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Armut im Alter Aktueller Stand und Perspektiven Veranstaltungsreihe „Die Rückkehr des Sozialen in die Politik“
11. Juni 2014
Dipl. Soz. Brigitte L. Loose Geschäftsbereich Forschung und Entwicklung
Deutsche Rentenversicherung Bund
Gliederung
1. Altersarmut in der heutigen Rentnergeneration? 2. Was ist für die Zukunft zu erwarten? 3. Optionen der Altersarmutsvermeidung
Rente: Jede zweite Rente liegt unter Hartz-IV-Niveau 11.06.2013, 15:35 Uhr
Sozialverbände warnen vor Altersarmut, denn fast die Hälfte der Renten hat 2012 unter 700 Euro betragen.
> Altersarmut in der heutigen Rentnergeneration?
Verteilung Altersrenten nach Rentenzahlbetragsklassen, kumuliert Rentenbestand am 31.12.2012 100% 90% Männer
Frauen
80% 70% 60%
Renten < 700 € 50%
Frauen → 67,1%
40%
Männer → 24,3%
30%
Durchschnittlicher Grundsicherungsbedarf: 700 Euro
20% 10%
1900-1950
1800-1850
1700-1750
1600-1650
1500-1550
1400-1450
1300-1350
1200-1250
1100-1150
2000 u. höher
Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund, Rentenbestand am 31.12.2012
1000-1050
900- 950
800- 850
700- 750
600- 650
500- 550
400- 450
300- 350
200- 250
100- 150
unter 50
0%
> Armut wegen niedriger gesetzlicher Rente?
Zusammenhang zwischen GRV-Rente und Gesamteinkommen im Alter Höhe der GRV-Bruttorente und des Brutto-Haushaltseinkommens der 65Jährigen und älteren
Haushaltseinkommen (brutto)
2.500 € 2.025
2.000 €
Alleinst. Frauen
Alleinst. Männer 1.868
1.844 1.650
1.500 €
1.256
1.222
1.125 1.177
1.125
250 - 500 €
500 - 750 €
750 - 1000 €
1.211
1.000 €
500 €
0€ unter 250 €
über 1000 €
Bruttorente der gesetzlichen Rentenversicherung Quelle: Alterssicherungsbericht 2012
Niedrige GRV-Renten ≠ Altersarmut
> Armut wegen niedriger gesetzlicher Rente?
Kumulation von Alterseinkommen (Bruttowerte in €/Monat) - Personen ab 65 Jahren in Deutschland im Jahr 2011 -
eigene GRV-Rente
Alterssicherungsleistungen (incl. HR)
Gesamteinkommen im Alter
2500
Alte Länder
Neue Länder
2.090 €
2000 1.749 € 1.406 €
1500 1.173 €
1.242 € 1.077 € 1.131 €
1.012 €
1.219 €
1.290 €
1000 805 € 563 € 500
0
Frauen
Männer
Frauen
Männer (Quelle: ASID 2011)
> Altersarmut in der heutigen Rentnergeneration?
Soziale Mindestsicherung* nach Altersgruppen 2006 bis 2011 Bezieherquoten in Prozent 18 16,6
16,4
16
15,9
15,6
15,5
14,9
Kinder (< 15 J.)
14 12 10
9,7
9,4
8
8,9
9,1
8,7
Personen im Erwerbsalter (15- unter 65 J.)
8,2
6 4 2
2,3
2,4
2,5
2,4
2,4
2,6
Personen im Rentenalter (65 J.+)
0 2006
2007
2008
2009
2010
2011
Anteil der Altersrentner mit Grundsicherungsbezug 2011: 2,0 % * Bedürftigkeitsgeprüfte Leistungen nach SGB II + SGB XII
Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder
Zwischenfazit
Mastertitelformat bearbeiten Einkommenslage der aktuellen Rentnergeneration
Niedrige gesetzliche bearbeiten Renten sind ein ungeeigneter Indikator für Altersarmut Mastertextformat
Weitere Einkommen spielen eine wichtige Rolle (Hinterbliebenenrenten, Leistungen aus der 2. und 3. Säule, Einkommen im Ehepaarkontext)
Ältere sind seltener grundsicherungsbedürftig als der Bevölkerungsdurchschnitt
Mastertitelformat bearbeiten Veränderte Erwerbsarbeit
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> Was ist für die Zukunft zu erwarten?
Alterssicherung ist der Spiegel des Erwerbslebens Dauer
GRV-Rente
=
(+ Betriebliche AV)
Private AV (+ Betriebliche AV)
=
Höhe
der sv-pflichtigen Erwerbsarbeit
Dauer der Prämienzahlung
+
+
des sv-pflichtigen Erwerbseink.
