12. Jahrgang // Nummer 7–8 // Wien, August 2013

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d i rek t Topinfos für enGaGierTe GewerkschafTerinnen

ARBEIT SOZIALE SICHERHEIT GERECHTIGKEIT

7-punkTe-proGraMM für die Menschen in unsereM land Seite Seite Seite

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n a c h d e r Wa h l i s t v o r d e r Wa h l : J e t z t e n t s c h e i d e n w o h i n d i e R e i s e g e h t längst überfällig: Modernes Arbeitsrecht für ArbeiterInnen und Angestellte Armutsbericht: Ergebnisse ernst nehmen

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schwarZ-Blaue rückBlende

inhalt

Titelbild: fsGfraktionskonferenz 2013, ÖGB-verlag 2 3

nach der Wahl ist vor der Wahl editorial FSG-bundesgeschäftsführer

aktuelles 4

7-Punkte-Programm die forderungen für die kommenden fünf Jahre wurden am 18. Juni 2013 beschlossen. ein überblick.

kommentar 7

FSG-Vorsitzender Wolfgang katzian

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Junge wählen rot am 29. september geht es darum, die richtige entscheidung für die Zukkunft zu treffen.

nach der Wahl ist Vor der Wahl

1001 nacht

hintergrund

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service

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buchtipps dein recht, Antworten auf Fragen

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„First line of defense“

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klartext grundsatz 12

Armutsbericht ernst nehmen

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türkei: eu-Werte mit Füßen getreten

europa/international

teil 2

Nach der Wahl 1999 wollte die ÖVP als geschlagene Dritte in Opposition gehen. Aber es folgten sechs düstere Jahre und Farbenspiele von Schwarz bis Blau und Orange. Die ÖVP will die Fortsetzung. Droht Teil 2? Eine geschwächte Karawane unter schwarzer Führung brach im Jahr 2000 auf, um durch die Wüste Gobi zu marschieren – so ähnlich steht es in einem Buch aus ÖVP-Kreisen. Zuvor versprachen sie den Menschen, dass alles besser, schlanker und billiger wird. Als das Wasser zu Ende ging, das Familiensilber verscherbelt und das Sozialsystem angebrochen war, zeigten sich die ersten Risse. „Die ÖVP sollte endlich realisieren, dass ihr Koalitionspartner bereits

verdurstet ist“, sagte der damalige SPÖBundesgeschäftsführer Norbert Darabos im Jahr 2005. Darabos verwies auf die Rekordarbeitslosigkeit, die steigende Kluft zwischen Arm und Reich, das schwache Wirtschaftswachstum und die Tatsache, dass Österreich im internationalen Ranking in allen Wertungen zurückgefallen war: „Das sind die Folgen der neoliberalen Politik der Regierung Schüssel.“ Und das war lange vor der heutigen Wirtschaftskrise. 60 Prozent der Bevölkerung waren da-

:: imPreSSum :: herausgeber: Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen im ÖGB, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/534 44-39080, www.fsg.at. medieninhaber (Verleger): Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Tel. 01/662 32 96–39744, Fax: 01/662 32 96–39793, E-Mail: [email protected], www.oegbverlag.at, UID ATU 55591005, FN 226769i. hersteller: Verlag des ÖGB GmbH. Verlagsort: Wien, herstellungsort: Wien. Sekretariat: Karin Stieber ([email protected]), A-1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Telefon 01/662 32 96-39738, Fax 01/662 32 96-39793. redaktion: Christoph Höllriegl (Leitung), Litsa Kalaitzis, Nani Kauer, Thomas Kallab, Thomas Linzbauer, Michael Dünser. Grafikdesign: Verlag des ÖGB GmbH. Fotos: ÖGB-Verlag, GPF, FSG Vorarlberg, picturedesk.com, Waldhäusl, Walter Schreiner, ÖGB-Archiv. Anzeigenrepräsentanz: Verlag des ÖGB GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, Telefon 01/662 32 96-39744, Telefax 01/662 32 96-39793, E-Mail: [email protected], DVR-Nr. 0562041, ZVR-Nr. 158750011. offenlegung nach § 25 mediengesetz: www.fsg.at/offenlegung Für unverlangt eingesendete Manuskripte und Fotos keine Gewähr. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit Zustimmung der Redaktion und mit Quellenangabe. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der FSG entsprechen.

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AKTUELLES

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Topinfos für Gewerkschafterinnen

Wer als zweiter den Vogel abschieSSt ...

Langzeitfolgen: Die Schäden der schwarz-blauen Regierung Schüssel beschäftigen noch immer die Gerichte.

mals der Meinung, dass die ÖVP-geführte Regierung in die falsche Richtung zieht. Zwei Drittel wollten eine soziale Regierung und 70 Prozent die SPÖ in der Regierung sehen. „Wir treten für qualitätsvolle staatliche Leistungen ein, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken“, sagt Bundeskanzler Werner Faymann heute. „Nur eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung kann dafür sorgen, dass die Interessen der ArbeitnehmerInnen geschützt und zukünftige Herausforderungen bewältigt werden“, betonte Faymann bei der FSG-Bundesfraktionskonferenz im Juni. Vor allem während der Finanzmarktkrise wurde mit sozialdemokratischer Politik gut gegengesteuert. keine ÖVP-farbenspiele als alternative Österreich braucht daher weiter einen sicheren politischen Kurs des sozialen Ausgleichs. Und Faymann warnt vor den Alternativen: „Wenn die Auseinandersetzung Ende September lautet, wollt ihr eine neoliberale Regierung an der Spitze dieses Landes, die den Sozialstaat schwächt und weitere Privatisierungen vornimmt, oder wollt ihr eine sozialdemokratisch geführte Regierung – dann werden wir uns an Schwarz-Blau erinnern.“ Daher schon vor der Wahl entscheiden und überzeugen, wohin die Reise nach der Wahl gehen soll. www.wahl2013.spoe.at

