B, Forderungssicherung und der Bauvertrag mit dem Privatkunden

VOB/B, Forderungssicherung und der Bauvertrag mit dem Privatkunden Rechtsanwalt Dr. Andreas Merz Olgastr. 108 70180 Stuttgart Tel.: 0711/960 15 33 Fa...
Author: Karsten Pfaff
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VOB/B, Forderungssicherung und der Bauvertrag mit dem Privatkunden

Rechtsanwalt Dr. Andreas Merz Olgastr. 108 70180 Stuttgart Tel.: 0711/960 15 33 Fax: 0711/960 15 99 [email protected]

Entstehung und Typik der VOB/B Entstehung: Im Jahre 1926. Geschaffen vom Deutschen Verdingungsausschuss (DVA - heute:Vergabeund Vertragsausschuss) DVA:

Nicht rechtsfähiger Verein,

Mitglieder: Vertreter der öffentlichen Hand (Bundesministerien, Landesministerien und kommunale Spitzenverbände), und Spitzenorganisationen der Auftragnehmer aus der Bauwirtschaft. Ziel:

Gerechter Ausgleich zwischen den Interessen der Auftraggeber und der Bauunternehmer. Charakter: AGB ! 2

VOB/B = AGB AGB: • für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen; • die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. 3

VOB/B = AGB Einbeziehung: AGB müssen dem Vertragspartner grundsätzlich ausgehändigt werden! Wirksamkeitskontrolle: • Keine Geltung überraschender Klauseln(§ 305c BGB); • Inhaltskontrolle nach § 307 BGB: Treu und Glauben, keine unangemessene Benachteiligung, Klar, transparent, verständlich; • Klauselverbote mit und ohne Wertungsmöglichkeit §§ 308 und 309. 4

Privilegierung der VOB/B im AGBG Privilegierung: Keine AGB – Kontrolle der einzelnen VOB/B – Bestimmungen, da die VOB/B als „ausgewogenes Regelwerk“ galt.

Praxis: Abweichungen von der VOB/B sind die Regel; Verbraucherinteressen sind im DVA nicht vertreten.

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Privilegierung der VOB/B - Ausgangslage BGH – Urteil vom 16.12.1982 : „Kernbereichslehre“

Eingriff in den Kernbereich der VOB/B Prüfung in 2 Stufen:

-

Eingriff in den Kernbereich der VOB/B?

dann: Inhaltskontrolle nach AGBG! 6

VOB/B - AGB Ausgangslage:

Eingriff in den Kernbereich der VOB/B. = einzelfallbezogene Rechtsprechung Kritik: - Keine klaren Abgrenzungskriterien! - Für AGB notwendige Transparenz fehlt.

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VOB/B - AGB 1. Änderung der Rechtsprechung:

BGH Urteil vom 22.01.2004 (zum alten BGB-Recht) Ein weiterer Einschnitt! Grundsätzlich stellt jede inhaltliche Abweichung einen Eingriff in die Ausgewogenheit der VOB/B dar. Nur dann keine Inhaltskontrolle der VOB/B, wenn sie als Ganzes vereinbart worden ist. 8

VOB/B - AGB 2. Änderung der Rechtsprechung:

Urteil BGH vom 24. Juli 2008 Kläger: Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Beklagter: Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) (erarbeitet die VOB/B und schreibt diese fort) Antrag: Die Empfehlung zur Verwendung zahlreicher Klauseln der VOB/B im Verkehr mit Verbrauchern zukünftig zu unterlassen. 9

Urteil BGH vom 24. Juli 2008

Privilegierung der VOB/B: Keine abschließende Entscheidung durch BGH!

