Augsburg Stadt der LeserInnen Iris Čuček Anna Gundermann Nadezhda Shlykova Monika Traubova
Es war einmal ein Sommerkurs in einer schönen Stadt, die Augsburg heißt. Die Teilnehmer dieses Kurses entdeckten die Stadt durch die Bearbeitung unterschiedlicher Themen. Vier Studentinnen aus Kroatien, Tschechien, Kasachstan und Frankreich beschäftigten sich mit dem Thema „Stadt der LeserInnen“ und führten vier interessante Interviews. Unsere literarische Entdeckungsreise begann in der Buchhandlung am Obstmarkt, wo wir Herrn Idrizovic trafen und ihn nicht nur über seine Arbeit, sondern auch über seine persönlichen Erfahrungen interviewten. Schon als Kind war Kurt Idrizovic von Büchern fasziniert, deshalb ist sein Traum wahr geworden, als er eine Buchhandlung eröffnete. Er verkauft seit 29 Jahren Bücher. Seine Buchhandlung ist speziell, da er Brecht als Vorbild hat und dem Autor einen eigenen Raum gewidmet hat. Außerdem unterhält er sich gerne mit seinen Kunden, aus diesem Grund sind die Bücher, die er am meisten verkauft, die, über die er sprechen kann. Die Kunden der Buchhandlung sind aus mehreren Generationen: Lehrer, Schüler oder auch Studenten. Aber die meisten sind Frauen, insgesamt zwei Drittel aller Kunden. Herr Idrizovic verkauft wissenschaftliche, philosophische und politische Bücher. Aber elektronische Bücher machen Buchhandlungen viel Konkurrenz . Um auf dem Markt zu bleiben, müssen sich die Buchhandlungen spezialisieren, zum Beispiel auf einen Autor, wie es Kurt Idrizovic gemacht hat. Kurt Idrizovic ist nicht nur ein einfacher Buchhändler, sondern beschäftigt sich mit vielen Projekten. Sein Motto lautet: „Wenn man etwas ändern will, muss man das tun.“, Deshalb hat er sich sehr für die Gründung der neuen Stadtbücherei engagiert. In vier Monaten hat man mehr als 15000 Unterschriften gesammelt und der Bau konnte anfangen. Außerdem organisiert Herr Idrizovic literarische Veranstaltungen. Jeden Sommer findet „Literatur im Biergarten“ statt. Warum in einem Biergarten und nicht einem Café ? Und zwar, weil ein Café zu klein ist und die Augsburger in dem Biergarten die Natur genießen können. Alle 300 Plätze sind sehr früh und schnell ausverkauft. Die Themen sind unterschiedlich, zum Beispiel hat Kurt Idrizovic letzten Sommer einen Tschechow Abend (winterliches Thema) organisiert, um zu sehen, wie die Augsburger reagieren. Das Wichtigste bei dieser Veranstaltung ist die Unterhaltung und besonders, dass die Leute etwas lernen. 1990 hat Idrizovic das Festival der Poesie/Moskau Augsburg veranstaltet. 2000 junge Leute aus der Sowjetunion haben an diesem Schreibwettbewerb teilgenommen. 15 Personen wurden ausgewählt und sind nach Augsburg gekommen. Da haben sie ihre Texte vorgestellt und sind 10 Tage geblieben. Außerdem hat er vor 2 Jahren angefangen, Leseinseln zu gründen. Es handelt sich dabei um moderne Schulbüchereien. Jetzt gibt es vier davon, und eine Leseinsel kostet ungefähr 25000€, was Sponsoren bezahlen. Herr Idrizovic organisiert auch nebenbei Stadtführungen unter dem Motto „Leben und wohnen in der Stadt“. Mit dieser Führung will er nicht nur die bekannten Orte von Augsburg zeigen, sondern erklären, dass die Handwerker eine wichtige Rolle in der Veränderung der Stadt gespielt haben. In der Vergangenheit hat Kurt Idrizovic beeinflusstvon Bertold Brecht Gedichte unter dem Namen „Fuzz“ geschrieben, die auch in einem Buch herauskamen. Ansonsten hat er auch in
einem Kabarett gespielt, aber es war nicht seine Stärke, kreative Texte zu schreiben und lustig vorzutragen. Er unterhält sich lieber mit den Kunden über ein Buch. „Ändere die Welt, sie braucht es“ ist sein Lieblingszitat und das verrät viel von ihm. Unsere literarische Entdeckungstour führte uns weiter zum Wißner-‐Verlag. Der Wißner-‐Verlag wurde 1987 von Bernd Wißner als Verlagsbuchhandlung in Augsburg gegründet. Ute Haidar, die Assistentin von Herrn Wißner, hat uns empfangen und wir haben mit ihr ein Interview geführt. Sie arbeitet in der Redaktion und ist für die Text-‐ und Bildarbeit verantwortlich. Der Wißner-‐Verlag ist ein regionaler Verlag. Er veröffentlicht viele Bilderbücher mit wenig Text aber kompakten Informationen, um viele Leute anzulocken. In den Büchern benutzt der Verlag nicht