AMTLICHES BULLETIN – BULLETIN OFFICIEL Ständerat • Wintersession 2005 • Zehnte Sitzung • 13.12.05 • 08h00 • 04.3439 Conseil des Etats • Session d’hiver 2005 • Dixième séance • 13.12.05 • 08h00 • 04.3439

04.3439 Motion WBK-NR (04.423). Zulassung der Präimplantationsdiagnostik Motion CSEC-CN (04.423). Admission du diagnostic préimplantatoire CHRONOLOGIE NATIONALRAT/CONSEIL NATIONAL 16.06.05 NATIONALRAT/CONSEIL NATIONAL 16.06.05 (FORTSETZUNG - SUITE) STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 13.12.05

Antrag der Mehrheit Ablehnung der Motion Antrag der Minderheit (Leumann, Fetz, Langenberger, Ory, Schiesser) Annahme der Motion Proposition de la majorité Rejeter la motion Proposition de la minorité (Leumann, Fetz, Langenberger, Ory, Schiesser) Adopter la motion Präsident (Büttiker Rolf, Präsident): Die Kommission beantragt mit 7 zu 5 Stimmen, die Motion abzulehnen. Eine Minderheit beantragt wie der Bundesrat die Annahme der Motion. Stadler Hansruedi (C, UR), für die Kommission: Es geht bei dieser Motion des Nationalrates um einen nicht einfachen Entscheid, der uns nicht leicht fällt und auch nicht leicht fallen soll. Worum geht es? In den letzten 15 Jahren sind neue Methoden zur vorgeburtlichen Diagnostik entwickelt worden. Diese Diagnosen setzen bereits vor dem Eintritt der Schwangerschaft an, und deshalb wird die Methode Präimplantationsdiagnostik genannt. Diese Methode bedingt immer eine künstliche Befruchtung. Gegenstand der Präimplantationsdiagnostik sind somit in der Regel entweder Eizellen oder künstlich befruchtete Embryonen vor der Übertragung des Embryos in die Gebärmutter. Je nach Befund der Diagnostik werden dann die Embryonen selektioniert und eliminiert oder in die Gebärmutter der Frau übertragen. Eine genetische Diagnose an Samenzellen ist zwar möglich, aber nicht anwendbar, da die Samenzellen dabei zerstört werden müssten. Das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung verbietet in Artikel 5 Absatz 3 die Präimplantationsdiagnostik. Die entsprechende Untersuchung während der Schwangerschaft nennt man Pränataldiagnostik. Sie ist heute erlaubt. Mit einer Motion will die WBK des Nationalrates den Bundesrat beauftragen, eine Regelung vorzulegen, welche die Präimplantationsdiagnostik ermöglicht und deren Rahmenbedingungen festlegt. Der Nationalrat hat die Motion angenommen. Die WBK des Ständerates beantragt Ihnen mit 7 zu 5 Stimmen die Ablehnung der Motion. Die Befürworter der Präimplantationsdiagnostik machen vor allem geltend, dass damit genetische Krankheiten frühzeitig erkannt und bekämpft werden könnten. Es sei nicht konsequent, die Pränataldiagnostik zuzulassen, aber die Präimplantationsdiagnostik zu verbieten. Vor einer Woche hat nun die nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin mit einer Stellungnahme in die politische Diskussion eingegriffen. Eine Mehrheit befürwortet die Präimplantationsdiagnostik, eine 17.02.2017

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Minderheit lehnt sie ab. So weit die Ausgangslage. Ich komme damit zur Begründung des Antrages der Kommissionsmehrheit. In welchem Kontext steht diese Motion? Die vor einem Jahr geführte Auseinandersetzung um die Stammzellenforschung hat uns gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger zunehmend vor ethisch anspruchsvollen Entscheiden stehen. Auch das Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen führt uns beispielhaft vor Augen, dass die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes in der Kombination mit der Entwicklung von Gentests zu neuen Möglichkeiten im Bereich von Diagnostik, Prävention und Therapie von genetisch bedingten Krankheiten führt. In diesem Zusammenhang stellen sich jedoch ganz heikle Fragen. Einige Stichworte sind: der gläserne Mensch, die vorgeburtliche Selektion und die Stigmatisierung und Diskriminierung aufgrund des Erbgutes. Unter anderem stellen sich auch folgende fundamentale Fragen von ethischer, rechtlicher und politischer Relevanz: Von welchem Menschenbild gehen wir aus? Wie gehen wir mit Krankheiten um? Wie gehen wir mit Behinderungen um? Wie gehen wir mit dem uns allen bevorstehenden Tod um? Solche grundsätzlichen Fragen stellen sich auch im Zusammenhang mit der vorliegenden Motion. Natürlich sagt man, die Präimplantationsdiagnostik würde nur in engen Schranken erlaubt; es gehe jetzt nur um einen Grundsatzentscheid, wir könnten dann bei der Gesetzesberatung noch enge Schranken setzen. Für die Mehrheit geht es heute um eine Grundsatzfrage, die beantwortet werden kann. Es gilt, in einem ethisch hochsensiblen Bereich nun einmal eine Grenze zu ziehen. Wir sind gegen eine ständige Ausfransung. Man wird auch heute darlegen, ja vielleicht mit prominenten Einzelfällen, dass es doch richtig sei, wenn diese oder jene schwere genetische Krankheit vermieden werden könnte, indem man den entsprechenden Embryo vor der Übertragung in die Gebärmutter ausscheiden und vernichten könnte. Aber es geht heute nicht einfach um Einzelfälle. Nein, wir geben eine Methode frei, die Tür und Tor öffnet. Wofür die Präimplantationsdiagnostik bereits heute angewendet wird, können Sie im Bericht der Ethikkommission auf Seite 14 lesen. Die Präimplantationsdiagnostik wird bereits AB 2005 S 1123 / BO 2005 E 1123

auch zur Geschlechtsselektion angewendet. Gemäss den neuesten Zahlen fallen 9 Prozent aller PräimplantationsdiagnostikFälle in den Bereich der Geschlechtsselektion. Man nennt dies beispielsweise schön "family balancing". Hier geht es darum, in Familien ein ausgeglichenes Verhältnis von Söhnen und Töchtern zu erreichen. Die Präimplantationsdiagnostik ist ein Akt der Selektion und der Ausscheidung der als ungeeignet klassifizierten Embryonen. Heute sind es schwere genetische Krankheiten, morgen ist es das Geschlecht, übermorgen sind es die blauen Augen. Wollen wir diese Entwicklung? Wenn wir heute diese Türe öffnen, so garantiere ich Ihnen bereits heute, welches die nächste Forderung an uns sein wird: Man wird die Zulassung des therapeutischen Klonens von uns verlangen. In diesem allgemeinen Kontext gibt es für die Kommissionsmehrheit irgendwo eine Grenze. Zum Vorwurf der Ungleichbehandlung gegenüber der Pränataldiagnostik möchte ich nur erwähnen: Es gibt einen qualitativen Unterschied zur Pränataldiagnostik. Bei der Pränataldiagnostik muss sich die Schwangere entscheiden, eine bereits eingetretene Schwangerschaft weiterzuführen oder abzubrechen. Bei der Präimplantationsdiagnostik wird aus mehreren für den Zweck der Selektion erzeugten Embryonen eine Auswahl getroffen. Bei der Pränataldiagnostik liegt ein konkreter Interessenkonflikt zwischen dem Lebensrecht des Embryos oder des Fötus und den Interessen der Frau vor, während bei der Präimplantationsdiagnostik kein solcher Interessenkonflikt gegeben ist. Der praktische Entscheid ist somit von qualitativ anderer Natur. Wir sind als Kommissionsmehrheit gegen eine Zeugung von menschlichem Leben, das unter dem Vorbehalt steht, dass der Embryo vor der Übertragung in die Gebärmutter eine Qualitätskontrolle im Reagenzglas besteht und je nach Ausgang dieser Kontrolle eliminiert werden kann. Das erschreckt mich. In meinem Bekanntenkreis gibt es Menschen, welche bei einer solchen Selektion vermutlich durchgefallen wären. Ich betrachte sie aber als wertvolle Menschen. Für die Kommissionsmehrheit sprechen damit auch sozialethische Aspekte gegen die Präimplantationsdiagnostik. Was sind denn schwere Krankheiten? Wer stellt eine Positiv- oder Negativliste von solchen Krankheiten oder Behinderungen auf? Bei der Präimplantationsdiagnostik haben wir auch die Gefahr, dass alles, was technisch möglich ist, plötzlich auch sozial erwartet wird. Der Druck auf die Eltern würde noch mehr steigen. Man würde fragen, weshalb sie diese mögliche Selektion nicht vorgenommen hätten. Die Präimplantationsdiagnostik wäre damit auch ein Urteil gegenüber Menschen mit Behinderungen. Wir haben im Vorfeld zur heutigen Debatte viele ablehnende und befürwortende Zuschriften erhalten. Für mich ist dabei eine Zuschrift ganz entscheidend, nämlich jene von Insieme, das heisst der Schweizerischen Vereinigung der Elternvereine für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Diese Vereinigung vertritt in der Schweiz 30 000 Menschen. Sie schreibt: "Wir sind überzeugt, dass das Verbot der Präimplantationsdiagnostik die Grenzen

