Arbeitest du noch oder verdienst schon?

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Arbeitest du noch oder verdienst du schon?

Arbeitest du noch oder verdienst du schon?

Arbeitest du noch oder verdienst du schon? Zur Einkommensungleichheit zwischen den Geschlechtern Fachkonferenz des Frauenreferats 11. Dezember 2007 in Frankfurt am Main

DOKUMENTATION

Inhalt

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Vorwort Jutta Ebeling, Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt

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Begrüßung Gabriele Wenner, Leiterin des Frauenreferats Frankfurt

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Ursachen der großen geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede in Deutschland Dr. Christina Klenner, Wirtschafts- und Sozialwiss. Institut in der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf

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Einkommensgleichheit: Wege zum Ziel Dr. Andrea Jochmann-Döll, GEFA Forschung + Beratung, Essen

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Über den notwendigen Vergleich von Äpfeln und Birnen: diskriminierungsfreie Bewertung von Arbeit und Arbeitsplätzen Dr. Andrea Jochmann-Döll, GEFA Forschung + Beratung, Essen

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Nicht jammern, sondern klagen?! Recht und Rechtsprechung zur Entgeltgleichheit Noreen von Schwanenflug, Deutscher Juristinnenbund, Vorsitzende des Landesverbands Hessen

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Mindestlohn statt Niedriglohn – Ausweg aus der Ungleichheit?! Bettina Hieming, Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ), Universität Duisburg-Essen

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Bekommen Sie, was Sie verdienen? Strategien für erfolgreiche Gehaltsverhandlungen Işınay Kemmler, Kemmler Consulting, Frankfurt

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Initiative Rote Tasche, Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. Işınay Kemmler, Leiterin der Projektgruppe „Initiative Rote Tasche“ im BPW Germany e.V.

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Und nun? Ausblick Bettina Eichhorn, Frauenreferat Frankfurt Programm Referentinnen

Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main Jutta Ebeling Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt

Vorwort

Überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer, doch in Deutschland ist der Unterschied besonders groß – diese Erkenntnis spricht sich langsam herum. Je nach benutzter Datenquelle beträgt die Gerechtigkeitslücke 22 bis 26 Prozent. Im EU-Vergleich liegt Deutschland auf dem viertletzten Platz, nur in Estland, Zypern und der Slowakei sind die geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede noch größer. Weltweit belegen wir den nicht sehr schmeichelhaften 71. Platz! „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist eine der ältesten Forderungen der Frauenbewegung. 1957 wurde sie in europäisches Recht umgesetzt; 1975 kam der Anspruch auf gleiche Bezahlung bei verschiedenartiger, aber gleichwertiger Arbeit ausdrücklich hinzu. Zur abweichenden Realität meint der „Europäische Fahrplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern“ ganz trocken: „Ursachen für diesen sich hartnäckig haltenden Zustand sind direkte Diskriminierung und strukturelle Ungleichheiten, wie sektor- und berufsbezogene Segregation, unterschiedliche Arbeitsmuster, Zugang zu Aus- und Weiterbildung, Evaluierungs- und Gehaltssysteme, die Frauen benachteiligen, und Stereotype.“ Mit dieser untragbaren Situation beschäftigte sich die viel beachtete Tagung „Arbeitest du noch oder verdienst du schon? Zur Einkommensungleichheit zwischen den Geschlechtern“, die das Frankfurter Frauenreferat am 11.12.2007 mit großer Resonanz durchführte. Die Konferenz untersuchte die komplexen Ursachen der bestehenden Situation, präsentierte ermutigende Beispiele für eine bessere Praxis und zeigte Strategien der Veränderung auf. Die lesenswerten

Beiträge der Veranstaltung liegen Ihnen mit dieser Dokumentation vor – rechtzeitig zum 15. April 2008, dem ersten bundesweiten Equal Pay Day. Erst an diesem Tag haben Frauen in Deutschland mit ihrer Arbeit so viel verdient wie Männer schon am 31. Dezember des Vorjahres. So die Berechnung der „Business and Professional Women Germany“, die gemeinsam mit vielen Frauenbüros und Gleichstellungsbeauftragten am Equal Pay Day auf die unfaire Bezahlung von Frauen aufmerksam machen. Ich hoffe, dass dieser Tag der (un-)gleichen Bezahlung in den nächsten Jahren zügig vorverlegt werden kann. Gute Gründe zur Veränderung und praktische Ansätze für mehr Lohngerechtigkeit finden Sie auf den folgenden Seiten. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

Jutta Ebeling Bürgermeisterin

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Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main

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Gabriele Wenner Leiterin des Frauenreferats Frankfurt

Begrüßung

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserer Konferenz „Arbeitest du noch oder verdienst du schon? Zur Einkommensungleichheit zwischen den Geschlechtern“ in diesem schönen Saal im neuen „Haus am Dom“. Mein Name ist Gabriele Wenner, ich leite das Frauenreferat der Stadt Frankfurt, und ich freue mich sehr über Ihr großes Interesse an unserer Veranstaltung. Einen ganzen Tag lang wollen wir uns mit dem Thema Geld beschäftigen – besonders mit dem, das wir nicht haben und gerne hätten. Vielleicht kein besonders weihnachtliches Thema – das stimmt. Eher eines, das uns das ganze Jahr beschäftigen sollte, zumindest hin und wieder. Wir wollen uns heute auf einen bestimmten Aspekt konzentrieren, nämlich auf die ungleiche Bezahlung, die Frauen und Männer für ihre Arbeit erzielen, unabhängig davon, ob sie abhängig beschäftigt oder selbstständig sind. Andere Aspekte, z.B. das Thema unbezahlte Arbeit oder die Situation arbeitsloser Frauen, beziehen wir nur so weit ein, wie sie für unser Hauptthema relevant sind. Warum finden wir es so wichtig, über Geld zu sprechen? Weil „gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ eine der ältesten Forderungen der Frauenbewegung und noch immer nicht erfüllt ist. Und weil die ungleiche Bezahlung der Geschlechter die Fortschritte, die wir auf anderen Gebieten durchaus erzielen, immer wieder gefährdet. Was Frauen verdienen, bestimmt nicht nur ihren Lebensstandard, ob sie z.B. in einer Stadt wie

Frankfurt eigenständig ihre Existenz sichern, ihre Miete bezahlen und im Alter von eigener Rente leben können. Es prägt auch die Art, wie Frauen und Männer ihre Beziehungen als Paare und mit Kindern gestalten; ob sie den Wunsch nach Gleichberechtigung mit Leben füllen können oder nicht. In Deutschland ist der Abstand zwischen den Einkommen von Frauen und Männern besonders groß, aktuell beträgt er 22 Prozent – je nach Bezugsgröße kann es etwas weniger oder sogar noch mehr sein. Das belegen die Analysen der Europäischen Kommission zum Jahr der Chancengleichheit und beispielsweise auch die vergleichende Studie der OECD, die erst vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde. Die ungleiche Verfügung über Geld wird schon sehr früh zu einer unhinterfragten Normalität. In einer gemeinsamen Studie mit dem Frankfurter Jugendamt haben wir herausgefunden, dass Jungen monatlich 40 Prozent mehr Geld zur Verfügung haben als Mädchen, nämlich 49 Euro im Vergleich zu 35 Euro. Sie bekommen mehr Taschengeld und haben öfter zusätzliche Jobs, während die Mädchen (besonders diejenigen aus Migrantenfamilien) mehr unbezahlte Arbeit im Haushalt und in der Betreuung von Geschwistern leisten. Gerne hätte ich Ihnen auch etwas zu den Einkommen von erwachsenen Frauen und Männern in Frankfurt gesagt. Das ist leider unmöglich, die nötigen Daten liegen nicht vor. Die zu versteuernden Einkommen von Männern und Frauen statistisch zu vergleichen scheitert bei uns, wenn wir das richtig verstanden haben,

Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main Gabriele Wenner Leiterin des Frauenreferats Frankfurt

am Steuergeheimnis. In anderen Ländern, speziell in den skandinavischen, ist das anders: Als ich neulich in der viertgrößten Stadt in Finnland, Kuopio, war, konnte der dortige Bürgermeister genau sagen, wie groß der Unterschied im Einkommen zwischen den Geschlechtern in seiner Kommune ist: 15 Prozent. Das größte Problem der Männer seiner Gemeinde sei die Gesundheit. Daher sind seine Ziele für die nächste Zeit „Mehr Geld für die Frauen und mehr Gesundheit für die Männer.“ Allerdings ist auch in Deutschland demnächst Schluss mit der totalen Geheimniskrämerei. Die Europäische Union hat eine Berichtspflicht der Mitgliedstaaten zu Verdiensten und Arbeitskosten eingeführt, so dass es ab 2008 auch bei uns eine Verdienststatistik geben wird. Sie wird jedoch im Stichprobenverfahren durchgeführt – und lässt auf dieser Basis eine Auswertung für einzelne Kommunen nicht zu, sagt unser Amt für Statistik. Die Ungleichheit der Einkommen zwischen den Geschlechtern wird in Deutschland tendenziell weiterhin als Privatsache und nicht als Politikum behandelt. Diese Sichtweise finden wir falsch, deshalb veranstalten wir diese Konferenz. Wir möchten mit Ihnen die bestehende Situation analysieren und gemeinsam über Strategien der Veränderung nachdenken – über politische, betriebliche und ganz individuelle. Ich wünsche uns einen erkenntnisreichen, produktiven Tag und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main

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Dr. Christina Klenner Wirtschafts- und Sozialwiss. Institut, Düsseldorf

Ursachen der großen geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede in Deutschland

Die Ausgangslage: einige empirische Daten Analysen auf der Basis unterschiedlicher Datenquellen kommen zum gleichen Ergebnis: Frauen verdienen in Deutschland im Durchschnitt deutlich weniger als Männer. Je nach genutzter Datenquelle beträgt der Gender Pay Gap, das ist die geschlechtsspezifische Einkommenslücke

im volkswirtschaftlichem Maßstab, zwischen 22 und 26 % (vgl. Ziegler 2005). Deutschland liegt im EU-Vergleich auf dem viertletzten Platz, nur in Estland, Zypern und der Slowakei sind die geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede noch größer (vgl. EU 2008).

Abbildung 1 Geschlechtsspezifische Einkommenslücke in ausgewählten EU-Ländern 2005 Estland

24

Deutschland

22

Vereinigtes Königreich

20

Finnland

19

Niederlande

18

Dänemark

17

Schweden

16

Spanien

13

Frankreich

EU 25

12

Irland

11

Griechenland

9

Belgien

6

0

5

10

15

20

25

Differenz zwischen durchschnittlichen Fraueneinkommen und Männereinkommen als Prozentsatz des durchschnittlichen Männereinkommens (%)

Basis durchschnittliche Bruttostundenlöhne Quelle: Eurostat

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Dr. Christina Klenner Wirtschafts- und Sozialwiss. Institut, Düsseldorf

Diese Unterschiede basieren auf dem Vergleich von Vollzeiteinkommen bzw. sind auf Stundenbasis umgerechnet, es handelt sich also nicht um geringeres Einkommen aufgrund kürzerer Arbeitszeit (Teilzeit). Allerdings bringt Teilzeitarbeit auch pro Stunde geringere Einkommen ein als Vollzeitarbeit, nämlich durchschnittlich 4,00 Euro weniger (vgl. Statistisches Bundesamt 2007) – ein Faktor unter vielen, der die geringe-

ren durchschnittlichen Fraueneinkommen bedingt. Die Internetbefragung des WSIFrauenlohnspiegels hat gezeigt, dass die Unterschiede auch heute noch für Einkommen im gleichen Beruf bestehen. So erhält z.B. eine Versicherungskauffrau durchschnittlich rund 81 %, eine Köchin 73 % des Verdienstes ihrer männlichen Kollegen (www.frauenlohnspiegel.de).

Abbildung 2 Anteil Frauen-/ Männereinkommen

Durchschnittliches Bruttoeinkommen* in € 4377

Elektroingenieur/in

4112

Maschinenbauingenieur/in

93,9 % 4329

82,2 %

3557

Bankkauffrau/-mann

3682 80,6 %

2967

Versicherungskaufmann/frau

3545

73,1 %

2593

Programmierer/in

3204 2948

Chemielaborant/in

92,0 %

3157 2617

82,9 %

2543

Krankenschwester/-pfleger

88,6 %

2254 Männer Frauen

2051

Verkäufer/in

1656

80,7 %

1863

Koch/ Köchin

80,8 %

1505 0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

*Durchschnittliches Bruttomonatseinkommen ohne Zulagen/Zuschläge und Sonderzahlungen. Quelle: www.frauenlohnspiegel.de

Unmittelbar erkennbare Ursachen Als unmittelbare Ursachen des Gender Pay Gap müssen vor allem die folgenden angesehen werden (vgl. BMFSFJ 2007):

• Frauen arbeiten vielfach in Wirtschaftszweigen mit niedrigerem Verdienstniveau, so z.B. im Einzelhandel oder im Hotel- und Gaststättengewerbe, sowie in gering entlohnten Berufen,

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z.B. als Floristin oder Friseurin (vgl. Ziegler 2005, S. 256 ff.). • Frauen nehmen seltener als Männer höhere Positionen ein (so beträgt der Frauenanteil an Positionen mit umfassenden Führungsaufgaben 22 %, vgl. Holst/Schrooten 2006, der Frauenanteil in Aufsichtsräten der 100 umsatzstärksten Unternehmen liegt bei 8,5 %, vgl. Holst/Stahn 2007). • Frauen arbeiten häufiger in kleineren Betrieben (während in Großbetrieben Frauen 83 % in Relation zu den Männern verdienen, sind es in Kleinbetrieben mit bis zu neun Beschäftigten nur 73 %). • Frauen wechseln seltener den Arbeitsplatz wegen des Einkommens. • Frauen haben weniger Berufsjahre aufgrund familienbedingter Unterbrechungen (in vielen Entgeltsystemen wirken zunehmende Berufsjahre einkommenssteigernd) sowie eine kürzere Betriebszugehörigkeit; was finanziell eher negativ zu Buche schlägt. • Frauen arbeiten weitaus häufiger in Teilzeit, was die Gefahr eines niedrigen Einkommens (auf Stundenbasis) signifikant erhöht (vgl. Jurczak 2006). • Frauen erleiden als Wiedereinsteigerinnen Einkommenseinbußen, sei es durch Rückstufungen oder durch Ausübung schlechter bezahlter Jobs. • Frauen haben geringere Chancen bei beruflicher Förderung und beim Aufstieg („gläserne Decke“). • Frauen verrichten weniger bezahlte Überstunden und erhalten weniger Zulagen (z.B. für Schichtarbeit) als Männer. Das Tarifsystem ist nicht geschlechtsneutral. In der Arbeitsbewertung stecken vielfältige Diskri-

minierungspotenziale, indem z.B. Anforderungen, die an frauendominierten Arbeitsplätzen auftreten, nicht bewertet werden, oder durch unverhältnismäßig hohe Gewichtung von Kriterien, die vor allem auf männerdominierte Tätigkeiten zutreffen (vgl. Bundestagsdrucksache WSI u.a. 2002). Auch die betriebliche Eingruppierung – abweichend vom Tarifvertrag, durch Nutzung von Spielräumen oder durch außertarifliche Entgelte – kann die geschlechtsspezifischen Unterschiede verstärken. Wo keine Tarifverträge gelten, sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede größer. Im Ergebnis des Zusammenwirkens vielfältiger Faktoren ist ein erheblicher Anteil der Frauen im Niedriglohnbereich beschäftigt: 2006 betraf das 31 % der Frauen gegenüber 14 % der Männer (vgl. Kalina/Weinkopf 2008). Besonders anfällig für Niedriglöhne sind Minijobs. Mit fast 92 % arbeitet die Mehrheit der Minijoberinnen zu Stundenlöhnen unter der Niedriglohnschwelle (ebd., S. 5). Die Ursachen können nach verschiedenen Ebenen unterschieden werden: Wenn Frauen gerade dort arbeiten, wo wenig verdient wird, also in bestimmten Berufen, Branchen oder in Kleinbetrieben, wirkt sich das negativ auf ihr Einkommen aus (strukturelle Effekte). Wenn Frauen der Zugang zu bestimmten Positionen erschwert wird, die mit höherer Bezahlung verbunden sind, etwa Führungspositionen, können Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt oder im Betrieb dahinter stecken. Wenn Frauen für gleiche oder vergleichbare Arbeit und Leistung weniger Einkommen erzielen, kann Diskriminierung beim Einkommen die Ursache sein (vgl. u.a. BT-Drucksache 2002). Sieht man mit Hilfe statistischer Verfahren von allen strukturellen Effekten ab, bleibt ein Anteil des Gender Pay Gap von 32 % in Westdeutschland und 24 % in Ostdeutschland, der nicht anders erklärbar erscheint als durch Einkommensdiskriminierung wegen des Geschlechts (vgl. Ziegler