Fotos aus dem Internet, sondern macht selbst Fotos von verschiedenen Orten. Der Wißner-‐Verlag publiziert auch wissenschaftliche Bücher, Bücher über Geodäsie, Musik, Anglistik und Germanistik. Die meisten Bücher sind auf Deutsch, aber es gibt auch einige in anderen Sprachen, z.B. die Reiseführer oder eine Broschüre über Augsburg in sechs Sprachen. Die Bücher werden meistens in Deutschland verkauft, aber man kann sie auch über das Internet bestellen. Die Zielgruppe des Verlags ist groß, weil es mehrere Bereiche gibt. Die regionalen Bücher werden am meisten verkauft. Von dem Buch „Der Lech“ wurden zum Beispiel ungefähr 67000 Exemplare gedruckt. Die E-‐Bücher sind heutzutage eine starke Konkurrenz, deshalb müssen die Verlage reagieren und moderne Bücher herstellen (wie z.B. interaktive Bücher). Am liebsten kaufen die Leute kleine Stadtführer, da sie praktisch sind. Jedes Jahr organisiert der Verlag einen Wettbewerb. Es wird ein Thema vorgegeben und Flyer werden in den verschiedenen Schulen verteilt. Ungefähr 1000 Schüler nehmen an diesem Projekt teil und haben ungefähr 2-‐3 Monate, um sich vorzubereiten. Die Jury besteht aus zehn bis zwölf Personen und wählt ungefähr 300 Texte aus, die später in einem Buch erscheinen. Der Wißner-‐Verlag gibt auch einige Zeitschriften heraus, die man im Internet finden kann, und zwar das „Dreigroschenheft“, oderdie „zfv -‐ Zeitschrift für Geodäsie“, etc. In dem Dreigroschenheft erscheinen vier-‐mal pro Jahr spezielle Themen und es wird weltweit verkauft, z.B. auch in China. Auf der Internetseite des Verlags gibt es eine Möglichkeit das Augsburger Stadtlexikon zu benutzen. Die Intention des Augsburger Stadtlexikons ist es, allen, die sich mit der Geschichte und der Gegenwart dieser Stadt beschäftigen, gezielte Informationen zu den unterschiedlichsten Fragestellungen und Sachverhalten zu bieten. Das Stadtlexikon funktioniert ähnlich wie Wikipedia und ca. 3000 Schlagwortartikel decken Personen-‐, Körperschafts-‐ und Sachartikel ab,.
Obwohl sich unsere Welt rasch modernisiert, spielen Bücher immer noch eine große Rolle.Können Sie sich das Leben ohne Lesen vorstellen? Manche Leute, bzw. Kinder haben Schwierigkeiten beim Lesen. Deswegen gibt es in vielen Städten in Deutschland freiwillige Organisationen, die versuchen, dieses Problem zu lösen. Sie heißen „Leseomas“, „Leseopas“, „Lesefreunde“, usw.… In Augsburg heißt eine solche freiwillige Organisation „Lesepaten“. Im Zuge unserer Interviews haben wir mit drei Lesepatinnen gesprochen. Sie haben uns viel von ihrer Arbeit erzählt. Die Entwicklung des Projekts fing 2004 an. Damals gab es eine Gruppe von vier Senioren, die „Leseomas“ hieß. 2005 wurde eine Stiftung zur Leseförderung gegründet. Heute arbeiten 180 Leute als Lesepaten und fast in jeder Schule in Augsburg gibt es einen Lesepaten. Der größte Sponsor des Projekts ist die Stadtsparkasse, aber es gibt auch andere, vor allem wohlhabende Menschen, die das Projekt unterstützen. Lesepaten sind Freiwillige, die regelmäßig ein-‐ oder zweimal pro Woche mit Kindern, die Lese-‐und Schreibprobleme haben, ca. 1 Stunde arbeiten. Von der Lehrerin erfahren die Lesepaten, was sie mit Kindern machen sollen, bzw. was für Schwierigkeiten die Kinder haben. Da die meisten Kinder hyperaktiv sind, spielen und zeichnen die Lesepaten auch mit ihnen, um ihr Interesse nicht zu verlieren. Die Kinder kommen aus unterschiedlichen Ländern, z.B. der Türkei, Italien, Indien, Spanien, Russland… Trotzdem lesen die Lesepaten meistens nur auf Deutsch vor, da es schwierig ist, Leute zu finden, die auf Fremdsprachen vorlesen können. Verschiedene Bücher werden den Kindern vorgelesen, aber am beliebtesten sind natürlich Tierbücher und alle möglichen Kinderbücher. Obwohl die Kinder auch andere Probleme haben, beschäftigen sich die Freiwilligen in diesem Projekt nur mit dem Lesen, da es nicht genug Zeit für andere Bereiche gibt. Ganz unterschiedliche Leute arbeiten als Lesepaten, z.B. Studenten, Rentner, Berufstätige und besonders Frauen, die arbeitslos sind, aber jeder kann Lesepate werden. Man muss nur zu einem Erstgespräch kommen und motiviert sein. Es wird auch überprüft, ob man in der Vergangenheit Straftaten begangen hat. Ein Führungszeugnis wird bei der