Arzneimittel in der Pflege

Lagern, Richten und Verabreichen

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Inhalt • Lagerung von Arzneimitteln Im Heim oder auf Station • Richten von Arzneimitteln - Behältnisse - Grundregeln • Verabreichen der Medikamente - Allgemein - Patienten mit Schluckproblemen

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Arzneimittel in der Pflege – Lagern, Richten und Verabreichen

Medikamente werden vom Arzt verordnet, ihre Verabreichung gehört jedoch zu den täglichen Aufgaben des Pflegepersonals. Der/Die Pflegende ist für die korrekte Anwendung oder Einnahme der verschriebenen Arzneimittel verantwortlich. Er/Sie muss darüber hinaus sowohl erwünschte als auch unerwünschte Wirkungen erkennen und Patienten bei Fragen bezüglich der Arzneimittel beraten. Das alles erfordert fundierte Kenntnisse der Arzneimittelkunde

Hinweis: In diesem Vortrag finden Sie lediglich die Lagerung von Arzneimitteln im Heim oder auf Station erklärt. Allgemeine Informationen über die Arzneimittellagerung können Sie dem Vortrag „Arzneimittel – Wichtige Begriffe, rechtlicher Status, Lagerung“ entnehmen.

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Lagerung von Arzneimitteln (1) Allgemeine Hinweise Arzneimittel müssen so gelagert werden, dass: • Die Qualität nicht leidet • Unbefugte Entnahme durch Dritte nicht möglich ist • Verwechslungen vermieden werden Hinweise auf der Verpackung und in der Packungsbeilage beachten 3

Arzneimittel in der Pflege – Lagern, Richten und Verabreichen

Merke: Arzneimittel können gefährlich sein! • Gelangen sie in die Hände unbefugter Personen, werden sie verwechselt oder falsch dosiert, kann dies gravierende Folgen haben • Deshalb ist ein sorgfältiger und gewissenhafter Umgang mit Arzneimitteln sehr wichtig!

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Lagerung von Arzneimitteln (2) Anforderungen an den Lagerraum • Abschließbar • First-in-first-out-Prinzip • Feuergefährliche Substanzen: - Mit entsprechendem Symbol (Flamme) gekennzeichnet - In bruchsicheren Gefäßen lagern - Nie in der Nähe einer Heizung oder unter direkter Sonneneinstrahlung lagern

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Abschließbar • Kein Zugang für Unbefugte • Schützt geistig verwirrte oder suizidgefährdete Patienten • Verhindert Arzneimitteldiebstähle First-in-first-out-Prinzip • Die einzelnen Arzneimittel werden nach Verfallsdatum einsortiert • Kürzestes Haltbarkeitsdatum muss nach vorne, längstes nach hinten • Angebrochene Packungen stehen immer vorne und müssen zuerst aufgebraucht werden Feuergefährliche Substanzen: Wie Alkohol, Propanol, Ether oder Wundbenzin • Sind mit entsprechendem Symbol (Flamme) gekennzeichnet • Müssen in bruchsicheren Gefäßen gelagert werden • Dürfen nie in der Nähe einer Heizvorrichtung oder unter direkter Sonneneinstrahlung gelagert werden

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Lagerung von Arzneimitteln (3) Verwechslungen vermeiden Auf Übersichtlichkeit achten • Alle Arzneimittel nach Generalalphabet einordnen • Nicht aus Originalbehältnissen umfüllen oder umetikettieren • Private und gerichtete Medikamente getrennt lagern Æ mit vollständigem Namen und Zimmernummer 5

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Im Heim gibt es individuelle Medikamente, die den einzelnen Patienten gehören und nur für diese verwendet werden dürfen und häufige Medikamente/Notfallmedikamente, die allen Bewohnern gegeben werden können. Um Verwechslungen bei der Gabe von Medikamenten zu vermeiden, muss der Arzneimittelschrank gut strukturiert werden • Die Arzneimittel müssen übersichtlich gelagert werden - Möglichkeit: Medikamente nach Arzneiformen, Tabletten, Zäpfchen oder Säfte, aufbewahren - Innerhalb einer Arzneiform werden alle Arzneimittel alphabetisch sortiert - Medikamente immer in den Originalbehältnissen belassen Æ nicht umfüllen oder umetikettieren - Anbrüche mit Kreuz und Anbruchdatum kennzeichnen • Private (nur im Heim) oder bereits gerichtete Medikamente müssen für jeden Patienten getrennt gelagert werden - Alle Medikamente müssen mit dem vollständigen Namen des Patienten und mit der Zimmernummer beschriftet sein Æ private, originalverpackte Medikamente können in beschrifteten Plastikschalen gelagert werden Æ gerichtete Medikamente in beschrifteten Dispensern oder in Arzneimittelbechern, die auf beschrifteten Tabletts stehen - Falls für einen Patienten zusätzlich an anderen Orten Medikamente aufbewahrt werden, muss die Plastikschale oder das Tablett zur Erinnerung gekennzeichnet werden Vorschlag: Æ roter Punkt auf der Plastikschale steht für zusätzliche Betäubungsmittel im Betäubungsmittelschrank Æ blauer Punkt auf der Plastikschale steht für zusätzliche Arzneimittel im Kühlschrank 5

