AMTLICHES BULLETIN – BULLETIN OFFICIEL Ständerat • Frühjahrssession 2016 • Sechste Sitzung • 08.03.16 • 08h15 • 14.094 Conseil des Etats • Session de printemps 2016 • Sixième séance • 08.03.16 • 08h15 • 14.094

14.094 ZGB. Adoption. Änderung CC. Droit de l'adoption. Modification Erstrat – Premier Conseil CHRONOLOGIE STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 08.03.16 (ERSTRAT - PREMIER CONSEIL) NATIONALRAT/CONSEIL NATIONAL 30.05.16 (ZWEITRAT - DEUXIÈME CONSEIL) NATIONALRAT/CONSEIL NATIONAL 30.05.16 (FORTSETZUNG - SUITE) STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 07.06.16 (DIFFERENZEN - DIVERGENCES) NATIONALRAT/CONSEIL NATIONAL 17.06.16 (SCHLUSSABSTIMMUNG - VOTE FINAL) STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 17.06.16 (SCHLUSSABSTIMMUNG - VOTE FINAL)

Abate Fabio (RL, TI), für die Kommission: Mit der vorliegenden Revision des Adoptionsrechts werden die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte berücksichtigt. Die Zahl der Adoptionen ist seit 1980 gesunken. Die Entwicklungen in der Fortpflanzungsmedizin, die Bedingungen des Haager Adoptionsübereinkommens, das am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist, sowie der geltende Normenapparat haben diese Tendenz beeinflusst. In den vergangenen Jahren sind verschiedene parlamentarische Vorstösse zum Adoptionsrecht eingereicht worden. Die Kritik am geltenden Recht hatte einen gemeinsamen Nenner: Adoptionsvoraussetzungen, Adoptionsgeheimnis und Adoption von Stiefkindern. Das geltende Recht sieht drei unterschiedliche Adoptionsformen vor, die auf die grosse Revision von 1972 zurückgehen: 1. Die gemeinschaftliche Adoption eines fremden Kindes, die nur verheirateten Personen gestattet ist. Sie müssen fünf Jahre miteinander verheiratet sein oder das 35. Altersjahr zurückgelegt haben. 2. Die Stiefkindadoption, mit der ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten adoptieren kann. Dieses Modell steht nur verheirateten Paaren offen. 3. Die Einzeladoption erlaubt die Adoption eines fremden Kindes durch einen Ehegatten alleine, wenn eine gemeinschaftliche Adoption unmöglich ist, beziehungsweise die Adoption durch eine unverheiratete Person, die mindestens 35 Jahre alt sein muss. Gemäss Artikel 28 des Partnerschaftsgesetzes sind Personen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, von der Adoption ausgeschlossen. Dies betrifft alle drei erwähnten Formen der Adoption. Den Personen, die in einer faktischen Lebensgemeinschaft leben, ist nur die Einzeladoption erlaubt, die gemeinschaftliche Adoption und die Adoption von Stiefkindern nicht. Am 15. November 2011 reichte unsere Kommission für Rechtsfragen die Motion 11.4046, "Adoptionsrecht. Gleiche Chancen für alle Familien", ein. Diese Motion verlangte, dass alle Erwachsenen, ungeachtet ihres Zivilstandes und ihrer Lebensform, ein Kind, insbesondere das Kind des Partners oder der Partnerin, adoptieren können, wenn eine Adoption für das Kindeswohl die beste Lösung darstellt. Der uneingeschränkten Öffnung der Adoption für gleichgeschlechtliche Paare stimmte nur unser Rat ohne Unterstützung des Bundesrates und mit einer knappen Mehrheit zu. Der Nationalrat änderte den Motionstext im Sinne einer Einschränkung auf die Stiefkindadoption, und zwar folgendermassen: Kinder können durch Personen adoptiert werden, die mit der Mutter oder mit dem Vater des Kindes in einer eingetragenen Partnerschaft, in einer faktischen hetero- oder homosexuellen Lebensgemeinschaft oder wie im geltenden Recht in einer Ehe leben. Während der Frühjahrssession 2013 wurde die umformulierte Fassung der Motion von unserem Rat angenommen. Diese Vorlage, diese Revision entspricht dem parlamentarischen Anliegen. Welches sind die Elemente dieser Revision? Eine gemeinschaftliche Adoption eines fremden Kindes setzt das Bestehen einer Ehe als formelle Bedingung voraus – nur die Ehe. Eine gemeinschaftliche Adoption für Paare in eingetragener Partnerschaft ist nicht berücksichtigt worden. Nach wie vor bestehen in gewissen Teilen der Bevölkerung bedeutsame Vorbehalte gegen diese Öffnung der Adoption. Ich erinnere daran, dass der Auftrag des Parlamentes durch die schon erwähnte Motion in diese Richtung klar war. Auch für die faktischen Lebensgemeinschaften ist keine gemeinschaftliche Adoption vorgesehen. Falls dieses Modell eingesetzt würde,

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wären faktische Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Personen diskriminiert. Der Bundesrat hat weitere Schritte in diese Richtung zum heutigen Zeitpunkt als nicht opportun eingeschätzt. Ihre Kommission hat keinen Antrag einer Öffnung für die ausgeschlossenen Modelle debattiert. Ziel derselben Revision ist es, die Berücksichtigung des Kindeswohls als zentrales Element zu verstärken. Das geltende Recht zeichnet sich vor allem durch seine fehlende Flexibilität aus. Nicht immer wird der Ermessensspielraum garantiert, um den Einzelfall mit sämtlichen Umständen – insbesondere dem Kindeswohl – zu beurteilen. Das Gesetz soll nach wie vor formelle Voraussetzungen enthalten, aber es wird eine Vermutung aufgestellt, wonach eine Adoption in der Regel nicht dem Kindeswohl dient, wenn bestimmte Bedingungen nicht erfüllt sind. Hauptelement der Revision ist die Öffnung der Stiefkindadoption für alle Paarbeziehungen, ungeachtet ihres Zivilstandes oder ihrer sexuellen Orientierung. Als erforderliche Beziehungsdauer gilt für alle Paarbeziehungen ein ununterbrochenes Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt seit mindestens drei Jahren. Der Altersunterschied zwischen den adoptionswilligen Personen und dem zu adoptierenden Kind darf nicht weniger als 16 Jahre und nicht mehr als 45 Jahre betragen. Die Flexibilisierung konkretisiert sich in der Möglichkeit, davon abzuweichen, wenn es im Interesse des Kindeswohls geboten erscheint. Das Mindestalter für adoptionswillige Personen liegt sowohl bei der gemeinschaftlichen Adoption als auch bei der Einzeladoption bei 28 Jahren. Nach geltendem Recht ist die Altersgrenze bei 35 Jahren. Diese geltende Limite ist im internationalen Vergleich eine Ausnahme. Man kann im Rahmen der Flexibilisierung davon abweichen, wenn es im Interesse des Kindeswohls geboten erscheint. Für die Stiefkindadoption bleibt die Situation unverändert, und es wird kein Mindestalter vorgeschrieben. In diesem Fall lebt das Kind bereits mit dem Stiefelternteil zusammen, und die Beziehung existiert. Das Adoptionsgeheimnis ist das letzte wichtige Thema dieser Revision. Der geltende Artikel 268b ZGB verbietet es, den leiblichen Eltern die Identität der Adoptiveltern bekanntzugeben, solange diese ihre Zustimmung dazu nicht erteilt haben. Die Revision sieht vor, dass den leiblichen Eltern in Zukunft ermöglicht werden soll, ab dem Zeitpunkt der Volljährigkeit des Adoptivkindes und mit dessen Einverständnis an Informationen über seine Personalien zu gelangen. Zusätzlich sollen neu auch allfällige direkte Nachkommen der leiblichen Eltern an die entsprechenden Informationen gelangen können, wenn das Adoptivkind sein Einverständnis dazu erteilt hat. Die Praxis zeigt immer wieder, dass auch diese Personen ein Interesse an ihren zur Adoption freigegebenen Schwestern und Brüdern haben können. Mit dem neuen Artikel 268c ZGB wird das Informationsrecht des Adoptivkindes ergänzt. Die Adoptiveltern sind verpflichtet, das Kind zu informieren; sie dürfen ihm die Informationen nicht vorenthalten. Die Erteilung von Auskünften über die leiblichen Eltern oder das Kind ist eine Aufgabe der kantonalen Behörden. Ihre Kommission ist einstimmig auf die Vorlage eingetreten. Zu den einzelnen kontroversen Artikeln werden wir während der Debatte noch etwas sagen. AB 2016 S 111 / BO 2016 E 111 Vonlanthen Beat (C, FR): Die vorliegende Revision des ZGB hat eine zentrale Zielsetzung, nämlich dem Kindeswohl noch mehr Beachtung zu schenken. Das Wohl des Kindes ist der wesentliche Orientierungspunkt. Es ist das Ziel und die Rechtfertigung der Adoption schlechthin, wie Frau Bundesrätin Sommaruga in der Kommissionsberatung mit Recht unterstrichen hat. Es geht in dieser Revision also keinesfalls darum, adoptionswilligen Eltern zu einem Kind zu verhelfen, im Gegenteil, es gilt sicherzustellen, dass ein Kind mit Eltern aufwachsen darf. Wenn wir von diesem zentralen Anliegen des Kindeswohls ausgehen, dann erleichtert uns dies auch, die gesellschaftlich heikle Frage der Stiefkindadoption für Personen in eingetragener Partnerschaft und für faktische Lebensgemeinschaften sachlich zu beurteilen. Die Adoption durch homosexuelle Paare ruft teilweise heftige Reaktionen hervor. Trotz der veränderten Mentalitäten gegenüber der Homosexualität stelle ich mich ganz klar gegen eine gemeinschaftliche Adoption im Rahmen von eingetragenen Partnerschaften. Zwar zeigen jüngere Studien auf, dass das Aufwachsen bei einem homosexuellen Paar die Entwicklung des Kindes nicht negativ beeinflusst. Dennoch dürfen die möglichen Auswirkungen nicht verharmlost werden, zumal die Kinder mit einer Adoption teilweise bereits andere Schwierigkeiten, z. B. kulturelle Differenzen, zu bewältigen haben. Der Bundesrat hat daher die gemeinschaftliche Adoption mit Recht nicht für andere Lebensformen als die eheliche Gemeinschaft geöffnet. Ganz anders ist die Ausgangslage aber bei der Stiefkindadoption. Hier geht es um die Regularisierung einer bereits bestehenden Familienbeziehung. Diese Familienkonstellationen sind heute nun einmal eine Realität. Die vorgeschlagene Öffnung ermöglicht es, Ungleichbehandlungen zu überwinden und einen klaren rechtli-