Regierung in Berlin beantragt, was kostenlos ist. Eine der interviewten Lesepatinnen, Frau Bernhard, arbeitet schon zwei Jahre bei dem Projekt mit. Sie hatte ihren Job verloren und hatte Angst vor Verdummung. Sie wollte unbedingt etwas Sinnvolles machen und hat sich entschieden, mit Kindern zu arbeiten. Der Umgang mit den Kindern gefällt ihr am meisten an diesem Job. Obwohl sie als Lesepatin viel Zeit mit Büchern verbringt, liest sie auch in ihrer Freizeit gern. Frau Wachter-‐Fischer und Frau Seitz, die beiden Hauptverantwortlichen der Organisation, sind mit der bisherigen Arbeit der Lesepaten sehr zufrieden. In Zukunft wollen sie die Gruppe vergrößern, andere Sprachen in das Projekt integrieren und weiter qualitativ gute Arbeit leisten. Am Ende unserer Entdeckungstour durch die Stadt der LeserInnen besuchten wir das
Königreich der Leser. 2009 wurde dank einer Bürgerinitiative in Augsburg die Neue Stadtbücherei eröffnet, da die alte zu klein und in schlechtem Zustand war. Wie schon erwähnt, hat Herr Kurt Idrizovic, einer der Initiatoren, ca. 15 000 Unterschriften von den Augsburger Bürgern gesammelt und mit der Hilfe von verschiedenen Sponsoren ist die Neue Stadtbücherei entstanden. Am ersten Tag besuchten ca. 9 000 Leute die Bücherei, während der ersten Woche täglich 3000 Leute und jetzt kommen ca. 1500 LeserInnen pro Tag. Die Bücherei ist „für alle offen“ und soll ein Ort des „Lesens, Lernens und Lebens“ sein. Das Gebäude ist modern eingerichtet und sieht von außen wie ein Buch aus. Die Neue Stadtbücherei ist nicht nur eine Quelle der Inspiration, sondern man kann dort auch phantasieren und sich entspannen, da es eine Relax-‐Zone mit Liegestühlen gibt. Bei einem Rundgang mit Frau Christiane Hempel, die für Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist, haben wir bemerkt, dass die Bücherei technisch auf dem neusten Stand ist. Es gibt gratis Internetzugang und die Rückgabe von Büchern erfolgt voll automatisch. Man legt das Buch in einen „Buchautomaten“, das Buch kommt auf ein Fließband und wird in verschiedene Fächer sortiert. Jedes Buch hat einen Chip und kann so erkannt und richtig sortiert werden. in der Bücherei arbeiten Freiwillige, die die Bücher wieder in den Abteilungen einordnen. Sie arbeiten nur ein paar Stunden pro Tag, und es sind meistens Frauen und Studenten. Die Neue Stadtbücherei bietet viele Möglichkeiten und ist in fünf Abteilungen geteilt: Kinder-‐ , Schüler-‐, Jugend-‐, Erwachsene-‐ und Musikabteilung. In der Kinderabteilung können Kinder nicht nur lesen, sondern auch spielen, am Computer arbeiten, malen, usw... Auch eine Kinderbetreuung wird angeboten, in der den Kindern mit den Hausaufgaben geholfen wird. In der Schüler-‐ und Jugendabteilung kann man für Schulprojekte und Referate gut recherchieren und sich auch die neusten Bestseller leihen. Die Erwachsenabteilung bietet nicht nur Bücher zu verschiedenen Bereichen, sondern auch in mehreren Sprachen. Die Musikabteilung hat ein vielfältiges Angebot. Man kann verschiedene Bücher, Musikzeitungen, DVDs und CDs finden und natürlich ausleihen. Interessant ist, dass auch viele Schallplatten zur Verfügung stehen, aber die werden am wenigsten ausgeliehen. Für die, die sich mit Musik beschäftigen und musizieren wollen, gibt es die Möglichkeit im Musikraum zu proben. Der Raum hat eine gute Akustik und kann von Jugendlichen gratis benutzt werden. In die Bücherei ist auch ein Café integriert. Man kann dort nicht nur Kaffee trinken und Kuchen essen, sondern auch aktuelle Zeitungen aus der ganzen Welt lesen. In der Neuen Stadtbücherei findet man ein vielfältiges Angebot unterschiedlichster Art. Frau Hempel hat uns erzählt, dass in der Bücherei viele Veranstaltungen in verschiedenen Sprachen und aus verschiedenen Bereichen stattfinden, wie z.B. Lesungen, zweisprachige Märchenabende, Gesprächskreise, ein Bilderbuchkino, Ausstellungen, Werkstätten für Kinder, Vorträge und Diskussionen. In der Zukunft will sie das Angebot ausweiten und mehr unterschiedliche Veranstaltungen organisieren.
Hierendet unsere spannende Entdeckungsreise und wir verabschieden uns mit einem Zitat von Flaubert: „Lest nicht wie die Kinder, zum Vergnügen, noch wie die Streber, um zu lernen, nein, lest, um zu leben.“