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2005). Für ein Drittel des Unterschieds im Westen und ein Viertel des Unterschieds im Osten wird daher als Ursache reine Diskriminierung beim Einkommen vermutet. Die Ursachen hinter den Ursachen Im Zeitverlauf hat sich, wenn auch langsam, in der Bundesrepublik der geschlechtsspezifische Einkommensabstand verringert. Doch von Angleichung kann keine Rede sein. Deshalb lohnt es sich, nach den Ursachen der Ursachen zu fragen: Warum wird gerade in den Branchen, die einen hohen Frauenanteil haben, wenig verdient? Warum sind Frauenberufe gering bezahlte Berufe? Historische und auch internationale Vergleiche zeigen, dass es nicht der jeweilige Beruf ist, an dem die Eigenschaft der niedrigen Bezahlung „klebt“, sondern dass es einen engen Zusammenhang zwischen niedriger Bezahlung und (sehr) hohem Frauenanteil einer Tätigkeit gibt. Geringe Bewertung und Bezahlung von Frauenarbeit hat eine lange Geschichte. Frauenrechtlerinnen haben sich schon vor über 100 Jahren damit auseinandergesetzt. Alice Salomon argumentierte, dass „Gleicher Lohn für gleiche Leistung“ zwar eine Forderung sei, „die aus dem Prinzip der Gerechtigkeit hervorgeht.“ Doch „auf dem Arbeitsmarkt herrschen nicht die Ideen der Gerechtigkeit, sondern die des wirtschaftlichen Vorteils“. Dieser „aber bedingt, dass die Arbeitgeber die billigste Arbeit nehmen, die sie finden (…). Tatsächlich bot sich und bietet sich noch heute die Frauenarbeit den Unternehmern aber fast immer billiger als gleichwertige männliche Arbeit dar. Gerade die Billigkeit der Frau hat ihr Eingang auf dem Arbeitsmarkt verschafft“ (Salomon 1906, S. 195). Warum aber ist die Arbeit von Frauen „billig“? Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die zugleich eine hierarchische Arbeitsteilung ist, und die Abwertung des Weiblichen in der Kultur

(vgl. Bourdieu 1997) sind zwei historisch entstandene Ursachen, die den anderen Ursachen zugrunde liegen und auf komplexe Weise mit den vielfältigen Einzelursachen verknüpft sind. Frauen wurden lange Zeit als minderwertig angesehen, die Unterordnung der Frau unter einen Mann galt als „natürliche“ Ordnung und war rechtlich abgesichert. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich die soziale Lage von Frauen in Deutschland deutlich verbessert, weitgehende rechtliche Angleichungen der Geschlechter wurden in beiden deutschen Staaten realisiert. Individualisierungsprozesse haben für Frauen zu neuen Lebensoptionen jenseits der traditionellen Frauenrolle geführt. Dennoch sind längst nicht alle Folgen der tradierten Abwertung des Weiblichen beseitigt, sondern schlagen sich zum Beispiel in der Arbeitsbewertung in Entlohnungssystemen oder in den geringen Zugangschancen von Frauen zu Spitzenpositionen nieder. Seit Entstehung der Industriegesellschaft hat die Trennung der Produktionsarbeit von der Reproduktionsarbeit Männer und Frauen in getrennte, hierarchisch angeordnete Sphären verwiesen. Obwohl Frauenerwerbsarbeit immer eine Realität war, wurden die Hausfrauenrolle der Frau und die Ernährerrolle des Mannes im 19. Jahrhundert zur Idealvorstellung. Frauenerwerbsarbeit wurde als Notbehelf angesehen und sollte eingeschränkt werden. Die Zuordnung von Fürsorge, Kindererziehung und Haushalt zur Frau und von Geld erwerbender Arbeit zum Mann ist tief in Strukturen der Gesellschaft, darunter auch in Stereotypen über die Geschlechterrollen, verankert. Dies schlägt sich zum Beispiel in den Leitbildern nieder, die dem Sozialstaat ebenso wie dem Normalarbeitsverhältnis zugrunde liegen. Nach traditioneller Vorstellung sind es Frauen, die ihre berufliche Tätigkeit wegen Kindererziehung unterbrechen und später in Teilzeit gehen, mit allen negativen Konsequenzen für ihre Einkommen,

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Hinzu kommen Anreize des Staates, die in Bezug auf die eigenständige Existenzsicherung der Frauen als Fehlanreize angesehen werden müssen. Da sich die traditionellen Leitbilder auch in gesetzlichen Regelungen, wie etwa dem Ehegat-

und es sind Männer, die einen „Familienlohn“ benötigen, um ihre Familie zu ernähren. Die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern verändert sich nur langsam, und ebenso sind die Vorstellungen darüber zählebig.

U r sa c h en d er E i n ko m m en s u n t e r s ch ie d e im Ü b e r b li ck

ge sc h lec h t ss pe zifisc h e Ar be it st eil un g

Ge s ch lec h ts rolle n - S t e re o ty pe

A rb e it sm a rk t s e gr e g a t io n ( h or iz on t a l u n d v e r ti k a l) hä u slic h e ge s c hle c h t ss pe z if . A rb e it s t e ilun g

L e it bilde r/ A n re ize de s S ozia lst a a t s

A b w er tu n g d es W eib lic h en

A r b e it sb e w e r t un g in E nt lo h nu n g ssy s t e m e n

D r uc k a uf E in k o m m e n D ars tel l un g: Ch rist ina K l enn er

Wechselseitiger Zusammenhang der Ursachen: ein Teufelskreis Die Ursachen der Einkommensunterschiede bedingen sich gegenseitig. Solange Frauen in schlecht bezahlten Frauenberufen und auf unteren betrieblichen Hierarchiestufen arbeiten, erscheint ihr Einkommen – wenn sie in Partnerschaft leben – als eher verzichtbar als das des besser verdienenden Partners, so dass es wahrscheinlicher ist, dass sie und nicht er wegen der Sorge für Kinder oder Pflegebedürftige die Erwerbstätigkeit unterbricht oder in Teilzeit arbeitet. Wenn sie dies aber tut, verschlechtern sich ihre Chancen auf gute berufliche Positionen und die Wahrscheinlichkeit wächst, dass sich der Einkommensunterschied vergrößert.

B e r uf swa h l F ühr un gspos ition e n

E r w er bs un te rb re c hun ge n Te i lze i ta rbe i t

F ra u en g er in ge r org a nis ie r t

„F a m ili e nloh n“ Z ula ge n

Be tr ie bs zu ge hör ig ke i t

E in gr uppi e run g

G e ha ltsv e rh a ndlu ng

tensplitting, niederschlagen, wird gegenwärtig noch eine traditionelle Aufteilung der Erwerbsund Fürsorgearbeit zwischen den Partnern durch das Steuersystem finanziell belohnt. Bekanntlich steigt der Splittingvorteil mit dem Einkommensunterschied zwischen den Ehepartnern. Auch das Abdrängen von Frauen in Minijobs basiert auf dem traditionellen Familien- und Geschlechtermodell. Ebenso wurden mangelnde Bedingungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf lange Zeit mit den traditionellen Leitbildern gerechtfertigt. Die modernisierte Familienpolitik (Stichworte Elterngeld und Krippenplätze) geht zwar nun von dem neuen Leitbild der berufstätigen Mutter aus. Doch auf der anderen Seite hat der Staat bisher die Anreize für die traditionelle

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Arbeitsteilung innerhalb der Familie nicht aufgehoben.

vertreten, DIW-Wochenbericht 25/2006 vom 21. Juni

Auch die Zuschreibung der Eigenschaft des weiblichen Einkommens im Paarzusammenhang als „Zuverdienst“, auf den es nicht wesentlich ankommt, sowie die Akzeptanz einer vom Mann abgeleiteten Existenzsicherung der Frau tragen zu den Einkommensunterschieden bei. Solange die Frauen selbst das Verständnis von sich als „Zuverdienerin“ haben, erscheint ihnen ihr Einkommen als weniger wichtig, und ihre Bereitschaft, sich in Gewerkschaften für höhere Löhne zu organisieren, bleibt hinter der der Männer zurück. Ihre Bemühung und ihr Selbstvertrauen, zu fordern, was ihnen zusteht, steigen erst mit dem Anspruch auf eine eigenständige Existenzsicherung und Entlohnung ihrer Arbeit entsprechend der Qualifikation und den Anforderungen der Tätigkeit.

Holst, Elke/Stahn, Anne-Katrin (2007): Spitzenpositionen

2006, S. 365-371

in großen Unternehmen fest in der Hand von Männern, DIW-Wochenbericht 7/2007 vom 14.Februar 2007, S. 8993 Jurczak, Kasia (2006): The gender pay gap. Background paper, ed. by the European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions. Dublin Kalina, Thorsten/Weinkopf, Claudia (2008): Weitere Zunahme der Niedriglohnbeschäftigung: 2006 bereits 6,5 Millionen Beschäftigte betroffen, IAQ-Report 2008-01. Duisburg, Essen Salomon, Alice (1906): Gleicher Lohn für gleiche Leistung, in: Brinker-Gabler, Gisela (Hrsg.) (1979): Frauenarbeit und Beruf. Frühe Texte, Frankfurt am Main, S. 194199 Statistisches Bundesamt 2007: Teilzeitbeschäftigte ver-

Literatur

dienen pro Stunde weniger als Vollzeitkräfte, Pressemitteilung Nr. 287 vom 19.07.2007

BMFSFJ (Hg.) 2007: Fair P(l)ay. Entgeltgleichheit für Frauen und Männer, Berlin (Autorin: Karin Tondorf)

Ziegler, Astrid (2005): Erwerbseinkommen. in: Bothfeld, Silke u.a. (2005): WSI-FrauenDatenReport 2005. Berlin, S.

Bourdieu, Pierre (1997): Die männliche Herrschaft, in: Dölling, Irene/Krais, Beate (1997) (Hrsg.): Ein alltägliches Spiel. Geschlechterkonstruktion in der sozialen Praxis, Frankfurt am Main, S. 153-217 Bundestagsdrucksache 2002: Bericht der Bundesregierung zur Berufs- und Einkommenssituation von Frauen und Männern (Autor/innenteam: WSI in der Hans-BöcklerStiftung/INIFES Institut Stadtbergen/Forschungsgruppe Tondorf Berlin), in : BT-Drucksache 14/8952 EU (2008): Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Gleichstellung von Frauen und Männern 2008, Brüssel Holst, Elke/Schrooten, Mechthild (2006): Führungspositionen: Frauen geringer entlohnt und nach wie vor seltener

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Einkommensgleichheit: Wege zum Ziel

Die Ursachen der großen geschlechterbezogenen Einkommensunterschiede sind vielschichtig und komplex, wie der Beitrag von Christina Klenner gezeigt hat. Deshalb wäre es unrealistisch zu hoffen, es gäbe die eine Strategie zur Herstellung von Einkommensgleichheit zwischen den Geschlechtern. Vielmehr müssen vielfältige Ansatzpunkte berücksichtigt und genutzt werden, um dieses Ziel zu erreichen. Dieser Beitrag will die vielfältigen Ansatzpunkte sammeln und systematisieren und damit eine Landkarte der Wege zur Entgeltgleichheit zeichnen. Folgende Wegekategorien stehen dabei zur Auswahl: • • • • •

gesetzliche und rechtliche Wege, Wege der Tarifparteien, Wege in den Verwaltungen und Betrieben, individuelle Wege, Wege in Gesellschaft und Politik.

Gesetzliche und rechtliche Wege Die gesetzlichen Grundlagen für Entgeltgleichheit sind mittlerweile recht tragfähig: Auf europäischer Ebene finden sich Regelungen im EGVertrag und in einer Reihe von Richtlinien, auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits einige Urteile gefällt, die die Umsetzung des Entgeltgleichheitsgebotes konkretisieren und unterstützen. In Deutschland sind neben den allgemeinen Gleichbehandlungsgeboten des Grundgesetzes (GG) mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) klare Regelungen zum Verbot der Entgeltdiskriminierung erlassen worden. In § 1 findet sich ein allgemeines Benachteiligungsverbot, in § 2 werden spezielle Benachteiligungsverbote ausgesprochen, darunter das

bezüglich des Entgelts in Abs. 1 Nr. 2. In § 7 Abs. 2 AGG wird geregelt, dass alle diskriminierenden individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen unwirksam sind. Eine solch klare gesetzliche Feststellung gab es bislang hierzu nicht. Wenn auch die gesetzlichen Grundlagen vorhanden sind, die Wege zu ihrer Durchsetzung sind in Deutschland stark verbesserungsbedürftig. Entgeltklagen sind ein nur selten genutztes Instrument – zu groß ist die Angst vor dem Konflikt oder dem Arbeitsplatzverlust bzw. zu gering ist in Deutschland die erforderliche Klagementalität ausgeprägt. Das AGG verbessert die Voraussetzungen nur zum Teil. Es weist zwar in § 17 Abs. 1 den Betriebs- und Tarifparteien eine Verantwortung und Pflicht zur Mitwirkung an der Erreichung des Gleichstellungsziels zu und ermöglicht mit den §§ 25 und 27 eine Unterstützung durch die neu geschaffene Antidiskriminierungsstelle des Bundes, jedoch wird in § 23 lediglich eine Unterstützung bei Klagen durch Antidiskriminierungsverbände ermöglicht. Das von vielen erhoffte Verbandsklagerecht wurde nicht eingeführt. Die aktuell geführte Diskussion um die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland käme all jenen Frauen zugute, die in prekären Jobs nicht nur befristet und geringfügig beschäftigt sind, sondern auch geringfügig entlohnt werden oder die selbst mit einer Vollzeitstelle kein existenzsicherndes Einkommen erzielen können. Würden diese Arbeitsplätze besser bezahlt, würde dies mit Sicherheit einen Beitrag zur Verringerung des Einkommensabstandes zwischen Frauen und Männern leisten.

