Antworten der Bundestagsparteien auf Wahlprüfsteine zu Patenten

Wahlprüfsteine patentverein.de e.V. Antworten der Bundestagsparteien auf „Wahlprüfsteine“ zu Patenten 1. Das EU-Einheitspatent steht vor der Ratifizi...
Author: Klemens Fertig
4 downloads 0 Views 169KB Size
Wahlprüfsteine patentverein.de e.V.

Antworten der Bundestagsparteien auf „Wahlprüfsteine“ zu Patenten 1. Das EU-Einheitspatent steht vor der Ratifizierung. Wie wird Ihre Fraktion entscheiden? Bündnis 90/Die Grünen: „Im Dezember 2010 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für einen Ratsbeschluss über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Patentbereich vor, der im März 2011 vom Rat genehmigt wurde. Im April 2011 unterbreitete die EU-Kommission Vorschläge für zwei Verordnungen über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit: 1) die Verordnung nach Art. 118 (1) AEUV zur Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes und 2) die Verordnung nach Art. 118 (2) AEUV über die anwendbaren Übersetzungsregelungen. Im Juni 2011 legte der Rat eine allgemeine Ausrichtung zu den zwei Verordnungsvorschlägen fest. Im Dezember 2011 genehmigte der federführende Rechtsausschuss des EU-Parlaments die beiden Verordnungsentwürfe. Ein Jahr später, im Dezember 2012 billigte der Rat die beiden Verordnungen sowie das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht ("Patentpaket") und das Europäische Parlament stimmte über das Patentpaket ab. Wenige Tage später erfolgte die Unterzeichnung der beiden Verordnungen und am 31.12.20112 die Veröffentlichung der beiden Verordnungen im Amtsblatt der Europäischen Union L 361 vom 31.12.2012. Da die entsprechende EU-Verordnung bereits in Kraft sind und es keinen Umsetzungsbedarf in deutsches Recht gibt, da die Verordnungen unmittelbar Anwendung finden, gibt es, auch wenn die Regelungen erst später angewendet werden, für die Parlamente der Nationalstaaten nichts mehr zu entscheiden.“ CDU/CSU: „CDU und CSU unterstützen das EU-Einheitspatent, denn damit können deutsche Unternehmer und Tüftler ihre Ideen mit einem einzigen Patent in fast ganz Europa schützen lassen. Das bedeutet besseren Patentschutz und nur noch einen Bruchteil der Kosten für den deutschen Mittelstand. Wir wollen das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht zügig ratifizieren, damit das neue Gericht seine Tätigkeit sobald wie möglich aufnehmen kann.“ Die Linke: „Wir unterstützen das Europäische Patent, sofern es besser als bisher die entsprechenden Normen etwa in den Bereichen Software- und Biopatente beachtet und mit einer unabhängigen Rechtsprechung ausgestattet wird.“ FDP: „Die FDP begrüßt das EU-Einheitspatent. Beim Einheitspatent handelt es sich um ein europäisches Patent, dem auf Antrag des Patentinhabers einheitliche Wirkung ab dem Zeitpunkt der Patenterteilung zukommt. Dies ist einer der Hauptvorteile des geplanten EU-Einheitspatents. Das EU-Einheitspatent wird außerdem gegenüber den Patentsystemen der USA, China oder Japan zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und zu mehr Rechtssicherheit führen.“

1

SPD: „Die SPD begrüßt, dass nach jahrelangen Streitigkeiten der Weg für das EU-Patent frei ist. Damit das Einheitspatent in Kraft treten und die erhofften Erleichterungen bringen kann, muss es von Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie mindestens weiteren 10 der teilnehmenden EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Dieser Prozess wird erfahrungsgemäß Zeit in Anspruch nehmen. Einer Ratifizierung in Deutschland wird sich die SPD nicht verschließen.“

