Anlagestrategie 1. Quartal 2017

„In der Mittelschicht gibt es auch Globalisierungsverlierer, faktisch und gefühlt. Sie sind mit ihrem Status unzufrieden, verunsichert und kommen mit ...
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„In der Mittelschicht gibt es auch Globalisierungsverlierer, faktisch und gefühlt. Sie sind mit ihrem Status unzufrieden, verunsichert und kommen mit dem Risiko, dem sie ausgesetzt sind, immer schwerer klar. Aus Politik und Gesellschaft bekommen sie wenig Antworten." Werner Baumann; CEO der Bayer AG

Anlagestrategie 1. Quartal 2017 „Nein, für den Frieden der Welt geht von Russland heute viel weniger Gefahr aus als etwa von Amerika. Das können Sie ruhig so drucken.“ Helmut Schmidt, dt. Politiker (SPD), 1974-82 Bundeskanzler

Allgemeine Situation Globalisierung, Digitalisierung und multikulturelle Gesellschaften überfordern immer größere Teile der europäischen Bevölkerungen. Die Bertelsmann-Stiftung hat in einer aktuellen Studie herausgestellt, dass die Angst vor der Globalisierung beim Erfolg von rechtspopulistischen Parteien in Europa die entscheidende Rolle gespielt hat; Länderübergreifend sehen vor allem die Anhänger von AfD (78 Prozent), der französischen Front National (76) und der FPÖ in Österreich (69) die Globalisierung als Bedrohung. Die Situation wird zusätzlich durch die wirtschaftliche Notlage großer Bevölkerungsschichten verschärft. Der Entwurf des Armutsberichts der Bundesregierung verdeutlicht, dass immer mehr Menschen und Haushalte in Deutschland überschuldet sind. Demnach stecken 2,05 Millionen Haushalte und somit ca. 4 Millionen Menschen in der Schuldenfalle. Obwohl viele Menschen einer beruflichen Vollzeittätigkeit nachgehen, sind sie nicht mehr in der Lage, ihr normales Leben eigenständig zu finanzieren. Die Lage in den südeuropäischen Ländern - dort insbesondere die Jungendarbeitslosigkeit hatten wir an dieser Stelle bereits mehrfach thematisiert. In Kenntnis dieser Sachlage waren der Brexit, der Ausgang der US-Wahl sowie die Ablehnung des italienischen Referendums für uns keine Überraschungen und wurden so von uns auch erwartet. Vor diesem Hintergrund bleibt es mit Blick auf das Jahr 2017 turbulent; es stehen nicht nur in den Niederlanden Wahlen an, sondern auch in den drei großen EU-Ländern Frankreich, Italien und Deutschland wird gewählt. Mit weiteren Abrechnungen gegenüber dem Europa-freundlichen Establishment muss wohl ernsthaft gerechnet werden. Die politischen Eliten haben sich in der öffentlichen Wahrnehmung auch zu weit von ihren Bürgern entfernt und lassen ferner den Mut politischer Eigenständigkeit vermissen; deutlich wird dies am Umgang mit Russland. Das Handelsblatt hatte von dem ARDDeutschland-Trend berichtet; demnach besitzt die Stationierung der NATO Truppen in Polen etc. nicht den Rückhalt der deutschen Bevölkerung. 67 Prozent sind gegen die Truppen-Verlagerung, 88 Prozent befürworten einen Dialog mit Russland. Die Volksvertreter haben die Sanktionen trotzdem weiter verlängert. -1

Wir betonen ausdrücklich, dass wir eine vollkommen neutrale Position beziehen und dass jedes Individuum oder jede Gruppe eigene Interessen vertritt; gleichwohl sind wir in der einseitigen Bewertung der Russlandpolitik häufig mehr als verwundert. Früher war es völlig selbstverständlich, gegenteilige Meinungen und Einschätzungen nicht als Angriff, sondern als Bereicherung zu empfinden. Zur Zeit der Wiedervereinigung haben die Russen gemeinsam mit den USA das Ende des Kalten Krieges betrieben und es gab die vertragliche Vereinbarung, dass auf diesem Gebiet keine Truppen stationiert werden. Dem Argument der „russischen Aggression“ folgend, kam es zu einem laufenden, militärischen Heranrücken der NATO an Russland; heute stehen die Panzer der NATO nur noch 150 km von St. Petersburg entfernt und wir sollten uns doch einmal die Frage stellen, wie sich der Russe dabei fühlen muss. Wir können eher dankbar sein, dass Putin auf diese Provokationen bisher nicht reagiert hat; gleiches gilt für den Abschuss eines russischen Flugzeuges durch den NATO-Partner Türkei. Wer die Geschichte bemüht, hat zudem Verständnisschwierigkeiten mit dem Begriff „russische Aggression“. Wann noch mal griff Russland zuletzt Europa an? Wie war das 1812 unter Napoleon, wie beim ersten und beim zweiten Weltkrieg? -2