:::: FSG direkt im Abo :::: FSG direkt ist kostenlos und kann bestellt werden unter: www.fsg.at. Anregungen und eigene Beiträge können eingesandt werden an: [email protected]

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Leistungsträger waren gestern, heute sind alle Mittelstand und morgen Millionäre: Das VorwahlGezwitscher der ÖVP hat begonnen. Kurios sind auch manche Ideen. ÖVP-möchte-gern-Kanzler Michael Spindelegger will mit „Unternehmen Österreich 2025“ gleich 420.000 neue Jobs schaffen. Wie und bis wann ist in ÖVPKreisen unklar. Anstrengen muss „Was der Obmann der er sich dafür jedenfalls nicht: In ÖVP umsetzen möchte, den vergangenen zwölf Jahren würde viele Menschen ist die Zahl der unselbstständig geradewegs in die ArErwerbstätigen um fast 430.000 mut treiben.“ angestiegen. Bis 2025 vergehen Willi Mernyi, FSGzufällig auch zwölf Jahre. Bundesgeschäftsführer Spindeleggers Berater wollen aber noch mehr: Sie schlagen vor, unter den Mindestlöhnen/-gehältern zu zahlen. Wohin Preis- und Lohnschlachten letztendlich führen, zeigten einige Firmenpleiten von Diskontern bis Baufirmen. Ebenso will Spindelegger 20 Milliarden Euro an Ausgaben einsparen. Wo? Die großen Brocken sind Länder und Gemeinden, Beamte, Pensionen und Gesundheit. Sparen heißt also: weniger Pension, weniger Gesundheitsvorsorge, weniger Sicherheit und überhaupt weniger von allem. Was Spindelegger den Menschen durch eine Steuersenkung also mehr geben will, wird ihnen dann doppelt und dreifach wieder abgenommen: Denn für Gesundheit, Kinderbildung, Schule, Infrastruktur und Ähnliches müssen sie dann selbst den vollen Preis zahlen. Eine ehemalige FPÖ-Beraterin sieht überhaupt die Kernaufgabe des Staates nur noch in der Rechtsstaatlichkeit. Den Rest können ja private Betreiber erledigen, und die wollen fette Gewinne sehen. Eine für alle günstige solidarische Finanzierung gibt es dann nicht mehr. Die FSG hingegen will die arbeitenden Menschen und PensionistInnen ehrlich entlasten. Dafür müssen wir jene stärker zur Kasse bitten, die sich ihren Beitrag zur Staatsfinanzierung über Vermögenssteuern locker leisten können. An den Leistungen für die Menschen rütteln wir aber nicht!

AKTUELLES

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7-Punkte-Programm

für die Menschen in unserem Die FSG beschloss im Juni ein ehrgeiziges 7-Punkte-Programm. Die Forderungen werden von Wirtschaft und ÖVP gerne als Kosten bezeichnet. In Wahrheit sind es Investitionen in die Zukunft der Menschen.

Bildung, Arbeit, Gesundheit und Pflege, Wohnen, Gleichstellungspolitik, Pensionen und Verteilungsgerechtigkeit: so lauten die sieben Kapitel des neuen Programmes, welches bei der FSGBundesfraktionskonferenz am 18. Juni beschlossen wurde. Die Konferenz wurde begleitet von heftigen Angriffen auf die Gewerkschaften vor allem von Wirtschaft, ÖVP und dem Team Stronach. Die Angriffe blieben nicht unbeantwor-

tet. „Die Zeit fokussierter Unintelligenz hat offenbar wieder begonnen, wenn beispielsweise der Präsident der Wirtschaftskammer den Staat als Räuber bezeichnet, oder wenn ein Herr Stronach sagt, er braucht keine Gewerkschaften. Er braucht sie ja wirklich nicht! Die arbeitenden Menschen aber schon“, appellierte der Wiener Bürgermeister Michael Häupl an die Delegierten, die Rechte der ArbeitnehmerInnen weiter

bildung

mit vereinten Kräften zu verteidigen: „Das ist unsere gemeinsame Aufgabe aller DemokratInnen in diesem Land. Unsere zentrale Aufgabe ist es, in unser aller Interesse bei der Nationalratswahl so stark zu werden, dass man gegen uns nicht agieren kann.“ „Wer Gewerkschaften auf den Müllhaufen der Geschichte schicken will, der gehört selbst auf den Müllhaufen der Gegenwart und der Zukunft“, sagte FSGVorsitzender Wolfgang Katzian in Richtung Team Stronach: „Ohne uns würde dieses Land für ArbeitnehmerInnen schlechter aussehen. Es gäbe heute beispielsweise keine Solidarabgabe für

arbeit

Bildung rechnet sich, darf aber kein Privileg der Reichen sein.

Die Politik muss zum Ziel haben, Arbeitslosigkeit erst gar nicht entstehen zu lassen.

Der Zugang zu Bildung darf nicht vom sozialen und gesellschaftlichen Status abhängig sein. Bildung muss für alle, unabhängig vom Einkommen der Eltern zugänglich sein. Bildung ist daher Aufgabe der öffentlichen Hand.

Die Wirtschaft versucht, die angespannte Lage am Arbeitsmarkt auszunutzen und ArbeitnehmerInnen einseitig mit unfairen Klauseln in Arbeitsverträgen und Flexibilisierungswünschen unter Druck zu setzen.

Die FSG fordert: ::: Gemeinsame Schule der 6- bis 15-Jährigen. ::: Flächendeckender Ausbau ganztägiger Schulen. ::: Qualitätssicherung in der dualen Ausbildung (Lehre). ::: Ausbau der überbetrieblichen Lehrwerkstätten. ::: Umsetzung der „Fachkräftemilliarde“ (Ausbildung von Fachkräften). ::: Ausbau der Studienbeihilfen und Stipendien. ::: Gebührenfreies Nachholen aller Bildungsabschlüsse, die im ersten Bildungsweg gebührenfrei sind.