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Zu den gesetzlichen Wegen zählen auch die seit langem geforderte Änderung des Einkommenssteuerrechts und die Abschaffung des Ehegattensplittings, das das Netto-Einkommen der meist geringer verdienenden Frau so niedrig werden lässt, dass Erwerbsarbeit für sie finanziell kaum noch lohnend erscheint. Wege der Tarifparteien Zur Herstellung von Entgeltgleichheit sind die Tarifparteien in erster Linie dazu aufgerufen, diskriminierungsfreie Tarifverträge abzuschließen, was bei weitem nicht so selbstverständlich und einfach ist, wie es sich anhört. Denn die Diskriminierungsmechanismen sind zum Teil unbewusst, sehr subtil und deshalb auf den ersten Blick nicht leicht erkennbar. Deshalb wäre eine erste Voraussetzung zum Abschluss diskriminierungsfreier Tarifverträge, dass die Tarifparteien das mittlerweile umfangreich vorhandene und publizierte Wissen um diskriminierende Regelungen und Praktiken beim Grundentgelt, beim Leistungsentgelt, bei Zulagen sowie bei der betrieblichen Altersversorgung zur Kenntnis nehmen, nutzen und durchsetzen. Die Schaffung dieser Kenntnisse könnte von den Tarifparteien auch (noch stärker) unterstützt werden, z.B. durch die Förderung von Forschungsprojekten. Eine zweite Voraussetzung liegt in der Information und Kommunikation über gleichstellungspolitische Fragen innerhalb der Tarifparteien, so dass die Sensibilität für Diskriminierungsfragen und das Engagement für die Entgeltgleichheit wachsen. Denn selbst innerhalb der Gewerkschaften, deren Aufgabe es ja ist, die Interessen auch ihrer weiblichen Mitglieder zu vertreten, wird der Antidiskriminierungspolitik nicht von allen eine hohe Priorität beigemessen. Die Kultur der meisten Gewerkschaften scheint immer noch stark von den Interessen der überwiegend männlichen Klientel geprägt zu sein. Ein wichtiger Schritt zur

erfolgreichen Durchsetzung von Fraueninteressen in Tarifverträgen wäre eine angemessene Beteiligung von Frauen und Männern in den entsprechenden Verhandlungsgremien. Selbst in Gewerkschaften, in denen eine geschlechterbezogene Quotierung eingeführt wurde, ist dies nicht immer gegeben. Insbesondere muss die Barriere zwischen der Mitgliedschaft in Tarifkommissionen und der Mitgliedschaft in den Verhandlungskommissionen für mehr Frauen leichter überwindbar werden. Zurzeit werden in zwei großen Wirtschaftsbereichen einschneidende Tarifreformen umgesetzt bzw. noch verhandelt. In der Metall- und Elektroindustrie wurden neue Entgeltrahmentarifverträge abgeschlossen. Nach Abschluss ihrer Umsetzung wird man analysieren können, ob sie an den Entgeltungleichheiten etwas zum Positiven verändern konnten. Für den öffentlichen Dienst wurde ebenfalls ein neues Tarifwerk abgeschlossen, der TVöD. Für diesen Sektor steht noch aus, neue Eingruppierungsregelungen zu vereinbaren, die so genannte Entgeltordnung. Ob diese neue Entgeltordnung dann eine bessere Bewertung und Vergütung von frauendominierten Tätigkeiten ermöglicht, z.B. im pflegerischen oder pädagogischen Bereich, ist also noch offen. Erste Berichte über Erfahrungen mit dem TVöD lassen hier jedoch nur wenig Hoffnung aufkommen. Die Vermeidung von Diskriminierungsgefahren in Tarifverträgen ist ein Weg, den Tarifparteien gehen können. Ein zweiter Weg besteht in der Vereinbarung gleichstellungsförderlicher Tarifverträge, d.h. in der tariflichen Vereinbarung und Absicherung bekannter Methoden und Instrumente der Gleichstellungspolitik, die dann indirekt auf eine Verringerung der Entgeltdifferenzen einwirken können. Hier wären z.B. Regelungen zur Aufstiegsförderung, zur Qualifizierung oder zur besseren Vereinbarkeit von Privat- und Be-

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rufsleben denkbar, wie einige bereits existierende Beispiele zeigen. Wege in Verwaltungen und Betrieben Tarifverträge wirken nicht immer direkt auf die Verwirklichung von Chancengleichheit oder die Umsetzung von Entgeltgleichheit. Häufig setzen sie Rahmenbedingungen, die betrieblich konkretisiert und umgesetzt werden müssen. Die hierbei gegebenen Spielräume können sich mehr oder weniger positiv auf die Einkommenssituation von Frauen und Männern auswirken. Deshalb müssen zum Zwecke der Entgeltgleichheit bei der betrieblichen Umsetzung entgeltpolitischer Regelungen, z.B. zur Arbeitsbewertung und Eingruppierung, zur Leistungsvergütung, zu Zulagen, freiwilligen Sozialleistungen oder der betrieblichen Altersversorgung, gleichstellungspolitische Aspekte thematisiert werden. Dass hierfür umfangreiche Informations-, Kommunikations- und Sensibilisierungsprozesse vorausgehen müssen, ist selbstverständlich. Auch auf betrieblicher Ebene müssen Frauen und Männer gleichberechtigt in allen Gremien, Ausschüssen und Kommissionen vertreten sein, vor allem in denjenigen, die entgeltpolitische Entscheidungen treffen. Die Entgeltpolitik kann nicht zuletzt ein dankbares Wirkungsfeld für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte sein, auch wenn sie sich in der Vergangenheit weniger als tarifpolitische Expertinnen verstanden haben. Die Förderung der Chancengleichheit, z.B. durch geeignete Stellenbesetzungen und Einstellungsverfahren, Arbeitszeitgestaltung und Mentoring-Programme, an der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte entscheidend mitwirken, ist zwar Ziel und Aufgabe für sich. Jedoch wäre es wichtig, immer auch die Effekte dieser Maßnahmen auf die Entgeltstruktur zu bedenken und zu überprüfen.

Individuelle Wege Ein erster Schritt auf dem individuellen Weg ist, dass Frauen verstärkt ihre eigenen Tätigkeiten und Qualifikationen wertschätzen. Aussagen wie „Ich bin ja nur eine ...!“ oder „Was ich mache, ist doch nicht schwer!“, „Das kann ja jede!“ werten die eigene Arbeit ab. Und wie sollen andere (Männer wie Frauen) diese Arbeit wertschätzen und gerecht bezahlen, wenn die Ausübenden selbst sie abwerten? Größeres Selbstbewusstsein in dieser Hinsicht hilft, gegen das Berufsorientierungs-Stereotyp anzugehen, das da lautet: ‚Frauen sind weniger berufsorientiert, beziehen ihr Selbstwertgefühl weniger aus der beruflichen als aus der familiären Arbeit’. Dieses Stereotyp ist von grundlegender Bedeutung und dient immer wieder als ‚Gewissensberuhigung’ angesichts der niedrigen Fraueneinkommen. Der nächste Schritt wäre dann, diese Wertschätzung in finanzielle Ansprüche umzusetzen. Letztlich hilft alle immaterielle Wertschätzung nicht, die eigene Existenz selbstständig zu sichern. Und was nichts kostet, ist immer noch nicht wirklich etwas wert. Mit diesem Schritt bekämpfen wir das Hinzuverdienerinnen-Stereotyp: ‚Frauen sorgen nur für ein Zubrot in der Familie, das eigentliche Familieneinkommen verdient der Mann.’ Dieses Stereotyp ist ebenso inhaltlich falsch wie ökonomisch fatal für viele Frauen. Im dritten Schritt geht es um die Fähigkeit, die finanziellen Forderungen auch erfolgreich zu äußern und durchzusetzen. Das Bescheidenheits-Stereotyp muss Lügen gestraft werden, das Frauen als bescheidene Wesen (‚Veilchen im Moose’) versteht, die ihre Weiblichkeit verlieren, wenn sie fordernd und bestimmt auftreten. Dies hat sich leider in den Kommunikationsmustern vieler Frauen festgesetzt und wirkt sich schädlich aus, wenn es um Gehaltsverhandlungen oder Karriereforderungen geht.

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Der vierte Schritt besteht darin, die eigenen Ansprüche und Forderungen an eine diskriminierungsfreie Vergütung durchzusetzen und Diskriminierung anzuklagen – sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich. Denn die schlechte Bezahlung vieler Frauen und frauendominierter Berufe kann dadurch erleichtert werden, dass Frauen weniger konfliktbereit sind als Männer und dies von den Entscheiderinnen und Entscheidern auch bei Einkommensungerechtigkeiten so erwartet wird (Konfliktvermeidungs-Stereotyp). Wege in Gesellschaft und Politik: Die Herstellung von Einkommensgleichheit zwischen Frauen und Männern erfordert auf der gesellschaftlichen Ebene eine tief greifende Veränderung der Werte und Normen hinsichtlich der Tätigkeiten, die Frauen und Männern jeweils zugeschrieben werden. Damit sind tief liegende Schichten der uns prägenden patriarchalischen Kultur angesprochen. Uralte Muster der Bewertung ‚des Weiblichen’ und ‚des Männlichen’ dienen heute noch als Grundlage für die Bewertung von frauen- und männerdominierten Tätigkeiten und lassen sich nur langsam verändern. Ein Teil dieser notwendigen Kulturveränderung besteht in der gleichmäßigeren Aufteilung der familiären/reproduktiven Arbeiten zwischen Frauen und Männern. Denn solange es eine klare dichotome Aufteilung der Zuständigkeiten gibt, wird eine Rangfolge der Wertigkeiten gebildet, ob sie offen ausgesprochen wird oder nicht. Parallel dazu müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die geschlechterbezogene Segregation des Arbeitsmarkts aufzuweichen, damit es weniger frauen- oder männerdominierte Arbeitsbereiche gibt, die aufgrund dieser Geschlechterdominanz unterschiedlich bewertet werden. Hier können entsprechende Praktika, der Girls’ Day, aber auch die Vermittlungspraxis der

Bundesagentur für Arbeit und das familiäre und private Umfeld wichtige Beiträge leisten. Der gesellschaftliche Wandel muss durch politische Maßnahmen und Aktionen begleitet und gefördert werden. Macht und Einfluss von Frauen in der politischen Willensbildung und bei der Vertretung ihrer Interessen müssen wachsen. Auf politischer Ebene können verstärkt Forschungsprojekte zur weiteren Sammlung und Vertiefung des Wissens über Diskriminierungsmechanismen gefördert werden. Das Ende 2006 in Kraft getretene Verdienststatistikgesetz kann hier hilfreich sein, da es die Datenbasis für geschlechterbezogene Einkommensanalysen verbessern dürfte. Weitere förderliche gesetzliche Maßnahmen wurden bereits genannt. Blieben als Letztes Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung zu nennen. Hier hat das jeweils für Frauen- und Gleichstellungspolitik zuständige Bundesministerium in den letzten Jahren einige Aufmerksamkeit auf das Thema Entgeltgleichheit gerichtet. Im Jahr 2001 gab es einen umfangreichen Bericht zur Einkommenssituation von Frauen und Männern heraus, 2002 wurde eine Konferenz zum Thema durchgeführt. Aktuell wurde im Jahr 2007 die Broschüre „Fair P(l)ay“ herausgegeben, die auf sehr großes Interesse stößt. Bedauerlich ist allerdings, dass die beiden Bilanzen, die den Effekten der freiwilligen Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft zur Chancengleichheit von Frauen und Männern nachgehen, keine Aussagen zur Entgeltgleichheit enthalten. In den politischen Raum gehören weiterhin Aktionen wie z.B. die Initiative „Rote Tasche“, die der Verein Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. in diesem Jahr ausgerufen hat, sowie eine für das Jahr 2008 geplante Kampagne des DGB zum Thema Entgeltgleichheit.

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Über den notwendigen Vergleich von Äpfeln und Birnen: diskriminierungsfreie Bewertung von Arbeit und Arbeitsplätzen

Eine der Ursachen der Einkommensdifferenzen zwischen Frauen und Männern liegt in der geschlechterbezogenen Segregation des Arbeitsmarkts und der gesellschaftlichen Unterbewertung der Arbeiten, die überwiegend von Frauen verrichtet werden. Ein Weg zur Herstellung von Einkommensgleichheit muss demzufolge darin bestehen, diese gesellschaftliche Unterbewertung und ihre Fortsetzung in tariflichen und betrieblichen Mechanismen aufzudecken und diskriminierungsfreie Bewertungsverfahren zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen.

Um zu verstehen, wie sich diese gesellschaftliche Unterbewertung in der tariflichen und betrieblichen Entgeltfestsetzung reproduziert, ist es zunächst erforderlich, die Prinzipien und Verfahren der Grundentgeltdifferenzierung kennen zu lernen.

Ein Experiment

• Gleiches Entgelt für gleiche Arbeit: Busfahrer und Busfahrerin, Krankenpfleger und Krankenpflegerin müssen dasselbe Entgelt erhalten, wenn und so lange ihre Tätigkeiten identisch sind. Ansonsten besteht der Verdacht der unmittelbaren Diskriminierung.

In Schweden wurde ein Experiment durchgeführt, das die angesprochene Unterbewertung von Arbeit, die von Frauen verrichtet wird, verdeutlicht und in Zahlen ausdrückt. 300 Männern und 300 Frauen wurde ein abstraktes Gemälde mit der Bitte gezeigt, zu schätzen, wie viel es wert sei. Dabei wurde jeweils 100 Männern und Frauen gesagt, es sei von einem Mann gemalt worden, jeweils 100 wurde gesagt, es habe eine Frau gemalt, und die letzten jeweils 100 wurden über das Geschlecht des Künstlers oder der Künstlerin im Unklaren gelassen. Das Ergebnis dieser Arbeitsbewertung ist erschreckend: Dasselbe Gemälde wurde von den befragten Männern ca. 2,5mal so hoch bewertet, wenn es von einem Mann gemalt zu sein schien. Auch Frauen schätzten die Arbeit eines Künstlers höher als die einer Künstlerin: Der Unterschied betrug 11.000 Schwedische Kronen bzw. das 1,4-fache.

Prinzipien der Grundentgeltdifferenzierung Die Grundentgeltdifferenzierung muss zwei Prinzipien erfüllen, die insbesondere (aber nicht ausschließlich) im Hinblick auf die Vergütung der Arbeitsplätze von Frauen und Männern gelten:

• Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit: Auch nicht identische Tätigkeiten können von ihrer Wertigkeit her gleich sein. Solche gleichwertigen Tätigkeiten müssen gleich vergütet werden. Deshalb muss geprüft werden, ob Busfahrer und Verkäuferin, Kfz-Mechaniker und Krankenpflegerin, Industriemeister und Sekretärin möglicherweise gleichwertige Tätigkeiten verrichten. Ist dies der Fall, werden die Tätigkeiten aber nicht gleich vergütet, könnte eine mittelbare Diskriminierung vorliegen.

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Für die Bewertung der Arbeitsplätze gibt es Verfahren, die meist tariflich vereinbart und betrieblich umgesetzt werden. Sie alle folgen dem Prinzip der anforderungsabhängigen Entgeltdifferenzierung mit folgenden Schritten: 1. Beschreibung der Arbeitsplätze und Tätigkeiten 2. Auswahl und Definition der Anforderungsarten, die vergütet werden sollen 3. Analyse der Anforderungen, die an den einzelnen Arbeitsplätzen an die jeweiligen Inhaber/innen gestellt werden 4. Bewertung der Anforderungen 5. Zuordnung des Bewertungsergebnisses zu Entgeltgruppen 6. Eingruppierung der Beschäftigten in die Entgeltgruppe, die für den Arbeitsplatz zutrifft, an dem er oder sie arbeitet Verfahren der Grundentgeltdifferenzierung Bei der Auswahl der zu bewertenden Anforderungen orientieren sich die meisten Arbeitsbewertungsverfahren an dem in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelten ‚Genfer Schema’. Es erfasst geistige und körperliche Anforderungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen. Außerdem werden Anforderungen an das Können und Anforderungen durch entstehende Belastungen berücksichtigt. Arbeitsbewertungsverfahren können in summarische und analytische Verfahren unterschieden werden. Während summarische Verfahren nur wenige Anforderungsarten bewerten und den Arbeitsplatz als Ganzes einordnen, bewerten analytische Verfahren jede Anforderungsart getrennt. Dadurch kann eine größere Zahl und Differenzierung der Anforderungsarten einbezogen werden.

Werden Arbeitsplätze paarweise verglichen und in eine Reihenfolge hinsichtlich ihrer Wertigkeit gebracht, spricht man vom Prinzip der Reihung. Dieses Prinzip wird in der Praxis der Arbeitsbewertung nur selten angewendet. Die meisten Verfahren folgen dem Prinzip der Stufung. Bei den summarischen Lohngruppenverfahren bedeutet dies, dass abgestufte Lohngruppen beschrieben werden und Arbeitsplätze in diejenige Lohngruppe eingruppiert werden, deren Beschreibung auf sie zutrifft. Der BAT ist ein solches Lohngruppenverfahren. Bei den analytischen Verfahren erfolgt die Stufung in der Weise, dass für jede Anforderungsart abgestufte Anforderungshöhen definiert werden, denen dann Wertzahlen oder Punkte zugeordnet werden. Jeder Arbeitsplatz sammelt also Punkte bei jeder Anforderungsart und erreicht durch Addition einen Gesamtwert. Dieses Verfahren heißt Stufenwertzahlverfahren und wird z.B. im Entgeltrahmentarifvertrag (ERA) in der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württembergs angewendet. Diskriminierungsgefahren bei der Arbeitsbewertung Insbesondere die summarischen Lohngruppenverfahren gelten unter Expertinnen und Experten als diskriminierungsanfällig. Ein Beispiel für mögliche diskriminierende Regelungen aus der Druckindustrie: Eine Schreibkraft wird aufgrund des Entgeltgruppentextes in die Gehaltsgruppe G2 eingruppiert und erhält 1.570 Euro monatlich. Ein Lagerarbeiter erhält 1.725 Euro, da die Beschreibungen der Lohngruppe LG IV auf seinen Arbeitsplatz zutreffen.