Das Handelsblatt hatte in einem Leitartikel zur neuen NATO-Doppelstrategie die Aussage getroffen, dass der Kreml Europa und Amerika spalten will; wir können diese Aussage natürlich nicht widerlegen. Meiner neutralen Position folgend habe ich den Redakteur angeschrieben und mit der Personalie Georg Friedman bekannt gemacht. Dieser gründete 1996 das private Beratungsinstitut Stratfor, welches insbesondere als US-Militärberater bekannt ist. In dem nachfolgenden Video (insbesondere ab 1:42h und 11:17h) wird eindeutig das Hauptziel der US-Außenpolitik dokumentiert und dieses steht damit in vollständiger Konkurrenz zum Handelsblatt: https://www.youtube.com/watch?v=gcj8xN2UDKc . Wir erhielten trotz nochmaliger Reklamation keine Antwort vom Handelsblatt und wer sich mit der Personalie Georg Friedmann beschäftigt, findet noch weitere, erschreckende Informationen und Aussagen; insbesondere zur Flüchtlingsthematik. Der Krieg in Syrien ist mehr als schrecklich, maximal unverständlich und die Unterscheidung zwischen guten und schlechten Bomben ist an Zynismus nicht zu überbieten. Wer sich - so schwierig dies auch fallen mag - auf die juristische Sachebene begibt, wird feststellen, dass nach dem Völkerrecht die Russen als einzig legitime ausländische Kraft in Syrien tätig sind, da sie als Verbündete Assads von diesem zur Hilfe gerufen wurden. Militärische Angriffe auf Staaten sind nach UN-Charta nur nach Ermächtigung durch den Sicherheitsrat „erlaubt“; diese Ermächtigung wurde den in Syrien und Irak operierenden westlichen Staaten nie erteilt. Der frühere US-Außenministers Collin Powell bezeichnete seine eigene (Falsch)Aussage, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfüge, später als größter Fehler seiner politischen Karriere. Das Ergebnis dieser „Falschen Nachricht“ führte bekanntlich in einen Krieg im Irak mit ca. 1,5 Mio. Toten und hinterließ eine vollkommen zerstörte und destabilisierte Region; inwieweit hier die Brutstätte des heutigen Terrorismus liegt, soll jeder für sich beantworten. Das der noch US-Präsident Obama in Kenntnis der eigenen, langjährigen Vorgehensweise heute Moskau wegen „Fake News“ für den Ausgang der US-Wahl verantwortlich macht, ist schwer nachvollziehbar. Die moralische Legitimation für gestreuten Nachrichten kann nicht mit der Adresse des Absenders begründet werden; übrigens hat Obama auch heute keine Beweise zu seinen Aussagen vorgelegt. Wer von der politischen auf die wirtschaftliche Ebene wechselt, findet aktuell einige Beispiele ausgeprägter (amerikanischer) Interessensvertretungen: •

Den Fall Aixtron bezeichnen wir als wirtschaftspolitischen Skandal. Wirtschaftsminister Gabriel zog ohne Angabe von Gründen seine Zustimmung zur Übernahme des Anlagenbauers durch den chinesischen Investor Grand Chip Investment (GCI) zurück. Der amerikanische Geheimdienst hat beim Bundeskanzleramt Ermittlungsergebnisse präsentiert, wonach Produkte von Aixtron auch militärisch genutzt werden können. Das war allerdings keine neue Erkenntnis und Aixtron erhielt bis zur Vorsprache des amerikanischen Geheimdienstes bedenkenlos alle notwendigen Exportlizenzen. In Asien ist die Branche ein milliardenschwerer Markt; Pikant an der Angelegenheit ist, dass Aixtrons größter Konkurrent Cree ein amerikanisches Unternehmen ist! -3

