Bakkalaureatsarbeit zum Thema: Freie DienstnehmerInnen und Interessenvertretung

Betriebswirtschafszentrum der Universität Wien Bakkalaureatsarbeit zum Thema: „Freie DienstnehmerInnen und Interessenvertretung“ VK Empirische Sozi...
Author: Björn Richter
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Betriebswirtschafszentrum der Universität Wien

Bakkalaureatsarbeit zum Thema:

„Freie DienstnehmerInnen und Interessenvertretung“

VK Empirische Sozialforschung Sommersemester 2004

Markus Arthur Maier

LVA – Nr.: 413 675

Matr. Nr.: 9800136

Dr.in Sabine Blaschke

Wien, 28. Juni 2004

2

INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG .......................................................................................................................... 3 1

ERSTER TEIL: SOZIALRECHT, ARBEITSRECHT, FLEXPOWER ............. 4 1.1 RECHTLICHE SITUATION FREIER DIENSTNEHMERINNEN IN ÖSTERREICH...................... 4 1.1.1 Definition freier DienstnehmerInnen ..................................................................... 4 1.1.2 Merkmale freier DienstnehmerInnen ..................................................................... 4 1.1.3 Nachteile freier DienstnehmerInnen gegenüber echten DienstnehmerInnen ........ 5 1.1.4 Freie DienstnehmerInnen in der Kranken-, Arbeits- und Unfallversicherung ...... 6 1.2 ABGRENZUNG FREIER DIENSTNEHMERINNEN ZU ANDEREN FORMEN DER ERWERBSTÄTIGKEIT ..................................................................................................... 7 1.2.1 Der Werkvertrag und die neue Selbständigkeit...................................................... 7 1.2.2 Arbeitnehmerähnliche Personen ............................................................................ 9 1.2.3 Echte Dienstnehmer ............................................................................................. 10 1.2.4 Geringfügig beschäftigte (echte) Dienstnehmer .................................................. 10 1.3 DAS PROJEKT FLEXPOWER VON ÖGB UND ARBEITERKAMMER ................................. 11 1.4 RECHTLICHE BESTIMMUNGEN UND VEREINBARUNGEN IN ÖSTERREICH .................... 12

2

ZWEITER TEIL: INHALTSANALYSE „FREIE DIENSTNEHMERINNEN UND INTERESSENVERTRETUNGEN“ ............................ 14 2.1 ALLGEMEINER TEIL UND DEFINITION......................................................................... 14 2.1.1 Beschreibung der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring.............................. 14 2.2 AUSFÜHRUNGEN ZUM WISSENSCHAFTLICHEN ABLAUF .............................................. 16 2.2.1 Festlegung des Materials ..................................................................................... 16 2.2.2 Analyse der Entstehungssituation ........................................................................ 16 2.2.3 Formale Charakteristika des Materials ............................................................... 17 2.2.4 Richtung der Analyse und theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung .. 17 2.2.5 Bestimmung der Analysetechnik........................................................................... 18 2.2.6 Definition der Analyseeinheit............................................................................... 18 2.3 ANALYSE DES MATERIALS ......................................................................................... 18 2.3.1 Inhaltliche Kategorien, Ankerbeispiele, Definitionen.......................................... 18 2.3.2 Zusammengefasste Kategorien............................................................................. 19 2.4 ERGEBNISAUFBEREITUNG UND INTERPRETATION ....................................................... 22 2.5 EIGENE ERFAHRUNGEN MIT BETRIEBSRÄTINNEN ....................................................... 25

SCHLUSSWORT ................................................................................................................... 26 L I T E R A T U R V E R Z E I C H N I S ........................................................................... 27 A N H A N G ........................................................................................................................... 28

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Ablaufmodell inhaltlicher Strukturierung.......................................................... 15 Abbildung 2: Ablaufmodell strukturierender Inhaltsanalyse (allgemein)................................ 15

3

Einleitung Diese Arbeit soll einen Überblick über das Verhältnis der freien DienstnehmerInnen gegenüber

Interessenvertretungen

in

Abgrenzung

anderer

atypischer

Beschäftigungsverhältnisse bieten. Zu den atypischen Beschäftigungsverhältnissen zählen unter anderem Formen der Teilzeitbeschäftigung, geringfügige und befristete Beschäftigung, Leiharbeit, Arbeit auf Abruf, Telearbeit, freie Dienstverträge und neue Formen der Selbständigkeit. In den letzten Jahren hat die Zahl der freien DienstnehmerInnen

und

anderer

atypischer

Beschäftigungsverhältnisse

stark

zugenommen, was aber nicht zur sozialen Sicherheit der betroffenen Personen beiträgt, sondern ganz im Gegenteil, diese meist erheblich verschlechtert. Gemeint sind der Wegfall von Abfertigung, Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, sowie der Fortfall des Kündigungsschutzes gemäß § 105 ArbVG. Dennoch hat der Gesetzgeber unterschiedlich auf die neue Situation reagiert, indem er im Arbeitszeitgesetz neue Bestimmungen geschaffen hat, ein neues Gesetz zum Schutz der Leiharbeitskräfte, nämlich das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) erlassen hat, sowie Änderungen in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht veranlasst hat. Im ersten Teil dieser Arbeit soll auf die rechtlichen Rahmenbedingungen freier DienstnehmerInnen bezüglich Arbeitsrecht und Sozialrecht in Abgrenzung zu anderen Beschäftigungsverhältnissen eingegangen werden. Im zweiten Teil wird Anhand von Leitfadeninterviews eine qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring von fünf freien Dienstnehmern durchgeführt, die entsprechend ausgewertet und interpretiert wird. Des Weiteren sollen noch persönliche Erfahrungen und Erwartungen mit innerbetrieblichen sowie außerbetrieblichen Interessenvertretungen in den zweiten Teil mit einfließen und den empirischen Teil dadurch aufwerten und ergänzen. Im Anhang befinden sich die Transkription der fünf Leitfadeninterviews sowie das Interview mit einem Betriebsrat, welche durch Tonbandaufnahme und anschließende Transkription zustande kamen.

4

1 Erster Teil: Sozialrecht, Arbeitsrecht, Flexpower 1.1 Rechtliche Situation freier DienstnehmerInnen in Österreich 1.1.1 Definition freier DienstnehmerInnen Der österreichische Gesetzgeber beschreibt in § 4 Abs. 4 ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) freie DienstnehmerInnen als Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen1. Weiters schulden sie eine nach Art bestimmte Leistung, und nicht den Erfolg. Das heißt, freie DienstnehmerInnen verpflichten sich also für eine gewisse Zeit, eine Dienstleistung zu erbringen, übernehmen dafür aber keine Erfolgsgarantie. Im Gegensatz zum echten Dienstnehmer steht der freie Dienstnehmer aber in keiner engen und persönlichen Abhängigkeit, was sich darin ausdrückt, daß die freien DienstnehmerInnen die Möglichkeit haben, sich vertreten zu lassen und insofern viel weniger weisungsgebunden sind.

1.1.2 Merkmale freier DienstnehmerInnen2 •

Es besteht keine Anwesenheitspflicht und die Arbeitszeit kann frei eingeteilt werden.



In den meisten Fällen können sogar der Arbeitsablauf und der Beschäftigungsort selbst bestimmt werden.



Freie DienstnehmerInnen können sich von einer gleichwertigen Person vertreten lassen, wobei der Hauptanteil der Leistung aber selbst zu erbringen ist.

1 2

Korn 2002, S. 65 ff. Korn 2002, S. 68

5 •

Da die freien DienstnehmerInnen in die Ablauforganisation des jeweiligen Unternehmens nicht eingebunden sind, sind sie auch nur beschränkt Weisungsgebunden und nicht untergeordnet.

Wenn man die oben genannten Faktoren als Vorteile betrachtet, die freie DienstnehmerInnen gegenüber echten DienstnehmerInnen haben, sind dem doch einige Nachteile gegenüber zu stellen, denn für sie gelten viele arbeits- und sozialrechtliche Schutzbestimmungen nicht.

1.1.3 Nachteile freier DienstnehmerInnen gegenüber echten DienstnehmerInnen3 •

Freie DienstnehmerInnen haben keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub



Es gilt keine Anwendbarkeit der Kollektivverträge (zum Beispiel kein Mindestlohn, keine Sonderzahlungen)



Keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall



Keine durch Arbeitszeitgesetz oder Kollektivverträge geregelte Arbeitszeit, keinen Schutz durch das Betriebsverfassungsgesetz



Keinen Anspruch auf bezahlte Überstunden



Keinen Anspruch auf Abfertigung



Keine Kündigungsfristen und Termine des Angestelltengesetzes



Die Bestimmungen der Beschäftigung Behinderter gelten nicht



Belegschaftsvertretungen beziehungsweise der Betriebsrat stellen keinen Schutz für freie DienstnehmerInnen dar



Bei Insolvenz des Arbeitgebers gibt es keine Sicherung von offenen Entgeltansprüchen

aus

dem

Dienstverhältnis

durch

Insolvenzentgeltsicherungsfonds •

3

Keine Arbeitslosenhilfe und Notstandshilfe

Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, April 2003: Freie Dienstnehmer. Atypische Dienstverhältnisse.

den

6

1.1.4 Freie DienstnehmerInnen in der Kranken-, Arbeits- und Unfallversicherung

Eine Vorraussetzung ist, um als freier Dienstnehmer im Sinne von sozial- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen der Pflichtversicherung nach dem ASVG zu gelten, daß diese nicht bereits wo anders pflichtversichert sein dürfen (GSVG, FSVG, BKUVG, Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen Berufsvertretung) und auch keine Kammermitgliedschaft innehaben. Seit 1. Jänner 1998 sind freie DienstnehmerInnen, wenn ihr Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt (2004: 316,19 Euro monatlich)

in

der

Krankenversicherung,

Unfallversicherung

und

Pensionsversicherung pflichtversichert, wobei jedoch keine Arbeitslosenversicherung gegeben ist. Das heißt, daß freie DienstnehmerInnen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld sowie Notstandshilfe haben. Bleibt das monatliche Einkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze, sind die freien DienstnehmerInnen lediglich in der Unfallversicherung pflichtversichert. Es besteht jedoch nach § 19a ASVG die Möglichkeit, eine freiwillige Selbstversicherung4 für die Kranken- und Pensionsversicherung abzuschließen. Diese Selbstversicherung gilt dann für beide Versicherungsarten, die nicht getrennt voneinander abgeschlossen werden können. Für die Dauer der durchgehenden Selbstversicherung wird die Unterschreitung der Geringfügigkeitsgrenze herangezogen. Wird diese überschritten, fällt die freiwillige Selbstversicherung weg und muss ab dem nächsten Zeitpunkt der Unterschreitung wieder neu beantragt werden. Für das Jahr 2004 beträgt der monatliche Pauschalbetrag 44,61 Euro. Die zu entrichtenden Beitragssätze für freie DienstnehmerInnen betragen auf der Dienstgeberseite für die Krankenversicherung 3,25%, für die Pensionsversicherung 12,55%

und

für

die

Unfallversicherung

1,40%,

was

in

Summe

einen

Gesamtdienstgeberanteilssatz von 17,20% ergibt. Auf der Dienstnehmerseite beträgt der Anteil für die Krankenversicherung 3,25% und für die Pensionsversicherung 10,25%, was in Summe einem Gesamtdienstnehmeranteilssatz von 13,50% entspricht. Für freie DienstnehmerInnen unter der Geringfügigkeitsgrenze fällt

4

Korn 2002, S. 84

7 dienstgeberseitig

nur

der

Unfallversicherungsbeitrag

von

1,40%

an,

dienstnehmerseitig fallen keine Beiträge an. Für

alle

freien

DienstnehmerInnen

Arbeitslosenversicherungsbeträge,

keine

gilt,

daß

für

Arbeiterkammerumlage

sie

keine

und

keine

Zuschläge nach dem Insolvenzentgeltsicherungsgesetz (IESG) zu leisten sind. Dass bedeutet aber auch, daß freie DienstnehmerInnen nicht versichert

sind,

dass

sie

keinen

Anspruch

auf

gegen Arbeitslosigkeit Krankengeld

aus

der

Krankenversicherung haben, dass sie keine Leistungen der Arbeiterkammer, wie zum Beispiel Rechtsschutz, haben und dass sie im Fall der Insolvenz des Dienstgebers kein Insolvenzausfallsgeld bekommen5. Zur Einkommenssteuerpflicht der freien DienstnehmerInnen sei nur soviel gesagt, das sie selbst für die Versteuerung des empfangenen Honorars verantwortlich sind und entweder Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb erzielen, da sie keine Arbeitnehmer sind, sondern als Unternehmer gelten.