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chen Rahmen für diese faktischen, bereits real existierenden Beziehungen zu schaffen. Als Gesetzgeber sind wir aufgerufen, verantwortungsbewusst zu handeln und die rechtliche Situation des Kindes in solchen Familien nun auch im ZGB festzuschreiben, denn beim Tod des leiblichen Vaters oder der leiblichen Mutter, der oder die in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, wäre das Kind einer grossen Unsicherheit ausgesetzt, weil es zum überlebenden Partner ja keine rechtliche Beziehung hat. Gerade hier ruft das Kindeswohl nach einem klaren Entscheid des Parlamentes, übrigens im Einklang mit der Verfassung, die in Artikel 11 festlegt, dass Kinder einen Anspruch auf besonderen Schutz haben. Diese Regelung und die weiteren Flexibilisierungen und sinnvollen Adaptationen des Adoptionsrechts bestärken mich in meiner Entschlossenheit, Ihnen mit Überzeugung zu empfehlen, Eintreten zu beschliessen und dann bei den entscheidenden Artikeln der Mehrheit zu folgen. Janiak Claude (S, BL): Der Berichterstatter, Herr Kollege Abate, hat es ausgeführt, und auch wenn Sie die Botschaft anschauen, sehen Sie auf der ersten Seite, dass diese Vorlage weitgehend auf Vorstössen aus dem Parlament basiert. Im Vordergrund der Debatte, das ist auch klargeworden, steht jetzt natürlich die Frage des Adoptionsrechts von eingetragenen Partnern. Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates war Urheberin der Motion 11.4046, "Adoptionsrecht. Gleiche Chancen für alle Familien", bei der wir dieses Thema bereits in extenso diskutiert haben. Damals ging es in Bezug auf gleichgeschlechtliche Partner zuerst noch um die Adoption ohne Einschränkung. Die ganze Debatte um die Adoption wird ja nicht erst seit der Behandlung dieser Motion geführt; sie wird schon seit zehn, zwanzig Jahren geführt. Ich stelle einfach fest, dass die Gesetzgebung bei gesellschaftspolitischen Fragen generell, aber auch bei dieser Frage ziemlich hinterherhinkt. Selbstverständlich plädiere auch ich dezidiert für Eintreten auf die Vorlage. Bei der Stiefkindadoption – übrigens bei jeder Adoption – steht natürlich das Wohl des Kindes im Vordergrund, aber hier haben wir die Spezialität, dass das Stiefkind ja bereits in dieser Partnerschaft lebt: Es ist das Heim des Kindes. Die erwähnte Motion unserer Kommission für Rechtsfragen ist ja damals im Ständerat angenommen worden. Der Nationalrat hat sie dann abgeändert, aber am Schluss waren sich beide Räte in dem Punkt einig, dass man die Stiefkindadoption zulassen möchte; es gab doch in beiden Räten komfortable Mehrheiten. Ich gebe es zu und habe es auch in der Kommission gesagt: Ich finde diese Beschränkung nach wie vor diskussionswürdig. Wenn Sie auf Seite 890 der Botschaft nachlesen, wie das die Bevölkerung sieht, dann werden Sie feststellen, dass eine Mehrheit hier jedenfalls fortschrittlicher denkt als die Politik. Es ist auch eigenartig, dass nur bei einer einzigen Partnerschaftskonstellation die Frage nach der sexuellen Orientierung der Leute, die die Kinder betreuen, gestellt wird, nämlich nur bei der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Aber das Leben ist bekanntlich vielfältiger; auch bei sogenannt normalen Paaren ist die Realität nicht immer so einfach, wie man glaubt. Das Leben ist auch vielfältiger als die Zivilstände, die heute bekannt sind. Immer mehr Personen leben weder verheiratet noch in eingetragener Partnerschaft, und es sind trotzdem Familien. Auch die Anhörungen, die wir durchgeführt haben, bestärken mich in der Auffassung, dass es Zeit ist, diesen Schritt zu machen. Es gibt sehr wohl auch Untersuchungen aus der Wissenschaft. Diese zeigen deutlich, dass bei Kindern mit gleichgeschlechtlichen Eltern im Vergleich zu Kindern aus heterosexuellen Beziehungen keine Unterschiede hinsichtlich ihrer psychischen und sozialen Persönlichkeitsentwicklung, ihrer schulischen und beruflichen Laufbahn, ihrer Freundschaften und sexuellen Beziehungen oder ihres Umgangs mit der geschlechtlichen Identität und Körperlichkeit bestehen. Durchgängig wird gefolgert, dass nicht die sexuelle Präferenz der Eltern über das Wohlergehen und die Entwicklung der Kinder entscheidet, sondern die Beziehungsqualität und das Klima innerhalb der Familie. Nun, es wird bei dieser Debatte der Vorwurf erhoben – ich nehme an, das wird noch kommen –, es werde Salamitaktik betrieben, man habe damals das Partnerschaftsgesetz beschlossen und die Adoption weggelassen, um das Gesetz mehrheitsfähig zu machen. Hier möchte ich dasselbe wie damals sagen: Bei gesellschaftspolitischen Fragen gibt es kein Ende der Fahnenstange, die Entwicklungen sind im Gange; ob man das gerne hat oder nicht – sie sind Realität. Wenn in ein, zwei Jahren weitere Forderungen gestellt werden, wird erneut dieser Vorwurf kommen. Für mich sind es vor allem Überlegungen der politischen Realität – solche standen übrigens auch damals beim Partnerschaftsgesetz im Zentrum –, die mich dazu führen, dieser Vorlage so zuzustimmen, obwohl ich mir im Endeffekt durchaus auch vorstellen könnte, dass auch die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare in eingetragener Partnerschaft generell möglich sein sollte. Ich möchte Sie auch an etwas erinnern, was vielleicht immer wieder etwas vergessen wird, wenn man über die Adoption redet: Lesen Sie einmal das Gesetz oder die Botschaft auf Seite 889, dann sehen Sie, wie streng die Voraussetzungen sind, damit man überhaupt

