AMAZONAS Images

SEPTEMBER 2002 Kurdish girl. Iraq, 1997 © Sebastião Salgado/AMAZONAS Images MENSCHENSKINDER Manila slum. Philippines, 1999 © Sebastião Salgado/AMAZ...
Author: Eva Kaufer
4 downloads 1 Views 3MB Size
SEPTEMBER 2002

Kurdish girl. Iraq, 1997 © Sebastião Salgado/AMAZONAS Images

MENSCHENSKINDER

Manila slum. Philippines, 1999 © Sebastião Salgado/AMAZONAS Images

ISSN 1617- 5352

WWW.IPSGLOBAL.NET

2 NOTIZEN AUS NORDRHEIN-WESTFALEN

Kampfmitteldienst räumt über 1.200 Bomben in NRW - Über 500 Mio. € in den Hochwasserschutz investiert 1.269 Bomben haben der Kampfmittelräumdienst des Landes und private Firmen im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen entschärft und entfernt, darunter 308 mit einem Gewicht von über 50 Kilo und damit besonders großer Sprengkraft. Diese Bilanz gab Innenminister Dr. Fritz Behrens am 16. August in Düsseldorf bekannt. “Mit ihrem Fachwissen, Mut und dem nötigen Glück konnten unsere Experten die alten Kampfmittel bergen, ohne dass es dabei zu Unfällen kam“, sagte der Minister. Allerdings wurden drei Menschen bei Zufallsfunden verletzt. 2.191 Granaten, Bomben oder andere Sprengmittel wurden zufällig entdeckt, fast zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Insgesamt räumten die Behörde und private Firmen 40 160 Kampfmittel, darunter 36 866 Granaten und Handgranaten, 68 Minen und 1957 andere Sprengmittel. Dennoch gab Behrens keine Entwarnung: “Fast 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs haben die alten Kampfmittel nichts von ihrer Gefährlichkeit verloren. Im Gegenteil: Alter und Rost können das Risiko einer Detonation sogar noch erhöhen.“ Besonders gefährdet seien Sammler von Militaria, Land- und Forstwirte, Tiefbaupersonal, Angehörige von Schrottrecyclingfirmen und vor allem Kinder. “Gerade die Erwachsenen müssen deshalb ihrer Verantwortung gerecht werden und Kinder vor dem lebensgefährlichen Spielzeug schützen. Selbst harmlos aussehende Munitionsteile können töten.“ Der Gefahr begegnet der Kampfmittelräumdienst vor allem, indem er Luftbilder aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges auswertet und die so entdeckten Bomben dann zielgerichtet sucht und entfernt. Auf diese Weise verhindert er viele Zufallsfunde durch Bürger und Baufirmen. Von den 308 geräumten großen Bomben wurde knapp die Hälfte, nämlich 136 Bomben, mit Hilfe von Luftbildern ermittelt. Bekannte Bombardierungsgebiete, für die solche Aufnahmen nicht vorlagen, untersuchte der Kampfmittelräumdienst direkt vor Ort. Durch diese zielgerichtete Suche fanden die Fachleute 23 Bomben, teilte Behrens mit. 110 der großen Bomben über 50 Kilo wurden zufällig entdeckt, meist bei Tiefbauarbeiten, über die der Kampfmittelräumdienst nicht informiert worden war. “Das zeigt, wie wichtig es ist, vor Bauarbeiten den Boden zu untersuchen“, sagte der Innenminister. Das Land zahlte im vergangenen Jahr 23,8 Millionen Euro, um Kampfmittel zu beseitigen. Davon erstattete der Bund 7,1 Millionen Euro zurück. An private Firmen vergab Nordrhein-Westfalen Aufträge in Höhe von 17,7 Millionen Euro. Darüber hinaus zahlten der Bund und ehemalige Bundesbetriebe 6,6 Millionen Euro, um Kampfmittel auf bundeseigenem Gelände in Nordrhein-Westfalen zu entfernen. Innenminister Behrens lobte die Arbeit der Bomben-Entschärfer: “Der Umgang mit den Kampfmitteln erfordert besondere Fachkunde und starke Nerven. Beides haben unsere Fachleute ausgezeichnet bewiesen, und auch in den nächsten Jahren wird ihr mutiger Einsatz gefragt sein.“