2. Der Deutsche Bundestag hat im Juni 2013 den interfraktionellen Antrag zur Eindämmung der Softwarepatentierung einstimmig angenommen. Wie geht es aus Ihrer Sicht weiter? Bündnis 90/Die Grünen: „Erst vor wenigen Wochen haben alle Fraktionen des Bundestages gemeinsam den interfraktionellen Antrag “Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softwarebereich sichern – Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen” in den Bundestag eingebracht, der der ausufernden Patentierung im Softwarebereich klare Grenzen aufzeigt. In der Initiative kommt das gemeinsame Anliegen aller Fraktionen zum Ausdruck, Softwarelösungen zukünftig ausschließlich urheberrechtlich zu schützen und darüber hinaus keinen Patentschutz für abstrakte Lösungen zu gewähren. Eine Ausnahme soll lediglich für Lösungen gelten, bei denen das Computerprogramm eine mechanische oder elektromechanische Komponente ersetzt. Nach der ersten Lesung des Antrags im Plenum des Bundestages fand eine Anhörung zur Initiative statt, bei der diese viel Lob erfuhr, so dass die Initiative vor der abschließenden Beratung keine Änderung mehr erfuhr. Als GRÜNE haben wir uns sehr über die interfraktionelle Initiative und die Erneuerung der gemeinsamen Absichtsbekundung gefreut, die ganz ähnlich – ebenso interfraktionell – bereits in der 15. Wahlperiode gefasst wurde, ohne dass es zu notwendigen Nachjustierungen gekommen war. Da sich auch die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ ähnlich positioniert und eine entsprechende Handlungsempfehlung an den 17. Deutschen Bundestag ausgesprochen hat, gehen wir davon aus, dass das Anliegen umgehend nach Beginn der nächsten Legislatur tatsächlich in Angriff genommen wird und die notwendigen Nachjustierungen tatsächlich vorgenommen werden. Die heute vielfach zu beobachtende, unklare Rechts- und unüberschaubare Patentlage sind im Interesse von Niemandem.“ CDU/CSU: „Mit der Verabschiedung des Antrags „Wettbewerb und Innovation im Softwarebereich sichern - Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen“ haben wir bekräftigt, dass Softwareentwicklungen grundsätzlich durch das Urheberrecht und nicht durch das Patentrecht geschützt werden sollen. Dieser Grundsatz entspricht der geltenden Gesetzeslage. Wir werden aber auch die Rechtsentwicklung in der Praxis weiterhin beobachten und daraus gegebenenfalls die erforderlichen Konsequenzen ziehen.“ Die Linke: „DIE LINKE hatte noch weitergehende Positionen im Bereich der Softwarepatente, die wir in den entsprechenden Beratungen auch deutlich gemacht haben. Wir erwarten nach dem Beschluss des Bundestages, dass die Regierung auf europäischer Ebene klar für die Einhaltung des weitgehenden Ausschlusses von Softwarepatenten einsetzt. Die ausufernde Praxis, das Kriterium der „Technizität“ immer weiter auszudehnen, muss beendet werden.“

2

FDP: „Der Antrag „Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softwarebereich sichern – Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen“ wurde als interfraktioneller Antrag von vier Fraktionen in den Bundestag eingebracht und einstimmig, mit einer Stimmenenthaltung, angenommen. Wir erwarten von der Bundesregierung sich den Forderungen des Antrags anzunehmen und diese umzusetzen.“ SPD: „Der Bundestag hat mit seinem klaren Bekenntnis zur Begrenzung von Softwarepatenten die Bundesregierung verpflichtet, sich in Deutschland und auf europäischer Ebene für eine Evaluierung der Patenterteilungspraxis bei den nationalen und europäischen Patentämtern einzusetzen. Das Ziel ist, Rechtssicherheit für Softwareentwickler in Europa zu schaffen. Wenn die SPD sich in Regierungsverantwortung befindet, werden wir diesem Handlungsauftrag entsprechend prüfen, inwiefern und welche Maßnahmen notwendig sind, um das Urheberrecht an Software zu sichern und gleichzeitig die Patentierbarkeit von Software so einzuschränken, dass Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsdynamik nicht behindert werden.“