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adoptieren darf, damit sich diese Frage also überhaupt stellt! Viele Leute, die eigene Kinder haben – ich erlaube mir, dies zu sagen –, dürften diese Voraussetzungen auch nicht im Entferntesten erfüllen, leider. Ich zitiere aus Artikel 268a Absatz 2 des ZGB, wo es um die Voraussetzungen geht, also festgelegt wird, was geprüft und untersucht werden muss: "Namentlich sind die Persönlichkeit und die Gesundheit der Adoptiveltern und des Adoptivkindes, ihre gegenseitige Beziehung, die erzieherische Eignung" – das prüft man also; bei Leuten, die Kinder bekommen, fragt man ja nicht immer, ob sie geeignet sind zu erziehen –, "die wirtschaftliche Lage" – man muss also gut gestellt sein, damit man adoptieren darf –, "die Beweggründe und die Familienverhältnisse der Adoptiveltern sowie die Entwicklung des Pflegeverhältnisses ..." – wenn eines bestanden hat. All das ist abzuklären, und erst dann wird es überhaupt möglich, dass man jemanden adoptieren darf. AB 2016 S 112 / BO 2016 E 112 Ich darf Ihnen persönlich Folgendes sagen: Ich lebe bekanntermassen in einer eingetragenen Partnerschaft, und mein Partner hat einen Sohn. Ich käme nie auf die Idee, ihn zu adoptieren, denn er hat eine Mutter, die für ihn da ist, und er pflegt selbstverständlich zu beiden Elternteilen eine gute Beziehung. Aber die Frage könnte sich ja stellen, wenn die Mutter jetzt aus irgendeinem Grund nicht da wäre, wenn sie verstirbt oder in anderen Konstellationen einfach für das Kind nicht da ist. Warum sollte ich dann nicht die Möglichkeit haben, den Sohn zu adoptieren und damit auch Rechtsungleichheiten zu beseitigen, die zum Beispiel bei erbrechtlichen Fragen auftreten können? Natürlich kann man ein Testament machen, aber es gibt trotzdem Fragen, die damit noch nicht geregelt sind, beispielsweise nur schon in Zusammenhang mit der Erbschaftssteuer, um nur diese zu erwähnen. Das ist also meine persönliche Betroffenheit bei diesem Thema, die ich hier offenlegen möchte. Ich bitte Sie, auf die Vorlage einzutreten und im Sinne der Kommissionsmehrheit zu entscheiden. Rieder Beat (C, VS): Ich glaube es vorwegnehmen zu können: Eintreten auf diese Vorlage ist nicht bestritten, war auch in der Kommission nicht bestritten. Die grosse Auseinandersetzung wurde zu Artikel 264c ZGB geführt, wo es um die Öffnung der Stiefkindadoption geht. Hier möchte ich doch einmal die Position des Bundesrates aus dem Jahre 2010 bekanntgeben, als er auf eine Motion Fehr Mario 10.3436 Folgendes sagte: "Das Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare wurde vom Parlament am 18. Juni 2004 verabschiedet. Dagegen wurde erfolglos das Referendum ergriffen, sodass das Gesetz schliesslich am 1. Januar 2007 in Kraft treten konnte." Es folgt dann, dass der Bundesrat davon überzeugt ist, "dass die breite Akzeptanz des Partnerschaftsgesetzes in der Schweiz auch damit zu tun hat, dass mit ihm die Diskriminierung gleichgeschlechtlich veranlagter Personen beseitigt werden konnte, ohne den eingetragenen Partnern gleichzeitig den Weg zur Adoption (und zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung) zu öffnen ... Vor diesem Hintergrund hält der Bundesrat eine Revision von Artikel 28 PartG zurzeit nicht für opportun." Die nämliche Beurteilung gilt auch für die Stiefkindadoption. Die Idee hinter Artikel 28 des Partnerschaftsgesetzes, wonach Kinder Eltern unterschiedlichen Geschlechts haben sollten, würde aufgegeben, wenn man es einer Person, die in eingetragener Partnerschaft lebt, gestatten würde, das Kind ihrer Partnerin bzw. ihres Partners zu adoptieren. So weit die Position des Bundesrates aus dem Jahre 2010. Heute haben wir eine Vorlage, die dieser Position natürlich widerspricht, und ich frage mich, und das muss auch der Ständerat beantworten, ob sich die Gesellschaft in der Schweiz in den letzten sechs Jahren so schnell geändert hat. Sie werden heute nicht um zwei grundsätzliche Fragen herumkommen, nämlich erstens: Geht es bei der Freigabe der Stiefkindadoption wirklich um das Kindeswohl oder um die Schaffung der Möglichkeit für alle, Kinder zu haben? Und die zweite Frage ist: Mit welchen Argumenten wollen Sie in einer späteren Phase die gemeinschaftliche Adoption für gleichgeschlechtliche Paare verbieten, wenn Sie heute die Stiefkindadoption öffnen? In diesem Sinne ist auch der Minderheitsantrag zu Artikel 264c zu verstehen. Im Übrigen bin ich für Eintreten auf die Vorlage. Caroni Andrea (RL, AR): Wie meine Vorredner konzentriere ich mich nicht aufs Eintreten, sondern direkt auf die strittige Frage der Stiefkindadoption. Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass sie an sich einen Spezialfall regelt und eben nicht wie die gemeinschaftliche Adoption eine breite Adoptionsmöglichkeit schaffen würde. Wir sprechen hier nämlich von Kindern, die in der Realität, wie die Kollegen Vonlanthen und Janiak gesagt haben, bereits da sind. Wir stellen uns nur die Frage, ob wir diesen einen gestärkten rechtlichen Rahmen geben wollen oder nicht. Wir müssen uns heute nicht die Frage stellen, ob wir Regenbogenfamilien generell gut finden, nicht gut finden, fördern wollen oder verbieten wollen. Es geht um bestehende Familien, wie sie sind. Ganz wichtig ist zudem: Oft wird gesagt, man nehme dann jemandem ein Kind weg – das Argument ist heute