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am richtigen Ort setzt. Ohne dieses Verbot wird die Hemmschwelle für die Selektion von behindertem Leben sinken." Für die Kommissionsmehrheit gibt es schlussendlich noch einen dritten Grund, der gegen die Öffnung spricht: Im Fortpflanzungsmedizingesetz haben wir mit Artikel 5 Absatz 3 die Präimplantationsdiagnostik verboten. Wir haben uns damals, vermutlich wie einige in diesem Rat auch, an verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen im Rahmen der Volksabstimmung für dieses Gesetz eingesetzt. Dabei haben wir in der Diskussion immer wieder auf die Schranken, d. h. auf das Verbot der Präimplantationsdiagnostik, hingewiesen. Die Ausgangslage hat sich für die Kommissionsmehrheit heute nicht derart geändert, dass wir unser Wort brechen müssten. Das hat für uns auch etwas mit der Glaubwürdigkeit in der politischen Auseinandersetzung und mit der Glaubwürdigkeit von uns Politikerinnen und Politikern zu tun. Die nationale Ethikkommission kann uns als Parlament schlussendlich nicht die eigene ethische Beurteilung abnehmen. Ein Entscheid einer nationalen Ethikkommission ist kein allgemein verbindlicher Glaubenssatz für uns alle und für unsere Bevölkerung. Wir haben alle unsere eigenen ethischen Wertvorstellungen. Es sind schlussendlich ethische Vorstellungen, aber auch rechtliche und politische Beurteilungen, welche zum ablehnenden Antrag der Kommissionsmehrheit geführt haben. Wir ersuchen Sie deshalb, die Motion des Nationalrates abzulehnen. Leumann-Würsch Helen (RL, LU): Die Ausgangslage der Motion wurde von Kollege Stadler ausführlich dargelegt, ich habe dem nichts beizufügen und möchte direkt zur Begründung des Antrages der Minderheit kommen. Wir haben die Stellungnahme der Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin und die Stellungnahme der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften erhalten, die sich mehrheitlich für eine eingeschränkte Präimplantationsdiagnostik aussprechen. Ein detailliertes ethisches Argumentarium an Empfehlungen zur Regelung liegt vor. Gemäss der Ethikkommission soll die Präimplantationsdiagnostik bei Paaren erlaubt sein, bei denen bekannte genetische Risiken für eine schwere Krankheit des Kindes bestehen, oder bei Paaren, die sich im Rahmen einer Sterilitätsbehandlung einer In-vitro-Fertilisation unterziehen. Ausgeschlossen werden sollen hingegen alle eugenischen Praktiken. Die Vertreter der Minderheit Ihrer Kommission schliessen sich dieser Argumentation und diesen Forderungen an. Die Präimplantationsdiagnostik an Embryonen lässt sich kurz nach der Befruchtung im Reagenzglas durchführen, und sie ist für den Embryo ungefährlich. Ferner hält die Ethikkommission fest, dass ein Gesetz Missbräuche wie zum Beispiel Kinder nach Wunsch mit bestimmten Merkmalen wie Augenfarbe, Leistungsfähigkeit, Geschlecht usw. zu verhindern hat. Präimplantationsdiagnostik muss auf Krankheiten beschränkt sein, denn eine uneingeschränkte Freigabe, inklusive Auswahl positiver Merkmale, wäre gesellschaftlich unverantwortlich. Dies würde zu einer Eugenik, zu einer Zweiklassengesellschaft führen. Voraussetzung ist, dass das Verbot durch eine differenzierte Regelung ersetzt wird. Gründe, die für eine Zulassung sprechen, erkennt die Kommission vor allem dann, wenn mit der Übertragung einer erblichen Krankheit auf das Kind zu rechnen ist und die Alternative zur Präimplantationsdiagnostik eine Schwangerschaft auf Probe – mit eventuellem Schwangerschaftsabbruch – wäre. Gewichtige Gründe liegen aber auch dann vor, wenn im Falle einer Sterilitätsbehandlung eine Invitro-Befruchtung vorgenommen wird, insbesondere wenn wegen des Alters der Frau erhöhte Risiken für die Gesundheit des Kindes bestehen. Es ist für mich selbstverständlich, dass wir im entsprechenden Gesetz auf diese Forderungen einzugehen haben, denn Kinder nach Mass will von uns sicher niemand. Im Weiteren habe ich ein Gutachten des Vereins Kinderwunsch und der Schweizerischen Huntington-Vereinigung – eine Patientenorganisation betroffener Eltern – erhalten, wo ausgeführt wird, dass sich aus der Sicht der Patientinnen und Patienten, der Betroffenen und der Laien sowie aus der Sicht der Ethik und der Rechtslehre eine Aufhebung des Verbotes aufdrängt. Das Gutachten kommt zum Schluss, dass das Verbot der Präimplantationsdiagnostik, einer heute medizinisch-wissenschaftlich anerkannten Untersuchung, einen schweren Eingriff in die persönlichkeitsbezogenen Verfassungsrechte bei der Betroffenen darstellt und dass das Verbot ferner wirksame Therapieformen zur Überwindung der ungewollten Kinderlosigkeit verhindert. Die bisherige Ungleichbehandlung der Pränataldiagnostik in utero und in vitro sei aber nicht nur aus rein juristischen Überlegungen unhaltbar. So weit äussern sich die Fachkommissionen. Es handelt sich hier nicht in erster Linie um eine juristische Frage, sondern die Präimplantationsdiagnostik betrifft ein Gebiet, bei dem jeder, ob Mann oder Frau, für sich selbst entscheiden muss. Wie immer wir uns entscheiden, wir alle AB 2005 S 1124 / BO 2005 E 1124 haben unsere ganz persönlichen Gründe für die Annahme oder Ablehnung dieser Motion; das ist auch unser persönliches Recht. Da kann und darf auch niemand aufgrund seiner Meinung angegriffen oder verurteilt wer-

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den. Aber seit in unserem Land die Abtreibung legalisiert wurde, hat sich einiges verändert. Die Voraussetzungen sind anders als während dem Abtreibungsverbot. Eltern, die sich für eine In-vitro-Fertilisation entscheiden, haben einen Grund. Oftmals sind es Paare, bei denen eine Erbkrankheit beziehungsweise ein genetischer Defekt bekannt ist, oder Eltern, die bereits ein behindertes Kind haben und die das Risiko eines zweiten behinderten Kindes nicht auf sich nehmen wollen. Gerade aber für behinderte Kinder wäre es ein Vorteil, wenn sie nicht als Einzelkinder aufwachsen müssten, sondern dank Geschwistern in ihrer Entwicklung viel besser unterstützt würden. Auf eine eindrückliche Weise hat mir dies vor kurzem eine Mutter geschildert, deren zweites Kind eine Behinderung aufwies. Wir stehen heute wieder vor der Entscheidung, eine politische Antwort auf die Frage der Zulassung der Präimplantationsdiagnostik zu geben. Diese Antwort ist in der Tat nicht leicht, denn es gibt kein Richtig oder Falsch. Ich habe es bereits gesagt: Jeder muss für sich selbst entscheiden. Für sich selbst entscheiden muss aber auch ein Paar, das sich für die In-vitro-Fertilisation entscheidet. Es muss sich bei einer Annahme der Motion auch wieder entscheiden, ob es den Embryo untersuchen lassen will oder nicht. Schlussendlich fällt es dann den Entscheid: Einpflanzen, ja oder nein? Bei Ablehnung der Motion hätten Eltern, die sich für Nichteinpflanzen entscheiden, nur noch die Möglichkeit, sich im Ausland behandeln zu lassen. Denn es gibt weltweit nicht mehr viele Länder, die das Verbot der Präimplantationsdiagnostik kennen. Ich frage Sie: Ist das nicht einfach eine Vogel-Strauss-Politik? Es ist auch unfair, wenn argumentiert wird, Leute, die sich für eine Untersuchung entscheiden und dann einen kranken Embryo nicht einpflanzen lassen wollen – ich zitiere aus einigen Referaten –, "erzeugen menschliches Leben unter dem Vorbehalt einer vorsätzlichen Qualitätskontrolle". Oder: "In der Laborsituation fällt nicht nur die Diagnose leichter, sondern auch die Selektion, eine Selektion, die sich anmasst, die Frage beantworten zu können, was denn nun lebenswertes beziehungsweise lebensunwertes Leben sein soll." Es ist aber ebenso unfair, den Befürwortern der Motion nun vorzuwerfen, sie hätten etwas gegen behinderte Menschen oder sie würden behinderte Menschen ablehnen. Die Präimplantationsdiagnostik hat damit gar nichts zu tun. Wenn sich jemand aus Angst, ein mit einer Erbkrankheit behaftetes Kind zu haben, für eine In-vitro-Fertilisation entscheidet, dann hat er bereits entschieden. Stellen Sie sich einmal vor, Sie stünden als Mutter oder Vater vor der Frage "Einpflanzen, ja oder nein?", mit dem Risiko, ein schwerstbehindertes Kind auszutragen oder dann – was ja heute erlaubt ist – einige Wochen nach dem Einpflanzen entsprechende Untersuchungen durchzuführen und eine Abtreibung vorzunehmen. Dies, obwohl Sie die Möglichkeit gehabt hätten, diesen Entscheid vor der Einpflanzung zu fällen. Stellen Sie sich einmal diese Situation für eine Mutter vor. Die Erfahrung zeigt, dass sich die meisten Eltern zu einer Abtreibung entschliessen, bei denen eine Untersuchung in den ersten Wochen ergibt, dass das Kind eine Erbkrankheit hat. Ich frage Sie wirklich: Ist es richtig, genetische Untersuchungen, die während der Schwangerschaft möglich sind, vor der Implantation zu verbieten? Ich habe am Anfang gesagt, dass jeder schlussendlich für sich selber entscheiden muss, ob er die Motion annehmen will oder nicht. Ich bitte Sie aber – vor allem, wenn Sie Kinder haben –, sich vor Ihrem Entscheid in die Situation betroffener Eltern zu versetzen. Es ist sehr leicht, die Präimplantationsdiagnostik zu verbieten, wenn man gesunde Kinder hat. Was es aber heisst, bis am Schluss nicht zu wissen, ob das Kind dann gesund ist oder nicht, und wie man dann mit einer solchen Situation als Eltern oder Familie umgeht, kann nur ermessen, wer im Wissen um eine Erbkrankheit entscheiden muss. Langenberger Christiane (RL, VD): Lors de nos débats en commission, j'avoue avoir été sensible à deux arguments exposés par la majorité. Cette loi nous mène-t-elle au-delà du raisonnable et de l'éthiquement défendable? Car il est vrai que nous vivons à une époque où la recherche internationale semble avancer sans trop se soucier de questions morales ou éthiques et où chacun estime avoir le droit de recourir aux progrès scientifiques. De là à ce que des parents veuillent assouvir un désir d'enfant parfait, moduler leur progéniture selon leur rêve il y a encore un pas à franchir, mais n'est sans doute plus une vision totalement utopique. Encore que, pour avoir suivi une fécondation in vitro dans ma famille, je ne peux guère m'imaginer une femme ou un couple se soumettre aux dures exigences physiques, psychiques d'une fécondation in vitro sans raison de santé particulière. L'autre problème encore plus délicat est celui de la sélection susceptible de remettre en question la valeur des personnes handicapées. Il ne me semble pas cependant y voir aujourd'hui une condamnation de l'infirmité. Dans le cadre de la loi sur les handicapés, la population suisse a accepté d'améliorer leurs conditions de vie sur une large échelle, montrant ainsi le respect qu'elle tient à leur manifester.