3. Mit dem 2011 den Fraktionen des Deutschen Bundestags vorgestellten Gesetzentwurf will der Patentverein vorläufigen Rechtsschutz gegenüber der Patenterteilung erreichen. Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben (bzw. zum Trennungsprinzip in der Patentgerichtsbarkeit und zur Aussetzungspraxis der Verletzungsgerichte vor dem Hintergrund der hohen Erfolgsaussichten für die Einsprüche und Nichtigkeitsverfahren)? Bündnis 90/Die Grünen: „Der den Fraktionen durch den Patentverein übersandte Gesetzentwurf stellt einen Vorschlag dar, den es im Zuge der notwendigen Nachjustierungen in diesem Bereich genau zu prüfen gilt. Das werden wir gerne tun.“ CDU/CSU: „Die bestehenden Instrumente für den Rechtsschutz im Patentrecht haben sich nach Auffassung von CDU und CSU grundsätzlich bewährt. Wir werden prüfen, ob und wo hier in einzelnen Bereichen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber bestehen könnte.“ Die Linke: „Wir unterstützen diesen Vorschlag. Die Rechtspraxis zeigt, dass viele Patente zu stark als Wettbewerbshindernis eingesetzt werden.“ FDP: „In patentrechtlichen Streitigkeiten ist die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes eher die Ausnahme. Dies lässt sich auf die Komplexität der technischen Sachverhalte zurückführen. Nur wenn der Verletzungstatbestand offensichtlich ist und das Verfügungspatent, z. B. durch abgeschlossene Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren bestätigt ist, kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht. Der Erlass einstweiliger Verfügungen ist daher nach den bisherigen Regelungen nicht ausgeschlossen.“ SPD: „Die SPD hat sich mit der Frage, ob und inwieweit der Rechtsschutz gegenüber der Patenterteilung verbessert werden muss, noch nicht intensiv beschäftigt. Auch zur gegenwärtigen Aussetzungspraxis der Gerichte liegen uns keine zureichenden Erkenntnisse vor. Eine abschließende Meinungsbildung zum Gesetzentwurf des Patentvereins steht daher aus.“

3

4. Der Mittelstand nimmt am Patentsystem nicht entsprechend seiner hohen wirtschaftlichen Bedeutung teil, wenn z.B. 50% der Anmeldungen durch nur 3% der (Viel-)Anmelder erfolgen. Wie kann die Rolle des innovativen Mittelstands im Patentwesen gestärkt werden? Bündnis 90/Die Grünen: „Im Zuge der Debatte um den interfraktionellen Antrag zum Softwarebereich haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN immer wieder auf diese Benachteiligung von kleinen und mittleren Betrieben gegenüber Global Playern, die es sich leisten können, auf Patentrecht spezialisierte Rechtsabteilungen zu unterhalten, aufmerksam gemacht. Den in der gemeinsamen Initiative zum Ausdruck gekommenen einhellige Willen, Marktzugangsbarrieren vor allem für kleine und mittlere Unternehmen effektiv einzuschränken, haben wir GRÜNE in der parlamentarischen Debatte ausdrücklich begrüßt. Gerade durch die heute in Teilen unklare Rechts- und eine häufig unüberschaubare Patentlage steigt die Gefahr, unbeabsichtigt die Patente Dritter zu verletzen. Hierdurch wird, gerade bezüglich kleiner und mittlerer Unternehmen, Innovationskraft in einem auf Innovationen angewiesenen Bereich unnötig ausgebremst. Aufgrund immer schneller werdenden Innovationszyklen und einer ganz erheblichen Anzahl gewährter Softwarepatente sowie einer – teilweise sicherlich auch bewusst – unklaren Formulierung vieler Patentansprüche ist es vor allem kleinen und mittleren, aber zunehmend auch großen Unternehmen heute praktisch unmöglich, die Patentlage zu überblicken. Hier gilt es wichtige Nachjustierungen, die die schwarz-gelbe Bundesregierung in den vergangenen Jahren trotz entsprechender Aufforderungen nicht angegangen ist, endlich vorzunehmen. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es nicht hinnehmbar, weiter beobachten zu müssen, dass es sich zwar wenige große Unternehmen leisten können, angesichts der Unwägbarkeit eines langwierigen Rechtsstreits Patentlizenzgebühren oftmals auch dann zu zahlen, wenn ein entsprechender Anspruch durchaus zweifelhaft ist, während kleine und mittelständige Unternehmen sowie einzelne Entwickler dies nicht können. Der Handlungsbedarf ist also hoch.“ CDU/CSU: „Die CDU/CSU-geführte Bundesregierung hat die innovative Rolle des Mittelstands im Patentwesen in dieser Legislaturperiode bereits deutlich gestärkt. Im Rahmen der Patentrechtsnovelle haben wir die Anmeldeverfahren entbürokratisiert und vereinfacht, dadurch sind Patentanmeldungen gerade für Mittelständler deutlich kostengünstiger geworden.“ Die Linke: „Wir gehen davon aus, dass die vereinfachte und kostengünstige Anmeldung des EU-weiten Patentes hier Fortschritte bringen sollte. Zudem muss die Patentethik besser als bisher Einzug in die Unternehmenslandschaft halten. Trivialpatente minderer Qualität sollten nicht mehr zugelassen werden. Der Missbrauch zur Blockade von Konkurrenz muss aufhören. Stattdessen sollte gerade in Forschung und Wissenschaft der Wert echter Erfindungen besser als bisher beachtet werden.“ FDP: „Der Mittelstand bildet das Rückgrat unserer Wirtschaft. Diesen gilt es weiterhin zu fördern, insbesondere im Patentwesen. Die Patentrechtsnovelle, die der Bundestag diesen Sommer verabschiedet hat, wird durch den enthaltenen Kosten- und Bürokratieabbau insbesondere dabei helfen, dass Patentsystem in Deutschland attraktiver zu machen.“