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noch nicht gefallen, aber vielleicht wäre es noch gekommen. Wie schon das Beispiel von Herrn Janiak schön gezeigt hat, ist es aber wie folgt: Wenn Eltern da sind, dann sind sie da. Wir reden von Kindern, denen ein Elternteil fehlt, sei es, weil er von Anfang an unbekannt ist, weil er verstorben ist, weil er verschollen ist oder weil es z. B. im Ausland zu einer fortpflanzungsmedizinischen Behandlung kam. Nur das ist hier die Frage. Ein Punkt kam noch etwas wenig zum Ausdruck, nämlich was denn die Vorteile für das Kind sind. Kollege Janiak hat das Erbrecht bereits angetönt. Es gibt noch einige andere Elemente. Das eine ist ein Unterhaltsanspruch, den man in dieser Form eben nur durch das Kindesverhältnis erhalten kann. Dann gibt es sozialversicherungsrechtliche Fragen wie die, ob man eine Waisenrente, eine Kinderrente kriegt. Das sind alles Dinge, die man leider privatrechtlich so auf diesem Niveau nicht regeln kann. Es gibt für ein Kind kein stärkeres Schutzverhältnis als eben das Kindesverhältnis. Eine ganz wichtige Grundsatzfrage – vielleicht die wichtigste, die wir uns heute stellen müssen – ist die Frage nach den Adoptionsvoraussetzungen im Allgemeinen. Kollege Janiak hat auch hier darauf hingewiesen, wie hoch denn die Hürden sind und was alles erfüllt sein muss, dass es zu einer Adoption kommt. Da ist für uns ganz wichtig, uns Folgendes vor Augen zu halten: Wenn wir hier die Stiefkindadoption öffnen, dann sagen wir nicht, dass jetzt alle gleichgeschlechtlichen Paare einen Anspruch auf eine Adoption hätten. Nur sagen wir auch nicht das Gegenteil. Wir sagen also nicht mehr: Alle gleichgeschlechtlichen Paare oder alle Konkubinatspaare sind per se und von Gesetzes wegen untauglich, um Adoptiveltern eines Kindes zu sein. Wir heben nur das heutige Verbot, das von einer absoluten Untauglichkeit ausgeht, auf und sagen: Es kann andere Fälle geben – und wir überlassen sie der Einzelfallbeurteilung –, wo es für das Kindeswohl eben das Beste ist, wenn solche Paare ein Kind adoptieren. Zum Schluss noch ein Hinweis zum Stichwort Gleichbehandlung: Führen wir uns das Kind des Partners von Herrn Janiak als Beispiel vor Augen. Wenn ein Kind aus irgendeinem Grund seine Mutter verliert, dann sind die adoptionsrechtlichen Möglichkeiten heute sehr davon abhängig, in welcher Form von Partnerschaft der Vater danach lebt. Wenn er heterosexuell ist und eine andere Frau heiratet, dann hat das Kind rechtlich Glück und kann adoptiert werden. Wenn der Vater, der seine Frau verloren hat, danach aber in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, hat das Kind rechtlich Pech und kriegt nach heutigem Recht keinen zweiten Elternteil. Aus Sicht des Kindes ist es nicht zu rechtfertigen, dass sein eigenes rechtliches Glück oder Pech davon abhängt, in welcher Partnerschaft der eine Elternteil nachher lebt. Unter dem Stichwort Gleichbehandlung noch ein Blick ins Ausland: In der Schweiz gibt es heute nicht nur Regenbogenfamilien, die faktisch zusammenleben, es gibt bereits rechtlich gesicherte Regenbogenfamilien mit zwei gleichgeschlechtlichen Elternteilen. Die haben diesen Status im Ausland durch irgendeine Konstellation erworben und werden bei uns anerkannt. Auf dieser Stufe gibt es solche Familien also bereits. Da müssen wir uns doch die Frage stellen, ob wir denn die Diskriminierung von Schweizern aufrechterhalten wollen. Im Sinne all dieser Argumente bitte ich Sie, der Stiefkindadoption, wie sie vorgeschlagen wird, zuzustimmen. Müller Damian (RL, LU): Eines gilt es gleich zu Beginn zu sagen: Kinder sind keine Luxusgüter, welche Mann und Frau in gleichgeschlechtlichen Beziehungen erwerben können. Die sogenannte Stiefkindadoption wird mit der vorliegenden Gesetzesänderung auf einen weiteren Kreis von Paaren ausgedehnt: In Zukunft soll die Möglichkeit einer Adoption nicht nur Ehepartnern, sondern auch Paaren in AB 2016 S 113 / BO 2016 E 113 eingetragener Partnerschaft oder, als zusätzliche Variante, Paaren in einer faktischen Lebensgemeinschaft offenstehen. Während den letzten Tagen habe ich mich intensiv mit der Änderung beschäftigt. Ich bin zum Schluss gekommen, dass diese Anpassung für klare Verhältnisse sorgt und den Kindern Sicherheit und Stabilität gibt. Aus meiner Sicht steht das Kindeswohl im Vordergrund, und dieses wird mit der Vorlage gewährleistet, was auch diverse Fachpersonen bestätigen: Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren entwickeln sich psychisch, aber auch sozial nicht anders als Kinder in konventionellen Familien. Und im Falle des Todes eines Elternteils haben diese Kinder den rechtlichen Erbanspruch sowie den Anspruch auf die sogenannte Waisenrente. Mir ist es lieber, wenn Kinder in einer geregelten Familie aufwachsen, und das kann schlussendlich auch eine Homofamilie sein, als wenn ihnen die Perspektiven in einer Fremdplatzierung genommen werden. Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Gleichgeschlechtliche Paare brauchen weiterhin Mut, sich zu outen, werden jedoch in unserer Gesellschaft akzeptiert. Ich wage zu behaupten, dass es in meiner Generation viel weniger Diskussionen gibt als in früheren Generationen. Die Kollegen Caroni und Janiak haben Beispiele genannt. Das Kindeswohl soll im Zentrum stehen. Aus dieser Sicht bin ich klar für die

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Öffnung der Stiefkindadoption. Sommaruga Simonetta, Bundesrätin: Das Wohl des Kindes ist heute einer der zentralen Grundsätze unserer Rechtsordnung. Gerade im Familienrecht ist es von überragender Bedeutung. Der Grundsatz, dass das Wohl des Kindes bei allen Massnahmen, die es betreffen, vorrangig zu berücksichtigen sei, findet sich auch in Artikel 3 der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Diese Bestimmung verpflichtet alle Staaten, die – wie die Schweiz ja auch – dem Abkommen beigetreten sind, das Wohl des Kindes sowohl in der Gesetzgebung als auch beim Vollzug zu gewährleisten. Sie haben diesem Grundsatz in den vergangenen Jahren durch die Verabschiedung von zahlreichen Revisionen vor allem im Familienrecht besondere Nachachtung verschafft. Ich denke dabei an das Kindesschutzrecht, ich denke aber auch an die Revision des Sorgerechts und an die Revision des Unterhaltsrechts. Heute haben Sie einen weiteren Abschnitt des Familienrechts vor sich, der einer Revision bedarf, nämlich das Adoptionsrecht. Obwohl sich das Adoptionsrecht schon heute am Kindeswohl orientieren soll, wird es zum Teil immer noch als Mittel verstanden, um adoptionswilligen Personen zu einem Kind zu verhelfen. So – das wurde auch von Ihnen gesagt – soll und darf das Adoptionsrecht nicht verstanden werden. Deshalb wollen wir mit dieser Revision das Kindeswohl noch konsequenter als bisher ins Zentrum des gesamten Adoptionsverfahrens stellen und auch das Adoptionsrecht insgesamt dem Primat des Kindeswohls unterstellen. Das bedeutet, dass der Zweck des Adoptionsrechts in Zukunft primär darin bestehen muss, einem elternlosen Kind zu Eltern zu verhelfen – nicht umgekehrt. Anstoss zu einer konsequenten Ausrichtung auf das Kindeswohl haben Vorstösse aus Ihren Kreisen, gerade aus der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates, gegeben. Mit diesen Vorstössen haben Sie den Bundesrat aufgefordert, er solle das Adoptionsrecht in Bezug auf die Adoptionsvoraussetzungen, in Bezug auf das Adoptionsgeheimnis und in Bezug auf die Möglichkeit des Zugangs zur Stiefkindadoption revidieren. Ergänzend hat der Bundesrat das geltende Adoptionsrecht einer moderaten Modernisierung unterzogen, insbesondere, was die Begriffe anbelangt. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Totalrevision des Adoptionsrechts. Wie das Parlament richtig erkannt hat, stellt das geltende Adoptionsrecht hohe Hürden auf. Zum Teil stellt es nicht mehr ganz zeitgemässe Anforderungen an adoptionswillige Personen. Insbesondere gelten die heutigen formellen Anforderungen des ZGB, wie man sieht, wenn man das im europäischen Vergleich anschaut, als besonders hoch. Die Voraussetzungen, die eine adoptionswillige Person erfüllen muss, sind zudem auch sehr starr, Abweichungen sind grundsätzlich nicht möglich. Ich denke zum Beispiel an einen Fall einer Stiefkindadoption, in dem nicht alle Geschwister vom Stiefelternteil adoptiert werden können, weil die Voraussetzung des Mindestaltersunterschieds zwischen einem der Kinder und dem adoptierenden Stiefelternteil nicht eingehalten werden kann. Dieses Beispiel zeigt, dass eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gar nicht oder eben nur sehr beschränkt möglich ist. Ohne Abstriche am Kindeswohl vorzunehmen, schlägt der Bundesrat in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Parlamentes vor, die Adoptionsvoraussetzungen zu senken und zum Teil zu flexibilisieren. Flexibilisieren heisst, dass von gewissen formellen Voraussetzungen des Kindeswohls abgewichen werden kann, wenn dies im Interesse des Kindeswohls als absolut notwendig angesehen wird. Auch hier ist der Blickwinkel des Kindes massgebend. Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen: Der Entwurf sieht vor, dass vom Höchstaltersunterschied von 45 Jahren zwischen dem Adoptivkind und der adoptionswilligen Person abgewichen werden kann. Eine Mutter, die verwitwet ist, mit zwei Kindern, 5 und 7 Jahre alt, heiratet einen 51-jährigen Mann. Das 7jährige Kind darf er adoptieren, das 5-jährige Kind darf er nach dem heute geltenden Recht nicht adoptieren, weil die Voraussetzung des Höchstaltersunterschieds von 45 Jahren nicht eingehalten wird. Eine solche Situation ist eigentlich unvorstellbar. Dazu führen die starren Vorgaben, die wir mit dieser Revision flexibilisieren wollen. Nicht nur die Adoptionsvoraussetzungen, sondern auch das Adoptionsgeheimnis soll gelockert werden, und zwar gegenüber den leiblichen Eltern. Sie sollen unter bestimmten Voraussetzungen einen bedingten – ich sage: einen bedingten – Anspruch auf Bekanntgabe von identifizierenden Informationen über das Kind erhalten, das sie einst zur Adoption freigegeben haben. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass das betroffene Kind der Bekanntgabe zugestimmt hat. Anders als das Adoptivkind sollen die leiblichen Eltern keinen absoluten Anspruch auf Information erhalten. Nun noch zum Anliegen, das sicher am meisten zu Diskussionen Anlass gibt. Das Hauptanliegen ist die Öffnung der Stiefkindadoption für alle Paarbeziehungen, ungeachtet ihres Zivilstands oder ihrer sexuellen Orientierung. Diese Öffnung wurde von Ihnen besonders unterstützt. Herr Ständerat Rieder hat aus einer Stellungnahme des Bundesrates aus dem Jahr 2010 zitiert. In der Zwischenzeit haben jedoch beide Räte den

