Andreas Hampe. Umsetzungsbeispiele aus dem Jugendamt Berlin- Mitte

Andreas Hampe Umsetzungsbeispiele aus dem Jugendamt Berlin- Mitte 06.09.2013 Ouvertüre Immanuel Kant BEANTWORTUNG DER FRAGE: WAS IST AUFKLÄRUNG ...
Author: Ida Beckenbauer
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Andreas Hampe

Umsetzungsbeispiele aus dem Jugendamt Berlin- Mitte

06.09.2013

Ouvertüre

Immanuel Kant BEANTWORTUNG DER FRAGE: WAS IST AUFKLÄRUNG ? Berlinische Monatsschrift. Dezember-Heft 1784. S. 481494

AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst-verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. (...) Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen.

Hannah Arendt Über das Böse: Eine Vorlesung zur Frage der Ethik

Der Wille allein ist die gesamte Ursache für das Wollen im Willen. (...) Doch während er Wille frei ist, ist der fleischliche Mensch, obwohl er diese Fähigkeit zur Freiheit besitzt, ganz und gar nicht frei. Der Mernsch ist nicht stark genug, dass zu tun, was er will; Der geistige Mensch ist auch nicht frei. (...) Der Wille soll uns zum Handeln bringen, und zu diesem Zweck müssen wir entschieden Einer sein. (...) Wie könnte ich je ohne Wollen zum Handeln bewegt werden?

Soziale Arbeit wirkt in normativ nicht neutraler Weise auf Zustände und Praktiken von Personen ein. Die Interventionen der Sozialen Arbeit greifen dabei typischerweise in die Freiheit mündiger Personen ein, um deren Wohlergehen zu fördern. Eingriffe dieser Art entsprechen im Wesentlichen dem, was in der politischen Philosophie als Paternalismus verstanden wird. Paternalistische Eingriffe stehen unter einem Legitimationsvorbehalt, der professionsethisch als ein Kardinalproblem der Sozialen Arbeit beschrieben werden kann. Prof Ziegler, Uni Bielefeld

Paternalismus

Prof. Gerald Dworkin

… ist die Einmischung in die Freiheiten einer Person, die alleine dadurch gerechtfertigt wird, dass sie mit dem Wohlergehen, Guten, Glück, Bedürfnis, Interessen oder Werten einer Person, der sie aufgezwungen wird, begründet wird.

These: Soziale Arbeit kann die Freiheit und Mündigkeit von Menschen einschränken.

Mikrokosmos

Anna

familien-interner VR

Erwartbares Ergebnis ohne VR Familienlösung mit überbrückender stat. HzE

Deniz & David

familien-interner VR

Familienlösung ambulante HzE

Teilnehmer VR LW / Profis

Jan

10 / 4

stat. HzE

Fam. kann sich Mesude derzeit aus eigener stat. HzE Kraft nicht helfen Neslihan

Tabea

Vivien

7/4

bisherige Hilfeplanung hatte Lösung vorbestimmt 8/2

stat. HzE

stat. HzE

stat. HzE

Ergebnis mit VR

= = Familienlösung

=

Familienakzeptanz d. Lösung

hoch hoch

2. VR eher niedrig

Familienlösung & ambulante HzE & Jugendberufs- hoch hilfe

= Familienlösung ambulante HzE beendet

hoch

hoch

Befragte

RSD-Fachkraft

Koordinatorin

Familie

Kooperationsrunde: Hochschule KoordinatorenJugendamt

vor dem Familienrat (FR)