Richten von Arzneimitteln (1) Verordnung des Arztes („Rezept“) • Personalien des Patienten • Medikament mit Arzneiform und Konzentration • Dosierung • Zeitpunkt der Verabreichung • Evtl. Therapiedauer (bei befristeter Therapie)

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Bevor Arzneimittel verabreicht werden können, müssen sie vom Pflegepersonal individuell für jeden Patienten zusammengestellt werden • Welcher Patient welche Medikamente bekommt, legt der Arzt in schriftlicher Form fest Æ Verordnung/Rezept • Die Verordnung enthält alle wichtigen Angaben, die für die korrekte Verabreichung eines Arzneimittels am richtigen Patienten erforderlich sind

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Richten von Arzneimitteln (2) Behältnisse für die Medikamente: • Dispenser Æ enthält die gesamte Tagesdosis • Messbecher Æ enthält Einzeldosis - Unterschiedliche Farben für verschiedene Tageszeiten - Alle Messbecher eines Patienten auf ein Tablett - Erst kurz vor oder zur Mahlzeit oder zu gegebener Uhrzeit austeilen • Tropfen und Injektionslösungen erst unmittelbar vor der Gabe abmessen Allgemein: Behältnisse für Medikamente sollten gut gereinigt und desinfiziert werden! 7

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Die einzunehmenden Medikamente können entweder in einen Dispenser oder in Arzneimittelbecher abgefüllt werden Dispenser • Enthält den gesamten Tagesbedarf eines Patienten an Arzneimitteln Æ das Pflegepersonal kann die Arzneimitteleinnahme schlechter kontrollieren • Deshalb: Dispenser sind nur geeignet, wenn die richtige Einnahme durch Patienten sichergestellt ist und keine Suizidgefahr besteht Æ das Sammeln von Medikamenten muss verhindert werden • Tabletten oder Kapseln werden in die einzeln abgeteilten Fächer für morgens, mittags, abends und nachts gelegt Æ Aber: Nur wenn es die Stabilität der Arzneiform erlaubt • Flüssige Arzneiformen (Tropfen oder Säfte) müssen extra in Messbecher abgefüllt werden Arzneimittelbecher • Sollten mit genauer Applikationszeit beschriftet sein • Oder es werden je nach Uhrzeit unterschiedlich farbige Becher verwendet • Die fertig befüllten Becher werden auf ein Tablett gestellt, das mit dem vollständigen Patientennamen und dessen Zimmernummer beschriftet ist • Vorteil von Arzneimittelbechern: Pflegende können auf die richtige Einnahme bzgl. der Mahlzeit achten Æ Medikament z.B. 2 Stunden vor der Mahlzeit austeilen 7

Richten von Arzneimitteln (3) Das Richten von Arzneimitteln muss mit größter Sorgfalt erfolgen „5-R-Regel“ beachten: • Richtiger Patient • Richtiges Medikament • Richtige Dosierung oder Konzentration • Richtige Applikationsart • Richtiger Zeitpunkt

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Um Fehler wie falschen Einnahmezeitpunkt oder Verwechslung des Medikaments oder des Patienten zu vermeiden, muss bereits das Richten der Arzneimittel mit größter Sorgfalt erfolgen. Es ist wichtig, die Verordnung genau zu lesen und beim Zusammenstellen der Medikamente die 5-R-Regel zu beachten.