Höhe der Prämien
+
Zeitpunkt wg. Zinsen
→ Veränderungen in der Arbeitswelt … veränderte Erwerbsverläufe Niedrigeinkommen:
→ Ausweitung der Teilzeitarbeit → Zunahme von geringfügiger Beschäftigung (Minijobs) → Zunahme der Beschäftigung im Niedriglohnsektor
Sozialvers.freie Beschäftigung: → Ausweitung der Anzahl der (Solo-)Selbständigen → Zunahme von Werkverträgen Arbeitslosigkeit:
→ kurze Phasen mit Versicherungsleistung „Arbeitslosengeld“ → längere Phasen mit Fürsorgeleistung „Arbeitslosengeld II“
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> Was ist für die Zukunft zu erwarten?
Veränderte Erwerbsverläufe: Folgen für den Aufbau der Alterssicherung Niedrigeinkommen: Teilzeitarbeit – Minijobs – Niedriglohn
→ Entsprechend geringere Rentenanwartschaften in allen 3 Säulen der Alterssicherung → Akzeptanzprobleme der GRV, wenn trotz Beitragszahlung Grundsicherungsbedürftigkeit besteht → Negative Vorsorgeanreize in Bezug auf zusätzliche Altersvorsorge Sozialversicherungsfreie Beschäftigung:
(Solo-)Selbständige - Werkverträge
→ Ohne alternative Absicherung keine Alterssicherung → Betriebliche Vorsorgeformen nicht realisierbar → Ggf. Verlust von Anspruchsvoraussetzungen für Erwerbsminderungsschutz → Priv. Vorsorge: fehlende Planungssicherheit bei stark schwankenden Einkünften → Bei häufigem Statuswechsel: Ansprüche in verschiedenen Systemen Arbeitslosigkeit:
(v. a. Langzeitarbeitslosigkeit)
→ Entsprechend geringere Rentenanwartschaften in allen 3 Säulen der Alterssicherung → Keine Anwartschaften bei Arbeitslosengeld II (geringere Anwartschaften bei Arbeitslosengeld)
> Optionen der Altersarmutsvermeidung
GRV: Anpassungsoptionen an den Wandel in der Arbeit Alterssicherungsrisiko: fragmentierte Erwerbsverläufe/ (Solo)Selbständige
Arbeitslosigkeit/ Langzeitarbeitslosigkeit
dauerhaft niedrige Entgelte
Anpassungsmöglichkeiten: Erwerbstätigenversicherung
RV-Beiträge bei ALG II
Alterssicherungssystem/GRV „armutsfest“ machen
> Optionen der Altersarmutsvermeidung
Was tun bei ansteigender Altersarmut? Mindestsicherungsmaßnahmen in der GRV Beitragsseite
Leistungsseite
•Einbeziehung bisher nicht gesicherter Erwerbsformen
• Aufwertung von best. Zeiten unter best. Voraussetzungen • Zus. pauschale Leistungen unter best. Voraussetzungen
(Mini-Jobs; Selbständige)
•Beiträge bei ALG II-Bezug
Maßnahmen außerhalb der GRV Grundsicherung + • Pauschale Freibeträge • Prozentuale Anrechnung Riester-Renten -
Priv. Vorsorge GRV-Renten
Ansätze innerhalb der GRV:
Ansätze im Kontext der Grundsicherung:
•
sind auf die in der GRV gesicherten Personen begrenzt
•
können alle bedürftigen Älteren einbeziehen
•
sind auf jene begrenzt, die die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen
•
können differenziert erfasste Einkommen (auch HH-kontext) berücksichtigen
•
ignorieren (grundsätzlich) das Vorliegen weiterer Alterseinkünfte
•
führen zu einem Anstieg der Leistungsbezieher
•
ignorieren (grundsätzlich) den Haushalts-/Familienzusammenhang
•
(Stigma der Bedürftigkeitsprüfung)
> Optionen der Altersarmutsvermeidung
Mögliche Weiterentwicklungen der Mindestsicherung
„Zuschussrente“/“Lebensleistungsrente“ • Voraussetzung: 35 bzw. 40 Versicherungsjahre in der GRV und Zusatzvorsorge • ggf. Aufstockung der Rente auf max. 850 Euro (abhängig von Kindererziehung und Höhe der Beitragsleistung?) • Anrechnung der eigenen Einkommen der Versicherten und der ihrer Partner/in
Kritik: Wissenschaft ≡ Verbände ≡ Rentenversicherung
•
Ineffektiv: Restriktive Voraussetzungen verhindern breite Armutsvermeidung
•
Systemfremd: Vermischung von Fürsorge- + Versicherungsprinzip in der GRV
•
Verwaltungsaufwand: v.a. wg. Einkommensanrechnung (Partner/ Ausland, etc.)
Fazit
Mastertitelformat bearbeiten Vermeidung von künftiger Altersarmut
Anpassung der Alterssicherung an Veränderungen der Erwerbsarbeit
Vorsorge ist besser als Nachsorge
Alterssicherungssystem kann nicht alle Vorsorgedefizite der Erwerbsphase heilen
Ursachenadäquate Ansätze zur Vermeidung von Altersarmut vorhanden
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Vielen DankDank für Ihre Vielen für Ihre Aufmerksamkeit Aufmerksamkeit
Dipl. Soz. Brigitte L. Loose Geschäftsbereich Forschung und Entwicklung
Deutsche Rentenversicherung Bund