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Nous devons cependant circonscrire les cas qui nous préoccupent. Nous parlons ici de cas de fécondation in vitro ayant lieu pour des raisons de présomption de maladie héréditaire incurable, de malformation ou, éventuellement, de stérilité. Ce n'est pas à nous de juger du libre arbitre de parents qui se sentent ou non la force de risquer l'implantation d'un embryon atteint d'anomalie génétique pouvant se développer en maladie souvent incurable, ni d'imposer à un enfant de vivre avec un tel handicap. C'est d'ailleurs précisément la crainte de cette perspective qui fait que des parents ont recours à la fécondation in vitro. En fait, il serait finalement plus honnête d'interdire carrément aux couples dans cette situation d'avoir recours à cette méthode de fécondation plutôt que d'interdire le diagnostic préimplantatoire en cas de fécondation in vitro. Mais encore une fois, les parents doivent bien entendu pouvoir refuser l'analyse de l'embryon et accepter ainsi l'enfant que le destin leur réserve. Cependant – et cela a été dit –, la récente votation concernant le régime du délai a relancé incontestablement l'actualité politique de la question du diagnostic préimplantatoire. Il est en fait désormais légalement possible d'interrompre une grossesse! De plus, le diagnostic prénatal permet de mettre un terme à l'existence d'un foetus après le quatrième mois de grossesse si nécessaire. En revanche, le diagnostic préimplantatoire est interdit, alors qu'il permettrait l'implantation d'un embryon sain et donc le développement d'une grossesse heureuse. Ainsi, il est quand même illogique de constater qu'en matière d'analyses génétiques, la loi accorde désormais un degré de protection plus faible à un foetus, développé, de plusieurs mois, qu'à un embryon naissant. Je rappelle que le débat sur la loi fédérale relative à la recherche sur les cellules souches embryonnaires offrait déjà une opportunité juridique qui aurait permis de lever l'interdiction du diagnostic préimplantatoire. Dans une logique purement juridique, le verrou légal de l'interdiction aurait donc pu être levé. Dans le travail effectué en commission, puis au conseil, nous n'avons toutefois pas réussi à intégrer cette revendication. L'Allemagne, l'Autriche, l'Irlande et la Suisse interdisent une telle pratique. En revanche, le diagnostic préimplantatoire est autorisé par la loi, mais son usage en est strictement défini, au Danemark, en Espagne, en France, en Norvège et en Suède. Dans les autres pays européens, il est autorisé en l'absence de dispositions législatives spécifiques. Je rejoins les conclusions de la Commission nationale d'éthique dans le domaine de la médecine humaine, qui estime nécessaire d'autoriser le diagnostic préimplantatoire également en cas de stérilité. Il semble en effet que 70 pour cent des embryons ne conduisent pas à une grossesse, en raison d'anomalies chromosomiques, même parmi les AB 2005 S 1125 / BO 2005 E 1125 femmes en bonne santé. Le diagnostic préimplantatoire permettrait ainsi d'améliorer sensiblement le taux de succès de la fécondation in vitro, qui est actuellement bas. Puisque nous n'en sommes qu'au début du débat, il appartiendra à la loi, en fonction d'interdictions restrictives ou d'indications, d'éviter de porter atteinte à la dignité humaine. Dès lors, il ne me paraît pas légitime de refuser à cette vie en devenir, ou à cette vie parvenue à son terme, la possibilité d'un choix: celui de la qualité et de la dignité. Fetz Anita (S, BS): Wer sich heute ein Kind wünscht und keines bekommt, kann es mit einer In-vitro-Befruchtung versuchen. Für viele kinderlose Paare ist das die allerletzte Hoffnung, doch noch ein Kind zu bekommen, das sie sich so sehr wünschen. Die Zeugung des Kindes findet in vitro, also im Glas, das heisst ausserhalb des Mutterleibes, statt. Der Embryo wird erst später in die Gebärmutter eingesetzt. Heute ist es verboten, diesen Embryo auf genetische Krankheiten zu untersuchen, solange er im Reagenzglas ist. Diese sogenannte Präimplantationsdiagnostik ist im Fortpflanzungsmedizingesetz seit 2001 verboten. Erlaubt ist hingegen eine genetische Untersuchung des Embryos im Mutterleib. Diese sogenannte pränatale Diagnostik ist gemäss Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen ausdrücklich erlaubt. Dazu muss die Schwangerschaft allerdings schon mehrere Wochen gedauert haben. Diese Situation ist ebenso klar wie unbefriedigend. Die gleiche Untersuchung – die genau gleiche Untersuchung! – ist einmal, das heisst in vitro, verboten und einmal, das heisst in utero, erlaubt. Was bedeutet das in der Praxis für eine betroffene Frau? Sie muss sich den Embryo erst einpflanzen lassen, ihn mehrere Wochen "austragen", und erst dann darf er auf schwere Erbkrankheiten untersucht werden, mit dem Resultat, dass der Gesetzgeber der schwangeren Frau eine medizinische Abtreibung zumutet, falls der Embryo genetisch schwer geschädigt ist. Diese Situation ist für die betroffene Frau körperlich und für das Paar psychisch schwer belastend und aus meiner Sicht unzumutbar. Was daran soll ethisch sein? Deshalb bin ich entschieden der Meinung, wir sollten die Motion annehmen. Diese Meinung vertreten auch die

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Patientenorganisationen, die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften, die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte und, wie schon Kollegin Leumann als Anführerin der Minderheit ausgeführt hat, auch die Ethikkommission. Mit der Annahme der Motion beauftragen wir den Bundesrat, eine gesetzliche Regelung auszuarbeiten, welche die Präimplantationsdiagnostik unter strengen Auflagen zulässt. Wenn Sie die Motion ablehnen, also die Präimplantationsdiagnostik weiterhin verbieten, dann befürworten Sie meiner Meinung nach eine Verbotsregelung, die nicht nur meinem, sondern auch dem Rechtsempfinden breiter Bevölkerungskreise widerspricht. Das hat eine Publikumsdiskussion des Zentrums für Technologiefolgeabschätzung schon im Jahr 2003 gezeigt. Die grosse Mehrheit der dort befragten Laien und auch der Betroffenen befürwortet die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik, aber unter strengen Auflagen. Darüber hinaus gibt es auch ernsthafte rechtliche Bedenken zur Zulässigkeit dieses Verbots. Die Präimplantationsdiagnostik ist heute eine medizinisch-wissenschaftlich anerkannte Untersuchung. Ihr Verbot stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit der Betroffenen, insbesondere in das Selbstbestimmungsrecht der Frau, dar. Besonders stossend ist für mich, dass die gleiche Diagnose in utero erlaubt und in vitro verboten ist, was die werdende Mutter in eine schwere Zwangslage bringt und eine Abtreibung des Embryos zu einem späteren Zeitpunkt bewusst provoziert. Zudem widerspricht das Verbot dem Verfassungsgebot der Rechtsgleichheit und dem Willkürverbot, oder etwas einfacher ausgedrückt: Das Verbot der Präimplantationsdiagnostik diskriminiert bewusst und willkürlich die Betroffenen. Es ist für mich weder rechtlich noch ethisch nachvollziehbar, warum man die gleiche Diagnosemöglichkeit in der Gebärmutter, aber nicht ausserhalb zulässt. Ich kann diese Inkohärenz als Folge einer bestimmten Werthaltung verstehen und auch akzeptieren. Aber dann müsste man konsequenterweise auch die pränatale Diagnostik verbieten. Diese ist aber ausdrücklich erlaubt und legal. Unsere Debatte zeigt, dass wir es mit einem rechtlich und gesellschaftspolitisch schwierigen Thema zu tun haben. Das hat wesentlich mit dem grundsätzlichen Dilemma unserer Gesellschaft zu tun: Wir leben in einer Zeit, in der die Medizin rasante Fortschritte macht. Solche Fortschritte hat es in der Entwicklung der Menschheit zwar immer gegeben, aber nie in diesem rasanten Tempo. In einer einzigen Generation müssen heute Dutzende von Entscheiden demokratisch gefällt werden, wie sie noch vor wenigen Jahren niemals in dieser Kadenz nötig waren. Das mögen wir bedauern, dennoch ist es eine Realität. Deshalb ist es auch richtig und wichtig, dass wir uns mit diesem Entscheid, der weitreichende Folgen haben wird, schwer tun und ihn auch gründlich diskutieren. Ich verstehe die Sorge vieler Kolleginnen und Kollegen wegen dem Missbrauchspotenzial der Präimplantationsdiagnostik. Auch ich will keine Designerbabys, auch ich bin der Ansicht, dass es kein Recht auf ein gesundes Kind geben kann, und niemand in diesem Saal – davon bin ich tief überzeugt – will irgendwelche eugenische Massnahmen und schon gar nicht eine Diskriminierung von Behinderten. Gerade deshalb ziehe ich eine gesetzliche Regelung der Präimplantationsdiagnostik einem generellen Verbot vor. Ein Verbot ist hier eine schlechte Lösung. Es zwingt die betroffenen Frauen zu einer medizinischen Abtreibung oder ins Ausland, denn in den meisten europäischen Staaten ist die Präimplantationsdiagnostik zugelassen. In diesem Sinne bitte ich Sie, die Motion anzunehmen. Sie ermöglichen damit die Beschränkung dieser genetischen Untersuchungsmethode auf schwere Krankheiten. Bieri Peter (C, ZG): Es war am 19. Juni 1997, als wir hier in einer intensiven Debatte Artikel 5 des Fortpflanzungsmedizingesetzes besprachen. Paul Gemperli war damals Präsident der WBK, und der damalige Bundesrat Arnold Koller begleitete diese Vorlage. Ich habe mir über dieses Wochenende die Mühe gemacht, das Amtliche Bulletin nochmals sorgfältig nachzulesen. Mit 18 zu 16 Stimmen obsiegte damals vorerst die Meinung, dass man die Präimplantationsdiagnostik zulassen soll. Der Nationalrat entschied jedoch damals mit massgeblicher Unterstützung auch der linken Kreise anders, und wir schlossen uns im Rahmen der Differenzbereinigung dem Verbot an. Die heute dargelegten Argumente sind nicht anders als die bereits damals vorgebrachten Bedenken. Der Kommissionsberichterstatter legte damals sorgfältig dar, dass durch die konsequente Anwendung der Präimplantationsdiagnostik die Gefahr bestehe, dass der Embryo, dem als totipotentes Lebewesen selber Schutz zukommt, diesen Schutz verliert. Schliesslich bestünden auch Bedenken bezüglich einer immer weiter ausgebauten und verfeinerten Embryoselektion. Es dürfte nur schwer zu verhindern sein, dass die Hemmschwelle immer tiefer sinke, den Embryo nach beliebigen Kriterien in vitro zu untersuchen. Es würde damit stets schwieriger, die Grenzlinie zwischen erlaubter und unerlaubter Selektion zu ziehen, und damit könnten Entwicklungen verbunden sein, die sich mit der Menschenwürde nicht mehr vereinbaren liessen. Schon damals zogen wir im Wissen um diese heikle Situation den Schluss, den Embryo durch ein generelles Verbot vor unerwünschten Manipulationen in vitro zu schützen, um damit die Gefahr der Forschung am menschlichen