Aixtron, seine Aktionäre und Mitarbeiter sind daher Opfer amerikanischer Eigeninteressen bzw. fehlender Stärke deutscher Politiker geworden. •

FATCA ist ein US-amerikanisches Gesetz, dessen Ziel die Vermeidung der Steuerflucht US-amerikanischer Steuerpflichtiger außerhalb der USA ist. Das von den USA aufgedrückte internationale Steuergesetz bietet den USA in Sachen Steuertransparenz erhebliche Lücken. Die US-Steuerbehörde IRS liefert keine Informationen an andere Länder über Firmenkonten sowie über Konten, wenn auf diese keine Gelder fließen, die in den USA verdient worden sind. Wir fragen uns seit FATCA regelmäßig, was es die USA angeht, wenn wir für einen deutschen Kunden ein Depot in Deutschland oder der Schweiz eröffnen.



OECD-Abkommen über den automatischen Informationsaustausch. Die USA sind dem Abkommen NICHT beigetreten und daher muss kein US-Finanzinstitut irgendwelche Informationen zu Kunden ohne US-Bezug melden.

Milliarden von Offshore-Geldern fließen seit FATCA bzw. dem OECD-Abkommen in die USA und diese haben sich als das neue Steuerparadies Wettbewerbsvorteile in der Finanzbranche verschafft. Cui bono; wem zum Vorteil. Diese Frage hilft bei der Recherche immer weiter. Hinsichtlich der Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland an dieser Stelle nur der nicht ganz ernst gemeinte Hinweis, dass McDonalds in Moskau natürlich unverändert geöffnet hat.

„Der Crack-up-Boom, der durch Fiat-Geld, QE-Gelddrucken, Nullzinsen und nun Strafzinsen angeheizt wird, kommt weltweit. Er wird die Weltwirtschaftskrise wie ein Picknick im Park aussehen lassen“ Jay Kawatsky Lehrbeauftragter am Montgomery College in Rockville, Maryland

Aktien Nach Berechnungen des US-amerikanischen Finanzdaten-, Analyse- und Softwareunternehmen FactSet Research gingen die Gewinne der US-Firmen im vorletzten Quartal um rund 3,5 Prozent zurück. Dies war das fünfte aufeinanderfolgende Quartal, in dem die Profite schrumpften und das gab es nicht einmal während der Finanzkrise. -4

Wir vertreten unverändert unseren Standpunkt, dass die Aktien inzwischen überwiegend schon eine recht ambitionierte Bewertung erreicht haben; US-Aktien werden mit einem üppigen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 17 bewertet. Die Marktkapitalisierung von Alphabet (Google) war zum Ende des Jahres 2016 größer als der Wert aller Unternehmen des MSCI World Metals & Mining zusammengenommen; immerhin sind hier über 180 Unternehmen - darunter Großkonzerne wie BHP Billiton, Rio Tinto, Glencore oder Barrick Gold - aufgeführt. Anfang August 2016 waren Apple, Google, Microsoft, Amazon und Facebook für einige Minuten die fünf wertvollsten Unternehmen der Welt. Die nachfolgende Grafik von Statista zeigt, wie sehr sich die Verhältnisse in den vergangenen zehn Jahren verschoben haben.

Interessant ist an dieser Stelle auch einmal der Blick auf die Entwicklung der Verschuldungssituation in den Unternehmen. Dank der Europäischen Zentralbank (EZB) konnten sich diese zu traumhaft günstigen Konditionen refinanzieren. (Beispiel: BMW zahlte im Jahre 2008 für eine fünfjährige Anleihe noch einen Zins von 8,875% p.a.; aktuell liegt der Zinssatz für eine vergleichbare Anleihe nur noch bei 0,125% p.a.). Nach Recherchen des Handelsblattes führte dieser Sachverhalt soweit, dass Unternehmen massiv Schulden aufgebaut haben, die früher nicht bezahlbar gewesen wären. Die Schulden der Dax-Unternehmen sind seit der Finanzkrise im Jahre 2008 um 45% angestiegen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang zwei Aspekte. Wie verkraften die Unternehmen eine etwaige (nachhaltige) Zinswende und welche sinnvollen Investitionen wurden getätigt, um bei Fälligkeit genügend Liquidität für die Tilgung erwirtschaftet zu haben? Bei der richtigen Aktienauswahl adäquater Anlagemöglichkeiten sind beide Aspekte von Bedeutung; ansonsten muss ein immer größerer Schuldensaldo zu höheren Konditionen refinanziert werden. -5