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Schreibkraft, Gehaltsgruppe G2 Abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung oder gleichwertige Ausbildung, auch erworben durch mehrjährige anderweitige Qualifikation

Gehalt: 1.570 €/Monat

Die Unterbewertung der frauendominierten Arbeitsplätze und damit die Benachteiligung ihrer Inhaberinnen beim Entgelt wird durch folgende Mechanismen, Strukturen und Eigenschaften ermöglicht: • In der Beschreibung der Gehaltsgruppe G2 werden Anforderungen nicht erwähnt, die bei einer Schreibkraft durchaus vorliegen können und die in der Beschreibung der Lohngruppe LG IV genannt werden, z.B. Anforderungen an Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit, erhöhte Verantwortung für Betriebsmittel und/oder Arbeitsprodukte. • Die sehr viel höheren Qualifikationsanforderungen an die Schreibkraft – z.B. die abgeschlossene Berufsausbildung - führen nicht zu einer höheren oder gleichen Bezahlung. • Durch die vagen Formulierungen in dem Text für die LG IV (längere Berufspraxis, erhöhte Anforderungen, erhöhte, fallweise große Belastungen, erhöhte Verantwortung) werden Bewertungsspielräume eröffnet, die zur Intransparenz der Eingruppierung und damit zu mangelnder Überprüfbarkeit führen. • Anforderungen am Arbeitsplatz der Schreibkraft werden nicht bewertet, so z.B. Belastun-

Lagerarbeiter, Lohngruppe LG IV • Vorkenntnisse auf Grund aufgabenbezogener Unterweisung • Fallweise längere Berufspraxis • Erhöhte Anforderungen an Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit • Erhöhte, fallweise große Belastungen unterschiedlicher Art • Erhöhte Verantwortung für Betriebsmittel und/oder Arbeitsprodukte Lohn: 1.725 €/Monat

gen durch einseitige Körper-/Handhaltung oder ständiges Sitzen. • Die Benachteiligungen werden erleichtert durch die Verwendung zweier unterschiedlicher Eingruppierungssysteme (hier: für Angestellten- und gewerbliche Berufe). Insgesamt sind folgende Diskriminierungsgefahren zu nennen: 1. Unterschiedliche Regelungen bei einem Arbeitgeber, dadurch entstehende Unüberschaubarkeit 2. Nicht ausreichende Kriterien zur Beschreibung wesentlicher Tätigkeiten an ‚Frauenarbeitsplätzen’, insbesondere Dienstleistungsarbeit 3. Bewertungsspielräume durch vage Formulierungen 4. Doppel- und Mehrfachbewertung und – gewichtung von Kriterien 5. Einseitige oder eingeschränkte Auslegung von Kriterien 6. Aneinanderbinden von Kriterien: einige Anforderungen werden erst in höheren Entgeltgruppen berücksichtigt und honoriert

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7. Nicht-Berücksichtigung von Anforderungen, die für Tätigkeiten gelten, die weniger als 50 % der Arbeitszeit ausmachen 8. Nicht-Offenlegen von Bewertungskriterien: fehlende Nachvollziehbarkeit und Einfluss von Geschlechterstereotypen Diskriminierungsfreie Arbeitsbewertung Um Belege für die Unterbewertung frauendominierter Arbeitsplätze zu schaffen und um eine gerechte Eingruppierung zu ermöglichen, wurden Arbeitsbewertungsverfahren entwickelt, die die genannten Diskriminierungsgefahren umgehen und zu einer diskriminierungsfreieren Bewertung führen. Eines dieser Verfahren ist die Analytische Bewertung von Arbeitstätigkeiten nach Katz und Baitsch, kurz: ABAKABA. Bereiche

Die Besonderheit dieses Verfahrens liegt darin, dass eine Vielzahl psycho-sozialer Anforderungen aufgenommen wurde, die in traditionellen Verfahren keine Berücksichtigung finden, und dass Anforderungen durch Verantwortung breiter definiert wurden als ausschließlich als ‚Verantwortung für Geld und Maschinen’. Außerdem wurden Gewichtungsbandbreiten vorgegeben, die einerseits eine Anpassung an die konkreten Arbeitsplätze der Organisation ermöglichen und die andererseits die vormals unbeachteten psychosozialen Anforderungen mit ähnlichen Gewichtungen versehen wie die intellektuellen Anforderungen. Die folgende Abbildung zeigt die bei ABAKABA verwendeten Merkmale und Merkmalsbereiche sowie Gewichtungsbandbreiten.

Merkmale

Gewichtung

Fachliche Anforderungen Intellektueller Bereich

Planen und Organisieren

20 – 50 %

Monotone Arbeit bzw. eingeschränkte Handlungsspielräume Unfreiwillige, nicht vermeidbare Störungen und Arbeitsunterbrechungen Mündliche Kommunikation Psycho-sozialer Bereich

Zusammenarbeit/ Kooperationsfähigkeit

20 – 40 %

Einfühlungs- und Überzeugungsvermögen Belastende psycho-soziale Bedingungen Anforderungen an die Muskelkraft Anforderungen an die Bewegungspräzision 5 – 25 %

Physischer Bereich Belastende arbeitszeitliche Bedingungen Belastende physische Bedingungen Verantwortung für die Arbeitsergebnisse anderer Personen Verantwortung

Risiko für Fehler mit Auswirkungen auf menschliches Leben Risiko für Fehler mit nicht absehbaren finanziellen Auswirkungen Risiko für Fehler mit Auswirkungen auf die Umwelt

20 – 30 %

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Es wurden vier Vergleichspaare gebildet: • Diplom-Bibliothekar/in – Diplom-Ingenieur/in, • Leitende/r medizinisch-technische/r Assistent/in – Gärtnermeister/in, • Altenpfleger/in – technische/r Sachbearbeiter/in, • Küchenhilfe – Straßenreinigungs- bzw. Kanalbetriebskraft. Die Vergleiche ergaben, dass sich, mit Ausnahme des Vergleichspaares leitende/r medizinischtechnische/r Assistent/in – Gärtnermeister/in, die Wertigkeit bei einer Bewertung mit ABAKABA deutlich zugunsten des frauendominierten Arbeitsplatzes verschoben hat. Hierfür waren sowohl die Berücksichtigung psycho-sozialer Anforderungen entscheidend als auch die Berücksichtigung physischer Anforderungen dort, wo sie vorher keine Berücksichtigung fand. Die höchste psycho-soziale Belastung hatten Altenpfleger/innen zu verzeichnen. Die physischen Belastungen waren bei medizinisch-technischen Assistentinnen/Assistenten, Altenpfleger/innen und Küchenhilfen ähnlich hoch wie bei Straßenreinigungs- und Kanalbetriebskräften. Dennoch lagen bei drei Paaren die Eingruppierungen des frauendominierten Arbeitsplatzes unter denen des ‚Männerarbeitsplatzes’. Außerdem wurden Straßenreinigungs- und Kanalbetriebskräften höhere Zulagen gezahlt. Insgesamt wurde bei diesem Projekt deutlich, wie sehr die Undurchschaubarkeit der Eingruppierungsbestimmungen im öffentlichen Dienst (BAT und Regelungen für gewerbliche Bereiche) eine Überprüfung der Entgeltgerechtigkeit erschwert hat.

Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Arbeitsbewertung und Eingruppierung in Betrieben und Verwaltungen Um Arbeitsbewertungssysteme diskriminierungsfrei zu gestalten, müssen die mittlerweile zahlreich vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse beachtet und die rechtlichen Anforderungen eingehalten werden. Die Basis für eine diskriminierungsfreie Bewertung ist eine vollständige und ausführliche Beschreibung der Arbeitstätigkeiten. Denn: Was nicht beschrieben ist, das kann auch nicht bewertet werden. Wenn mit tariflichen oder betrieblichen Richtbeispielen gearbeitet wird, muss darauf geachtet werden, dass auch frauendominierte Arbeitsplätze darunter sind – und zwar nicht nur gering bezahlte Frauenarbeitsplätze, sondern die gesamte Bandbreite sollte vertreten sein. Alle an dem Prozess der Arbeitsbewertung und Eingruppierung beteiligten Akteure und Akteurinnen müssen geschult und sensibilisiert sein für die spezifischen Gefahren der geschlechterbezogenen Diskriminierung bei der Grundentgeltdifferenzierung. Alle Ausschüsse und Kommissionen müssen geschlechterparitätisch besetzt sein. Auch entgeltpolitische Entscheidungen, die über die Arbeitsbewertung hinausgehen, müssen kritisch auf ihre möglichen diskriminierenden Wirkungen hin überprüft werden, so z.B.: Zahl der Entgeltgruppen, Zuordnung der Arbeitswerte zu Entgeltgruppen, Relationen zwischen den Entgeltgruppen, Spannweite zwischen der untersten und der obersten Gruppe sowie Abstufungen innerhalb der Entgeltgruppen.

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Nicht jammern, sondern klagen?! Recht und Rechtsprechung zur Entgeltgleichheit

Vorbemerkung In der Praxis ist eine geschlechtsspezifische Lohndiskriminierung auf allen Ebenen noch häufig gegeben. Erfolgt sie ohne einen sachlichen Grund, verstößt sie gegen geltendes Recht und ist verboten. Betroffene haben einen Rechtsanspruch auf rückwirkende Lohnanpassung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG), sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen. Europäisches und nationales Recht sind hierfür maßgebend. Damit Frauen ihre Rechte geltend machen können, müssen sie diese kennen und den Mut haben, sie zu verfolgen. Deshalb ist es unerlässlich, dass in Unternehmen und im öffentlichen Dienst permanent zu diesem Thema informiert und geschult wird. Dies haben wiederum die Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten oftmals mit Hilfe der Personalverwaltungen in der Hand. Rechtlicher Rahmen Der Grundsatz der Entgeltgleichheit für Männer und Frauen wurde bereits 1957 im europäischen Recht in Art. 119 EWG – heute Art.141 EGV – verankert. Maßgeblich hierfür waren wirtschaftliche und wettbewerbspolitische Erwägungen. Seit diesem Zeitpunkt wurde der Grundsatz der Entgeltgleichheit durch die Richtlinie 75/117 EWG – neu gefasst in der Richtlinie 2006/54/EG – und durch sämtliche Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs näher definiert. Um eine einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten, ist der Grundsatz der Entgeltgleichheit für die Mitgliedstaaten verbindlich

und hat Vorrang vor widersprechendem nationalem Recht. Ferner regelt das am 18.8.2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in § 3 Abs. 1 und 2 den Tatbestand der unmittelbaren und der mittelbaren Benachteiligung, die nach § 7 AGG unwirksam und verboten ist. Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft bestimmt in Art. 141 Abs. 1 und 2 EGV: „(1) Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. (2) Unter Entgelt im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und Gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar oder in Sachleistungen zahlt. Gleichheit des Arbeitsentgelts ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bedeutet, a) dass das Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit aufgrund der gleichen Maßeinheit festgesetzt wird, b) dass für eine nach Zeit bestimmte Arbeit das Entgelt bei gleichem Arbeitsplatz gleich ist.“ Der Grundsatz der Entgeltgleichheit ist erreicht, wenn gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit gezahlt wird. Zunächst ist herauszuarbeiten, wann Tätigkeiten als gleich und wann sie als gleichwertig gelten. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt eine Tätigkeit dann als gleich, wenn im Hinblick auf die Arbeit, den Ausbildungsstand, die Anforderungen und die

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Arbeitsbedingungen eine vergleichbare Situation gegeben ist. Ein Beispiel: In einer Abteilung arbeiten ein juristischer Referent und eine juristische Referentin. Weder der Kollege noch die Kollegin sind promoviert. Sie tragen beide gleich viel Verantwortung und haben die gleiche Anzahl von Dienstjahren hinter sich. Der Kollege ist eine Gehaltsstufe höher als seine Kollegin eingestuft. Nach den europäischen Vorgaben üben sie die gleiche Tätigkeit aus. Hier hat die Mitarbeiterin einen Rechtsanspruch auf Lohnanpassung nach oben, da beide für die gleiche Arbeit ohne sachlichen Grund unterschiedlich vergütet wurden. Folglich war eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG gegeben, die nach § 7 AGG unwirksam und daher auch nach nationalem Recht verboten ist. Als gleichwertig gelten Tätigkeiten, die verschiedenartig, aber unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände bezüglich der Art der Arbeit, der Ausbildungsanforderungen und der Bedingungen von gleichem Wert sind. Hierzu bedarf es einer konkreten Einzelfallprüfung. Anerkannt wurde in der Vergangenheit die Gleichwertigkeit der Tätigkeit bei einer Krankenschwester und einem Techniker. Weiterhin ist zu ermitteln, was nach Art. 141 Abs. 2 EGV unter Entgelt zu verstehen ist. Zum Entgelt gehören nach der Rechtsprechung des EuGH alle Vergütungen, die der Arbeitgeber aufgrund eines Dienstverhältnisses zahlt. Dies kann in bar oder als Sachleistung geschehen. Im Einzelnen fallen unter den Begriff des Entgelts: das Grundgehalt, Prämien, Zulagen, Zuschläge für Mehrarbeit, Sozialleistungen, Abfindungen, Darlehen, Rentenversicherungen, Dienstwagen und Dienstwohnungen. Das BAG entschied am 14.8.2007 (Az. 9 AZR 943/06) einen Rechtsstreit zugunsten einer diskriminierten Lehrerin, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag: Die klagende Lehrerin war gemein-

sam mit einer weiteren Kollegin und vier Kollegen an einer Schule tätig, deren Schüler zu 90 Prozent Jungen waren. Nicht nur wurden die Kolleginnen schlechter bezahlt als ihre Kollegen. Deren Arbeitsverträge sahen im Gegensatz zu dem Arbeitsvertrag der klagenden Lehrerin auch so genannte beamtenähnliche Leistungen wie Versorgungs- und Beihilfeleistungen, Reise- und Umzugskostenerstattungen vor. Die Schule argumentierte gegenüber dem Arbeitsgericht, das Geld reiche für eine bessere Bezahlung der Kolleginnen nicht aus. Das BAG ließ sich hiervon nicht überzeugen und bemängelte, dass die beiden Lehrerinnen nicht einmal in die Auswahl für die Zusatzleistungen gekommen seien. Auch der hohe Jungenanteil sei kein sachlicher Rechtfertigungsgrund für die schlechtere Bezahlung. Der Lehrerin wurde eine rückwirkende Lohnanpassung nach oben zugesprochen. Ein weiterer aktueller Rechtsstreit beschäftigte im Sommer das Hamburger Arbeitsgericht. Gleichen Lohn für gleiche Arbeit erstritt ein Betriebsrat gerichtlich erstmals seit Inkrafttreten des AGG mit einem Vergleich. Einige Frauen verdienten bei einem Logistikunternehmen bei gleicher Arbeit zwischen 269,35 Euro und 335,35 Euro weniger als ihre Kollegen. Das Gericht befand, dass die im Lagerbereich des Hamburger Unternehmens beschäftigten Frauen nun nach dem günstigeren gewerblichen Tarifvertrag eingestuft werden sollten statt nach dem kaufmännischen Gehaltsvertrag (Az. 17 B V 2/07). Der Betriebsrat kann auf der Grundlage von § 17 Abs. 2 AGG gegen Verstöße gegen das in § 7 AGG verankerte Benachteiligungsverbot gerichtlich vorgehen. Er hat ein eigenes Klagerecht bei Verstößen des Arbeitgebers gegen die Vorschriften aus dem 2. Abschnitt des AGG; Individualklagen für einzelne Beschäftigte kann er gerichtlich nicht betreiben. Auch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft kann Verstöße gerichtlich begleiten. Eine Gewerkschaft ist dann im Betrieb ver-