Privilegierung aber jedenfalls nicht im Falle der Verwendung gegenüber Verbrauchern! (Also: Bei Verwendung gegenüber Verbrauchern wird jede Klausel der VOB an den Maßstäben des AGB Rechtes auf Wirksamkeit geprüft) 10

Urteil BGH vom 24. Juli 2008

Daraus folgt: • Die VOB/B unterliegt der uneingeschränkten AGB Kontrolle, soweit sie einem Verbraucher gegenüber verwendet wird; • Bei Verwendung gegenüber Unternehmen verbleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung (derzeit keine Bedenken gegen Privilegierung); • Inhaltskontrolle der VOB/B als Ganzes, also die Prüfung der Ausgewogenheit der Klauseln als Voraussetzung der Privilegierung ist immer möglich und erforderlich. 11

Gesetzliche Änderung durch FoSiG –





Die gesetzliche Privilegierung der VOB/B ist durch das FoSiG ab 01.01.2009 abgeschafft worden, soweit es um die Verwendung in Verträgen mit Verbrauchern geht; Die gesetzliche Privilegierung der VOB/B wird durch das FoSiG ab 01.01.2009 klargestellt, soweit es um die Verwendung in Verträgen mit Unternehmern, juristischen Personen des öffentlichen Rechts und öffentlich-rechtlichem Sondervermögen geht und die VOB/B insgesamt einbezogen wird; Die Privilegierung durch die Rechtsprechung ist seit der Entscheidung des BGH vom 24.07.2008, beendet, wenn die Einbeziehung in Verträge gegenüber einem 12 Verbraucher beabsichtigt ist;

Der Bauvertrag mit Privatkunden

1) Verwendet der Unternehmer die VOB/B, so findet eine isolierte Inhaltskontrolle der einzelnen Klauseln über § 307 ff BGB statt; 2) Verwendet der Verbraucher-Auftraggeber die VOB/B, kommt es zur AGB Kontrolle nur zu Gunsten des Auftragnehmers (Der Verwender kann sich nicht auf die Unwirksamkeit seiner eigenen AGB berufen); 13

Der Bauvertrag mit Privatkunden 3) Bei Verwendung der VOB/B gegenüber „NichtVerbrauchern“ verbleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung und der gesetzlichen Neuregelung; 4) Im Falle einer isolierten Inhaltskontrolle der VOB/B Normen werden eine ganze Reihe dieser Bestimmungen gegenüber dem Verwender unwirksam sein (welche Bestimmungen dies sind, wird derzeit von Gerichten und Literatur herausgearbeitet); 14

Zwischenstand –





Verwendet der Auftragnehmer die VOB/B in Bauverträgen mit Unternehmern oder der Öffentlichen Hand ohne jegliche Abweichung oder Ergänzung, entfällt eine Kontrolle der Einzelklauseln am AGB-Recht. Wird die VOB/B vom Vertragspartner des Auftragnehmers (oder von dessen bevollmächtigtem Architekt) in den Vertrag einbezogen, kann der Vertragspartner (auch wenn er ein Verbraucher ist) nicht die Unwirksamkeit der VOB/B rügen. Verwendet der Auftragnehmer die VOB/B in Verträgen mit Verbrauchern oder mit Abweichungen oder Ergänzungen in Bauverträgen mit Unternehmern oder der Öffentlichen Hand, so entfällt die Privilegierung und die Einzelregelungen werden an den Maßstäben des AGB-Rechtes (§§307-309 BGB) auf Wirksamkeit überprüft. 15

Der Bauvertrag mit Privatkunden – Was nun ?

1. Verwendung eigener AGB oder AGB Vorlagen: •



BGB als Grundlage der Vertragsgestaltung, Hinzunahme von „unproblematischen Regelungen“ der VOB/B; VOB/B als Grundlage der Vertragsgestaltung, Streichung der „problematischen Regelungen“ der VOB/B: Erhebliche Risiken, da jede einzelne Bestimmung der Inhaltskontrolle des AGBRechtes unterliegt; Inhaltlich meist dürftig. 16

Der Bauvertrag mit Privatkunden – Was nun ?