Warum in diesem Umfeld die Kurse steigen konnten, lässt sich mit dem Begriff des Crack-up-Boom sehr gut erläutern. Wikipedia schreibt zu diesem Begriff folgendes:

Der Begriff der Katastrophenhausse (englisch: Crack-up-Boom) geht auf Ludwig von Mises, einen der bekanntesten Vertreter der österreichischen Schule der Nationalökonomie, zurück. Hiermit wird ein Boom am Aktienmarkt beschrieben, der sich nur noch aus der Angst vor Wertverlust speist. Obwohl die wirtschaftlichen Aussichten der Unternehmen sehr schlecht sind, steigen deren Kurse nominal und auch real (inflationsbereinigt) stark an. Ursachen: Gerät die Inflation außer Kontrolle und kann nicht mehr eingedämmt werden, verlieren die Wirtschaftssubjekte das Vertrauen in die Papierwährung und versuchen daher, ihr Geld in Sachwerte umzutauschen. Wenn die Inflation höher als das Zinsniveau ist, erzielen Investoren einen negativen Realzins. Insbesondere große institutionelle Investoren beginnen dann, ihre großen Bestände an Anleihen zu verkaufen und den Erlös in Aktien zu investieren. Hierdurch kommt sehr viel Geld auf ein begrenztes Angebot an Aktien, weswegen deren Kurse sehr stark steigen auch bei schlechten fundamentalen Aussichten. Die Katastrophenhausse leitet die letzte Phase eines Papiergeldsystems ein. Am Ende des Booms kann der bankrotte Staat nur noch eine Währungsreform durchführen.

Solange die Zentralbanken die Kapitalmärkte weiterhin mit billigem Geld fluten und ferner, wie am Beispiel der Bank of Japan, auch als direkte Aktienkäufer auftreten, rechnen wir unter starken Schwankungen mit weiter ansteigenden Kursen. Die Kunst wird sein, den richtigen Zeitpunkt zu finden; manchmal braucht es halt ein wenig Geduld, bevor Erwartetes sich bewahrheitet.

„Die derzeitigen Zinsen können das Kaufkraftrisiko, welches Investoren aktuell eingehen, nicht annähernd kompensieren. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sollten Anleihen mit einem Warnschild versehen sein.“ Warren Buffett (amerikanischer Investor)

Obligationen und Wandelanleihen Anfang November ließ die Volksbank Niederschlesien einen ersten Testballon starten. Die Volksbanker haben ein Tabu gebrochen, weil sie erstmals im Segment der Kleinund Durchschnittssparer faktisch Minuszinsen einführten. In Kombination aus niedrigem Zins und Gebühr erhebt die Bank z.B. bei einem Sparguthaben von € 10.000,-- einen Minuszins von rund 0,6 Prozent. Im beschaulichen Bautzen kann nun einmal getestet werden, ob die Prognose des Marktforschungsinstitut GfK Aussagekraft besitzt. Demnach sollen Minuszinsen einen Ansturm auf die Bankschalter auslösen, da die Bundesbürger ihr Geld lieber abheben, als darauf Strafzinsen zu bezahlen. -6