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treten, wenn mindestens eines ihrer Mitglieder dort Arbeitnehmer ist (BAG-Urteil vom 10.11.2004, 7 ABR 19/04, NZA 2005, 426 ff.). Im Übrigen muss jede Frau, die eine Lohndiskriminierung gerichtlich rügen will, eine Individualklage einreichen. Allerdings können Verbände diese Klagen unterstützen und juristisch begleiten. Die Beweislast liegt bei der Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand beruft. Beabsichtigen Frauen, eine Lohndiskriminierung auf der Grundlage des AGG gerichtlich zu verfolgen, müssen sie darlegen, dass eine unmittelbare oder eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 oder 2 AGG vorliegt. Die Regelung basiert auf verschiedenen europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien (76/207/EWG, geändert durch die sog. Neufassungsrichtlinie RL 2006/54/EG v. 5.7.2006 im Amtsblatt der EU L 204/23 v. 26.7.2006). Eine unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 AGG liegt dann vor, wenn eine Frau z.B. aufgrund ihres Geschlechts in einer vergleichbaren Situation eine ungünstigere Behandlung erfährt als ihr Kollege, wenn also z.B. eine Fachärztin der Kinderheilkunde in einem Kreiskrankenhaus ohne sachlichen Grund weniger Lohn erhält als ein Facharzt, oder wenn eine weibliche Führungskraft für weniger Lohn eingestellt wird als ihr Vorgänger. Hier liegt die unmittelbare Lohndiskriminierung auf der Hand. Eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 AGG liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften ein Geschlecht gegenüber dem anderen Geschlecht in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind für dieses Ziel angemessen und erforderlich. In diesem Zusammenhang sind sämtliche Dienstvereinbarungen, z.B. der TVöD und andere Tarifverträge sowie andere arbeitsrechtliche

Vorschriften (Beamtengesetze der Länder), auf ihre Diskriminierungsfreiheit zu überprüfen. In der Praxis taucht hier häufig das Problem auf, dass die Arbeitgeberverbände eine geschlechtsspezifische Diskriminierung nicht wahrhaben wollen und diese sogar leugnen. Beispiel: In einer Bank wird besonderes zeitliches Engagement mit einer Leistungsprämie belohnt. Beschäftigte mit Familienpflichten können diese Anforderungen nicht so leicht erfüllen und erhalten daher geringere Leistungsprämien. Diese Fallkonstellation ist dem Bereich der mittelbaren Diskriminierung zuzuordnen, da vor allem Frauen von einem solchen Verfahren betroffen sind. Der EuGH entschied kürzlich den Fall einer in Teilzeit beschäftigten Berliner Lehrerin, die sich gegenüber ihren Vollzeitkollegen benachteiligt sah, da sie für dieselben Überstunden deutlich niedriger bezahlt wurde. Hier sahen die Richter eine mittelbare Diskriminierung, da die Ungleichbezahlung mit einiger Wahrscheinlichkeit mehr Frauen betreffe als Männer. Der Grundsatz des gleichen Entgelts im Sinne von Art. 141 EGV sei verletzt. Das heißt: Die gerügte Vorschrift schien neutral, umfasste aber sehr wohl eine mittelbare Diskriminierung. Hier muss das Berliner Landesbeamtengesetz nachgebessert werden (EuGH vom 6.12.2007, Az. C-300/06). Für die Praxis gelten das höherrangige Europarecht und das nationale AGG unmittelbar. Sich hinter internen Haustarifen zu verstecken, die mittelbar diskriminierend sind, ist rechtlich unzulässig. Während es für eine unmittelbare Diskriminierung keine Rechtfertigung gibt, kann eine mittelbare Diskriminierung unter bestimmten Voraussetzungen im Einzelfall gerechtfertigt sein, so zum Beispiel, wenn ein Arbeitgeber einem Abteilungsleiter ein höheres Entgelt zahlt als einer Abteilungsleiterin mit der Begründung, dass berufliche Fortbildungen den männlichen Beschäftigten zu besserer Arbeit befähigt haben (vgl. Broschüre „Fair P(l)ay“ des BMFSFJ, S. 17).

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Checkliste des EuGH Für eine diskriminierungsfreie Entlohnung sind insbesondere folgende Grundsätze des EuGH maßgebend: • Entgeltsysteme müssen durchschaubar und überprüfbar sein (vgl. EuGH-Entscheidung vom 17.10.1989- Rs. C 109/88, Danfoss). Die Arbeitnehmer/innen müssen nachvollziehen können, worauf Unterschiede beim Entgelt zurückzuführen sind. • Entgeltsysteme müssen objektive Kriterien enthalten, d.h., sie müssen sich auf die Art der Tätigkeit beziehen und wesentliche Anforderungen abbilden. Um in der Gesamtheit geschlechtsneutral zu sein, sind im System auch solche Kriterien zu berücksichtigen, hinsichtlich derer „die weiblichen Arbeitnehmer besonders geeignet sind“ (vgl. EuGHEntscheidung vom 1.7.1986- Rs. C- 237/85, Rummler). • Die ausgewählten Kriterien dürfen als solche nicht diskriminieren. Dies ist jedoch der Fall, wenn Männer und Frauen sie aus Gründen, die mit der Wahrnehmung von Familienpflichten oder mit unterschiedlicher Körperkraft zu tun haben, nicht gleichermaßen erfüllen können wie andere Beschäftigte. Dies kann bei dem Kriterium Flexibilität der Fall sein: Es kann diskriminierend wirken, „wenn es dazu dient, die Anpassungsfähigkeit des Arbeitnehmers an unterschiedliche Arbeitszeiten und -orte zu vergüten, da Frauen mit Familienaufgaben ihre Arbeitszeit weniger leicht als männliche Arbeitnehmer ohne Familienaufgaben flexibel gestalten können“ (Danfoss), während das Kriterium Berufserfahrung/Dienstalter nach der Rechtsprechung des EuGH als legitimes Ziel des Arbeitgebers für eine Ungleichbehandlung akzeptiert wird (vgl. EuGH-Entscheidung vom 3.10.2006 - Rs. 17/05, Cadmann).

• Die Kriterien müssen diskriminierungsfrei ausgelegt und angewendet werden. • Das System darf in seiner Gesamtheit nicht diskriminieren. Die Kriterien müssen einen adäquaten Platz im Gesamtsystem finden. Beweislast Um eine Entgeltdiskriminierung zu beweisen, müssen Betroffene nach der einschlägigen europarechtlichen Richtlinie Art. 12 Abs. 1 RL 2006/54/EG und nach den neuen Vorgaben des § 22 AGG „Indizien glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen.“ Dann hat der Arbeitgeber wiederum zu beweisen, „dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat.“ Das bedeutet im konkreten Fall: Die Arbeitnehmerin muss bei einer unmittelbaren Benachteiligung darlegen, dass sie im Vergleich zu anderen (männlichen) Beschäftigten ungünstiger behandelt worden ist (nach § 3 Abs. 1 AGG). Um die Voraussetzungen einer mittelbaren Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG im Prozess darzulegen, bedarf es konkreter Informationen über Struktur und tatsächliche Auswirkungen der betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, etwa in Form statistischer Auswertungen. Dabei hat die Klägerin auch das Differenzierungskriterium darzulegen, das nach ihrer Ansicht für die Benachteiligung verantwortlich sein soll. Dies ist eine nicht unerhebliche Hürde. Die Rechtsprechung gewährt im Einzelfall jedoch Erleichterungen. So hat der EuGH in einem Rechtsstreit entschieden, dass bei völlig undurchschaubaren Vergütungssystemen die Darlegung eines unterdurchschnittlichen Verdienstes der betroffenen Gruppe ausreicht, um die Beweislast auf den Arbeitgeber abzuwälzen. Trägt die Betroffene glaubhaft Indizien oder sogar Tatsachen vor, die auf eine Benachteiligung wegen Lohndiskriminierung

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Noreen von Schwanenflug Deutscher Juristinnenbund, Vorsitzende des LV Hessen

schließen lassen, so wird vermutet, dass dies zutrifft. Der Arbeitgeber hat es in einem zweiten Schritt schwerer, das Gegenteil zu beweisen. Forderungen • Es ist unerlässlich, dass Frauen über ihre Rechtsansprüche und ihre Rechte insgesamt hinreichend informiert, beraten und unterstützt werden. Hierzu ist die Errichtung einer Landesantidiskriminierungsstelle wichtig, bei der die Bedarfe gebündelt werden. • Alle Rechtsvorschriften, Tarifverträge, Dienstvereinbarungen und Vergütungssysteme oder verfahren müssen auf ihre Diskriminierungsfreiheit überprüft, angepasst und letztendlich diskriminierungsfrei umgesetzt werden. Fazit Insgesamt kann festgehalten werden, dass Frauen nach wie vor nicht hinreichend über ihre Rechtsansprüche informiert sind. Ferner kommt es in der Praxis häufig vor, dass Frauen im Gegensatz zu Männern sich mit einer schlechteren Bezahlung abfinden (Männer strengen öfter Konkurrentenklagen an). Viele Frauen sind zufrieden damit, dass sie überhaupt arbeiten können, oder sie haben Angst, dass der Betriebsfrieden durch eine Anspruchsanmeldung oder durch einen Rechtsstreit zerstört werden könnte. Männliche Arbeitnehmer haben meist kein schlechtes Gewissen, wenn sie besser bezahlt werden als Frauen. Hier ist eine umfangreiche Aufklärungsarbeit nötig. Lohnsysteme oder Verfahren, die ohne Rechtfertigung eine Frau schlechter stellen als einen Mann, sind nach nationalem und europäischem Recht unzulässig. Frauen müssen ermutigt werden zu klagen, denn die höchstrichterliche Rechtsprechung (EuGH, BAG) ist auf ihrer Seite. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer Landesantidiskriminierungsstelle sowie die Überprüfung sämtlicher Lohnsysteme in

Bezug auf ihre Diskriminierungsfreiheit. Sind sie diskriminierend, widersprechen sie geltendem Recht.

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Mindestlohn statt Niedriglohn – Ausweg aus der Ungleichheit?!

In der aktuellen politischen Debatte ist die Diskussion um Mindestlöhne im vollen Gange. Die besondere Betroffenheit von Frauen durch Niedriglöhne als Argument für Mindestlöhne spielt dabei jedoch nur selten eine Rolle. Im Folgenden werden zunächst Ergebnisse einer Analyse zu Umfang und Zusammensetzung des Niedriglohnsektors vorgestellt, um dann vor diesem Hintergrund die Bedeutung eines tariflichen oder gesetzlichen Mindestlohns aus der Perspektive von Frauen zu diskutieren. Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland1 Das Ausmaß von Niedriglohnbeschäftigung ist umstritten, zum einen, weil aktuelle Daten nicht ausreichend zur Verfügung stehen, zum anderen, weil unterschiedliche Definitionen zugrunde gelegt werden. Die im Folgenden vorgestellten Berechnungen verwenden die OECD-Definition zur Niedriglohnschwelle. Demnach liegt diese bei zwei Drittel des gesamtwirtschaftlichen Medians (mittleres Einkommen). Für die Analyse wurden Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) zugrunde gelegt. Mit den SOEP-Daten werden sozialversicherungspflichtige Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse sowie geringfügige Beschäftigung erfasst. Im Jahr 2005 lag die Niedriglohnschwelle pro Stunde bei 9,82 Euro in Westdeutschland bzw. 1

Ich möchte an dieser Stelle meinem Kollegen Thorsten Kalina danken, der die aktuellen Daten zu Struktur und Umfang der Niedriglohnbeschäftigung berechnet und mir freundlicherweise für diesen Vortrag zur Verfügung gestellt hat.

7,19 Euro in Ostdeutschland. Im Jahr 2005 arbeitete mehr als jede/r Fünfte (22 %) für einen Niedriglohn. Damit ist der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten seit 1995 um fast 50 % gestiegen. In einer kürzlich veröffentlichten Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) wurde gezeigt, dass das Ausmaß der Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre deutlich gestiegen ist und inzwischen fast auf dem Niveau von Großbritannien und den USA liegt, während europäische Nachbarländer wie Frankreich und Dänemark deutlich geringere Anteile aufweisen (vgl. Bosch/ Weinkopf 2007). Welche Personen und Beschäftigungsverhältnisse verbergen sich hinter diesen Anteilen? Gut drei Viertel aller Beschäftigten sind qualifiziert, d.h., sie verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung oder haben sogar einen akademischen Abschluss. Die Gleichung „niedrig entlohnt = niedrig qualifiziert“ geht in den meisten Fällen also nicht auf. Knapp drei Viertel der Beschäftigten sind zwischen 25 und 54 Jahre alt. Arbeit zu Niedriglöhnen beschränkt sich also nicht vornehmlich auf Berufsanfänger/innen zu Beginn ihrer Erwerbsbiographie als absehbare Übergangsphase, sondern stellt für viele Beschäftigte den Dauerzustand in ihren mittleren Lebensjahren dar. Frauen stellen die große Mehrheit der Niedriglohnbeschäftigten – mehr als zwei Drittel (69 %) aller Niedriglohnbeschäftigten sind Frauen. Anders ausgedrückt: 30 % aller weiblichen Beschäftigten arbeiten für Niedriglöhne, während der

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Männeranteil mit rund 13 % weitaus niedriger ist. Ein Blick auf die Beschäftigungsformen zeigt, dass das Niedriglohnrisiko für Beschäftigte in Teilzeit und in Minijobs deutlich höher ist als für Vollzeitbeschäftigte. Knapp 22 % der Frauen in Vollzeit erhalten einen Niedriglohn, unter den teilzeitbeschäftigten Frauen sind es mit 24 % etwas mehr und bei den weiblichen Minijobberinnen sogar 87 %. In Minijobs verdient demzufolge (fast) jede Frau schlecht, weitgehend unabhängig von Qualifikation und Art der Tätigkeit (vgl. SOEP 2005). Welche Branchen haben das höchste Niedriglohnrisiko für Frauen, und wo arbeiten die meisten weiblichen Beschäftigten? Die Tabelle unten zeigt die Top Five der „Verursacher“ von Niedriglöhnen unter weiblichen Beschäftigten.

zweig verbergen sich unter anderem Beschäftigungsverhältnisse in Krankenhäusern, Zahnarzt-/ Arztpraxen sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. 12 % aller Frauen, die zu einem Niedriglohn arbeiten, sind im Wirtschaftszweig ‚Unternehmensnahe Dienstleistungen’ tätig – im Wesentlichen dürfte es sich dabei um Arbeitskräfte in der Gebäudereinigung handeln. An vierter Stelle stehen das Gastgewerbe und schließlich mit knapp 4 % aller weiblichen Niedriglohnbeschäftigten der Wirtschaftszweig ‚Sonstige Dienstleistungen’. Hierzu zählen Beschäftigungsverhältnisse in Wäschereien, Reinigungen, Friseurgeschäften und Kosmetiksalons. Gerade hier ist das Niedriglohnrisiko hoch: Etwa drei Viertel aller weiblichen Beschäftigten in diesen Branchen arbeiten zu Niedriglöhnen (Sonstige Dienstleistungen: 72,5 %/ Gastgewerbe: 81,5 %).

