Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltsicherheit

Bern, 06. Januar 2017 Merkblatt Alleine Arbeiten Grundlage SUVA – Merkblatt 44094 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltsicherheit Alleine A...
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Bern, 06. Januar 2017 Merkblatt Alleine Arbeiten Grundlage SUVA – Merkblatt 44094

Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltsicherheit Alleine Arbeiten Stand 06. Januar 2017

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Grundlage Gemäss Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV) darf der Arbeitgeber Arbeiten mit besonderen Gefahren nur Arbeitnehmern übertragen, die dafür entsprechend ausgebildet sind. Zudem muss der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer überwachen lassen, falls dieser eine gefährliche Arbeit allein ausführt. Eine Person gilt dann als allein arbeitend, wenn ihr nach einem Unfall oder in einer kritischen Situation nicht sofort Hilfe geleistet werden kann, weil sie beispielsweise ausser Sicht- und Rufweite zu anderen Personen arbeitet. 1. Zulässigkeit von Alleinarbeitsplätzen Grundsatz: Alleinarbeit ist nicht zulässig, wenn die Arbeit zu einer Verletzung führen kann, welche die sofortige Hilfe einer zweiten Person nötig macht. Dies trifft insbesondere bei Arbeiten, bei denen eine ständige Überwachung durch eine zweite Person vorgeschrieben (unabhängig von der Tageszeit) ist (siehe ASA-Richtlinie EKAS 6508: Beizug von Arbeitsärzten und anderen Spezialisten der Arbeitssicherheit). –

Arbeiten an unter Spannung stehenden elektrischen Installationen



Arbeiten mit radioaktiven Strahlenquellen ausserhalb von Bestrahlungsräumen



Arbeiten in Schächten, Gruben und Kanälen und beim Einsteigen in Silos



Arbeiten in Behältern und engen Räumen



Rückbau- oder Abbrucharbeiten



Arbeiten an begehbaren wärmetechnischen Anlagen



Arbeiten am hängenden Seil



Arbeiten mit Anseilschutz (Auffangsystem)



Arbeiten an Rohrleitungen



Waldarbeiten mit besonderen Gefahren



Arbeiten auf Strommasten



Arbeiten auf Bahngleisen



Arbeiten unter Druckluft und unter Atemschutz

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Arbeiten, die nur in Sichtverbindung und Rufweite zu anderen Personen ausgeführt werden dürfen: –

Waldarbeiten mit besonderen Gefahren, z. B. Motorsägearbeiten,



Arbeiten in steilem Gelände, Holzrücken, Besteigen von Bäumen



Arbeiten an technischen Systemen im Sonderbetrieb, z. B. Einrichten, Beheben von Störungen, Instandhaltungsarbeiten



Arbeiten, bei denen die Gefahr besteht, von drehenden Teilen und Werkzeugen erfasst zu werden



Arbeiten im Bereich von gewöhnlich unzugänglichen und deshalb ungesicherten Gefahrenstellen

2. Anforderungen an allein arbeitende Personen 2.1 Konstitution des Mitarbeitenden –

Die Personen sind psychisch für Alleinarbeit geeignet (Psychosoziale Faktoren, Angst).



Sie müssen körperlich für Alleinarbeit geeignet sein (Gesundheit, Medikamente).



Sie sind intellektuell (Gefahrenbewusstsein!) für Alleinarbeit geeignet.

2.2 Instruktion Bevor eine Person allein arbeiten darf, muss sie ihrer Aufgabe entsprechend instruiert werden. –

Allein arbeitenden Personen müssen über ihren genauen Arbeitsauftrag und in der Bedienung der Maschinen sorgfältig instruiert sein.



Sie müssen die Gefahren am Arbeitsplatz und die erforderlichen Sicherheitsmassnahmen kennen (richtiges Verhalten, Tragen der persönlichen Schutzausrüstung).



Allein arbeitende Personen müssen genau wissen, was sie bei aussergewöhnlichen und Notsituationen zu tun haben, bspw. bei Maschinenstörung, Austritt von Flüssigkeiten oder Gasen, im Brandfall (z. B. Hilfe herbeirufen, Fluchtwege, …).