Die EZB fordert seit Juni 2014 Strafzinsen, wenn Banken bei ihr Geld hinterlegen; seit März dieses Jahres beträgt der Zinssatz minus 0,4 Prozent. Die Deutsche Bundesbank erklärte auf Rückfrage, dass die Zahlungen der deutschen Banken für Negativzinsen im Jahr 2015 bei 248 Millionen Euro gelegen haben und dass dieser Zinsaufwand 2016 auf circa eine Milliarde Euro ansteigen werde! Wir gehen mit Blick auf die Ertragslage der Banken fest davon aus, dass Negativzinsen kurzfristig an alle Kunden weitergegeben werden. Wir sehen die größte „Preisblase“ unverändert an den Anleihemärkten. Ende Juli 2016 stockte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble seine in 30 Jahren fällige Anleihe auf und musste den Anlegern dafür nur eine Rendite von 0,45 % p.a. zahlen. Noch nie konnte sich der Bund über diese lange Laufzeit so billig verschulden und trotzdem war die Emission - für uns vollkommen unverständlich - überzeichnet. Doch „sichere Häfen“ sind deutsche Bundesanleihen allenfalls für Investoren, die sie bis zur Fälligkeit halten. Anleihen werden jedoch während der Laufzeit gehandelt und der variable Kurs der Anleihe gleicht den festen Coupon an das jeweils gültige Renditeniveau an; insgesamt erwarten wir hier massive Kursverluste. Wenn die Rendite der jetzt aufgestockten 30-jährigen Anleihe von 0,5 auf zwei Prozent steigt, geht dies mit einem Kursverlust von sage und schreibe 45 Prozent einher. Bei einer zehnjährigen Anleihe bedeutet ein ähnlicher Renditeanstieg einen Kursverlust von 15 Prozent. Die Verlängerung des EZB-Anleihekaufprogramms könnte durch die einhergehende Erhöhung der Nachfrage nochmals kurzfristig für einen Kursanstieg sorgen und somit die Renditen weiter drücken. Insgesamt sind die Aussichten für nur etwas längere Laufzeiten katastrophal; dies auch vor dem Hintergrund, dass die Inflationserwartungen an den Märkten zu gering sind. Wir glauben nicht, dass die Inflation in 30 Jahren noch so niedrig liegt wie heute. -7

Wie sehr die Möglichkeiten der Geldpolitik beschränkt sind, konnten wir im 4. Quartal erleben. Der zunehmende Inflation indizierende, anziehende Ölpreis sorgte für eine Verkaufswelle von Staatsanleihen und die Rendite für 10-jährige US-Staatsanleihen erreichte zum ersten Mal seit 2014 Renditen von 2.5% p.a.. Die Renditen entfernten sich innerhalb eines Quartals markant von den erreichten Rekord-Tiefständen. Deutsche Renditen mit vergleichbaren Laufzeiten erreichten den höchsten Stand seit Januar, obwohl die EZB die geldpolitische Stimulierung verlängerte. Hatten deutsche Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren z.B. am 06.07.16 noch mit -0,193% rentiert, so warfen diese Papiere am 14.11.16 - also nur 4 Monate später - eine Rendite von +0,40% ab. Es ist davon auszugehen, dass in Euroland der Renditetiefpunkt erreicht wurde, ohne dass der Großteil der Marktteilnehmer dies wahrgenommen hat.

Die „Anleihenblase“ droht zu platzen, sobald Investoren zur Begrenzung und / oder Vermeidung von Kursverlusten ihre Bestände auf den Markt werfen und es damit zu einem Angebotsüberhang - mit in der Folge fallenden Kursen sowie ansteigenden Zinsen - kommt; die Renditeerhöhungen würden beschleunigt werden. Das Szenario des kurzfristigen Crashs an den Rentenmärkten halten wir jedoch für eher unwahrscheinlich. Gravierende Zinserhöhungen bedeuten für die Schuldner erhebliche Refinanzierungsprobleme und die Märkte (Staaten) sind von der Droge billiger Zinsen abhängig; hohe Zinsen sind für das globale Wirtschaftswachstum unverträglich. Spannend bleibt es bei der Fed; unterstützt sie Trump bei der Umsetzung seiner geplanten Konjunktur- und Investitionsoffensive, die nur mit billigen Schulden bezahlt werden kann. Insgesamt wird und wurde nur „Zeit“ gekauft. Die Gefahr sehen wir in Negativzinsen und damit beim Sparer.