Sorge Prognose ohne FR Erwartungen an FR

Planungsschritte Personen, Ort, Kultur Rollendisziplin

Joining

beim Familienrat

Rollendisziplin Sorgepräsentation Erfolgserwartung

Moderation Erfolgserwartung Plan-Konkretisierung

typische… •Schwierigkeiten •Fehler •Erfolge Optimierungs ideen

Planungskompetenz Differenzen

nach dem Familienrat

Plan Sicherheit Optimierung

Ablauf Plan Optimierung

Plan Zufriedenheit

Jugendhilfevergangenheit wie oft in %

Problemkriterien/Anlass gebende Indikatoren für FR

Migrationshintergrund Schulprobleme Drogenprobleme der Eltern Drogenprobleme des jungen Menschen Besondere psychische Belastung der Eltern Besondere psychische Belastung des jungen Menschen Kinderschutzfall Alleinerziehendes Elternteil somatische Krankheit oder Behinderung das jungen Menschen Auffälligkeiten in der Hygiene des jungen Menschen Traumatische Erfahrungen des jungen Menschen Geldsorgen des jungen Menschen Geldsorgen der Eltern familiärer Streit Kriminalität des jungen Menschen Freizeit des jungen Menschen Wohnqualität Erziehungskompetenz

• Leistungserbringer aus der Lebenswelt : in 100% der FR´s • Durchschnittlich 10 Plandetails. 9 von 10 Plandetails durch Lebenswelt. • Ort des FR: • 42% Träger, 54% Wohnung der Familie • Dauer: 4 Std. (40-390 Min)

• In 93,1% der 28 Fälle kam ein Plan zustande

Auszüge der Erkenntnisse

• Lösungssuche für Situation des Kindes steht im Mittelpunkt • Erweiterte Familie (Lebenswelt) ist bei der Lösungssuche eingebunden • Es entsteht eine ausgeprägte Netzwerkperspektive • Mehr Unterstützungswege möglich • Familien fühlen sicht ernst genommen und wertgeschätzt

• Familien sind über Haltung des RSD positiv überrascht • Auf Seite der Familie entsteht eine Dynamik das Problem schon vor dem „großen Treffen“ zu lösen • RSD muss grundsätzlich der Familie Lösung zutrauen • Positive Erwartungshaltung • Alle Personen und Institutionen, die später mit der Lösung „leben müssen“, müssen in den FR einbezogen werden

• Beteiligte Helfer halten evtl. Problemfokus aufrecht, trauen Familie evtl. wenig zu • Hohe Akzeptanz der Vereinbarungen • Zustimmungsrate der Fachkräfte zu den Plänen ist hoch • Auch wenn Familien zunächst keine tragfähigen Lösungen finden, kann über FR eine erhöhte Einsicht/Motivation erreicht werden externe Hilfe positiv anzunehmen und zu nutzen.

Nur in 12 FR (von insg. 28 untersuchten) wurden folgende HzE vereinbart: §28: 1x §29: 0x §30: 0x §31: 6x §32: 0x §33: 1x §34: 3x §35: 1x In 16 FR (von insg. 28 untersuchten) entstand ein Plan, in dem keine HzE vereinbart werden musste. Dabei wurden folgende Lebenswelt-Leistungen vereinbart:

• • • • • • • • • •

Beziehungen in der Familie verbessern: 22x Schulische Hilfe (Lehrergespräche, Hausaufgabenhilfe, Begleitung zur Schule:17x Freizeit (z.B. spielen, in einen Verein gehen, Basteln, usw.): 16x Gesundheit (z.B. Arztbesuche, Hilfe bei Therapien): 14x Haushaltsmanagement (z.B. Kochen, Aufräumen, Wäsche usw.): 12x Kontrolle (Kontrolle des Planes mit Meldungen beim JA): 11x Erziehungsmittel verändern: 8x Finanzen in Ordnung bringen: 6x Unterbringung des JM über kurze oder längere Zeit bei Menschen aus der LW: 5x Arbeitssuche: 4x

Fazit: Familienrat gelingt

Mesokosmos

Weitere Akteure im FR • • • • • • • • •

Neukölln Friedrichshain-Kreuzberg Tempelhof-Schöneberg Charlottenburg-Wilmersdorf Steglitz-Zehlendorf Treptow-Köpenick Marzahn-Hellersdorf Pankow Lichtenberg-Hohenschönhausen

Übrigens, wir haben das Verfahren auch angewendet... • gemeinsam mit Kolleg_innen eines Trägers, bei der Frage, wie das Verfahren in dessen Profil passt • gemeinsam mit Mitarbeiter_innen von 2 Berliner Jugendämtern bei Frage, wie das Verfahren im RSD implementiert werden kann

(Fach)Hochschul Engagement • FH Potsdam • Alice - Salomon- Hochschule

Irgendwann war es soweit...