Frauen in Niedriglohnbereichen

Im Einzelhandel ist der größte Anteil von Niedriglohnbezieherinnen zu finden. Fast jede vierte Frau, die zu Niedriglöhnen beschäftigt ist, arbeitet im Einzelhandel. Hier machen sich Minijobs, in denen die Löhne (fast) immer niedriger sind, stark bemerkbar. Ein knappes Fünftel der weiblichen Niedriglohnbeschäftigten ist im Wirtschaftszweig Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen zu finden. Hinter diesem Wirtschafts-

Um an dieser Stelle ein Zwischenfazit zu ziehen: Frauen sind deutlich stärker von Niedriglöhnen betroffen als Männer. Hinzu kommt, dass bei Frauen zudem häufig niedrige Stundenlöhne auf kurze Arbeitszeiten treffen. Mehr als 60 % der weiblichen Niedriglohnbeschäftigten arbeiten in Teilzeit oder Minijobs, aber nur gut 20 % der Männer. Das bedeutet, Frauen haben besonders

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geringe Chancen auf eine eigenständige Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit.

Grundlinien der politischen Debatte um Mindestlöhne

In der aktuellen politischen Mindestlohndebatte spielt die besondere Betroffenheit von Frauen jedoch kaum eine Rolle. Im Zentrum der politischen Aufmerksamkeit steht eher der Familienvater, der trotz Vollzeit so wenig verdient, dass er seine Familie nicht mehr ernähren kann. Bei Frauen wird das Problem scheinbar als weniger gravierend wahrgenommen. Der hohe Anteil weiblicher Teilzeitbeschäftigter und Minijobberinnen wird eher als Indikator interpretiert, dass es sich überwiegend um Zuverdienerinnen handelt, die trotz niedriger Löhne nicht von Armut betroffen sind. Richtig an dieser Überlegung ist nur, dass die Gleichung „Niedriglohnbeschäftigung = Armut“ nicht immer aufgeht. Im Haushaltskontext können mehrere Einkommen zusammenkommen, so dass der Haushalt insgesamt über der Armutsschwelle liegt. Falsch ist jedoch, dass überwiegend Männer und seltener Frauen mit Niedriglöhnen im Haushaltskontext arm sind. Nach Berechnungen von Irene Becker (2006) liegt die Quote der Frauen mit Niedriglöhnen, die auch im Haushaltskontext unterhalb der Armutsschwelle liegen, mit 19 % nur geringfügig unter der von Niedriglohn beziehenden Männern (22 %). Ungeachtet dessen sollte bei diesen Überlegungen nicht vergessen werden, dass die finanzielle Absicherung über einen Partner bekanntlich nicht besonders stabil ist: Arbeitslosigkeit, Trennung und Scheidung können diese abrupt und nachhaltig ändern.

Die aktuelle Debatte über die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne wird im Wesentlichen von zwei Lagern geprägt: Die Befürworter sehen im (gesetzlichen) Mindestlohn ein geeignetes und notwendiges Instrument, um Lohndumping zu verhindern; die Gegner sehen den Staat bei der Frage nach existenzsichernden Löhnen in der Pflicht und fordern Kombilöhne. In der Bevölkerung ist laut einer Umfrage von infratest dimap vom April 2007 eine deutliche Mehrheit für die Einführung von Mindestlöhnen (63 %).

Bevor im Folgenden der Frage nachgegangen wird, ob und in welcher Form Mindestlöhne der benachteiligten Einkommensposition von Frauen entgegenwirken können, werden zunächst die Grundlinien der politischen Debatte um Mindestlöhne kurz nachgezeichnet.

Die Frage, ob Mindestlöhne eingeführt werden, ist nach wie vor höchst umstritten. Eines der typischen Argumente gegen Mindestlöhne ist, dass durch ihre Einführung zahlreiche Arbeitsplätze, insbesondere von gering Qualifizierten, wegfallen würden. Empirische Studien für andere Länder wie Großbritannien oder Frankreich kommen zu deutlich differenzierteren Ergebnissen und zeigen, dass die Einführung eines Mindestlohns beschäftigungsneutral sein kann. In Großbritannien, wo der Mindestlohn zunächst niedrig angesetzt und dann schrittweise erhöht wurde, gab es in Unternehmen mit hohen Anteilen von Mindestlöhnen keine Entlassungen, sondern Produktivitätserhöhungen durch bessere Arbeitsorganisation, Weiterbildung und weniger Fluktuation. Von den Gegnern wird auch häufig angeführt, dass es mit dem Arbeitslosengeld II faktisch bereits einen Mindestlohn gäbe. Dies ist nicht richtig, da auf Arbeitslosengeld II kein universeller Individualanspruch besteht. Ein Anspruch besteht nur bedarfsgeprüft auf Haushaltsebene, d.h. vor allem in Abhängigkeit vom Einkommen des Partners/der Partnerin und in Abhängigkeit von vorhandenem „Vermögen“. Richtig ist hingegen, dass Arbeitslosengeld II faktisch ein bedarfsgeprüfter unbefristeter Kombilohn ist. Im

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Oktober 2006 erhielten 1,1 Millionen Beschäftigte ergänzend zu ihrem Einkommen aus Erwerbsarbeit Arbeitslosengeld II. Ohne verbindliche Lohnuntergrenze können Unternehmen bislang ungehindert Lohndumping zu Lasten des Staates betreiben. Als letztes hier skizziertes Argument gegen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns sei noch die Beschädigung der Tarifautonomie genannt. Auch wenn dieses Argument insbesondere zu Beginn der öffentlichen Debatte relevant war und einige Gewerkschaften einer gesetzlichen Regulierung von Löhnen sehr kritisch gegenüberstanden, so fordern inzwischen die DGBGewerkschaften einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn als verbindliche Untergrenze, in Ergänzung zu ggf. höheren tariflichen Abschlüssen. Selbst einige Arbeitgeberverbände (Gebäudereinigung und Zeitarbeit) unterstützen die Forderung und beklagen die ungebremste LohnAbwärtsspirale. Neben der Grundsatzfrage des „ob“ werden viele Fragen der möglichen Gestaltung eines Mindestlohns kontrovers diskutiert: die Höhe, die Reichweite und der Geltungsbereich. Von der Höhe des Mindestlohns hängt natürlich entscheidend ab, wie viele Arbeitnehmer/innen betroffen sind. Nach aktuellen IAQ-Berechnungen wären es bei einem Mindestlohn von 7,50 Euro – wie die Gewerkschaften ver.di und NGG fordern – rund 5,5 Millionen Beschäftigte, davon rund 58 % in Teilzeit- und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen (vgl. Kalina/Weinkopf 2007). Diskutiert werden Ausnahmen z.B. für Jugendliche, um die Ausbildungsfähigkeit und -bereitschaft der Betriebe nicht zu gefährden. Der größte Streitpunkt betrifft die Frage nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einerseits versus einen ggf. regional begrenzten tariflichen Branchenmindestlohn andererseits. Als Argument gegen einen gesetzlichen Mindestlohn wird angeführt,

dass er einige Betriebe in spezifischen Branchen oder wirtschaftsschwachen Regionen überfordern könnte. Gegen nach Regionen oder Wirtschaftsbereichen differenzierte Mindestlöhne spricht das Problem der geringeren Transparenz und Überprüfbarkeit im Vergleich zu einem einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn. Gerade Transparenz, Überprüfbarkeit und wirksame Kontrolle sind aber eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Mindestlöhne ihre positive Wirkung entfalten können – vor allem auch aus Sicht der Arbeitgeber. Denn nur ein verbindlicher Mindestlohn, der wirksam kontrolliert wird, kann einen zerstörerischen Wettbewerb über Lohndumping nachhaltig unterbinden. In Grundzügen lassen sich vier Verfahren zur Einführung von Mindestlöhnen unterscheiden: • Mindestlohn nach Tarifvertragsgesetz über eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE). Diese ist an drei Voraussetzungen gebunden: Erstens muss der Tarifausschuss, der aus je drei Vertretern von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen besteht, der AVE zustimmen, zweitens müssen die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer/innen beschäftigen, und drittens muss die AVE „im öffentlichen Interesse geboten“ erscheinen (§ 5 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz). • Mindestlohn nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz. Der Bundesminister kann durch Rechtsverordnung eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung abgeben, also ohne Zustimmung des Tarifausschusses. Aber auch in diesem Fall müssen die tarifgebundenen Unternehmen mindestens 50 % der Arbeitnehmer/innen beschäftigen. • Mindestlohn nach dem Gesetz über die Festlegung von Arbeitsbedingungen (MinArbBG).

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Das Gesetz stammt aus dem Jahre 1952 und hatte bisher praktisch keine Bedeutung. Ein Rechtsgutachten im Auftrag des nordrheinwestfälischen Arbeitsministeriums kam bereits 2003 zu dem Schluss, dass zur Anwendung des Gesetzes hohe Hürden zu überwinden seien und seine Anpassung an die aktuellen Bedingungen wenig Wirkung verspricht (vgl. Peter u.a. 2003). • Mindestlohn per Gesetz. 20 von 27 EUMitgliedsländern haben einen gesetzlichen Mindestlohn. Neben Deutschland haben die skandinavischen Länder (Dänemark, Finnland, Schweden), Italien, Österreich und Zypern keinen gesetzlichen Mindestlohn. Außer Zypern und Deutschland verfügen diese Länder aber über entsprechende funktionale Äquivalente. In den skandinavischen Ländern beispielsweise garantiert vor allem der hohe gewerkschaftliche Organisationsgrad eine fast vollständige tarifvertragliche Deckungsrate. Nach dieser Ausführung nun zur Frage, welche Bedeutung Mindestlöhne für die Erwerbseinkommensposition von Frauen haben können. Ausweg Mindestlöhne?! Die Ausführungen zu Umfang und Struktur von Niedriglöhnen haben verdeutlicht, dass Frauen im Vergleich zu Männern überproportional von Mindestlöhnen profitieren würden. Tarifliche Mindestlöhne können aus der Perspektive von Frauen kein Ersatz für gesetzliche Regelungen sein, weil damit typische Niedriglohnbereiche mit hohen Frauenanteilen außen vor blieben, da die Tarifbindung in diesen Branchen zu gering ist. Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung kann so nicht zustande kommen. Von Mindestlöhnen über das Arbeitnehmerentsendegesetz profitieren Frauen typischerweise – mit Ausnahme der Beschäftigten in der Gebäudereinigung – bislang nicht. Bisher gilt das Arbeitnehmerentsendege-

setz für das Bau-, Abbruch-, Maler- und Lackierergewerbe, für Dachdecker, Elektrohandwerk und die Gebäudereinigung. In der Gebäudereinigung gilt seit Mai 2007 ein Mindestlohn in Höhe von 7,87 Euro in Westdeutschland und 6,36 Euro in Ostdeutschland.2 Inzwischen ist für die Postdienste ein Mindestlohn von 9,80 Euro in Westdeutschland und 9,00 Euro in Ostdeutschland beschlossen worden. Außen vor bleiben nach wie vor von Frauen dominierte Dienstleistungsbranchen wie Friseurhandwerk, Floristik, Einzelhandel oder Hotel- und Gaststättengewerbe. Regional wurden in Nordrhein-Westfalen im Hotel- und Gaststättengewerbe die unteren drei Tarifgruppen für allgemeinverbindlich erklärt.3 Aber – und das muss in die Diskussion um einen tariflichen Mindestlohn einbezogen werden – auch Tariflöhne schützen oftmals nicht vor Niedriglöhnen, dies gilt besonders für Dienstleistungsbranchen. Sowohl in West- als auch in Ostdeutschland findet sich in den regionalen Tarifverträgen eine Vielzahl tariflicher Niedriglöhne, betroffen sind davon vor allem Dienstleistungsberufe mit einem hohen Frauenanteil. Ein/e Friseur/in in NRW verdient beispielsweise in der untersten Tarifvergütung 4,93 Euro; in Sachsen liegt der Stundenlohn bei nur 3,05 Euro. Auch Floristinnen und Floristen erhalten nur sehr geringe tarifliche Stundenlöhne. In Sachsen-Anhalt verdienen sie 4,35 Euro, in Bayern oder Baden-Württemberg 5,94 Euro. Auch im Hotel- und Gaststättenbereich sind die Stundenlöhne in der untersten Tarifgruppe sehr niedrig, zum Beispiel beträgt der Stundenlohn im Saarland 6,27 Euro und in

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In dieser Branche werden die Mindestlöhne zum 1. Februar 2008 angepasst, die Lohnuntergrenzen steigen auf 8,15 Euro in Westdeutschland und 6,58 Euro in Ostdeutschland. In der untersten Tarifgruppe erhalten Arbeitnehmer/innen 900 Euro im Monat, angelernte Hilfskräfte erhalten 1.220 Euro und Arbeitnehmer/innen mit geringen fachlichen Kenntnissen 1.284 Euro.

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Mecklenburg-Vorpommern 5,13 Euro (WSITarifarchiv 2007). Ein Blick nach Großbritannien zeigt, dass Frauen dort von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns 1998 besonders profitiert haben. Zwei Drittel der Beschäftigten, deren Lohn angehoben wurde, sind weiblich. Der traditionell hohe Gender Pay Gap verringerte sich in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren. Die Einführung und konsequente jährliche Steigerung in Großbritannien erhöhte das Entgelt für mehr als eine Millionen Beschäftigte pro Jahr. Frauen profitierten hier am meisten, vor allem Frauen in Teilzeitbeschäftigung. Zum Beispiel schätzt die Low Pay Commission, dass im Jahr 2004 von der Steigerung des gesetzlichen Mindestlohns von 4,50 Pfund auf 4,85 Pfund knapp die Hälfte der weiblichen Teilzeitbeschäftigten profitierten (vgl. Low Pay Commission 2005). Aktuelle Berechnungen der Low Pay Commission (2007) zeigen, dass sich die Einführung und die deutlichen Steigerungen des Mindestlohns positiv auf geschlechtsspezifische Lohnunterschiede ausgewirkt haben. Im Jahr vor der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns verdienten vollzeitbeschäftigte Frauen in Großbritannien im Mittel nur 83,9 % des Gehaltes von Männern. 2006 lagen die mittleren Frauenlöhne bereits bei 89,2 % – der Gender Pay Gap konnte in Großbritannien in nur neun Jahren von 16,1 % auf 10,8 % verringert werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Aus der Perspektive von Frauen ist ein gesetzlicher Mindestlohn zu fordern. Allerdings würde auch er nicht automatisch zu einer eigenständigen Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit führen, insbesondere bei kurzen Arbeitszeiten durch Teilzeit oder Minijobs. Mindestlöhne können aber einen wichtigen Beitrag zur Verringerung des Lohnabstands zwischen Männern und Frauen leisten. Aber dies wäre zweifellos nur ein Baustein in

einem Bündel notwendiger Maßnahmen. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Kinderbetreuungsangebote und Ganztagsschulen), die Verringerung des Anreizes zur Aufspaltung von Arbeitsverhältnissen (Minijobs), eine gezielte Unterstützung der Aufstiegsmobilität und nicht zuletzt die diskriminierungsfreie Bewertung von Arbeit müssen weiterhin auf die Agenda der frauenpolitischen Forderung nach Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt. Literatur Becker, Irene (2006): Mindestlöhne – ein Instrument auch zur Förderung der Gender-Gerechtigkeit? In: Sterkel, Gabriele u.a. (Hrsg.): Mindestlöhne gegen Sozialdumping. Rahmenbedingungen – Erfahrungen – Strategien. Hamburg, S. 61-79 Bosch, Gerhard/Weinkopf, Claudia (Hrsg.) (2007): Arbeiten für wenig Geld: Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland. Frankfurt a. M. Deutscher Bundestag (2004): Wandel der Arbeitswelt und Modernisierung des Arbeitsrechts. Tarifverträge und Tätigkeiten mit Stundenentgelten bis zu 6,00 Euro. Drucksache 15/2892. Berlin Kalina, Thorsten/Weinkopf, Claudia (2007): Neue Berechnung des IAQ zu Niedriglöhnen in Deutschland. 2006 arbeiteten 5,5 Millionen Beschäftigte für Bruttostundenlöhne unter 7,50 €. Pressemitteilung 14.12.2007 Low Pay Commission (2005): National Minimum Wage. Low Pay Commission Report 2005. The Stationary Office. London Low Pay Commission (2007): National Minimum Wage. Low Pay Commission Report 2007. The Stationary Office. London Peter, Gabriele /Kempen, Otto Ernst/Zachert, Ulrich (2004): Die Sicherung tariflicher Mindeststandards. Rechtliche und rechtspolitische Aspekte. Reihe: Schriften der Hans-Böckler-Stiftung, Bd. 56. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft

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Işınay Kemmler Kemmler Consulting, Frankfurt am Main

Bekommen Sie, was Sie verdienen? Strategien für erfolgreiche Gehaltsverhandlungen

Wo ist das Problem? Trotz besserer Bildung werden Frauen seltener eingestellt, sie gelangen seltener in Führungspositionen und verdienen deutlich weniger als Männer: In Deutschland beträgt das Lohngefälle 22 Prozent!