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„Eigentlich hält die Bankenkrise seit dem Jahr 2008 an. Die Zentralbanken haben die Probleme mit ihrer Geldpolitik lediglich herausgezögert. Früher oder später werden uns neue Verwerfungen im Finanzbereich treffen“ Jürgen Abromeit; CEO der Indus Holding AG

Währungen Das Referendum in Italien war für uns eines der herausragenden politischen Ereignisse im vergangenen Quartal und wir hatten das Ergebnis mit Blick auf die wirtschaftliche Situation der Italiener erwarten (siehe Anlagestrategie 4. Quartal 2016). Die Einheitswährung ist für das Land nicht gerade ein Segen; Italien braucht einen billigen Euro, um wieder nach oben zu kommen. Nach Berechnungen von Morgan Stanley ist die Gemeinschaftswährung gegenüber dem fairen Wert für das Land um rund 15 Prozent überbewertet. Nur für Griechenland sei der Euro noch unvorteilhafter. Natürlich sind in diesen Ländern auch Reformen unabdingbar; der negative Aspekt der Einheitswährung sollte jedoch nicht gänzlich ausgeblendet werden.

Wir sind der Überzeugung, dass die langfristige, nachhaltige Entwicklung einer Währung auch von der demografischen Entwicklung bestimmt wird. Wie Sie der nachfolgenden Grafik des Statistik-Portals statista entnehmen können, ist es abzusehen, dass die Bedeutung der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) im Laufe dieses Jahrhunderts deutlich abnimmt. Der Anteil der G20-Bevölkerung an der Weltbevölkerung beträgt derzeit etwa 63,5 Prozent. Während die Weltbevölkerung bis Ende dieses Jahrhunderts auf über elf Milliarden wachsen soll, wird die G20Bevölkerung bis dahin unterm Strich stagnieren. -9

Wir tragen diesen Sachverhalt - neben der fehlenden Verzinsung in den etablierten Währungen sowie unserem Sicherungsaspekt der Vermögensstreuung - unverändert in unseren Währungsengagements mit guten Schuldnern Rechnung.

„Es bauen sich Risiken für den Finanzsektor auf, insbesondere im Bankensektor geht die Profitabilität zurück, risikoreiche Anlagen nehmen zu, und längerfristig ist mit gefährlichen Zinsänderungsrisiken zu rechnen“ Prof. Volker Wieland (Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung)

Erdöl Saudi-Arabien hat mit einem Volumen von 17,5 Mrd. Dollar die bislang größte Anleihetransaktion eines Schwellenlandes erfolgreich am Bond Markt platziert. Es war zwar die Premiere der Saudis, aber mit Bahrain, Abu Dhabi, Oman und Katar hatten auch schon andere Ölstaaten im Jahr 2016 Bonds emittiert. Die Devisenreserven Saudi-Arabiens nehmen ferner spürbar ab. Berichten zufolge lagen sie 2014 - als die Öl Welt noch in Ordnung war - bei 732 Mrd. Dollar. Gegenwärtig schätzen sie Experten noch auf rund 560 Mrd. Dollar. Es ist von einer weiter fallenden Tendenz auszugehen. -10

Diese beiden Sachverhalte verdeutlichen den Druck unter dem die Ölländer stehen. Der Ölpreisrückgang, der Mitte 2014 einsetzte, bescherte Saudi-Arabien bereits für 2015 das Rekordhaushaltsdefizit von 98 Mrd. Dollar oder 15 % der Wirtschaftsleistung. Vor diesem Hintergrund kam es nichtüberraschend, dass sich die OPEC (Organization of the Petroleum Exploring Countries) auf ihrer Sitzung im November 2016 erstmalig seit acht Jahren auf Förderbegrenzungen einigen konnte; weitere Länder haben sich Anfang Dezember dieser Vereinbarung angeschlossen, wodurch der Ölpreis die von uns erwartete Zielmarke nahezu erreicht hat. Die Einhaltung der Fördergrenzen bleibt jetzt abzuwarten; insbesondere da die mangelnde Förderdisziplin der OPEC-Mitglieder historisch bekannt ist. Ferner ist offen, inwieweit die Alternativfördermethode Fracking eine nachhaltige Preisbefestigung zulässt. Da die von uns erwarteten Ereignisse eingetreten sind, haben wir unser Ölinvestment auf 3 % (Zielmarke 5 %) zurückgefahren. Die Erdölproduzenten waren daneben gezwungen, mit massiven Kostensenkungen und der Kürzung zukünftiger Investitionsausgaben auf den massiven Ölpreisverfall zu reagieren. Gemäß einer Umfrage von WoodMac notiert die Entdeckung von Ölvorkommen im Jahr 2016 auf dem tiefsten Stand seit 70 Jahren. Die LGT hat berichtet, dass bis Ende August 2016 lediglich geschätzte 736 Mio. Barrels an neuen Ölressourcen entdeckt wurden; angesichts des täglichen globalen Ölkonsums von rund 90 Mio. Barrels entsprechen diese neuen Ölvorkommen etwas mehr als acht Tagen des weltweiten Ölverbrauchs. Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass sich kurz- bis mittelfristig auf natürliche Weise ein ausgewogeneres Angebots-NachfrageGleichgewicht einstellen wird.