1.2 Abgrenzung freier DienstnehmerInnen zu anderen Formen der Erwerbstätigkeit 1.2.1 Der Werkvertrag6 und die neue Selbständigkeit Im Unterschied zum freien Dienstvertrag ist der Werkvertrag ein Zielschuldverhältnis, bei dem sich der Werkvertragsnehmer verpflichtet, ein gewisses Ziel zu erreichen, welches bereits bei Vertragsabschluß festgelegt worden ist. Der Werkbesteller will ein bestimmtes Werk, und nicht die zur Verfügung gestellte Arbeitskraft, was sich auch im Entgelt ausdrückt. Der Werkvertragsnehmer bekommt das Entgelt für den erbrachten Erfolg, nicht aber für sein Wirken7. Ist der Erfolg erbracht, wird das Vertragsverhältnis automatisch beendet. Im Gegensatz dazu wird beim freien Dienstvertrag das zur Verfügung stellen der Arbeitskraft geschuldet, was ein Dauerschuldverhältnis darstellt. 5

Engelbrecht – Gruber – Risak 2002, S. 92 ff. vgl. § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG 7 Korn 2002, S. 111 6

8

Auf Werkverträge sind die Vorschriften des Arbeitsrechts, Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen nicht anzuwenden. Ebenso ungültig ist eine Anwendung bestimmter arbeitsrechtlicher Bestimmungen, wie sie für freie Dienstverträge angewendet wird. Zu erklären ist dies damit, dass freie DienstnehmerInnen einem Dauerschuldverhältnis unterstehen, und Werkverträge ein Zielschuldverhältnis darstellen, welches vom Gesetzgeber gesondert geregelt wird8. Eine

Ausnahme

bilden

arbeitnehmerähnliche

Personen,

auf

die,

wie

bei

Dienstnehmern, die Bestimmungen des ASGG (Arbeit – und Sozialgerichtsgesetz), Arbeitkräfteüberlassungsgesetz (AÜG), Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) sowie des Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) anzuwenden sind9. Neue

Selbständige

sind

seit

1998

nach

dem

GSVG

(Gewerbliches

Sozialversicherungsgesetz) pflichtversichert10, wenn sie ein Jahreseinkommen über einer gesetzlich festgelegten Höhe, nämlich der Versicherungsgrenze, haben. Wird die Versicherungsgrenze nicht überschritten, ist der neue Selbständige auch nicht pflichtversichert. Die Kranken- und Pensionsversicherung der Selbständigen ist im GSVG, die Unfallversicherung im ASVG geregelt. Bei Unterschreiten der Versicherungsgrenze tritt

deshalb

bei

neuen

Selbständigen

keine

Pflichtversicherung

in

der

Unfallversicherung ein. Im Gegensatz dazu tritt die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung

bei

geringfügig

Beschäftigten

freien

DienstnehmerInnen

automatisch in Kraft. Bei der Unfallversicherung für neue Selbständige handelt es sich um einen fixen, jährlichen Betrag, der jedes Jahr neu angepasst wird. Da Selbständige keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, erhalten Sie auch keine Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit11. Neue Selbständige sind in Berufsgruppen wie beispielsweise freiberufliche Psychologen,

8

Logopäden,

Dolmetscher,

Engelbrecht – Gruber – Risak 2002, S. 130 vgl. § 51 ASGG, § 1 DHG, § 3 AÜG, § 2 AuslBG 10 Engelbrecht – Gruber – Risak 2002, S. 130 ff. 11 Engelbrecht – Gruber – Risak 2002, S. 167 ff. 9

Übersetzer,

Vortragende,

Gutachter,

9 Autoren, Erzieher, Musiker, Artisten, Bergführer, Rechtsanwälte, Notare, Journalisten und Tierärzte anzutreffen12.

1.2.2 Arbeitnehmerähnliche Personen Unter arbeitnehmerähnlichen Personen versteht man Personen, die nicht in einem Dienstverhältnis stehen, im Auftrag und für Rechnung anderer Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen

sind13.

Diese

Personen

sind

meist

im

Rahmen

eines

freien

Dienstvertrages oder eines Werkvertrages tätig. Die überwiegende Anzahl der folgenden Merkmale, die auf die wirtschaftliche Unselbständigkeit hindeuten müssen gelten: •

Die Tätigkeit wird nur für einen Auftraggeber oder für eine sehr eingeschränkte Anzahl ausgeübt



Die Tätigkeit wird über einen längeren Zeitraum ausgeübt



Die menschliche Arbeitsleistung steht im Vordergrund



Es gibt keine erwähnenswerte unternehmerische Struktur



Es gilt das Wettbewerbsverbot



Es werden die Arbeitsmittel des Vertragspartners verwendet

Wird eine Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich eingestuft, so sind für Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis die Arbeits- und Sozialgerichte nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG) zuständig und nicht die Handelsgerichte. Des Weiteren sind das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG), das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) und das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) anwendbar.

12 13

Korn 2002, S. 112 Engelbrecht – Gruber – Risak 2002, S. 38 ff.

10

1.2.3 Echte Dienstnehmer Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist ein Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird. Die persönliche Abhängigkeit bedeutet, dass die ArbeitnehmerInnen für einen anderen Dienste leisten und in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit sowie Verhalten am Arbeitsplatz den Weisungen des Arbeitgebers unterworfen sind. Die Arbeitsleistung ist in eigener Person zu erbringen und es gibt, im Gegensatz zu den freien DienstnehmerInnen, keine

Vertretungsmöglichkeit

durch

andere

Personen.

Die

wirtschaftliche

Abhängigkeit stellt klar, dass die ArbeitnehmerInnen, in Bezug auf die konkrete Tätigkeit, über keine eigenen Geschäftsräume und keine eigenen Arbeitsmittel verfügen. Diese werden vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. Bei dieser Art von Dienstverhältnis handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, in dem sich die ArbeitnehmerInnen Dienstleistungen

für

verpflichten, den

für

Arbeitgeber

bestimmte zu

oder

erbringen.

unbestimmte

Durch

die

über

Zeit, der

Geringfügigkeitsgrenze liegenden Entgeltung durch den Arbeitgeber, sind echte DienstnehmerInnen voll versichert und es gelten für sie alle Regelungen und Maßnahmen, die für freie DienstnehmerInnen nicht gelten. Dies wären zum Beispiel bezahlter Urlaub, Krankengeld, die Anwendbarkeit der Kollektivverträge, eine geregelte Arbeitszeit, bezahlte Überstunden, das Recht auf eine Abfertigung, Unterstützung durch Interessensvertretungen, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und noch andere Erleichterungen und Hilfestellungen.

1.2.4 Geringfügig beschäftigte (echte) Dienstnehmer Im Gegensatz zu freien DienstnehmerInnen üben geringfügig Beschäftigte echte DienstnehmerInnen ihre Beschäftigung in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit aus. Sie stehen in einem normalen Dienstverhältnis, aber beziehen ihr Entgelt nur bis zur Geringfügigkeitsgrenze (2004: 316,19 Euro monatlich). Wie bei den geringfügig Beschäftigten freien DienstnehmerInnen haben auch geringfügig Beschäftigte echte DienstnehmerInnen die Möglichkeit zu optieren und eine freiwillige Selbstversicherung nach § 19a ASVG abzuschließen. Der monatliche Pauschalbetrag hierfür liegt im Jahr 2004 bei 44,61 Euro monatlich. Mit

11 der

freiwilligen

Selbstversicherung

sind

diese

Personen

sozial-

und

pensionsversichert. Unfallversichert sind sie ohnehin immer, egal ob eine freiwillige Selbstversicherung abgeschlossen wird oder nicht. Hinsichtlich der anderen Regelungen, wie sie für echte Dienstnehmer Anwendung finden, sind sie für geringfügig Beschäftigte freie Dienstnehmer analog anzuwenden. Das heißt, ihnen steht auch Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, die Anwendbarkeit der Kollektivverträge und so weiter, zu.

1.3 Das Projekt Flexpower von ÖGB und Arbeiterkammer14 Flexpower ist eine Kooperation der Wiener Arbeiterkammer mit acht Gewerkschaften und läuft seit November 2001. Für neue Selbstständige und freie DienstnehmerInnen gibt es bezüglich arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen eine kostenlose Erstberatung, auch wenn sie nicht Mitglied der Gewerkschaft sind. Atypisch

Beschäftigten

wird

durch

die

gesetzliche Sozialversicherung kein

ausreichender Schutz wie bei Normalarbeitsverhältnissen gewährleistet. Die Leistungen

der

gesetzlichen

Kranken- und Unfallversicherung decken den

tatsächlichen Verdienstentgang im Schadensfall oft nicht ab. Im schlimmsten Fall kann das Eintreten von Unglücksfällen sogar existenzbedrohend wirken. Der ÖGB bietet deshalb seinen Mitgliedern mit der Flexpower - Versicherung eine preiswerte Möglichkeit an, diesen Risiken vorzubeugen. In Zusammenarbeit mit der Wiener Städtischen Versicherung haben Mitglieder die Möglichkeit, die freie DienstnehmerInnen, WerkvertragsnehmerInnen oder ähnliches sind, eine vergünstigte Kranken- und Unfallversicherung abzuschließen. Diese Versicherung zielt exklusiv auf die Bedürfnisse dieser Beschäftigtengruppe ab und stellt

eine ideale

Ergänzung

zu

den

Leistungen

aus

der

gesetzlichen

Sozialversicherung dar, weil sie im Falle von Erkrankung oder Arbeitsunfähigkeit sowie nicht beruflich bedingten Unfällen leistet. Laut

dem

Forschungsbericht

von

Flexpower

sind

BetriebsrätInnen,

PersonalvertreterInnen und JugendvertrauensrätInnen für freie DienstnehmerInnen und neue Selbständige nicht zuständig. Deshalb bildet sich zunehmend zur 14

Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Februar 2003: Atypisch Beschäftigt – Typisch für die Zukunft der Arbeit?

12 „Stammbelegschaft“ eine „Randbelegschaft“. Gab es Anfang 1998 erst 9600 freie DienstnehmerInnen über der Geringfügigkeitsgrenze, so betrug dieser um 150% gestiegene Wert Ende 2002 bereits 24300. Die meisten Befragten des Flexpower – Forschungsprojektes, die übrigens am

häufigsten im Dienstleistungsbereich

anzutreffen sind, wurden aufgrund des Arbeitsmarktes in diese Situation gedrängt und wählten diese Beschäftigungsform nicht freiwillig. Allerdings gab auch die Hälfte der Befragten an, in Zukunft wieder gern in der Unselbständigkeit tätig sein zu wollen. Eine überwiegende Mehrzahl der von Flexpower befragten würde gerne eine Interessenvertretung im Bereich Vertragsrecht, Sozialversicherungsrecht sowie Steuerrecht realisiert sehen. Jeder zweite würde sich auch eine Minimalabsicherung bei den Honoraren, eine Unterstützung bei der Aus- und Weiterbildung und eine Vernetzung für Menschen in ähnlichen Situationen wünschen.

1.4 Rechtliche Bestimmungen und Vereinbarungen in Österreich § 4 Abs. 4 ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz): Pflichtversicherung für Freie DienstnehmerInnen, DienstgeberIn / AuftraggeberIn ist meldepflichtig Seit

1.3.

2002

gilt

ein

Kollektivvertrag

für

„LeiharbeiterInnen“,

der

die

arbeitsrechtlichen Ansprüche im gesamten Bundesgebiet regelt. Angestellte, die nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz beschäftigt sind, haben schon immer einen Kollektivvertrag. §§ 1159, 1159a, 1159b ABGB (Allgemein Bürgerliches Gesetzbuch): Freier Dienstvertrag Kündigungsfrist vierzehn Tage, bei höherwertigen Tätigkeiten bis vier Wochen §§ 1162a, 1162b, 1162c ABGB: vorzeitiger Austritt ohne wichtigen Grund löst bei Freien Dienstverträgen Schadenersatzansprüche aus § 18 GSVG (Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz): Neue Selbständige müssen sich binnen eines Monats selbst melden, wenn bei ihnen die Voraussetzungen der

13 Pflichtversicherung

vorliegen

und

wenn

wesentliche

Änderungen

das

Versicherungsverhältnis betreffend eintreten Verordnung (BGBl II Nr. 409/2002) aufgrund des § 49 Abs 7 ASVG: Seit November 2002 gibt es eine Neuregelung für nebenberuflich tätige ErwachsenenbildnerInnen, die ab Jänner 2003 in Kraft getreten ist. Alle nebenberuflich Lehrenden beziehungsweise Vortragenden sind nun freie DienstnehmerInnen und unterliegen dem ASVG, außer die Tätigkeit wird im Rahmen einer Gewerbeberechtigung oder Berufsberechtigung ausgeübt, welche die Mitgliedschaft zu einer Kammer oder einer kunstschaffenden Tätigkeit begründet. Nachteil der neuen Regelung ist, dass die Sozialversicherungspflicht erst im Nachhinein eintritt und somit auch keine Leistungen in Anspruch genommen werden können. §

539

a

ASVG:

Nach

diesem

Gesetz

(aber

auch

nach

allgemeinen

vertragsrechtlichen Grundsätzen) ist nicht ausschlaggebend, wie ein Vertrag bezeichnet wird, sondern was der „wahre wirtschaftliche Gehalt“ ist. Handelt es sich bei dem Vertrag nach den Tätigkeiten und dem Eingebundensein im Betrieb in Wahrheit um einen normalen Dienstvertrag, wurde dieser von dem/der DienstgeberIn mittels Bezeichnung des Vertrages als „atypisch“ umgangen, gibt es die Möglichkeit, dies von der Gebietskrankenkasse oder durch das Gericht (Arbeits- und Sozialgericht) feststellen zu lassen bzw. Ansprüche daraus geltend zu machen. § 19d AZG (Arbeitszeitgesetz): Regelungen für Teilzeitarbeit.

14

2 Zweiter Teil: Inhaltsanalyse „Freie DienstnehmerInnen und Interessenvertretungen“ 2.1 Allgemeiner Teil und Definition Im zweiten Teil dieser Arbeit geht es um die Analyse der fünf Leitfadeninterviews, die an freien DienstnehmerInnen durchgeführt wurde. Anhand dieser Analyse soll festgestellt werden, wie die unterschiedlichen Interviewpartner mit dem Thema Interessenvertretung umgehen. Die sich im Anhang befindende Transkription wird nach der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring bearbeitet, die im Folgenden noch näher dargestellt werden soll.