Die Aussage des Cartoons kann keine Lösung sein. Deshalb sind Frauen gefordert, eigenverantwortlich Lösungsstrategien für sich zu entwickeln. Und eine der wichtigsten Strategien, um das eigene Gehalt zu verbessern, ist, an den Verhandlungskompetenzen zu arbeiten. Was sind die wichtigsten Aspekte für die Entwicklung genderspezifischer Verhandlungskompetenz in Gehaltsgesprächen? Es sind: • • • • •

die Einstellung zum Gehaltsgespräch, die Kenntnis des eigenen Marktwerts, richtige Vorbereitung, stichhaltige Argumente und gute Konter gegen die Abwehr des Chefs.

Die eigene Einstellung zum Gehaltsgespräch als Stolperfalle • Frauen fragen i.d.R. nicht nach einer Gehaltserhöhung, sondern erwarten sie als Zeichen der Anerkennung für geleistete Arbeit von den Vorgesetzten.

• Frauen erwarten weniger als Männer. • Erziehung spielt eine große Rolle: For love, not money! Für Frauen ist es wichtiger als für Männer, eine Arbeit zu haben, die sie erfüllt und Spaß macht. Dabei wird oft nicht genau darauf geachtet, was diese Leistung wert ist. • Vor Gehaltsverhandlungen orientieren sich Frauen an falschen Maßstäben, wie z.B. an den Gehältern anderer Frauen. • Viele sind unsicher: Was verdiene ich? Was ist meine Leistung überhaupt wert?

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Işınay Kemmler Kemmler Consulting, Frankfurt am Main

Wissen ist Macht Zu der richtigen Vorbereitung einer Gehaltsverhandlung gehört das Wissen über die marktüblichen Gehälter für die Arbeit, die frau leistet. Wie kann dies ermittelt werden?

ten die folgenden Fragen beantwortet bzw. Optionen evaluiert werden. • Ist ein übertarifliches Gehalt möglich? • Oder eine höhere Tarifstufe beim Einstieg? • Oder eine Höhergruppierung?

• Informationen kann man über Kollegen aus anderen Unternehmen oder über Studienkollegen bekommen.

Auch im öffentlichen Dienst sind Sprünge möglich, z.B. bei besonderer Leistung.

• Der Gehaltstarifvertrag für die eigene Branche gibt Orientierung.

Was muss frau vor der Verhandlung tun?

• Wer das Wort „Gehaltsvergleich“ in eine Suchmaschine im Internet eingibt, erhält verblüffende Ergebnisse und wertvolle Informationen.

Eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung ist selten von heute auf morgen möglich. Strategisches Vorgehen von Anfang an ist erforderlich. Das heißt, Selbstmarketing in eigener Sache und das richtige Timing müssen beachtet werden:

• Fachzeitschriften und Tageszeitungen berichten in regelmäßigen Abständen über die Entwicklung der Gehälter in den jeweiligen Branchen. • Personalberater sind i.d.R. in der Lage, zuverlässige Auskünfte über den Markt und die marktüblichen Gehälter zu geben. • Sich bewerben und den eigenen Marktwert testen, ist ebenfalls eine Möglichkeit. • Größe, Umsatz, Standort des Unternehmens sind entscheidend für die Höhe des Gehalts. Es gilt die Formel: mehr Mitarbeiter, mehr Umsatz, höheres Durchschnittsgehalt. • Die Gesamtsituation der Wirtschaft zu kennen ist wichtig: Ob sie sich im Aufschwung, in der Hochkonjunktur, im Abschwung oder im Tief befindet, macht einen großen Unterschied. • Die Ertragslage bzw. die Bilanzen des Unternehmens zu kennen ist unabdingbar für die richtigen Argumente im Gehaltsgespräch. Wenn nach Tarif bezahlt wird, gibt es trotzdem Möglichkeiten für eine Verbesserung. Dazu soll-

• Eigenlob stimmt. Falsche Bescheidenheit ist fehl am Platz. • Wissen Kollegen, Kolleginnen und Kunden, welchen Beitrag ich zum Unternehmenserfolg leiste? Habe ich eine gute Reputation als kompetente Kollegin? • Habe ich meinen Chef bzw. meine Chefin als Verbündete gewonnen? Wird er/sie sich für meine Belange einsetzen, wenn er nicht alleine entscheiden kann? • Wie hoch darf meine Gehaltsforderung sein? • Bin ich bzgl. des Zeitpunkts einer Gehaltsverbesserung flexibel? • Richtige Anlässe für ein Gehaltsgespräch: Leistungsgespräch, Beförderung, Wechsel in der Firma

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Işınay Kemmler Kemmler Consulting, Frankfurt am Main

Die Strategie für eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung • Frau muss sich im Klaren sein: Mehr Gehalt ist fair, wenn es der Leistung entspricht. • Wichtige Spezialistin werden, damit frau nicht schnell ausgetauscht werden kann und einen Mehrwert für das Unternehmen bietet. • In Vorleistung treten, Sonderprojekte übernehmen und im Gehaltsgespräch diese Erfolge darstellen.

Was ist außerdem zu beachten? • Zuerst über die eigene Leistung reden und den eigenen Beitrag zum gemeinsamen Erfolg. • „Gehaltsverbesserung“ hört sich besser an als „Gehaltserhöhung“. • Prozentzahlen statt absolute Zahlen zu nennen, wirkt weniger fordernd und ist für den Gesprächspartner leichter annehmbar.

• Spitzenleistung konkret benennen.

• Der Ton macht die Musik. Höflich, aber bestimmt zu fordern, klappt im Gespräch unter Verbündeten, nicht im Kampf.

• Dem Chef/der Chefin helfen, seine/ihre Ziele zu erreichen – nur mit Verbündeten hat frau Erfolg im Gehaltsgespräch.

• Fair, respektvoll, freundlich bleiben, auch wenn der Chef/die Chefin anders reagieren und unfair werden sollte.

• Mit dem Vorteil des Chefs argumentieren.

• Person und Sache trennen.

• Sich mögliche Antworten des Chefs auf die eigenen Argumente überlegen.

• Aktiv zuhören.

• Top-Argument zuletzt verwenden. • Konkretes Minimalziel, Maximalziel und Alternativziel (z.B. Jahresprämie) festlegen. • Keine Gehaltsspanne nennen, sonst ist die Chance auf die obere Grenze schon verspielt. • Entschlossenheit, eine Gehaltsverbesserung zu erreichen, ist entscheidend für den Erfolg. Beispiele für richtige Argumente im Gehaltsgespräch Es ist wichtig, den eigenen Nutzen für das Unternehmen hervorzuheben, z.B.: • Die Firma spart Geld durch meine Arbeit. • Die Firma verdient zusätzlich durch meine Arbeit. • Ich nehme zusätzliche Arbeit und Verantwortung wahr. • Ich habe eine Spitzenleistung erbracht.

• Nicht nur die Argumente zählen, auch Ihr Verhandlungsstil: Wort- und Körpersprache wirken erst dann als Einheit, wenn Sie klar und entschlossen sind. • Sprechweise dem Chef anpassen. • Sich nicht einschüchtern lassen. • Nicht als Bittstellerin auftreten! Es steht Ihnen zu, dass Ihre Leistung dem Marktwert entsprechend entlohnt wird. • Erpresserische Aussagen wie z.B. „Sonst kündige ich!“ sind selten hilfreich. Die Entschlossenheit, dass frau sich ggf. anders orientiert, wenn das Gehalt sich nicht der Leistung anpasst, sollte zwischen den Zeilen ausgedrückt werden. Wie gehe ich mit Widerstand im Gespräch um? Chefs bzw. Chefinnen können je nach Persönlichkeit im Gehaltsgespräch in verschiedene Rollen schlüpfen, wenn sie keine Erhöhung bewilligen

Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main Işınay Kemmler Kemmler Consulting, Frankfurt am Main

wollen. Manchmal gehört es einfach zum Spiel, als Jammerer, Vertröster, Einschüchterer oder Kumpel aufzutreten, listig, feige oder geizig zu reagieren. Entweder wird über die Ertragslage oder die Konjunktur gejammert. Oder Leistungen werden gelobt, aber mit scheinheiligen Argumenten wird versucht, frau von ihrem Wunsch abzubringen. Lob gibt es ja schließlich. Manchmal wird eine Gehaltserhöhung akzeptiert, aber so minimal, dass frau damit nicht viel anfangen kann. In anderen Fällen wird die Verantwortung auf die höhere Hierarchieebene abgeschoben: „Ich würde ja gern, aber mein Chef erlaubt das nicht“, oder frau wird auf bessere Zeiten vertröstet. Häufig erfolgt auch ein Appell an die Solidarität: „Das wäre aber ungerecht den Kollegen / Kolleginnen gegenüber…“. Beliebt ist auch die Frage: „Sind Sie nicht der Meinung, dass Sie für Ihre Tätigkeit schon heute ein recht gutes Gehalt bekommen?“ Eine gute Reaktion hierauf wäre: „Ihre Frage gibt die Antwort schon vor. Deshalb möchte ich noch einmal betonen: Ich erwarte ein Gehalt, das meiner Leistung entspricht, und das ist im Moment nicht der Fall“. Wenn frau sich vorher Gedanken über mögliche Widerstände macht, sich die richtigen Argumente überlegt und vor allem entschlossen, aber freundlich auftritt, sollte es eigentlich klappen mit den eigenen Gehaltszielen.

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Işınay Kemmler Leiterin der Projektgruppe „Initiative Rote Tasche‘‘

Initiative Rote Tasche, Business and Professional Women (BPW) Germany e. V.

Mit der „Initiative Rote Tasche“ will der BPW Germany e.V. auf die „roten Zahlen“ in den Taschen der Frauen aufmerksam machen. Die Idee stammt aus den USA, wo das internationale Frauennetzwerk der Business and Professional Women 1918 gegründet wurde. Der BPW/USA rief dort 1988 die „Red Purse Campaign“ ins Leben, um auf die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen aufmerksam zu machen. Auch in Deutschland gibt es eine große Lohnkluft zwischen den Geschlechtern – das Ausmaß der Ungerechtigkeit ist vielen Menschen gar nicht bewusst. Deshalb haben wir zur Halbzeit des Europäischen Jahres der Chancengleichheit im Juli 2007 unsere Kampagne gestartet, mit der wir alle beteiligten Akteure dazu aufrufen, sich für mehr Chancengleichheit bei der Entlohnung einzusetzen. In kürzester Zeit haben wir enorm viel positive Resonanz erfahren, und ich möchte auch Ihnen unsere Initiative kurz vorstellen.

• Verheiratete Mütter werden schlechter bezahlt als Single-Frauen. Gehaltsbeispiele • Ein Maschinenbauingenieur beispielsweise erhält im Schnitt 4.329 Euro, während die Berufskollegin nur 3.557 Euro verdient. • Auch bei den Bankkaufleuten klaffen die Monatsverdienste von Männern (3.682 Euro) und Frauen (2.967 Euro) deutlich auseinander: Der Unterschied liegt bei stattlichen 716 Euro – Monat für Monat. Was bedeutet das? • Eine Maschinenbauingenieurin verzichtet in durchschnittlich 35 Erwerbsjahren insgesamt auf 351.260 Euro. • Eine Bankkauffrau verzichtet im gleichen Zeitraum auf 325.780 Euro.

Die Ausgangssituation in Deutschland

• Verzicht auf Altersimmobilie?

In Deutschland beträgt das Lohngefälle 22 Prozent, deutlich mehr als der europäische Durchschnitt von 15 Prozent.

• Verzicht auf ein selbstbestimmteres Leben? Gründe

• Trotz besserer Bildung werden Frauen immer noch weniger eingestellt und rücken seltener in Führungspositionen auf.

• Frauen sind seltener in gut bezahlten Führungspositionen, häufiger in niedriger bewerteten Berufs- und Tätigkeitspositionen.

• Sie erreichen sehr selten das Einkommensniveau von Männern und wenn, dann am ehesten in den unteren Lohnbereichen.

• Sie arbeiten häufiger in Branchen, in denen das Lohnniveau niedriger ist, wie Gastronomie, Hotelgewerbe, Einzelhandel.

• Für Frauen, die qualifizierter sind und Führungspositionen besetzen, klafft die Schere noch weiter auseinander.

• Sie haben oft weniger Berufsjahre als Männer, auch bedingt durch die Auszeiten wegen Familienarbeit.

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Işınay Kemmler Leiterin der Projektgruppe „Initiative Rote Tasche‘‘

• Sie arbeiten häufiger in Teilzeitjobs, in denen die Aufstiegsmöglichkeiten geringer sind. • Sie arbeiten eher als Männer in Kleinunternehmen, in denen das Lohnniveau meistens niedriger liegt. Inoffizielle Gründe? • Frauen fragen nicht nach mehr Gehalt. • Frauen sind unsicher, ob sie mehr verdienen. • Frauen verhandeln nicht. • Geld spielt für Frauen keine große Rolle. • Frauen werden diskriminiert. Ziele der Initiative • Die Debatte über Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in Deutschland beleben. • Das Bewusstsein für das Ausmaß und die Tragweite des Problems schärfen. • Sensibilisierung und Mobilisierung aller Akteure wie Arbeitgeber, berufstätige Frauen und Männer, Gesetzgeber, Politiker usw. für die Beseitigung der Entgeltungleichheit. • Stärkung der Frauen, damit sie aktiv und eigenverantwortlich handeln. • Reduzierung des Gender Pay Gap in Deutschland. • Das Engagement des BPW für die Belange der berufstätigen Frauen in eine breitere Öffentlichkeit tragen. Die Strategie • Ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel muss herbeigeführt werden, damit das Gefälle beseitigt werden kann. • Die Werte und Einstellungen von Arbeitgebern und von berufstätigen Frauen müssen so ge-

stärkt werden, dass alle Beteiligten eigenverantwortlich und im Sinne der Gleichberechtigung handeln. Wie? Die Initiative ist eine Sensibilisierungskampagne, die sich kommunikativer Kanäle bedient: • Verteilung der verfügbaren und relevanten Informationen durch Veranstaltungen • Webportal, Informationsbroschüren, One-toone Marketing • Rote Taschen als Erkennungszeichen; Rote-Taschen-PINs als Identifikationssymbol • Online-Aktivitäten wie z.B. Gewinnspiele Die Aktionen werden mit Spaß und Selbstbewusstsein umgesetzt und ohne “Schwarze Peter“ zu verteilen. Equal Pay Day – die nächste Etappe • Am 15. April 2008 wird es erstmals in Deutschland einen nationalen Aktionstag für mehr Lohngerechtigkeit geben. • Warum an diesem Tag? Durch das unfaire Lohngefälle haben Frauen erst im April so viel Geld in der Tasche wie Männer am Ende des Vorjahres. • An diesem ersten deutschen Equal Pay Day wird der BPW Germany zusammen mit einem starken Aktionsbündnis – Frauenorganisationen und -verbände, politische Parteien, Hochschulen, Frauenbüros, Gleichstellungsbeauftragte usw. - auf die ungleichen Einkommensverhältnisse von Männern und Frauen hierzulande aufmerksam machen. Die Zukunftsvision • Frauen fordern und bekommen das, was sie verdienen!

