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01/2017 Ausgabe 59 21. Februar 2017 – 27. Juni 2017

Abstrakte Kunst? Von wegen: Das Titelmotiv der Museumszeitung macht Nervenfasern im menschlichen Gehirn sichtbar. Zu sehen ist unser Zentralorgan von vorn, der Schnitt zeigt in Blau beispielsweise die motorischen Bahnen, die in einer geschwungenen Bahn vom Rückenmark aufsteigen. Der rote „Balken“ stellt die Brücke zwischen linker und rechter Gehirnhälfte dar. Möglich macht dies die neue Visualisierungstechnik Cinematic Rendering, die Daten aus dem Magnetresonanztomographen aufbereitet. Diesen und weitere spannende Einblicke zeigt die Ausstellung Die dritte Dimension im Siemens MedMuseum in Erlangen. Bild: Siemens Healthineers / Cardiff University Brain Research Imaging Center

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Die Kutschen des Museums mit Schloß Almoshof im Hintergrund. Foto: Mile Cindric

Nr. 59 | 21. Februar 2017

Museum für Kommunikation

Kommunikation am „stillen Örtchen“ Neue Ausstellung Besetzt! beschäftigt sich mit der Toilette als Ort der Alltagskultur Die einen sind „mal eben für kleine Königstiger“, andere gehen „dahin, wo auch der Kaiser zu Fuß hingeht“. Einfallsreiche Synonyme für das Aufsuchen der Toilette sollen verdecken, dass eben dieses vielen peinlich erscheint. Es ist an der Zeit, diese Scham zu überwinden und die Wissenslücken zu schließen! Vom 6. April bis 2. Juli 2017 widmet sich die Sonderausstellung Besetzt! im Museum für Kommunikation Nürnberg dem Thema. Der Kern der Ausstellung sind zwölf mobile Klohäuschen, die zu kompakten thematischen Ausstellungseinheiten werden – überraschend, informativ und garantiert geruchsfrei! Man muss nur die Türe der Kabine öffnen und lernt beispielsweise die Geschichte der Toilette von den Latrinen der alten Römer, über die „water closets“ im England des späten 16. Jahrhunderts bis hin zu heutigen HightechToiletten aus Japan kennen. Dabei erfahren die Besucher, dass eine Toilette mit Wasserspülung nicht überall auf der Welt so selbstverständlich ist wie bei uns in Europa. Den Schwerpunkt der Ausstellung, die die Kuratoren Martina Padberg und Stefan Nies für die Emschergenossenschaft/Lippeverband, Essen entwickelt haben, bilden jedoch die kommunikativen Aspekte rund um den Abort. Wer unterwegs „mal muss“, kommt nicht umhin, eine öffentliche Toilette zu nutzen. Dabei wird schnell klar, dass es im „stillen Örtchen“ überhaupt nicht schweigsam, sondern oft sehr kommunikativ zugeht: An den Wänden werden Themen wie Politik, Sexualität und Liebe besprochen. Auf kleinstem, geborgenem Raum formulie-

ren Toilettennutzer anonym mal ernst, mal spaßig gemeinte Fragen, Kommentare oder Botschaften an die nachfolgenden Benutzer, manchmal entstehen sogar zeitverzögerte Dialoge. Dabei sind sie äußerst kreativ: Manche malen, schreiben, kleben oder ritzen ihre Botschaften auf die Kabinenwände. Die Klowand wird so zum Kommunikationsmedium, sozusagen zum Schwarzen Brett der Benutzer. Toiletten sind aber auch Arbeitsplätze. Torsten etwa betreut eine WC-Anlage in Dortmund und kommt in der Ausstellung zu Wort: „Ich selber bezeichne mich als WC-Mann oder sag auch schon mal: Ich bin der Klofrau-Mann.“

lichsten Gästebuchs in Nürnberg und hinterlassen Sie eine Botschaft für andere Besucherinnen und Besucher! Auch wenn der eine oder andere Ausstellungsgast ein gespaltenes Verhältnis zu den mobilen Toilettenhäuschen haben mag, das Eintreten ist bei Besetzt! ausdrücklich erwünscht – nur von der Benutzung wird diesmal dringend abgeraten! Antonia Merkler Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Rahmenprogramm finden Sie unter http://www.mfk-nuernberg.de

Klo-Kultur in der Kunst Ein Kapitel für sich sind die Piktogramme, die Frauen und Männern den richtigen Weg weisen. Sie spiegeln Rollenbilder und kulturelle Eigenheiten wieder. Es gibt Engel (Frauen) und Teufelchen (Männer), Superwoman und Batman, Kleid und Hose – die Beispiele zur Toilettenkennzeichnung sind unzählig. Spielerisch und oft tabulos werden Toiletten in Kunst, Film und Literatur verwendet. Das (öffentliche) Klo wird mit seinem Schmuddel-Image zur Projektionsfläche für Gesellschaftskritik oder Provokationen, Piero Manzonis „Merda d’Artista“ (Künstlerscheiße) und Ewan McGregors Drogentrip im Film „Trainspotting“ lassen grüßen. Übrigens können Sie in der Ausstellung selbst zum Künstler werden: Testen Sie Ihre Kreativität beim Bemalen und Beschreiben des ungewöhn-

Links: Blick in das Rock-Klo. Rechts: Besetzt Fotos: Diethelm Wulfert/ Christian Padberg, Emschergenossenschaft/Lippeverband, Essen

Eine Kutschfahrt, die ist lustig, eine Kutschfahrt, die ist schön Wenn Bäche vom Eis befreit sind, Blumen zu blühen beginnen, dann ist die Postkutsche des Museums für Kommunikation wieder im Knoblauchland und in Fürth unterwegs. Verschiedene Routen stehen auf dem Fahrplan des nostalgischen Gefährts. Gemächlich geht es für zwei Stunden oder einen halben Tag auf eine unvergessliche Reise. Ab Mai 2017 spannt Kutscher Heinz Lehneis wieder seine Rheinischen Kaltblüter in den 1939 angefertigten Nachbau einer Berline mit zwei FahrgastAbteilen aus dem Jahr 1874 ein. Bis Mitte September ist das Reisegefühl des 19. Jahrhunderts erlebbar. Asphaltierte Straßen und gepolsterte Sitze bieten heute einen Komfort, den Reisende früher nicht kannten. 1780 beschrieb der österreichische Komponist Wolfgang A. Mozart seine beschwerliche Reise nach München so: „Zwei ganze Posten fuhr ich, die Hände auf dem Polster gestützt, und den Hintern in Lüften haltend.“ Dank Familie Lehneis aus Wetzendorf dürfen sich heutige Fahrgäste auf eine bequeme Reise freuen.

Heinz Lehneis hat seinen ganz persönlichen Lieblingsort im Knoblauchsland, an dem er gerne mit der Berline vorbeifährt: „Das Patrizierschloss Neunhof mit seinem schönen Barockgarten finde ich idyllisch.“ Auf den Touren sind auch Schloss Almoshof, der Flughafen oder der Irrhain, das Wäldchen der Nürnberger Poeten, zu sehen. Ein Erlebnis ist ebenso die Stadt-

rundfahrt durch die Kleeblattstadt Fürth. Vorbei geht es an Stadttheater und Rathaus bis zur Gustavstraße. Begleitet wird die kulturgeschichtliche Spurensuche von Museumspädagogen, die in die Rolle des Reiseleiters schlüpfen. Am Ende der zweistündigen Touren und in der Mitte der Halbtagesfahrten erwartet die Fahrgäste ein „Kutscherschmaus“ mit

fränkischen Gaumenfreuden: Reisen macht ja bekanntlich hungrig. Die Postkutschen-Fahrten sind auch eine besondere Geschenkidee. Das Museum hält attraktive Gutscheine dafür bereit, Geburtstagskinder und Jubilare müssen sich dann nur noch für einen Termin entscheiden. Bereits jetzt können Interessierte eine Rundfahrt zu einem öffentlichen Termin (www.mfk-nuernberg.de) oder ihrem Wunschtermin unter der Woche buchen. Gruppen bis zu neun Personen können die Kutschfahrt begleitet vom Geklapper der Hufe genießen. Heinrike Paulus

Termine, Anmeldung und weitere Informationen zu den Knoblauchsland-Touren unter: 0911/ 230 88-230 oder im Internet www.mfk-nuernberg.de oder per E-Mail [email protected] Stadtrundfahrten Fürth: Information und Anmeldung Tourist-Information Fürth, Tel. 0911/23 95 87-0

Update für Fremdsprachen

Termine Ausstellung

Führungen

„Wânhuì!“ und „God kväll!“ Einmal im Monat am Donnerstag wird bei der Language Party des Museums für Kommunikation interkulturelle Kommunikation erfahrbar. Viele verschiedene Sprachen sind dann zu hören, wie Chinesisch oder Schwedisch. Sprachenfans mit Nürnberger oder internationalen Lebensgeschichten begegnen sich bei Wein oder Espresso im Museumsrestaurant. Sie können hier ihre Sprachkenntnisse anwenden und auffrischen. Wer kennt das nicht: Im Urlaub muss man sich plötzlich in einer fremden Sprache verständigen und es fehlen einem die passenden Worte. „Die Language Party ist ein wunderbarer Trainingsort für Fremdsprachen in offener und fröhlicher Runde“, so Luna Mittig. Seit zwei Jahren kommt sie regelmäßig, „weil man immer wieder neue Leute kennenlernen kann“. Inzwischen betreut sie die Veranstaltung begeistert mit dem Motto: „Ob Anfänger oder Fortgeschrittene, jeder ist willkommen!“. Eine gute Möglichkeit auch für all jene, die Deutsch als Fremdsprache lernen und ihre Kenntnisse intensivieren möchten. Direktorin Marion Grether hatte 2015 die Idee Fremdsprachen-Fans eine Plattform zu bieten, weil

Besetzt! Geschichten im stillen Örtchen 6. 4. bis 2. 7. 2017

Expressführung in der Mittagspause Di 7. 3., 4. 4., 2. 5., 6. 6. 2017, 12.30–13 Uhr

Veranstaltungen

Was ist Kommunikation? So 26. 2., 26. 3., 30. 4., 28. 5. 2017, 14–15 Uhr

sich die Dauerausstellung des Museums unter anderem Sprachen aus aller Welt widmet. „Bei der Language Party notieren die Teilnehmenden ihre Sprachwünsche auf ihr Namensschild und suchen sich passende Gesprächspartner“, erklärt Museumspädagogin Elke Schneider. 2016 gab es als Highlight eine „Party“ in den Museumspostkutschen auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt. Von Beginn an arbeitet das Museum bei der Language Party mit dem Konfuzius Institut ErlangenNürnberg zusammen. Mit dem Bildungszentrum (BZ) im Bildungscampus Nürnberg hat es seit 2016 einen weiteren Kooperationspartner. „Für Sprachenlernende ist es sehr wichtig, dass sie das bei uns Erlernte möglichst oft anwenden. Gelegenheiten wie die Language Party sind für sie ideal, um sich ohne Hemmungen in der Fremdsprache zu unterhalten“, sagt Lydia Glaubitz, Fachteamleiterin Sprachen am BZ. Für neugierige Sprachenfans heißt es also: You are very welcome! Ihr seid herzlich willkommen! Heinrike Paulus

Blaue Nacht: „Odyssee“ 6. 5. 2017, 19–24 Uhr Internationaler Museumstag: „Spurensuche. Mut zur Verantwortung!“ 21. 5. 2017, 10–18 Uhr

Altägypten im Fokus So 26. 2., 26. 3., 30. 4., 28. 5. 2017, 15.15 Uhr Rundgang in der ehemaligen Firma TeKaDe Do 27. 4. 2017, 14 Uhr, Treffpunkt: Südkaserne Angebote für Kinder

Historische Postkutschenfahrten Unterwegs im Knoblauchsland und Fürth Infos unter www.mfk-nuernberg.de Language Party Angebot für Fremdsprachenfans im Museums-Restaurant „TINTO-tapas y vino“ Do 9. 3., 6. 4., 11. 5., 8. 6. 2017 jeweils 19 Uhr

Sonntags-Werkstatt für die ganze Familie Jeden Sonntag 14-16 Uhr Mitmach-Werkstatt für Kinder von 5-12 Jahren So 26. 2., 26. 3., 30. 4., 28. 5. 2017, 10-13 Uhr Alle Termine und weitere Infos unter:

www.mfk-nuernberg.de

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DB Museum

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135 Liebeserklärungen ans DB Museum

Das älteste Eisenbahnmuseum der Welt feiert seinen 135. Geburtstag mit einer besonderen Ausstellung

Christina Block, Mitarbeiterin Archiv und Dokumentationsstelle: „Ich mag die Uhr am Fürstenbahnsteig, weil sie den Besuchern indirekt die Jahreszahl der ersten Eisenbahnfahrt vermittelt.“

Das DB Museum ist das älteste Eisenbahnmuseum der Welt und hat eine lange Tradition, die bis in das späte 19. Jahrhundert zurückreicht. Bereits 47 Jahre nach der ersten Eisenbahnfahrt in Deutschland richtete die Königlich Bayerische Staatseisenbahn 1882 eine Sammlung für bayerische Eisenbahngeschichte ein und legte damit den Grundstein für das heutige DB Museum. 2017 feiert das Museumsteam den Geburtstag seines Museums mit einer besonderen

Ausstellung: An allen drei Standorten – Nürnberg, Koblenz und Halle an der Saale – stellen insgesamt 135 Mitarbeiter und ehrenamtliche Helfer ihre Lieblingsstücke vor und begründen, warum gerade dieses Exponat das Prädikat „Lieblingsobjekt“ verdient. In Nürnberg hat sich Werner Dechent, Mitarbeiter in der kaufmännischen Abteilung, bereits entschieden und die Dampflokomotive S2/6 zu seinem liebsten Objekt gekürt. PR-Referent Benjamin Stieglmaier erklärt

gleich ein ganzes Stellwerk zu seinem Museums-Highlight. Und die Direktorin des DB Museums, Russalka Nikolov, ernennt das allererste 1:10-Modell des Adlers, das leider verschollen ist, zu ihrem Lieblingsobjekt. Aus dieser besonderen Mitarbeiterbefragung ist eine Sonderausstellung entstanden, die ab März besucht werden kann und zum Mitfeiern einlädt. Alle Museumsbesucher können sich an der Geburtstagsausstellung aktiv beteiligen, indem sie ein Foto mit

ihrem Lieblingsobjekt auf den Social-Media-Kanälen des Museums posten. Janina Hoffmann www.dbmuseum.de www.facebook.com/dbmuseum www.twitter.com/dbmuseum www.youtube.com/dbmuseum www.instagram.com/dbmuseum

Lorenz Krauß, Teamleiter Werkstatt und Technik: „Ich mag den fahrfähigen Nachbau des Adlers, weil ich die Lokomotive selber fahren darf und jede historische Fahrt ein unvergessliches Erlebnis ist.“

Ursula Bartelsheim, Historikerin: „Mich beeindruckt der Koffer eines Opfers aus dem KZ Auschwitz, weil er ein Symbol ist für die Verbrechen der Nationalsozialisten und die Mitverantwortung der Reichsbahn am Holocaust.“

Udo Penter, Mitarbeiter Kasse und Besucherservice: „Ich mag das Modell des Tiefladewagens mit Transformator Uaai 839, weil es mich an einen Tausendfüßler erinnert.“

Fotos: DB Museum/ Benjamin Stieglmaier, Uwe Niklas (4), Mike Beims, Klaus Mosch

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Museen in Neumarkt

Huldigung an die Frauen Das Museum Lothar Fischer zeigt den Plastiker Wilhelm Loth mit 50 Arbeiten, die in den Jahren zwischen 1947 und 1988 entstanden

Blick in das ehemalige Lager der Wilhelm-Loth-Stiftung, Karlsruhe 2012, Foto: Schleicher, Karlsruhe Wilhelm Loth zählt zu den bedeutendsten deutschen Plastikern und Hochschulprofessoren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Museum Lothar Fischer in Neumarkt i.d.OPf. widmet ihm vom 5. März bis zum 11. Juni eine umfangreiche Sonderausstellung. Wie kaum ein anderer Bildhauer reflektiert Wilhelm Loth sein künstlerisches Tun und findet sukzessive so zu seinem zentralen Motiv, der Darstellung des weiblichen Körpers. Dieser wird für den 1920 geborenen Künstler auch zum Sinnbild für Vitalität, Liebe, Fruchtbarkeit und Fortleben. Er selbst versteht seine Plastiken, Papierarbeiten und Fotografien immer auch als eine „Huldigung an die Frauen“.