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Bundesrat beauftragt, die Gesetzgebung zu ändern. Der Ständerat wollte noch weiter gehen, er wollte auch die gemeinschaftliche Adoption ermöglichen. Der Nationalrat wollte sich diesbezüglich etwas zurückhalten, und der Bundesrat hat sich nachher in Übereinstimmung mit den schliesslich von beiden Räten angenommenen Motionen dafür entschieden, die Öffnung der Stiefkindadoption vorzuschlagen, nicht aber die Öffnung der gemeinschaftlichen Adoption. Noch ein Gedanke dazu – wir kommen sicher bei der Detailberatung noch einmal darauf zu sprechen -: Ich höre Vorbehalte, ob die Kinder gut aufgehoben sind und gut erzogen werden, wenn sie bei einem gleichgeschlechtlichen Paar aufwachsen. Wenn Sie heute die Stiefkindadoption ablehnen, verhindern Sie nicht, dass diese Kinder mit einem Vater und dessen Partner oder einer Mutter und deren Partnerin zusammenleben, das ist heute schon so. Sie werden daran gar nichts ändern. Das, was Sie heute entscheiden, betrifft Kinder, die ohnehin schon in dieser Familie leben, seit Jahren unter Umständen, glücklich oder unglücklich, so, wie das bei vielen Kindern der Fall ist, auch bei Kindern heterosexueller verheirateter oder unverheirateter Paare. Sie ändern an dieser Situation mit Ihrem Entscheid überhaupt nichts. Das Einzige, worüber Sie entscheiden, ist, ob für Kinder, die jetzt so aufwachsen und in ihrem Zuhause so leben, auch eine rechtliche Absicherung möglich ist. Ob es zum anderen Partner oder zur anderen Partnerin allenfalls eine rechtliche Verbindung gibt oder eben nicht, spielt zum Beispiel dann eine Rolle, wenn der leibliche Vater oder die leibliche Mutter AB 2016 S 114 / BO 2016 E 114 stirbt. Über eine solche rechtliche Absicherung entscheiden Sie heute. Es ist ganz wichtig, sich Folgendes vor Augen zu halten: Wenn Sie das Wohl des Kindes ins Zentrum stellen, ist es schwierig zu begründen, weshalb Sie ein Kind unterschiedlich behandeln wollen, je nachdem, ob seine Eltern verheiratet oder nicht verheiratet sind, ob sein Vater oder seine Mutter in einer gleichgeschlechtlichen, in einer eingetragenen Partnerschaft lebt. Es ist schwierig zu erklären, weshalb Sie Kinder unterschiedlich behandeln wollen. Denn das ist gelebte Realität, das Kind lebt so, und daran werden Sie nichts ändern. Ich bitte Sie, auf die Vorlage einzutreten. Wir werden diese Frage sicher bei der Detailberatung noch einmal etwas näher anschauen. Eintreten wird ohne Gegenantrag beschlossen L'entrée en matière est décidée sans opposition

Schweizerisches Zivilgesetzbuch (Adoption) Code civil (Droit de l'adoption) Detailberatung – Discussion par article Titel und Ingress, Ziff. I Einleitung; Art. 264, 264a, 264b Antrag der Kommission Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Titre et préambule, ch. I introduction; art. 264, 264a, 264b Proposition de la commission Adhérer au projet du Conseil fédéral Angenommen – Adopté Art. 264c Antrag der Mehrheit Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Antrag der Minderheit (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Abs. 1 Ziff. 2, 3; Abs. 2, 3 Streichen Art. 264c

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Proposition de la majorité Adhérer au projet du Conseil fédéral Proposition de la minorité (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Al. 1 ch. 2, 3; al. 2, 3 Biffer Rieder Beat (C, VS): Die Minderheit verlangt bei Artikel 264c die Streichung der Möglichkeit der Stiefkindadoption für eingetragene Partnerschaften und faktische Lebensgemeinschaften. Ich versuche Ihnen zu begründen, weshalb sie das verlangt: Zum Verständnis dieses Abänderungsantrages ist grundsätzlich vorauszuschicken, dass das Adoptionsrecht in der Schweiz in den letzten Jahren eine immer unwichtigere Rolle spielt. Es gab in der Schweiz im letzten Jahr 383 Adoptionen. Die Tendenz ist sinkend. Das ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass einerseits sehr wenige Kinder zur Adoption freigegeben werden und dass andererseits die Fortpflanzungsmedizin Fortschritte gemacht hat. Die Fortpflanzungsmedizin hat derartige Fortschritte gemacht, dass die Stiefkindadoption nicht losgelöst von der Fortpflanzungsmedizin betrachtet werden kann. Man muss sich bei der Beurteilung von Artikel 264c ZGB immer vor Augen halten, dass den eingetragenen Partnerschaften wie auch den faktischen Lebensgemeinschaften in der Schweiz der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin nicht gewährt ist und dass auch die Leihmutterschaft auf Verfassungsstufe verboten ist. Dies hat das Bundesgericht kürzlich in einem Entscheid vom Sommer 2015 festgehalten, in dem es erwähnte, dass diese zwei Prinzipien einen harten Kern der Bundesverfassung bilden. Allerdings, und das ist nun wichtig, hat dieses Problem auch zu einem bekannten Bundesgerichtsentscheid geführt. Es besteht nämlich die Möglichkeit der Leihmutterschaft und des Zugangs zur Fortpflanzungsmedizin für gleichgeschlechtliche Partner im Ausland, insbesondere in Amerika und in europäischen Ländern. Dies ist dann entsprechend auch für Artikel 264c des vorliegenden Entwurfes entscheidend. Die Stiefkindadoption, welche dieser Artikel regelt, geht eigentlich von einer bestehenden Situation aus. Das Kind und der Partner sind da, und es geht darum, die rechtliche Verbindung zum zweiten Partner zu regeln, und damit um einen eigentlichen rechtlichen Nachvollzug. Diese Argumentation trifft aber den Kern der Sache nicht. Selbstverständlich gibt es Fälle, in denen ein Partner ein bereits in seinem Haushalt lebendes Kind hat und man die Vaterschaft bzw. die Mutterschaft zum zweiten Ehepartner herstellen möchte. Das ist die klassische Stiefkindadoption. Bei gleichgeschlechtlichen Partnern kann diese klassische Stiefkindadoption aber auf dem Weg der Fortpflanzungsmedizin und der Leihmutterschaft künstlich herbeigeführt werden. Das heisst mit anderen Worten, wir begegnen in der Gerichtspraxis – ich habe den Entscheid bereits erwähnt, Bundesgerichtsurteil 141 III 312 – der Situation, dass gleichgeschlechtliche Partner über den Weg der Leihmutterschaft oder über den Weg der künstlichen Befruchtung ein Kind haben können und es dann später quasi über den nun geöffneten Weg der Stiefkindadoption voll adoptieren können. Man nennt dies auch Kettenadoption. In einer Anhörung vor unserer Fraktion konnte diese Befürchtung durch den Spezialisten der Bundesverwaltung auf jeden Fall nicht ausgeräumt werden. Mit anderen Worten wird mit der Einführung der Stiefkindadoption die gemeinschaftliche Adoption gar nicht mehr notwendig und obsolet. Hier liegt nun meines Erachtens die Crux dieses ganzen Entwurfes. Es kann nicht sein, dass der Bundesrat in seiner Botschaft die gemeinschaftliche Adoption für gleichgeschlechtliche Partner ablehnt, mit dem Argument, das sei gesellschaftlich noch nicht anerkannt und gebe Probleme, und dass er gleichzeitig hier die Stiefkindadoption für alle Partner öffnen will. Bei der damaligen Einführung des Partnerschaftsgesetzes wurde vonseiten der betroffenen Organisationen ausführlich dargelegt, dass es ihnen nicht darum geht, in einer späteren Phase auch das Adoptionsrecht oder die gleichen Rechte wie die Ehe als Gesamtes anzustreben, sondern einzig um die Regelung der Beziehung mittels eingetragener Partnerschaft. Bereits damals gab es Kritik, dass dies quasi in einer Salamitaktik schlussendlich zu einer Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit der klassischen Ehe führen würde. Heute wird nun wiederum gesagt, dass es nicht um die Einführung der gemeinschaftlichen Adoption geht, sondern einzig um die Regelung einer bereits bestehenden Situation. Dies ist im Hinblick auf das Vorerwähnte wenig glaubhaft. Es gibt keine stichhaltigen Argumente dafür, dass bei einer Annahme der vorliegenden Stiefkindadoption nicht auch die gemeinschaftliche Adoption eingeführt werden könnte. Des Weiteren werden Folgeprobleme auftauchen. Das Adoptionsrecht kennt Probleme mit Kindern, die in der pubertären Phase ihre Adoptiveltern bzw. den nichtbiologischen Elternteil ablehnen. Wenn wir jetzt Fälle schaffen, in welchen das Kind in der Pubertät mit zwei Vätern und zwei Müttern konfrontiert ist, kann es sehr wohl sein, dass diese Möglichkeit noch erhöht wird, weil diese Konstellation gesellschaftlich, wie bereits