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Aktuelles

Die FSG fordert: ::: Programme für von Arbeitslosigkeit besonders betroffene Zielgruppen (ältere ArbeitnehmerInnen, Jugendliche, Frauen und MigrantInnen). ::: Instrumente gegen Lohn- und Sozialdumping. ::: Sechste Urlaubswoche für mehr ArbeitnehmerInnen durch bessere Anrechnung von Vordienstzeiten. ::: Bessere Verteilung von Arbeitszeit. ::: Flucht aus dem Arbeitsrecht verhindern. ::: Kollektivvertragliches Mindestgrundgehalt von 1.500 Euro brutto pro Monat bei Vollzeitbeschäftigung.

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frakTionskonferenZ

land SpitzenverdienerInnen, keine Vermögenszuwachssteuer, keine Verbesserungen für Leiharbeitskräfte und bei der Bildungskarenz sowie kein Lohn- und Sozialdumpinggesetz.“ Wie mAn heute millionär Wird Eine Vermögenssteuer, wie die FSG sie fordert, würde nicht einmal zehn Prozent der österreichischen privaten Haushalte treffen: „Millionär wird man heutzutage nur durch erben oder durch die Arbeit anderer. Wenn die Finanzministerin aber meint, Millionäre gehören zum Mittelstand, dann besteuern wir eben diese Mittelstands-Millionäre“, sagte Katzian. Und mehr als die Hälfte der ÖsterreicherInnen unterstützen laut Umfragen diese Forderung. >>

bestätigt: FSG-Vorsitzender Wolfgang katzian wurde von den delegierten mit 97,2 Prozent wiedergewählt.

wohnen

GesundheiT & pfleGe Gesundheitsversorgung muss für alle allgemein zugänglich sein.

Arbeit schaffen durch leistbares Wohnen.

Die Selbstverwaltung ist für uns ein unverzichtbarer Bestandteil. Die Einrichtungen werden von VertreterInnen der Versicherten geführt. Für uns kommen auch keine finanziellen Hürden bei der Behandlung oder neue Selbstbehalte in Frage.

Der Bedarf nach Wohnraum ist stark gestiegen. Dadurch steigen die Mieten und Immobilienpreise. Wohnen muss aber leistbar bleiben: ArbeitnehmerInnen finanzieren die Wohnbauförderung mit und haben ein Recht darauf.

die FSG Fordert: ::: Verpflichtung zu betrieblicher Gesundheitsförderung und verpflichtende Maßnahmen zur Umsetzung von alternsgerechtem Arbeiten. ::: Verankerung der Selbstverwaltung der Sozialversicherung in der Verfassung. ::: Hochwertige Ausbildung aller im Gesundheitswesen Beschäftigten sowie Arbeitsbedingungen, die den Eintritt und Verbleib in Gesundheitsberufen attraktiv machen.

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die FSG Fordert: ::: Der Großteil des Nettoeinkommens darf nicht nur für die Miete draufgehen. ::: Jährlich brauchen wir zusätzlich bis zu 10.000 Neubauwohnungen. ::: Die Zweckwidmung bei der Wohnbauförderung muss wieder eingeführt werden. ::: Auftragsvergabe an österreichische Firmen – dadurch schaffen wir Beschäftigung am Bau. ::: Davon profitieren auch zukünftige MieterInnen privater Mietwohnungen.

AKTUELLES

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FSG-Bundesfraktionskonferenz, 18. Juni 2013 >> Auch zeit gerecht verteilen „Wenn man über Verteilungsgerechtigkeit spricht, dann muss man auch dazu sagen, dass Arbeitszeit in Österreich ungleich verteilt ist. Mehr als zwei Drittel der ArbeitnehmerInnen leisten Überstunden. Die Gewerkschaften for-

dern daher die Arbeitsmarktabgabe für Dienstgeber von einem Euro pro geleisteter Überstunde. Ein notwendiger Schritt bleibt der Abbau unbezahlter Überstunden, das ist Lohnraub – nicht mit uns Gewerkschaften“, stellte der FSG-Vorsitzende klar.

gleichstellungspolitik

Auch die sechste Urlaubswoche durch bessere Anrechnung der Vordienstzeiten von ArbeitnehmerInnen findet große Zustimmung und bleibt selbstverständlich auf der Agenda der FSG. Derzeit erreichen vor allem Frauen wesentlich seltener die dafür notwendigen 25

pensionen

Gleichstellung ist ein fundamentaler Wert einer Gesellschaft.

In Würde und mit finanzieller Absicherung altern.

Sowohl Frauen als auch Männer brauchen gute Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Eine Gesellschaft und eine Arbeitswelt, in der niemand auf der Strecke bleibt, muss das Ziel sein.

Unsere umlagefinanzierte Alterssicherung garantiert Lebensstandard im Alter und verhindert Altersarmut. Andere kapitalgedeckte Pensionssysteme können das nicht.

Die FSG fordert: ::: Gleichstellung ist nicht nur Frage des Geschlechts. ::: Verankerung von Frauenförderung als erzwingbare Betriebsvereinbarungen im Arbeitsverfassungsgesetz. ::: Frauenförderung als Voraussetzung für Vergabe von bestimmten Subventionen und öffentlichen Aufträgen. ::: Ausweitung der Einkommensberichte. ::: Rechtsanspruch auf ein „Papamonat“ pro Kind. ::: Ganztägiges und leistbares Bildungsangebot für jedes Kind ab dem 1. Lebensjahr bis zum Schuleintritt. ::: Erhöhung der Familienbeihilfe.

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Aktuelles

Die FSG fordert: ::: Gesund und länger im Arbeitsleben verbleiben können, damit Alterssicherung zukunftsfit bleibt. ::: Sanktionen gegenüber Unternehmen, die ältere ArbeitnehmerInnen kündigen oder nicht einstellen. ::: Verbesserung der Schwerarbeitsregelung. ::: Jährliche Wertanpassung der Pensionen. ::: Keine Verschlechterung der Langzeitversichertenregelung. ::: Keine frühere Anhebung des gesetzlichen Frauenpensionsanstrittsalters als nach Verfassung vorgesehen. ::: Kein Pensionssicherungsbeitrag bei niedrigen Pensionen.

