AUSWERTUNG DER ANTWORTEN DER HAMBURGER PARTEIEN

AUSWERTUNG DER ANTWORTEN DER HAMBURGER PARTEIEN Gesichtspunkte von Transparency Deutschland Öffentliche Unternehmen Unternehmensstrategie Unter den Pa...
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AUSWERTUNG DER ANTWORTEN DER HAMBURGER PARTEIEN Gesichtspunkte von Transparency Deutschland Öffentliche Unternehmen Unternehmensstrategie Unter den Parteien herrscht weitgehende Einigkeit darüber, daß öffentliche Unternehmen jene Aufgaben wahrnehmen sollen, die im Interesse der Allgemeinheit liegen und am besten auf diese Weise wahrgenommen werden können. Strittig ist zwischen den Parteien allerdings, in welchem Ausmaß öffentliche Unternehmen für die Interessen der Allgemeinheit notwendig sind. Die Aufgabe, die von einem öffentlichen Unternehmen durchgeführt werden soll, ist politisch festzulegen, ebenso wie die Strategie, mit der diese Aufgabe unter den jeweiligen Umständen gelöst werden soll. Die entsprechenden politischen Entscheidungen sind in den laufenden Geschäften Sache der Exekutive und in grundsätzlichen Fragen auch der Legislative. Die administrativen Formen, in denen dies geschieht, haben die jeweiligen Länder festzulegen. Zu den grundsätzlichen Entscheidungen, die in der Regel im Rahmen von Haushaltsberatungen zu treffen sind, gehört insbesondere die Frage, in welchem Umfang die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben aus Steuermitteln subventioniert werden soll. Entsprechend müssen absehbare Risiken und drohende Verluste dem Parlament rechtzeitig mitgeteilt und von ihm genehmigt werden. Im übrigen haben öffentliche Unternehmen nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten und mit größtmöglicher Kosteneffizienz zu wirtschaften. Die Entwicklungen in Berlin zeigen, daß in der Zusammenarbeit von Unternehmen mit staatlichem Einfluß und privaten Unternehmen Begünstigungen der letzteren auftreten können, die letztenendes zu Lasten des Steuerzahlers gehen. Die staatliche Beteiligungsverwaltung von Unternehmen hat u.a. die Pflicht, solche Entwicklungen zu unterbinden. Sie hat zudem dafür zu sorgen, daß Unternehmenszweck und Unternehmensstrategie eingehalten werden und die Aufgaben möglichst wirtschaftlich wahrgenommen werden. Die Antworten der Parteien bis auf die der SPD lassen solche grundsätzlichen Konzeptionen vermissen. Ihre Vorschläge folgen in Teilen den hier vorgetragenen Gesichtspunkten, wobei die FDP fast uneingeschränkt ein Patentrezept in der Privatisierung öffentlicher Unternehmen sucht und – im anderen Extrem – die GAL die gegenwärtige Situation als nahezu optimal ansieht. Besetzung von Führungspositionen Die Besetzung von Führungspositionen in öffentlichen Unternehmen sollte sich aus den gleichen Überlegungen herleiten. Aus der Aufgabe des Unternehmens und der mittelfristigen Strategie sollten – möglichst unabhängig von aktuell notwendigen Besetzungen – die Anforderungsprofile für Führungspositionen bestimmt werden.