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Embryo und einer unerwünschten Eugenik von vornherein abzuwenden. Es ist jetzt einmal mehr die Behauptung aufgestellt worden, dass mit der Pränataldiagnostik folgerichtig, wenn nicht sogar zwingend, auch die Präimplantationsdiagnostik zugelassen werden sollte. Der damalige Bundesrat Koller, uns allen noch als ausgezeichneter Jurist in Erinnerung, widersprach damals dieser Behauptung mit aller Vehemenz: "Bei der AB 2005 S 1126 / BO 2005 E 1126 pränatalen Diagnostik besteht doch auch bei einem positiven Befund .... eine Chance für ein Therapiekonzept. Wenn jedoch in der Präimplantationsdiagnostik beim Embryo in vitro ein Defekt festgestellt wird, wird das zu einem Automatismus zwischen einem mutmasslichen Mangel und der Verwerfung des ungeborenen Lebens führen – das lehrt uns die Lebenserfahrung –, und damit wird die Präimplantationsdiagnostik wirklich zu einem reinen Test auf Leben und Tod." (AB 1997 S 689) Wegen dieser grundlegend anderen Ausgangssituation kann ich wie der damalige Bundesrat Koller die Folgerung nicht akzeptieren, mit der Pränataldiagnostik sei auch die Präimplantationsdiagnostik zuzulassen. Der damalige Bundesrat Koller legte augenscheinlich und auch nachweislich dar, dass es hier erhebliche Unterschiede gibt und deshalb das eine nicht konsequent mit dem anderen zu verbinden ist. Während bei der Pränataldiagnostik die schwangere Frau dem werdenden Leben in einem Gewissensentscheid gegenübersteht, handelt es sich bei der Präimplantationsdiagnostik um eine Selektion von Embryonen, die von Drittpersonen nach selektiven Kriterien vorgenommen wird. Die Existenz eines Kindes wird an eine Bedingung geknüpft. Erfüllt es diese nicht, so wird ihm das Lebensrecht von vornherein abgesprochen. Darin liegt ein entscheidender Unterschied zwischen den beiden Methoden. Wir müssen auch zurückhaltend sein, als gesunde Menschen darüber zu entscheiden, ob und wann das Leben anderer Menschen als lebenswert oder als nicht lebenswert zu betrachten sei. Das ist auch in unserem Verhältnis zu behinderten Mitmenschen ernsthaft zu bedenken. Wer die Präimplantationsdiagnostik zulässt, muss letztlich die Frage beantworten, ob die Beseitigung von unerwünschtem Leben das Grundrecht, anders, ja auch behindert zu sein, nicht antastet. Seit 1997 gab es verschiedene Volksabstimmungen, bei denen die Frage der Präimplantationsdiagnostik am Rande mit berührt wurde. Ich erinnere an die Abstimmung über die Stammzellenforschung oder auch über die Volksinitiative "für menschenwürdige Fortpflanzung". Bundesrat und Parlament haben sich bei diesen Abstimmungen stets auch für bzw. gegen diese Vorlagen eingesetzt, indem sie darauf hingewiesen haben, dass sie bei der Präimplantationsdiagnostik das generelle Verbot belassen würden. Der Sprecher der nationalrätlichen WBK hat im Nationalrat dargelegt, dass dieses Verbot eines der wichtigsten Argumente gewesen sei, um bei den Volksabstimmungen zu bestehen. Zumindest ich selber würde jetzt entschieden an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn wir nun, nach positivem Ausgang dieser Abstimmungen, die Präimplantationsdiagnostik im Nachhinein einführen würden. Das halte ich auch unter Berücksichtigung der Zeitverhältnisse für nicht angebracht. Wir werden in absehbarer Zeit das Bundesgesetz über die Forschung am Menschen zu behandeln haben. Dies gibt eine weitere Möglichkeit, diese Thematik eingehend zu diskutieren, auch wenn uns die Verwaltung nun erklärt hat, dass die Frage der Präimplantationsdiagnostik nicht dort, sondern im Fortpflanzungsmedizingesetz zu regeln sei. Trotzdem kann diese ähnliche Thematik dort mit diskutiert werden, so etwa die Frage, unter welchen wissenschaftlichen, medizinischen Voraussetzungen und unter welchen rechtlichen Bedingungen diese Methodik möglich sein könnte. Schon die Feststellung der Nationalen Ethikkommission, sie sei nicht fähig, die Erbkrankheiten zu bezeichnen, welche eine Präimplantationsdiagnostik zulassen würden, zeigt doch, wie unausgegoren diese Sachlage heute ist. Dass hier mit dieser Motion vorgeprellt wird, ist von denjenigen, die diesen Entscheid trotz ethischer und rechtlicher Bedenken bei den Volksabstimmungen mitgetragen haben, mit einem gewissen Unverständnis aufgenommen worden. Wir, die wir gegenüber gewissen Gesetzen, wie etwa gegenüber dem Stammzellenforschungsgesetz, Vorbehalte angemeldet haben, sie dann aber doch gegen Widerstände aus unseren eigenen Reihen verteidigt haben, fühlen uns durch dieses erneute Vorprellen von den Promotoren der medizinischen Fortpflanzungstechniken etwas hintergangen – entschuldigen Sie den Ausdruck. Vielleicht gehöre ich zu denjenigen wertkonservativen Menschen, denen das Gewissen nicht mehr folgen mag, wenn andere mit ihren Wissenschaften vorprellen wollen. Frau Amgwerd hat in der Kommission zutreffend gesagt, dass es in der Bevölkerung zunehmend Bürgerinnen und Bürger gebe, die sagten, dass nach all den getroffenen Zugangsmöglichkeiten für die Fortpflanzungswissenschaften nun ein Stopp einzulegen sei. Ich möchte Sie bitten, diese Haltung auch bei Ihrem Entscheid zu berücksichtigen. Wir haben uns in der Fortpflanzungsbiologie schon sehr weit vorgewagt. Viele von uns haben trotz ernsthaften Vorbehalten den Weg bis jetzt mitgemacht. Ich würde aber davon abraten, den Rubikon jetzt zu überschreiten.

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AMTLICHES BULLETIN – BULLETIN OFFICIEL Ständerat • Wintersession 2005 • Zehnte Sitzung • 13.12.05 • 08h00 • 04.3439 Conseil des Etats • Session d’hiver 2005 • Dixième séance • 13.12.05 • 08h00 • 04.3439

Ich bitte Sie aus diesen Gründen, die Motion abzulehnen. Amgwerd Madeleine (C, JU): Le sujet qui nous occupe est très délicat. Il a trait aux valeurs, à la vie, à son respect et à sa dignité. J'aimerais insister sur trois éléments. Premièrement, le diagnostic préimplantatoire (DPI) est intellectuellement, scientifiquement, médicalement possible, mais humainement c'est aller trop loin et trop vite. Ces dernières années, plusieurs lois ont été acceptées par les chambres et ensuite par le peuple, qui touchent au domaine de l'éthique: la loi fédérale sur la procréation médicalement assistée, entrée en vigueur en 2001; la loi fédérale relative à la recherche sur les cellules souches embryonnaires, acceptée par le peuple le 28 novembre 2004. A chaque fois, il a fallu convaincre la population que la recherche permettait d'aller jusque-là et qu'il était judicieux d'accepter le projet. Mais bien souvent la population nous disait ses doutes et son scepticisme d'aller aussi loin dans la recherche. Le "tout-àla-science" passe de moins en moins dans la population même si chacune, chacun reconnaît que la science et la recherche médicales apportent une amélioration à la santé et des solutions pour guérir les maladies. Cela n'est pas contesté. Mais avec le DPI, on a cette fois vraiment l'impression que le médical et le scientifique priment et l'emportent sur l'humain: c'est le "tout-à-la-science" et le plus vite possible. Vous le savez le processus de fécondation in vitro est une expérience difficile, psychologiquement très lourde à vivre, où la femme a l'impression d'être un objet médical, un cobaye. Des femmes qui l'ont vécu m'en ont parlé, et elles m'ont dit avoir éprouvé le sentiment d'être juste l'objet d'une expérimentation médicale, sans accompagnement humain, un cas parmi d'autres de technique scientifique, froide et sans âme. En plus de cette expérience où l'on se trouve seule, fragile, fragilisée par cet environnement excessivement scientifique, on voudrait encore ajouter l'expérience du DPI! Pour la majorité de la population, tout en reconnaissant les apports très positifs de la recherche et de la médecine, il n'est pas judicieux aujourd'hui d'aller au-delà des limites qui viennent d'être fixées en 2001 par la loi sur la procréation médicalement assistée. Deuxième point, le DPI est une offense à la dignité des personnes handicapées. Le risque d'eugénisme existe et est réel. Même si on a déclaré qu'il faudra fixer des critères stricts quant aux maladies à admettre, cela paraît extrêmement difficile: où mettre la barre? pourquoi accepter telle maladie génétique qui justifie un DPI et pas telle autre? où s'arrêtera-t-on alors? Je sais que vivre avec un handicap est quelque chose de très lourd et de difficile à vivre pour la personne concernée et pour son entourage. Mais je sais aussi combien de parents d'enfant handicapé disent leur joie de voir leur enfant heureux et reconnaissant. Réduire la vie et sa valeur, sa dignité surtout, aux seuls critères de santé est simpliste et irrespectueux pour toutes celles et tous ceux qui souffrent d'un handicap et aussi pour toutes les personnes qui s'en occupent. En troisième lieu, quelques mots sur le désir d'enfant: nous vivons dans une société qui veut idéalement des enfants "sains", c'est-à-dire non handicapés. Qu'est-ce que le AB 2005 S 1127 / BO 2005 E 1127 handicap? Il existe des handicaps visibles, physiques et mentaux, mais il existe aussi des handicaps relationnels, qui peuvent avoir des conséquences difficiles à vivre, bien plus difficiles à vivre qu'un handicap physique. Nombreuses sont les femmes et nombreux sont les couples qui ne peuvent avoir d'enfant. C'est une grande souffrance, et ils renoncent à avoir des enfants ou en adoptent. Lorsque l'on a une maladie génétiquement grave, qui risque de mettre en danger la vie d'un enfant à naître, faut-il donner la vie? Faut-il prendre ce risque? Si oui, pourquoi le prend-on? pour répondre à son besoin d'enfant? ou le fait-on vraiment seulement pour l'enfant, avec le risque de le voir lui aussi gravement malade? J'ai eu la chance et le privilège d'avoir des enfants, mais je suis persuadée que si j'avais été atteinte d'une maladie grave, je n'aurais pas pris le risque de mettre au monde un enfant à qui j'aurais transmis cette maladie. Le désir d'enfant de l'adulte doit, de mon point de vue, être limité par le bien-être de l'enfant, pour que celui-ci ne doive pas supporter toute sa vie ce poids transmis par un parent qui voulait avant tout avoir un enfant. Pour ces quelques éléments et d'autres qui ont été évoqués, je vous demande de rejeter la motion. Fünfschilling Hans (RL, BL): Wir haben die Argumente der Mehrheit gehört. Es sind vor allem zwei Argumente: Einerseits sagt man, dass die Stellung, die gesellschaftliche Anerkennung der Behinderten dadurch berührt würde. Das zweite Argument drückt gewisse Ängste über Eugenik aus – es ist auch das Wort "Designerbaby" gefallen. Beide Argumente sind, nach meiner Ansicht, achtbare Argumente, und ich verstehe die Leute, die diese Argumente bringen. Beide Argumente haben aber eines gemeinsam: Sie haben nichts, aber auch gar nichts mit dem heutigen Entscheid zu tun.