2.1.1 Beschreibung der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring Mayring15 beschreibt in seinem Buch zur qualitativen Inhaltsanalyse einige Verfahren, wobei hier das Verfahren der strukturierenden Inhaltsanalyse durch inhaltliche Strukturierung herausgegriffen werden soll. Mayring beschreibt dieses Verfahren als die wohl zentralste inhaltsanalytische Technik, welche zum Ziel hat, bestimmte

Themen,

Inhalte

und

Aspekte

aus

dem

gewonnen

Material

herauszufiltern. Welche Inhalte aus dem Material extrahiert werden sollen, wird durch theoriegeleitet entwickelte Kategorien und Unterkategorien beschrieben. Zunächst muss das Kategoriensystem entwickelt werden, in welchem dann pro Kategorie formulierte Definitionen, Ankerbeispiele und Kodierregeln eingefügt werden. Danach kommt es beim Materialdurchlauf zur Fundstellenbezeichnung mit anschließender Bearbeitung und Extraktion der Fundstellen. Zu diesem Zeitpunkt kommt es noch einmal zu einer Überarbeitung und gegebenenfalls Revision von Kategoriesystem und Kategoriedefinition.

Das nun zu paraphrasierende Material wird in einem

nächsten Schritt pro Unter- und Hauptkategorie zusammengefasst. Daraus ergibt sich dass in Abbildung 1unter Abhängigkeit von Abbildung 2 gezeigte Ablaufschema:

15

Mayring 2000, S. 82 ff.

15 Abbildung 1: Ablaufmodell inhaltlicher Strukturierung 2. Schritt: Theoriegeleitete Festlegung der inhaltlichen Hauptkategorien

3. – 6. Schritt: siehe Abbildung 2. nach Mayring 2000, S. 84, Abb. 13

7. Schritt: Überarbeitung und Revision der Schritte 3-6

8. Schritt: Paraphrasierung des extrahierten Materials 9. Schritt: Zusammenfassung pro Kategorie

10. Schritt: Zusammenfassung pro Hauptkategorie

Abbildung 2: Ablaufmodell strukturierender Inhaltsanalyse (allgemein) 1. Schritt: Bestimmung der Analyseeinheiten

2. Schritt: Festlegung der Strukturierungsdimensionen (theoriegeleitet)

3. Schritt: Bestimmung der Ausprägungen

4. Schritt: Formulierung von Definitionen

7. Schritt: Überarbeitung, gegebenenfalls Revision von Kategoriesystem und Kategoriendefinitionen

5. Schritt: Materialdurchlauf mit Fundstellenbezeichnung

6. Schritt: Materialdurchlauf mit Bearbeitung und Extraktion

8. Schritt: Ergebnisaufbereitung

16

2.2 Ausführungen zum wissenschaftlichen Ablauf

2.2.1 Festlegung des Materials Der Inhaltsanalyse liegen die fünf Leitfadeninterviews zugrunde, welche im Anhang transkribiert zu finden sind. Zur Auswahl der fünf Interviewpartner sei nur soviel gesagt, dass genommen wurde, was zu finden war. Das heißt, diese Auswahl ist weder statistisch zufällig, noch repräsentativ, sondern eine Auswahl aufs Geratewohl von freien DienstnehmerInnen, welche über der Geringfügigkeitsgrenze liegen. Die ganze Anzahl der Interviewten wurde dadurch gewonnen, dass mir bekannte Personen

befragt

wurden,

Geringfügigkeitsgrenze

ob

kennen,

sie

und

freie ob

DienstnehmerInnen

diese

mir

zur

über

Bearbeitung

der eines

universitären Projektes zur Verfügung stehen könnten. Alle Leitfadeninterviews wurden innerhalb von 30 Tagen im Mai 2004 durchgeführt und orientieren sich jeweils am gleichen Interviewleitfaden. Aus den Leitfadeninterviews werden jene Interviewstellen ausgewählt, die sich mit dem Problem der Interessenvertretungen auseinandersetzen.

2.2.2 Analyse der Entstehungssituation Alleine schon durch die Bereitschaft, Zeit zu investieren und teilweise heikle Fragen zu beantworten, ist eine absolut freiwillige Teilnahme an der Interviewsituation gewährleistet. Zur Absicherung eines qualitativ hochwertigen Interviews wurde den jeweiligen Interviewpartnern vom Interviewer (dem Autor) eine Informationsbroschüre zu allgemeinen, gesetzlichen Bestimmungen über freie DienstnehmerInnen zum vorherigen Selbststudium vorgelegt. Alle Interviews wurden bei den Befragten zu Hause durchgeführt und folgten einem offenen Leitfaden, der den Betroffenen die Möglichkeit einer freien Antwortmöglichkeit gab, aber auch in Situationen des Schweigens vom Interviewer einen Anstoß zum Gespräch offen ließ. Obwohl versucht wurde, durch den Interviewleitfaden vom Allgemeinen ins Detail zu kommen, war es als Interviewer nicht immer möglich, nur einen Anstoß zum Thema zu geben, sondern auch die Interviewten entsprechend zum Reden zu motivieren. Die Interviews dieses Projekts wurden ausschließlich vom Autor durchgeführt.

17

2.2.3 Formale Charakteristika des Materials Alle Interviews wurden mit einem digitalen Aufnahmegerät aufgezeichnet und anschließend in eine transkribierte Form gebracht. Die Transkription erfolgte folgendermaßen, dass der komplette Audioinhalt zu Papier gebracht wurde. Die Beschreibung der Transkription aller Interviewten folgt nachstehendem Schema: •

A, B, C, D, E für die Interviewten in der daraus resultierenden Reihenfolge



Anschließend daran entweder m oder w für männlich oder weiblich



Das große Y steht immer für den Interviewer (Autor)



Wurden vom Interviewten / Interviewer Sätze nicht zu Ende gebracht, wurde dies mit …. dokumentiert



Gesprächspausen, Verlegenheitsaussagen (z.B. „äh..“), Stimmungen und andere Formen der Redeüberbrückung wurden in der Transkription nicht berücksichtigt



Das Interview mit einem mir bekannten Betriebsrat wurde wie oben beschrieben transkribiert, wobei „BR“ für Betriebsrat steht

2.2.4 Richtung der Analyse und theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung Durch die Interviews sollen die Befragten angeregt werden, über ihre Ängste, ihre Vorstellungen

und

ihr

zukünftiges

Streben

zu

sprechen.

Die

thematische

Forschungsfrage bezieht sich auf das Thema selbst. Erst in zweiter Linie soll versucht werden auf den Handlungshintergrund der Kommunikatoren zu schließen. Konkrete Forschungsfrage: Wie gehen freie DienstnehmerInnen mit dem Thema Interessenvertretungen um? Unterfragestellungen: Was erwarten sich freie DienstnehmerInnen von Interessenvertretungen? Sind freie DienstnehmerInnen sich über ihre Lage im Klaren?

18

2.2.5 Bestimmung der Analysetechnik Als Analysetechnik soll die inhaltliche Strukturierung Anwendung finden, weil sie zur Fragestellung gut geeignet scheint.

Die formale Strukturierung, typisierende

Strukturierung und skalierende Strukturierung werden hier außer Acht gelassen, da sie in diesem Fall zwar brauchbare Ergebnisse liefern würden, jedoch nicht zur Fragestellung und deren Auswertung passen.

2.2.6 Definition der Analyseeinheit Ausgewertet werden alle fünf Interviews in Bezug auf jene Sequenzen, die sich mit dem Thema Interessenvertretungen beschäftigen. Auf diese Analyseeinheit wird die inhaltliche Strukturierung nach Mayring16 angewendet.

2.3 Analyse des Materials 2.3.1 Inhaltliche Kategorien, Ankerbeispiele, Definitionen Kategorie 1: Einstellung zu Interessenvertretungen. „Man fühlt sich als freier Dienstnehmer ziemlich auf sich alleine gestellt.“ Eine Aussage oder Meinung wird in diese Kategorie aufgenommen, sobald eine Äußerung zur Einstellung von Interessenvertretungen gemacht wird. Kategorie 2: Erwartungen an Interessenvertretungen. „Bonuszuckerln müssen nicht sein, aber halt die normalen Sachen.“ Meinungen und Äußerungen kommen in diese Kategorie, wenn es um Erwartungen, Enttäuschungen oder ähnliches bezüglich Interessenvertretungen geht. Kategorie 3: Klarheit über die eigene Situation. „Meine Freiheit und die freie Arbeitseinteilung sind mir mehr Wert als diese Privilegien.“ Aussagen bezüglich der eigenen oder allgemeinen Einschätzung der Situation kommen in diese Kategorie. 16

Mayring 2000, S. 89

19

2.3.2 Zusammengefasste Kategorien Kategorie 1: Allgemein: Manche brauchen die Hilfe von Gewerkschaft und Arbeiterkammer. Freie Dienstnehmer haben kaum das Bedürfnis, Vertretungen wie Gewerkschaft, Arbeiterkammer oder dergleichen in Anspruch zu nehmen. Persönlich: Auf mich bezogen habe ich kein Bedürfnis nach Interessenvertretungen, da zwischen mir und dem Arbeitgeber ein Vertrauensverhältnis hergestellt wurde. Durch gute Erfahrungen mit dem Arbeitgeber hätte ich das Service vom ÖGB oder anderen nie in Anspruch nehmen müssen. Bei mir hat es bezüglich Arbeit noch keine Probleme gegeben, aber es gibt sicher Situationen, in denen es angenehm ist, auf Gewerkschaften oder ähnliche Dienste zurückzugreifen. Für mich sind Interessenvertretungen im Prinzip uninteressant, weil ich freier Dienstnehmer bin, und mir über dieses Dienstverhältnis im Klaren bin. Bis jetzt bin ich eigentlich auch immer ohne Interessenvertretungen gut zu recht gekommen. Ich finde es schlimm, dass es keine entsprechenden Interessenvertretungen gibt.

20 Kategorie 2: Persönlich: Man muss zwar nicht unbedingt mit echten Dienstnehmern gleichgestellt sein, aber man sollte in etwa die gleichen Leistungen bekommen. Die Bonuszuckerln der echten Dienstnehmer müssen nicht sein, aber bei einem bestimmten Versicherungsbetrag wären die wichtigen Sachen schon angebracht. Selbstverständlich hätte ich gerne die Privilegien der echten Dienstnehmer. Natürlich wäre Weihnachtsgeld und speziell Krankengeld so wie bei echten Dienstnehmern interessant. Würde ich langfristig als freier Dienstnehmer arbeiten, würde ich Wert auf Leistungen wie Krankengeld legen. Man ist als freier Dienstnehmer sehr auftraggeberabhängig, abgesichert zu sein wie echte Dienstnehmer wäre schön. Leistungen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld bei echten Dienstnehmern könnten bei freien Dienstnehmern durch höhere Löhne in Lohnverhandlungen kompensiert werden. Es müsste eine Abgrenzung zum echten Unternehmer geben, weil man als freier Dienstnehmer eigentlich kein Unternehmer in dem Sinne ist. Wenn ich ein Anliegen an den Betriebsrat hätte, würde er das machen. Flexpower: Wenn ich langfristig planen würde, würde ich wahrscheinlich eine Flexpower – Versicherung abschließen.

21 Ich habe noch nie von Flexpower gehört, aber es klingt relativ interessant. Ich werde mich da informieren. Ich habe von Flexpower noch nie gehört, aber ich finde die Idee gut. Ich habe von Flexpower schon gehört und finde das grundsätzlich gut, ich habe aber noch keine derartigen Leistungen in Anspruch genommen. Gehört habe ich von Flexpower noch nicht, aber es klingt sehr interessant.

Kategorie 3: Nicht durch Interessenvertretungen abgesichert zu sein ist ein Punkt, den ein freier Dienstnehmer einfach in Kauf nehmen muss. Ich weiß, dass es in der Firma einen Betriebsrat gibt. Ich weiß aber nicht, ob ich vom Betriebsrat Unterstützung bekommen würde. An und für sich brauche ich auch keinen. Es ist mir klar, dass ich als freier Dienstnehmer auf Interessenvertretungen und andere Verträge bewusst verzichten muss. Ich glaube, es gibt keinen Bedarf für freie Dienstnehmer Interessenvertretungen bereit zu stellen. Meine Freiheit und meine freie Arbeitseinteilung sind mir mehr Wert als

die

Privilegien echter Dienstnehmer. Auch wenn man als freier Dienstnehmer keine Abfertigung und dergleichen erhält, ist mir die Freie Zeiteinteilung wichtiger. Als freier Dienstnehmer weiß ich, dass ich nicht im Mittelpunkt des Interesses des Betriebsrates stehe, da er ja für die echten Dienstnehmer zuständig ist.

22 Ich glaube nicht, dass sich der Betriebsrat um freie Dienstnehmer kümmert. Ich habe gewusst, dass als freier Dienstnehmer über dem gesetzlichen Rahmen keine Zusatzleistungen wie beim echten Dienstnehmer vorhanden sind. Die Vorteile, dass man sich die Zeit frei einteilen kann und unabhängig ist, überwiegen einfach. Lebenslänglich als freier Dienstnehmer ohne eine vernünftige Absicherung zu arbeiten, ist sicher keine Perspektive. In meinem Fall muss man eben einfach damit leben, dass man keine Gewerkschaften und andere Interessenvertretungen als Unterstützung hat. Wenn der Arbeitgeber keine weitere Leistung mehr benötigt, muss man sich eben einen neuen Arbeitgeber suchen.