Bei bevorstehenden Besetzungen sind diese Profile zur Grundlage von öffentlichen Ausschreibungen zu machen. Wenn eine solche Position die Fähigkeit zur Kommunikation mit politischen Entscheidungsträgern in hohem Ausmaß erfordert, so ist dies in der Ausschreibung bekanntzugeben. Dieser Umstand darf indes nicht als Vorwand für eine parteipolitische Besetzung benutzt werden. Denn Vertrautheit mit dem politischen Geschäft als Qualifikationsmerkmal ist nicht an parteipolitische Bindungen geknüpft. Bei der Besetzung einer Position muß klar sein, daß das Anforderungsprofil erfüllt wird. Gegebenenfalls ist einem zur Vertraulichkeit verpflichteten Ausschuß des Parlaments Einsicht in alle Bewerbungen zu gewähren. Die Öffentlichkeit muß Auskunft über die Qualifikationen des ausgewählten Bewerbers erhalten. Aufsichtsratsmitglieder sollten die Kontrollfunktionen des Aufsichtsrats wahrnehmen können, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Befähigung als auch hinsichtlich des dafür notwendigen Zeitaufwands. Auch sollte eine politisch ausgewogene Besetzung des Aufsichtsrats ist angestrebt werden. Parlamentarier dürften aufgrund der Trennung von Exekutive und Legislative nicht gleichzeitig Führungsposten in öffentlichen Unternehmen innehaben. Keine der Parteien hat für diese Frage ein insgesamt schlüssiges Konzept vorgelegt. Besonders verwunderlich ist es, daß die Hamburger CDU hier nur sehr allgemeine Vorstellungen vertritt, nachdem sie in der Vergangenheit die Politik der SPD in besonderen Punkten in besonderer Weise kritisiert hat. Die SPD wiederum macht keine Verfahrensvorschläge für die Besetzung von Managementpositionen, also für den Bereich, in dem sie sich besonders dem Vorwurf des "Filzes" ausgesetzt sieht. Vergabe von Aufträgen und Trägerförderung Sowohl für die Vergabe von Aufträgen als auch für die Vergabe öffentlicher Mittel zur Trägerförderung gilt grundsätzlich, daß die Transparenz der Vergabekriterien, Verfahren und Entscheidungen sowie der Begünstigten für die Vermeidung von Korruption unerläßlich ist. Im Bereich der Trägerförderung sollte die Transparenz über regelmäßige Berichte hergestellt werden, die die geförderten Aufgaben, Mittelvolumen und Ergebnisse offenlegen. Bei der Auftragsvergabe sollten Berichte über die ausgewählten Bewerber und den Umfang bisheriger Zuschläge geliefert werden. In beiden Fällen sind die zur Verfügung gestellten Mittel bzw. die in absehbarer Zeit zu vergebenden Aufträge rechtzeitig potentiellen Interessenten bekanntzumachen. Die modernen Kommunikationsmittel ermöglichen die Veröffentlichung solch vielfältiger Informationen auf einfache Weise. Bei der Entscheidung über Zuschüsse zur Trägerförderung bzw. zur Auftragsvergabe müssen Interessenkollisionen strikt vermieden werden. Die Parteien haben hier unterschiedliche Verfahren vorgeschlagen, wobei die Vorschläge der CDU am detailliertesten sind. Sie fordert außerdem eine mittelstandsfreundliche Zerlegung in Teil- und Fachlose. Die GAL hingegen beschränkt sich auf den Hinweis auf die bereits bestehende Öffentlichkeit der Sitzungen des Parlaments und den allgemeinen Zugang zu Haushaltsplänen und Drucksachen der Bürgerschaft. Sie übersieht dabei, daß der Bürger hierdurch keinerlei Informationen über die Verwendung der 2

Mittel und die begünstigten Träger erhält, so wie sie sich überhaupt bei allen für den Koalitionspartner unangenehmen Fragen größter Zurückhaltung befleißigt. Die FDP schließlich schwört in beiden Stadtstaaten auf die allesheilende Wirkung der Privatisierung und ist durch die Abstinenz von politischer Verantwortung nicht erfahren genug, um zu wissen, daß dies allein nicht ausreicht – private Monopole sind allemal schlimmer als öffentliche. Es ist verwunderlich, daß keine der Parteien „ Schwarze Listen" der Firmen fordert, die sich in gesetzwidriger Weise um Aufträge bemüht haben und die so für eine bestimmte Frist von der Vergabe ausgeschlossen werden. Versorgungspositionen für ehemalige Politiker Politiker sollten nach Abschluß ihrer politischen Tätigkeit keine Positionen in Institutionen einnehmen, über die sie während ihrer Tätigkeit die Aufsicht ausgeübt haben oder die auf sonstige Weise in ihrem Zuständigkeitsbereich lagen. In öffentlichen Unternehmen sollten Besetzungen mit Politikern nur im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens erfolgen. Die Parteien sind – weitgehend übereinstimmend – der Auffassung, daß dem Mißbrauch von öffentlichem Einfluß, mit dem Politiker ihre Anschlußtätigkeit zu sichern suchen, nur schwer begegnet werden kann. Es wird hervorgehoben, daß man keine Berufsverbote aussprechen dürfe und allenfalls die Kürzung von Versorgungsbezügen in Betracht käme, wenn ein Politiker eine Anschlußtätigkeit nicht etwa aufgrund seiner im früheren Amt erlangten Qualifikationen, sondern aufgrund seiner im Amt geknüpften Beziehungen erlangt. Die SPD begrüßt ausdrücklich die "Durchlässigkeit" zwischen Politik und Wirtschaft.