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erwähnt, nicht akzeptiert ist. Ich stelle mir daher auch die für mich entscheidende Frage, ob Sie, wenn Sie eine solche Stiefkindadoption einführen, nicht auch gleichzeitig das Recht des adoptierten Kindes einführen müssen, bei Volljährigkeit die Adoption rückgängig zu machen. Es gibt auch Probleme bei den faktischen Lebensgemeinschaften. Sie geben der faktischen Lebensgemeinschaft AB 2016 S 115 / BO 2016 E 115 nach drei Jahren die Möglichkeit, eine Adoption durchzuführen. Was ist, wenn es eine solche Lebensgemeinschaft nach vier Jahren nicht mehr gibt? Ist das im Sinne des Kindeswohls? Wird dann die Adoption rückgängig gemacht? Wird eine neue Adoption mit dem neuen Partner möglich? Das Gesetz versucht, bei der Stiefkindadoption alles möglich zu machen. Es gibt bei den Möglichkeiten keinerlei Unterschiede mehr zwischen Ehe, eingetragener Partnerschaft und faktischer Lebensgemeinschaft. Wenn Sie das in diesem Sinne generell so wollen, ist es eigentlich völlig unlogisch, die gemeinschaftliche Adoption nicht zu verlangen. Daher kann dieser Entwurf nur Taktik sein. Man will sich nicht ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, ob die Ehe als solche noch Privilegien hat oder nicht. Darum geht es eigentlich. Im Sinne der Minderheit bitte ich Sie, den Antrag zu unterstützen und die Öffnung der Stiefkindadoption abzulehnen. Abate Fabio (RL, TI), für die Kommission: Artikel 264c ist die zentrale Bestimmung der Revision, die gar nichts mit Salamitaktik zu tun hat. Der Artikel erfüllt die dem Bundesrat erteilte Aufgabe, die auf dem umformulierten Text der Motion "Adoptionsrecht. Gleiche Chancen für alle Familien" beruht. Der Entwurf des Bundesrates enthält keine Neuheit für diesen Rat. Ein Kind darf keine rechtlichen oder faktischen Nachteile durch den Umstand erleiden, dass seine Mutter mit einer Frau oder sein Vater mit einem Mann zusammenlebt. Damit dient die Zulassung der Stiefkindadoption vor allem der Gleichbehandlung der Kinder. Bei einer eingetragenen Partnerschaft oder auch bei einer faktischen Lebensgemeinschaft lebt das Kind bereits in dieser Gemeinschaft und wird weiterhin dort leben. Hier geht es um die rechtliche Absicherung des Verhältnisses zur Partnerin oder zum Partner des leiblichen Elternteils. Aber wie bei jeder anderen Adoption muss auch bei diesem Modell überprüft werden, ob die Adoption im konkreten Fall dem Kindeswohl dient. Dann müssen sowohl die leiblichen Eltern als auch das zu adoptierende urteilsfähige Kind der Adoption zustimmen. Es gibt also immer noch Bedingungen. Es gelten ausländische Rechtsordnungen, die bereits heute die Möglichkeit einer Stiefkindadoption durch gleichgeschlechtliche Paare vorsehen. Und falls die Bedingungen erfüllt sind, können diese Paare die Anerkennung der gemeinsamen Elternschaft gegenüber dem Kind und die entsprechende Eintragung im Zivilregister gemäss Artikel 78 IPRG verlangen. Es geht also auch um die Beseitigung einer weiteren Ungleichbehandlung. Falls eine faktische Familienbeziehung entstanden ist, ist es konsequent, die Situation rechtlich anzuerkennen, um das Kindeswohl zu gewährleisten. Eine faktische Lebensgemeinschaft ist eine stabile und enge Beziehung. Eine Stiefkindadoption in diesen Gemeinschaftsformen schützt das Kind bei der Auflösung der Partnerschaft oder beim Tod eines Partners, weil Unterhalts- und Erbansprüche geltend gemacht werden können. Ohne diese neue Fassung von Artikel 264c wäre die Revision entleert, also quasi ein leeres Glas. Ihre Kommission hat dem neuen Artikel 264c mit 7 zu 4 Stimmen ohne Enthaltung zugestimmt. Ich bitte Sie, der Mehrheit zu folgen. Sommaruga Simonetta, Bundesrätin: Eine Minderheit Ihrer Kommission verlangt, dass sämtliche Bestimmungen gestrichen werden, die im Zusammenhang stehen mit der Öffnung der Stiefkindadoption für eingetragene Paare und Paare in faktischen Lebensgemeinschaften. Die Stiefkindadoption, das heisst die Adoption eines Kindes durch den Ehegatten der Mutter oder die Ehegattin des Vaters dieses Kindes, ist ja bekanntlich nach geltendem Recht auf Ehepaare beschränkt. Kinder, die in anderen familiären Situationen aufwachsen, können heute nicht durch die Partnerin des Vaters oder den Partner der Mutter adoptiert werden. Und Paare in eingetragener Partnerschaft sind von der Adoption generell ausgeschlossen. Ich habe es vorhin erwähnt, aber es ist mir wichtig, das noch einmal zu sagen: Ihr Rat hatte, aufgrund einer Motion Ihrer Kommission für Rechtsfragen, vom Bundesrat verlangt, weiter zu gehen und die gemeinschaftliche Adoption auch für eingetragene Partnerschaften zuzulassen. Aufgrund einer Einigung waren Sie, war Ihr Rat auch bereit, darauf zurückzukommen und eine Beschränkung auf die Stiefkindadoption vorzusehen. Ich möchte etwas auch noch erwähnen: Die Öffnung, die wir für die Stiefkindadoption jetzt vorschlagen, gilt für alle Paarbeziehungen, das heisst für Ehepaare, für Paare in eingetragener Partnerschaft und für Paare in faktischen hetero- und homosexuellen Lebensgemeinschaften. Diese Aufzählung ist abschliessend. 07.02.2017