Wilhelm Loth gestaltet das Menschenbild seiner Zeit neu. Seine Überzeugung drückte er so aus: „Schönheit, das ist für mich nicht eine vom Leben abgehobene Idealvorstellung, sondern ich suche sie in Formen, die das reale Leben anbietet und die für mich schön sind, weil sie lebensbejahend sind.“ Die Ausstellung Wilhelm Loth – Von der Figur zur Körperlandschaft von 1947 bis 1988 besticht mit einer Werkauswahl von frühen Terrakotten, zahlreichen Zeichnungen, Gipsarbeiten, Bronzen und Fotografien der 1970er und 1980er Jahre. Diese Exponate belegen, wie sich Wilhelm Loths Formensprache von der Auffassung der Figur als abstrahiertes Zeichen hin zu seinen Körperlandschaften entwickelt. Wäh-

rend das Frühwerk noch ganze Figuren zeigt, konzentriert sich sein späteres Schaffen zunehmend auf die ausschnitthafte Darstellung des Frauenkörpers. In seinen Lippen-, Busen- oder Schoßobjekten spürt der Bildhauer zeitlebens dem Weiblichen nach und bleibt diesem Thema bis zu seinem Tod 1993 in Darmstadt treu. Als 17-Jähriger nimmt Wilhelm Loth Kontakt mit Käthe Kollwitz (1867-1945) auf und besucht, durch die Künstlerin angeregt, ab 1940 die Bildhauer-Klasse von Toni Stadler an der Städelschule in Frankfurt. Stadler ist es auch, der den jungen Loth zum plastischen Gestalten mit Terrakotta inspirierte. Noch während des Naziregimes findet der Bildhauer schließlich zu seiner eigenen Figuration, die er nach 1945 sensibel weiterentwickelt. 1958 erhält er bereits einen Ruf an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, wo er bis 1986 als Professor lehrt. 1959 verbringt er mit einem VillaMassimo-Stipendium in Rom. Dort wird Loth vom italienischen Barock künstlerisch beeinflusst, was sich auch in seinen berühmten römischen Reliefs, die sich heute in Gips im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg befinden, bemerkbar macht. Einzelausstellungen in Mannheim und Stuttgart sowie 1964 die Teilnahme an der documenta III in Kassel folgen und bringen ihm fortan auch internationalen Erfolg. Die Wechselausstellung in Neumarkt, die erstmals auch zahlreiche Gipse Wilhelm Loths einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich macht, würdigt das vielfältige Œuvre anhand von rund 50 Arbeiten. Indirekt tritt Loths Schaffen im monografischen Künstlermuseum Lothar Fischer dabei auch in einen spannenden Dialog mit den figürlichen Plastiken des befreundeten Künstlerkollegen. Lothar Fischer (1933-2004) besaß zwei Loth-Zeichnungen, die sich

heute im Besitz der Lothar & Christel Fischer Stiftung und somit im Neumarkter Museum befinden. Diese beiden Blätter werden in der Sonderausstellung ebenfalls zu sehen sein. 2007 und 2015 zeigte das Ausstellungshaus bereits mit Werkschauen zu Franz Bernhard (1934– 2013) und Robert Schad (*1953) das Schaffen zweier ehemaliger Studenten Loths, die dieser in Karlsruhe an der Akademie der Bildenden Künste unterrichtet hatte. Pia Dornacher

Ohne Titel (Figur), 1957, Aquarell, Privatbesitz, Karlsruhe Foto: Andreas Pauly © für Wilhelm Loth bei Alexander Heil Zur Ausstellung erscheint ein 48seitiger Katalog.

Unzerstört – Neuzugänge christlicher Kunst im Stadtmuseum rechts: Vor dem Zweiten Weltkrieg zierte der Heilige Sebastian als Schutzheiliger eine Hausfassade. unten: Ein spätgotisches Ziborium als neues Glanzstück der Sammlung.

Nach der Winterpause wartet das Stadtmuseum Neumarkt i.d.OPf. mit neuen Attraktionen auf, die ab 1. März 2017 die Schausammlung bereichern: Von den selten erhaltenen Kirchenschätzen aus der Zeit vor 1500 sind das ein vergoldeter Hostienbehälter und die barocke Figur des heiligen Sebastian, der als Hausheiliger vor Schaden bewahren sollte. Blickt man im Reformationsjahr auf die Oberpfalz, so ahnt man kaum, wie weit die damals neue Lehre im heute überwiegend katholisch geprägten Regierungsbezirk verbreitet war. Bereits 1521 hatte Pfalzgraf Friedrich, der in Neumarkt als Statthalter seines Bruders und Kurfürsten die Obere Pfalz regierte, den später in Straßburg tätigen Reformator Martin Bucer als Hofkaplan in Dienst genommen. Auch bei der Bürgerschaft fielen Luthers Ideen auf fruchtbaren Boden und fanden so starken Rückhalt, dass der Versuch, den Calvinismus in Neumarkt zwangsweise einzuführen, die Bürger 1592 zu den Waffen greifen ließ. Letztlich setzte sich aber die Obrigkeit durch, so dass aufgrund des strengen Bilderverbots die Kirchen in den folgenden Jahren herbe Verluste an ihren Kunstwerken erlitten. Überdauern konnte nur, was problemlos in eine protestantische Ikono-

graphie integriert werden konnte oder vor den Augen der Bilderstürmer verborgen war. Zum Beispiel die heute in der Hofkirche befindliche Marienfigur, die jahrelang vergraben war und erst wieder im Zuge der Rekatholisierung in die Kirche zurückgebracht wurde. Zu den wenigen Kirchenschätzen aus vorreformatorischer Zeit des Neumarkter Raums gehört auch ein Ziborium, das nun Eingang in die Schausammlung des Stadtmuseums gefunden hat. Das spätgotische, mit einem Deckel verschließbare Gefäß zur Aufbewahrung der Hostien aus der Pfarrkirche Pelchenhofen ist aus vergoldetem Kupfer gefertigt. Es ähnelt einem Messkelch, besitzt aber anstatt einer becherartigen Kuppa eine mit sechseckigem Querschnitt und gravierten Seitenflächen. Der Klappdeckel ist zeittypisch mit Anleihen aus der architektonischen

Formensprache versehen und erinnert an einen Turmhelm. Ob das Ziborium nun wegen seiner abgebildeten Szenen aus der Passion Christi oder wegen seines relativ geringen Materialwertes verschont oder aber einfach übersehen wurde, ist nicht überliefert. Einen ganz anderen Geist atmet der zweite Neuzugang: eine kleine barocke Skulptur des heiligen Sebastian. Was die Calvinisten als „Götzenbilder“ vernichtet hatten, kehrte nach dem Fall der Oberpfalz an das katholische Bayern im Dreißigjährigen Krieg im Barock mit aller Macht zurück. Die Rekatholisierung, die in Neumarkt von Jesuiten und Kapuzinern getragen wurde, prägte mit zahlreichen Wallfahrten, Heiligen- und Marienkulten das religiöse Leben, nicht nur im Gottesdienst sondern auch im Alltag. So fungierte die vom Stadtmuseum neu erworbene Skulptur als Hausheiliger.

Seine Aufgabe war, das jeweilige Gebäude, an dem er in einer Nische an der Außenfassade angebracht war, und dessen Bewohner vor Unheil zu bewahren. Der heilige Sebastian zählte dabei zu den besonders mächtigen Schutzpatronen und wurde im Kampf gegen Pest und Seuchen um Hilfe angerufen. Hausheiliger in Sicherheit gebracht

Dass er heute im Stadtmuseum gezeigt werden kann, ist aber weniger seinen heilsamen Kräften geschuldet als der Geistesgegenwart der Hausbesitzerin gegen Ende des Zweiten Weltkrieges. Bevor im April 1945 nahezu die gesamte Altstadt in Flammen aufging und 92 Prozent der innerstädtischen Bausubstanz zerstört wurden, hatte sie den Hausheiligen mit ihren Habseligkeiten rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Unweit seines ursprünglichen Standortes in der Zißlergasse können nun die bezaubernde, auf Umwegen wieder nach Neumarkt zurückgekehrte Skulptur und auch das spätgotische Ziborium im ersten Stock des Stadtmuseums nach der saisonalen Schließung im Februar vom 1. März 2017 an besichtigt werden. Petra Henseler

Termine Museum Lothar Fischer Stadtmuseum Rundgang und Gespräch Christine Colditz, Künstlerin und ehem. Studentin von Loth, und Pia Dornacher Do 23. 3. 2017, 19 Uhr Workshop für Erwachsene „Lust am Körper“, Keramikworkshop mit Evelyn Hesselmann, Anm. erforderlich Sa 25. 3. 2017, 11–14 Uhr Katalogpräsentation und Vortrag „Torso als Prinzip“ Margrit Brehm, Karlsruhe Do 27. 4. 2017, 19 Uhr

Lesung: Nick Hornby, „NippleJesus“ Christian Baumann, Schauspieler Do 18. 5. 2017, 19 Uhr Toni Stadler und Wilhelm Loth, Führung zum Int. Museumtag Birk Ohnesorge, Galerist So 21. 5. 2017, 15 Uhr Führungen finden sonntags um 15 Uhr statt, jedoch nicht am 1. So im Monat Am ersten So im Monat Führung nur um 11.15 Uhr, parallel eine Kinderführung (ab 4 Jahre, je nach Thema wird praktisch gearbeitet) Information und Anmeldung Tel.: (09181) 51 03 48

Stadtmuseum Neumarkt „Als Mariner im Krieg“ Die kaiserliche Marine im Ersten Weltkrieg Stadtmuseum: Mi bis Fr und So 14–17 Uhr 1. 3. bis 21. 5. 2017 Lesung aus Joachim Ringelnatz „Als Mariner im Krieg“ Frank Präger So 21. 5. 2017, 15 Uhr Neumarkt im Ersten Weltkrieg 1917: „Barackenidylle“ – Reservelazarett und Kriegsgefangenenlager 10. 6. bis 1. 10. 2017

Vorträge des Neumarkter Historischen Vereins zum Reformationsjubiläum, Mehrzweckraum Bürgerhaus, Fischergasse 1 „Ein schwieriger Weg zum rechten Glauben – Die Religionspolitik Pfalzgraf Friedrichs II.“ Frank Präger, Neumarkt Di 14. 2. 2017, 19.30 Uhr „Argula von Grumbach – Eine Frau im Licht“ Susanne Greiter, Eichstätt Di 14. 3. 2017, 19.30 Uhr

www.stadtmuseum.neumarkt.de

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Museen in Fürth und kunst galerie fürth

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Der Schlüssel zur inneren Kunst An der Schnittstelle von Kunst und Vermittlung in der kunst galerie fürth zen die Senioren ihre Masken ab, beginnt ein lebhafter Austausch. Kunstpädagogik – wie beispielsweise zu den Arbeiten der Bildhauerin Laura Ford – lebt von der Kommunikation. Das gemeinsame Sprechen über Kunst ist wesentlicher Bestandteil der Vermittlung von zeitgenössischen Kunstwerken. In der kunst galerie fürth wird sie für unterschiedliche Altersstufen angeboten. Vermittlung zählt zu den Kernaufgaben von Ausstellungsorten, das trifft auch für die jährlich sechs bis sieben Ausstellungen zu regionaler und internationaler Gegenwartskunst in Fürth zu. Spezielle Angebote bereiten zu jeder Ausstellung ausgewählte Inhalte altersgerecht auf, so dass Kinder ab dem Vorschulalter, Jugendliche und Erwachsene in Gruppen an den eineinhalbstündigen Programmen teilnehmen können. An den Ausstellungsrundgang schließt sich – in einem separaten Arbeitsraum – ein gestalterischer Teil an, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Eindrücke aus der Führung kreativ umsetzen. Vom Bildungsort zum Erfahrungsort

Der Geräuschpegel ist ein deutlicher Indikator: Still wird es, wenn sich die Kunstinteressierten mit höchster Aufmerksamkeit einer kreativen Tätigkeit verschreiben. Aufwändig gestalten sie Masken aus

Karton und Textilien, nähen Knöpfe als Augen auf und frisieren Haare aus Wolle. Als sich die Gruppe zum Foto aufstellt, klingen Regieanweisungen durch den Raum, es wird auch gekichert. Kaum set-

Ein roter Faden durch den Galeriebesuch ist gerade für jüngere Besucher wichtig. Mal beschäftigen sie sich mit einer Technik wie dem Siebdruck, mal widmen sie sich übergeordneten Themen wie Farben und Abstraktion oder einem stärker inhaltlichen Motto.

Die Begegnung mit Kunstwerken wird so zu einem Erlebnis: Farbintensität, Formate, Werkspuren lassen sich am Original authentisch nachvollziehen. Das sinnliche Erfahren stimuliert die innere Kunst, den eigenen Zugang zu ästhetischer Wahrnehmung und Praxis. Um ungewöhnliche Inhalte zu veranschaulichen, setzt das kunstpädagogische Team in Fürth auch auf ungewöhnliche Methoden. In handlungsorientierten Einschüben werden vor den Originalen überraschende Impulse gesetzt. Beispielsweise werden mit Schnüren Zeichnungen von Landschaften gelegt oder gestische Bilder in Bewegungen oder Geräusche übersetzt. Die Absicht dahinter ist die Schulung der Wahrnehmung und zugleich die Öffnung gegenüber dem, was sich nicht ausschließlich auf der Wissensebene erklären lässt. Bei jeder Gruppe knüpfen die dialogischen Führungen situativ, flexibel und individuell an den jeweiligen Erfahrungshorizont an. Für Senioren hat sich die offene Reihe „Kunst am Dienstag – Zu alt für junge Kunst?“ etabliert, die stets am ersten Dienstag nach Ausstellungseröffnung um 14 Uhr stattfindet. Für Schulklassen und Vorschulgruppen ist das ausstellungsbezogene Programm vormittags während der Laufzeit buchbar. Informationen zu den Ausstellungen und dem kunstpädagogischen Angebot unter www.kunstgalerie-fuerth.de oder unter Telefon 0911-9 74 16 90. Rebecca Suttner

Grundschüler entschlüsseln die rätselhaften Bilder von Justine Otto Foto: Rebecca Suttner

Bewahrte Schätze – die Sammlung des Rundfunkmuseums „Yacht Boy“, „Rheingold“, „Tonmeister“ – so heißen die Radio-„Schätze“, die das Rundfunkmuseum Fürth bewahrt. Der Bestand reicht darüber hinaus von Fernsehgeräten aus mehreren Jahrzehnten, über Video- und Kassettenrekorder bis hin zu Grammophonen, Schallplattenspielern und Musikboxen. Insgesamt besitzt das Museum 4000 bis 5000 Geräte. Hinzu kommen Fotografien, Archivgut, Werbemittel und Zeitschriften, sodass es insgesamt ca. 20.000 Objekte sein dürften, über die das Museum verfügt. Diese Zahlen sind geschätzt, weil eine digitale Inventarisierung bislang fehlt. Mit dieser wird aktuell begonnen. Der Großteil der Geräte wird dem Haus von privater Seite als Schenkung angeboten und überreicht. So kommt es, dass über manche Objekte besondere Geschichten bekannt sind: Ein Radio der Firma Wega war die erste Anschaffung, die sich ein Hochzeitspaar leistete, ein Grundig „Concert Boy“ wurde vom ersten eigenen Gehalt gekauft und mit einem Saba-Gerät spielte eine Schwangere ihrem Ungebo-

renen schon klassische Musik vor. Für das Verständnis der Bedeutung von Rundfunkgeräten für den Alltag der Menschen sind diese „Objektgeschichten“ besonders wichtig. Daher werden sie ebenfalls gesammelt und erfasst. Allerdings sind nicht über alle Geräte auch Geschichten von ehemaligen Besitzerinnen und Besitzern berichtet worden. Diese Objekte erzählen sie anhand ihres Aussehens und Zustands selbst: Gebrauchsspuren berichten vom starken Einsatz, an manchen Geräten wurde eigenmächtig gebastelt oder Details verschönert. Ein Radio durften Kinder sogar bemalen, lautet die Vermutung, nachdem ein neues Gerät angeschafft wurde. So reicht die Sammlung des Rundfunkmuseums von Geräten des „Otto-Normal-Verbrauchers“ bis hin zu Objekten im High-End und Design-Bereich. Ziel ist, eine große Bandbreite abzudecken und für künftige Generationen die Rundfunkgeräte der Vergangenheit und Gegenwart zu bewahren. Jana Stadlbauer

Fernseher und Radio, bekannter und unbekannter „Designer“. Die Bundesfreiwilligendienstleistende Antonia Reinhardt zeigt „Schätze“ des Rundfunkmuseums. Foto: Jana Stadlbauer

Wertvolle Glanzstücke aus Fürth

Im Stadtmuseum Fürth sind schöne Spiegel aus der heimischen Fabrikherstellung zu bewundern. Mitten im Ausstellungsraum „Industrialisierung“ befindet sich ein hoher Standspiegel mit integriertem Toilettentischchen, der Ende des 19. Jahrhunderts komplett aus Spiegelglas hergestellt wurde. Sein Rahmen besteht aus kunstvoll geschliffenem Glas, gefertigt nach luxuriösen Vorbildern aus Murano bei Venedig, weswegen er auch „Venezianischer Spiegel“ genannt wird.