Sie müssen über die Verbindungsmöglichkeiten zu einer sicher besetzten Stelle und über die richtige Verwendung der allenfalls eingesetzten Personen-Notsignalanlage (z. B. Telefon, Sprechfunk, Draht- oder Funkalarm) instruiert sein. Vor Beginn der Arbeiten sind diese Verbindungseinrichtungen jedes Mal auf ihre Funktionstüchtigkeit zu überprüfen.



Für die regelmässige Wartung von Notrufeinrichtungen (z. B. Funk, Totmannschaltung…) sind die Nutzer verantwortlich.



Es muss periodisch (mindestens 1-mal jährlich) überprüft werden, ob die betroffenen Personen über das für die Alleinarbeit erforderliche Wissen und Können verfügen. Wenn nötig, muss die Instruktion wiederholt werden.

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3. Gefahrensituation ermitteln In Instituten mit Laborarbeitsplätzen besteht an verschiedenen Arbeitsplätzen die Möglichkeiten zum Kontakt mit Gefahrenquellen. Da ausserhalb der normalen Arbeitszeiten nicht immer davon ausgegangen werden kann, dass sich eine zweite Person in Sicht- resp. Rufweite aufhält, sind die Voraussetzungen für Alleinarbeitsplätze sinngemäss einzuhalten. Das heisst ohne Anwesenheit einer anderen Person oder einer geeigneten Alarmierungsmöglichkeit dürfen prinzipiell keine Arbeiten mit höherem Gefährdungspotential durchgeführt werden, die nur in Sichtverbindung und Rufweite zu anderen Personen ausgeführt werden dürfen. Routinearbeiten deren genauer Ablauf bekannt ist oder Arbeitsabläufe mit Gefahrenstoffen oder mit Geräten, bei denen durch entsprechende technische oder bauliche Massnahmen eine Personenverletzung verhindert wird, dürfen auch alleine durchgeführt werden. Deshalb sind die entsprechenden Richtlinien übergreifend oder sogar arbeitsplatzspezifisch schriftlich festzulegen. Anforderungen an Einzelarbeitsplätze und an allein arbeitende Personen Für jede allein arbeitende Person ist in der Nähe ihres Arbeitsplatzes die Möglichkeit zu schaffen, im Notfall jederzeit Hilfe anzufordern, z.B. durch Telefon, Mobiltelefon, Sprechfunk, Draht-oder Funkalarm oder über eine allenfalls eingesetzte Überwachungsanlage. Es ist zu gewährleisten, dass der Hilferuf jederzeit gehört wird, bei einer ständig besetzten Stelle (z.B. Portierloge, Zentrale, Pikettzentrale) oder bei einer Bewachungsorganisation. Welche Massnahmen für einen bestimmten Einzelarbeitsplatz getroffen werden muss, lässt sich durch eine Analyse ermitteln. Ein Team aus Vorgesetztem, Arbeitnehmenden und Sicherheitsbeauftragten ermittelt mit Hilfe der Beurteilungsmatrix ob eine Alleinarbeit zulässig ist und welche Massnahmen zu beachten sind (siehe Checkliste für Tätigkeiten mit erhöhter Gefährdung im Anhang, Seite 8). Ziel ist es, mit der Beurteilungsmatrix die spezifische Gefahrensituation bei der betreffenden Alleinarbeit aufzuzeigen. Die notwendigen Schutzmassnahmen können aus der Wahrscheinlichkeit eines Unfalles in Zusammenhang mit dem Schadenausmass ermittelt werden. Vorgehen: 1. Die Tätigkeit beschreiben: Welche Arbeiten sind auszuführen? 2. Den Stand der Technik ermitteln und sicherstellen, dass dieser korrekt umgesetzt wird. 3. Welche realistischen Gefährdungen sind zu erwarten? Daraus ist die grösstmögliche Gefährdung zu definieren. 4. Zu den Gefährdungen das üblicherweise zu erwartende Schadenausmass festlegen (Spalten V bis I) 5. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieses Schadens abschätzen (Zeilen A bis E) 6. Der Schnittpunkt definiert die Überwachungsart. Seite 4 von 8 Fachstelle Risikomanagement Martin Schuppler Hochschulstrasse 6 3012 Bern [email protected] +41 31 631 55 80