2.4 Ergebnisaufbereitung und Interpretation Im Allgemeinen ist zu den interviewten Personen zu sagen, dass sie im Alter zwischen 25 und 32 Jahren liegen und von den fünf Befragten vier männlich und eine Person weiblich war. Eine Vorgabe dieses Projektes war, fünf Personen zu finden, welche über der Geringfügigkeitsgrenze liegen, was sich als äußerst schwierig erwies, da die meisten, zu denen Kontakt hergestellt werden konnte, unter der Geringfügigkeitsgrenze lagen. Für viele freie DienstnehmerInnen wird deren Tätigkeit als eine kurzfristige Angelegenheit gesehen, da sie ihrer Beschäftigung nur nebenbei zu ihrer Haupttätigkeit nachgehen, eben um diese finanzieren zu können. Unter den Befragten waren StudentInnen, ein Schriftsteller, eine Person in beratender Tätigkeit und andere, die ihre Tätigkeit als freie DienstnehmerInnen nur deshalb ausführen, um sich finanziell über Wasser halten zu können, mit der Perspektive später einmal den persönlichen Traumjob zu bekommen. Vom Verdienst her liegt die Untergrenze bei 600 Euro netto und die Obergrenze bei 1400 Euro. Alle Interviewten wurden hinsichtlich ihrer freien Dienstnehmertätigkeit, ihres Vertrages und bezüglich der Geringfügigkeitsgrenze befragt, ob dies denn wirklich zutreffe. Bejahenderweise konnte aber festgestellt werden, dass manche Verträge sicherlich einen Streitfall

23 darstellen würden und wahrscheinlich nicht jeder Prüfung standhalten könnten, was sich aus der Art der Tätigkeit und den jeweils verwendeten Betriebsmitteln erkennen lässt. Die Forschungsfrage nach freien DienstnehmerInnen und Interessenvertretung wurde von den Beteiligten in unterschiedlicher Art und Weise beantwortet. Zur Frage, ob sie im Allgemeinen eine Aussage tätigen können wurde meist auf andere DienstnehmerInnen geschlossen und es wurde erklärt, dass sicherlich manche die Hilfe von Gewerkschaft und Arbeiterkammer benötigen würden. Andererseits sind sich aber fast alle Dienstnehmerinnen einig, wenn man schon in so einem Dienstverhältnis stünde, müsse man wissen auf was man sich einließe und dürfe kein Bedürfnis danach haben, Leistungen der Gewerkschaft, der Arbeiterkammer und von Betriebsräten zu erhalten. Auf die eigene Person bezogen wurde angeführt, dass eigentlich kein Bedürfnis nach Interessenvertretungen besteht, da sich zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein entspanntes und lockeres Verhältnis gebildet hat und es sich lohnt, darauf zu vertrauen, dass das in Zukunft auch so bleiben wird. Dennoch wurde erwähnt, dass es Situationen geben könnte, in denen es von Vorteil ist, auf die Dienste von Interessenvertretungen zurückzugreifen. Dies lässt darauf schließen, dass freie DienstnehmerInnen doch gerne eine Absicherung durch Interessenvertretungen hätten, sich aber dennoch komplett über ihre Situation im klaren sind und versuchen, das bestmögliche daraus zu machen. Es wurde nämlich auch der good – will des Arbeitgebers erwähnt, was schon ein zukünftiges Problem darstellen könnte, aber von den freien Dienstnehmern zu vermeiden

versucht

Interessenvertretungen,

wird. was

Die die

Frage Themen

bezüglich Urlaubsgeld,

Erwartungen

an

Weihnachtsgeld,

Krankengeld, Unfallversicherung, Abfertigung und Einbindung in dementsprechende Kollektivverträge betrifft, wurde von den Befragten in unterschiedlicher Weise beantwortet. Einerseits ist ihnen die Angleichung der Leistungen gegenüber echten Dienstnehmern wichtig, andererseits wurde immer die Unterscheidung erwähnt, dass es sich bei der von ihnen ausgeführten Tätigkeit nicht um eine Langzeitplanung handelt, sondern um eine Kurzzeitplanung, welche es nur zu überbrücken gilt. Erwähnt wurde auch, dass es von großer Bedeutung ist, einen Unterschied im Unternehmensbegriff zu machen, weil die freien DienstnehmerInnen ja als Unternehmer gelten, in Wirklichkeit aber ein eher normales Dienstverhältnis haben,

24 und trotzdem mit all der Raffinesse eines Unternehmers handeln sollten, was bei den meisten aber aufgrund ihres Tätigkeitsbereiches schon nicht machbar ist, weil in vielen Fällen eine Abhängigkeit von nur einem einzigen Dienstgeber besteht. Es wird auch davon ausgegangen, dass der Betriebsrat bei Hilfesuchenden eine Ausnahme macht und sich wirklich mit den Anliegen der freien DienstnehmerInnen beschäftigt, doch würde das nur so sein, wenn es dementsprechende, gesetzliche Regelungen geben würde. Des Weiteren wurde erwähnt, dass man Zusatzleistungen durch höhere Löhne bei freien DienstnehmerInnen ausgleichen kann, was aber wiederum nur mit einer entsprechenden Interessenvertretung und einer zu dem Ganzen passenden Vereinbarung möglich ist. Zu den bereits existierenden Möglichkeiten, sich als freier Dienstnehmer zusätzlich abzusichern, sei nur soviel gesagt, dass die meisten Befragten von so einer Möglichkeit, nämlich der Flexpower – Versicherung, noch nie etwas gehört haben, aber diese Option durchaus für sinnvoll halten und mit dem Gedanken spielen, sich für eine solche Möglichkeit zu entscheiden. Aus diesem Kontext lässt sich erkennen, dass auf der einen Seite zwar etwas für freie DienstnehmerInnen unternommen wird, aber auf der anderen Seite diese Anstrengungen nur halbherzig durchgeführt werden und nicht zu den betroffenen Personen durchsickern. Mit den entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen würde es sicher gelingen, eine breitere Masse an freien, uninformierten DienstnehmerInnen anzusprechen. Grundsätzlich wissen freie DienstnehmerInnen um ihr Dilemma der Absicherung und der zusätzlichen Leistungen bescheid und begeben sich bewusst in diese unsichere Situation der Beschäftigung. Es wird davon ausgegangen, dass jeder freie Dienstnehmer über die Situation der Interessenvertretungen bescheid weiß, dies einfach in Kauf nehmen, und bewusst darauf verzichten muss. Als Vorteile werden immer die freie Zeiteinteilung, die Unabhängigkeit und die persönliche Freiheit genannt, um deren Willen es sich lohnt auf die zusätzlichen Leistungen zu verzichten. Doch wird auch immer erwähnt, dass es langfristig gesehen keine Perspektive ist, ohne jegliche Absicherung zu arbeiten, ständig auf den guten Willen des Arbeitgebers angewiesen zu sein und zu hoffen, dass der Betriebsrat in Notzeiten, obwohl nicht zuständig, den freien DienstnehmerInnen trotzdem hilfreich unter die Arme greift.

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2.5 Eigene Erfahrungen mit BetriebsrätInnen Wie den meisten freien DienstnehmerInnen beschränkt sich meine persönliche Erfahrung

mit

BetriebsrätInnen

auch

auf

das

Wissen

der

Existenz

von

BetriebsrätInnen und die Möglichkeit, auf die gutmütige Kooperation ihrerseits in Problem- und Notfällen zu hoffen. Durch mein freies Gespräch mit einem mir bekannten Betriebsrat konnte ich jedoch interessante Informationen im Zusammenhang mit freien DienstnehmerInnen und den Umgang von BetriebsrätInnen mit diesem Thema gewinnen. Die hier wiedergegebene Meinung stellt die Meinung der befragten Person dar. Es soll im Folgenden ein kurzer Überblick über das gesprochene dargestellt werden. Die vollständige Transkription dieses Gesprächs findet sich im Anhang. Zum Thema der freien DienstnehmerInnen und deren Bezug zu den jeweiligen BetriebsrätInnen handelt es sich um ein Problem, welches schon länger bekannt ist. Echte Dienstnehmer werden im Zeitpunkt der Einstellung dem Betriebsrat gemeldet und von diesem vertreten. Bei freien DienstnehmerInnen gibt es diese Meldung nicht und folglich können sie auch nicht vertreten werden, weil sie auch nicht bekannt sind. Von den freien DienstnehmerInnen, die sich in Betrieben befinden, geht die Problematik aus, dass sie fixe Anstellungsverhältnisse untergraben, in dem sie für Unternehmen einfach billiger erscheinen, weil Sozialleistungen und andere Kostenfaktoren eingespart werden können. Das Problem dabei ist, dass sich Angestellte mit Personen konkurrieren müssen, die eigentlich ganz andere Voraussetzungen haben, wie zum Beispiel keine vernünftige Bindung zum Unternehmen. Weiters handelt es sich auch um ein Qualitätsproblem, da nur Angestellte dem ständigen Zugriff des Arbeitgebers zur Verfügung stehen, und so jederzeit einer Schulung oder disziplinären Maßnahme zugeführt werden können. Zu den Bestrebungen, freie DienstnehmerInnen durch Interessenvertretungen zu integrieren, sei gesagt, dass die Gewerkschaft, die derzeit noch nach den traditionellen

Arbeitsverhältnissen

des

Industriezeitalters

strukturiert

ist,

die

Entwicklung der neuen Dienstverhältnisse verschlafen hat. So wurde das Projekt Flexpower im November 2001 zum Leben erweckt, freie Dienstverträge gibt es aber schon länger. Den Vorteil, den freie DienstnehmerInnen haben, ist, dass sie einfach billiger und variabler einsetzbar sind, und der Lobbyismus über die Wirtschaft läuft.

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Schlusswort Die Betrachtung einer alltäglichen Situation mit den Augen der empirischen Sozialforschung hat für mich eine besondere Herausforderung dargestellt und mich dazu begeistert, mich mit Themen der empirischen Sozialforschung, bezüglich dem praktischen Gebrauch und die methodische

Anwendung, auch in Zukunft

auseinanderzusetzen. Was die Auswertung der Leitfadeninterviews betrifft, sei von mir nur angemerkt, dass es eines viel größeren Umfragerahmens bedurft hätte, um dieses Thema gut abzudecken und mit weiteren Meinungen und Aussagen abzusichern. Da es sich bei der Methode aber um ein qualitatives Verfahren handelt, hätte es von mir wohl nicht allein und vor allem nicht in diesem Zeitrahmen bearbeitet werden können. Abschließend möchte ich noch sagen, dass das Thema um freie DienstnehmerInnen und jeweilige Interessenvertretungen erst in den Kinderschuhen steckt, und dass es sicherlich

noch

viele

Interessenvertretungen

Möglichkeiten und

dadurch

und

auch

vielleicht

Anlässe

den

geben

Gesetzgeber

wird,

die

selbst,

zu

konstruktiven Handlungen zu bewegen, die für die Betroffenen nur von Vorteil sein können. Was in der Vergangenheit bereits unternommen wurde soll für die Zukunft ein Ansporn sein, noch besseres zu Bewerkstelligen.

27

LITERATURVERZEICHNIS − Atteslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung; 9. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, de Gruyter 2000 − Bohnsack, R.: Rekonstruktive Sozialforschung – Verführung zum qualitativen Forschen. Wien 1994 − Engelbrecht – Gruber – Risak: Werkverträge und atypische Dienstverträge. Manz und Wirtschaftsblatt, Wien 2002 − Fink, Marcel; Riesenfelder, Andreas; Talòs, Emmerich: Atypische Beschäftigungsverhältnisse – geringfügige Beschäftigung und Freie DienstnehmerInnen. Wien 2001 − Friedrichs, Jürgen: Methoden empirischer Sozialforschung. 14. Auflage 1990. Opladen 1980 − Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich: Freie Dienstnehmer. Atypische Dienstverhältnisse. Eigenvervielfältigung, Wien, April 2003 − Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien: Atypisch Beschäftigt – Typisch für die Zukunft der Arbeit? AK – Wien; ÖGB; Ulrich Schönbauer und Angelika S. Laburda. Forschungsprojekt. Wien, Februar 2003 − Korn, Georg – Manfred: Die Werkvertragsregelung. Wegweiser für die Praxis; 3. aktualisierte und erweiterte Auflage 2002, Verlag Weiss – Wien 2002 − Lamnek, Siegfried: Qualitative Sozialforschung - Band 2: Methoden und Techniken; 3. korrigierte Auflage. Beltz- Psychologie – Verlags - Union, Weinheim 1995 − Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse – Grundlagen und Techniken; 7. Auflage 2000, Deutscher Studienverlag. Weinheim 2000

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ANHANG 5 transkribierte Leitfadeninterviews