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Ich komme zum ersten Argument, die Stellung der Behinderten: Wir haben schon von mehreren Vorrednerinnen und Vorrednern gehört, dass es die Natal- und Pränataldiagnostik gibt. 100 Prozent der Kinder, die geboren werden, könnten vorher mit Pränataldiagnostik untersucht werden. Nachher hätten dann die Eltern heute schon die Entscheidungskompetenz, einen Abort einzuleiten. Zum zweiten Argument, bezüglich Eugenik: Wir haben ja eine gesetzliche Regelung, welche die Anwendung der Präimplantationsdiagnostik ganz klar beschränkt. Diese betrifft höchstens – um eine Grössenordnung anzugeben – 1 bis 2 oder 3 Promille aller Geburten. Wegen der schon zu diesem Zeitpunkt möglichen Einwirkung bei diesen wenigen Promillen kann das Argument der Behinderten überhaupt nicht gebraucht werden. Jetzt kommt aber ein zusätzliches Argument, das noch nicht erwähnt worden ist: Die Präimplantationsdiagnostik ist ohne Gefahr für den Embryo. Bei der Pränataldiagnostik aber gehen die Eltern ein gewisses Risiko eines Spontanabortes ein. Jetzt stellen Sie sich mal die Situation einer Frau vor – ich habe das persönlich in den letzten Jahren erlebt –, die alles auf sich genommen hat, was notwendig ist, bis es zu einer Schwangerschaft aufgrund einer In-vitro-Fertilisation kommt. Diese Frau steht jetzt vor dem Problem, zu entscheiden, ob sie eine Pränataldiagnostik vornehmen will, wobei sie sich bewusst ist, dass wieder das Risiko eines Abortes besteht. Es wäre für diese Frau eine ganz schwere seelische Belastung, nach all dem, was sie schon auf sich genommen hat, noch entscheiden zu müssen, allenfalls einen Abort einzuleiten. Auf der anderen Seite müssen Sie sich auch den Arzt vorstellen, der eine Frau dabei unterstützt. Er weiss, dass er etwas ganz Einfaches tun kann; er sieht bei der In-vitro-Fertilisation die Embryonen an, darf aber nicht überprüfen, ob hier eine Erbkrankheit vorliegt. Aber er darf nachher – mit einem gewissen Risiko für den Embryo, der sich endlich eingenistet hat – die pränataldiagnostische Untersuchung machen. Auch für den Arzt ist es ethisch eine Belastung, dass er das nicht tun darf, was aus seiner Sicht das Vernünftigste wäre. Deshalb wiederhole ich: Mit den beiden Bedenken, die angesprochen worden sind, hat der jetzige Entscheid nichts zu tun. Deshalb bitte ich Sie, die Motion anzunehmen. Ory Gisèle (S, NE): Le sujet qui nous occupe aujourd'hui est particulièrement sensible. Il s'agit de se prononcer sur une motion destinée à assouplir très légèrement et très prudemment l'interdiction absolue du diagnostic préimplantatoire. Bien qu'il soit très difficile de se prononcer sur un tel sujet parce qu'il touche à notre sphère personnelle, à notre sensibilité, et que les arguments pour et contre soient aussi valables les uns que les autres, j'ai essayé de faire un choix. Après une longue réflexion et des hésitations, j'ai penché tout de même pour le oui, et cela essentiellement pour trois raisons: 1. J'aimerais qu'on continue la réflexion dans ce domaine, et l'acceptation de la motion permet d'approfondir le sujet. 2. Cette question est très personnelle. C'est un choix de vie qui appartient à chacun et chacune d'entre nous. Même si je ne serai jamais amenée à devoir faire cela, je ne me sens pas le droit d'empêcher absolument de le faire les couples qui se trouvent dans une telle situation et qui voudraient le faire, pour autant que ce soit dans des conditions très strictes et qui évitent tout abus. 3. Je pense qu'un diagnostic préimplantatoire est beaucoup moins traumatisant pour la femme qu'un avortement. Or, l'avortement est autorisé. Si un enfant est porteur d'une maladie génétique grave, la femme n'a actuellement que le choix d'avorter si elle ne se sent pas le courage ou la force d'affronter la maladie avec l'appui de sa famille. Or, l'avortement est toujours très traumatisant. C'est une perte, c'est un deuil. Ce sujet est très sensible parce qu'il touche à la vie, à l'embryon, à ce que nous avons de plus précieux: nos enfants. Il touche à des questions encore trop souvent considérées comme des tabous dans notre société: le handicap, la différence, mais aussi la maladie et la souffrance. Les progrès de la médecine, sa capacité d'intervention, nous forcent à nous préoccuper de ces questions fondamentales. Nous ne pouvons pas en faire l'économie. Ces questions toujours plus complexes ont une influence directe sur nos choix de vie et de société. C'est un débat extrêmement délicat dès lors qu'il renvoie bien sûr aussi à des dimensions éthique, théologique et tout naturellement à des convictions très personnelles que chacun ici se doit de respecter. Comme chacun d'entre nous, j'ai des convictions profondes: d'une part, parce que moi-même j'ai porté et mis au monde des enfants; j'ai vécu les joies et les angoisses de la future mère; je me suis posé la question de savoir si je serais capable d'affronter la venue d'un enfant différent; d'autre part, parce que je suis en contact au quotidien avec des personnes handicapées et avec leur famille. Certaines estiment qu'accepter le diagnostic préimplantatoire revient à nier le handicap et à vouloir que tout le monde soit parfait. D'autres estiment qu'on n'a pas le droit d'imposer à un père et à une mère l'effroyable douleur de voir son enfant, ou ses enfants, mourir dans de grandes souffrances, alors que la science leur permettrait de vivre la joie merveilleuse de mettre au monde un

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enfant en bonne santé. Bien sûr, tout cela tient à la sensibilité, aux convictions, au vécu de chacun et de chacune. C'est peut-être justement parce que ce choix est personnel et touche profondément ceux et celles qui doivent le faire qu'il me semble que nous ne pouvons pas décider pour les autres. Permettre la possibilité d'un tel diagnostic, c'est laisser la liberté de choix aux parents. Chacun doit déterminer en toute conscience s'il a la force d'affronter une telle situation ou s'il ne l'a pas. Vouloir donner naissance à un enfant handicapé et ajouter à son handicap le risque de voir éclater sa famille et d'être abandonné, c'est trop dur. Il y a bien sûr un risque de dérive. Nous nous rappelons avec horreur les pages les plus sombres de l'histoire de l'humanité. Cependant, l'eugénisme auquel il a été fait allusion AB 2005 S 1128 / BO 2005 E 1128 quelques fois dans cette salle aujourd'hui, est une politique d'Etat destinée à sélectionner une population selon des critères déterminés. Nous ne sommes pas du tout dans ce cas de figure aujourd'hui. Nous sommes tous d'accord sur un point: nous devons être intransigeants et interdire absolument tout type de sélection des embryons. Il n'y a pas d'humanité parfaite et il ne doit pas y en avoir, comme il ne doit pas y avoir de discrimination liée au handicap. Je me bats tous les jours contre cela, et je crois que notre société accepte de mieux en mieux la différence et intègre de mieux en mieux les différents handicaps. Cependant ce risque existe. Il doit être clairement défini et strictement circonscrit. La levée de cette interdiction doit être particulièrement prudente et circonspecte. Elle doit être strictement limitée, dans son champ d'application, à des cas très particuliers, exhaustivement décrits. Nous sommes tous ici convaincus de l'impérieuse nécessité de placer des garde-fous solides et de soumettre le diagnostic préimplantatoire à un contrôle sévère. La raison du dépôt de cette motion réside plutôt dans le fait que l'interdiction actuelle aboutit à des injustices et à des incohérences majeures, en particulier pour les couples qui se savent porteurs d'une grave maladie génétique. A l'heure actuelle, ces couples se voient proposer un diagnostic prénatal suivi d'un avortement. Le recours à la fécondation in vitro associée au diagnostic préimplantatoire leur éviterait bien des souffrances et leur permettrait, à eux aussi, de connaître la joie d'avoir des enfants. Dès lors, une question se pose au regard de la législation actuelle. Est-il justifiable de refuser une alternative à ces couples ou, a fortiori, de les empêcher de donner la vie? Est-il préférable, comme l'entraîne de facto la situation actuelle, de contraindre ces couples à prendre le risque d'entamer une grossesse suivie d'un avortement, un acte médical souvent traumatisant, en particulier dans ces circonstances, alors qu'un examen préalable à l'implantation de l'embryon permettrait de mettre au monde un enfant en bonne santé? En clair, laisser mourir un embryon dans les premiers jours qui suivent la fécondation revient à le traiter avec bien plus d'égards que d'attendre le troisième mois de la grossesse, alors qu'il est déjà un foetus bien développé, pour mettre un terme à son existence. Je voudrais rappeler qu'actuellement, la loi punit la pratique du diagnostic préimplantatoire d'une peine pouvant aller jusqu'à trois ans de prison. Vous paraît-il opportun de criminaliser des parents souhaitant donner la vie et éviter à leurs enfants des souffrances terribles qu'ils devront supporter toute leur existence? La société a-t-elle le droit de décider pour ces parents? Il ne s'agit pas aujourd'hui de trancher définitivement une question aussi sensible, qui appelle certainement une réflexion profonde et nuancée, mais de se donner du temps et d'amorcer une réflexion fondamentale. Nous pourrons nous prononcer ensuite sur le projet qui nous sera présenté et juger s'il est suffisamment restrictif et prudent. Je vous prie donc d'adopter la motion. Forster-Vannini Erika (RL, SG): Gestatten Sie mir nur noch ganz kurz einige Worte aus der Sicht eines Nichtkommissionsmitgliedes. Die Diskussion, ob die Präimplantationsdiagnostik erlaubt werden solle oder nicht, haben wir in diesem Saal schon 1997 bei der Verabschiedung des Gesetzes über die Fortpflanzungsmedizin geführt. Damals wie heute bin ich der Meinung, die Präimplantationsdiagnostik sollte erlaubt sein, wenn die medizinisch assistierte Fortpflanzung gewährt wurde, um die Weitergabe einer genetisch bedingten, schweren Krankheit zu verhindern. Das geltende Gesetz ist hier unlogisch. Es wurde schon mehrmals gesagt; es kann aber nicht genug betont werden. Es verlangt einerseits eine Indikation für medizinisch assistierte Fortpflanzung: die Abwendung schwerer, unheilbarer Erbkrankheiten. Andererseits verbietet es die genetische Untersuchung des Embryos vor der Implantation in die Gebärmutter. Geradezu absurd wird die ganze Angelegenheit, wenn man sich vor Augen führt, dass in den ersten zwölf Wochen ein Schwangerschaftsabbruch straffrei ist, wenn sich herausstellt, dass das Kind an einer schweren Erbkrankheit leidet – an der Krankheit also, die man via künstliche Befruchtung umgehen wollte. Das heisst doch nichts anderes – das ist mein Problem –, als dass wir den be-