2. Hilfe vom Fachverband • •

• •

Es gibt schon AGB des Verbandes. Eventuell Verbot oder Erlaubnisvorbehalt für eine AGB-Empfehlung durch nationales oder Europäisches Kartellrecht (str.) Inhaltliche Unklarheiten: Was kann rechtswirksam in AGB geregelt werden? Inhalt ersetzt nicht die VOB/B. 17

Der Bauvertrag mit Privatkunden – Was nun ? 1) 2)

3) 4)

Weiterverwendung der VOB/B so weit als möglich; Ausarbeitung einer neuen VOB/B durch Vergabe- und Vertragsausschuss unter Einbeziehung der Verbraucherverbände; Ausarbeitung eigener AGB für den Verband oder einzelne Betriebe und „Austesten“ in der gerichtlichen Praxis; In Verträgen mit dem Verbraucher von der Regelung des BGB ausgehen – im Einzelfall ergänzen. Individuelles Aushandeln einzelner Regelungen. Der Einsatz von AGB ist – nach wie vor – ein riskantes Geschäft (von Westphalen NJW 2008, 2234, 2241). 18

Der Bauvertrag mit Privatkunden – Was nun ? Die sicherlich beste und sinnvollste Problemlösung liegt beim Gesetzgeber: Die Überarbeitung des Bauvertragsrechts im BGB, die Schaffung eines kodifizierten Bauvertragsrechts ist mehr als überfällig und aufgrund der geschilderten Problematik mehr als geboten.

Das Forderungssicherungsgesetz (FoSiG) brachte zum 01.01.2009 erhebliche Änderungen – aber keine nennenswerten Lösungen zu Gunsten des Bauunternehmers. Die Anspruchssicherung bleibt die

Experimentierstube des Gesetzgebers. 19

Das Forderungssicherungsgesetz - FoSiG •



Die Paragraphen des Werkvertragsrechts, §§ 631 ff. BGB bilden allenfalls ein Grundgerüst, das nicht als ausreichende Grundlage für die Lösung komplexer Bauvertragsfälle gelten kann. Es ist auf die langzeitlich angelegten Abläufe und Zusammenhänge des Bauens nicht zugeschnitten. Seit langem wird deshalb ein gesetzliches Bauvertragsrecht gefordert. Bisher nur Korrekturversuche: Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen (30.03.00); Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (BGBl. I 2001, 3138); Forderungssicherungsgesetz, seit dem 1.1.2009 in Kraft. 20

Das Forderungssicherungsgesetz - FoSiG • • • • •



Neuregelung des § 648a BGB: Klagbarer Anspruch; sichert jetzt auch Schadensersatzansprüche; Abschlagszahlungen mit problematischer neuer Formulierung – Sicherheitsleistung des AN (§632a III); Druckzuschlag in § 641 III auf das zweifache der Mängelbeseitigungskosten beschränkt; Vorverlegung von Zahlungen § 641 II (Durchgriffsfälligkeit). Vergütungsanspruch nach Kündigung durch Besteller gem. § 649 BGB wird widerlegbar vermutet mit 5% der nicht erbrachten Werkleistung; Kniffka, online-Kommentar Bauvertragsrecht: Die große Enttäuschung des Forderungssicherungsgesetzes ist, dass es in materieller Hinsicht bei Fehlerkorrekturen und wenigen Verbesserungen geblieben ist. Der Gesetzgeber hat regelrecht resigniert. 21

§ 632a Abschlagszahlungen Der Unternehmer kann von dem Besteller für eine vertragsgemäß erbrachte Leistung eine Abschlagszahlung in der Höhe verlangen, in der der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt hat. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abschlagszahlung nicht verweigert werden. 22

§ 632a Abschlagszahlungen Ist der Besteller ein Verbraucher und hat der Vertrag die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand, ist dem Besteller bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Werkes ohne wesentliche Mängel in Höhe von 5 vom Hundert des Vergütungsanspruchs zu leisten. 23

Der neue § 632a BGB Keine Abschlagszahlungen bei wesentlichen Mängeln - kann das richtig sein?

