder in ihrer Individualität ernst zu nehmen und schafft die Grundlage, Lernen für alle (auch leistungsschwache) Kinder zu optimieren. Ein Kind mit Hörbeeinträchtigung nimmt die tönende Umwelt, die Sprache ganz anders wahr als andere Kinder. Eine Hörbeeinträchtigung ist unsichtbar. Wie erlebt das hörbeeinträchtigte Kind den Kindergarten oder die Schule? Im Kindergarten (für Schulkinder, siehe Blatt „Sitzplatz für hörbeeinträchtigte Schüler“) Sitzplatz 

Die Kindergärtnerin sollte in der Kreissituation nicht mit dem Rücken zum Fenster sitzen, sondern das Tageslicht im Gesicht haben.



Das hörbeeinträchtigte Kind sitzt am besten 2 – 3 Plätze neben der Kindergärtnerin. So kann es sie hören und ihr ins Gesicht schauen (Mundbild ablesen).

Lärmdämmende Massnahmen 

Ein Teppich und andere Dämmstoffe im Schulzimmer helfen den Geräuschpegel zu senken und Störlärm zu reduzieren. Bei Störlärm ist es sehr schwierig Sprache zu verstehen.



Hallende Räume sollen mit schallschluckenden Isolationen versehen werden. Sicherstellen, dass das Kind auch im Freispiel Im Freispiel entsteht meist mehr Distanz zwischen der Lehrperson und akustisch erreichbar dem hörbeeinträchtigten Kind als in Kreissituationen. Die Lehrperson er- bleibt

Freispiel 

reicht das Kind durch zurufen, durch direkte Ansprache mit Blickkontakt. Akustische Signale wie „Pausengong“ oder „Aufräumeglocke“ sind gut auf die Hörmöglichkeiten des hörbeeinträchtigten Kindes abzustimmen. 

Störlärm reduzieren

Die FM – Anlage ist im Freispiel weniger geeignet als in Kreissituationen, weil das Kind auch die übrigen Gespräche der Kindergärtnerin mit andern Kindern mithören muss.

Basisstufe, Kindergarten und Regelschule März 2016

Pädagogisches Zentrum für Hören und Sprechen HSM

Kommunikation 

Kinder sprechen meist viel leiser als die Kindergärtnerin. Die Aufforderung zum deutlichen Sprechen ist für alle ein Gewinn.



Das Wiederholen oder Zusammenfassen der Kinderbeiträge durch die Kindergärtnerin ist eine wichtige Unterstützung für das hörbeeinträchtigte Kind.



Kinder, die etwas sagen möchten, sollten mit dem Namen angesprochen werden, damit das hörbeeinträchtigte Kind schneller hinschauen und ablesen kann. Nebengeräusche bitte vermeiden.

In der Schule 

Wir helfen dem Kind mit einer Hörbeeinträchtigung, wenn es nicht mehr zurechtkommt. Wir geben ihm nur so viel Hilfe, dass es wieder selbständig weiterarbeiten kann.

Kommunikation 

Vortragen, Darbieten, Erzählen: Dem Kind während des Sprechens immer das Gesicht zuwenden. Schlüsselbegriffe und wichtige Stichwörter laufend auf dem Hellraumprojektor mitschreiben. So lässt sich Unverstandenes besser aus dem Zusammenhang erschliessen.



Sprachliche Erklärungen und Demonstrationen / Experimente müssen nacheinander erfolgen, sonst ist ablesen unmöglich.



Kurze Hinweise werden nicht wahrgenommen: mit einem Appell den Hinweis ankündigen, schriftliche Arbeiten bewusst unterbrechen.



Gespräche moderieren: Namen des Sprechers nennen (das Kind mit Hörbeeinträchtigung kann hinschauen und ablesen), nur eine Person sprechen lassen, auf Lautstärke und Blickkontakt achten, Nebengeräusche bitte vermeiden!



Sprachkonstanz: Ständiger Wechsel von Schriftsprache auf Mundart erschwert das Verstehen erheblich. Das Kind mit einer Hörbeeinträchtigung muss wissen, wann Standardsprache und wann Dialekt gesprochen wird. Kinder mit starker Hörbeeinträchtigung, die nur in schriftdeutscher Sprache kommunizieren, sind bei Gesprächen in Dialekt ausgeschlossen.



Rückfragen: sich von Zeit zu Zeit mit Rückfragen vergewissern, dass verstanden wurde. Das Kind soll erklären, nicht nur mit Ja oder Nein antworten!



Im mündlichen Rechnen (speziell Kettenrechnen) sind Hörbeeinträchtigte immer benachteiligt.

Strukturierung des Unterrichts 

Bekanntgeben des Unterrichtsthemas zu Beginn der Lektion ist sehr wichtig!



Schriftliche Beschäftigung und andere Momente des stillen Arbeitens bewusst als Unterrichtsrhythmisierung, und zur Erholung einsetzen.

Sprechdisziplin

Minimale Hilfestellungen

Kommunikationsregeln

Unterrichtsstrukturen

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Unterrichtshilfen 

Bei längeren Vorträgen: Skript oder schriftliche Zusammenfassung abgeben (Geschriebenes kann man später nachlesen!)



Aufschreiben: Zuhören und notieren sind nicht gleichzeitig möglich (das Kind mit einer Hörbeeinträchtigung soll wenn nötig das Heft eines Mitschülers fotokopieren können).



Aus dem gleichen Grund sind Diktate ungeeignet!