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troffenen Frauen gewissermassen eine Schwangerschaft auf Probe zumuten. Gerade diese Diskrepanz gilt in meinen Augen als wichtigstes Argument zugunsten der Präimplantationsdiagnostik. Selbstverständlich muss die Präimplantationsdiagnostik darauf beschränkt bleiben, schwere Erbkrankheiten an der befruchteten Eizelle zu diagnostizieren. Genau das sieht die Motion des Nationalrates vor, wenn sie den Bundesrat beauftragt, eine Regelung zu treffen, welche die Präimplantationsdiagnostik ermöglicht und die Rahmenbedingungen dazu festlegt. Es geht ausdrücklich nicht um die Definition werten oder unwerten Lebens; das wurde heute in der Diskussion klar aufgezeigt. Eltern, die beide gesund sind, aber je ein krankes Gen tragen, das bei der Zeugung mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent zu einem kranken Kind führt, dürfen zwar eine In-vitro-Fertilisation durchführen lassen. Dürfen wir aber per Gesetz so weit in die Intimität eines Paares eindringen, dass wir verantwortungsbewussten Eltern – um diese geht es – vorschreiben, dass sie das Risiko akzeptieren müssen, dass ausgerechnet das implantierte, befruchtete Ei das krankheitstragende ist? Es muss, das ist meine tiefe Überzeugung, den Eltern überlassen bleiben, ob sie in ihrer konkreten Situation und mit ihrer familiären Erfahrung ein Kind zur Welt bringen wollen, dessen Leben mit einer vorher erkennbaren, schweren Krankheit gezeichnet ist. Das ist ein Entscheid, der nur privat gefällt werden kann. Wer schon mit Müttern gesprochen hat, die Trägerinnen schwerer Erbkrankheiten sind, und wer ihr Leid und ihre Schuldgefühle ihren Kindern gegenüber kennt, hat Hemmungen, ihnen den Weg zur In-vitro-Fertilisation und zur Präimplantationsdiagnostik zu verbauen. Deshalb bitte ich Sie eindringlich, die Motion anzunehmen. Schwaller Urs (C, FR): Die Diskussionen um Menschenwürde, Lebensschutz und auch Sterbehilfe gehören zu den schwierigsten Auseinandersetzungen, die wir als Politiker zu führen haben. Die Antworten auf diese Fragen sind ohne Zweifel geprägt durch unsere persönliche Ethik, durch die Religion, durch die Bildung und auch durch unsere Herkunft. Die Entscheidung in diesen Fragen bleibt immer höchst persönlich; und bei der Durchsicht der verschiedenen Argumentarien, die wir in den letzten Wochen zur Frage der Präimplantationsdiagnostik erhalten haben, ist mir bewusst geworden, dass es in der Argumentationskette sowohl der Befürworter als auch der Gegner wahrscheinlich wenige Argumente gibt, gegen die es, aus einer anderen Wertehaltung heraus, keine nachvollziehbaren Gegenpositionen gibt. Vor allem aus meiner Grundüberlegung, der Unantastbarkeit von Leben, komme ich aber zum Schluss, dass die Motion abzulehnen ist. Ich habe hierfür drei Gründe: 1. Mit der Zulassung der Präimplantationsdiagnostik stossen wir letztlich die Tür zu einer immer weiter ausufernden Embryonenselektion auf. Die Präimplantationsdiagnostik beinhaltet immer eine Selektion von Embryonen. Wer und nach welchen Kriterien, frage ich Sie, soll denn im Fall einer Zulassung die Selektionskriterien bestimmen? Wer setzt die Schwelle und macht die Unterscheidung zwischen Behinderungen und Krankheiten, die das Leben lebenswert oder lebensunwert machen? Die Geschichte gerade des letzten Jahrhunderts zeigt, dass in diesen Fragen ein blosser Mehrheitsentscheid in Legislativen, Exekutiven und auch in der Judikative kein genügender Garant gegen Missbräuche ist. 2. Durch aktives ärztliches Handeln wird ein Embryo mit dem Ziel einer Schwangerschaft erzeugt, und dieses werdende Leben wird anschliessend bei ungenügendem Ergebnis der Diagnose – man muss es so sagen – vernichtet, ohne dass sich jemand aus einer persönlichen Betroffenheit, AB 2005 S 1129 / BO 2005 E 1129 aus der Garantenpflicht der Mutter und des Vaters heraus mit dem Lebensrecht des Embryos auseinander setzen muss. Für die Mutter und den Vater ist die Ausgangslage bei der Pränataldiagnostik im Mutterleib klar eine andere. Hier spielt die Garantenpflicht. 3. Ich glaube den Befürwortern, wenn sie sagen, es sei selbstverständlich, dass auch sie gegen alle Ideen seien, mit der Technik in einigen Jahren Kinder mit vorherbestimmtem Geschlecht, vorherbestimmten äusserlichen Merkmalen oder vorherbestimmtem Charakter – warum auch nicht Intelligenz? – zu schaffen. Ich bin aber ebenso überzeugt, dass die Präimplantationsdiagnostik letztlich die Akzeptanz von behinderten Menschen beeinträchtigen wird, weil die Idee bleiben wird, die Geburt eines gesunden Kindes sei plan- und kontrollierbar und wer keine Untersuchung mache, sei selber schuld. Einer solchen Horrorvision, einem solchen Horrorszenario will ich bereits in den ersten Ansätzen nicht Vorschub leisten – weshalb ich dezidiert die Meinung vertrete, die Motion sei abzulehnen. Sommaruga Simonetta (S, BE): Wir merken es, wir haben es heute mit einer ausserordentlich schwierigen und heiklen Frage zu tun, in welcher weder Parteiinteressen noch Standesinteressen, noch irgendwelche

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Verbindungen ausschlaggebend sind, sondern sehr persönliche Überlegungen und Überzeugungen. Die für mich schwierigste Frage in dieser Angelegenheit besteht darin, wie man genetische Untersuchungen während der Schwangerschaft erlauben kann und sich gleichzeitig gegen die Präimplantationsdiagnostik aussprechen kann. Diese Diskrepanz wurde auch heute mehrmals so umschrieben, dass man eine Frau zwingt, sich einen Embryo einpflanzen zu lassen, und ihr erst nachher eine genetische Untersuchung erlaubt, die dann unter Umständen zu einer Abtreibung führt. Wenn man die genetische Untersuchung während der Schwangerschaft, also die sogenannte pränatale Diagnostik, und die Präimplantationsdiagnostik auf die gleiche Stufe stellt, wenn man sagt, das sei genau das Gleiche, dann gibt es tatsächlich nur eine Antwort: Man muss die Präimplantationsdiagnostik zulassen. Allerdings müsste man dann konsequenterweise die Präimplantationsdiagnostik unter den genau gleichen Rahmenbedingungen zulassen, wie man sie bei der pränatalen Diagnostik auch hat. Ich stelle aber fest, dass die Befürworterinnen und Befürworter der Präimplantationsdiagnostik selber immer wieder betonen, dass bei der Präimplantationsdiagnostik andere, nämlich strengere bzw. einschränkendere Kriterien angewendet werden sollen, als es bei der pränatalen Untersuchung der Fall ist. Meines Erachtens gibt es tatsächlich zwischen der pränatalen Untersuchung und der Präimplantationsdiagnostik wesentliche Unterschiede. Gemäss Bundesgesetz über die genetischen Untersuchungen beim Menschen sind pränatale Untersuchungen erlaubt, sofern sie darauf abzielen, Eigenschaften von Embryonen oder Föten zu ermitteln, welche deren Gesundheit direkt beeinträchtigen. Ich habe von niemandem, der die Präimplantationsdiagnostik befürwortet, gehört, dass man für die Anwendung der Präimplantationsdiagnostik dieselben Kriterien vorsieht. Also machen auch die Befürworter der Präimplantationsdiagnostik einen klaren Unterschied zwischen diesen beiden Anwendungen. Und der Unterschied ist ja auch sehr offensichtlich, und der Bundesrat hatte auf diesen Unterschied schon bei den Beratungen zum Fortpflanzungsmedizingesetz hingewiesen. Stellt man bei einer pränatalen Untersuchung einen Mangel fest, dann besteht eine Chance für ein Therapiekonzept. Wenn jedoch in der Präimplantationsdiagnostik beim Embryo ein Defekt festgestellt wird, dann wird das zu einem Automatismus zwischen einem mutmasslichen Mangel und der Verwerfung des Embryonen führen. Dieser Automatismus ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen der pränatalen Untersuchung und der Präimplantationsdiagnostik. Genau hier beginnt dann das zweite Problem, auf welches ich von den Befürworterinnen der Präimplantationsdiagnostik bis heute keine befriedigende Antwort erhalten habe, nämlich auf die Frage der Abgrenzung. Während bei den pränatalen Untersuchungen eine direkte Beeinträchtigung der Gesundheit als Voraussetzung genügt, um überhaupt eine Untersuchung zuzulassen, möchte man die Präimplantationsdiagnostik – das haben heute verschiedene Rednerinnen und Redner gesagt – nur in wenigen definierten Fällen ermöglichen, z. B. für Familien mit schwerwiegenden Erbleiden. Auch die Nationale Ethikkommission hat versucht, eine Abgrenzung vorzunehmen, indem sie Begriffe wie "schwere Krankheit", "schwere familiäre Krankheit" oder "im Laufe des ersten Lebensjahres zum Tod führende Leiden" vorschlägt. All diese Versuche machen deutlich, wie weit entfernt wir von einer Antwort sind, vor allem wenn man sich vor Augen hält, dass z. B. auch eine Chromosomenanomalie nicht immer eindeutig als schwere Krankheit zu bezeichnen ist. Ist Trisomie 21 eine schwere Krankheit? Wer will das entscheiden? Wer kann das entscheiden? Wie steht es mit Genmutationen, die nur über Prädispositionen Auskunft geben? Die Nationale Ethikkommission sagt, dass eigentlich nur die Eltern des Embryos diese Abgrenzungen vornehmen können. Aber wie sollen die Eltern im Voraus wissen, wie schlimm eine bestimmte genetisch feststellbare Krankheit ist? Hier zeigt sich meines Erachtens einmal mehr der Unterschied zwischen einer pränatalen Untersuchung und der Präimplantationsdiagnostik. Bei einer pränatalen Untersuchung entscheidet die Frau – respektive die Eltern – individuell, ob sie angesichts eines bestimmten Risikos einer Krankheit oder Behinderung des Embryos die Schwangerschaft weiterführen will oder nicht. Bei der Präimplantationsdiagnostik kann der Entscheid nicht individuell gefällt werden, weil man hier davon ausgeht, dass Alternativen, also andere Embryonen, zur Verfügung stehen. Die Präimplantationsdiagnostik dient der Selektion, während die pränatale Untersuchung der Information dient, bei welcher man individuell entscheidet, welche Konsequenzen diese Information für einen persönlich hat. Genau darin ist meine Zurückhaltung gegenüber der Präimplantationsdiagnostik begründet. Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, wie man solch allgemein gültige Selektionskriterien festlegt. Letztlich würden wir nämlich damit aussagen müssen, welche Formen von Krankheiten oder Behinderungen nicht mehr vorkommen sollten respektive welche Krankheiten oder Behinderungen in Zukunft wenn möglich verhindert werden sollten. Bis heute habe ich von niemandem, der die Präimplantationsdiagnostik befürwortet, eine Antwort auf diese Frage erhalten. Wenn wir heute Ja sagen zur Motion des Nationalrates, dann gehen wir aber davon aus, dass