"Die aufgeblähte Bilanz der US-Notenbank ist ein Zeichen für die Verlogenheit der Finanzpolitiker, die ihre Schulden einfach auf die Bücher der Notenbank überwälzt" Nobelpreisträger Edward Prescott

Edelmetalle Nach einem starken Start in das Jahr 2016 ist der Goldpreis seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten erheblich unter Druck geraten. Lag der Preis des Edelmetalls bis zur US-Wahl auf Jahressicht noch mit 20 Prozent im Plus, so hat er seither beinahe 10 Prozent verloren; der November war für die Wertentwicklung von Gold der schwächste Monat seit mehr als drei Jahren.

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Gründe dafür sahen wir in einem stärkeren US-Dollar, höheren Renditen am Anleihenmarkt und der (unerwarteten?) Aktienrally; alle Punkte hingen mit dem Sieg von Donald Trump zum US-Präsidenten zusammen. Getrieben wurden die jeweiligen Kursentwicklungen von der plötzlichen Erwartungshaltung, dass der kommende Präsident einen wirtschaftlichen Konjunkturplan und damit Wachstum liefern wird. China - als der weltweit größte Goldverbraucher - veranlasste die Behörden, die Einfuhren des Edelmetalls einzudämmen, um den Kapitalabfluss aus dem Land zu stoppen. Wir messen diesem Sachverhalt lediglich eine kurzfristige Bedeutung zu; die Nachfrage aus China sollte wieder ansteigen. Insgesamt bleibt Gold, vor dem Hintergrund einer grundsätzlich an Bonität verlierenden Finanzwelt, für uns unbeirrt ein wichtiger Bestandteil zur Vermögensabsicherung und damit die Gebäudeversicherung für die liquiden Anlageklassen. Die Perspektiven schätzen wir langfristig mit Blick auf die nachfolgenden Argumente unverändert positiv ein:



Gold rückt als Inflationsschutz wieder in den Fokus (Renditeanstiege, Ölpreissteigerungen, Milliardeninvestitionen „Trump“)



Turbulenzen in der Geopolitik (protektionistische Haltung in der Wirtschaftspolitik „Trump“ könnte zu Verstimmungen bis hin zu einem regelrechten Handelskrieg zwischen den USA und China führen)



Europa liefert einige Argumente für Investments in Gold o Schwächelnde italienische Banken o Bevorstehende EU-Austritt der Briten o Vormarsch populistischer, oftmals Euro-kritischer Kräfte in vielen Ländern o schwelenden Schuldenkrise in der Euro-Zone.



Der gesunkene Goldpreis hat die Investitionen der Goldminen reduziert und dies führt zu einem Angebotsrückgang, der den Preis positiv beeinflussen wird.

Die Deutsche Bundesbank hatte 2013 verkündet, dass sie ihre Goldbestände bis zum Jahr 2020 aus dem Ausland verlagern wird; zu diesem Zeitpunkt lagen nur 31 Prozent der deutschen Goldreserven in Frankfurt. Bereits seit 2015 ist die Mainmetropole mit rund 1403 Tonnen die größte Lagerstätte weltweit und Bundesbank-Vorstand CarlLudwig Thiele gab aktuell an, dass das vorgenannte Ziel vorher erreicht wird. Wie viel Gold 2016 verlagert wurde, wird die Bundesbank im Januar mitteilen. Die Bundesbank wird schon wissen, warum sie ihr Gold zurück nach Deutschland holt; so schlecht wird Gold wohl nicht sein.

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Volkswirtschaftliche Daten

Quelle: LGT Capital Partners AG

Kurz zusammengefasst unsere Empfehlungen für das 1. Quartal 2017.