Medien: Visuelle Medien sind für Hörbeeinträchtigte bedeutend günstiger. Tonbandaufnahmen, Radiosendungen vermeiden; Videos eignen sich bei guter Tonqualität. Vor dem Einsatz nach Hause geben zur Vorbereitung.



Schauen sie auf das Kind mit einer Hörbeeinträchtigung. Sie können an seinem Gesichtsausdruck ablesen, ob es verstanden hat oder verunsichert ist. Vielleicht können sie sogar mit dem Kind ein Zeichen vereinbaren und es signalisiert, wenn es nicht verstanden hat.

Kindergarten und Schule 

Hörhilfen im Unterricht



Sprechweise deutlich, aber nicht überartikuliert



in kurzen, klaren Sätzen



in normaler Lautstärke



Es dürfen nicht mehrere Personen gleichzeitig sprechen!



Hallende Räume sollten mit schallschluckenden Isolationen versehen werden.



Ein Teppich und andere Dämpfstoffe im Schulzimmer helfen den Geräuschpegel zu senken und Stör lärm zu unterdrücken. Bei Stör lärm ist es sehr schwierig Sprache zu verstehen.



Schüler sprechen meist 10 Dezibel leiser als Lehrpersonen: Die Aufforderung zum lauten, deutlichen Sprechen ist für alle ein Gewinn.



Die stimmliche Gestaltung der Sprache und die Mimik sind eine zusätzliche Informationsquelle: Bitte nicht monoton sprechen!



FM - Anlage einsetzen! (siehe separates Informationsblatt)

Hilfen im Unterricht

Im Kindergarten und In der Schule

Ideale Voraussetzungen Kinder mit einer Hörbeeinträchtigung hören Sprache nicht nur leiser, Ablesen

Ablesen 

fürs

sondern verstehen qualitativ anders: z.B. verzerrt, zerhackt, bruchstückhaft. Wenn zu leise gesprochen wird, können sie oft nicht verstehen. Sie sind daher bei der Lehrperson und den Mitschülern auf das Ablesen angewiesen! 

Ablesen ist in hellen, gut beleuchteten Räumen möglich.



Wenden sie dem Kind ihr gut beleuchtetes Gesicht zu.



Hin- und Herlaufen im mündlichen Unterricht verunmöglicht das Ablesen.

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Ein lebendiges Gesicht enthält schon viele Informationen, setzen sie das Minenspiel bewusst ein.



Keine unnötigen, raschen Bewegungen.



Die Aufmerksamkeit soll dem Gesicht gelten.



Überdeutliches Sprechen verändert das gewohnte Mundbild.



Es dürfen nicht mehrere Personen gleichzeitig sprechen (Sprechdisziplin wie beim Funk!).



Wenn die Schüler mit Namen aufgerufen werden, weiss das Kind mit einer Hörbeeinträchtigung sofort, auf welchem Gesicht es ablesen soll.



Ablesen erfordert volle Konzentration und ermüdet – legen sie bei längeren Gesprächen ab und zu eine Pause ein.

Kombinieren 

Das Ablesen bietet auch nur Teilinformationen.



Das Kind mit einer Hörbeeinträchtigung muss ergänzen, erraten und kombinieren, was ihm trotz Hören und Ablesen entgeht.

Hilfen zum Kombinieren 

Thema bekannt geben



Untertitel vor jedem neuen Abschnitt



Bei kurzen Hinweisen am Schluss der Stunde oder zwischendurch, wenn es einem plötzlich einfällt, z.B.: „Bringt morgen die Zahnbürste mit!“ fehlt die Möglichkeit zum Kombinieren. Solche Mitteilungen ausserhalb eines Kontextes werden von einem Kind mit einer Hörbeeinträchtigung in der Regel nicht verstanden, daher bitte aufschreiben. Im Turnunterricht

Turnen 

Die akustischen Gegebenheiten in einer Turnhalle sind schwierig. Es ist laut, hat viel Stör lärm und hallt.



Der Umgang mit den Hörgeräten in dieser Situation ist sehr individuell. Es gibt Kinder, die die Hörgeräte während des Turnunterrichts unbedingt tragen wollen, andere möchten sie lieber weglegen, weil es ihnen zu laut wird. Dann ist zu bedenken, dass das Kind sprachlich nicht zu erreichen ist. Eine gute Möglichkeit wäre, dass ihm ein anderes Kind („Götti / Gotte“) zur Seite steht.

Aussenbereich / Pause 

zusätzliche Hilfen zum Kombinieren

Pausen und Ausflüge

Im Aussenbereich werden die Hörgeräte ganz normal getragen, das Kind soll sich so frei bewegen können wie die anderen Kinder auch. Also kein Ausziehen der Hörgeräte. Bei geführten Situationen im Aussenbereich können das Kind und die Lehrperson die FM-Anlage tragen, damit Störgeräusche nur noch als leise Hintergrundgeräusche wahrnehmbar sind. Das gilt auch bei Schulausflügen.Vorort muss entschieden werden, was für das Kind das Optimale ist. Das hörbeeinträchtigte Kind soll sich im Aussenbereich nicht eingeschränkt fühlen.

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Während den Pausen kann die Hörsituation für das hörbeeeinträchtigte Kind schwierig werden. Die Kinder sprechen, spielen etc., wodurch es auf dem Pausenplatz laut wird. Dennoch sollten die Hörgeräte getragen werden. Es kann zu beobachte sein, dass sich in diesen Situationen das Kind zurückzieht, damit es in ruhiger Umgebung sein kann.

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