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es möglich ist, diese Abgrenzung vorzunehmen. Ich sehe diese Möglichkeit im Moment nicht, und ich werde deshalb die Motion nicht annehmen. Ich tue dies allerdings im Bewusstsein, dass damit diese schwierigen Fragen nicht ein für allemal beantwortet sind. Ich finde es zudem wichtig, dass diese Fragen immer wieder kommen und wir im Hinblick auf technische, medizinische, aber auch gesellschaftliche Entwicklungen auch unsere eigene Haltung immer wieder überprüfen. Dann müssen wir aber auch bereit sein, immer wieder zu überprüfen, inwieweit unsere Entscheidungen auch mit Artikel 119 der Bundesverfassung noch vereinbar sind. Mit der Präimplantationsdiagnostik geraten wir nämlich unweigerlich auch in Konflikt mit der Verfassung. Erstens besagt Artikel 119 der Bundesverfassung, dass nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu Embryonen weiterentwickelt werden dürfen, als ihr sofort eingepflanzt werden können. Die Präimplantationsdiagnostik steht diesem Grundsatz aber entgegen, sollen mit ihr ja gerade mehr Embryonen hergestellt werden, als schlussendlich eingepflanzt werden, um die untauglichen – ich verwende diesen Begriff hier ungern – aussortieren zu können; sonst macht die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik überhaupt keinen Sinn. AB 2005 S 1130 / BO 2005 E 1130 Zweitens müssten die Methoden für die Präimplantationsdiagnostik weiterentwickelt werden; sie sind heute zum Teil ja noch recht rudimentär und wenig aussagekräftig. Um diese Methoden weiterzuentwickeln, braucht es aber Forschung mit Embryonen. Das schreibt die Nationale Ethikkommission, und ich bin ihr dankbar für diese Transparenz. Damit zeichnet sich aber eine zusätzliche Diskrepanz zum geltenden Verfassungsartikel ab. Genau diese Forschung haben wir nämlich mit Artikel 119 in der Bundesverfassung ausgeschlossen. Ich bitte Sie also, der Kommissionsmehrheit zu folgen und damit auch der Bundesverfassung Nachachtung zu verschaffen. Schiesser Fritz (RL, GL): Als einziger Mann in der Minderheit der Kommission möchte ich doch noch zwei, drei Punkte aufgreifen, namentlich auch nach den Voten von Herrn Kollege Schwaller und insbesondere jetzt auch von Frau Kollegin Sommaruga. Herr Schwaller hat als wesentlichstes Argument noch einmal den gesellschaftlichen Druck erwähnt, der ausgeübt werden könnte – im Hinblick darauf, dass Behinderungen nicht mehr akzeptiert werden, sondern der Vorwurf erhoben wird: Warum hat man diese Behinderung nicht erkannt und entsprechend gehandelt? Ich glaube, es ist gerade auch Sache der Politik, dafür zu sorgen, dass ein solcher gesellschaftlicher Druck nicht entstehen kann. Es ist Sache der Politik, rechtzeitig zu handeln und auf die entsprechenden Auswirkungen einer solchen Haltung hinzuweisen. Das hat sicher in der heutigen Diskussion stattgefunden. Es kann nicht sein, dass eine Behinderung einfach zur Reaktion führt: a, also ist dann b. So etwas darf es nicht geben; da bin ich mit Ihnen einverstanden. Aber das wäre meines Erachtens in keiner Art und Weise eine Folge der Vorlage, die wir heute vor uns haben. Wir stimmen ja – das sollten wir nicht vergessen – über eine Motion ab, eine Motion, die dem Bundesrat einen Auftrag gibt. Damit komme ich zu verschiedenen Argumenten, die von Frau Sommaruga vorgebracht worden sind. Man müsste ein Argument nach dem anderen betrachten. Nur so viel: Wenn Frau Sommaruga bereits jetzt behauptet, es gebe keine Lösung – sie hat am Schluss allerdings angefügt: im Moment –, dann muss ich feststellen, dass das eine Vorwegnahme des ganzen politischen Prozesses ist, der mit der Motion eingeleitet werden soll. Wenn man sich nicht auf den Weg begibt, dann kann man auch das Ziel nicht finden. Mit der Abstimmung über die Motion wäre eigentlich nichts anderes verlangt als der Entscheid darüber, dass man sich auf diesen Weg begibt. Wenn man das Ziel nicht finden kann, dann ist es jederzeit möglich, abzubrechen und der Behauptung von Frau Sommaruga zuzustimmen: Offenbar gibt es keine Lösung. Frau Sommaruga geht aber selber davon aus, dass es durchaus denkbar ist, zu einem späteren Zeitpunkt entsprechende Lösungsmöglichkeiten zu finden. Frau Sommaruga hat die Abgrenzungsfrage aufgeworfen; da stellen sich Probleme. Immerhin haben wir Aussagen von namhaften Fachorganisationen wie der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften, die uns in einem Schreiben dargelegt hat, welchen Linien und Kriterien allenfalls eine Lösung folgen könnte. Wenn wir jetzt die Flinte ins Korn werfen, können wir diese Frage sicher nicht beantworten. Damit komme ich zu einem weiteren Punkt. Herr Kollege Stadler und Frau Kollegin Leumann, Frau Langenberger und Herr Bieri haben die materiellen Kriterien, die es bei dieser Problematik ins Feld zu führen gilt, bestens dargelegt. Ich brauche sie nicht mehr zu erwähnen. Aber gerade das Votum von Frau Sommaruga hat mich noch auf einen anderen Gedanken gebracht: Wir stehen doch in einer permanenten Herausforderung. Wenn ich von "wir" spreche, dann meine ich die Ethik und die Politik. Wir stehen vor einer permanenten Her-

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AMTLICHES BULLETIN – BULLETIN OFFICIEL Ständerat • Wintersession 2005 • Zehnte Sitzung • 13.12.05 • 08h00 • 04.3439 Conseil des Etats • Session d’hiver 2005 • Dixième séance • 13.12.05 • 08h00 • 04.3439