Der älteste Spiegel des Museums stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert. Er besitzt einen klassizistischen Marmorrahmen und wurde noch mit Quecksilber belegt. Die Verwendung des Metalls war bei der Spiegelherstellung üblich, aber problematisch: Die giftigen Dämpfe führten bei den Belegern zum „Merkurialismus“. Die Krankheit begann mit der Zerstörung der Schleimhäute und endete mit dem Verlust von Körperkontrolle und frühem Tod. Den Gebrauch von Quecksilber gab man erst aufgrund

einer staatlichen Verordnung 1889 endgültig auf. Das vorher erfundene, aber teurere Silberbelegverfahren setzte sich nun durch. Zwei weitere Spiegel im Museum sind mit Silber belegt und mit „vergoldeten“ Neorokoko-Rahmen verziert. Die Einfassungen bestehen aus Holz oder Gips und sind mit Bronzefarben bemalt, einem weiteren typischen Produkt der Fürther Industrie. Nach Fürth kam die Spiegelherstellung auf dem Umweg über seine Nachbarstadt Nürnberg. Dort wurden seit dem Mittelalter die hochpreisigen Murano-Spiegel gehandelt und später auch minderwertige Nachbildungen hergestellt. Ab dem 18. Jahrhundert übernahmen allmählich die billigeren Fürther Produkte die Marktführung. Große Spiegelfabriken wie „N. Wiederer & Co., Kgl. Bayer. Hofspiegelfabrik“ entstanden während der Hochindustrialisierung ein Jahrhundert später. Die Stadt wurde zum Zentrum der bayerischen Spiegelindustrie und exportierte einen Großteil ins Ausland, vorwiegend in die USA. Ruth Kollinger Im Stadtmuseum Fürth finden Spiegelführungen statt am Donnerstag, 9. 3. 2017, 13 Uhr; Sonntag, 19. 3. 2017, 13 Uhr; Samstag, 29. 4. 2017, 14 Uhr und Dienstag, 9. 5. 2017,11 Uhr.

links: Briefkopf der Spiegelfabrik „N. Wiederer & Co.“ mit Fürther Fabrikansicht. Foto: Stadtarchiv Fürth rechts: Der „Venezianische Spiegel“ im Stadtmuseum Fürth Foto: Shuiro GmbH

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Naturhistorisches Museum

Wie war das eigentlich damals? Museumspädagogische Angebote des Naturhistorischen Museums führen an die Geschichte von Menschen und Erde heran Mit selbst gestalteten Masken werden Kinder zu Löwen oder Wesen aus einer anderen Welt. Ein Mosaik zu gestalten braucht viel Zeit. Antikes Handwerk mit modernen Mitteln im Seminarraum des Museums

„Ist das echt?“ und „Wie viel kostet das?“ sind zwei Fragen, die Schülerinnen und Schüler garantiert immer stellen – egal, ob sie vor dem fränkischen Saurier, dem Neandertaler-Modell oder vor der Epamaske aus Nigeria stehen. Damit sind die Museumspädagoginnen des Naturhistorischen Museums schon mitten im Thema. Woran bemisst sich der Wert eines Objekts? Warum darf man den einen Gegenstand in die Hand nehmen, aber den anderen

nicht berühren? Ganz einfach: Weil manche Dinge einfach unersetzlich und nicht nachzubestellen sind. Sie sind buchstäblich unbezahlbar. Die Aufgabe der Ausstellung und der Museumspädagogik im Naturhistorischen Museum ist es, den Besuchern die Natur und die Geschichte unseres Planeten nahezubringen. Dazu gehört auch das Leben von Menschen, die durch Jahrtausende, durch Ozeane und Wüsten oder aber durch tief ver-

wurzelte Vorurteile von uns im heutigen Nürnberg getrennt sind. Fernsehserien, Bilder oder Witze prägen die Vorstellungen von unseren Vorfahren und Mitmenschen und viele junge wie erwachsene Besucher unterscheiden nicht zwischen Geschichte und Fiktion. Die Museumspädagogik regt dazu an, sich dieser Vorurteile und Phantasien bewusst zu werden. Die andere wichtige Vermittlungsaufgabe betrifft die Frage, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Bild von der Vergangenheit gewinnen. Schließlich beruhen 99 Prozent des Wissens über die Vorgeschichte und große Teile der außereuropäischen Geschichte nicht auf schriftlichem Quellenmaterial. Ein gutes Beispiel dafür ist das zerschlagene Polterabendgeschirr in der Sonderausstellung „ZwischenWelten“, die noch bis zum 1.Mai 2017 in der Eingangshalle zu sehen ist. Wenn Archäologen in 2000 Jahren die Scherben von einem Polterabend finden, werden sie dann sagen können, ob es sich um einen Haufen Müll oder um die Reste eines Rituals handelt? Neugieriges Fragen ist die Grundlage des Lernens und des Forschens. Dazu ermuntern Führungen und Aktionen im Museum. Teil der museumspädagogischen Arbeit ist es, einen (zumindest kleinen) Ausschnitt der Erfahrungen anderer Menschen nachvollziehbar zu machen: Mehl mit einem Reibstein zu mahlen dauert lange. Den Brei oder das Brot aus diesem Mehl zu essen hat Konsequenzen – wie man am abgenutzten Gebiss des Skeletts in der Ausstellung sehen kann. Mit Steinklingen lassen sich Obstsalat und sogar Leder schneiden. Und Masken gibt es nicht nur in der Südsee und in Afrika, sondern auch bei uns. Wie exotisch finden wohl Bewohner des heutigen Papua Neuguinea unsere Fastnachtsmasken?

Die museumspädagogischen Angebote im Naturhistorischen Museum sind praxisorientiert, denn beim Tun lernt man am besten. Viele spezielle Stücke zum Anfassen, vom Saurierknochen und Mammutbackenzahn über Meteoriten bis zu afrikanischen Stoffen laden zum buchstäblichen Begreifen ein. Darüber hinaus können Besucher „keltischen“ Schmuck gestalten, kochen wie in der Steinzeit oder im alten Rom, Mosaike formen, Stoffe mit ghanaischen Adinkrasymbolen bedrucken oder Spiele aus Afrika ausprobieren. Upcyling-Workshops schließlich verweisen auf unseren Umgang mit der Welt und der Umwelt. Das museumspädagogische Programm im Naturhistorischen Museum ist unter www.nhg-museum.de genauer beschrieben und kann bei der NHG direkt gebucht werden unter [email protected] oder telefonisch unter 0911 /22 79 70 Und übrigens, im Museum ist (fast alles) echt! Anita Himmelhahn, Yasmin Olivier, Bärbel Reuter

ZwischenWelten – Wie eine Ausstellung entsteht Wenn eine neue Ausstellung eingerichtet wird, geht es trotz langer Vorausplanung meist hektisch zu. Was alles nötig ist, erzählen die Planer der Ausstellung ZwischenWelten im Naturhistorischen Museum: Vier Wochen vor dem Eröffnungstermin, alle sind kribbelig: Die Stellwände für die Ausstellung „ZwischenWelten“ sind noch nicht frei, da noch eine andere Sonderausstellung läuft. Dann endlich kann der Aufbau der Ausstellung beginnen. Mehrere Vitrinen müssen verschoben werden, und wohin mit dem jungsteinzeitlichen Hockergrab? Es passt ja nun wirklich nicht zum Thema naturheiliger Plätze in vorgeschichtlicher Zeit und in die Bronze- oder Eisenzeit auch nicht. Nach längerem Überlegen und Diskussionen findet sich doch ein Plätzchen unter der Treppe, wo es auch noch für die Zwecke der Museumspädagogik zugänglich ist. In den zwei Wochen vor der Eröffnung ist man dann zusätzlich noch auf Tour und sammelt die Leihgaben aus Bruchsal, München, Regensburg und

Weimar usw. ein. Zwischendurch kommen selbstverständlich Anrufe aus dem Museum. Wo soll der Neandertaler hin? Rückblick: Erste Ideen für eine Ausstellung zu naturheiligen Plätzen tauchten vor über zwei Jahren auf. Nach einer mehr oder weniger intensiven Planung in der vorgeschichtlichen Abteilung der Naturhistorischen Gesellschaft begann die heiße Phase Anfang diesen Jahres. Für die Begleitpublikation wurden Autoren angesprochen. Der Layouter wollte natürlich alles möglichst frühzeitig vorliegen haben. Würden die Beiträge rechtzeitig geliefert werden? Sind alle Abbildungen mit dabei und auch für einen Abdruck brauchbar? Natürlich mussten Abbildungsnachweise erstellt und die dazu gehörenden Abdruckgenehmigungen eingeholt werden. In den letzten Wochen vor Eröffnung dann standen das Layout und Druck der Informationstafeln und Grafikrückwände an. Zwar war der Katalog in der Druckerei, aber, würde er auch rechtzeitig zur Ausstellung verfügbar sein?

Rundgang mit dem Bezirkstagspräsidenten... und druckfrischem Katalog. Foto: Bräuer

Am Freitag vor der Eröffnung Entwarnung. Der Katalog ist da, alle Tafeln und Rückwände sind – bis auf drei – montiert, aber da gibt es eine Zwischenlösung, mit der man leben kann. Die Beschriftungen fehlen noch, aber am Abend ist alles in den Vitrinen eingerichtet und auch die Beschriftung steht. Sonntag 10 Uhr – die Beleuchtung ist überall in Ordnung. Das Büffet steht, dank vieler fleißiger Helfer, bereit. Die ersten Gäste treffen ein. Wo ist bloß der Zettel mit den Notizen für die kurze Einführung zur Ausstellung und die Danksagungen? Um 11 Uhr sind die Ehrengäste eingetroffen und es kann losgehen. Begrüßung, einige Reden und los geht der Sturm, na wohin? Auf‘s Büffet natürlich. Nun kehrt Ruhe ein. Die Ausstellung läuft noch bis zum 1. Mai 2017. Dann sind wieder hektische Wochen angesagt. Die Leihgaben müssen verpackt und zurückgebracht, der Bereich Steinzeit wieder in seine alte Form gebracht werden. Damit das Foyer frei ist für die Blaue Nacht ... Bernd Mühldorfer und Christine Bockisch-Bräuer

Termine Führungen Stadtmuseum Führungen jeweils Sonntag 14 Uhr Norishalle, Marientorgraben 8 Zwischenwelten – Naturheilige Plätze 5. 3. und 19. 3. 2017 2. 4. und 16. 4. 2017 Rund um den Pazifik 26. 2., 23. 4. und 25. 6. 2017 Petra – eine antike Metropole 12. 3., 2. 4., 7. 5. und 4. 6. 2017 Schamane und Jaguar 26. 3. 2017 Highlights der Fränkischen Vorgeschichte 21. 5. und 28. 6. 2017

Zwischen Wüste und Urwald 28. 5. 2017

Marokko – Land und Leute Peter Rex, Erlangen Mi 8. 3. 2017

Vergiftungen mit Kartoffelbovisten Bettina Haberl, CTA Klinik re der Isar Mo 27. 3. 2017

Flechten-Kiefernwälder Wolfgang von Brackel, IVL Hemhofen Do 9. 3. 2017

Menschen und andere Menschenaffen Johannes Großmann Max-Plank-Institut Leipzig Do 30. 3. 2017

Vorträge Alle Vorträge jeweils 19.30 Uhr Katharinensaal, Am Katharinenkloster 6 Vorgeschichtliche Keramik im Kaukasus Evelyn Ortler, Universität Innsbruck Mi 22. 2. 2017 Die Fränkische Linie Andreas Peterek, Geopark Bayern-Böhmen Do 23. 2. 2017 Naturschutz auf dem Reichsparteitagsgelände Andreas Schmidt, Nürnberg Mi 1. 3. 2017

Neue Forschung in La Tène Gilbert Kaenel, Museum Lausanne Universität Genf Mi 15. 3. 2017 Palmyra, Schicksal einer Stadt Eva Claudia Braun, Mannheim Mi 22. 3. 2017 Grundwasser in Nürnberg Alfons Baier, Geozentrum Nordbayern Do 23. 3. 2017

Gaben an die Himmelsgötter? Peter Haupt, Universität Mainz Mi 12. 4. 2017 Landschaftsgenetische Untersuchung am Rioni Daniel Kelterbaum, Universität Köln Mi 26. 4. 2017 Alle Termine und weitere Infos unter:

www.nhg-nuernberg.de

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Fränkisches Freilandmuseum

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Auf dem Weg zu einem Museum für alle Inklusion ist mehr als null Barriere – Wer will, soll im Fränkischen Freilandmuseum des Bezirks Mittelfranken alles können landmuseen ihren Besuchern bieten: Da riecht man den „bewohnten“ Stall im Schäferhaus, den Rauch aus dem Ofenschürloch in der Küche oder den eben gebrauten Biersud. Türen und Fußbodendielen knarzen und Putz fühlt sich rau an. Alle Besucher, besonders auch Menschen mit Beeinträchtigung im Sehen oder im Verstehen, können über das reiche Repertoire sinnlicher Eindrücke wichtige Aspekte vergangener Alltagskultur auf beeindruckende Weise erfahren. Hinkommen, reinkommen, klarkommen, das sind häufig genannte Kriterien für einen inklusiven Ansatz. Das fängt schon mit der gut lesbaren Website an. Sehbehinderte Menschen brauchen starke Kontraste und die Möglichkeit, das Schriftbild zu vergrößern. Blinde Menschen vertrauen auf eine gute Audiodeskription, die ihnen Bild- und Text sprachlich vermittelt. Schwere „leichte Sprache“

Termine Ausstellungen Fränkische Lebensbilder im Fokus der Reformation Sa 11. 3. – So 23. 4. 2017 Spitalkirche

Das Thema Inklusion und Barrierefreiheit ist längst in den Museen angekommen. Auch das Fränkische Freilandmuseum in Bad Windsheim ist dabei, mit verschiedenen inklusiven Maßnahmen und Projekten möglichst allen Besuchern eine weitgehend uneingeschränkte und bedürfnisorientierte Teilhabe an den Angeboten des Museums zu bieten. Abenteuer für die Sinne

Was bleibt ... Alte Häuser ohne Zukunft Sa 25. 3. – So 18. 6. 2017 Ausstellungsscheune Geschichte der Frauen in der Jagd So 30. 4.– So 3. 9. 2017 Jagdschlösschen Eyerlohe Veranstaltungen Saisonstart Sa 11. 3. 2017 Passionsspiel Fr 14. 4. 2017, 14 Uhr Ostermarkt Sa 15. 4. – Mo 17. 4. 2017 Heil- und Gewürzkräutermarkt Sa 22. 4. – So 7. 5. 2017 Historischer Jahrmarkt Do 25. 5. – So 28. 5. 2017 Kinderfest Sa 11. 6. – So 12. 6. 2017 Museumsnacht Sa 17. 6. 2017 Tag der Volksmusik So 25. 6. 2017 Vorträge Fränkische Pfarrgärten Dipl.-Ing (FH), Dipl. Ökol. Renate Bärnthol Di 21. 3. 2017, 19 Uhr Hafer – Arzneipflanze des Jahres 2017 Johannes Gottfried Mayer Di 23. 5. 2017, 19 Uhr Pfarrfrauen und Pfarrerskinder – Leben und Alltag im Pfarrhaus Susanne Grosser Di 27. 6. 2017, 19 Uhr Alle Vorträge in der Kräuter-Apotheke Alle Termine und weitere Infos unter:

www.freilandmuseum.de

Sind alte Häuser aber nicht geradezu ein Paradebeispiel für fehlende Barrierefreiheit? Hohe Türschwellen, niedrige Decken, schlechte Beleuchtung, schmale Türen und steile Treppen machen es nicht nur für mobilitätseingeschränkte Besucher oftmals schwer, wenn nicht gar unmöglich, alle Museumsgebäude anzusehen, selbst wenn viele Häuser inzwischen über sorgfältig angepasste Rampen auch für Rollstuhlfahrer zugänglich gemacht wurden. Doch wird dies vielfach aufgewogen durch das beachtliche multisensorische Potenzial, das gerade Frei-

Anspruchsvolle Formulierungen erfreuen zwar den literarisch Versierten, schließen aber Menschen aus, die komplizierten Sachverhalten aus den unterschiedlichsten Gründen nicht folgen können. Die „Leichte Sprache“ ist ganz schön schwer und hat ihre eigenen Regeln, so dass die Museumshomepage von einer Expertin entsprechend übersetzt werden musste. Auch die Museumsführerinnen erhalten Schulungen im Hinblick auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Besucher. Das kostet viel Zeit, ist aber sehr wichtig. Der Schwerpunkt liegt auf der personalen Vermittlung, also auf der Möglichkeit, das Museum mit einer versierten Museumsführerin zu erleben und zu erfahren. Ein besonderes Programm für Spezialgruppen wird daher bewusst nicht angeboten. Das Museum versucht stattdessen, die bestehenden Angebote im Sinne praktizierter Inklusion möglichst allen Besuchern zugänglich zu machen. Wenn sich entsprechende Besuchergruppen anmelden, steht die Berücksichtigung der jeweiligen Handicaps im Vordergrund und die Führungen werden individuell und bedürfnisorientiert modifiziert. Doch auch dem Einzelbesucher soll das „Klarkommen“ so leicht wie möglich gemacht werden. Ein Museumsgeländeplan mit Markierung der leicht zugänglichen Häuser, der rollstuhlgerechten WCAnlagen, Angaben zu Türbreiten, Schwellenhöhen

und Treppen kann zur Vorbereitung eines Museumsbesuchs unter www.freilandmuseum.de eingesehen oder heruntergeladen werden. Begleitmaterialien für sehbehinderte und blinde Besucher werden gerade in Zusammenarbeit mit dem Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte und dem Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund ausgearbeitet. Und nicht nur für Menschen mit Beeinträchtigung im Verstehen ist ein eigenes Begleitheft in „Leichter Sprache“ in Arbeit.

Die Hofanlagen und Weidewiesen im Museum sind belebt und bieten ein sinnliches Erlebnis für Menschen mit und ohne Handicap. Fotos dieser Seite: Ute Rauschenbach

Hofanlage zur Erkundung Wie es der Zufall will, muss derzeit eine Hofanlage wegen Feuchtigkeitsschäden grundlegend saniert werden. Diese Gelegenheit kam wie gerufen, um das Gebäude durch spezifische Gestaltungs- und Vermittlungselemente zu einem besonderen Erlebnisort zu machen. Auch hier wird sich zeigen, dass eine Orientierung an den besonderen Bedürfnissen mobilitätseingeschränkter Besucher, von Menschen mit Beeinträchtigung im Sehen, Hören und Verstehen für alle von Vorteil sein kann. Denn jeder Museumsbesucher profitiert von gut zugänglichen Räumen, bequem zu entziffernden Infotafeln und leicht verständlichen Texten. Wie heißt es so schön: „Barrierefreiheit ist für rund 10 Prozent der Bevölkerung zwingend erforderlich, für 30-40 Prozent notwendig und für 100 Prozent komfortabel.“ Beate Partheymüller/Ute Rauschenbach

Museumsbauten wollen gepflegt werden 35 Jahre ist es mittlerweile her, seit das Fränkische Freilandmuseum des Bezirks Mittelfranken in Bad Windsheim seine Pforten für die Besucher öffnete. Am Eröffnungstag, dem 25. Juli 1982, konnten bereits 13 Gebäude besichtigt werden, die in einem Zeitraum von fünf Jahren an den alten Standorten abgebaut und auf dem Museumsgelände wiederaufgebaut worden waren. Mittlerweile stehen über 130 Bauten bzw. bau-

liche Anlagen auf dem Museumsgelände – vom Kleinbauernhaus bis zum Jagdschlösschen, vom Taubenhaus bis zur großen Schafscheune, von der Wegkapelle bis zur Bad Windsheimer Spitalkirche. Allein zwölf hölzerne und steinerne Brücken überspannen die Gewässer des Museums, das angesichts der regen Bautätigkeit der letzten Jahrzehnte inzwischen eines der größten Freilichtmuseen Deutschlands geworden ist.