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Wahrscheinlichkeit A häufig B gelegentlich C selten D unwahrscheinlich E praktisch unmöglich

grösser als ein Mal pro Monat ein Mal pro Jahr bis ein Mal pro Monat ein Mal pro 5 Jahre bis ein Mal pro Jahr ein Mal pro 20 Jahre bis ein Mal pro 5 Jahre ein Mal pro 100 Jahre bis ein Mal pro 20 Jahre

Schadenausmass V gering IV klein III mittel II gross I sehr gross

leichte Verletzung ohne Arbeitsausfall Verletzung mit Arbeitsausfall, ohne bleibenden Gesundheitsschaden mittlere Verletzung mit bleibendem Gesundheitsschaden schwere Verletzung mit bleibendem Gesundheitsschaden tödliche Verletzung, wenn nicht sofort erste Hilfe geleistet wird

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Schutzmassnahmen Die Schutzmassnahme wird – je nach Gefahrenpotenzial (analog Beurteilungsmatrix) – durch eine der folgenden Massnahmen erfüllt: Beurteilungsmatrix Felder 1 Die Alleinarbeit ist verboten. Die Arbeiten dürfen nicht alleine ausgeführt werden

Für kritische Arbeiten ist gemeinsam mit Spezialisten der Arbeitssicherheit (ASA) ein Rettungskonzept zu erarbeiten. Die notwendigen Rettungsmittel sind vor Beginn der Arbeiten vor Ort bereitzustellen.

Beurteilungsmatrix Felder 2 Kontinuierliche, willensunabhängige Überwachung

Eine kritische Situation muss jederzeit bemerkt werden, entweder durch eine zweite, überwachende Person oder durch eine willensunabhängige Überwachungsanlage. Eine Überwachungsanlage (Personen-NotsignalAnlage) meldet eine kritische Situation automatisch an eine ständig besetzte Stelle weiter, beispielsweise an die Portierloge, Zentrale, Pikettzentrale oder eine beauftragte Bewachungsorganisation. Es wird sichergestellt, dass die erforderliche Hilfe sofort eintrifft.

Beurteilungsmatrix Felder 3 Periodische Überwachung (3a max. 8 Stunden, 3b max. 4 Stunden)

Die Überwachung erfolgt periodisch durch eine Person: • Kontrollgänge, Telefon-, Sprechfunkaufrufe • Kontrolle mit Überwachungskamera • Erwartete Meldung der allein arbeitenden Person, z. B. am Mittag und am Abend • Kontinuierliche Auswertung von Zeiterfassungsoder Zutrittskontrollsystemen erfolgen. Die Überwachung erfolgt durch eine Überwachungsanlage Diese kontrolliert periodisch die allein arbeitende Person und löst im Notfall automatisch einen Alarm aus.

Beurteilungsmatrix Felder 4 Alleinarbeit erlaubt

Die allein arbeitende Person muss nicht überwacht werden, da angenommen werden kann, dass sie bei einer Verletzung oder in einer kritischen Situation genügend mobil und handlungsfähig bleibt, um entsprechend dem betrieblichen Notfallkonzept selber sofortige Hilfe herbeizurufen.

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4. Alarmierungsmöglichkeiten Nachfolgend sind Überprüfungsmöglichkeiten für Alleinarbeitsplätze aufgelistet. Bei der Beurteilung und der Auswahl der Schutzmassnahme beraten die Sicherheitsbeauftragten (GeSiBe) ggf. unter Beizug und Absprache mit der Fachstelle Risikomanagement.