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Und ebenfalls noch ein paar Worte zu den faktischen Lebensgemeinschaften: Es stimmt, was Sie sagen, Herr Rieder: Wenn eine faktische Lebensgemeinschaft drei Jahre dauert, dann ist das keine Garantie, dass sie noch weitere zehn Jahre dauert. Aber ich glaube, das ist bei verheirateten Paaren auch so. Mit einer Scheidungsrate von weit über 40 Prozent haben Sie einfach keine Garantie. Deshalb, und das möchte ich noch einmal betonen, genügt es nicht, dass jemand kommt und sagt: "Ich lebe seit gut drei Jahren in einer faktischen Lebensgemeinschaft", und dann ist die Adoption schon gemacht. Das ist die Voraussetzung, die erfüllt sein muss – und erst dann beginnt die Prüfung. Es wurde vorhin erwähnt, auch von Ihnen: Der Prüfung, ob ein Paar geeignet ist, ob die Persönlichkeiten geeignet sind, ob alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind, muss sich jedes Paar unterziehen, das heisst Partner und Partnerinnen in einer faktischen Lebensgemeinschaft, solche in einer eingetragenen Partnerschaft, aber auch Personen, die verheiratet sind. Auch bei einem verheirateten Paar wird geprüft, ob es für eine Adoption geeignet ist. Nur weil die Partner verheiratet sind, sind sie noch nicht per se geeignet für eine Adoption. Ich glaube, es ist wichtig, dass man auch das klärt. Gerade bei Paarbeziehungen – ich spreche jetzt von faktischen Lebensgemeinschaften – muss gewährleistet sein, dass sie im Sinne einer eheähnlichen Gemeinschaft handeln. Nicht möglich wäre zum Beispiel eine Stiefkindadoption, weil eine Frau mit ihrer Schwester zusammenlebt. Es soll eine eheähnliche Gemeinschaft sein. Vom Sprecher der Minderheit wurde noch die Befürchtung geäussert, dass gleichgeschlechtliche Paare einfach mit Leihmutterschaft zu Kindern kommen und diese dann adoptieren können. Leihmutterschaft ist verboten, ist verfassungsmässig verboten. Sie kennen auch Gerichtsurteile, eines gerade aus jüngerer Zeit, als ein homosexuelles Paar mit Leihmutterschaft zu einem Kind kommen wollte. Das Gericht hat gesagt: Das funktioniert so nicht. Leihmutterschaft ist verboten. Das Problem ist, dass man jedes Mal, wenn gegen dieses Verbot verstossen wird, im Sinne des Kindes schauen muss, was jetzt für das Kind die beste Situation ist. Denn Sie wissen auch, dass sich nie alle Menschen an all das, was Sie gesetzlich oder sogar verfassungsmässig verboten haben, halten. Aber zu meinen, dass Sie mit dieser Vorlage einen Weg zur Leihmutterschaft öffnen, ist einfach falsch. Die Leihmutterschaft ist und bleibt verboten, und zwar aufgrund unserer Bundesverfassung. Ein Satz noch zur gemeinschaftlichen Adoption: Wie gesagt ist es so, dass Sie ja in diesem Sinne weiter gehen wollten. Der Bundesrat ist der Meinung, dass die Stiefkindadoption die richtige Adoptionsform ist. Was Sie vielleicht auch noch wissen müssen: Es gibt praktisch keine Staaten, die erlauben, Kinder zur Fremdkindadoption durch gleichgeschlechtliche Paare freizugeben. Hier gibt es einfach auch eine Realität, die heute gegeben ist. Aber ich glaube, es ist richtig, dass man jetzt einmal die Kinder absichert, die bereits so leben, wie es einige von Ihnen vielleicht lieber nicht hätten, aber sie leben eben so. Und wenn Sie die Möglichkeit einer Stiefkindadoption für eingetragene Partnerschaften oder für faktische Lebensgemeinschaften heute ablehnen, treffen Sie nur das Kind. Das trifft das Kind, weil das Kind dann unter Umständen in einer Situation rechtlich nicht abgesichert ist. Es wurde erwähnt: Es geht um Unterhaltsrechte, es geht um AB 2016 S 116 / BO 2016 E 116 Rechte des Waisenkindes, es geht um Rechte auch in Bezug auf die Erbschaften. Das trifft die Kinder, und in diesem Sinne bitte ich Sie, die Möglichkeit zu schaffen, dass Stiefkinder adoptiert werden können, aber selbstverständlich immer nur dann, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Und die Voraussetzungen sind immer nur dann gegeben, wenn die Stiefkindadoption dem Wohl des Kindes dient. Das steht im Zentrum auch dieser Revision. Ich danke Ihnen, wenn Sie der Kommissionsmehrheit folgen. Rieder Beat (C, VS): Die Leihmutterschaft ist in der Schweiz verboten. Wenn Sie die Stiefkindadoption öffnen, dann geben Sie gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit, dieses Leihmutterschaftsverbot zu umgehen. Gerade der Entscheid des Bundesgerichtes vom Sommer 2015 zeigt dies klar auf. Das Bundesgericht hat unter einem Obiter Dictum gesagt, dass man, falls in der Schweiz die Stiefkindadoption möglich wäre, die Volladoption eines Knaben durch zwei Männer hier in der Schweiz allenfalls rechtlich legitimieren könnte. Das war damals nicht möglich. Wenn Sie heute anders entscheiden, ist das in Zukunft möglich. Abstimmung – Vote Für den Antrag der Mehrheit ... 25 Stimmen Für den Antrag der Minderheit ... 14 Stimmen (0 Enthaltungen) Art. 264d; 265; 265a Titel, Abs. 3; 265c; 265d Abs. 1, 3; 266 Abs. 1, 2 Antrag der Kommission 07.02.2017

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Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Art. 264d; 265; 265a titre, al. 3; 265c; 265d al. 1, 3; 266 al. 1, 2 Proposition de la commission Adhérer au projet du Conseil fédéral Angenommen – Adopté Art. 267 Antrag der Mehrheit Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Antrag der Minderheit (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Abs. 3 Ziff. 2, 3 Streichen Art. 267 Proposition de la majorité Adhérer au projet du Conseil fédéral Proposition de la minorité (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Al. 3 ch. 2, 3 Biffer Angenommen gemäss Antrag der Mehrheit Adopté selon la proposition de la majorité Art. 267a Antrag der Mehrheit Abs. 1–3 Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Abs. 4 Die Namensänderung einer zu adoptierenden volljährigen Person hat keine Auswirkungen auf die Namensführung von Personen, deren Namen sich aus dem bisherigen Namen der zu adoptierenden Person ableitet, es sei denn, diese stimmen einer Namensänderung ausdrücklich zu. Antrag der Minderheit (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Abs. 2 ... des Kindesverhältnisses. (Zweiten Satz streichen) Art. 267a Proposition de la majorité Abs. 1–3 Adhérer au projet du Conseil fédéral Al. 4 Le changement de nom d'une personne majeure faisant l'objet d'une demande d'adoption n'affecte en rien le nom porté par des personnes tierces lorsque celui-ci dérive du nom précédemment porté par la personne majeure, sauf si lesdites personnes acceptent expressément un changement de nom. Proposition de la minorité (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Al. 2 ... la filiation. (Biffer la deuxième phrase)

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Angenommen gemäss Antrag der Mehrheit Adopté selon la proposition de la majorité Art. 267b Antrag der Mehrheit Das Bürgerrecht des minderjährigen Kindes bestimmt sich nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses. Diese gelten bei der Adoption des minderjährigen Kindes durch die eingetragene Partnerin seiner Mutter oder den eingetragenen Partner seines Vaters sinngemäss. Antrag der Minderheit (Rieder, Engler, Germann, Hefti) ... des Kindesverhältnisses. (Zweiten Satz streichen) Art. 267b Proposition de la majorité Le droit de cité de l'enfant mineur est déterminé en fonction des dispositions relatives aux effets de la filiation. Celles-ci s'appliquent par analogie en cas d'adoption de l'enfant mineur par la personne liée à sa mère ou à son père par un partenariat enregistré. Proposition de la minorité (Rieder, Engler, Germann, Hefti) ... la filiation. (Biffer la deuxième phrase) Angenommen gemäss Antrag der Mehrheit Adopté selon la proposition de la majorité Art. 268 Antrag der Mehrheit Unverändert Antrag der Minderheit (Seydoux, Cramer, Janiak, Jositsch, Levrat) Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Art. 268 Proposition de la majorité Inchangé Proposition de la minorité (Seydoux, Cramer, Janiak, Jositsch, Levrat) Adhérer au projet du Conseil fédéral Seydoux-Christe Anne (C, JU): Il s'agit d'une minorité toute relative, puisqu'à l'article 268, la commission a pris sa décision par 5 voix contre 5 et avec la voix prépondérante de son président. AB 2016 S 117 / BO 2016 E 117 Cela a déjà été dit, il y a une diminution des adoptions, aussi bien sur les plans national qu'international, avec un risque de perte de savoir-faire au niveau des autorités cantonales compétentes, car il s'agit de procédures relativement complexes. S'ajoute à cette situation le fait qu'on a affaire à 26 pratiques, parfois différentes, au niveau des cantons. D'où la volonté, d'une part, d'harmoniser les procédures et, d'autre part, de confier l'ensemble de la procédure en matière d'adoption à une seule autorité, qui sera en mesure de développer une pratique professionnelle. Dans le domaine des adoptions internationales, chaque canton a déjà désigné une autorité cantonale centrale, sur la base de l'article 3 alinéa 1 de la loi fédérale relative à la Convention de La Haye sur l'adoption et aux mesures de protection de l'enfant en cas d'adoption internationale, du 22 juin 2001, qui renvoie à l'article 316