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Zusammenfassung der Antworten der Parteien 1. Umgang mit Trägern, Vergabe öffentlicher Aufträge Trägerbezuschussung Die SPD sagt hierzu: -

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Die Ergebnisse des parlamentarischen Untersuchungsausschusses "Vergabe und Kontrolle von Aufträgen und Zuwendungen durch die FHH" wurden während und nach Abschluß der Untersuchungen in Verwaltungsvorschriften und –handeln umgesetzt, wodurch eine erhebliche Verbesserung eingetreten ist. Verweis auf die erweiterten Angaben in den Haushaltsplänen, die Bürgerschafts- bzw. Ausschußsitzungen und die Drucksachen zur Information der Öffentlichkeit Zur Korruptionsbekämpfung hat der Senat mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Berufsverbände eine Vereinbarung geschlossen, die auch einen Maßnahmenkatalog enthält

Die CDU vertritt hier die detailliertesten Vorstellungen: -

Vergabe von Zuwendungen unter partnerschaftlichem Verhältnis von Staat und Wohlfahrtsverbänden

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Subsidiaritätsprinzip

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Ständige Ziel- und Mittelanalysen

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Öffentliche Bekanntgaben zur Auflösung von Monopolen auf Anbieterseite

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Ausschreibung neuer Förderprogramme und Zuwendungen auf fünf bzw. zehn Jahre befristet, danach neue Ausschreibung

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Bekanntgabe der Kriterien der Mittelausschreibung

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Einführung von regelmäßigen, differenzierten Zuwendungsberichten

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Öffentlicher Ausschreibung von Gutachten; Berichtspflicht über Vergabe und Verwendung von Gutachten über DM 100.000; Anwendung der §§ 55 (öffentliche Ausschreibung) und 7 (Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit) LHO

Die GAL verweist auf die Öffentlichkeit der Sitzungen der Bürgerschaft, auf allgemein zugängliche Haushaltspläne und Drucksachen. Sie hebt die Vorteile des momentanen Sachstandes hervor und fordert ein Akteneinsichtsrecht. Der Regenbogen verlangt einen Zuwendungsbericht und ein Akteneinsichtsrecht für Parlamentarier.

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Die FDP tritt ein für eine Bekanntgabe der zu vergebenden öffentlichen Gelder auch im Internet und eine Auflistung der Zuwendungsempfänger und der bezogenen Mittel ein. Außerdem fordert sie einen Vergabe-Newsletter, der Interessenten unaufgefordert zugemailt wird. Vermeidung von Interessenkollisionen Die SPD verweist hier auf zwei neu erlassene Dienstvorschriften. Über die Erfahrungen mit diesen Vorschriften soll der Senat berichten. Zu diesem Punkt schlägt die CDU vor: -

Trennung von Zuständigkeit und Tätigkeit als Regierungsvertreter und Vertreter der Aufsichts- und Genehmigungsbehörden

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Städtischen Einfluß auf öffentliche Unternehmen durch qualifizierte Personen aus nicht betroffenen Abteilungen oder Behörden sicherstellen

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Einrichtung einer behördeninternen Kontrollinstanz

Die GAL will Interessenkonflikte vermeiden. Sie verweist hierzu auf die derzeit gültigen Regelungen. Der Regenbogen plädiert für eine Trennung von Funktionen: Ein Vorstand eines ABM-Trägers darf nicht gleichzeitig Mitglied des Vergabeausschusses des Arbeitsamts sein. Die FDP fordert: -

Unvereinbarkeit von Tätigkeit bei Trägern und verantwortlicher Verwaltungsdienststelle zugleich

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Bekanntgabe von Interessenkollisionen ist im Dienst- und Vergaberecht vorzusehen

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Jobrotation

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Öffentliche Aufträge Die SPD nimmt hierzu folgendermaßen Stellung: -

Verweis auf den Jahresbericht 2001 des Rechnungshofs: Verstöße gegen Vergaberichtlinien sind in der Regel nicht zum Nachteil der Stadt erfolgt, sondern beruhen auf Fehlern von Mitarbeitern.

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Verbesserung von Schulungen, Richtlinien und Aufsicht

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Nutzung des Internets für größere Transparenz bei der Auftragsvergabe

Die CDU meint: -

Strikte Anwendung von VOL, VOB und VOF (Verdingungsordnungen für Bauleistungen, Leistungen und freiberufliche Leistungen) und der damit verbundenen Regelungen soll ohne Ausnahmeregelungen auf die öffentlichen Unternehmungen ausgedehnt und ihre Beachtung durch den Senat sichergestellt werden

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Unterteilung der Aufträge in Teil- und Fachlose

Die GAL fordert: -

Öffentliche Ausschreibung und parlamentarische sowie öffentliche Kontrolle

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Informationsfreiheitsgesetz

Der Regenbogen denkt hier an Kontrollinstitutionen in unabhängigen, eigenständigen Einheiten. Die FDP schließlich ist für: -

Kontrollrechte, auch Erfolgskontrolle, für Parlament und Rechnungshof

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Größtmögliche Transparenz

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Zeitnahe Überprüfung und Befristung von Zuschußprogrammen

Versorgungspositionen für ehemalige Politiker Die SPD hält grundsätzlich die Durchlässigkeit zwischen Politik und Wirtschaft für begrüßenswert und einen Ehrenkodex für denkbar. Die CDU findet eine über die bestehende Verschwiegenheitspflicht hinausgehende Regelung ist nicht sinnvoll.