Aktien:

Den Brexit, die Wahl Trumps sowie den Ausgang des Referendums in Italien hatten wir erwartet; überrascht waren wir von der (Nicht)Reaktion an den Börsen. Wir sind seit Anfang Juni untergewichtet und sehen in der aktuellen Börsenrallye eine Übertreibung; wir erwarten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine kurzfristige Korrektur und werden die Position dann in den neutralen Bereich führen. Die aktuelle Positionierung diente auch der Sicherung unserer hervorragenden Performance (in unseren Musterdepots liegen wir - Stand 21.12.2016 - bei +12,49 % (Einkommen) bzw. +13,11 % (Wachstum)). -13

Obligationen:

Mit Blick auf die Niedrig- bzw. Negativzinsen stellt der Bereich der Anleihen für uns unverändert kein interessantes Investitionsumfeld dar; an unserer Einschätzung änderte auch der Zinsanstieg nichts. Daneben sind Anleihen Papierwerte, die keinen Kaufkraftschutz bieten. Leider dominieren in vielen Depots unverändert Anleihen, ohne dass sich die Anleger über die Risiken (u.a. Schuldenschnitte als ein weiterer Schritt der finanziellen Repressionen) bewusst sind.

Währungen:

Mittel- bis langfristig erwarten wir das Ende des Euro in der jetzigen Form; die EU ist unreformierbar. Fremdwährungsanleihen erstklassiger Schuldner mit hohen Kupons (=Ausschüttungen) bleiben aus Gründen der Risikostreuung und als Alternative zum Euro in unserem Fokus.

Erdöl:

Die von uns ausgerufene erste Zielgröße wurde nach der Einigung auf die Förderbegrenzung erreicht und wir haben die Position auf 3 % reduziert. Wir beobachten die Entwicklung und halten die regelmäßige Angleichung über 5 % des Depotwertes im Auge.

Gold:

Basisinvestment mit einem Anteil zwischen 10 % - 15 % (in Abhängigkeit vom jeweiligen Risikoprofil). Den Rückgang des Goldpreises hatten wir im 4. Quartal 2016 für Neuinvestitionen genutzt.

Vaduz, den 28. Dezember 2016 Disclaimer: Diese Publikation dient ausschließlich zu Ihrer Information und stellt kein Angebot, keine Offerte oder Aufforderung zur Offertstellung und kein öffentliches Inserat zum Kauf- oder Verkauf von Anlage- oder anderen spezifischen Produkten dar. Der Inhalt dieser Publikation ist von unseren Mitarbeitern verfasst und beruht auf Informationsquellen, welche wir als zuverlässig erachten. Wir können aber keine Zusicherung oder Garantie für dessen Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität abgeben. Die Umstände und Grundlagen, die Gegenstand der in dieser Publikation enthaltenen Informationen sind, können sich jederzeit ändern. Einmal publizierte Informationen dürfen daher nicht so verstanden werden, dass sich die Verhältnisse seit der Publikation nicht geändert haben oder dass die Informationen seit ihrer Publikation immer noch aktuell sind. Die Informationen in dieser Publikation stellen weder Entscheidungshilfen für wirtschaftliche, rechtliche, steuerliche oder andere Beratungsfragen dar, noch dürfen alleine aufgrund dieser Angaben Anlage oder sonstige Entscheide getroffen werden. Eine Beratung durch eine qualifizierte Fachperson wird empfohlen. Anleger sollten sich bewusst sein, dass der Wert von Anlagen sowohl steigen als auch fallen kann. Eine positive Performance in der Vergangenheit ist daher keine Garantie für eine positive Performance in der Zukunft. Außerdem unterliegen Anlagen in Fremdwährungen Devisenschwankungen. Wir schließen uneingeschränkt jede Haftung für Verluste bzw. Schäden irgendwelcher Art aus - sei es für direkte, indirekte oder Folgeschäden -, die sich aus der Verwendung dieser Publikation ergeben sollten. Diese Publikation ist nicht für Personen bestimmt, die einer Rechtsordnung unterstehen, die die Verteilung dieser Publikation verbieten oder von einer Bewilligung abhängig machen. Personen, in deren Besitz diese Publikation gelangt, müssen sich daher über etwaige Beschränkungen informieren und diese einhalten

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