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alinéa 1bis du Code civil. Cet article prévoit que "lorsqu'un enfant est placé en vue de son adoption, une autorité cantonale unique est compétente". L'article 268 alinéa 1 du Code civil prévoit que "la procédure d'adoption est du ressort d'une autorité cantonale unique compétente au domicile du ou des adoptants". L'article se réfère également à l'article 316 alinéa 1bis du Code civil. Il y a dès lors une certaine logique et une cohérence à concentrer l'ensemble de la procédure d'adoption auprès d'une seule autorité compétente. C'est pourquoi je vous invite à suivre ma proposition de minorité. Abate Fabio (RL, TI), für die Kommission: Es ist effektiv so, wie das von Frau Seydoux-Christe erwähnt worden ist: Mit dem Stichentscheid des Präsidenten hat die Kommission beschlossen, bei Artikel 268 beim geltenden Recht zu bleiben. Der Bundesrat beantragt die Errichtung einer einzigen kantonalen Behörde, die für die Adoptionsverfahren am Wohnsitz der adoptionswilligen Person zuständig ist. Mit der Öffnung der Stiefkindadoption für alle Paarbeziehungen, ungeachtet ihres Zivilstandes oder ihrer sexuellen Orientierung, ist eine Zunahme der Gesuche um Stiefkindadoption zu erwarten. Das entspricht einer Zunahme der quantitativen und insbesondere der qualitativen Aufgaben der zuständigen kantonalen Behörden. Die Revision schafft Flexibilität für einen Entscheidungsprozess, in dem jede Massnahme und Verfügung im Interesse des Kindeswohls zu treffen ist. Die Überprüfung des Einzelfalles braucht spezifische Kenntnisse. Ich erinnere daran, dass gemäss Artikel 265 des revidierten Gesetzes die Zustimmung des urteilsfähigen Kindes nötig ist. Diese Zustimmung setzt eine Anhörung des Kindes voraus, und auch die leiblichen Eltern müssen angehört werden. Die Prüfung der Elemente, die erlaubt festzustellen, dass die Adoption dem Kindeswohl dient, ist eine Arbeit, die im freien Entscheidungsspielraum der Kantone zu belassen ist. Deswegen bitte ich Sie, der Mehrheit zu folgen. Sommaruga Simonetta, Bundesrätin: Es passiert dem Bundesrat nicht so häufig, aber hier kann er tatsächlich mit dem Antrag der Mehrheit und dem Antrag der Minderheit Seydoux leben. Ich möchte Ihnen kurz die Überlegungen des Bundesrates aufzeigen, weshalb er Ihnen diese Änderung vorgeschlagen hat. Es gibt aber, wie gesagt, auch gute Gründe, beim heute geltenden Recht zu bleiben. Das heute geltende Recht bestimmt, dass die Adoption von der zuständigen kantonalen Behörde am Wohnsitz der Adoptiveltern ausgesprochen wird. Hier geht es nicht um das eigentliche Adoptionsverfahren, sondern um den Abschluss des Adoptionsverfahrens. Nachdem das zukünftige Adoptivkind während eines Jahres von den adoptionswilligen Personen betreut wurde, findet das erfolgreiche Adoptionsverfahren seinen Abschluss darin, dass die Adoption tatsächlich ausgesprochen wird. Über die Zuständigkeit für die vorangehende Etappe des Adoptionsverfahrens sagt diese Bestimmung nichts aus. Für diese Etappe, das wurde gesagt, sind die zentralen Behörden der Kantone als einzige kantonale Behörde zuständig. Sie prüfen z. B. die Eignung der adoptionswilligen Personen, sie stellen die Eignungsbescheinigung aus, sie erteilen die Bewilligung zur Aufnahme des Kindes im Hinblick auf eine spätere Adoption usw. Diese Aufzählung ist nicht abschliessend. Wie Sie feststellen können, liegt das eigentliche Adoptionsverfahren also heute schon in der Hand einer einzigen kantonalen Behörde. Nur für das Aussprechen der Adoption ist von Bundesrechts wegen heute diese einzige kantonale Behörde nicht zuständig. Diese Zweiteilung ist historisch gewachsen. Sie geht letztlich auf das Haager Adoptionsübereinkommen und dessen Umsetzung zurück. Der Entwurf sieht jetzt vor, dass die seit über zehn Jahren bestehenden zentralen Behörden der Kantone für das gesamte Adoptionsverfahren und damit eben auch für diese abschliessende Etappe zuständig sein sollen. Da war der Bundesrat der Meinung, dass es sinnvoll ist, dass diese Behörde auch diesen letzten Abschnitt noch übernimmt. Es gibt aber auch gute Gründe zu sagen: Es ist gut, wenn für diesen letzten Abschnitt – dass man noch einmal wirklich überprüft und dann die Adoption ausspricht – eine andere Behörde zuständig ist, damit hier noch ein Blick aus einem anderen Blickwinkel auf die Situation geworfen wird. Ich glaube, es gibt hier wirklich keine eindeutig richtige oder falsche Lösung. Der Bundesrat hatte mit seinem Vorschlag auch zur Effizienz beitragen wollen. Gleichzeitig gibt es, wie gesagt, auch gute Gründe für die Beibehaltung der heutigen Situation. Ich lasse Sie gerne entscheiden. Abstimmung – Vote Für den Antrag der Mehrheit ... 25 Stimmen Für den Antrag der Minderheit ... 13 Stimmen (0 Enthaltungen) Art. 268a Abs. 2, 3; 268abis-268aquater; 268b-268e

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Antrag der Kommission Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Art. 268a al. 2, 3; 268abis-268aquater; 268b-268e Proposition de la commission Adhérer au projet du Conseil fédéral Angenommen – Adopté Art. 298e Antrag der Mehrheit Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Antrag der Minderheit (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Streichen Art. 298e Proposition de la majorité Adhérer au projet du Conseil fédéral Proposition de la minorité (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Biffer Angenommen gemäss Antrag der Mehrheit Adopté selon la proposition de la majorité Art. 299 Titel; 300 Titel Antrag der Kommission Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Art. 299 titre; 300 titre Proposition de la commission Adhérer au projet du Conseil fédéral Angenommen – Adopté

AB 2016 S 118 / BO 2016 E 118 Schlusstitel Titre final Art. 12b, 12c, 12cbis Antrag der Kommission Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Art. 12b, 12c, 12cbis Proposition de la commission Adhérer au projet du Conseil fédéral Angenommen – Adopté Ziff. II, III Antrag der Kommission

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Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Ch. II, III Proposition de la commission Adhérer au projet du Conseil fédéral Angenommen – Adopté

Änderung anderer Erlasse Modification d'autres actes Ziff. 1 Antrag der Mehrheit Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Antrag der Minderheit (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Art. 13 Abs. 1 ... ihrer Gemeinschaft. (Zweiten Satz streichen) Art. 17 Abs. 3bis; 27a Streichen Art. 28; 34 Abs. 4 Unverändert Ch. 1 Proposition de la majorité Adhérer au projet du Conseil fédéral Proposition de la minorité (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Art. 13 al. 1 ... de la communauté. (Biffer la deuxième phrase) Art. 17 al. 3bis; 27a Biffer Art. 28; 34 al. 4 Inchangé Angenommen gemäss Antrag der Mehrheit Adopté selon la proposition de la majorité Ziff. 2 Antrag der Mehrheit Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Antrag der Minderheit (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Streichen Ch. 2 Proposition de la majorité Adhérer au projet du Conseil fédéral Proposition de la minorité (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Biffer

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Angenommen gemäss Antrag der Mehrheit Adopté selon la proposition de la majorité Ziff. 3 Antrag der Kommission Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Ch. 3 Proposition de la commission Adhérer au projet du Conseil fédéral Angenommen – Adopté Ziff. 4 Antrag der Mehrheit Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates Proposition de la minorité (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Art. 3 Abs. 3 Unverändert Ch. 4 Proposition de la majorité Adhérer au projet du Conseil fédéral Proposition de la minorité (Rieder, Engler, Germann, Hefti) Art. 3 al. 3 Inchangé Angenommen gemäss Antrag der Mehrheit Adopté selon la proposition de la majorité Gesamtabstimmung – Vote sur l'ensemble (namentlich – nominatif; 14.094/1283) Für Annahme des Entwurfes ... 32 Stimmen Dagegen ... 7 Stimmen (0 Enthaltungen)

Abschreibung – Classement Antrag des Bundesrates Abschreiben der parlamentarischen Vorstösse gemäss Brief an die eidgenössischen Räte Proposition du Conseil fédéral Classer les interventions parlementaires selon lettre aux Chambres fédérales Angenommen – Adopté AB 2016 S 119 / BO 2016 E 119

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