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kommentar Mit vereinter Kraft: Ohne sozialdemokratische GewerkschafterInnen würde unser Land für ArbeitnehmerInnen schlechter aussehen.

Dienstjahre bei ein und demselben Dienstgeber: „Eine leichtere Erreichbarkeit dieses gesetzlichen Anspruchs ist auch eine Frage von Geschlechtergerechtigkeit“, sagte Katzian und dankte abschließend allen Delegierten und FunktionärInnen für ihren unermüdlichen Kampf für sozialen Fortschritt in Österreich: „Wir machen uns von dieser Konferenz aus auf den Weg, unsere Forderung zu erreichen!“ Autor/Autorin: Christoph Höllriegl, Litsa Kalaitzis E-Mail: [email protected], [email protected]

: : : : W EBTI P P s : : : : Das ungekürzte 7-Punkte-Programm und weitere Information zur Konferenz gibt es unter: www.fsg.at www.facebook.com/fsg.oegb

verteilungsgerechtigkeit Ohne gerechte Besteuerung von Einkommen und Vermögen geht’s nicht. Ein Mindestmaß an Verteilungsgerechtigkeit ist notwendig, um gesellschaftlichen Zusammenhalt und sozialen Frieden zu sichern. Löhne, Gehälter, Pensionen und Sozialsysteme sind keine Instrumente zur Anpassung der Wettbewerbsfähigkeit. Sie haben uns besser durch die Krise geführt, als andere Staaten. Die FSG fordert: ::: Bekenntnis zur Erbringung von Daseinsvorsorge durch die öffentliche Hand. ::: Lohnsteuersenkung damit die Nettolöhne und -gehälter steigen. ::: Vermögenssteuern mit einem Freibetrag von 700.000 Euro. ::: Arbeitsmarktabgabe in Höhe von einem Euro pro geleisteter Mehrarbeits- beziehungsweise Überstunde.

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Wolfgang Katzian fsg-vorsitzender

gegen Experimente Sozialdemokratie stärken Etwa 6,4 Millionen ÖsterreicherInnen sind im September dazu aufgerufen, eine neue Bundesregierung zu wählen. Dass die SPÖ im Moment in allen Umfragen klar voranliegt, ist kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen: Wer die SPÖ in der Regierung haben will, der muss sie auch wählen. Nur wenn die SPÖ die Wahlen klar gewinnt, gibt es eine Garantie, dass es keine gruseligen Politikexperimente einer rechtspopulistischen FPÖ oder eines gewerkschaftsfeindlichen Teams Stronach gibt. 13 Jahre sind seit der schwarz-blau-orangen Wende vergangen, die Aufräumarbeiten – siehe Hypo-AlpeAdria – nehmen kein Ende. Immer noch kommen neue Horrorgeschichten über Bestechung, Korruption und eine zuvor in Österreich nicht gekannte Skrupellosigkeit bei Bereicherungen zum Vorschein. Nur mit der SPÖ in der Bundesregierung ist gewährleistet, dass die Gewerkschaften in ihrer Rolle als Sozialpartner weiterhin dieses Land mitgestalten können. Nur mit der SPÖ in der Bundesregierung gibt es eine Chance, den in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Weg in Richtung mehr Verteilungsgerechtigkeit fortzusetzen. Weder die Bankenabgabe, noch der Solidarbeitrag für SpitzenverdienerInnen oder der Pflegefonds wären ohne die SPÖ realisierbar gewesen. Ohne die SPÖ gäbe es auch keine bedarfsorientierte Mindestsicherung und keine Vermögenszuwachssteuer. Dass in einer Koalitionsregierung nicht jede unserer Forderungen umgesetzt werden konnte, ist klar. Keiner der aufgezählten Erfolge wurde uns geschenkt, jeder musste erstritten werden. Ich glaube auch nicht, dass unsere politischen Gegner uns das Leben in Zukunft leichter machen werden. Wir selbst können uns aber das Leben erleichtern, indem wir unserem Partner in der Regierung, also der Sozialdemokratie, bei den Wahlen den Rücken stärken.

Kommentar

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Am 29. September: die richtige entscheidung für die zukunft treffen.

„du entscheidest. mach mit!“ Die verschiedenen „roten VertreterInnen“ der jungen Menschen haben einiges gemeinsam: Sie sehen zum Beispiel, dass in Österreich schon einiges erreicht ist. Aber sie sehen sich noch lange nicht am Ziel, was die Situation aller jungen Menschen anbelangt. Dazu haben sie Werte wie beispielsweise Toleranz, Gleichberechtigung und Verteilungsgerechtigkeit sowie Forderungen. Die Lebensbereiche Wohnen, Arbeit und Bildung stehen im Vordergrund. dA Gibt eS Viel zu tun – und Auch Viel zu SAGen Gemeinsam haben die FSG-Jugend (FSG J), die Junge Generation (JG), die Sozialistische Jugend (SJ) und der „Verband Sozialistischer Student_innen“ (VSSTÖ) die Aktion „DU ENTSCHEIDEST. MACH MIT!” ins Leben gerufen. Auf einer eigenen Website und über Facebook können alle Interessierten sehr plakativ zeigen, was sie fordern und ihnen wichtig ist.

:::: We b t iP PS :::: www.jetzt-entscheiden-wir.at www.facebook.com/jetztentscheidenwir

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unTer freunden „ohne kamPf kein fortschritt“ Das war das Motto der jüngsten FSG-Bundesfraktionskonferenz und zugleich Teil des Programms. Denn FSG-Bundesgeschäftsführer Willi Mernyi kündigte nicht nur an, dass sich die FSG-FunktionärInnen mit den beschlossenen Forderungen auf den Weg machen und sich der Diskussionen in den Betrieben und auf der Straße stellen werden, sondern neuerdings auch die Möglichkeit besteht, über Facebook zu diskutieren und für sozialen Fortschritt zu kämpfen: www.facebook.com/fsg.oegb „Wir sind das sachliche Gegengewicht zu populistischen Parolen“, sagte Mernyi. Über 1.000 BesucherInnen gefiel das bereits am ersten Tag. like it!