Doch ist es mit den Gebäuden und Brücken im Freilandmuseum nicht anders als mit Kirchen und alten Bürger- oder Bauernhäusern in Stadt und Dorf: sie wollen gepflegt sein, denn der Zahn der Zeit nagt beständig an ihnen. Insbesondere die Gebäude der ersten Stunde erfordern heute nach über drei Jahrzehnten einen erhöhten Betreuungsaufwand und die Reparatur von Holz-, Mauer- und Putzschäden. Allein der Bauunterhalt der Dachflächen ist ein Kapitel für sich. Nach vorsichtiger Schätzung dürften ca. 18.000 Quadratmeter Dachflächen zu pflegen sein – mit unterschiedlichen Deckungen aus Ziegeln, Kalkplatten oder Stroh. Die Maßnahmen reichen von der kompletten Neudeckung des schadhaft gewordenen Kalkplattendaches einer Scheune bis zur Erneuerung von verrotteten Holzschindeln zwischen den Fugen einfach gedeckter Biberschwanzziegel. Auch die Strohdächer der mittelalterlichen Häuser müssen regelmäßig gewartet werden. Feuchtigkeit, Moosbildung, angreifende Winde und gelegentlich sogar unerwünschte Dachbewohner wie Marder und Vögel sind die Ursache für ständige Reparaturen an der Dachhaut aus lang gewachsenem Roggenstroh. Kaum eine andere bauliche Tätigkeit erfordert so viel Erfahrung, Geschicklichkeit und Zeit. Ohne die Museumshandwerker und ihre große Erfahrung in historischen Bautechniken wäre der qualifizierte Bauunterhalt im Freilandmuseum nicht zu leisten. Und die Handwerker zeigen ihr Können auch den Besuchern, wenn sie beispielsweise an einem Museumsfest eine hölzerne Dachrinne herstellen – als Ersatz für eine mittlerweile schadhaft gewordene Holzrinne am Bauernhaus, denn: Alles vergeht ... Herbert May/Dieter Gottschalk

Die strohgedeckten Häuser der MittelalterBaugruppe sind besonders wartungsintensiv. Am Stadel aus Höchstettten (Landkreis Ansbach) ist der Sturmschaden deutlich zu erkennen.

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Adlerfibel von Domagnano, um 500 n. Chr. Foto: Jürgen Musolf, GNM

Nr. 59 | 21. Februar 2017

Germanisches Nationalmuseum

Nr. 59 | 21. Februar 2017

Germanisches Nationalmuseum

Neue Kustodin

Nürnberger Fayence

Angelika Hofmann betreut die Sammlung Vor- und Frühgeschichte

Prachtvolle Walzenkrüge und Enghalskannen in blau-weiß

Die Sammlung Vor- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit hat eine neue Leiterin. Seit Herbst 2016 verantwortet die promovierte Archäologin Angelika Hofmann den Bestand mit den ältesten Museumsobjekten. Zuvor arbeitete sie in Berlin am Museum für Vor- und Frühgeschichte, an dem sie die Sammlungen zur Vorrömischen Eisenzeit und der Kaukasusregion betreute. Hier begann auch schon ihr Kontakt zu Nürnberg und dem Germanischen Nationalmuseum: Ihr Volontariat absolvierte sie u.a. bei Wilfried Menghin, der in den 1970er und 80er Jahren ihre jetzige Stelle am GNM innehatte – eine Zusammenarbeit, die sich in späteren Projekten fortsetzte. Steinzeitliche Faustkeile, antike Gefäße und Waffen oder der Goldhut von Ezelsdorf-Buch sind nur einige Beispiele aus Hofmanns neuem Zuständigkeitsbereich. Die ältesten Funde sind rund 300.000 Jahre alt, die jüngsten datieren ins 20. Jahrhundert. Denn Archäologie beschränkt sich keineswegs nur auf die Steinzeit. Sie umfasst Fundstücke aus dem Erdreich aller Zeitepochen, von den schriftlosen Kulturen der Steinzeit bis hin zur Weltkriegsarchäologie. Alles, was Aufschluss über die Lebensweise früherer Generationen gibt, ist von Bedeutung. Und vieles, was heute selbstverständlich ist und unsere Kulturgeschichte prägt, hatte seine Ursprünge „in grauer Vorzeit“. Auf dem Gebiet der Vor- und Frühgeschichte sind archäologische Untersuchungen häufig die einzigen Quellen, die heute noch zur Verfügung stehen. „Durch Grabfunde gewinnen wir zum Beispiel eine Vorstellung von gesellschaftlichen Hierarchien und religiösen Bestattungsriten. Und aus unscheinbaren Pfostenlöchern

können wir ganze Häuser und Siedlungen rekonstruieren“, erklärt Hofmann ihre Begeisterung für dieses Fachgebiet. Ausgrabungen verraten auch viel über die Menschen selbst. Aus Jahrtausende alten Skeletten lassen sich Geschlecht und Alter der Verstorbenen ablesen, naturwissenschaftliche Analysen von Knochen und Zähnen verraten Herkunftsregion und Ernährungsweise. Auf die Frage nach „Lieblingsstücken“ in ihrer Sammlung zögert die Archäologin. Die Auswahl ist groß. „Aber die mit Almandinen besetzte goldene Adlerfibel von Domagnano ist wirklich ein außergewöhnliches Stück“, entscheidet sie schließlich. Sie ist Teil einer einzigartigen Schmuckgarnitur, die vermutlich einer Dame am Hof des Ostgotenkönigs Theoderich gehörte. Eine zweite, formgleiche aber spiegelverkehrte Fibel befindet sich im Louvre Abu Dhabi. Beide dienten als Gewandschließen und wurden auf Höhe der Schultern angesteckt. Reizvoll fände sie es, beide einmal gemeinsam in einer Ausstellung zu zeigen. Genauso faszinieren sie aber auch die eher unscheinbaren Objekte, wie schlichte Faustkeile, die am Beginn der Sammlung ausgestellt sind. Sie sind die ältesten bearbeiteten Werkzeuge des Menschen überhaupt. Ihre erfolgreiche Evolution kann man weiterverfolgen in der Zunft- und Handwerkssammlung oder bei den Waffen und wissenschaftlichen Instrumenten. Der Ausgangspunkt der Technik war jedoch der Faustkeil. Ronja Bleier sprach mit Angelika Hofmann, der neuen Sammlungsleiterin. Das ausführliche Interview finden Sie auf der Homepage des Museums unter www.gnm.de.

Krüge und Kannen, Teller und Terrinen, aber auch Vasen und Tafelaufsätze: Rund 400 Objekte aus Nürnberger Produktion umfasst der Fayence-Bestand des Germanischen Nationalmuseums. Im Barock hatten die kostbaren und einst hoch geschätzten Stücke ihre Blütezeit. Silvia Glaser, Sammlungsleiterin für das Gewerbemuseum und für Design, legt nun erstmals einen umfassenden Bestandskatalog vor, der die Geschichte und Erzeugnisse der Nürnberger Fayencemanufaktur detailliert vorstellt. Begleitend sind ausgewählte Highlights in einer Sondervitrine im Rittersaal zu sehen. Fayence – was ist das?

Die schönsten Städte Europas Sie ist eine der ersten europäischen, wenn nicht gar global angelegten Städtetopographien der Frühen Neuzeit: die Edition Braun-Hogenberg. In sechs monumentalen Bänden stellten Georg Braun und Franz Hogenberg zwischen 1572 und 1640 eine Übersicht von fast 600 Städten von Mexiko bis Indien zusammen. Neben doppelseitigen Stadtansichten enthalten die insgesamt 1.600 Seiten umfassenden Bücher auch kurze Beschreibungen der jeweiligen Orte. In einer Studioausstellung zeigt das Germanische Nationalmuseum ab Donnerstag, 16. März 2017 eine Auswahl der schönsten Darstellungen bedeutender europäischer Städte. Die aufgeschlagenen Bücher werden um rund 20 Einzelblätter aus den Bänden ergänzt. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln erfassten Künstler die Stadtanlagen mit ihren markanten Bauwerken, Straßenzügen und landschaftlichen Besonderheiten. Die Vorlagen schickten sie dem Radierer und Kupferstecher Franz Hogenberg (1535–1590), der sie als Buchillustration umsetzte. Der Theologe Georg Braun

Sammlungsleiterin Angelika Hofmann neben dem Goldhut von Ezelsdorf-Buch, 1100–800 v. Chr. Foto: Daniel Karmann

Fayencen zählen technisch gesehen zur Irdenware. Der meist gelbliche oder rötliche gebrannte Ton wird mit einer weißen zinnoxidhaltigen Glasur versehen, die ihm ein porzellanähnliches Aussehen verleiht. In Anlehnung an das chinesische Porzellan wurden viele Fayencen mit einem blauen Dekor bemalt. Im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit lagen die Zentren der Fayence-Produktion vor allem südlich der Alpen, in Portugal, Spanien und Italien, wo man die Erzeugnisse als „Majolika“ bezeichnet. Ab dem 17. Jahrhundert wurde ihre Herstellung auch in Nordeuropa immer populärer. Mehr als 80 Fayencemanufakturen entstanden im Laufe des 18. Jahrhunderts auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches. Die Tatsache, dass damals zahlreiche unabhängige Klein- und Kleinststaaten existierten, begünstigte die Entwicklung: Könige, Markgrafen, Fürsten und Herzöge versprachen sich von eigenen Manufakturen repräsentative Prunkstücke, die Ansehen und Ruf ihres Territoriums weit über die Grenzen hinaus tragen sollten. Im Jahr 1712 wurde auch in Nürnberg eine Fayencemanufaktur gegründet. Die Initiative hatten drei Privatpersonen ergriffen: der Zinngießer Christoph Marx (1660–1731), der Goldschmied Heinrich Gottfried Anton Hammon (1656–1723), der als Ratsherr außerdem über hervorragende Kontakte zur Nürnberger Obrigkeit ver-

(1541–1622) verantwortete das Gesamtkonzept und versah die Darstellungen mit Texten. Bahnbrechend war das Unternehmen, eine Buchreihe bedeutender Weltstädte anzufertigen. Denn was wusste man im 16. Jahrhundert überhaupt über die Welt? Neuigkeiten verbreiteten sich hauptsächlich durchs Hörensagen oder mittels Flugblätter, eventuell durch Erzählungen von reisenden Pilgern oder Kaufleuten. Eine andere wichtige Quelle war die Bibel, deren Schilderungen man für Tatsachen hielt. Markante Bauwerke und Legenden Spannend und aufschlussreich ist es deshalb bei Braun-Hogenberg nachzulesen, was damals über einzelne Städte bekannt war. Die Texte liefern kurze Beschreibungen, nennen Alter, Bedeutung oder die Gründungsgeschichte, zählen markante Bauwerke auf und geben vereinzelt Legenden wieder – eine Zusammenstellung von allem, was man für erwähnenswert hielt.

Daneben verraten die Illustrationen Interessantes über den städtischen Arbeitsalltag. Professor G. Ulrich Großmann, der die Ausstellung kuratiert, begeistern insbesondere „die wundervollen Details des täglichen Lebens, vor allem, wenn sie sich vor der Stadt abspielen. Dazu gehören zum Beispiel Darstellungen eines Zimmerplatzes, auf dem die Zimmerer einst ihre Bauhölzer bearbeiteten, oder die mobiler Feldschmieden.“ Der erste Band der Städtetopographie erschien 1572 unter dem Titel Civitates orbis terrarum. In unregelmäßigen Abständen folgten fünf weitere Bände. Der letzte, sechste, kam um 1620 heraus. Es existieren Ausgaben in unterschiedlichen Sprachen, in Latein und – seltener – auf Deutsch oder Französisch. Und immer wieder kam es zu Neuauflagen, für die die Texte neu gesetzt und die Radierungen gelegentlich überarbeitet, manchmal auch komplett neu gestochen wurden. Solche Ausgaben erschienen bis etwa 1640. Einzelne Radierplatten wurden noch bis ins 18. Jahrhundert nachgedruckt.

fügte, und Johann Conrad Romedi (1704–1720), Sohn eines verstorbenen Krughändlers. Marx und Hammon versprachen sich von der Neugründung eine Ausweitung ihrer Geschäfte, da Fayencegefäße nicht selten mit Deckeln und Fassungen aus Zinn oder Silber versehen waren. So konnten sie ihr eigentliches Handwerk mit dem Verkauf von Fayencen verbinden und ausbauen. Der Rat der Reichsstadt Nürnberg unterstützte das Vorhaben. Er erhoffte sich zusätzliche Steuereinnahmen, außerdem wollte er dem im 18. Jahrhundert weit verbreiteten Schmuggel von unverzollten Fayencewaren ins Stadtgebiet mit einer eigenen Produktionsstätte begegnen. Als Standort für die Manufaktur mit großem Brennofen wurde ein Grundstück in der Kartäusergasse ausgewählt, ungefähr dort, wo sich jetzt die Sonderausstellungshallen und der Aufseß-Saal des Germanischen Nationalmuseums befinden. Nach holprigen ersten Jahren und Anteilswechseln etablierte sich die Fayencemanufaktur. Handwerker und Hilfskräfte wie Tonerdentreter, Dreher und Former, Glasmüller und Maler wurden angeworben. Zu Hochzeiten verfügte die Produktionsstätte – neben etlichen weiteren Mitarbeitern – allein über 20 Dekorationsmaler, die die Waren verzierten. Stabile Walzenkrüge mit Deckel und Enghalskannen waren besonders begehrt und gelten bis heute als typische Nürnberger Fayence-Erzeugnisse. Über Produktionsbedingungen und Erfolge, Merkmale einzelner Dekorationsmaler und regionale Besonderheiten informiert ausführlich der neue Katalog. Erst in den 1830er Jahren geriet das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten und stellte seinen Betrieb 1840 ein. Damit endete nach fast 150 Jahren die Nürnberger Fayenceproduktion, die immerhin weitaus länger als andere Fertigungsbetriebe überlebt hatte. Sonja Mißfeldt Silvia Glaser: Nürnberger Fayencen. Geschichte und Erzeugnisse einer Manufaktur in der Reichsstadt. Nürnberg 2017

Die Überarbeitungen haben Spuren hinterlassen, zum Beispiel bei der Ansicht der Stadt Basel. Bereits in der ersten Ausgabe ist in der Darstellung ein Riss zu erkennen, der sich von Auflage zu Auflage vergrößert. Mit den Druckplatten wurde offenbar nicht zimperlich umgegangen. Zum Schluss bricht ein Stück aus der Druckplatte heraus, sie muss neu angefertigt werden. Den Auftrag übernimmt Matthäus Merian (1593–1650), der Vater der Insektenforscherin und Zeichnerin Maria Sibylla Merian. Die letzte Auflage der Civitates orbis terrarum ist deshalb die erste mit einem Stich Merians – der anschließend eine eigene Topographie mit Stadtansichten begründet. Doch das ist eine andere Geschichte. Sonja Mißfeldt Die schönsten Städte Europas. Die Edition des Georg Braun und Franz Hogenberg (1572–1640) Studioausstellung 16. 3. bis 24. 9. 2017

Nürnberger Fayencen Foto: Chandra Moennsad

Termine Ausstellungen

Themenführungen

Objekt im Fokus

Vortrag

Für Kinder

Fremdsprachenführungen

Konzerte

Karl IV. Bayerisch-Tschechische Landesausstellung noch bis 5. 3. 2017

Eigenwillig und expressiv: Die Wiener Akademie des 18. Jahrhunderts Mi 22. 2. 2017 um 19 Uhr und So 26. 2. 2017 um 11 Uhr

Die Kreuzigung Christi, um 1470 Meister der Kemptener Kreuzigung Sa 25. 2. 2017 um 15 Uhr

Der Kunsthistoriker Ludwig Grote und sein Nachlass im Deutschen Kunstarchiv Mi 12. 4. 2017 um 19 Uhr

Manche Uhren machen Tick-Tack Kinderführung mit Stefanie Leisenheimer So 26. 2. 2017 um 10.30 Uhr

Guided Tour. Führung zum Kennenlernen des GNM in englischer Sprache So 5. 3. um 14 Uhr und So 19. 3. 2017 um 14 Uhr So 2. 4. um 14 Uhr und So 16. 4. 2017 um 14 Uhr

AnKlang: Igor Strawinsky: Die Geschichte vom Soldaten Kammermusikklasse Nina Janßen-Deinzer Do 23. 3. 2017 um 18 Uhr Eintritt frei

Die Madonna von der Mohrenapotheke Präsentation in der Kartäuser-Kirche 9. 3. bis 5. 11. 2017 Die schönsten Städte Europas Die Edition des Georg Braun und Franz Hogenberg (1572–1640) 16. 3. bis 24. 9. 2017 Kriegszeit im Nationalmuseum 1914 – 1918 noch bis 26. 11. 2017 Von Kirchner bis Baselitz Ein Jahrhunderterbe: Die Sammlung Hans Kinkel im Germanischen Nationalmuseum 11. 5. bis 10. 9. 2017

„ ... denn wahrhaftig steckt die Kunst in der Natur ...“ – Das Dürer-Wort als künstlerische Konzeption Mi 1. 3. 2017 um 19 Uhr und So 5. 3. 2017 um 11 Uhr Avantgarde im Krieg. Künstlerpositionen von Liebermann bis Kirchner Mi 8. 3. um 19 Uhr und So 12. 3. 2017 um 11 Uhr

Nürnberger Grabepitaphien Sa 4. 3. 2017 um 15 Uhr Situla vom Typ Curd, um 1.000 v. Chr. Sa 11. 3. 2017 um 15 Uhr Früchtestillleben von Franz Werner Tamm Sa 18. 3. 2017 um 15 Uhr Christus am Kreuz von Veit Stoß, um 1500 Sa 25. 3. 2017 um 15 Uhr