Interview 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50

Y: Sie sind Dienstnehmer, freier Dienstnehmer, und beziehen Ihr Haupteinkommen aus diesem freien Dienstverhältnis. Am: Ja, das Stimmt. Y: Dann möchte ich Ihnen zuerst einige persönliche Fragen stellen. Warum haben Sie sich entschieden einer Erwerbstätigkeit als freier Dienstnehmer nachzugehen? Am: Wegen des Zeitfaktors, weil ich eine Arbeit brauche, wo ich meine Arbeit flexibel gestalten kann, und das ist bei einem freien Dienstvertrag eben so am besten möglich. Also, die Zeit brauche ich vor allem wegen des Studiums und wegen meiner Auslandsreisen. Y: Gut. Wie lange arbeiten Sie schon als freier Dienstnehmer? Am: Also insgesamt etwas mehr als ein Jahr. Y: Wie lange wollen Sie noch als freier Dienstnehmer arbeiten? Am: Ich würde sagen, noch etwa sechs bis acht Monate. Y: Also keine dauerhafte Lösung, sondern nur eine Zwischenlösung bis zum nächsten Ziel. Am: Das kann man so sagen, ja. Y: Und dieses nächste Ziel wird sein, das Studium abzuschließen. Am: Ja, das Studium abschließen, und danach plane ich eine normale Beschäftigung als echter Dienstnehmer. Y: Wie viele Stunden pro Monat arbeiten Sie durchschnittlich als freier Dienstnehmer? Am: Das variiert. Also pro Monat ist es relativ schwer zu sagen. Pro Woche werden es wahrscheinlich fünfzehn bis zwanzig Stunden sein. Y: Und Sie können sich Ihre Arbeitszeit frei einteilen? Am: Absolut, ja. Y: Arbeiten Sie im Unternehmen und werden Ihnen die Betriebsmittel zur Verfügung gestellt oder arbeiten Sie an einem anderen Ort? Am: Ich arbeite fast ausschließlich zu Hause und alle verwendeten Mittel sind meine Eigenen. Das einzige, was ich bekomme sind manchmal Wörterbücher und so Sachen eben, die dann in elektronischer Form zugesendet werden, ansonsten nichts. Y: Inwiefern sind Sie in die Unternehmensorganisation eingebunden und wie sieht es mit Anweisungen von Vorgesetzten aus? Am: Ich bin überhaupt nicht eingebunden, ich bekomme gewisse Vorgaben, die ich eben machen muss, wie man es von mir erwartet und meistens gibt es auch keine Einwände. Also

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wie ich das mache, wird meistens nicht geregelt. Also nur die Aufgabe und die Zeitvorgabe, wann man es haben will. Y: Ein freier Dienstnehmer lässt die Möglichkeit offen, sich durch eine geeignete Person vertreten zu lassen. Haben Sie von dieser Möglichkeit je gebrauch gemacht? Am: Ah, nur einige wenige Male, aber es war keine direkte Vertretung, ich habe nur einige Aufgaben an eine andere Person delegiert, ich habe das meinem Vorgesetzten auch gesagt, dass ein Teil der Arbeit nicht von mir ist, aber abgegeben habe ich dann alles selbst und es war eine geeignete Person, die dem Arbeitgeber auch bekannt war. Y: Also derjenige ist aus dem Personenpool in der Firma gekommen, und deswegen war das in Ordnung. Am: Ja, ja. Y: Wie Sie ja wissen haben Dienstnehmer ja die Möglichkeit sich von Gewerkschaft und Arbeiterkammer helfen und beraten zu lassen. Das ist bei freien Dienstnehmern nicht so. Wie sehen Sie persönlich diese Problematik auf sich selbst bezogen? Am: Also auf mich selbst bezogen sehe ich kein Problem, da zwischen mir und dem Arbeitgeber eigentlich ein Vertrauensverhältnis hergestellt wurde und insofern habe ich kein Problem, aber für die Masse der freien Dienstnehmer würde ich das Problem schon vorhanden sehen, weil manche wirklich die Hilfe von solchen Institutionen brauchen. Y: Weil sie selbst zu schwach sind? Am: Ja, also für mich selbst sehe ich keine Notwendigkeit, weil das Verhältnis immer vertrauensvoll und locker war, in sämtlichen Dienstverhältnissen die ich bis jetzt… Y: Und da besteht wahrscheinlich kein Problem, dass das in Zukunft einmal anders sein könnte? Am: Ja, sicherlich nicht. Y: Der Betriebsrat eines jeweiligen Unternehmens soll der Kommunikator zwischen Angestellten und Geschäftsleitung sein und für die Anliegen der Angestellten hilfreich zur Seite stehen. Beschäftigt sich Ihr Betriebsrat auch mit den Anliegen der freien Dienstnehmer? Am: Ah, davon war bis jetzt nichts zu merken, aber ich muss auch sagen, dass ich jemand bin der eigentlich nie im Unternehmen auftritt, also nur sehr, sehr selten im Unternehmensgebäude erscheint und auch nicht erscheinen muss, insofern ist es auch logisch, dass ich nicht unbedingt im Mittelpunkt des Interesses des Betriebsrates bin. Deswegen. Y: Als freier Dienstnehmer sind Sie sozialversichert, unfallversichert und pensionsversichert. Was sagen Sie zu den Leistungen, die echte Dienstnehmer zusätzlich erhalten, zum Beispiel Krankengeld, Urlaubsgeld, freie Dienstnehmer jedoch nicht. Am: Ja, also, es ist jetzt schwer, das zu Beurteilen. Ah, aber ich glaube dass der freie Dienstnehmer, der auch relativ viel aus eigener Tasche für die Versicherung zahlt, wie ich es tue… Ich glaube zwar nicht, dass man jetzt unbedingt gleichgestellt werden muss…

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Y: Aber zumindest eine Angleichung sollte es geben? Am: Ja, ja. Ich würde sagen, dass man in etwa die gleichen Leistungsarten bekommen sollte, nur womöglich nicht im selben Umfang. Das würde ich an und für sich verstehen, nur… Y: Aber es sollten zumindest Leistungen vorhanden sein und nicht so wie jetzt, dass es nur die gesetzliche Pensions- und Sozialversicherung gibt und darüber hinaus nichts. Am: Ich glaube eben, dass die Bonuszuckerln nicht sein müssen, aber halt die wichtigen Sachen währen wahrscheinlich bei einem bestimmten Versicherungsbetrag angebracht. Y: Wie zum Beispiel Terminvereinbarungen zwischen Kollektivverträgen und Arbeitnehmern, dass ein Kündigungsschutz besteht, der bei freien Dienstnehmern nicht besteht. Am: Ja, das ist natürlich sehr… das wäre auch ein guter Vorschlag glaube ich. Y: Es gibt vom ÖGB ein Programm, dass sich Flexpower nennt. Es versucht freie Dienstnehmer durch Beratung und eine zusätzliche, freiwillige Versicherung, die Flexpower – Versicherung abzusichern, die eben im Krankheitsfall Krankengeld bezahlt und eine Unfallversicherung, die nicht nur bei betrieblichen Unfällen zahlt, sondern auch bei Freizeitunfällen eine Leistung erbringt. Haben Sie von Flexpower schon gehört und haben Sie diesbezügliche Leistungen bereits in Anspruch genommen? Am: Gehört habe ich davon schon, in Anspruch genommen habe ich sie nicht, weil ich nicht weiß, wie lange ich als freier Dienstnehmer noch agieren werde. Deswegen…. . Also, wenn ich langfristig planen würde, in so einem Dienstverhältnis zu bleiben, dann würde ich wahrscheinlich umsteigen, das Angebot ist natürlich viel besser als das, was ich derzeit zahlen muss. Und, also, das Preis – Leistungsverhältnis ist deutlich besser, als… Y: Also die Flexpower – Versicherung ist eine zusätzliche Versicherung, also zur gesetzlichen, man ist ja von Haus aus sozialversichert, pensionsversichert und unfallversichert und das würde als zusätzliche Leistung dazukommen, aber das würde auch bedeuten, es sind zwei Rechnungen zu bezahlen. Einerseits die gesetzlichen Abschläge und auf der anderen Seite ein monatlicher Betrag für die Flexpower – Versicherung, der zwischen 25 und 40 Euro je nach Version ausfällt. Am: Zurzeit kommt das für mich wegen diverser Komplikationen nicht in Frage, aber wenn ich langfristig planen würde, würde ich es wahrscheinlich machen. Y: Zum Abschluss habe ich noch zwei Fragen, die Sie aber nicht beantworten müssen, wenn Sie nicht wollen. Wie hoch ist Ihr durchschnittliches Monatseinkommen? Am: Also, ich würde sagen, so etwa um die 600 Euro. Y: Wie alt sind Sie? Am: 26. Y: Danke für das Interview. Danke, dass Sie sich so viel Mühe und Zeit genommen haben.

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Y: Guten Tag. Sie sind freier Dienstnehmer, beziehen Ihr Haupteinkommen aus einem freien Dienstvertrag und ich möchte Ihnen jetzt gerne ein paar Fragen stellen. Warum haben Sie sich entschieden einer Erwerbsmöglichkeit als freier Dienstnehmer nachzugehen? Bm: Ja ich bin eigentlich, meine Hauptbeschäftigung, ich bin Schriftsteller, und da habe ich keine fixen Verträge, und da brauche ich aber meine flexiblen Arbeitszeiten, weil ich nicht immer kreativ bin, aber nachdem ich nicht regelmäßig Bücher…, nachdem meine Bücher nicht regelmäßig verlegt werden, brauche ich auch eine andere Einnahmequelle. Und da habe ich mich entschieden bei der Versicherung einen freien Dienstnehmervertrag anzunehmen. Y: Und wie lange arbeiten Sie schon als freier Dienstnehmer? Bm: Jetzt schon seit fünf Jahren. Y: Das ist ja doch schon eine recht lange Zeit. Wie lange habe Sie vor, dass noch so weiter zu betreiben? Bm: Tja, so lange, bis meine Bücher zu Bestsellern mutieren, dann werde ich den Vertrag…. Y: So wie Joanne K. Rowling mit Harry Potter? Bm: Ja, genau. Y: Wie viele Stunden pro Monat arbeiten Sie durchschnittlich als freier Dienstnehmer? Bm: Na ja, ich würde einmal sagen, fünfzehn bis zwanzig Stunden die Woche, und das mal vier. Y: Also rund 80 Stunden pro Monat. Bm: Ja, circa. Y: Und Sie können sich Ihre Arbeitszeit natürlich frei einteilen? Bm: Ich kann es frei einteilen, ja. Y: Arbeiten Sie im Unternehmen oder auf einem anderen Ort? Bm: Ich arbeite im Unternehmen selbst im Innendienst. Y: Wenn Sie im Unternehmen arbeiten, arbeiten Sie da vorwiegend mit eigenen Betriebsmitteln, oder mit den zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln? Bm: Mit den zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln. Ich habe da einen Laptop von der Versicherung, leihweise selbstverständlich, der auch immer in der Firma verbleibt. Y: Inwiefern sind Sie in die Unternehmensorganisation eingebunden und wie sieht es mit Weisungen von Vorgesetzten aus? Bm: Ich bin eigentlich relativ frei, dass heißt einerseits bin ich bei gewissen Dienstbesprechungen , die für die regulären Mitarbeiter stattfinden, nicht dabei, also ich bin

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sicherlich auch vom Informationsfluss abgeschnitten, aber andererseits kann ich machen was ich will. Ich habe relativ wenige Richtlinien, an die ich mich halten muss. Y: Ist das bei Ihnen eher eine zeitlich bezogene Tätigkeit oder eine leistungsbezogene Tätigkeit? Bm: Zeitbezogen eher. Y: Ein freier Dienstvertrag lässt die Möglichkeit offen, sich durch eine geeignete Person vertreten zu lassen. Das ist eigentlich ein Hauptmerkmal vom freien Dienstvertrag, und haben Sie jemals von dieser Möglichkeit gebrauch gemacht? Bm: Nein. Y: Warum nicht? Waren keine Personen da, die die Vertretung übernommen hätten, oder… Bm: Das wäre unüblich gewesen. Ich habe meinen fixen Aufgabenbereich und war weder Krank, noch sonst irgendwas, oder länger im Ausland, das heißt, ich habe meinen Verpflichtungen immer nachkommen können und das, die Notwendigkeit hat nicht bestanden, dass mich da jemand vertreten muss. Y: Wie Sie ja wissen, gibt es in Betrieben Interessensvertretungen wie Betriebsrat und auf der anderen, öffentlichen Seite gibt es Gewerkschaften, wo sich die Arbeitnehmer helfen beziehungsweise beraten lassen können und die sich für die Arbeiter einsetzen und die Angestellten. Meine Frage dazu ist: Wie Sie ja wissen ist es bei freien Dienstnehmern ja nicht so, dass die Gewerkschaften, die Arbeiterkammer, die Betriebsräte sich einsetzen und wie sehen Sie persönlich diese Problematik auf sich selbst bezogen? Bm: Ich muss sagen, ich habe bis jetzt relativ gute Erfahrungen mit meinem Arbeitgeber, das heißt, ich hätte nie irgendwie den, das Service vom ÖGB oder irgendwen in Anspruch nehmen müssen. Das heißt, ich bin einfach nicht in die Situation gekommen. Y: Weil der Arbeitgeber good – will gezeigt hat…. Bm: Ja. Y: Der Betriebsrat eines jeweiligen Unternehmens soll ja der Kommunikator zwischen Angestellten und Geschäftsleitung sein und für die Anliegen der Angestellten hilfreich zur Seite stehen. Beschäftigt sich Ihr Betriebsrat auch mit den Anliegen der freien Dienstnehmer. Bm: Ich denke einmal, wenn ich ein Anliegen hätte, würde er das machen, aber wie gesagt, ich habe ihn noch nie in Anspruch nehmen müssen. Y: Und Sie wissen nicht zufällig, ob es diesbezügliche Vereinbarungen im Betrieb gibt, wo speziell auf die freien Dienstnehmer eingegangen wird? Bm: Keine Ahnung, habe mich noch nicht damit beschäftigt. Y: Sie wissen ja, dass Sie sozialversichert, unfallversichert und pensionsversichert sind. Aber bei echten Dienstnehmern gibt es ja zusätzliche Leistungen wie Krankengeld, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Kündigungsschutz für ein paar Wochen und so weiter und so fort. Bei freien