ausforderung durch den wissenschaftlichen Fortschritt. Diesen wissenschaftlichen Fortschritt können wir nicht bremsen, aber wir können ihn auch einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Oder wir können feststellen, dass wir uns mit diesem wissenschaftlichen Fortschritt und den entsprechenden Folgen auseinander setzen müssen. Das ist eine permanente Aufgabe der Politik. Frau Amgwerd hat die Frage gestellt: "Où s'arrêtera-t-on alors?" Ich glaube, man kann nicht einfach sagen: Irgendwann hört das auf. Das wird weitergehen, und es ist Sache der Politik, zu entscheiden, welche Erkenntnis rechtlich umgesetzt werden kann und welche nicht. Wenn wir Stopp sagen, ab jetzt würden wir das nicht mehr mitmachen, dann wird sich eine andere Reaktion ergeben. Ich weiss, das Argument, das ich jetzt erwähne, ist sehr zweifelhaft, aber es ist die Realität: Diejenigen Personen, die betroffen sind und eine entsprechende Lösung wollen, suchen diese Lösung dann anderswo. Dann geben wir die Handlungsmacht aus der Hand. Oder wir können so vorgehen, wie wir das in zahlreichen anderen Bereichen gemacht haben. Ich erinnere nur an das Thema Stammzellenforschung; ich weiss noch, wie die Diskussion am Anfang getönt hat. Dann müssten wir versuchen, eine eigene Regelung zu finden, die mit unseren ethischen Vorstellungen vereinbar ist, damit wir auch das vorliegende Problem in den Griff bekommen und die Leute nicht darauf verweisen, die Lösung allenfalls an einem anderen Ort zu suchen, wo wir nichts zu sagen haben. Ich frage mich ernsthaft: Sollten wir nicht wenigstens versuchen, uns an die Arbeit zu machen, versuchen, unter Einbezug aller Kräfte eine Lösung zu erarbeiten, wie wir es in anderen sehr sensiblen Bereichen getan haben, wo wir, so meine ich, Lösungen gefunden haben, die mit unseren ethischen Vorstellungen vereinbar sind? Es war jeweils ein hartes Ringen, bis wir so weit gekommen sind. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir auch hier eine Chance hätten. Ich bin zuversichtlich, dass wir hier eine Lösung finden können, auch wenn es lange dauert. Ich bitte Sie auch aus dieser Erwägung heraus, sich auf den Weg zu machen. Wenn wir das Ziel nicht finden, ist es an uns, die Suche abzubrechen. Stadler Hansruedi (C, UR), für die Kommission: Ich danke Ihnen für diese gute, einlässliche Diskussion. Sie war notwendig. Ich denke, dass die verschiedenen Aspekte aufgezeigt worden sind. Frau Kollegin Fetz hat rechtliche Folgerungen gezogen und von Willkür und Rechtsungleichheit gesprochen. Das ist, vorsichtig gesagt, eine gewagte Konstruktion. Den qualitativen Unterschied zwischen der Präimplantations- und der Pränataldiagnostik hat Kollegin Sommaruga gerade überzeugend dargelegt. Die ethischen Grundprobleme im Zusammenhang mit der Präimplantationsdiagnostik wurden dargelegt. Jeder hat nun für sich eine ethische Beurteilung vorzunehmen. Diese können uns keine Ethikkommission und keine Akademie der Medizinischen Wissenschaften abnehmen. Ich nehme auch keinerlei Qualifikation von ethischen Beurteilungen vor. Ich billige somit jeder und jedem in diesem Saal eine anerkennenswerte ethische Haltung zu. Aber, Herr Kollege Fünfschilling, die sozialethischen Aspekte haben durchaus etwas mit diesem Entscheid zu tun. Dazu finden Sie auch entsprechende Ausführungen im Bericht der Nationalen Ethikkommission. Kollegin Sommaruga hat auch auf Widersprüche zur Verfassung hingewiesen. Kollege Schiesser sagte eben, wir stünden vor einer permanenten Herausforderung, vor neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und vor der Frage, wie wir mit diesen neuen Erkenntnissen umgehen. Dies trifft zu. Aber irgendeinmal braucht es auch einen Werteentscheid des Verfassungsgebers, das heisst des Volkes. Es gibt uns mit der Verfassung – Artikel 119 wurde im Speziellen erwähnt – irgendwo die Leitplanken vor. Wenn wir unten auf Gesetzesstufe etwas ändern möchten, so müssen wir auch die Grundsatzfrage eines Werteentscheides des Verfassungsgebers stellen. Für die Kommissionsmehrheit führten drei Aspekte zum ablehnenden Antrag: erstens eine ethische, zweitens eine rechtliche und drittens auch eine politische Beurteilung. Im Namen der Kommissionsmehrheit ersuche ich Sie, die Motion abzulehnen. AB 2005 S 1131 / BO 2005 E 1131 Couchepin Pascal, conseiller fédéral: Beaucoup d'entre vous ont, au cours de leur intervention, cité la lettre de la Commission nationale d'éthique dans le domaine de la médecine humaine et celle de l'Académie suisse des sciences médicales. Je crois qu'il est juste et nécessaire que la commission spécialisée, comme on l'a désignée, la commission d'éthique précitée, se prononce. Mais la commission d'éthique, par définition, ne peut pas remplacer la responsabilité individuelle de chacun d'entre nous; elle peut apporter un éclairage, et on peut – on doit – l'écouter, mais on n'est pas obligé de la suivre; on doit décider par soi-même, en fonction des critères éthiques qui nous appartiennent. L'homme et la femme politiques ont une responsabilité éthique supplémentaire: celle de prendre une décision 17.02.2017

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en fonction d'une certaine cohérence avec des décisions antérieures. Je crois qu'il appartient aussi d'une certaine manière au domaine de l'éthique de prendre des décisions qui soient compatibles les unes avec les autres et qui ne soient pas contradictoires, avec le risque que, petit à petit, les citoyens et les citoyennes, qui attendent de la loi un certain nombre d'indications, perdent la conscience qu'il y a un fil conducteur à ces différentes décisions. Or, si l'on parle de cohérence, on doit parler de décisions antérieures, et notamment de celle qui a été prise lorsqu'on a admis la fécondation in vitro. Je crois qu'un choix a été fait ce jour-là, qui nous impose aujourd'hui une certaine cohérence, une certaine limitation des possibilités; ou alors il faut revenir en arrière dans le temps, et reprendre la discussion sur la fécondation in vitro. La deuxième décision prise dans le passé et qui doit influer sur notre décision aujourd'hui, c'est évidemment l'acceptation du régime du délai, laquelle a été acquise après de longs débats, qui avaient souvent la même coloration, le même ton qu'aujourd'hui: à la fois respectueux et très impressionnant par la profondeur des arguments qui sont invoqués. Mais, à la fin, le peuple suisse a accepté le régime du délai. Si nous mettons ainsi en perspective chronologique, historique et politique les décisions prises dans le passé et la décision que nous devons prendre aujourd'hui, le Conseil fédéral pense que l'acceptation de la motion correspond à cette cohérence que j'évoque et qui, à mon sens, fait partie aussi de la conception de la moralité des actes politiques. Bien sûr, plusieurs d'entre vous ont repris toute une série d'arguments pour montrer qu'il existait une différence importante entre l'examen prénatal et le diagnostic préimplantatoire. Qui pourrait le nier? Il est évident qu'il existe des différences importantes. Mais derrière l'argumentation de ceux qui pensent que, parce qu'il y a une différence, on peut aujourd'hui rejeter la motion et ne pas remettre en cause le régime du délai, il y a l'idée de la limite et de la fuite permanente vers des horizons que l'on ne veut pas "aborder" ou, en tout cas, que l'on n'imagine pas pouvoir "aborder" actuellement. Les partisans de la différence – j'allais dire ontologique – entre les deux décisions disent que le diagnostic préimplantatoire nous conduira définitivement et quasiment de manière sûre vers la sélection en fonction de critères qui ne sont plus simplement ceux invoqués aujourd'hui, mais qui relèveront des caprices des parents, comme par exemple avoir des cheveux blonds ou des yeux clairs, ou un enfant plus intelligent dans le domaine mathématique que dans le domaine littéraire, ou je ne sais quoi encore. Mais je crois que toute la législation nous fait courir ce risque. Chaque fois que nous donnons une possibilité, nous savons que celle-ci peut nous entraîner à aller plus loin, mais à chaque fois une décision est prise; à chaque fois il y a un débat dans l'opinion publique et au Parlement; à chaque fois ensuite il y a une votation populaire. Il est possible que nous allions plus loin dans le futur, mais il n'est pas certain que nous allions dans ce sens. Si vous regardez l'attitude de l'ensemble non seulement du monde politique, mais de l'opinion publique face à l'eugénisme, on voit que le ton est beaucoup plus restrictif aujourd'hui qu'il ne l'était au début du XXe siècle, et pour cause! le XXe siècle nous a montré où pouvait conduire la folie de certains dans ce domaine-là. Reprenez des textes qui ont été publiés au début du XXe siècle sur l'eugénisme et lisez ce qu'on pense aujourd'hui de tous ces problèmes: la différence est extraordinaire; et la glissade – si vous me permettez l'expression – n'a pas été dans le sens d'effectuer de plus en plus d'interventions et de développer un eugénisme effrayant, mais au contraire dans celui de la prise de conscience de plus en plus grande de la nécessité de fixer les limites tout en maintenant une certaine cohérence avec les décisions antérieures. Monsieur Schwaller et d'autres ont dit: "Si vous admettez le diagnostic préimplantatoire, il y aura une pression sur les parents de plus en plus grande et petit à petit, la dignité des handicapés sera menacée par une sorte de revendication de la société à l'égard des parents pour qu'ils mettent au monde des enfants à leur convenance." Je ne dirai pas des enfants "sains", je ne veux jamais utiliser cette expression pour les opposer à des enfants handicapés. Je crois que les handicapés sont sains, tout comme vous et moi, parce que nous avons tous nos handicaps, nos faiblesses et nos manques. Une personne handicapée – j'ai été président d'une association de handicapés pendant 25 ou 30 ans – est une personne qui a d'autres manques qui sont plus visibles parfois, qui sont peut-être plus douloureux, qui sont socialement moins acceptables, mais ce n'est pas une personne qui n'est pas saine; c'est une personne saine qui a d'autres faiblesses. Alors, penser que si on accepte le diagnostic préimplantatoire, on va vers une augmentation massive de la pression sur les parents qui se répercutera ensuite sur l'attitude qu'on a à l'égard des handicapés, je crois que c'est faux. Je viens d'une région où, pour des raisons historiques – l'eau, l'alcoolisme, le patrimoine génétique, les accidents à la naissance –, il y avait, dans les générations de mes parents ou de mes grands-parents – et ils m'en ont parlé –, un nombre incroyable de gens qui étaient handicapés. Et je peux vous assurer que le respect des handicapés est plus grand aujourd'hui qu'il ne l'était à l'époque où il y avait beaucoup de gens qui étaient victimes du destin à leur naissance. Je ne crois pas que, si des choix conduisaient à renoncer à faire naître des enfants qui auraient des manques supplémentaires, cela entraînerait un affaiblissement de l'attitude

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de respect que la société a développée au cours de ces dernières années, plus que dans le passé, à l'égard des handicapés. C'est quelque chose que nous ne voulons en tout cas pas et que nous devons nous employer à combattre. Cohérence, valeurs éthiques, refus d'accepter qu'une certaine ouverture entraîne d'autres faiblesses et que de faiblesses en démissions on aboutisse à un eugénisme que nous ne voulons pas, tout cela nous conduit à dire qu'il faut accepter cette motion qui fixe des critères stricts pour le diagnostic préimplantatoire et ses conséquences. Nous aurons à reparler au cours des prochains mois et des prochaines années de ces limites, et nous le ferons dans le même climat de respect et de prise de conscience des valeurs éthiques mais aussi de la cohérence, à savoir dans le même climat que celui que nous avons eu aujourd'hui. Dire non, décréter une sorte de "moratoire" – permettez-moi l'expression, Madame Sommaruga – sur la décision parce qu'on veut continuer à réfléchir ne changera rien au problème et, probablement, provoquera encore plus de difficultés en vue de trouver une solution qui tienne compte à la fois de nos décisions antérieures et de la nécessité de ne pas risquer, de glissade en glissade, d'aller vers une présélection que nous voulons en aucun cas. Le Conseil fédéral vous invite à accepter la motion. Abstimmung – Vote Für Annahme der Motion .... 24 Stimmen Dagegen .... 18 Stimmen AB 2005 S 1132 / BO 2005 E 1132

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