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Bettina Eichhorn Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main

Und nun? Ausblick

Zum Schluss unserer Veranstaltung bleibt die spannende Frage: Und nun? Wie soll es weitergehen nach diesem anstoßreichen Tag? Was wollen und können wir tun? Arbeiten wir noch oder verdienen wir schon? Bekommen wir, was wir verdienen? Einzelne Frauen kassieren mittlerweile bemerkenswerte Beträge: Frau Suckale, die wir in den Streikverhandlungen mit der Lokführergewerkschaft als Personalvorstand der Deutschen Bahn kennen gelernt haben, verdient nach eigenem Bekunden 144.000 Euro – nicht pro Jahr, sondern pro Monat, was unzweifelhaft nicht wenig ist. Doch selbst ihr bleibt das strukturelle Ärgernis nicht erspart, dass der Abstand zum Einkommen vergleichbarer Kollegen in ihrer Liga eher größer ist als bei Normalverdienerinnen. Frau Dr. Klenner und Frau Dr. Jochmann-Döll haben in ihren Eingangsbeiträgen darauf hingewiesen, dass die traditionelle Hierarchie des Geschlechterverhältnisses tief in die Strukturen unserer Gesellschaft eingelassen ist, so dass sich die Unterschiede häufig selbst unter veränderten Umständen aufs Traurigste reproduzieren. Ein beeindruckendes Beispiel dafür habe ich in der BRIGITTE vom 20.11.2007 gelesen. Dort wurde Jutta Allmendinger – vielen von Ihnen wird sie ein Begriff sein – zur Macht bzw. zur Entmachtung des Geldes in Beziehungen befragt. Jutta Allmendinger ist Soziologieprofessorin; 2003 wurde sie Direktorin des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, seit 2007 ist sie Präsidentin des renommierten Wissenschaftszentrums Berlin, eines der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute Europas.

Als Entmachtung des Geldes bezeichnet sie es, wenn die durch das Geld vermittelte Macht von Männern in Beziehungen abnimmt, weil Frauen zunehmend über eigenes Geld verfügen. In Schweden – das ergaben ihre Forschungsergebnisse beispielsweise – werden Anschaffungen immer häufiger von beiden Partnern zu gleichen Teilen finanziert. Auch wenn der Mann mehr verdient und mehr zu einer Anschaffung beitragen könnte, bestehen viele Frauen darauf, dass als Maßstab genommen wird, was sie selbst gleichberechtigt beitragen können. Statt ein Sofa für 4.000 Euro zu kaufen und im Verhältnis 3.000 zu 1.000 zu bezahlen, wird eben eines für 2.000 Euro angeschafft und je zur Hälfte bezahlt. In Deutschland hat Frau Allmendinger ganz andere Beobachtungen gemacht, das möchte ich wörtlich zitieren: Frage: Verhalten sich deutsche Paare ähnlich? Antwort: In Deutschland haben wir es eher mit einem Bedeutungswandel von Geld zu tun. Bei Paaren, die beide erwerbstätig sind, werden das Einkommen des Mannes und das der Frau unterschiedlich bewertet. Da gibt es dann gutes und schlechtes Geld. Frage: Das Geld, das der Mann verdient, ist besser als das der Frau? Da muss man erstmal drauf kommen. Antwort: Ja. In einem Fall arbeitete die Frau in der Verwaltung und verdiente mehr als ihr Mann. Da hieß es dann, dass man mit ihrem Einkommen vor allem „nützliche“ Anschaffungen bezahle. Das Geld, das der Mann mit der Restaurierung von Antiquitäten verdiente, war das „besondere“ Geld. Davon wurden Dinge gekauft, die als Aus-

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druck des individuellen Lebensstils gesehen wurden. Durch diese Etikettierung in „gut“ und „schlecht“ wird das Einkommen der Frau symbolisch umgewertet, häufig auch entwertet. Dieser Mechanismus tauchte in unseren Befragungen immer wieder auf.“ So weit Jutta Allmendinger mit einem Beispiel dafür, wie selbst unter veränderten Umständen Altes wiederhergestellt und gesellschaftliche „Antiquität restauriert“ wird. Was also tun? Als Antwort möchte ich Ihnen die zentralen Einsichten und Forderungen übermitteln, die in den vier Foren erarbeitet wurden. • Das Ausmaß der Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern ist nicht bekannt genug. Das muss sich ändern. Politik und Wirtschaft, Verbände, Gewerkschaften und interessierte Einzelpersonen, Frauen wie Männer, müssen Lohngerechtigkeit als wichtiges Ziel auf die Agenda setzen. • Es muss Transparenz über die bestehende Situation hergestellt werden, Fragen der Bezahlung müssen aus der Privatsphäre ins Licht der öffentlichen Diskussion. • Diskriminierungsfreie(re) Verfahren der Arbeitsbewertung müssen bekannt gemacht, eingeführt und umgesetzt werden. • Alle Rechtsvorschriften, Tarifverträge, Dienstvereinbarungen usw. müssen auf ihre Diskriminierungsfreiheit überprüft, angepasst und diskriminierungsfrei umgesetzt werden. • Die Klagekultur von Frauen ist „suboptimal“. Frauen müssen den Mut aufbringen, auf ihren Rechten zu bestehen und dafür auch den Rechtsweg zu beschreiten. Dafür müssen sie ihre Rechte kennen, sie brauchen Information, Beratung und Unterstützung bei Klageverfahren.

• Es muss eine zentrale Antidiskriminierungsstelle auf Landesebene eingerichtet werden. • Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ist ein wichtiger Baustein zur Verringerung des Lohnabstandes zwischen Frauen und Männern und verbessert die Chancen von Frauen auf ein existenzsicherndes Arbeitseinkommen. • Für Migrantinnen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus sind Niedriglöhne ein besonderes Problem, nur mit einem existenzsichernden Einkommen können sie ihren Aufenthaltsstatus rechtlich verbessern. Dieser Aspekt der niedrigen Frauenlöhne muss in die Debatte um den Mindestlohn stärker eingebracht werden. • Eine Kampagne „Mindestlohn ist gut für Frauen“ sollte die gesellschaftliche Diskussion bereichern und auch die Solidarität zwischen Frauen – gut, besser und wenig verdienenden - stärken. • Nicht nur die Unternehmen, auch die Frauen selbst bewerten ihre Arbeit häufig zu gering. Zu diesem Thema besteht bei allen Beteiligten Entwicklungsbedarf. • Der Weg zu mehr Geld ist mit Stolpersteinen gepflastert – die frau erkennen und umgehen kann. Wichtige Regel für Gehaltsverhandlungen: Immer mit der eigenen Leistung argumentieren. Nie: Was bin ich wert? Immer: Was ist meine Leistung wert? • Sich auf die Argumente des/der Vorgesetzten gegen eine Gehaltserhöhung einzustellen, ist möglich, und selbstbewusste Antworten parat zu haben, zahlt sich aus. In jedem Fall: EIGENLOB STIMMT! So weit eine Auswahl der Erkenntnisse aus den Foren. Wo ist das Geld, das die Frauen nicht haben? Und wie kommt es in ihren Besitz? Wir haben mit

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dieser Veranstaltung einen Anfang gemacht, das Thema der ungleichen Bezahlung von Frauen und Männern auf die Tagesordnung zu setzen, und wir wollen, dass es auch nach dem Jahr der Chancengleichheit dort bleibt. Die Initiative der Business and Professional Women Germany e.V., am 15.4.2008 den ersten Equal Pay Day in Deutschland zu organisieren, trifft sich mit unserer Absicht aufs Beste, wir werden bei dieser Gelegenheit auf jeden Fall kooperieren. Im Dezember 2008 greifen wir das Thema bei „FrauenMachtKarriere“ – unserer Tagungsreihe mit der IHK und der Evangelischen Akademie Arnoldshain – wieder auf. Wir möchten, dass sich in unserer Region ein Netzwerk bildet, das die unterschied-

lichen Facetten des Themas konsequent weiter bearbeitet. Wer daran Interesse hat, ist herzlich eingeladen, Frau Kemmler oder mich zu kontaktieren. Ich danke allen, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben – Ihnen als aktiv Teilnehmenden, den Expertinnen und Moderatorinnen, meinen Kolleginnen im Referat, die alles organisiert und an alles gedacht haben. Wir hoffen, dass der heutige Tag ertragreich für Sie war und wir alle Motivation und Anregung mit auf den Weg nehmen, unser Konferenzthema auch weiterhin zu verfolgen.

Ansicht_FachTag._11.12.07

12.11.2007

13:16 Uhr

Seite 1

Fachkonferenz

ARBEITEST DU NOCH ODER VERDIENST DU SCHON? Zur Einkommensungleichheit zwischen den Geschlechtern Dienstag, den 11. Dezember 2007, 9:30 bis 16:30 Uhr Haus am Dom, Domplatz 3, Frankfurt am Main

Überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer. Dabei ist „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ schon seit 1957 geltendes europäisches Recht, 1975 kam der Anspruch auf gleiche Bezahlung bei verschiedenartiger, aber gleichwertiger Arbeit ausdrücklich hinzu. In Deutschland ist der Abstand besonders groß, aktuell beträgt er 22 Prozent. Diese „Gerechtigkeitslücke“ bestimmt nicht nur den

Darauf wollen wir im Europäischen Jahr der Chancengleichheit aufmerksam machen, das wollen wir ändern.

Lebensstandard von Frauen, ob sie z. B. von ihrer Arbeit leben können oder in welchem Maß sie von Altersarmut bedroht sind. Sie prägt

Die Konferenz untersucht die komplexen Ursachen der bestehenden Situation, präsentiert ermutigende Beispiele guter Praxis und zeigt Strategien der Veränderung auf.

auch die Art, wie Frauen und Männer ihre Beziehungen als Paare und mit Kindern gestalten. Die Ungleichheit der Einkommen reproduziert Abhängigkeit, stereotype Bilder und Haltungen und untergräbt Be-

Zur Diskussion gestellt werden Ansätze der Politik und der Tarifvertragsparteien ebenso wie interessante betriebliche Vorgehensweisen und Instrumente. Auch die subjektive Seite der Medaille wird einbezogen: der Umgang von Frauen mit Geld und Macht und ihre erwiesene Bescheidenheit in Gehaltsverhandlungen.

strebungen zur Gleichstellung der Geschlechter nachhaltig. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme! Gabriele Wenner

Bettina Eichhorn

LEITERIN DES

REFERENTIN

FRAUENREFERATS FRANKFURT

FÜR BILDUNG UND ARBEIT

Frauenreferat Stadt Frankfurt am Main Hasengasse 4 60311 Frankfurt am Main

Tel: +49 (0)69 212 36362 Fax: +49 (0)69 212 30727 E-Mail: [email protected]

Programm ARBEITEST DU NOCH ODER VERDIENST DU SCHON? Zur Einkommensungleichheit zwischen den Geschlechtern 09.30 Anmeldung, Kaffee 10.00 Begrüßung Gabriele Wenner LEITERIN DES FRANKFURTER FRAUENREFERATS 10.15 Ursachen der großen geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede in Deutschland Dr. Christina Klenner WIRTSCHAFTS- UND SOZIALWISS. INSTITUT DER HANS-BÖCKLER-STIFTUNG, DÜSSELDORF 11.15 Einkommensgleichheit: Wege zum Ziel Dr. Andrea Jochmann-Döll GEFA FORSCHUNG + BERATUNG, ESSEN 12.15 Mittagspause 13.15

Forum 1 Über den notwendigen Vergleich von Äpfeln und Birnen: diskriminierungsfreie Bewertung von Arbeit und Arbeitsplätzen Dr. Andrea Jochmann-Döll GEFA FORSCHUNG + BERATUNG, ESSEN MODERATION: Mechtild M. Jansen Forum 2 Nicht jammern, sondern klagen?! Recht und Rechtsprechung zur Entgeltgleichheit Noreen von Schwanenflug DEUTSCHER JURISTINNENBUND, VORSITZENDE LANDESVERBAND HESSEN MODERATION: Martina Jöst Forum 3 Mindestlohn statt Niedriglohn – Ausweg aus der Ungleichheit?! Bettina Hieming INSTITUT ARBEIT UND QUALIFIKATION (IAQ), UNIVERSITÄT DUISBURG-ESSEN MODERATION: Andrea Nispel Forum 4 Bekommen Sie, was Sie verdienen? Strategien für erfolgreiche Gehaltsverhandlungen Işınay Kemmler KEMMLER CONSULTING, FRANKFURT MODERATION: Dr. Susanne Feuerbach

15.15 Kaffeepause 15.45 Best Practice: Initiative Rote Tasche, Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. Işınay Kemmler LEITERIN DER PROJEKTGRUPPE „INITIATIVE ROTE TASCHE“ IM BPW GERMANY E.V. 16.10 Und nun? Ausblick Bettina Eichhorn FRAUENREFERAT FRANKFURT 16.30 Ende der Veranstaltung

Referentinnen Eichhorn, Bettina Referentin für Bildung und Arbeit im Frauenreferat der Stadt Frankfurt. Kontakt: Frauenreferat, Hasengasse 4, 60311 Frankfurt am Main Tel. 069 212-48740, E-Mail [email protected] Hieming, Bettina Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen. Arbeitsschwerpunkte: Dienstleistungsbeschäftigung und Geschlechtersegregation auf dem Arbeitsmarkt. Kontakt: Institut Arbeit und Qualifizierung (IAQ) Universität Duisburg-Essen, 45117 Essen Tel. 0209 1707-179, E-Mail [email protected] Jochmann-Döll, Dr. Andrea Betriebswirtschaftlerin, seit 1995 selbständige Beraterin, Trainerin und Wissenschaftlerin, Schwerpunkte diskriminierungsfreie Entgeltgestaltung sowie Organisations- und Personalentwicklung. Gemeinsam mit Dr. Karin Tondorf gründete sie das Forschungs- und Beratungsbüro GEFA (Gender.Entgelt.Führung.Arbeit). Kontakt: GEFA Forschung + Beratung, Am Gerichtshaus 73, 45257 Essen Tel. 0201 4868037, E-Mail [email protected] Kemmler, Işınay Inhaberin von Kemmler Consulting: Strategische Marketingberatung für erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen sowie Trainings für Führungskräfteentwicklung. Aktiv im Business

and Professional Women Germany e.V.; Leiterin der BPW-Projektgruppe „Initiative Rote Tasche“. Kontakt: Kemmler Consulting, Feldbergstraße 21, 61389 Schmitten Tel. 06082 929201, E-Mail [email protected] Für die „Initiative Rote Tasche“: Tel. 06082 – 929201, E-Mail [email protected] www.equalpayday.de, www.rotetasche.de Klenner, Dr. Christina Referatsleiterin für Frauenpolitik und Geschlechterforschung im Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in der Hans Böckler Stiftung, Düsseldorf. Forschungsschwerpunkte: Probleme der Frauenerwerbstätigkeit und Gleichstellung der Geschlechter. Mitverantwortl. für „Bericht zur Berufs- und Einkommenssituation von Frauen und Männern in Deutschland“ 2002. Kontakt: WSI, Hans-Böckler-Str. 39, 40476 Düsseldorf Tel. 0211 7778231, E-Mail [email protected] von Schwanenflug, Noreen Verwaltungsjuristin und Landesvorsitzende Hessen des Deutschen Juristinnenbunds. Kontakt: Heidestraße 79, 60385 Frankfurt Tel. 069 46308594, E-Mail [email protected] Wenner, Gabriele Leiterin des Frauenreferats der Stadt Frankfurt. Kontakt: Frauenreferat, Hasengasse 4, 60311 Frankfurt am Main Tel. 069 212-36362, E-Mail [email protected]

Impressum Herausgeberin Stadt Frankfurt am Main Frauenreferat Bezug Frauenreferat Hasengasse 4 60311 Frankfurt am Main Telefon: +49 (0)69 212 30112 Telefax: +49 (0)69 212 30727 E-Mail: [email protected] Internet: www.frauenreferat.frankfurt.de Redaktion Bettina Eichhorn Fotos Charlotte Pistor Gestaltung Opak Frankfurt Druck Druckhaus Strobach GmbH, Frankfurt April 2008

Stadt Frankfurt Frauenreferat Hasengasse 4 60311 Frankfurt am Main Telefon: +49 (0)69 212 35319 Telefax: +49 (0)69 212 30727 E-Mail: [email protected] Internet: www.frauenreferat.frankfurt.de

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