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Dienstnehmern gibt es diese Möglichkeiten ja nicht. Was sagen Sie dazu. Hätten Sie nicht auch gerne solche Schutzfunktionen. Bm: Ja, selbstverständlich hätte ich gerne diese Privilegien, nur wie gesagt ich brauche meine Freiheit, meine freie Arbeitseinteilung und das ist mir mehr Wert, als diese Privilegien. Deswegen habe ich auch diesen freien Dienstnehmervertrag, weil sonst hätte ich ja einen fixen Vertrag mit der Firma. Y: Und das ist aber trotzdem so, obwohl Sie dann keine Abfertigung bekommen und…. Bm: Ich hätte natürlich gern eine, aber wie gesagt, das muss man gegeneinander abwiegen und mir ist die freie Zeiteinteilung wichtiger als das andere, nachdem es für mich im Prinzip nur eine Übergangslösung ist. Y: Überganslösung im Sinne von: Ich werde meine Bücher schon noch schreiben…. Bm: Die Bücher schreibe ich ja schon, nur muss ich auch noch bekannt werden. Y: Es gibt vom ÖGB ein Programm, das sich Flexpower nennt und es versucht freie Dienstnehmer durch Beratung und eine zusätzliche freiwillige Versicherung, die Flexpower – Versicherung, die beinhaltet Krankengeld und eine Unfallversicherung, die nicht nur betrieblich gemeint ist. Das heißt, wenn Sie krank werden oder einen außerbetrieblichen Unfall haben, bekommen Sie Leistungen aus dieser Versicherung. Haben Sie von Flexpower schon gehört beziehungsweise diesbezügliche Leistungen in Anspruch genommen? Bm: Nein, ich habe weder etwas gehört, noch habe ich irgendeine Leistung diesbezüglich in Anspruch genommen, aber es klingt relativ interessant. Also ich werde mich da sicher weiter informieren, und so etwas vielleicht machen. Y: Jetzt habe ich noch zwei abschließende Fragen, Sie müssen natürlich nicht antworten. Die erste wäre, wie hoch ist Ihr durchschnittliches Monatseinkommen aus dieser freien Dienstnehmertätigkeit? Bm: Ja, so ungefähr 900 Euro. Y: Wie alt sind Sie? Bm: 32. Y: Herzlichen Dank, dass Sie sich für die Beantwortung meiner Fragen so viel Zeit und Mühe genommen haben.

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Y: Sie sind also freier Dienstnehmer mit einem freien Dienstvertrag und beziehen Ihr Haupteinkommen hauptsächlich aus dieser Tätigkeit. Cm: Ja. Y: Und da hätte ich jetzt ein paar Fragen, das ganze wird ungefähr 10 Minuten dauern, und das Interview wird anschließend natürlich anonymisiert werden. Warum haben Sie sich entschieden einer Tätigkeit als freier Dienstnehmer nachzugehen? Cm: Weil das die Arbeitsmarktsituation erfordert hat. Y: Also Sie haben nicht freiwillig gesagt, ich will unbedingt freier Dienstnehmer werden, sondern es war die einzige Möglichkeit, dass Sie, sage ich jetzt einmal so, einen Job bekommen haben. Cm: Ja. Y: Wie lange arbeiten Sie schon als freier Dienstnehmer? Cm: Zweieinhalb Jahre. Y: Wie lange haben Sie noch vor, weiter als freier Dienstnehmer zu arbeiten? Cm: Ja, so lange, bis eine adäquate Möglichkeit ist, in ein Angestelltenverhältnis in einer ähnlichen Position und ähnlichem Einkommen überzuwechseln. Y: Wie viele Stunden pro Monat arbeiten Sie so durchschnittlich als freier Dienstnehmer? Cm: 120 bis 140. Y: Es gibt gewisse Vorraussetzungen, um freier Dienstnehmer sein zu können. Das wären Punkt A, dass man sich die Arbeitszeit frei einteilen kann. Ist das bei Ihnen auch so? Cm: Größtenteils ja. Es ist natürlich Abhängig von Zeiten, weil ich natürlich zusammenarbeiten muss mit Personen dieser Firma um meine Informationen zu beziehen, und da bin ich natürlich schon an gewisse Geschäftszeiten gebunden, aber größtenteils kann ich mir dass dann schon einteilen, wann ich dann die Arbeit erledige. Y: Das führt mich dann gleich zu meiner nächsten Frage. Arbeiten Sie im Unternehmen oder arbeiten Sie an einem anderen Ort. Sind Sie auf die Betriebsmittel des Unternehmens angewiesen oder verwenden Sie eigene Betriebsmittel. Cm: Ich verwende keine eigenen Betriebsmittel, weil mir die größtenteils im Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, was auch schon heißt, dass ich die meiste Zeit im Unternehmen bin. Y: Inwiefern sind Sie in die Unternehmensorganisation eingebunden und wie sieht es mit Anweisungen beziehungsweise Weisungen von Vorgesetzten aus. Cm: Eingebunden, ja, also die Unternehmen die meine Dienstleistungen beanspruchen, die sagen mir schon ungefähr, was sie gerne haben möchten, ja, und dem muss man natürlich

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entsprechen, ich bin aber nicht irgendwie weisungsgebunden, wie ich dass jetzt genau zu tun habe. Die wollen von mir natürlich etwas haben, und das muss ich schon irgendwie so hinbringen. Y: In die Organisationsstruktur eines Unternehmens sind Sie nicht eingegliedert? Cm: Nein, nicht wirklich. Ich bin ja extern beratend. Y: Ein freier Dienstvertrag lässt an und für sich die Möglichkeit offen, sich von einer gleichwertigen Person vertreten zu lassen sollte dies erforderlich sein. Haben Sie diese Möglichkeit jemals in Anspruch genommen? Cm: Nein. Y: Warum nicht? Hängt dass mit Ihrer Funktion, mit dem know how zusammen? Cm: Es würde einfach zu lange Einarbeitszeiten benötigen, dass sich das auszahlen würde. Y: Es ist ja so, dass echte Dienstnehmer die Möglichkeit haben, sich von Gewerkschaft, Arbeiterkammer und so weiter helfen und beraten zu lassen. Das ist bei freien Dienstnehmern aber nicht so. Wie sehen Sie die Problematik im Zusammenhang mit Ihrer eigenen Situation? Cm: Bei mir hat es da noch keine Probleme gegeben, aber sicher muss man sagen, das es bestimmte Situationen geben kann, ja, oder die ich mir vorstellen, wo es natürlich angenehm währe, auf solche Gewerkschaften oder ähnliche Dienste zurückzugreifen und sich da beraten zu lassen und informieren. In dem das aber nicht möglich ist in meinem Fall, muss man damit eben leben. Y: Es ist ja so bei Ihnen, Sie sind auf den good will des Arbeitgebers angewiesen und ich nehme einmal stark an, dass das gut funktioniert, dass es da keine gröberen Probleme gibt, und Sie deswegen bisher die Leistung nicht beanspruchen haben müssen. Cm: Das ist richtig, ich bin da…., ich mache da sehr spezielle Tätigkeiten, beratender Art und muss da natürlich sehr nahe mit der Geschäftsleitung zusammen arbeiten und das funktioniert bisher eigentlich ganz gut, ja. Weil sie ja auch diese Leistung wünschen und haben wollen, das passt eigentlich ganz gut. Y: Dann gibt es ja noch den Betriebsrat, und der soll in Unternehmen eigentlich der Kommunikator zwischen Angestellten und Geschäftsleitung sein und soll eben bei Anliegen der Angestellten hilfreich zur Seite stehen. Und wissen Sie, beschäftigt sich Ihr Betriebsrat mit den Anliegen der freien Dienstnehmer, oder ist das schon irgendwann zur Sprache gekommen, oder gibt es da überhaupt irgendwas darüber? Cm: Das weiß ich nicht. Ich habe auch mit dem Betriebsrat selber noch nichts zu tun gehabt. Kann ich leider nichts sagen. Y: Also diesbezüglich noch keine Erfahrungen. Grundsätzlich ist es so, dass freie Dienstnehmer sozialversichert sind, unfallversichert und pensionsversichert. Bei echten Dienstnehmern sieht das dann so aus, dass die nach Kollektivverträgen eingestuft werden, dass die zusätzliche Sonderleistungen haben wie Urlaubsgeld, Krankengeld, Weihnachtsgeld und so weiter, oder was mir noch einfällt, Kündigungsfristen. Das stellen ja Schutzfunktionen

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dar für den echten Dienstnehmer, die dem freien Dienstnehmer verwehrt sind. Was sagen Sie da dazu? Cm: Das ist natürlich richtig, aber gerade solche Sachen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld sehe ich als kleineres Problem, weil das muss man dann eben bei den Lohnverhandlungen kompensieren. Was natürlich schon ein Problem ist, man ist eben sehr auftragsgeberabhängig. Und wenn der Auftrag beendet ist und er keine zusätzliche Leistung braucht, dann muss man sich eben einen neuen suchen. Wenn man das Problem natürlich umgehen kann, wenn man sich versucht, gleich mehrere Auftraggeber zu suchen oder das ganze überlappend zu machen und irgendwie so gestalten, dass man weiß, dass man abgesichert ist. Das ist natürlich nicht immer so leicht. Y: Das kann ich mir vorstellen. Heißt das, das Sie nicht immer ständig für einen Arbeitgeber arbeiten, sonder dass es sein kann, dass Sie manchmal zwei oder drei Projekte nebenbei am laufen haben. Cm: So ist es. Y: Vom ÖGB gibt es ein Programm, dass nennt sich Flexpower und das versucht, freie Dienstnehmer durch Beratung eine Sicherheit zu bieten so wie auch eine zusätzliche Versicherung, die sich Flexpower – Versicherung nennt anzubieten. Da freie Dienstnehmer an und für sich ja nur unfallversichert, auf der betrieblichen Seite, sind sowie sozial- und pensionsversichert. Sollten die einen Freizeitunfall haben sind sie nicht abgesichert oder sollten die einmal krank sein, bekommen die auch kein Ausfallsgeld, in dem Sinne kein Krankengeld, weil es eben nicht gesetzlich vorgesehen ist. Jetzt ist der ÖGB hergegangen und hat eine Versicherung geschaffen, die auch leistet bei außerbetrieblichen Unfällen, sowie im Krankheitsfall dementsprechendes Krankengeld. Haben Sie davon schon gehört, sagt Ihnen das etwas und haben Sie diesbezügliche Leistungen schon in Anspruch genommen? Cm: Ich habe davon schon gehört, finde das grundsätzlich sehr gut, habe aber weder noch so eine Versicherung und dementsprechend habe ich sie auch nicht in Anspruch genommen. Y: Abschließend hätte ich noch zwei Fragen, die Sie nicht beantworten müssen, aber es wäre schön, wenn Sie das tun würden. Wie hoch ist denn Ihr durchschnittliches Monatseinkommen? Cm: Cirka 1000, 1400 Euro. Durchschnittlich ist schwer zu sagen, weil ich ja viele projektbezogene Sachen mache, ist das schwierig durchschnittlich zu betrachten. Es ist einmal mehr, einmal weniger. Y: Und meine letzte Frage wäre: Wie alt sind Sie? Cm: 29. Y: Ich möchte Ihnen herzlich für die Beantwortung meiner Fragen danken. Cm: Gerne.

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Y: Also Sie sind freie Dienstnehmerin? Dw: Ja. Y: Ihr Haupteinkommen wird zum größten Teil aus dieser Tätigkeit bestritten? Dw: Ja das stimmt. Y: Ich werde Ihnen jetzt ein paar Fragen stellen und werde anfangen mit ein paar persönlichen Hintergründen. Warum haben Sie sich entschieden, eine Erwerbsmöglichkeit ausschließlich aus einem freien Dienstnehmervertrag zu nehmen? Dw: Für mich war es einmal sehr wichtig, dass ich mir meine Zeit frei einteilen kann, was in einem freien Dienstvertrag sehr gut möglich ist. Ich kann je nach Bedarf mehr oder weniger Stunden eben arbeiten, je nach finanziellen Bedürfnissen. Dann war es recht angenehm, dass also die Kündigungsfrist sehr frei ist, sprich, ich bin an keine Kündigungsfrist in dem Sinn gebunden, dass ich 3 oder 4 Monate vorher kündigen muss, das ist für mich ein großer Pluspunkt. Y: Wie lange arbeiten Sie schon als freier Dienstnehmer? Dw: Das ist jetzt ziemlich genau ein Jahr. Y: Wie lange haben Sie noch vor, als freier Dienstnehmer zu arbeiten? Dw: Ich schätze einmal ein halbes Jahr. Auf jeden Fall bis zum Ende des Studiums und bis ich dann irgendwo einen Job in meiner Studienrichtung gefunden habe. Y: Wie viele Stunden pro Monat arbeiten Sie durchschnittlich als freier Dienstnehmer? Dw: Das dürften im Schnitt so um die achtzig Stunden sein. Zwanzig Stunden in der Woche ungefähr. Manchmal mehr, manchmal weniger. Y: Gerade so nach persönlichem bedarf. Habe ich Zeit, habe ich keine Zeit, brauche ich mehr Geld, brauche ich weniger Geld? Dw: Ja. Das hängt also auch mit dem Studium zusammen und was sich sonst so ergibt. Ja. Y: Sie können sich Ihre Arbeitszeit frei einteilen, so wie Sie das schon vorher gesagt haben und Sie arbeiten im Unternehmen. Ihnen werden die Betriebsmittel zur Verfügung gestellt, oder Sie Verwenden eigene Betriebsmittel und arbeiten auf einem anderen Ort? Dw: Nein, ich arbeite direkt in der Firma, bin mehr oder weniger in die Gruppe dort integriert und bekomme auch sämtliche Betriebsmittel zur Verfügung gestellt, sprich, ich arbeite am Firmeneigenen Laptop. Y: Sie müssen da nichts mitbringen, Sie kommen dahin es wird Ihnen alles zur Verfügung gestellt und mit den Materialien sind Sie dann zufrieden und erledigen die Arbeit, die anfällt. Dw: Ja genau. Das funktioniert ganz super so.