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Auch für die GAL sind wenig wirklich greifende Vorkehrungen denkbar. Die FDP meint: -

Nach Beendigung einer Tätigkeit in der Exekutiven ist ein Wettbewerbsverbot mit entsprechender materieller Kompensation auszusprechen.

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Der Mißbrauch von Herrschaftswissen soll zu Verlust oder Minderung der Übergangsgelder oder Pensionsansprüche führen. Verweis auf die grundgesetzlich gesicherte Berufsfreiheit

2. Verflechtung politischer Strukturen mit öffentlichen Unternehmen Vermeidung von Filz zwischen Politik und öffentlichen Unternehmen Die SPD meint: -

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Eine Unternehmensbeteiligung setzt ein wichtiges staatliches Interesse voraus. Öffentliche Unternehmen haben wichtige staatliche Zielsetzungen, deren wirtschaftliche Verfolgung vor Gewinnstreben steht. Grundsatzentscheidungen obliegen Legislative und Exekutive, die Steuerung erfolgt über Aufsichtsräte, in denen der Senat vertreten ist. Schilderung der Vorzüge und des Beispielcharakters der Hamburger Regelungen Hervorhebung des Informationsumfangs gegenüber der Öffentlichkeit

Hierzu schlägt die CDU vor: -

Verringerung der Beteiligung an öffentlichen Unternehmen unter strikter Anwendung der einschlägigen Haushaltsvorschriften (§ 65 LHO)

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Nicht wettbewerbsfähige städtische Unternehmen sind zu privatisieren oder zu schließen

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Unvereinbarkeit von Positionen in Fraktionsführung und Leitung eines öffentlichen Unternehmens (Verfassungsänderung sieht eine Unwählbarkeit von Führungskräften öffentlicher Unternehmen in die Bürgerschaft ab der übernächsten Wahlperiode vor)

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Verringerung der Anzahl der Senatsvertreter in den Aufsichtsräten öffentlicher Unternehmen

Die GAL verweist auf die positive Beurteilung des Hamburger Beteiligungsmanagements und auf die Vorschriften der LHO. Sie denkt an mehr Öffentlichkeit und vielleicht auch Runde Tische.

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Der Regenbogen plädiert für: -

Trennung von Exekutive und Legislative: Ein Parlamentarier darf nicht gleichzeitig Geschäftsführer eines öffentlichen Unternehmens sein

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Ausführliches Berichtswesen gegenüber dem Parlament

Die FDP ist für eine weitestgehende Privatisierung und parlamentarische Kontrolle der verbleibenden öffentlichen Unternehmen. Wo Vertraulichkeit geboten ist, ist ein besonderer Parlamentsausschuß einzurichten.

3. Besetzung von Management- und Aufsichtsratsfunktionen in öffentlichen Unternehmen Folgenden Standpunkt vertritt die SPD: -

Es ist durchaus vertretbar, daß führende Politiker führende Positionen in öffentlichen Unternehmen bekleiden. Keine Unterscheidung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, aber Verweis auf die Senatsvertreter in den Aufsichtsräten.

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Hinsichtlich der gegenwärtigen Besetzung von Führungspositionen werde die fachliche Qualifikation der Geschäftsführungen und Vorstände auch von Kritikern nicht in Frage gestellt

Die GAL findet, daß Managementpositionen ausgeschrieben und nach Maßgabe der Qualifikation besetzt werden sollten. Aufsichtsratsmandate dürfen politisch besetzt werden (keine Angaben über Qualifikationserfordernisse). Die FDP fordert: -

Verbot gleichzeitiger Tätigkeit in Führungspositionen von Politik und öffentlichen Unternehmen oder Verwaltung

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Weitestgehende Privatisierung und parlamentarische Kontrolle der verbleibenden öffentlichen Unternehmen

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Ausschreibung von leitenden Positionen in öffentlichen Unternehmen unter Kontrolle der Bürgerschaft

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