Hinaus ins Grüne. Von der Entdeckung der Landschaft Mi 15. 3. um 19 Uhr und So 19. 3. 2017 um 11 Uhr

Bugholzarmlehnsessel von Joseph Hoffmann Sa 1. 4. 2017 um 15 Uhr

Führungen zum Kennenlernen des GNM täglich, außer Mo, um 15 Uhr

Drahtfigur „Homo“ von Oskar Schlemmer, 1930/31 Sa 8. 4. 2017 um 15 Uhr

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Wahrheit oder Lüge? Mit Käpt’n Blaubär durchs Germanische Nationalmuseum Kinderführung mit Brunhild Holst So 5. 3. 2017 um 10.30 Uhr

El martirio della Sant’Orsola, circa 1510 Führung in italienischer Sprache Fr 17. 3. 2017 um 16.30 Uhr

Vorsicht, diebischer Rabe! Mit Rabe Abraxas durchs Museum Kinder-Eltern-Aktion So 12. 3. 2017 um 10.30 Uhr

Führung in der Ausstellung Kriegszeit im Nationalmuseum 1914–1918 in italienischer Sprache Fr 7. 4. 2017 um 16.30 Uhr

Mit Spaß durchs Museum Kinderführung mit Alexandra Stein-Tasler So 19. 3. 2017 um 10.30 Uhr

Führung zum Kennenlernen des GNM in russischer Sprache Mi 1. 3. und Mi 12. 4. 2017, jeweils um 18.15 Uhr

Berühmtes und Kurioses Kinder-Eltern-Aktion So 26. 3. 2017 um 10.30 Uhr

Die Familie Praun und das Praunsche Kabinett Führung in russischer Sprache Mi 22. 3. 2017 um 18.15 Uhr

60 Jahre Musica Antiqua: Die Lange Nacht der Clavier-Musik Sa 25. 3. 2017: 18.30 Uhr Ciacconas, Differencias, Folias-Variationen vor Bach 19.45 Uhr Johann Sebastian Bach, Goldberg-Variationen 21.30 Uhr Johannes Brahms, Händel-Variationen 22.30 Uhr Frederic Rzewski, The People United Will Never Be Defeated Tagung Private Leidenschaft – öffentliche Herausforderung Musikinstrumente sammeln in Geschichte und Gegenwart Di 9. 5. bis Do 11. 5. 2017

www.gnm.de

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Sebastian Kirsch bereitet ein Horn zum Röntgen vor. Foto: Fraunhofer EZRT / Germanisches Nationalmuseum

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Germanisches Nationalmuseum

Die „inneren Werte“ von Geige und Co. Das Forschungsprojekt MUSICES durchleuchtet im Fraunhofer-Institut in Fürth historische Musikinstrumente Mandoline: Ihr Korpus wird aus Holz gefertigt, die Saiten sind aus Metall, der Sattel, über den sich die Saiten spannen, besteht aus Elfenbein, das Dekor aus Schildpatt mit darunterliegender Metallfolie“, erklärt Kirsch. „Diese Materialien verfügen alle über eine unterschiedliche Dichte. Das bedeutet, sie lassen unterschiedlich viele Röntgenstrahlen durch. Nimmt man darauf keine Rücksicht, sind manche Bauteile auf dem Röntgenbild nicht richtig zu erkennen. Sie werden entweder gar nicht durchstrahlt oder völlig überstrahlt – das sieht dann aus wie der Blitzreflex bei einem Foto.“ Messfehler vermeiden

Es ist ein ungewöhnliches Vorhaben für ein Museum: Rund 100 Musikinstrumente aus dem Bestand des Germanischen Nationalmuseums werden derzeit mit Computertomographen durchleuchtet und wissenschaftlich untersucht. Für das Forschungsprojekt MUSICES (Musikinstrumenten-Computertomographie-Examinierungs-Standard) kooperiert das Museum mit dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen in Fürth. Vor allem an Musikinstrumente stellen sich oft Fragen, die nur ein Blick ins Innere beantworten kann, wie beispielsweise nach Klangkörpern, Resonanzräumen oder Konstruktionsdetails. Öffnen, und damit zerstören, möchte man die historischen Instrumente aber naheliegenderweise nicht. Der Musikinstrumenten-Restaurator Sebastian Kirsch

gibt im April in zwei Führungen Einblicke in dieses spannende Projekt. Musikinstrumente mit industrieller Computertomographie zu untersuchen, ist nicht so einfach, wie man vielleicht denkt. Denn die Messgeräte müssen im Vorfeld präzise auf die Bedingungen einzelner Bauteile eingestellt werden. Erfahrung und viel Fingerspitzengefühl sind notwendig, ein Nachschlagewerk mit Messstandards existiert nicht. Bislang! Ziel von MUSICES ist es, erstmals einen Leitfaden mit Parametern zu entwickeln, welche StrahlenDosis bei den jeweiligen Materialkombinationen zu optimalen Messergebnissen führen. Musikinstrumente sind für dieses Vorhaben besonders gut geeignet. „Sie bestehen häufig aus vielen verschiedenen Materialien. Nehmen wir beispielsweise eine

Die neu gewonnenen Erkenntnisse sind allgemeingültig und können auch für Messungen anderer Kulturgüter oder in der Industrie eingesetzt werden. Alle technischen Parameter werden am Ende des Projektes in einer Datenbank veröffentlicht. Dazu kommen praktische Tipps, wie die Objekte am besten in der Röntgenanlage aufgestellt und befestigt werden. Wie gehen die Wissenschaftler vor? Die Musikinstrumente werden zunächst im Germanischen Nationalmuseum vermessen und auf mögliche Schäden untersucht. Für die anschließende Fahrt nach Fürth müssen sie fachgerecht verpackt und transportfähig gemacht werden – mal mit mehr, mal mit geringerem Aufwand, je nach dem ob eine Oboe oder ein Flügel auf Reisen geht. In der riesigen Röntgenanlage des FraunhoferInstituts werden sie dann auf einem Drehteller platziert, was mitunter eine zusätzliche Halterung erfordert – eine Flöte beispielsweise steht nicht von alleine. Die Montierung muss stabil sein und darf den Röntgenvorgang nicht beeinflussen. Erst dann kann das Durchleuchten beginnen, das in der Regel mehrere Stunden dauert. Nur sehr langsam dreht sich der Teller, um auch alle Details zu erfassen. Im Nachhinein werden die einzelnen Bilder zu einem 3D-Scan zusammengesetzt, was wiederum zwei bis drei Wochen Zeit erfordert. Was kann man mit einem solchen Scan machen? Zum einen ermöglicht er detaillierte Erkenntnisse

über die Herstellungsweise eines Instruments, spätere Umbauten oder Reparaturen. Daraus lässt sich häufig folgern, ob ein Musikinstrument noch bespielbar ist. Auch als Vorlage eines 3D-Drucks wäre ein solcher Scan denkbar, um exakte Nachbauten beispielsweise für die pädagogische Vermittlung zu erstellen. Zukunftsmusik ist derzeit noch eine akustische Simulation: Langfristig könnte mit Hilfe digitaler Modelle auch der Klang digital erzeugt werden. So wäre es möglich, wieder ein Orchester mit historischen Instrumenten aus dem 16. Jahrhundert erklingen zu lassen, ohne die Originale zu beanspruchen. Das Projekt funktioniert nur in Teamarbeit. Neben Theobald Fuchs, Gabriele Scholz und Rebecca Wagner vom Fraunhofer-Institut sind auch der Projektleiter und Musikwissenschaftler Frank P. Bär als Leiter der Musikinstrumentensammlung und die Musikinstrumenten-Restauratoren Meike Wolters und Markus Raquet in die Forschungsarbeit eingebunden. Es bleibt spannend. Sonja Mißfeldt Innere Werte. Das Forschungsprojekt MUSICES. Führung mit Sebastian Kirsch Mi 19.04. um 19 Uhr und So 23.04.2017 um 11 Uhr

Von Kirchner bis Baselitz: Die Sammlung Hans Kinkel

der deutschen Kunstentwicklung. Seine Sammlung ist ein unmittelbarer Reflex seiner publizistischen Tätigkeit. Viele der Blätter erwarb er direkt bei den Künstlern.

Im Jahr 2015 verstarb der Kunstschriftsteller und Fotograf Hans Kinkel. Seine exquisite Sammlung von fast 400 Handzeichnungen vermachte er dem Germanischen Nationalmuseum. Sie schlägt einen weiten Bogen über die deutsche Zeichenkunst des 20. Jahrhunderts – von Ernst Ludwig Kirchner bis zu Georg Baselitz. Eine Auswahl von rund 100 Blättern gibt ab Mai in einer Sonderausstellung einen ersten Einblick in den herausragenden Bestand. Kinkel verstand sich als Porträtist seines Jahrhunderts, weshalb Bildnisse einen besonderen Platz in der Sammlung einnehmen. Weitere thematische Schwerpunkte bilden etwa Großstadtszenen, landschaftliche Impressionen oder abstrakte Formulierungen. Bei seinem Überblick beschränkte sich der Sammler nicht auf große Namen: Er berücksichtigte auch heute zu Unrecht vergessene Künstler wie Hans Meid, Paul Holz, Jules Pascin oder Rudolf Großmann, deren Zeichnungen in der Ausstellung wieder zu entdecken sind.

Tendenzen der Nachkriegskunst

Unbeeindruckt von den strengen Schnitten des kalten Krieges sammelte Kinkel Zeichnungen der ostdeutschen Künstler Josef Hegenbarth, Hans Theodor Richter oder Gerhard Altenbourg ebenso wie die westdeutscher Künstler. Doch auch da hielt er sich nicht an den Kanon des „mainstream“. Eine gleichermaßen umfangreiche wie qualitätvolle Sequenz gilt den Künstlern der „ersten Stunde“: der lyrischen Abstraktion von Fritz Winter, Theodor Werner und Max Ackermann sowie den surrealen Tendenzen eines Richard Oelze oder Werner Heldt. Das Informel von Emil Schumacher oder Bernard Schultze steht neben Blättern von Willi Baumeister, Adolf Fleischmann oder Johannes Gecelli. Neue Formen der Figuration repräsentieren bedeutende Blätter von Konrad Klapheck und Georg Baselitz. Nicht zuletzt ist eine großartige Reihe von Bildhauerzeichnungen zu erwähnen, denen ein besonderes Interesse des Sammlers galt. Die Liste der Künstler reicht dabei von Alexander Archipenko und Hans Arp über Hermann Blumenthal und Gerhard Marcks, Toni Stadler und Gustav Seitz bis zu Waldemar Grzimek und Wilhelm Loth. Yasmin Doosry

Das Gesicht der Zwanziger Jahre Den Auftakt bilden aber Zeichner der älteren Generation wie Max Klinger, Lovis Corinth und Käthe Kollwitz sowie Vertreter des Expressionismus wie Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff. Eine besondere Rolle spielen jedoch Künstler unterschiedlicher Richtungen der 1920er Jahre in ihren verschiedensten Facetten: Der aggressive Verismus von George Grosz ist hier ebenso vertreten wie der kritische Realismus von Karl Hubbuch, Rudolf Schlichter oder Jeanne Mammen. Herausragende Beispiele neusachlicher Zeichnung – etwa von Wilhelm Schnarrenberger – fehlen ebenso wenig wie der magische Realismus eines Franz Radziwill. Von 1946 bis zu seinem Lebensende nahm Hans Kinkel als Kunstkritiker und Publizist aktiv Anteil an

Zur Schenkung aus dem Nachlass von Hans Kinkel gehört auch eine Zeichnung aus dem Jahr 1926 von Rudolf Schlichter, die die Journalistin Sylvia von Harden zeigt.

Von Kirchner bis Baselitz. Ein Jahrhunderterbe: Die Sammlung Hans Kinkel im Germanischen Nationalmuseum Sonderausstellung 11. 5. bis 10. 9. 2017

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Siemens MedMuseum

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Faszinierende Einblicke in den Körper Die Sonderausstellung Die dritte Dimension geht unter die Haut und präsentiert neueste Darstellungsverfahren Was befindet sich unter der Haut? Wie sieht das Innere des Körpers aus? Diese und ähnliche Fragen beschäftigen die Menschen schon lange. Doch über Jahrhunderte hinweg war der Blick unter die Haut nur Ärzten und Wissenschaftlern vorbehalten, denn es gab nur eine Möglichkeit, das Körperinnere zu erkunden – man musste den Körper mit dem Skalpell aufschneiden. Vor diesem Hintergrund war die Eröffnung der weltweit ersten anatomischen Wachsfigurensammlung in Florenz 1775 eine Sensation. Im Museum „La Specola“ konnte erstmals auch das allgemeine Publikum einen Blick ins Innere des Körpers erhaschen. Täuschend echte Wachsfiguren vermitteln den Besuchern dort noch heute eine Vorstellung vom Aufbau des Körpers. In gläsernen Vitrinen reihen sich Modelle von detailreichen Organen über filigrane Blutgefäße bis hin zu Ganzkörperstudien aneinander. Obwohl bei den lebensgroßen Modellen der Bauchraum oder die Muskelbahnen offenliegen, wirken die Wachsfiguren durch ihre Mimik und Gestik beinahe lebendig. Die anatomischen Wachsmodelle des 18. Jahrhunderts sind eine frühe Form der 3D-Visualisierung, die es erlaubt, den menschlichen Körper räumlich und naturgetreu darzustellen. Mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen wurde es erstmals möglich, einen Blick in den lebenden menschlichen Körper zu werfen. Allerdings werden alle Strukturen des durchleuchteten Körperbereichs – vom Gewebe über die Knochen bis hin zu den Organen – im Röntgenbild auf einer Ebene abgebildet. Damit die Röntgenaufnahme kein abstraktes Bild aus verschwommenen Schatten bleibt, sondern diagnostische Aussagekraft bekommt, bedarf es großer Erfahrung. Oft hilft es bei der Auswertung, die dritte Dimension ins Spiel zu bringen: Einzelne Strukturen heben sich wieder voneinander ab und der Betrachter erkennt beispielsweise, dass die Rippen vor der Lunge liegen. Zunächst konnten aber nur zweidimensionale Röntgenbilder gefertigt werden. Es mussten daher spezielle Betrachtungstechniken angewendet werden, um die Röntgenaufnahmen so aufzubereiten, dass das menschliche Gehirn sie als dreidimensional wahrnimmt. Der wirkliche Durchbruch in der 3D-Bildgebung gelang erst durch die einsetzende Computerisierung in den 1970er Jahren. Bildgebende Systeme wie Com-

Links: Anatomisches Wachsmodell eines Menschens Foto: Saulo Bambi, Museo di Storia Naturale Università di Firenze, Sez. di Zoologia „La Specola” Rechts: Darstellung des Kopf- und Halsbereiches eines Patienten im Cinematic-RenderingVerfahren. Foto: Siemens Healthineers

puter- und Magnetresonanz-Tomographen scannen den Körper Schicht für Schicht. So entstehen riesige Datenmengen, die der Computer verarbeitet und digital zu dreidimensionalen Bildern zusammensetzt. Bereits auf den frühen 3D-Rekonstruktionen aus der zweiten Hälfte der 1980er Jahre konnten auch Laien die menschliche Anatomie gut erkennen. Daten aus den bildgebenden Verfahren wie MRT

Termine Ausstellungen Sonderausstellung

Weitere Termine

„Die Dritte Dimension – Faszinierende Einblicke in das Innere des Körpers“

Am internationalen Museumstag ist das Siemens MedMuseum geöffnet und lädt wieder zu vielen Aktionen ein. So, 21. 5. 2017

4. Mai bis 17. Juni 2017

und CT sind auch die Basis für die neueste 3D-Visualisierungstechnik, das „Cinematic Rendering“, das völlig neue Möglichkeiten in der Medizin eröffnet. Mit diesem Visualisierungsverfahren werden hyperrealistische Bilder erzeugt, die den Betrachter auf eine virtuelle Reise durch den menschlichen Körper schicken. Komplizierte Algorithmen modellieren dabei Knochen, Organe, Haut und Blut und simulieren

eine natürliche Beleuchtung. Das Ergebnis sind Körperbilder, deren Ästhetik und Detailreichtum den Betrachter faszinieren. Katharina Schroll-Bakes/Marcel Michels Die Ausstellung Die dritte Dimension wird am 4. Mai im Siemens MedMuseum eröffnet. Sie endet am 17. Juni 2017.