GPF-Postkar

40.000 Postkarten gegen PriVatisierungen Die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) macht weiter mobil gegen den Ausverkauf österreichischer Infrastrukturbetriebe. Über 40.000 Postkarten und E-Mails wurden an PolitikerInnen versendet. WAS PriVAtiSierunGen bedeuten Würden ::: Die Gewinne von Post AG, Postbus und A1 Telekom Austria könnten nicht in Österreich bleiben. ::: Die Post AG, A1 Telekom Austria, Postbus und AustroControl als wichtige Partner für unsere Wirtschaft würden verscherbelt werden. ::: Weitere Privatisierungen würden nochmals Tausende Arbeitsplätze gefährden. ::: Kunden und Kundinnen müssten sich auf eine Verteuerung der Dienstleistungen einstellen. „Die Sicherung der österreichischen Infrastrukturbetriebe ist mir daher besonders wichtig. Die flächendeckende Versor-

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NEU_Postkart

en 17.05.13 13:38 Seite 1

NEIN ZU WEITEREN PRIVATISIERUNGEN!

ten Vorderseite

gung der Menschen mit Post- und Telekommunikationsdiensten, Internettechnologie, mit Nahverkehrseinrichtungen ist ein grundsätzlicher Anspruch der Daseinsvorsorge. Daher darf es zu keinem weiteren Verkauf von staatlichen Anteilen von Post und A1 Telekom kommen“, fordert GPF-Vorsitzender Helmut Köstinger. www.gpf.at

HINTERGRUND

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buchtipps Längst überfällig propaganda entlarven – Hetzer stoppen Das Hörbuch wendet sich an Menschen, für die Zivilcourage mehr ist als ein Schlagwort. Es ist für diejenigen, die dem hetzerischen Klima, das sich am Arbeitsplatz, im persönlichen Umfeld und in der Öffentlichkeit auszubreiten droht, etwas entgegensetzen wollen. Mit Hilfe dieses Hörbuches können die Tricks der Demagogen (Hetzer oder Volksverführer) durchschaut werden. Tipps helfen, in schwierigen Gesprächssituationen Vorurteile zu entkräften und Menschen für sich zu gewinnen. Es werden jene Methoden vorgestellt, die man braucht, um die Attacken

: : : : Hö r B u c h t I P P : : : : Hetzer stoppen! Propaganda entlarven. Vorurteile entkräften. Willi Mernyi, Michael Niedermair, ÖGB-Verlag, 2013, CD, 88 Minuten, 9,90 Euro

Zeit für Gleichstellung Ein modernes Arbeitsrecht muss die Unterscheidungen zwischen ArbeiterInnen und Angestellten überwinden.

Die Gleichstellung der verschiedenen Arten von ArbeitnehmerInnen (AN) ist, insbesondere wenn es um die Benachteiligung von ArbeiterInnen (Arb) gegenüber Angestellten (Ang) geht, eine langjährige Forderung der FSG und der Gewerkschaften. So hat auch der ÖGBBundeskongress im Juni im Leitantrag die Überwindung der Unterscheidung zwischen Arb und Ang gefordert. Die Unterscheidungen heute

der Hetzer erfolgreich abzuwehren. So können Propaganda entlarvt und Vorurteile entkräftet werden – im Betrieb, am Stammtisch, bei Veranstaltungen.

kurswechsel für ein gutes leben Auch die Länder, denen es noch gut geht, müssen sich den Fragen der Zeit stellen: Wie lässt sich ein demokratisches und soziales Europa gestalten? Wie lassen sich Solidarität, Selbstbestimmung und ökologische Verantwortung miteinander verbinden? Einige der führenden Sozial- und Wirtschaftswissenschafter zeigen, wie die Weichen gestellt werden müssen. Das Ziel heißt nicht nur zahlenmäßiges Wachstum, sondern Wohlstand, der bei allen ankommt.

: : : : B u c h TI P P : : : : Kurswechsel für ein gutes Leben, Berthold Huber (Hg.), Campus Verlag, 2013, 276 Seiten, 25,70 Euro Alle Tipps sind zu bestellen in der ÖGB-Fachbuchhandlung, Rathausstraße 21, 1010 Wien, Tel.: 01/405 49 98-132, www.oegbverlag.at E-Mail: [email protected]

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SERVICE

1. Kündigungsfristen und -termine ::: Ang können vom Arbeitgeber (AG) mit einer Kündigungsfrist von mindestens sechs Wochen bis fünf Monaten zum Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres gekündigt werden. Vereinbart werden kann, dass eine Kündigung zum Ende jedes 15. oder Letzten eines Monats zulässig ist. ::: Für die allermeisten Arb sind die Regelungen in den Kollektivverträgen maßgeblich – und da gibt es deutliche Unterschiede. So sieht zum Beispiel der Kollektivvertrag für die Arb in der eisen- und metallerzeugenden Industrie vor, dass ähnlich wie im Angestelltengesetz (AngG) Kündigungsfristen von sechs Wochen bis fünf Monaten einzuhalten sind. Für die Arb im Malergewerbe gilt hingegen, dass bei einer Betriebszugehörigkeit bis zu fünf Jahren das Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gelöst werden kann. Erst nach einer 5-jährigen Betriebszugehörigkeit gilt eine Kündigungsfrist von drei Arbeitstagen, nach einer 10-jährigen Betriebszugehörigkeit eine Kündigungsfrist von zwei Wochen und nach einer 20-jährigen Betriebszugehörigkeit eine Kündigungsfrist von drei Wochen. Zwischen diesen Extremen sind viele unterschiedliche Regelungen in Geltung. Der Kollektivvertrag für die ArbeiterInnen im Gastgewerbe sieht etwa vor, dass nach Ablauf der