1. Leistungen, die mit wesentlichen Mängeln behaftet sind, schließen Abschlagszahlungen aus, da nicht vertragsgemäß ! 2. Abschlagszahlungen kann der AN in der Höhe verlangen, in der der Auftraggeber durch die Leistung bereits einen Wertzuwachs erlangt hat. 3. Auch bei unwesentlichen Mängeln steht dem Auftraggeber ein Zurückbehaltungsrecht nach § 641 Abs. 3 BGB n.F. zu, das den Anspruch auf Abschlagszahlungen der Höhe nach entsprechend kürzt! 4. Wenn Verbraucher beteiligt, dann 5 % der Bausumme als Sicherheit zu stellen! 24

Bauhandwerkersicherung § 648a BGB Der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage … kann vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen, die mit 10 vom Hundert des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen. Satz 1 gilt in demselben Umfang auch für Ansprüche, die an die Stelle der Vergütung treten. 25

Bauhandwerkersicherung § 648a BGB Der Anspruch des Unternehmers auf Sicherheit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Besteller Erfüllung verlangen kann oder das Werk abgenommen hat. Ansprüche, mit denen der Besteller gegen den Anspruch des Unternehmers auf Vergütung aufrechnen kann, bleiben bei der Berechnung der Vergütung unberücksichtigt, es sei denn, sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. 26

Bauhandwerkersicherung § 648a BGB • Echter einklagbarer Anspruch; • Eventuelle Mängeleinwendungen oder Gegenansprüche bleiben unberücksichtigt; • Art der Sicherheitsleistung nach §§ 232 ff BGB; • § 648a BGB betrifft nur das nachträgliche Sicherungsverlangen BGH, Urteil vom 27.05.2010 – VII ZR 165/09. 27

Erste Entscheidung zum neuen § 648a BGB!

1. Gemäß § 648a Abs. 1 BGB kann der Unternehmer vom Besteller Sicherheit für eine vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung verlangen. Dieser Anspruch ist einklagbar. 2. Der Anspruch besteht auch dann, wenn vom Unternehmer Mängel der erbrachten Werkleistung geltend gemacht werden und selbst dann, wenn das Vertragsverhältnis aufgrund einer ausgesprochenen Kündigung beendet ist. 3. Für die Sicherbarkeit des Werklohnanspruchs kommt es im Übrigen weder auf eine ordnungsgemäße Schlussrechnung, auf eine Abnahme oder auf einen Fortbestand des Vertrags an. 4. Der Klageantrag ist darauf zu richten, dass eine Sicherheit gemäß § 648a BGB in Verbindung mit §§ 232 ff BGB zu stellen ist. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 12.04.2010 - 17 O 11183/09 (nicht rechtskräftig)

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Bauhandwerkersicherung § 648a BGB Hat der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit nach Absatz 1 bestimmt, so kann der Unternehmer die Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen. Kündigt er den Vertrag, ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt. Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. 29

Sicherung von Zahlungen - § 649 Satz 3 BGB (Vergütung nach freier Kündigung)

Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. 30

Bauforderungssicherungsgesetz 2009 (früher GSB) •



§ 1 Abs. 1 BauFordSiG ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB: Persönliche Haftung der Organgeschäftsführer im Falle zweckwidriger Verwendung; Verstoß ist auch strafbar! Auch Abschlagszahlungen sind Baugeld (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauFordSiG. 31

Bauforderungssicherungsgesetz 2009 (früher GSB) Baugeld: Geld, das "im Zusammenhang mit der Herstellung des Baus oder Umbaus" geleistet wurde (Begriffserweiterung). Baubuch: Verpflichtung zur Führung eines Baubuchs ist mit Inkrafttreten des BauFordSiG weggefallen. Statt dessen: Vermutungsregelung: § 1 Abs. 4 BauFordSiG: Vermutet wird sowohl die Baugeldeigenschaft als auch der Verstoß gegen die Verwendungspflicht des § 1 Abs. 1 BauFordSiG. 32

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