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Richten von Arzneimitteln (4) Grundregeln • An einem ruhigen Ort, zu einer ruhigen Tageszeit • Vor Beginn gründlich Hände waschen und Handschuhe anziehen • Zuerst angebrochene oder am kürzesten haltbare Packungen aufbrauchen • Medikamente dreimal auf Richtigkeit überprüfen • Verfallsdatum und Aufbrauchsfrist kontrollieren 9

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Beim Zusammenstellen der Medikamente sollten einige Grundregeln beachtet werden Wichtig: An einem ruhigen Ort, zu einer ruhigen Tageszeit • Möglichst in Anwesenheit einer weiteren Pflegekraft, die Telefonanrufe entgegennehmen und die Patienten betreuen kann • Konzentration ist sehr wichtig, da Flüchtigkeitsfehler schnell gravierende Folgen haben können! Vor Beginn gründlich Hände waschen • Und Einmalhandschuhe anziehen (die Medikamente sollten nicht mit den Händen berührt werden) - Zum Eigenschutz Æ AM können Allergien auslösen und z.T. sehr giftig sein - Zum Schutz der Arznei vor Verschmutzung Æ Keime und Schweiß auf der Haut können die Qualität des AM negativ beeinflussen Zuerst angebrochene oder am kürzesten haltbare Packungen aufbrauchen • Immer nur eine Packung anbrechen, dabei darauf achten, dass Chargennummer und Haltbarkeitsdatum nicht unleserlich gemacht werden • Angebrochene Packungen mit Kreuz kennzeichnen • Packungsbeilage immer im Umkarton belassen (bis letzte Tablette entnommen wird) Medikamente dreimal auf Richtigkeit überprüfen: • Beim Herausnehmen aus dem Arzneimittelschrank • Bei der Entnahme der Arznei aus der Packung • Beim Wegstellen in den Arzneimittelschrank Verfallsdatum und Aufbrauchsfrist des Arzneimittels kontrollieren, Aussehen und Geruch des Medikaments überprüfen • Risse in der Drageehülle, Geruchsveränderungen, Ausflockungen oder Verfärbungen weisen auf verfallene Medikamente hin • Zur Sicherheit des Patienten dürfen diese nicht mehr verabreicht werden • Verfallene Medikamente müssen sofort entsorgt werden

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Richten von Arzneimitteln (5) Grundregeln • Eingeschweißte Medikamente sollten möglichst in der Folie verbleiben • Verschmutzte oder verklebte Behältnisse säubern • Medikamente in der Originalverpackung mit Packungsbeilage an den ursprünglichen Platz zurückstellen • Tablett mit Messbechern in Medikamentenschrank

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• Eingeschweißte Medikamente sollten möglichst in der Folie verbleiben, so dass vor der Gabe an den Patienten eine nochmalige Überprüfung möglich ist Æ Beispiele: Schmerzpflaster, Zäpfchen • Verschmutzte oder verklebte Behältnisse säubern, bevor sie in den Medikamentenschrank zurückgestellt werden • Nach der Entnahme Medikamente in der Originalverpackung mit Packungsbeilage (Chargennummer und Verfallsdatum aufgedruckt) an den ursprünglichen Platz zurückstellen • Tablett mit Messbechern bis zur Abgabe an den Patienten verschlossen im Medikamentenschrank aufbewahren

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Richten von Arzneimitteln (6) Benötigte Arzneimittel immer tagesaktuell zusammenstellen Grund: • Längeres Stehenlassen ohne Originalverpackung kann problematisch sein • Luftfeuchtigkeit, Sonnenlicht und Sauerstoff können Medikament schädigen Æ Wirkungsverlust oder Nebenwirkungen

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Wenn möglich sollten die Arzneimittel immer nur für den Tag zusammengestellt werden, an dem sie dem Patienten verabreicht werden. Denn die Umverpackung (Blister, Schutzfolie, Braunglasflasche) schützt • den Arzneistoff • die Tablettenumhüllung • Säfte, Tropfen • Injektions- und Infusionslösungen vor äußeren Einflüssen wie Luft, Licht und Feuchtigkeit, die die Qualität und damit die Wirkung des Medikaments negativ beeinflussen können

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Richten von Arzneimitteln (7) Zeitpunkt ist abhängig von Arzneiform • Feste Arzneiformen: - Tabletten, Kapseln, Dragees oder Suppositorien - Möglichst täglich stellen (max. jeden zweiten Tag) • Flüssige Arzneiformen: - Tropfen oder Säfte - Unmittelbar vor der Einnahme 12