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Dein Recht

Probezeit von 14 Tagen das unbefristete Arbeitsverhältnis nur nach vorheriger 14-tägiger Kündigungfrist gelöst werden kann. 2. Anspruch auf Sonderzahlungen ::: Ang haben gem. § 16 AngG Anspruch auf Sonderzahlungen unabhängig von der Art der Beendigung, jedenfalls für die Dauer des Arbeitsverhältnisses. ::: Arb verlieren die Sonderzahlungen üblicherweise bei gerechtfertigter Entlassung, ungerechtfertigtem Austritt, fristwidriger Kündigung und so weiter. 3. Entgeltfortzahlung (EFZ) Unterschiede gibt es auch im System der EFZ im Krankenstand: Während Ang nach einer Zeit von sechs Monaten nach dem Wiederantritt des Dienstes Anspruch auf volle EFZ haben (dazwischen Teilanspruch), besteht bei Arb ein im Arbeitsjahr begrenzter Anspruch. 4. Dienstverhinderung ::: Ang haben nach dem § 8 Abs. 3 AngG Anspruch auf das Entgelt, wenn er/sie durch andere wichtige, seine/ ihre Person betreffende Gründe ohne sein/ihr Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der Leistung seiner/ ihrer Dienste verhindert wird. Dieser allgemeine Anspruch kann auch durch Vertrag nicht verkürzt werden.

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::: Arb haben auch diesen allgemeinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Dienstverhinderung. Kollektivverträge enthalten diesbezüglich aber oft eine einschränkende Aufzählung der entgeltpflichtigen Dienstverhinderungsgründe. Zwar gelingen aufgrund des Einsatzes der Gewerkschaften sowohl auf der Ebene der Kollektivverträge als auch der Gesetze immer wieder Fortschritte, eine Überwindung der Ungleichbehandlung scheitert bislang aber nach wie vor am Widerstand der Arbeitergeber-Verbände und deren Fürsprechern in der Politik. Zuletzt konnte zum Beispiel erreicht werden, dass ebenso wie Ang auch Arb einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben, wenn sie selbst Opfer von Katastrophen (zum Beispiel Hochwasser) geworden sind.

Thomas Kallab Jurist, Arbeiterkammer Wien E-mail: [email protected]

Ich war im Juni auf Urlaub und musste mein krankes Kleinkind eine Woche lang pflegen. Unterbricht das den Urlaub? Ja, denn dieser Fall ist einer eigenen Erkrankung gleichzuhalten. Das Urlaubsgesetz sieht vor, dass Krankheit den Urlaub unterbricht, wenn der Krankenstand länger als drei Tage dauert. In Betrieben mit Betriebrat ist vorgesehen, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat (BR) von einer Kündigungsabsicht verständigen muss und der BR eine Woche Zeit hat, dazu Stellung zu nehmen. Wie ist das in Betrieben ohne BR? Verlängert sich dann die Klagsfrist zur Anfechtung der Kündigung um diese Woche? Nein, im Gegenteil: Das Vorverfahren (eine Woche Zeit für den BR für eine Stellungnahme) fällt weg – daher kann eine Woche früher gekündigt werden. Im Fall eines Widerspruches kann der BR die Kündigung selbst anfechten. Klagt der BR nicht selbst, kann der/die ArbeitnehmerIn innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der für den BR geltenden Frist die Kündigung selbst beim Gericht anfechten. Da das Verfahren recht kompliziert ist und die Fristen sehr kurz sind, ist es dringend notwendig, so rasch wie möglich nach erfolgter Kündigung Rat bei Gewerkschaft oder AK einzuholen!

SERVICE

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Nani Kauer

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E-mail: [email protected]

first line of defense In knapp 40 Tagen wählen wir einen Nationalrat. Da gäbe es genug zu sagen, warum man wen wählen soll und wen nicht, wer wessen Interessen vertritt etc. – die Schlussfolgerung: Die Roten sind die Guten. Was auch gesagt werden muss: Was wir hier wählen, das kriegen wir dann auch in Europa. Denn neben dem Europäischen Parlament, das wir 2014 wählen, machen die MinisterInnen der 28 Mitgliedsstaaten auch EU-Politik – Leute mit Namen und Gesicht, die auch wir hier in Österreich wählen. Es ist nicht egal, wer in Europa zum Beispiel über Daseinsvorsorge bestimmt, wer über Arbeitsplätze für junge Menschen und wer über einheitliche Unternehmensbesteuerung in Europa entscheidet. Auch darum machen wir am 29. September unser Kreuzerl bei der Sozialdemokratie: Weil wir sind die Guten, und wir sind die „first line of defense“ (vorderste Verteidigungslinie) wenn ArbeitnehmerInnenrechte oder öffentliche Daseinsvorsorge zusammengestutzt werden sollen.

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GRUNDSAtz

erster Armutsbericht im Ländle

ergebnisse ernst Nach jahrelangem Widerstand der ÖVP ist es so weit: Der erste Voralrberger Armutsbericht liegt vor und bestätigt, dass Armut im Ländle weiblich ist. AK-Vizepräsidentin Manuela Auer fordert rasch Gegenmaßnahmen.

Als „Armutszeugnis für das Land“ wertet die Arbeiterkammer-Vizepräsidentin Manuela Auer die Ergebnisse des ersten Vorarlberger Armutsberichtes. Es zeige sich deutlich, dass „Armut in Vorarlberg weiblich ist“. Hier gelte es jetzt, rasch Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die AK-Vizepräsidentin begrüßt, dass „endlich ein solcher Armutsbericht erstellt wurde.“ Denn lange hat die ÖVP dies im Lande abgelehnt. Erst im Frühjahr 2011 gab sie ihren Widerstand auf und ermöglichte dadurch eine seriöse Erhebung der Armutssituation im

Ländle. Wichtig ist für Manuela Auer nun, dass die Ergebnisse der Studie von der Politik ernst genommen und die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. Rollenbilder allgegenwärtig Die Kernaussagen des ersten Armutsberichtes sind zusammengefasst, dass vor allem: ::: alleinerziehende Frauen und ::: alleinstehende Pensionistinnen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, armutsgefährdet sind. Das verwundert Auer nicht: „Wir waren

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Armut

: : : : d i e Fa k t e n : : : : Mitte 2013 präsentierte die Vorarlberger Landesregierung den ersten Armutsbericht. Der Bericht basiert auf Studien der Statistik Austria, der Fachhochschule Vorarlberg und dem Vorholz-Institut. Die Ergebnisse zeigen: Vorarlberg ist keine Insel der Seligen.