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Y: Inwiefern sind Sie in die Unternehmensorganisation eingebunden und wie sieht es mit Weisungen von Vorgesetzten aus beziehungsweise sind Sie weisungsgebunden? Dw: Na ja, es ist so. Ich bin schon irgendwie eingebunden, dadurch dass ich natürlich meine Arbeit von den Kollegen entgegen nehme, aber andererseits also, könnte ich nicht sagen, habe ich keinen direkten Chef in dem Sinne, sondern gehe einfach dorthin und hole mir meine Arbeit, mache die Arbeit, und wenn es irgendwelche Rückfragen oder Nachfragen gibt, wende ich mich eigentlich nur an die Kollegen. Es ist jetzt nicht so, dass der Chef irgendwie direkt für mich zuständig wäre. Y: Also Sie haben da freie Hand sozusagen. Dw: Ja. Mehr oder weniger. Y: Fast in jedem freien Dienstvertrag steht drinnen, dass es die Möglichkeit gibt, sich durch geeignete Personen, die qualifiziert sind, vertreten zu lassen. Haben Sie diese Möglichkeit jemals schon in Anspruch genommen? Dw: Nein. Auf diese Idee bin ich ehrlich gesagt noch überhaupt nicht gekommen, weil es wäre wahrscheinlich auch ein bisschen schwierig, wenn ich meinem Stellvertreter jetzt irgendwie alles erklären müsste, was der zu tun hat, da bin ich wahrscheinlich schneller, wenn ich die Arbeit selber mache. Y: Wie Sie ja wissen, haben Dienstnehmer die Möglichkeit, sich von Gewerkschaft und Arbeiterkammer helfen beziehungsweise beraten zu lassen. Das ist aber bei freien Dienstnehmern nicht so. Wie sehen Sie persönlich diese Problematik auf sich selbst bezogen und wie stehen Sie dazu? Dw: Also, ich habe mich mit diesem Thema nicht sehr beschäftigt, muss ich sagen. An und für sich muss ich sagen, ist das ziemlich einer der Punkte, die ein freier Dienstnehmer einfach in Kauf nehmen muss, das ist ihm, glaube ich, ziemlich bewusst und ziemlich klar und meistens ist es ja auch so, dass ein freier Dienstnehmer nicht wirklich so in die Firma eingebunden ist und deswegen wahrscheinlich auch kaum jemals wirklich das Bedürfnis hat, solche Vertretungen oder so etwas auch in Anspruch zu nehmen. Weil er doch irgendwie nicht wirklich in die Struktur der Firma integriert ist. Also, ich glaube dass es im Prinzip uninteressant ist. Für mich auf jeden Fall. Ich habe mich damit kaum beschäftigt. Y: Also wird nicht benötigt? Dw: Also in meinem Fall sicherlich nicht. Y: In einem Unternehmen ist es immer so, dass der Betriebsrat als Kommunikator zwischen Angestellten und Geschäftsleitung fungieren soll und den Angestellten in ihren Angelegenheiten behilflich sein soll und zur Seite stehen soll. Wie ist das mit Ihrem Betriebsrat? Hat sich der schon jemals mit freien Dienstnehmern beschäftigt, Sie wissen dass es einen gibt. Hätten Sie ihn einmal gebraucht oder hat er sich angetragen, Ihnen zu helfen? Dw: Nein. Ich weiß, dass es in der Firma einen gibt, allerdings habe ich keine Ahnung, wer die Personen sind, die dem Betriebsrat eigentlich angehören, und es war nie so, dass mir irgendjemand einmal mich gefragt hätte, ob ich eine Unterstützung brauche, also ich wäre auch gar nicht auf die Idee gekommen ehrlich gesagt, ob es da eine Unterstützung gäbe, weil

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eigentlich bin ich bis jetzt immer recht gut so zurecht gekommen und ja. An und für sich brauche ich, glaube ich keinen. Y: Wenn es in Ihrer Firma mehrere freie Dienstnehmer gibt, wissen Sie von denen zufällig, ob sie gern Unterstützung vom Betriebsrat hätten, beziehungsweise Beratungsmöglichkeiten und dergleichen? Dw: Also, so weit ich weiß, gibt es da glaube ich keinen Bedarf, weil die meisten doch eher so ihr eigenes Süppchen kochen und an und für sich gut zu recht kommen. Also ich glaube nicht. Y: Als freier Dienstnehmer sieht es ja so aus, dass Sie sozialversichert, unfallversichert, pensionsversichert sind, und wenn man echter Dienstnehmer ist, dann bekommt man noch andere Leistungen dazu wie Einbindung in die Kollektivverträge, Vertretung durch Arbeiterkammer, Gewerkschaft und so weiter. Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Krankengeld, was es da auch immer gibt. Aber als freier Dienstnehmer bekommt man das eben nicht. Wie sehen Sie das? Dw: Es wäre natürlich sehr schön, nur ist mir eben klar, wenn ich als freier Dienstnehmer arbeite, dass ich eben auf das bewusst verzichten muss, weil ich deswegen andere Vorteile habe. Natürlich wäre es ganz gefragt, Weihnachtsgeld oder so etwas eben zu bekommen, speziell wenn es ums Krankengeld geht, wäre es natürlich ganz angenehm. Aber, dass war mir eigentlich bewusst, wie ich den freien Dienstvertrag abgeschlossen habe, dass es für mich eben nicht in Frage kommt, und habe deswegen einige Vorteile, die das meiner Meinung nach schon aufwiegen. Y: Aber wahrscheinlich auch nur deswegen, weil das eher eine kurzfristige Sache ist und nicht einer langfristigen Planung bedarf. Dw: Ja, das ist sicher richtig. Aber wenn ich wüsste, dass ich die nächsten zehn Jahre oder zwanzig Jahre als freier Dienstnehmer arbeiten müsste, dann würde mich dass natürlich mehr interessieren, weil es einfach wirklich so ist, dass man dann schon auch ein bisschen darauf sieht, wie das eben, gerade im Krankheitsfall mit dem Krankengeld und so weiter ist. Es ist aber an und für sich in meinem Fall nicht so relevant aber ansonsten wäre es schon ziemlich gefragt. Y: Es gibt vom ÖGB ein Programm, das nennt sich Flexpower und das versucht freie Dienstnehmer durch Beratung zu unterstützen, wenn sie irgendwelche Fragen haben bezüglich des freien Dienstvertrages, bezüglich ihrer Anstellung dem Dienstgeber gegenüber und das Programm hat sich im November 2001 entwickelt. Inzwischen sind sie soweit, dass sie eine zusätzliche Versicherung, die Flexpower – Versicherung anbieten, und die bietet neben den gesetzlich vorgeschriebenen, wie Sozialversicherung, Pensionsversicherung und Unfallversicherung, die aber nur betrieblich gilt, da hat der ÖGB eingehakt und gesagt, ja, wir bieten eine Unfallversicherung und ein Krankengeld an, sprich wenn ich dienstlich verhindert bin und im Bett liege, ein gewisses Krankengeld bekomme. Dw: Ja, ich muss sagen, die Idee finde ich an und für sich wirklich nicht schlecht, aber das ist wirklich für Leute, die auf Dauer eben in einem freien Dienstverhältnis arbeiten, finde ich die Idee eigentlich ganz gut, muss ich sagen. Also ich meine, man kann sich ja sowieso noch zusätzlich versichern, aber ich denke einmal, dass ist sicher keine schlecht Idee.

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Y: Haben Sie von diesem Programm vorher schon gehört beziehungsweise Leistungen daraus entnommen beziehungsweise beansprucht? Dw: Nein, ich muss sagen, davon habe ich überhaupt noch nie etwas gehört, zugegebener maßen, also, ich habe mich auch nie dafür interessiert, muss ich auch dazu sagen, eben weil es für mich nur eine kurzfristige Beschäftigung an und für sich sein sollte, aber ich habe vorher noch nie etwas davon gehört. Y: Jetzt hätte ich noch zwei abschließende Fragen. Sie müssen mir darauf nicht antworten. Wie hoch ist ihr durchschnittliches Monatseinkommen? Dw: So, um die 700 Euro. Y: Also so plus minus irgendetwas? Dw: Je nach Zeit, wie ich mit den Stunden eben zu Recht komme. So zwischen 700 und 750 Euro würde ich einmal sagen. Y: Meine letzte Frage: Wie alt sind Sie? Dw: Ich bin 27. Y: Herzlichen Dank für die Beantwortung meiner Fragen und für die Zeit und die Mühe. Dw: Bitte gerne.

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Y: Sie sind freier Dienstnehmer und beziehen Ihr Haupteinkommen daraus? Em: Ja. Y: Ich fange zuerst mit persönlichen Fragen an. Die erste wäre: Warum haben Sie sich entschieden einer Erwerbsmöglichkeit als freier Dienstnehmer nachzugehen? Em: Weil mir der Dienstgeber nichts anderes angeboten hat. Y: Und wie lange arbeiten Sie schon als freier Dienstnehmer? Em: Seit einem halben Jahr. Y: Wie lange wollen Sie noch als freier Dienstnehmer arbeiten? Em: Ich schätzte, für zwei Jahre, cirka. Y: Wie viele Stunden pro Monat arbeiten Sie so durchschnittlich als freier Dienstnehmer? Em: Pro Monat sind das so cirka achtzig Stunden. Y: Und, können Sie sich Ihre Arbeitszeit frei einteilen? Em: Ja. Y: Arbeiten Sie im Unternehmern oder an einem anderen Ort? Em: Oh ja, das ist schon im Unternehmen. Y: Weil es ja ein Hauptmerkmal von einem freien Dienstnehmer ist, dass er nicht mit eigenen Betriebsmitteln arbeitet, sich die Zeit frei einteilen kann und so weiter. Inwiefern sind Sie in die Unternehmensorganisation eingebunden und wie sieht es mit Weisungen von Vorgesetzten aus? Em: Ja, ich meine, Weisungen gibt es schon, weil ich immer mehr oder weniger meine Aufträge bekomme. Er sagt mir jetzt nicht, wie ich die machen soll, ja, und den Großteil der Aufgaben erledige ich halt dort, aber teilweise kann ich es auch zu Hause machen. Halt ganz frei, wie ich will. Y: Also, da arbeiten Sie dann mit Computer und können das von zu Hause aus auch bequem erledigen. Em: Ja, genau. Y: Wie sieht es so mit Einbindung in die Unternehmensorganisation selbst aus, beziehungsweise, da muss ich noch eine Frage voranstellen, sind Sie nur bei einem Unternehmen tätig, oder…. Em: Bei einem, ja. In die Struktur bin ich da nicht wirklich eingebunden, also ich bin da ziemlich auf mich alleine gestellt.

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Y: Ein freier Dienstvertrag lässt die Möglichkeit offen, dass man sich durch eine geeignete Person vertreten lässt. Haben Sie das schon jemals gemacht? Em: Nein. Das habe ich bis jetzt noch nie gebraucht. Y: Es hätte die Möglichkeit gegeben, aber Sie wollten das nicht, oder Sie haben es einfach nicht gebraucht oder nicht daran gedacht? Em: Es war bis jetzt nie notwendig. Ich denk mir, wenn man krank ist, dann ja. Aber bis jetzt habe ich das alles selber gemacht. Y: Wie Sie ja wissen haben Dienstnehmer ja die Möglichkeit, sich von Gewerkschaft beziehungsweise Arbeiterkammer beraten und helfen zu lassen. Das ist bei freien Dienstnehmern aber nicht so. Wie sehen Sie sich selbst im Umgang mit dieser Problematik? Em: Ja, ich finde das eigentlich ziemlich schlimm, dass es da keine entsprechenden Interessensvertretungen gibt, also ich finde, man fühlt sich als freier Dienstnehmer einfach auf sich alleine gestellt. Y: Vom Gesetz ist es ja so verankert, dass man eigentlich als Unternehmer gilt, wenn man freier Dienstnehmer ist. Und Sie finden, dass da schon auf jeden Fall etwas gemacht werden müsste? Em: Finde ich schon, weil man eigentlich kein Unternehmer in dem Sinne ist. Also ich finde das überzogen. Y: Der Betriebsrat eines jeweiligen Unternehmens soll der Kommunikator zwischen Angestellten und Geschäftsleitung sein, und für die Anliegen der Angestellten hilfreich zur Seite stehen. Beschäftigt sich Ihr Betriebsrat mit den Anliegen der freien Dienstnehmer beziehungsweise mit Ihren Anliegen? Em: Also mit meinen nicht. Aber was er ansonsten tut? Ich glaube eher nicht, ehrlich gesagt. Aber bis jetzt ist das noch nicht vorgekommen und ich habe mich auch noch nie an den Betriebsrat gewendet oder so. Y: Da war noch keine Notwendigkeit? Em: Da war noch keine Notwendigkeit, aber ich glaube nicht, ehrlich gesagt, dass er sich wirklich um die freien Dienstnehmer kümmert. Kann ich mir nicht vorstellen. Y: Als freier Dienstnehmer sind Sie ja sozialversichert, pensionsversichert, unfallversichert, allerdings nur betrieblich, im Gegensatz dazu ist ein echter Dienstnehmer aber genau so versichert und bekommt eben zusätzlich Leistungen aus Kollektivverträgen, wie Sonderzahlungen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Abfertigung, Kündigungsschutz und dergleichen, und das steht einem freien Dienstnehmer ja überhaupt nicht zu. Wie sehen Sie das mit sich selber? Em: Also ich habe das, bevor ich so zu arbeiten angefangen habe, hab ich mich erkundigt, und habe das gewusst natürlich. Aber ich finde, dass da einfach die Vorteile, dass man unabhängig ist und sich alles frei einteilen kann, das überwiegt da einfach.