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Wie lange im Voraus die Medikamente, ohne an Qualität zu verlieren, gerichtet werden können, ist stark von der Arzneiform abhängig Flüssige Arzneiformen: • Wie Tropfen oder Säfte • Sollten erst unmittelbar vor der Einnahme (max. einmal täglich) abgemessen werden • Das ist v.a. bei Suspensionen wichtig Æ bei längerem Stehenlassen sedimentiert der Arzneistoff Æ die vollständige Dosis kann nicht verabreicht werden, da ein Rest im Becher verbleibt

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Richten von Arzneimitteln (8) Zeitpunkt ist abhängig von Arzneiform • Injektions- und Infusionslösungen: Unmittelbar vor Verabreichung (max. eine Stunde) aufziehen bzw. anstechen • Feuchtigkeitsempfindliche Tabletten, stark oxidationsempfindliche oder lichtempfindliche Wirkstoffe: Blister zerschneiden und Tabletten oder Kapseln mit Umhüllung in den Dispenser geben

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Injektions- und Infusionslösungen: • Dürfen erst unmittelbar vor der Verabreichung aufgezogen oder angestochen werden, sonst ist die Gefahr einer mikrobiellen Kontamination des Inhalts zu groß, da eingebrachte Keime die Möglichkeit haben, sich in der Arzneimittellösung zu vermehren Feuchtigkeitsempfindliche Tabletten, stark oxidations- oder lichtempfindliche Wirkstoffe: • Sollten möglichst lange im schützenden Blister verbleiben • Am besten wird der Blister zerschnitten und die Tabletten oder Kapseln mit der Umhüllung in den Dispenser gegeben • Beispiele: - Weichgelatinekapseln und - alle schnell löslichen Tabletten, wie Schmelztabletten (Imodium® lingual, Olanzapin HEXAL®, Ondansetron HEXAL®) oder Brausetabletten Æ binden Wasser aus der Luft und zerfallen Æ Schmelztabletten sollten nicht mit feuchten Händen angefasst werden, da sie leicht zerbröseln

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Verabreichen der Medikamente (1) Allgemein: • Bei unzuverlässiger Einnahme: Anwesenheit des Pflegepersonal nötig • Am besten mit Leitungswasser einnehmen • Verweigert ein Patient die Arzneimitteleinnahme: Arzt verständigen

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Allgemeine Hinweise für das Verabreichen von Medikamenten an den Patienten: • Bei unzuverlässiger Einnahme ist die Anwesenheit des Pflegepersonal nötig • Sonst genügt es beim Abräumen des Essenstabletts auf eventuelle Tablettenreste in den Messbechern oder Dispensern zu achten • Am besten sollten Medikamente mit Leitungswasser eingenommen werden. Andere Getränke können die Wirkung beeinflussen/vermindern - Obstsäfte, v.a. problematisch ist Grapefruitsaft, - Kaffee oder Tee (mit Gerbstoffen), - Milch oder Mineralwässer mit viel Calcium und Magnesium oder - alkoholische Getränke sind nicht geeignet • Verweigert ein Patient die Arzneimitteleinnahme muss ein Arzt verständigt werden Æ Patienten nicht zur Einnahme zwingen!

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Verabreichen der Medikamente (2) Maßnahmen bei Patienten mit Schluckproblemen: • Arzt auf Probleme hinweisen • Auf andere Arzneiform ausgeweichen (Zäpfchen, Tropfen oder Säfte) • Information einholen, ob Tabletten, Dragees oder Kapseln gemörsert oder geöffnet werden dürfen Æ Arzt, Apotheker, pharmazeutischer Unternehmer

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Gerade alte Menschen haben häufig Probleme, Tabletten, Dragees oder Kapseln zu schlucken • Treten beim Patienten Schluckprobleme auf, muss der Arzt informiert werden • Evtl. kann in diesem Fall auf eine andere Arzneiform ausgewichen werden (Zäpfchen, Tropfen oder Säfte) • Merke bei flüssigen Arzneiformen: Nicht längere Zeit in den Einnahmebechern stehen lassen, sondern erst unmittelbar vor der Einnahme richten • Ist keine geeignete flüssige Arzneiform verfügbar, muss erörtert werden, ob die verordneten Tabletten/Dragees geteilt oder gemörsert werden dürfen bzw. ob Kapseln geöffnet werden dürfen Æ um deren Einnahme zu erleichtern oder um sie über eine Sonde zu verabreichen • Als letzte Alternative: Injektion

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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