Auch alleinstehende Pensionistinnen sind armutsgefährdet.

nehmen damit in der Vergangenheit leider immer wieder konfrontiert.“ Als Gründe für diese besonders große Armutsgefährdung von Frauen macht die AK-Vizepräsidentin die tradierten Rollenbilder und noch immer unzureichenden Rahmenbedingungen für Frauen in Vorarlberg aus. Die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Konzentration auf einige wenige traditionelle Frauenberufe sowie die niedrige Bezahlung – all das führe letztendlich vor allem Frauen in die Armutsfalle. Schon lange bekannt Auer kritisiert, dass viele dieser Probleme schon lange bekannt sind, „bisher aber viel zu wenig beachtet wurden und nichts passiert ist“. Dies betreffe etwa

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::: Insgesamt sind in Vorarlberg rund 56.000 Menschen armutsgefährdet. ::: Weitaus am häufigsten betroffen sind mit einer Armutsgefährdungsquote von 63 Prozent alleinerziehende Frauen. ::: Auch bei den Pensionistinnen liegt das Risiko, in die Armut abzugleiten, mit 36 Prozent weit über dem Österreich-Schnitt (24 Prozent). ::: Auffallend ist, dass in Vorarlberg überdurchschnittlich viele Haushalte Kreditschulden haben und die Mieten deutlich höher sind als im Bundesschnitt. www.fsg.at/vorarlberg

das Thema Kinderbetreuungsplätze. Von ihnen gebe es nach wie vor viel zu wenige. „Das Land muss hier ein flächendeckendes Angebot schaffen, um den Frauen einen leichteren Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen. Denn klar sei auch: „Gut bezahlte Arbeit ist der beste Schutz vor Armut.“ Die steigende Ungleichheit in Vorarlberg dürfe nicht länger kleingeredet und ignoriert werden. Die Landesregierung müsse nun endlich handeln und den Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung verstärken. Rasch gegensteuern Begrüßt und unterstützt wird von Manuela Auer in diesem Zusammenhang die Forderung von Sozialorganisationen im Ländle nach Einberufung eines Vorarlberger Sozialgipfels. Gemeinsam mit ExpertInnen, Sozialpartnern und Nichtregierungsorganisationen (NGO) sollen dabei die Ergeb-

„Endlich liegt nach jahrelangem Widerstand der ÖVP ein Armutsbericht vor. Fazit: Gut bezahlte Arbeit ist der beste Schutz vor Armut.“ Manuela Auer, AK-Vizepräsidentin nisse des Berichtes analysiert und ein rasches und nachhaltiges Maßnahmenpaket gegen die Armut im Ländle erarbeitet werden. Autor: Michael Dünser

GRUNDSATZ

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www.f s g.at

Europäische Werte mit füSSen getreten

Beitritt nicht auf biegen und Die Welt blickt mit Argusaugen auf die Türkei. Mit Polizeigewalt wurde wiederholt gegen DemonstrantInnen vorgegangen. Die Perspektive auf einen EU-Beitritt will die Türkei trotzdem behalten.

Es wurde die Presse- und Meinungsfreiheit in einem nie da gewesenen Ausmaß beschnitten. Und das alles in einem Land, das eine Perspektive auf einen EU-Beitritt hat und nach ersten Aussagen auch künftig behalten will. Es wurden vonseiten einzelner politischer Verantwortlicher innerhalb der EU deutliche Worte gefunden, aber auch das EU-Parlament hat klargestellt, dass man derartige Verletzungen der Menschenrechte nicht akzeptieren wird.

Die Türkei hat sich ohne Zweifel selbst in eine Situation gebracht, die sie mehr denn je von Europa entfernt hat. Die Stimmen mehren sich, die darauf drängen, andere Formen der Zusammenarbeit zu finden und den Beitrittsprozess auszusetzen. Rechte nur am Papier Auch wir GewerkschafterInnen sind gefordert, die Türkei im Fokus zu behalten, werden doch die Rechte der Arbeitneh-

merInnen in vielen Fällen nicht eingehalten. Zwar hat die Türkei die Grundsätze der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert, dennoch ist es für viele Menschen nach wie vor unmöglich, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Türkische Gewerkschaften brauchen daher Unterstützung. Polizei gegen Proteste Die Türkei hat bei einer Bevölkerung von 77 Millionen Menschen eine Million Gewerkschaftsmitglieder. Der Grund dafür: Arbeitgeber üben großen Druck aus und entlassen jene ArbeitnehmerInnen, die einer Gewerkschaft beitreten wollen. Beispiel dafür sind die Vorgän-

Die Eurozone zerschlagen, Sparkurse noch verschärfen, Sozialstaaten vernichten: Nicht alle ExpertInnen meinen es gut mit der gegenwärtigen Lage – sie verfolgen lieber eigene Ziele und suchen nicht nach der Lösung der Krise.

der Sparkurs kann uns aus der Krise herausführen. Der Arbeitskreis Finanzpolitik und Sozialunion der SPÖ und SPD in Brüssel hat sich mit diversen Mythen und Lügen rund um die Eurokrise auseinandergesetzt.