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Y: Aber wahrscheinlich auch auf den Bezug, dass Sie das nicht als längerfristige Tätigkeit planen, nehme ich an? Em: Ja, genau. Y: Dass das so eine Übergangslösung ist, und danach…. Em: Also lebenslänglich ist das sicher keine Perspektive, wenn man die entsprechenden Versicherungen nicht hat. Y: Und dann eben irgendwann in ein echtes Dienstverhältnis, mit den ganzen Annehmlichkeiten, die es da so gibt, eintreten. Em: Ja. Ja, genau. Y: Es gibt vom ÖGB ein Programm, das nennt sich Flexpower und es versucht freie Dienstnehmer durch Beratung zu helfen und zusätzlich gibt es noch eine Versicherung, nennt sich Flexpower – Versicherung und die beinhaltet für freie Dienstnehmer eine Krankenversicherung, wo der freie Dienstnehmer dann ein Krankengeld bekommt, falls er wirklich einmal krank ist beziehungsweise noch eine Unfallversicherung, die auch noch außerbetrieblich gilt. Das heißt, nicht nur für Betriebsunfälle, sondern auch für Freizeitunfälle. Haben Sie von Flexpower je gehört und haben Sie diesbezügliche Leistungen je in Anspruch genommen? Em: Gehört habe ich noch nicht davon, aber es klingt sehr interessant. Y: Also, Sie würden sich da näher dafür interessieren? Em: Ja. Auf jeden Fall. Y: Auf Grund Ihrer jetzigen Situation, dass das eigentlich nur eine Übergangslösung ist, aber Sie wahrscheinlich trotzdem eher gerne abgesichert sein würden, sollte irgendetwas passieren, weil man weiß ja nie. Em: Genau. Und zwei Jahre werde ich noch in etwa so arbeiten, und da wäre das sicher interessant. Y: Jetzt habe ich noch zwei abschließende Fragen, die müssen Sie natürlich nicht beantworten, aber es wäre schön, wenn Sie das tun würden. Wie hoch ist ihr durchschnittliches Monatseinkommen? Em: 600 Euro cirka. Y: Wie alt sind Sie? Em: 25. Y: Herzlichen Dank für das Interview. Em: Gerne.

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Y: Allgemein ist es ja so, dass echte Dienstnehmer beziehungsweise echte geringfügig beschäftige Dienstnehmer durch einen Betriebsrat, durch eine Arbeiterkammer und so weiter vertreten sind und sollten die Hilfe brauchen können sie sich an Dich wenden. Wie ist das bei Dir als Betriebsrat so, wenn Du einen geringfügig Beschäftigten hast, der allerdings freier Dienstnehmer ist. Wie wird dem geholfen, hilfst Du ihm überhaupt, oder wie läuft das ab? BRm: Das Problem ist, der normale Dienstnehmer wird dem Betriebsrat gemeldet, wenn er eingestellt wird, da erfährt der Betriebsrat, was das Einstiegsgehalt ist und ist somit auch unter den Fittichen des Betriebsrates und kann auch von ihm vertreten und geschützt werden. Bei freien Dienstnehmern ist es insofern problematisch, weil es keine Meldung gibt, die Geschäftsleitung muss dem Betriebsrat nicht einmal sagen, dass der Angestellt ist. Insofern ist er dem Betriebsrat überhaupt nicht bekannt und kann auch nicht vertreten werden. Y: Hast Du schon irgendwann einmal mit solchen Fällen zu tun gehabt, muss nicht einmal ein freier Dienstvertrag sein, kann vielleicht auch ein Werkvertrag sein oder neue Selbständige, dass die irgendwann einmal zu Dir gekommen sind und gesagt haben: „Sie, ich hätte gerne etwas!“, oder wie sieht es da aus, dass sie gefragt haben, oder irgendwelche Beratung haben wollten? BRm: Erstens sind sie natürlich nicht vertreten, aber das weiß meistens jeder freie Dienstnehmer und Werkvertragsnehmer selber, unter welchen Bedingungen er sich verkauft. Die Problematik ist aus meiner Sicht eher die, dass damit einfach fixe Anstellungsverhältnisse untergraben werden und Sozialleistungen untergraben werden und viele Firmen danach trachten, eben von fix Angestellten auf freie Dienstnehmer oder Werkvertragsnehmer umzusteigen, um sich eben diese Sozialleistungen zu ersparen. Das ist ein 13. und 14. Monatsgehalt, Krankenstände, die nicht beinhaltet sind, es gibt einen anderen Arbeitgeberbeitrag, der zum Teil vom Dienstnehmer übernommen werden muss, das sind diese Art neuen Selbständigen, die aber alles, was im Arbeitsverfassungsgesetz drinnen steht, eigentlich nicht wirklich betrifft. Y: Weil sie ja eigentlich in dem Sinne als Unternehmer gelten? BRm: Genau. Und deswegen Angestellte das Problem haben, dass sie sich mit Leuten konkurrieren im Arbeitsverhältnis, die andere Voraussetzungen haben, andere Sozialleistungen bekommen und für einen Betriebschef natürlich interessant ist, möglichst geringe Zahlungen zu haben, obwohl man schon auch dazu sagen muss, dass es problematisch ist, was so einen gewissen Know – How Transfer betrifft. Weil ein Werkvertragsnehmer ist heute einmal da und morgen irgendwo anders. Es wird nie eine vernünftige Bindung zum Unternehmen geben, und wenn es um Know – How und Kontinuität geht, gerade in der Dienstleistungsbranche, wo ich tätig bin, ist es schon ein Qualitätsmerkmal. In meinem Unternehmen ist es eher so, dass Personal eher verliehen wird. Aber auf einen Werkvertragspartner hast du überhaupt keinen Zugriff in der Art seiner Tätigkeit, sondern du vereinbarst ja nur das geleistete Werk. Du kannst natürlich auch Stunden vereinbaren als geleistetes Werk. Y: Aber das ist ja die Nebensache, weil es geht im Prinzip ja um ein Zielschuldverhältnis. BRm: Es ist ein Zielschuldverhältnis, aber es kann ja auch die Zielschuld sein, eine Zeit zu machen. Es ist nicht nur das Werk, sondern es kann das Ziel sein, zwanzig Stunden zu leisten. Wenn es in der Dienstleistung aber Probleme mit dem Kunden gibt, hast du bei einem Angestellten viel bessere Möglichkeiten, auf den einzuwirken und ihn auch zu schulen,

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beziehungsweise zu disziplinieren. Diese Möglichkeit gibt es bei einem Werksvertragspartner oder einem freien Dienstnehmer nicht. In letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass gerade in meiner Branche die Vertragspartner verlangen, dass Angestellte sie betreuen, weil einfach eine gewisse Kontinuität da ist und eine gewisse Qualität. Y: Also da geht man von Haus aus davon aus, dass die Angestellten mehr Know – How haben, da mehr Geradlinigkeit beinhaltet ist und deswegen in Deinem Fall besser irgendwelche Leistungen erbringen können. BRm: Ja, mit einer höheren Qualität beziehungsweise wenn es ein Problem gibt, ist es eher korrigierbar. Y: Das führt mich jetzt noch einmal zurück, um das ganze abzuschließen. Da wird es wahrscheinlich auch keine Bestrebungen geben, dass man irgendwo einmal freie Dienstnehmer mit einbezieht oder „Unternehmer“, dass die einen Ansprechpartner haben? BRm: Doch, es gibt schon Bestrebungen, aber die sind meiner Meinung nach nicht sehr effektiv. Das Problem ist, dass die Gewerkschaft die Entwicklung der neuen Dienstverhältnisse nicht wirklich miterlebt hat und dass sie auf die nur teilweise eingegangen sind. Es sind ja nicht nur freie Dienstnehmer, es gibt ja auch im Angestelltenbereich Telearbeitsplätze, wo die Leute zu Hause arbeiten, die auch ganz schwierig eingebunden werden in das soziale System. Die Gewerkschaft ist momentan noch strukturiert für die traditionellen Arbeitsverhältnisse des Industriezeitalters. Da sind sie natürlich mit relativ viel Know – How belegt und versuchen momentan mit mühsamer Arbeit auf diese Neuen, sich entwickelnden Dienstverhältnisse zu reflektieren und diese einzubinden, was sich aber noch in einem Anfangsstadium befindet. Y: Mir fällt da ein Projekt vom ÖGB ein, das nennt sich Flexpower und das wurde im November 2001 in die Welt gesetzt, und da geht es eben darum, für freie Dienstnehmer und „Unternehmer“ eine Beratungsstelle zum überprüfen der Dienstverträge und Hilfestellung im Notfall zu bieten, weil die freien Dienstnehmer meistens Personen sind, oft Studenten, die das Haupteinkommen aus dem freien Dienstvertrag beziehen, aber mit der ganzen Materie nicht wirklich vertraut sind. Die können dann eigentlich nirgendwo hin, und da hat man eben das Flexpower Projekt ins Leben gerufen und versucht ihnen eine Hilfestellung zu bieten. Zusätzlich bieten sie noch die Flexpower – Versicherung an, da wird der freie Dienstnehmer über der Geringfügigkeitsgrenze nicht nur sozialversichert, pensionsversichert und unfallversichert, sondern hat damit die Möglichkeit zu einem Krankengeld zu kommen sowie durch eine Unfallversicherung auch außerbetrieblich abgesichert zu sein. BRm: Das ist schon ein guter Versuch, aber seit wann gibt es freie Dienstnehmerverträge und Flexpower gibt es erst seit 2001. Genau das ist auch das, was ich vorher angesprochen habe, dass gewisse Entwicklungen einfach verschlafen wurden und jetzt natürlich versucht werden einzubauen, weil sie merken, dass ihnen die Mitglieder weglaufen und dass es die traditionellen Arbeitsverhältnisse immer weniger geben wird. Y: Weil es für die Wirtschaft einfach billiger ist. BRm: Es ist billiger, es ist besser tragbar. Sie sind variabel einsetzbar, man kann Spitzenzeiten mit Werkvertragspartner viel besser ausgleichen als mit Dienstnehmern, weil man muss ja auf eine vernünftige, kontinuierliche Auslastung achten, wenn man einen

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Angestellten hat. Einen Werkvertragspartner holt man sich aber, wenn man ihn braucht. Was jetzt auch noch ganz interessant ist, ist die Entwicklung mit den Leiharbeitskräften. Y: Obwohl, da hat sich ja gesetzlich ein bisschen getan, wenn ich richtig informiert bin. Da gibt es ja das neue Arbeitskräfteüberlassungsgesetz. BRm: Ja das gibt es. Das muss nur noch exekutiert werden. Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz ist ganz ein tolles und wichtiges Gesetz, nur ignorieren es die Firmen schlicht und ergreifend. Das Problem ist, dass gerade im Arbeitnehmerschutz zum Beispiel eine Koordination zwischen Überlasser und Beschäftiger zu funktionieren hat, es hat zum Beispiel die Arbeitsplatzevaluierung dem überlassenen Arbeitnehmer beigebracht zu werden, aber momentan haben wir die Situation, dass die Beschäftiger im Glauben sind, dass die Verantwortung beim Überlasser liegt und der Überlasser, na ja, ich nenne es modernen Sklavenhandel, betreibt. Wenn man die Marktarife auch noch betrachtet, dann bekommt diese Betrachtung ihre Berechtigung. Y: Um der Wettbewerbsfähigkeit zu genügen. Warum…. BRm: Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz wird von der Arbeitsinspektion exekutiert und überprüft, und wie man weiß, ist seit zwei Jahren die Haltung der Arbeitsinspektion so, dass sie keine Kontrolleure mehr sind, sondern Berater. Das spricht für sich. Es gibt nämlich Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner, die Präventivfachkräfte, die private Berater sind und aus der öffentlichen Behörde haben wir noch öffentliche Berater gemacht. Ob das zielführend ist im Sinn der Arbeitsverhältnisse ist fraglich. Y: Ja, okay…. BRm: Außerdem habe ich noch anzumerken, dass auch zu bedenken ist, dass die Arbeitsinspektion, die das überprüft, seit vier Jahren nicht mehr im Sozialministerium beheimatet ist, sondern im Wirtschaftsministerium. Y: Also, dass kein richtiger Zugriff mehr gegeben ist. BRm: Dass einfach der Lobbyismus über die Wirtschaft läuft, dass der Wirtschaftsminister den Sektionschef der Arbeitsinspektion einsetzt und nicht mehr der Sozialminister. Und somit eine schwere Lobbyismusbetreibung der Wirtschaft in diese Richtung betrieben wird und das war auch der auslösende Punkt, dass es eine Beratungssituation gibt und keine Kontrollsituation mehr. Y: Dann sage ich Dir einmal herzlichen Dank. BRm: Bitte.