100. 150. Familienräte in Berlin

aber dann... Bundesweit

Berlin 2005

2013

Auf der Suche nach Gründen...

• Das Wächteramt suggeriert, es geht auch ohne Eltern • Personalnot in den RSDs • Personalfluktuation • Keine Priorität, vielmehr Dominanz von - Arbeitsdruck - Haushaltsdruck, KLR - Dokumentationsdruck • Unwissenheit zum Verfahren • Unsicherheit mit dem Verfahren • Schlechte Erfahrungen • Keine Lust, mangelnde Haltung • Rahmenbedingungen ungünstig

Bezirks – und Landesebene • • • • •

Jeder Bezirk macht was er will Jede Behörde ist mit sich beschäftigt Rechtsgrundlagen uneinheitlich SenBWJ steuert das Verfahren nicht Fehlende Rundschreiben und Richtlinien

These: Die Dominanz der modernen Management Verfahren führt zu einem Verlust der fachlichen Sozialen Arbeit und stabilisiert ethische Mängel

Makrokosmos

Qualitätseinschätzung der Pläne durch Profis

N = 753

67%

Besser als Profi-Pläne

33%

Genauso gut wie Profi-Pläne

0%

Schlechter als Profi-Pläne

A proposal for the wording of Section 32 in the new Child Welfare Act (Finnland): 32 § Assessing the child’s family network Before placing the child outside the home, it shall be examined as far as possible whether the parent who principally lives apart from the child or the child's relatives or other close people are able to take the child to live with them or otherwise participate in supporting the child. The child's best interest shall always be the primary consideration in decisions concerning the child's place of residence and placement setting. In the commentary to this Section, Family Group Conference is mentioned as a possible method – though not as a decision-making method but as a method for assessing the child's family network.

Europäische Netzwerktreffen

European Congress about Family Group Conference Democratizing Help and Welfare Utrecht, The Netherlands, 19 – 21 October 2011 The aim of this congress is to promote Family Group Conference (FGC) as a democratic right and a social responsibility for citizens in Europe.

These: Familienrat ist eine Frage der Ethik und ein Baustein für die Demokratisierung mündiger Bürger

Coda

Unterstützend wäre... • mutige und neugierige Sozialarbeiter_innen • mutige und neugierige Leitungskräfte • richtungsgebende Unterstützung der Senatsverwaltung (Rundschreiben o.ä.) • Verankerung im KJHG (Kommentar)

„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“ Goldene Regel angelehnt an Tob 4,15

FINIS

Bildernachweise • Seite 2: http://wizard.webquests.ch/webquest.php/2945?pa ge=34781 • Seite 3: http://www.substantivoplural.com.br/bacteriascameras-e-kant/ • Seite 4: http://www.glanzundelend.de/Artikel/abc/a/hanna h_arendt_fest.htm

• Seite 5: http://www.wikiartis.com/eugenedelacroix/werke/die-freiheit-fuhrt-das-volk/ • Seite 6: http://wikieducator.org/TRU/Law3020/GroupQ • Seite 8: http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/23652 324 • Seite 20: privat • Seite 26: http://ibankcoin.com/henryfools/2012/01/03/watch -list-positions/basil-rathbone-as-sherlock-holmes/ • Seite 30: http://www.duden.de/rechtschreibung/Weltall

• Seite 39: privat • Seite 42: http://www.filmstarts.de/kritiken/102991Die-Reise-zumMond/bilder/?cmediafile=19728752 • Seite 44: http://www.evkirchegrossilsede.de/predigtn/2004/040215.html