Eurokrise: Mythen und Lügen Die einfachsten Antworten sind nicht immer die richtigen. Gerade im Zuge der sogenannten Eurokrise haben selbst ernannte ExpertInnen immer wieder Ratschläge erteilt, man möge doch die Eurozone zerschlagen, man solle die angeschlagenen Länder sich selbst überlassen und nur ein rigi-

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Europa/International

Manche wollen Krise gar nicht lösen In einer faktenbasierten Broschüre wurden die populärsten Irrtümer zusammengefasst und widerlegt. Fakten entlarven Ideologien, ermöglichen es, die richtige Diagnose zu stellen und helfen, brauchbare Lösungen zu entwickeln. Sie sind eine gute Argumentationsgrundlage, um gegen jene aufzutreten, die mit ihren Ideen andere Ziele – als die nachhaltige Lösung der Krise – verfolgen. Die Broschüre kann abgerufen werden unter: www.spd-bruessel.de

12. Jahrgang // Nummer 7–8 // Wien, August 2013

polizeigewalt

brechen ge bei Turkish Airlines, wo streikende MitarbeiterInnen per SMS entlassen wurden. Bis heute hat sich die Situation noch nicht beruhigt. Noch immer werden GewerkschafterInnen bedroht, die sich bei Turkish Airlines für bessere Bezahlung und Verträge einsetzen. Proteste auf dem Istanbuler Flughafen wurden durch massives Polizeiaufgebot verhindert. Um Geschäftseinbrüche zu umgehen, werden streikende Beschäftigte durch andere ArbeitnehmerInnen ersetzt, welche schlecht ausgebildet sind und zu geringen Löhnen arbeiten. Die Gewerkschaft für zivile Luftfahrt hat sich auch an das Sozialministerium gewandt und von dort Unterstützung erbeten, bisher jedoch ohne den geringsten Erfolg. Auch bei DHL Türkei, einem Tochterunternehmen der Deutschen Post, sind Beschäftigte Schikanen ausgesetzt. Das Management versucht, mit einer Einschüchterungstaktik die gewerkschaftliche Organisation zu verhindern. 21 Personen wurden wegen ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit gefeuert. Das Unternehmen schiebt fadenscheinige Begründungen vor, warum es zu den Entlassungen gekommen ist.

„Ein Land, das fundamentale Werte und Grundrechte der Europäischen Union wiederholt umgeht, kann kein verlässlicher Partner für die Zukunft sein.“ Evelyn Regner, EU-Abgeordnete

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derzeit Kein Partner Was Premierminister Recep Tayyip Erdogan in den vergangenen Jahren versucht hat, war die Umgestaltung der Wirtschaft – zu welchem Preis? Zum einen wurden sämtliche Schlüsselsektoren privatisiert, was zu Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen geführt hat. Insgesamt ist man von europäi-

Urlaubs-Hotspot Istanbul: Hinter den Kulissen gibt’s Hungerlöhne, Drohungen und Entlassungen.

schen Standards bei den ArbeitnehmerInnenrechten meilenweit entfernt. Die Türkei hält die Türen für all jene Betriebe offen, die außerhalb Europas einen billigen Standort suchen und dies zulasten der MitarbeiterInnen. Auch das muss die EU anprangern und Verbesserungen einfordern. Denn ein Land, das alle europäischen Werte umgeht, kann kein verlässlicher Partner für die Zukunft sein. Autorin: Evelyn Regner E-Mail: [email protected]

: : : : W EBTI P P : : : : www.evelyn-regner.at

Europa/International

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Fair.sozial.gerecht

Wofür Ihr Steuergeld ausgegeben wird Die ÖVP will 20 Milliarden Euro an Ausgaben einsparen. Das entspricht in Prozent etwa den Ausgaben für Erziehung, Unterricht, Forschung, oder den Zuschüssen zu den Pensionen oder auch schon fast den Ausgaben für soziale Wohlfahrt, Gesundheit. Arme würden dadurch zu Bittstellern, der Mittelstand zu Armen und den Reichen wäre es egal: sie bezahlen jetzt schon alles „privat“. Aber nur die solidarische Finanzierung kann elementare Risiken (Krankheit, Arbeitslosigkeit etc.) leistbar für alle absichern.

22,6 % 17 % 15,1 % 12,9 % 8,7 % 8,3 % 6,4 % 4,2 % 2,6 % 2,2 %

www.fsg.at/vermoegenssteuern

Länder und Gemeinden

Soziale Wohlfahrt, Gesundheit

Pensionen (ASVG und Öffentlicher Dienst)

Erziehung, Unterricht, Forschung, Wissenschaft

Hoheitsverwaltung, Staats- und Rechtssicherheit Zinsen für Staatsschulden

ÖBB, StraSSen, sonstiger Verkehr

Wirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, Tourismus Beitrag zur Europäischen Union Landesverteidigung

Quellen: Statistik Austria, Bundesministerium für Finanzen, Angaben in Prozent individueller Steuerleistung, vereinfachte Darstellung.

3,9 % Wer millionäre noch füttern will Als Vertreter der Millionäre entpuppt sich ÖVP-Obmann Spindelegger. Geschröpft sollen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen werden. Draufgehen wird der Mittelstand, einstreifen werden’s wieder die Millionäre. Auf die Erfahrung älterer ArbeitnehmerInnen kann Michael Spinelegger nicht verzichten. Das hilft ihm wenig, wenn die Wirtschaft keine alternsgerechte Arbeitsplätze anbietet und Ältere sogar noch kündigt oder nicht einstellt. Die ÖVP will

auch eine Wirtschafts-Partei sein, weil sie eine Familien-Partei ist. Zugleich will sie aber das gesetzliche Frauenpensionsantrittsalter vorzeitig anheben, was die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmerinnen sprunghaft erhöhen würde. Spindeleggers

Programm geht daher klar zulasten der ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen – mit 20 Milliarden Euro Einsparung nicht zu knapp. Seine Klientel: Reiche und Millionäre. Die bessere Wahl gibt’s daher unter: www.wahl2013.spoe.at

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Ein Ersuchen des Verlages an den/die BriefträgerIn: Falls Sie diese Zeitschrift nicht zustellen können, teilen Sie uns bitte hier den Grund und gegebenenfalls die neue oder richtige Anschrift mit

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