Ausbildung anno 1898 Lehrlingswerkstatt bei den Siemens-ReinigerWerken (1926)

Aktuelle Infos unter: www.medmuseum. siemens.com/news-und-events Kostenlose öffentliche Führungen durch das Siemens MedMuseum an jedem zweiten Samstag im Monat: 11. 3., 8. 4., 13. 5., 10. 6. 2017 jeweils um 14 Uhr Ausstellungseröffnung am 4. Mai 2017 um 17 Uhr im großen Vortragssaal von Siemens Healthineers, Henkestraße 127 in Erlangen. Zur Eröffnung der Ausstellung nimmt Sie Professor Dr. Franz Fellner, Leiter des Zentralen Radiologie-Instituts am Kepler Universitätsklinikum in Linz, mit auf eine virtuelle Reise durch den menschlichen Körper – in 3D. Weitere spannende Vorträge rund um den menschlichen Körper schließen sich an: 18. 5., 1. 6. und 14. 6. 2017 Alle Vorträge beginnen jeweils um 17 Uhr

Neue Museumsbroschüre Die neue Broschüre „Geschichten aus dem Siemens MedMuseum“ ist im März gegen eine Schutzgebühr von 2 Euro im Siemens MedMuseum erhältlich. (siehe nebenstehender Bericht)

Alle Vorträge finden im großen Vortragssaal von Siemens Healthineers, Henkestraße 127 in Erlangen statt. Der Besuch der Sonderausstellung und der Vorträge ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Weitere Informationen unter

www.siemens.de/medmuseum oder Tel. (09131) 73 60 00

Alkohol und Rauchen waren tabu, und die eine oder andere Ohrfeige setzte es auch. Trotz alledem: Eine Ausbildung bei Reiniger, Gebbert & Schall (RGS), einem Vorläuferunternehmen von Siemens Healthineers, war schon Ende des 19. Jahrhunderts sehr begehrt. Lehrlinge mussten mindestens 14 Jahre alt und bei bester Gesundheit sein und zudem gute Schulzeugnisse haben. Hatten sie alle Hürden überwunden, konnten sie die vier- bis fünfjährige Ausbildung beginnen. Max Gebbert, einer der Gründerväter von RGS, legte großen Wert auf eine gründliche Ausbildung und unterrichtete die Lehrlinge anfangs sogar noch selbst. Er schrieb: „Menschen, die [...] Charakter haben, sind rar; man unterziehe sich daher grösster Mühe, sie zu finden, und bei den Gefundenen thue man das Möglichste in der Erziehung.“

Ende des 19. Jahrhunderts war eine Lehrlingsausbildung noch eine Seltenheit. Daher war das von Gebbert eingeführte duale System – bestehend aus einer fundierten Praxis kombiniert mit theoretischen Schulungen – ein echtes Novum. Zwischen 1898 und 1920 wurden bereits 569 Lehrlinge ausgebildet. Ab 1909 bekamen die Lehrlinge eine eigene Lehrwerkstatt in der Fabrik am Zollhausplatz in Erlangen, wo sich heute das Siemens MedMuseum befindet. Das ist nur eine von 21 spannenden Geschichten, die jetzt in der neuen Broschüre „Geschichten aus dem Siemens MedMuseum“ den Besuchern die Ausstellung noch näher bringen sollen. Interessante, lustige und oft auch ungewöhnliche Begebenheiten aus der Geschichte der Siemens Healthineers sind darin zu finden. Bianca Braun

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Neues Museum Nürnberg

Boris Luries kritische Kunst Den amerikanischen Künstler begleitete der Holocaust als lebenslanges Trauma

Boris Lurie, NO with Mrs. Kennedy, 1963 © Boris Lurie Art Foundation

Das Neue Museum stellt ab dem 17. März einen amerikanischen Künstler vor, dessen Werk seit einigen Jahren weltweit entdeckt wird: Boris Lurie (1924-2008). Ein unbedingter Anspruch auf Wahrhaftigkeit durchzieht das Schaffen des jüdischen

Künstlers, dessen Leben unter dem langen Schatten des Holocausts stand. Seine Kunst macht es dem Betrachter nicht leicht, da sie ästhetische und moralische Erwartungen verletzt. Lurie kam zur Einsicht, dass Kunst, die sich in den Elfenbeinturm der Ästhetik zurückzieht, angesichts von Unrecht und Unterdrückung in der Welt keine Existenzberechtigung hat. Der erlittene Terror der Konzentrationslager erlaubte es ihm nicht, sich in der schönen neuen Nachkriegswelt mit ihren Konsumsegnungen einzurichten. Angesichts von Kapitalismus, Imperialismus und atomarer Aufrüstung stieß er sich an Selbstgefälligkeit und Kritiklosigkeit der amerikanischen Gesellschaft. Luries politisches Bewusstsein bestimmte auch seine Haltung zum Kunstmarkt, dem er sich radikal verweigerte. Eine Folge seiner Weigerung, im Mainstream mitzuschwimmen, war unter anderem, dass seine Kunst marginalisiert wurde. Die Boris Lurie Art Foundation in New York hat es sich zur Aufgabe gemacht, Boris Luries Werk jene Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen, die es verdient. Mit Nürnberg, der Symbolstätte des NS-Unrechtsstaats und heutigen Stadt der Menschenrechte, findet die Auseinandersetzung mit diesem Künstler den passenden Ort. Schon kurz nach Boris’ Geburt in Leningrad zog die Familie nach Riga, wo der Junge ein deutschsprachiges Gymnasium besuchte. Die lettische Hauptstadt geriet 1940 zunächst in die Hände der Sowjets, ein Jahr später wurde sie von der deutschen Wehrmacht besetzt. Einem der grauenhaftesten Verbrechen des Holocausts fielen fast alle Frauen aus Luries Familie zum Opfer: die Mutter,

die Großmutter, eine der beiden Schwestern und Boris’ Jugendliebe Ljuba Treskunova. Boris und sein Vater überlebten das Ghetto und verschiedene Lager, zuletzt Magdeburg-Polte, ein Außenlager des KZ Buchenwald. Nach der Befreiung emigrierten Vater und Sohn nach New York, wo sich Boris Lurie 1946 der Kunst zu widmen begann. Die Werkserie der Dismembered Women, aber auch die zahlreichen späteren Arbeiten mit eincollagierten Pin-Ups belegen ein tiefreichendes Trauma, das in einem äußerst zwiespältigen Frauenbild zum Ausdruck kam. Luries Verknüpfung von Pornographie und Fotos aus den Vernichtungslagern ist schockierend, doch als Aufschrei einer gequälten Seele nachvollziehbar. Gleichzeitig diente Lurie die Pornographie auch als Metapher für die kapitalistische Gesellschaft.

die Fahnen schrieb und betonte, wie reaktionär die Pop Art sei. Um Luries Standort in der Kunstgeschichte zu beleuchten, stellt die Ausstellung Boris Lurie. AntiPop seinen Werken die anderer Künstler an die Seite. Neben den beiden New Yorker „NO!art“-Mitstreitern Sam Goodman und Stanley Fisher werden auch Arbeiten von H. P. Alvermann, Jean-Jacques Lebel, Gustav Metzger, Gerhard Richter und Wolf Vostell gezeigt. Thomas Heyden

Jackie zwischen Pop und Anti-Pop Jackie Kennedy war bereits eine Ikone, als Boris Lurie 1963 ihr Porträtfoto ins Zentrum einer Collage setzte. Die schöne Frau, elegant gekleidet, bindet sofort den Blick, obwohl ihr der Künstler wenig Platz einräumt. Regelrecht eingekeilt ist Jackie zwischen zwei Schriftbalken, die das Wort „NO“ zeigen. Dies ist eine unmissverständliche Absage an den Yellow-Press-Kult um die ebenso glamouröse wie tragische First Lady. Zugleich aber auch eine Kriegserklärung an die Pop Art, die in jenen Jahren boomte. Im Jahr 1964 nahm auch Andy Warhol Jackie in seine Bildwelt auf. Wenn Warhol sagte: „Ich bin außerordentlich passiv. Ich nehme die Dinge hin, wie sie sind“, dann war dies jedoch das exakte Gegenteil der Haltung von Boris Lurie, der sich „Anti-Pop“ auf

Boris Lurie, Love Series: Bound on Red, 1962 © Boris Lurie Art Foundation

Joachim Bandau als Seismograph seiner Zeit Joachim Bandau, Wasserwerfer, 1974, und Tor, 1968 Foto: Neues Museum (Annette Kradisch)

Merkwürdige Wesen und Gerätschaften nehmen seit einigen Wochen große Teile des Obergeschosses im Neuen Museum ein. Mit ihren silbern glänzenden Oberflächen und Schläuchen scheinen sie aus einer anderen Welt zu kommen. Es ist die Welt vor rund einem halben Jahrhundert, als der Kölner Künstler Joachim Bandau mit seinen Skulpturen die Ängste seiner Zeit eindrucksvolles Bild werden ließ. Ein Blick in eine Zukunft, die heute unsere Gegenwart ist. Der Künstler war besorgt um Selbstbestimmung, Demokratie und Humanität. Er schuf damals entlarvende Zerrbilder einer Gesellschaft, die in seinen Augen unaufhaltsam auf „1984“ zusteuerte, auf die Perfektionierung von Unterdrückung, Manipulation und Entfremdung unter technischen Vorzeichen. In dem Katalog zu einer Ausstellung in Bonn 1971 schreibt Joachim Bandau: „Was ist ‚1984’? Kopflose Wesen verselbständigen sich, Köpfe ohne Rumpf leben in künstlichen Klimakammern, von der Außenwelt völlig isoliert. Vom Körper gelöste Gliedmaßen werden in technische Funktionsabläufe eingegliedert. Arme arbeiten ohne Kopf und Rumpf usw. Die Eingriffe werden immer komplizierter, die Elektronik und die Technik, der Apparat immer perfekter, die Brutalität

umso ästhetischer.“ Der Mensch taucht in Bandaus Skulpturen nur noch fragmentiert auf. Dafür arbeitete der Künstler mit Schaufensterpuppen, die er zersägte

und mit Polyester und Glasfaser überformte. So entstanden monströse Figuren, die manchmal erschreckend, oft aber auch verführerisch schön erscheinen:

Der Titel der Präsentation Ophelia und das Mannequin (noch bis 30. April 2017) macht darauf aufmerksam. Damals begann die Verbindung des Künstlers mit Nürnberg, das ihm über die Jahre regelrecht ans Herz gewachsen ist. 1971 nahm Bandau am Symposion Urbanum teil. Seine technoide Skulptur erhebt sich noch immer gegenüber der Kongresshalle an der Bayernstraße. 1972 wurde Joachim Bandau mit einer monografischen Ausstellung in der Kunsthalle Nürnberg gewürdigt. Unter den ausgestellten „Figuren, Geräten und Monstren“ befanden sich nicht wenige, die nun nach Nürnberg zurückgekehrt sind. Im November 1999, nur ein halbes Jahr vor der Eröffnung des Neuen Museums, wurde am Hallplatz Bandaus Denkmal für „Flucht und Vertreibung“ eingeweiht. Im Neuen Museum wurde Joachim Bandau bereits 2010 in einer großen Ausstellung vorgestellt. Zu diesem Anlass wurden die Grusinischen Tänzer von 1971, eine Gruppe kinetischer Plastiken aus der städtischen Sammlung, wieder instand gesetzt. Vor kurzem durfte das Haus vom Künstler 43 wertvolle Skulpturen in Empfang nehmen, mit der Aussicht, dass sie dauerhaft in Nürnberg bleiben. Thomas Heyden

Termine Ausstellungen Ausstellungen

Sammlung

Kunstvermittlung

Boris Lurie. Anti-Pop 17. 3. bis 18. 6. 2017 Eröffnung Do 16. 3. 2017, 19 Uhr

Im Blick Eine Kooperation mit KINO DER KUNST Künstlerfilme im Neuen Museum bis 2. 4. 2017

Kinderwoche in den Pfingstferien Di 6. 6. bis Fr 9. 6. 2017 Infos und Anmeldung unter Tel. (0911) 240 20 36 Präsentation: 11. 6. bis 18. 6. 2017

Neue Standards. Zehn Thesen zum Wohnen Foyer-Ausstellung in Kooperation mit dem Bund Deutscher Architekten BDA 5. 4. bis 7. 5. 2017 Eröffnung Di 4. 4. 2017, 19 Uhr

Ophelia und das Mannequin Joachim Bandau. Frühe Skulpturen 1967-1974 bis 30. 4. 2017 Künstlergespräch mit Joachim Bandau und Thomas Heyden Do 23. 2. 2017, 18 Uhr Wiebke Siem. Zeichnungen ab 24. 3. 2017 Jakub Julian Ziółkowski ab 7. 4. 2017 Eröffnung Do 6. 4. 2017, 18 Uhr

Veranstaltungen Festival Kino der Kunst in Kooperation mit dem Künstlerfilmfestival KINO DER KUNST, München 19. 5. bis 21. 5. 2017 Konzerte Pegnitzschäfer-Klangkonzepte Weltenmusiken – Frankreich So 19. 3. 2017, 11.15 Uhr DeutschlandWeit So 9. 4. 2017, 11.15 Uhr

Vortrag Joseph Beuys und die soziale Plastik mit Melitta Kliege, Neues Museum Do 30. 3. 2017, 19 Uhr Filme zu Boris Lurie The Art of Boris Lurie Do 27. 4. 2017, 19 Uhr Shoah & Pin-ups: Der NO!-Artist Boris Lurie Di 2. 5. 2017, 19 Uhr Gespräch Inflation des Schocks? Bilder des Holocausts heute mit Martina Mittenhuber, Menschenrechtsbüro, Alexander Schmidt, Dokuzentrum, und Thomas Heyden, Neues Museum Mi 10. 5. 2017, 19 Uhr Alle Termine und weitere Infos unter:

www.nmn.de

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KunstKulturQuartier

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Gravitation, Raum und Geschwindigkeit Kunsthalle Nürnberg startet mit großformatigen Zeichnungen der Künstlerin Jorinde Voigt in ihr 50. Jubiläumsjahr

Mit Werken der Künstlerin Jorinde Voigt und unter dem programmatischen Titel A New Kind of Joy startet die Kunsthalle Nürnberg 2017 ihr Jubiläumsprogramm. Jorinde Voigt, die eine Professur für Malerei und Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in München innehat, zeigt in den Ausstellungsräumen eine konzentrierte Auswahl ihrer großformatigen Zeichnungen. Für diese hat die in Berlin lebende Künstlerin ein System aus linearen Codes und Zeichen entwickelt, mit denen sich abstrakte physikalische Phänomene wie Gravitation,

70 Jahre Künstlergruppe Der KREIS

Ausstellungshöhepunkt 2017: Zum Jubiläum widmet die Kunstvilla dem KREIS vom 4. 5. bis zum 8. 10. unter dem Namen Ein Längsschnitt durch die Kunst in Nürnberg seit 1947 eine Werkschau. Mit einem Symposium (6. 5. bis 16. 5.) und der daraus entstehenden Ausstellung In den Raum (17. 5.bis 18. 6.) positionieren sich die aktuellen Mitglieder der Gruppe im Kunsthaus.

Termine Kunsthalle Nürnberg Jorinde Voigt A New Kind of Joy 23. 2. bis 7. 5. 2017 Benjamin Houlihan Salad Days 1. 6. bis 13. 8. 2017 Mona Ardeleanu Marianne-Defet-Malerei-Stipendium 1. 6. bis 13. 8. 2017 Kunsthaus Sven Drühl Simulationen. Landschaft jenseits der Wirklichkeit 16. 2 . bis 16. 4. 2017 Kunstvilla Zwischen den Farben Inge Gutbrod / Markus Kronberger bis 16. 4. 2017 Künstlerhaus „ ... mit Rosenfingern erwacht ... “ 6. 4. bis 7. 5. 2017 Ganz Nürnberg war in einem Rausch 19. 5. bis 5. 6. 2017 Unter Gang 15. 6. bis 16. 7. 2017 Alle Termine und weitere Infos unter:

www.kunstkulturquartier.de/ ausstellungen

Raum, Zeit und Geschwindigkeit darstellen lassen. Sie überführt unter anderem die Flugbahnen eines Adlers, Temperaturverläufe im Erdinneren oder die Emotionen beim Hören von Beethoven-Sonaten in Zeichnungen bzw. sogenannte Notationen. In ihren aktuellen Arbeiten experimentiert sie mit Farben, Formen und Materialien und schafft ein sich beständig weiterentwickelndes Zeichensystem, das Subjektivität und Systematik, Spontaneität und Akribie, Chaos und Ordnung, Poesie und Wissenschaft vereint.

Mit dieser beeindruckenden Ausstellung, die eine der zentralen zeichnerischen Positionen der Gegenwart präsentiert, beginnt am 23. Februar 2017 ein abwechslungsreiches Jubiläumsjahr: 1967 gründete Dietrich Mahlow die Kunsthalle Nürnberg als städtische Institution für die internationale Kunst der Gegenwart. Den Anfang machte eine Retrospektive des amerikanischen Bildhauers David Smith, und mit dieser vom New Yorker MoMA für Europa zusammengestellten Ausstellung definierte Gründungsdirektor Mahlow von Beginn an, in welcher Liga die Kunsthalle in Zukunft spielen sollte. Mit seiner internationalen Vernetzung, neuen museumspädagogischen Ansätzen und einem umfassenden Konzept für die Erneuerung musealer Präsentationen setzte er Maßstäbe. Dieser ambitionierte Neubeginn spiegelt die gesellschaftliche Aufbruchsstimmung Ende der 1960er-Jahre wider und dokumentiert ebenso das Ziel, Nürnberg als ein Zentrum für zeitgenössische Kunst auf internationalem Niveau zu etablieren. Von 1967 bis heute wurden in den sieben unverwechselbaren Ausstellungsräumen rund 400 Einzelund Themenausstellungen gezeigt. Mit ihnen hat sich die Stadt Nürnberg immer wieder in das überregionale, zeitgenössische Kunstgeschehen einge-

bracht. Anlass genug, das 50-jährige Bestehen der Kunsthalle Nürnberg gebührend zu feiern und sie auch für die Zukunft weiter „fit zu machen“, damit sie auch auf kommende Herausforderungen flexibel reagieren kann und mit neuem Elan in die nächsten 50 Jahre startet. Ellen Seifermann

Rechts: Jorinde Voigt: The Shift, Berlin 2016, Tinte, Blattgold, Ölkreide, Pastell, Bleistift auf Papier Unten: Jorinde Voigt: "Focus-SynchronicityRelief-Expectation-Now (1)", aus der Serie "Focus-SynchronicityRelief-Expectation-Now 1-4", 2015, Tinte, Tusche, Federn, Pastell, Ölkreide, Bleistift auf Karton, Privatsammlung Köln © VG Bild Kunst Bonn, 2017