Massnahme: Meldeeinrichtung

geeignet für Gefährdungsstufe Felder 4

Felder 3

Kontrollgänge durch 2. Person

X

Kontrollanrufe durch 2. Person per Telefon (Festnetz,

X

Felder 2

Mobile, Sprechfunk) Erwartete Meldung der allein arbeitenden Person, z. B.

X

am Mittag und am Abend an 2. Person Videoeinrichtung im Dauerbetrieb/Dauerüberwachung

X *)

Personen-Notsignal-Anlage (z.B. Notfall-Pager) mit

X *)

aktivierter Totmann-Funktion (Überwachungsanlage) *) Kontinuierliche, willensunabhängige Überwachung obligatorisch

5. Zusätzliche Informationen Verordnung über die Unfallverhütung, VUV: http://www.admin.ch/ch/d/sr/c832_30.html Checkliste Allein Arbeitende Personen-Gefahrenermittlung und Massnahmenplanung SUVA 67023.d Methode Suva zur Beurteilung von Risiken an Arbeitsplätzen und bei Arbeitsabläufen: Suva-Bestell-Nr. 66099.d Alleinarbeit kann gefährlich sein. Anleitung für Arbeitgeber und GeSiBe (SUVA 44094.D)

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Anhang Die folgende Checkliste dient als Entscheidungshilfe, um unabhängig von der Tätigkeit beurteilen zu können, ob bei alleine arbeitenden Personen eine Personen-Notsignal-Anlage eingesetzt werden muss oder die Alleinarbeit grundsätzlich verboten ist. Tätigkeiten mit erhöhter Gefährdung: Personen-Notsignal-Anlage obligatorisch Bei den folgenden Tätigkeiten ist die Alleinarbeit nur in Sichtverbindung und Rufweite zu anderen Personen erlaubt. Mittels Risikoanalyse (siehe Beurteilungsmatrix) kann ermittelt werden, ob die Verwendung einer Personen-Notsignal-Anlage unter Berücksichtigung aller notwendigen Sicherheitsvorkehrungen herangezogen werden kann. Die Personen-Notsignal-Anlage mit aktiviertem Arbeitsschutz (Totmann-Funktion) muss dabei dauernd getragen werden. •

Schnittverletzungen am Oberarm, Oberschenkel oder Hals möglich? z.B. Schlachten von Tieren



Schlag auf den Kopf mit nachfolgender Gehirnerschütterung oder Gehirnverletzung möglich? z.B. Arbeiten mit Grosstieren; z.B. mit Pferden, Rindern



Erstickungsgefahr wegen Druck auf Brust? z.B. Verschüttung, Kippen einer Last, Arbeit mit Grosstieren



Waldarbeiten mit besonderen Gefahren? z.B. Motorsägearbeiten (unter Verwendung der vorgeschriebenen PSA), Arbeiten in steilem Gelände, Holzrücken, Besteigen von Bäumen



Arbeiten an technischen Systemen im Sonderbetrieb? z.B. Einrichten, Beheben von Störungen, Instandhaltungsarbeiten (z.B. wie Unterhaltsarbeiten an Gebäuden, Kontrollgänge, Wartungsarbeiten HLKS)



Arbeiten, bei denen die Gefahr besteht, von drehenden Teilen oder Werkzeugen erfasst zu werden? z.B. Arbeiten in mechanischer Werkstatt, Schreinerei, Schlosserei, Glasbläserei



Arbeiten im Bereich von gewöhnlich unzugänglichen und deshalb ungesicherten Gefahrenstellen? z.B. Baustellen, Feldarbeit, Dächern



Klettern höher als 3 Meter über Boden? z.B. Gärtnerei, Feldarbeiten, Arbeiten mit Leitern oder auf Dächern



Umfüllen von erstickenden Gasen? z.B. Umfüllen von Inertgasen wie Flüssigstickstoff oder Helium, falls keine technischen, organisatorischen und persönliche Massnahmen getroffen sind.



Arbeiten bei denen Verletzungen wahrscheinlich sind, die zu einer kritischen bzw. lebensbedrohlichen Situation führen könnten? Risikoanalyse unter Beizug der Fachstelle Risikomanagement.

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