4

SPD: „Wir brauchen eine Innovationsstrategie für den deutschen Mittelstand. Insbesondere der Wissens- und Forschungstransfer muss gestärkt werden – von der Idee bis hin zur wirtschaftlichen Verwertung. Folgende Maßnahmen stehen für uns zur Erreichung dieses Ziels im Vordergrund: Neben der Projektförderung muss eine Form der steuerlichen Forschungsförderung etabliert werden, die kleinen und mittleren Unternehmen zu Gute kommt. Dabei müssen Mitnahmeeffekte vermieden und auch jene Unternehmen unterstützt werden, die mangels Gewinnen keine Steuergutschriften erhalten können. Wir prüfen daher die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung etwa in Form einer wachstumsorientierten Personalkostenzulage. Dabei erhalten die Unternehmen in den beiden ersten Jahren einen 30-prozentigen Zuschuss zu den Kosten neu geschaffener F&E-Arbeitsplätze. Dieser kann entweder über eine Steuergutschrift oder als Direktzahlung erfolgen. Finden im dritten Jahr keine zusätzlichen Einstellungen statt, läuft die Förderung aus. Von einer solchen Förderung sollen in erster Linie junge und wachsende Unternehmen profitieren.“

Stellungnahme von patentverein.de zu vorgenannten Wahlprüfsteinen: Zu Wahlprüfstein 1: Bündnis 90/Die Grünen Zur Frage bzgl. der Ratifizierung des EU-Einheitspatents besteht Klärungsbedarf und wir verweisen auf den Experten RA Rasmus Keller. Demnach ist im Gesamtpaket die Regelung der Gerichtsbarkeit zum EU-Patent offen und erfordert die Zustimmung der Parlamente. Hier besteht durchaus Gestaltungsspielraum mit wesentlichen Auswirkungen für die spätere Patentpraxis. Wir würden es sehr begrüßen, wenn zu diesen Beratungen auch der Mittelstand gehört wird. Zu Wahlprüfstein 4: CDU/CSU Von Preissenkungen profitiert immer derjenige, der die Leistungen in Anspruch nimmt. Dies ist eben nicht der Mittelstand sondern es sind die Vielanmelder. Gebührensenkungen beim Patentamt sollten nicht als Erfolg für den Mittelstand gewertet werden. Im Gegenteil würden hohe Anmeldegebühren (mit ausgleichenden Freibeträgen für wenige erste Anmeldungen) die Vielanmelder schrecken und die Patentflut eindämmen. Im Übrigen sind für eine Anmeldung erfahrungsgemäß ca. 8.000 € zu budgetieren, die im Wesentlichen die Kosten des Patentanwalts decken.

5