Zwischen Imagination und Wirklichkeit Massive Hochgebirge, brodelnde Vulkane, gewaltige Meereswellen: Landschaften sind das zentrale Thema von Sven Drühl. Der Künstler, der 1968 geboren ist, hat eine ganz eigene Art und Weise mit dem klassischen Medium Malerei umzugehen. Weniger mit dem Pinselstrich als vielmehr mit einem gattungsübergreifenden Ansatz wendet er sich dem Medium Malerei konzeptionell zu. Drühl reduziert vorgefundene Motive auf einige tragende Elemente und überträgt diese in seine Gemälde, löst damit das Kunstwerk vom Begriff des Originals und generiert einen eigenen, künstlichen Kosmos. Ohne Staffage sind seine farblich reduzierten Räume von der Natur durch Lava, Erde, Wasser, Eis oder Schnee geprägt. Für seine Motive begibt sich der Maler seit über 15 Jahren auf eine Zeitreise von den romantischen Landschaftsgemälden des 19. Jahrhunderts bis in die digitalen Bildwelten der Gegenwart. „Kunst entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern stets im Bezug auf frühere Werke und die sie konstituierenden Codes und künstlerischen Konventionen. Jedes Kunstwerk ist ein Konglomerat aus dem Zitatenschatz der Kunstgeschichte“ sagt Drühl. Gleich eines „Ready-made“ übernimmt er die Zitate unverändert und transformiert ihre Konturen in seine Landschaften. Dabei lässt sich Drühl von unterschiedlichsten Formensprachen inspirieren: von einem Gebirge des

Sven Drühl, S.D.E.T. II, 2016, Lack auf Leinwand, courtesy CONRADS, Düsseldorf © VG Bild Kunst Bonn, 2017 Malers Edward Theodore Compton, Ast-und Laubwerk japanischer Holzschnitte, der so genannten Shin-hanga aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhun-

derts, oder von einem Sonnenuntergang im Gegenlicht aus einem Werk des Fotografen Wolfgang Tilmanns. Hinweise auf die Vorbilder geben die Werktitel. In einem langen Arbeitsprozess setzt Drühl verschiedene Vorlagen am Computer zusammen und überführt sie auf die Leinwand. Für seine exakt durchdachten Bilder verwendet er die ungewöhnlichen Materialien Lack und Silikon, die er auf eine waagrechte Leinwand aufträgt. Der Lack wird stark verdünnt und verläuft zufällig in die zuvor abgegrenzten Bildfelder. Es entstehen glänzende Oberflächen ohne Pinselduktus. Auch im Kontext der Konzeptkunst setzt er das Medium Licht ein und lässt die Konturen des berühmten Gemäldes Eismeer von Caspar David Friedrich in Neonröhren formen. Die Ausstellung, die in Kooperation mit dem Haus am Waldsee in Berlin entstand, zeigt bis zum 16. April 2017 im Kunsthaus einige Arbeiten frisch aus Drühls Artelier. Als Inspirationsquelle für diese aktuellen Landschaften überträgt der Künstler mit seiner Technik digitale Computer-Welten in monochrome Gebirge und Meereswellen: Simulationen jenseits der Wirklichkeit. Anne Fritschka

Die Kunstvilla zwischen den Farben Mit der Sonderausstellung Zwischen den Farben Inge Gutbrod / Markus Kronberger beschließt die Kunstvilla ihre 2014 begonnene Reihe von Dialogausstellungen und öffnet sie zugleich dem wichtigen künstlerischen Thema der Farbe.

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts vervielfachten sich die Versuche, das Phänomen der Farbe näher einzugrenzen und zu verstehen. Zahlreiche Künstlerinnen und Künstler versuchten Farbe systematisch in Farbsternen und -kreisen fassbar zu machen, darunter Wassily Kandinsky und Johannes Itten. Die Wirkung der Farbe basiert aber auch auf der spezifischen Beleuchtung und vor allem auf der individuellen Wahrnehmung. Nicht existieren kann Farbe außerdem ohne Form. Im Laufe des 21. Jahrhunderts überwanden die Kunstschaffenden diese Grenze, indem sie Farbe vom Bild auf den Raum ausweiteten. Auf dieser Basis arbeiten Inge Gutbrod und Markus Kronberger. Beide sind in Nürnberg geboren, beide haben an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg studiert. Während Inge Gutbrod vornehmlich faktische Räume im Sinne der Installationskunst gestaltet, erschafft Markus Kronberger Denkräume, die in immer stärkerem Maße das Verhältnis des einzelnen Werks zu seiner Umgebung thematisieren. Gutbrods Ausgangsmaterial ist Paraffin, das sie einfärbt und dessen spezifische Eigenschaften sie

zur Schaffung von meist leuchtenden Objekten und häufig großformatigen Raumstrukturen einsetzt. Dabei bleiben Arbeitsspuren auf den Oberflächen sichtbar, was ihre Werke haptisch und sinnlich wahrnehmbar werden lässt. Nicht selten stellen sich bei Gutbrods Arbeiten Assoziationen ein, die auf heimische Innenräume verweisen. Markus Kronberger ist ein Grenzgänger der sogenannten Konkreten Malerei. Frühzeitig konzentrierte er sich auf das Quadrat als ideale malerische Form. Sein Werk basiert nicht allein auf einer rein geometrischen Abstraktion, sondern auch auf unmittelbaren Sinneseindrücken. Seine Titel verweisen auf Orte, Personen, Befindlichkeiten und Erlebnisse. Wenn Kronberger seine jüngsten Werke um existenzielle Begriffe erweitert, verdichtet er ihr poetisches Potential und spitzt Fragen nach der Zeitlichkeit zu. Inge Gutbrod und Markus Kronberger verhandeln in der Ausstellung Zwischen den Farben das Verhältnis von Kunst und Leben neu. Gemeinsam führen sie am 22. Februar 2017 um 18.30 Uhr durch die Kunstvilla. Andrea Dippel

Markus Kronberger und Inge Gutbrod Foto: Stephan Minx

Raumansicht Kunstvilla Foto: Annette Kradisch

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Roboterhände werden der menschlichen Hand nachgebildet. Foto: © DLR Bei Daimler Benz soll der Greifarm eines Leichtbauroboters künftig die Mitarbeiter unterstützen. Foto: © DLR

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Museen der Stadt Nürnberg

Gleitsichtbrille, Navi, Klettverschluss Ausstellung ALL.täglich! zeigt, wie Raumfahrttechnik das Leben auf der Erde optimiert und Energie sind all-täglich, die Medizin ist hierfür sogar ein Paradebeispiel. Die Auswertung von Bilddaten der Satellitenmission ROSAT etwa wurde zu einem Diagnosesystem für die Hautkrebsfrüherkennung weiterentwickelt. Hochsensible RöntgenDetektoren senken die Röntgenstrahlenbelastung für Patienten. Ein für Weltraummissionen entwickeltes Gerät zur Messung der Augenbewegung – das sogenannte 3D Eye-Tracking-Device – kann unter anderem zur Analyse des Gleichgewichtssystems im Innenohr genutzt werden und so neurologische Erkrankungen wie Schwindel diagnostizieren oder die Müdigkeit von LKW- und Busfahrern feststellen. Vom Weltraumspiegel zur Brille

Besser sehen durch Raumfahrt: Aber nicht nur die Gleitsichtbrille ist ein Transfer aus dem All. Auch der Klettverschluss, der tägliche Wetterbericht, Live-Übertragungen im Fernsehen und das Navigationssystem im Auto haben Einzug in unseren Alltag auf der Erde gehalten. Weitere Beispiele und Hintergründe liefert die Ausstellung ALL.täglich! des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V., Raumfahrtmanagement, die bis zum 23. April 2017 im Museum Industriekultur zu Gast ist. Die Raumfahrt liefert die Basis für eine Vielzahl von neuen Technologieentwicklungen in ganz unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen. Transfers in die Bereiche Transport, Maschinenbau, Sicherheit

tegie der Bundesregierung verankert und wurde 2014 in die „Neue Hightech-Strategie“ der Bundesregierung aufgenommen. INNOspace fördert Innovationen, Transfers und neue Märkte durch branchenübergreifende Konferenzen und Workshops sowie durch die Ausrichtung von Ideen-Wettbewerben wie dem INNOspace Masters. Innovation und Technologietransfer sind keine Einbahnstraße. Ein wichtiger Aspekt der Initiative INNOspace ist der Austausch der Raumfahrt mit anderen Wirtschaftszweigen. Beispielsweise sind Materialien wie Faserverbundwerkstoffe für Flugzeuge und Autos oder Produktionsverfahren wie das Additive Layer Manufacturing auch für die Raumfahrt spannend. Diese sogenannten Spin-ins können die Qualität in der Herstellung verbessern oder die Kosten senken.

Die Wanderausstellung wird ergänzt mit der Präsentation eines wissenschaftlichen Projekts des hiesigen Fraunhofer Instituts Kristalle aus dem Weltraum. Sie beleuchtet den Einsatz von künstlichen, im Weltraum produzierten Kristallen in der Photovoltaik, Mikro- und Leistungselektronik sowie die LED-Technik. Franziska Zeitler

ALL.täglich! Wanderausstellung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrttechnik e.V. im Museum Industriekultur 22. 2. bis 23. 4. 2017 Di bis Fr 9–17 Uhr, Sa und So 10–18 Uhr

Auch individuell angepasste Gleitsichtbrillen wurden erst durch eine Raumfahrtmission möglich. Für die Weltraummission ROSAT (1990 bis 2011) entwickelte das Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik zusammen mit der Firma Zeiss ein spezielles Verfahren zum Polieren von Weltraumspiegeln. Diese Technologie nutzte Zeiss zur Fertigung von Gleitsichtgläsern, die die Abstimmung auf ganz individuelle Anforderungen ermöglichen. Eine neue Ära hatte begonnen. Die angewandte Raumfahrt liefert einen wichtigen Beitrag für die Lösung globaler ökonomischer und ökologischer Probleme. Die satellitengestützte Erdbeobachtung stellt uns wichtige Daten für das Klima- und Umweltmonitoring sowie Karten- und Bildmaterial für Katastropheneinsätze zur Verfügung. Insbesondere die Satellitentechnik ist heute ein wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Infrastruktur, sie ist unverzichtbar für Kommunikation, Navigation, Wettervorhersagen und Erdbeobachtung. Innovationen und neue Märkte fördern Um diese Potenziale zu heben, hat das DLR Raumfahrtmanagement 2014 die Initiative INNOspace gestartet. Die Initiative zur Förderung von Innovationen und neuen Märkten ist in der Raumfahrtstra-

Nürnbergs Geschichte in 64 Objekten vollzieht sich dramaturgisch zwischen den beiden großen Wendepunkten in der Nürnberger Selbstwahrnehmung: hier ein riesiges Historiengemälde, das die Einholung der Reichskleinodien mit dem Pathos des 19. Jahrhunderts verklärt; und gegenüber eine Leuchttafel von ähnlichen Dimensionen, die in einer Farbaufnahme von 1946 die völlig zerstörte Innenstadt festhält. Sie bringt zum Ausdruck, dass die Stadt, die sich Adolf Hitler als Kulisse für die Reichsparteitage der NSDAP rückhaltlos angedient hat, dafür mit einer wahren Apokalypse bestraft wurde. Und genau in der Mitte schwebt – wie zwischen zwei Magneten – eine leuchtende Nachbildung des historischen Schreins von der Decke, in dem die Reichskleinodien über drei Jahrhunderte lang im Gewölbe der Spitalkirche aufbewahrt wurden.

Nach jahrzehntelanger Odyssee haben die Kopien der Reichskleinodien endlich eine würdige Präsentation im Stadtmuseum gefunden. Foto: Stefan Meyer

Texte und Bilder, kurze Filmsequenzen und Toneinspielungen zu neuralgischen Aspekten der Nürnberger Historie. Damit werden auch alle 64 Objekte im Saal erläutert – bis zu anderthalb Stunden lang. Letztlich versteht sich die neue Museumseinheit als eine Serviceleistung für unsere Gäste; denn sie gibt Antwort auf die entscheidenden Fragen: Wo bin ich hier eigentlich und was ist wichtig? Thomas Schauerte Krone – Macht – Geschichte Nürnberg auf einen Blick Neue Dauerpräsentation im Stadtmuseum im Fembo-Haus Di bis Fr 10–17 Uhr, Sa und So 10–18 Uhr

Nürnberg – komprimiert und dekomprimiert

Seit 1424 wurde auf Geheiß Kaiser Sigismunds der Kronschatz des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation in der Freien Reichsstadt Nürnberg „auf ewig“ deponiert. Wer sich fortan zum Herrscher dieses Reiches krönen lassen wollte, musste die Insignien zuvor in Nürnberg anfordern – die Grundlage für Nürnbergs Vorzugsstellung im Reich. Doch schon 1796 flüchtete man die Reichskleinodien vor den französischen Revolutionsheeren nach Wien, wo sie – ein historischer Zufall – bis heute liegen. So wurden gegen 1990 Kopien der Haupt-stücke Krone, Szepter und Reichsapfel angefertigt und fortan diskret in einem Nebenraum des Nürnberger Rathauses gezeigt. Aber inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass dies ihrer historischen Rolle nicht ganz angemessen ist. Und da die Spitalkirche als historischer Aufbewahrungsort

im Krieg zerstört wurde, war das Stadtmuseum im Fembo-Haus als neuer Präsentationsort naheliegend. Dafür stand ein großer, kubischer Raum mit beträchtlicher Deckenhöhe zur Verfügung – die klassische Black Box also. Seine klare thematische Gliederung folgt nun den acht wichtigsten Kapiteln der Nürnberger Stadtgeschichte vom Hochmittelalter bis in die Gegenwart, wobei die Reichskleinodien selbst als zusätzliche fünfte Station die Mitte bilden. Die Einbeziehung von Leuchttafeln im Wechsel mit originalen Gemälden, Skulpturen und Realien aus den städtischen Sammlungen bot hier eine bildstarke Möglichkeit, um Fehlendes in Form von „virtuellen Leihgaben“ zu ergänzen. Ein weiterer Vorteil der Leuchttafeln bestand in der Möglichkeit, vom Stadtmuseum aus auch auf die übrigen städtischen Museen zu verweisen, die einen Verbund mit ca. 700 000 Besuchern jährlich bilden. Dies alles

Der Clou der Ausstellung ist die mediale Vermittlung: Sie erfolgt durch Medien-Guides, die in Form von Tablets ausgegeben werden und im Eintrittspreis enthalten sind. Die Erzählstruktur weist jeder Station einen Prominenten aus der Nürnberger Geschichte als Erzähler zu, der über eine wesentliche Eigenschaft verfügt: Er kam einst als Besucher oder Zuwanderer her. So findet sich Kaiser Friedrich II., Albrecht Dürer d. Ä. oder König Ludwig I. von Bayern, aber auch Sep Ruf, einer der prägenden deutschen Nachkriegsarchitekten. Sie alle erzählen, warum sie in die Noris gekommen sind und wie sie hier gewirkt haben. Eine weitere Besonderheit des Medien-Guides liegt in seiner Zweigleisigkeit: Eine knapp gehaltene Basisebene erlaubt es auch Gästen mit wenig Zeit, innerhalb von genau einer halben Stunde das Wichtigste zur Nürnberger Identität und Geschichte zu erfahren. Allerdings werden alle Basisstationen jeweils von einer leicht auffindbaren Vertiefungsebene begleitet. Sie bietet zusätzliche

Johann Maar: Der Schöne Brunnen mit Einholung der Reichskleinodien (Detail), ca. 1850/60. Öl auf Leinwand. Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg, Inv.-Nr. Gm 007 Foto: Kunstsammlungen

Nr. 59 | 21. Februar 2017

Museen der Stadt Nürnberg

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Das Ende eines Mythos Die Ausstellung Albert Speer in der BRD beleuchtet den Umgang mit deutscher Vergangenheit In kürzester Zeit zählte er zu Hitlers engsten Vertrauten, 1942 wurde er Rüstungsminister. 1946 verurteilten ihn die Alliierten im Nürnberger Hauptkriegsver-brecherprozess zu zwanzig Jahren Haft. Nach seiner Entlassung 1966 begann Speers zweite Karriere als gefeierter und scheinbar geläuterter Zeitzeuge. Durch zahlreiche Fernsehinterviews, unzählige Artikel in Illustrierten und Buchveröffentlichungen konnte Speer seine erstmals 1945 in Nürnberg entworfene, dann immer weiter ausformulierte Legende in die Öffentlichkeit tragen: Er – und damit auch die meisten Deutschen – hätten von den tatsächlichen Verbrechen des Nationalsozialismus nichts gewusst und seien, von der Aura Hitlers verführt, in den Krieg unverschuldet hineingeraten. Vom systematischen Mord an den europäischen Juden habe man keine Kenntnis gehabt. Führende Beteiligung an NS-Verbrechen

Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände räumt mit einer Legende auf: Albert Speer, Architekt und Rüstungsminister des nationalsozialistischen Regimes, hatte nach dem Krieg erfolgreich das Bild eines von Hitler Verführten von sich gezeichnet. Neue Forschungen und Dokumente weisen in der Ausstellung Albert Speer in der BRD, zu sehen vom 28. April bis 27. November, das Gegenteil nach. Als sich am 1. Oktober 1966 um genau 0:00 Uhr die Tore des Gefängnisses in Berlin-Spandau öffneten, warteten über tausend Schaulustige auf Albert Speer und den ehemaligen Reichsjugendführer Baldur von Schirach, die ihre zwanzigjährige Haftstrafe abgesessen hatten. Ein Pulk von Journalisten versammelte sich, um noch in der Nacht die freigelassenen NS-Kriegsverbrecher zu hören. Mikrophone und Kameras aus aller Welt richteten sich vor allem auf Speer, der nun für viele Jahre erneut ins Rampenlicht der Öffentlichkeit rückte. Albert Speer war während des Nationalsozialismus als erster Architekt des Reiches verantwortlich für Großprojekte wie das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg und die Umgestaltung Berlins.

Jedoch war Albert Speer entgegen seiner eigenen Darstellung keineswegs nur der Architekt Hitlers und später der unpolitische Techniker an der Spitze des Rüstungsministeriums. Wie Dokumente belegen, war Speer vielmehr einer der Haupttäter des nationalsozialistischen Regimes, maßgeblich beteiligt an der Judenverfolgung und an den Verbrechen in den Konzentrationslagern. So geht es auf seine Initiative zurück, dass KZ-Häftlinge in Steinbrüchen unter unmenschlichen Bedingungen Granit für die Großbauten des Dritten Reiches abbauen mussten – Tausende gingen dabei elend zugrunde. Für seine vollständige Umgestaltung Berlins, die den Abriss zahlreiche Mietshäuser zugunsten neuer Achsen durch die Stadt notwendig machte, ließ Speer Berliner Juden aus ihren Wohnungen vertreiben, um dort „arische“ Mieter aus Abrisswohnungen unterzubringen. In vielen Fällen folgte die Deportation in die Konzentrationslager. Speer wusste über das Konzentrationslager Auschwitz Bescheid und genehmigte Baumaterial für dessen Ausbau. Als Rüstungsminister trug er nicht nur die Verantwortung für das Zwangsarbeitersystem wie beispielsweise im Konzentrationslager Mittelbau-Dora. Er half ebenso entscheidend, den Krieg durch Steigerung der Rüstungsproduktion zu verlängern und ist daher mitschuldig an den vielen Toten im letzten Kriegsjahr.

Die Ausstellung des Dokumentationszentrums macht es sich zur Aufgabe, die Speer-Legenden vom verführten unwissenden Technokraten und damit auch den Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit gleichsam kriminalistisch sichtbar werden zu lassen. Auf dem neuesten Forschungsstand präsentiert sie, wie Speer als gefragter Zeitzeuge mit seinen Geschichten über Jahrzehnte die historischen Fakten überdecken konnte. Damit einher geht die Frage, warum diese Legenden in der Bundesrepublik so lange und bei so vielen Menschen Resonanz fanden – selbst dann noch, als Historiker viele Erzählungen längst mit Fakten aus den Archiven widerlegt hatten. In der Ausstellung erfährt der Besucher, wie es Speer gelang, durch die ständige Wiederholung seines „Lebens-Tonbandes“ in den Medien und seine vermeintliche Authentizität als Zeitzeuge eine Art Bestätigungskreislauf für seine Fabeln zu schaffen. Dabei kommt zunächst Speer anhand zahlreicher Beispiele aus Illustrierten, Zeitschriften und Fernsehen selbst zu Wort. Zu sehen ist ebenfalls, mit welch unkritischer Bereitwilligkeit Historiker und Publizisten, aber auch die deutsche Öffentlichkeit dankbar der Erinnerungsmanipulation des „guten Nazis“ folgten – nicht zuletzt, weil Speer gesellschaftliche Unterstützung durch ein bürgerliches Netzwerk erhielt und eben ein willkommenes Alibi des Nichtwissens für viele bot, die sich selbst dem Nationalsozialismus angedient hatten. Einschätzung durch Experten Im zweiten Teil der Ausstellung können Besucher durch die Befragung von Experten und anhand von Zeugnissen aus den Archiven, die Speers führende Beteiligung an NS-Verbrechen belegen, die von Speer aufgestellten Behauptungen in den historischen Kontext einordnen und das Bild korrigieren. Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit Professor Magnus Brechtken, dem stellvertretenden Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München, der an einer neuen, umfassenden Biografie Speers arbeitet. Auch Regisseur Heinrich Breloer kommt zu Wort, der mit seinem Filmprojekt Speer und Er im Jahr 2005 wesentlich dazu beigetragen hat, das Bild Albert Speers in der Öffentlichkeit zurecht zu rücken. Martina Christmeier / Alexander Schmidt

Bitte um Bücherspende Für die Ausstellung zu Albert Speer bittet das Dokuzentrum um die Spende von Büchern des Architekten und Rüstungsministers. Es soll die massenhafte Verbreitung der Bücher in einer Ausstellungsinstallation sichtbar werden. Da die Erinnerungen und die Spandauer Tagebücher Speers Rolle im Dritten Reich völlig falsch darstellen, ist dies eine gute Gelegenheit Platz im Buchregal zu schaffen. Die Bücher können direkt im Dokumentationszentrum an der Infotheke abgegeben werden.

Albert Speer in der BRD. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit Ausstellung im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände vom 28. 4. bis 26. 11. 2017 Mo bis Fr 9–18 Uhr, Sa und So 10–18 Uhr

Termine Ausstellungen Architektur der 1950er Jahre in Nürnberg Fotografien von Claus Baierwaldes Museum Industriekultur 16. 3. bis 30. 4. 2017 Mit Pauken und Trompeten! Spielzeuginstrumente aus Nürnberg und der Welt Spielzeugmuseum Bis 23. 4. 2017 Pressefoto Bayern 2016 Museum Industriekultur 5. 5. bis 4. 6. 2017

„Mein kleiner grüner Traktor!“ Spielzeugliebling in Stadt und Land Spielzeugmuseum 2. 6. bis 3. 10. 2017 Sonderveranstaltungen Jenseits von Nürnberg Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Europa Memorium Nürnberger Prozesse 23. 2. bis 30. 11. 2017 Antikpuppenbörse Messe für historisches Spielzeug Spielzeugmuseum So 26. 2. 2017, 10–16 Uhr Get Ready! American Recital Series No. 15: Charles Johnson (Gesang), Christian Jung (Piano) Hirsvogelsaal Do 9. 3. 2017, 19 Uhr

Chorinho Meisterliche brasilianische und peruanische Gitarrenklänge mit Rogério Souza und Sergio Valdeos Hirsvogelsaal Fr 12. 5. 2017, 20 Uhr Barockmusik Benefizkonzert der Bürgerstiftung Nürnberg in Kooperation mit der Tucher’schen Kulturstiftung im Hirsvogelsaal Mi 17. 5. 2017, 20 Uhr Mittelmeerfilmtage Das Mobile Kino e.V. zu Gast im Museum Tucherschloss 25. 5. bis 3. 6. 2017 25. 5. bis 3. Führungen 6. 2017 Besondere Schaustück des Monats

Einladung zur Premiere! Ein Konzert von Kindern für Kinder Spielzeugmuseum Fr 17. 3. und 24. 3. 2017, jeweils 18 Uhr

März 2017 Radio hören gleichgeschaltet: Der Volksempfänger Museum Industriekultur Mi 8. 3. und Di 21. 3. 2017, jeweils 16 Uhr

Stella Polaris – Ulloriarsuaq Das leuchtende Gedächtnis der Erde Museum Industriekultur 18. 5. bis 23. 7. 2017

Montagskonzert Musik zur Mittagszeit mit Schülerinnen und Schülern des Labenwolf-Gymnasiums Hirsvogelsaal Mo 20. 3. und 22. 5. 2017, jeweils 13.15 Uhr

Mai 2017 Familienpatriarch, Politiker, Mäzen: Linhart II. Tucher Museum Tucherschloss Do 11. 5. und 18. 5. 2017, jeweils 16 Uhr

Rassendiagnose: Zigeuner Der Völkermord an den Sinti und Roma und der lange Kampf um Anerkennung Dokuzentrum Reichsparteitagsgelände 11. 5. bis 2. 7. 2017

Spielen mit den Nachbarn! Osteraktion des Deutschen Spielearchivs Nürnberg auf dem Feierabendmarkt von St. Egidien Fr 7. 4. 2017, 14–17 Uhr

Juni 2017 Nicht nur für Zauberer: Das Kartenspiel „Wizard“ Deutsches Spielearchiv Nürnberg So 11. 6. und 25. 6. 2017, jeweils 15 Uhr

Stella Polaris. Foto: Sven Nieder

Kunst am Vormittag Neue Führungsreihe! Stadtmuseum im Fembo-Haus Ab Januar 2017: Jeder 1. Do im Monat, 11 Uhr Verschwiegene Plätze, versteckte Schätze Der besondere Stadtspaziergang durchs Egidienviertel Führung vom Museum Tucherschloss über St. Egidien und die Landauer Kapelle zum Stadtmuseum im Fembo-Haus Start: Museum Tucherschloss 18. 5. bis 14. 9. 2017, jeden Do, 14 Uhr Höchst köstlich! Genussvoll Feiern in der Renaissance Führung für Erwachsene Museum Tucherschloss So 26. 2., 26. 3., 9. 4. 2017, jeweils 11 Uhr Mit Agnes Dürer durchs Albrecht-Dürer-Haus Führung im historischen Gewand Di, Mi und Sa 15 Uhr, Do 18 Uhr, So 11 Uhr Englische Führung: Sa 14 Uhr Hereinspaziert! „Katharina Tucher“ zeigt ihr Schloss Kostümführung mit der historischen Hausherrin Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal Jeden So 14 Uhr Alle Termine und weitere Infos unter

www.museen.nuernberg.de

Links: Albert Speer vor seiner Villa in Heidelberg, 1971 Foto: Winfried Rabanus Rechts: Speer vor Journalisten auf der ersten Pressekonferenz nach seiner Entlassung aus der Haft, 1966 Foto: Deutsches Historisches Museum 90135_7

Nr. 59 | 21. Februar 2017

Museen auf einen Blick Museen der Stadt Nürnberg [email protected] www.museen.nuernberg.de Albrecht-Dürer-Haus Albrecht-Dürer-Straße 39, 90403 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-25 68 Di, Mi, Fr 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr Sa und So 10–18 Uhr Während des Christkindlesmarktes: auch Mo 10–17 Uhr Stadtmuseum im Fembo–Haus Burgstraße 15, 90403 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-25 95 Di bis Fr 10–17 Uhr Sa und So 10–18 Uhr Während des Christkindlesmarktes: auch Mo 10–17 Uhr Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal Hirschelgasse 9–11, 90403 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-83 55 Mo 10–15 Uhr, Do 13–17 Uhr, So 10–17 Uhr

Mittelalterliche Lochgefängnisse Rathausplatz 2, 90403 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-26 90 Führungen für Einzelbesucher: Bis 28. 2. 2016: geschlossen 1. 3.–23. 12. 2017: Täglich 10–16.30 Uhr Historischer Kunstbunker im Burgberg Obere Schmiedgasse 52, 90403 Nürnberg Tel. (0911) 22 70 66 Führungen für Einzelbesucher: Bis zum 31. 3. 2017: So bis Do 14.30 Uhr, Fr und Sa 14.30 und 17.30 Uhr Ab dem 1. 4. 2017: Mo bis Do 14.30 Uhr, Fr 17.30 Uhr Sa 11.30, 14.30 und 17.30 Uhr So 11.30 Uhr und 14.30 Uhr

Schloss Neunhof Neunhofer Schlossplatz 4, 90427 Nürnberg Tel. (0911) 13 31-0 www.gnm.de/aussenstellen Innenräume wegen Bauarbeiten geschlossen

Naturhistorisches Museum Nürnberg Marientorgraben 8, 90402 Nürnberg Tel. (0911) 22 79 70 www.naturhistorischesmuseumnuernberg.de www.nhg-nuernberg.de Mo bis Do, So und Feiertage 10–17 Uhr, Fr 10–21 Uhr, ab 18 Uhr Museum + Abteilungen Vorgeschichte, Botanik, Geologie zum Mitmachen. Abteilungen Pilz, Entomologie, Karst + Höhle, Völkerkunde, Auslandsarchäologie auf Anfrage.

KunstKulturQuartier

KPZ Kunst- und Kulturpädagogisches Zentrum der Museen in Nürnberg

www.kunstkulturquartier.de/ausstellungen

Kartäusergasse 1, 90402 Nürnberg Tel. (0911) 13 31-2 41 (Schulen u. Jugendliche) Tel. (0911) 13 31-2 38 (Erwachsene u. Familien) www.kpz-nuernberg.de

Kunsthalle Nürnberg Lorenzer Straße 32, 90402 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-28 53 www.kunsthalle.nuernberg.de Di, Do bis So 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr Kunstvilla Blumenstraße 17, 90402 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-1 40 15 www.kunstvilla.org Di, Do bis So 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr Kunsthaus Königstraße 93, 90402 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-1 46 78 www.kunsthaus-nuernberg.de Di, Do bis So 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr Künstlerhaus Königstraße 93, 90402 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-1 46 78 www.kuenstlerhaus-nuernberg.de Di, Do bis So 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr

www.museumszeitung.de

Stadt Fürth

Neues Museum Nürnberg

Spielzeugmuseum Karlstraße 13–15, 90403 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-31 64 Di bis Fr 10–17 Uhr, Sa und So 10–18 Uhr Während des Christkindlesmarktes: auch Mo 10–17 Uhr Während der Spielwarenmesse: Fr, Sa und So 10–21 Uhr

Klarissenplatz, 90402 Nürnberg Tel. (0911) 2 40 20 69 www.nmn.de Di bis So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr Feiertage (außer 14. 4. 2017) 10–18 Uhr Mo geschlossen

Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Bayernstraße 110, 90471 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-56 66 Mo bis Fr 9–18 Uhr, Sa und So 10–18 Uhr

Lessingstraße 6, 90443 Nürnberg Tel. (0911) 23 08 80 www.mfk-nuernberg.de Di bis Fr 9–17 Uhr, Sa, So und Feiertage 10–18 Uhr

Saal 600 – Memorium Nürnberger Prozesse Bärenschanzstraße 72, 90429 Nürnberg Tel. (0911) 3 21-7 93 72 1. 4. bis 31. 10.: Mo, Mi bis Fr 9–18 Uhr, Sa und So 10–18 Uhr 1. 11. bis 31. 3.: Mi bis Mo 10–18 Uhr Di (auch wenn Feiertag) geschlossen Letzter Einlass: 17 Uhr

DB Museum

Museum Industriekultur Äußere Sulzbacher Straße 62, 90491 Nürnberg Tel. (0911) 2 31-38 75 Di bis Fr 9–17 Uhr, Sa und So 10–18 Uhr Schulmuseum Äußere Sulzbacher Straße 62 90491 Nürnberg Tel. (0911) 53 02-5 74 Di bis Fr 9–17 Uhr Sa und So 10–18 Uhr

Museum für Kommunikation Nürnberg

Lessingstr. 6, 90443 Nürnberg Tel. 0800 - 32 68 73 86 (kostenfrei) www.dbmuseum.de Di bis Fr 9–17 Uhr, Sa, So und Feiertage 10–18 Uhr

Germanisches Nationalmuseum Kartäusergasse 1, 90402 Nürnberg Tel. (0911) 13 31-0, www.gnm.de Di bis So 10–18 Uhr Mi 10–21 Uhr, Mo geschlossen Kaiserburg-Museum Auf der Burg, 90403 Nürnberg Tel. (0911) 20 09 54-0 www.gnm.de/aussenstellen ab 1. April: täglich 9–18 Uhr

kunst galerie fürth Königsplatz 1, 90762 Fürth Tel. (0911) 9 74 16 90 www.kunst-galerie-fuerth.de Mi bis Sa 13–18 Uhr, So und Feiertage 11–17 Uhr Rundfunkmuseum der Stadt Fürth Kurgartenstraße 37, 90762 Fürth Tel. (0911) 7 56 81 10 www.rundfunkmuseum.fuerth.de Di bis Fr 12–17 Uhr, Sa, So und Feiertage 10–17 Uhr Stadtmuseum Fürth Ottostraße 2, 90762 Fürth Tel. (0911) 97 92 22 90 www.stadtmuseum-fuerth.de Di bis Do 10–16 Uhr, Sa 13–17 Uhr, So und Feiertage 10–16 Uhr

Siemens MedMuseum Gebbertstraße 1, 91052 Erlangen Tel. (09131) 73 60 00 www.siemens.de/medmuseum Di bis Sa 10–17 Uhr, So, Mo und Feiertage geschlossen Eintritt frei

Museen der Stadt Neumarkt i.d.OPf. Museum Lothar Fischer Weiherstraße 7 a 92318 Neumarkt i.d.OPf. Tel. (09181) 51 03 48 www.museum-lothar-fischer.de Mi bis Fr 14–17 Uhr, Sa und So 11–17 Uhr (April – September bis 18 Uhr) Mo, Di (auch wenn Feiertag) geschlossen

Stadtmuseum Neumarkt i. d. OPf. Adolf-Kolping-Str. 4 92318 Neumarkt i.d.OPf. Tel. (09181) 24 01 www.stadtmuseum.neumarkt.de im Februar geschlossen ab 1. 3. 2017: Mi bis Fr und So 14–17 Uhr Für Gruppen nach Voranmeldung auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten.

Fränkisches Freilandmuseum des Bezirks Mittelfranken in Bad Windsheim Eisweiherweg 1 91438 Bad Windsheim Tel. (09841) 66 80-0 www.freilandmuseum.de ab 11. März täglich 9–18 Uhr Museum Kirche in Franken, Alter Bauhof und Kräuter-Apotheke in der Baugruppe "Stadt" täglich 10–18 Uhr

Bitte beachten Sie Sonderöffnungszeiten an den Feiertagen. Infos hierzu finden Sie auf den jeweiligen Websites der Museen.

Das Museum als Bühne: Clown Norbert Hirschmann vor der historischen Kulisse der Schalterhalle des Dresdner Hauptbahnhofes im DB Museum. Copyright: Fotostudio mplus.

Impressum Herausgeber: Ingrid Bierer Marion Grether M.A. Prof. Dr. G. Ulrich Großmann Dr. Eva Kraus Dr. Herbert May Russalka Nikolov Gabriele Prasser Barbara Leicht Dr. Martin Schramm Dr. Matthias Strobel Redaktion: Gabriele Koenig (verantwortlich) Ulrike Berninger M.A. (Museen) Dr. Pia Dornacher (Museum Lothar Fischer) Petra Henseler M. A. (Stadtmuseum Neumarkt) Janina Hoffmann (DB Museum) Ulrich Künzel (MedMuseum) Dr. Vera Losse (MKN) Eva Martin (NMN) Dr. Sonja Mißfeldt (GNM) Gabriele Prasser (NHG) Ute Rauschenbach M.A. (FFM) Bettina Wiemer (Fürther Museen) Christoph Zitzmann M.A. (KuKuQ) Gestaltung: Andreas Müller Lisa-Marie Polster Veronika Schiller Verlag und Druck: Verlag Nürnberger Presse Druckhaus Nürnberg GmbH & Co. KG Marienstraße 9–11, 90402 Nürnberg Redaktion Tel. (0911) 7 41 90 97