ZZZ Im Rahmen des 1996 erstellten Hochwasserschutz-Konzepts NRW für den Rhein werden voraussichtlich bis 2016 allein vom Staat über 600 Mio. € für Deichsanierungen am Rhein und die Sicherung und Schaffung von Überschwemmungsgebieten bereit gestellt. Seit 1995 hat das Land Nordrhein-Westfalen rund 200 Mio. € dafür ausgegeben. Von den 150 Deichkilometern, die grundsaniert werden müssen, sind mittlerweile rund 80 Kilometer – die gefährdetsten – fertiggestellt. Landesweit werden darüber hinaus für alle hochwassergefährdeten Fließgewässer Überschwemmungsgebiete ermittelt und vor Bebauung gesichert sowie bis 2005 Hochwasseraktionspläne für alle hochwassergefährdeten Flüsse erstellt. Die Anstrengungen NRWs werden über das internationale IRMA-Programm, dem NRW in Deutschland vorsitzt, teilweise von der EU mitfinanziert. Über das Hochwasserschutzkonzept für den Rhein hinaus sind seit 1995 rund 180 Mio. € im Rahmen des Gewässerauenprogramms in die Renaturierung von Flüssen und Bächen und ihrer Auen geflossen. Allein für Entsiegelungsmaßnahmen hat das Land mit dem Programm „Initiative ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft in NRW“ über 50 Mio. € zur Verfügung gestellt und damit eine Fläche von über fünf Mio. Quadratmetern z. B. von Asphalt befreit. ;

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

Kommunikation Global Eine Publikation des IPS-CIC-Kommunikationsprojekts

INHALT / CONTENTS 2.

21.

Notizen aus Nordrhein-Westfalen •

4.

Kampfmitteldienst räumt über 1.200 Bomben in NRW – 500 Millionen € in den Hochwasserschutz investiert

• •

Editorial •

5.

Cover Story / Titelthema

• •

Towards a World Fit for Children Cover Story / Titelthema

• • • • • • •

17.

• Zwei Wochen Zukunft – “Geduldete“ • Kinder in Deutschland Kinderrechte in Deutschland - Hinter• grundinfo The “Good” and the “Bad” of Children’s 28. Experiences • Drug Offers New Hope to HIV/Aids • Babies in Kenya • Vietnam: Parents Race to Send Children to Study Overseas • Chance auf Bildung für indische • Kinderarbeiter UNICEF-Bilderband "Kinderaugen • Spiegel der Welt"

Foto Essay •

"Imagine.." – Die Welt aus Kindersicht

Cover design: GlobalomNet Media

Wie Magdalena sich mit Aids infizierte In Zentralamerika befindet sich der Kinderhandel im Aufwind "Ferien vom Krieg" "Junior- Botschafter" für Kinderrechte gesucht Kinderarbeit einst und jetzt UNESCO-Schülerwettbewerb fördert euro-arabische Nachbarschaft UNESCO’s Agenda 21 Box NGOs rund um den Globus / NGOs Around the World Katastrophenhilfe mit neuem Spendenpool DZI Spenden-Info "Flutkatastrophe" Thailand: Activists Wary of 'Green' Offer from the Rich Russian NGOs Challenge Tall Claims South African NGOs Need More State Funding Africa: HIV/Aids Scourge Triggers Rise in NGOs

34.

News

35.

Aus den Bundesländern •

Bremens umfangreiche Zusammenarbeit mit dem 'Süden’

Um die Globalisierung kommen wir alle nicht herum. Denn Globalisierung bedeutet Globalität. Lesen Sie Nachrichten, Berichte und Analysen aus aller Welt online unter www.ipsnews.de IPS vermittelt Ihnen eine andere Sicht. Fragen Sie uns, was wir für Sie tun können.

Eine Gesamtübersicht der geplanten Veranstaltungen in Deutschland finden Sie im Internet unter: www.cic-bonn.org

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

4 EDITORIAL

Towards a World Fit for Children September 20 is World Children’s Day, a day that should be remembered – precisely in the aftermath of floods that have wrought havoc not only in Germany, Austria, the Czech Republic and Russia, but also in China, India, Nepal, Bangladesh, Vietnam, Cambodia and Thailand. Hundreds of thousands of people have been rendered homeless. The worst sufferers, as always in armed conflicts, onslaughts of AIDS and droughts are children – around the world. September 20 should be an occasion to recall to our minds the commitments that governments made at the UN Special Session on Children last May. Representatives from some 180 nations adopted the conference outcome document, entitled A World Fit For Children. More than 18 months of consensus-building resulted in a strong future agenda focused on four key priorities: promoting healthy lives; providing quality education for all; protecting children against abuse, exploitation and violence; and combating HIV/AIDS. "We have a document the world and its children can be proud of," said Carol Bellamy, Executive Director of UNICEF, noting that it was the participation of young people themselves in the Special Session that likely had the greatest impact on world leaders. • • • • •

She listed the accomplishments of the UN Special Session May 8-10: A strong outcome document setting the agenda for children over the next decade. A powerful and unanimous statement to the leaders of the world from nearly 400 youth delegates, who held their own debates before joining the adults. A new partnership to provide better nutrition for children through the fortification of staple foods in developing countries, launched with a 50 million dollar gift from Bill and Melinda Gates. Individual acts of leadership such as the pledge by Peru's president to cut military spending and re-direct public money to basic services for children. And a successful global pledge campaign called 'Say Yes for Children,' which more than 95 million people supported with pledges to uphold children's rights.

"But I think we really made a huge difference by having so many young people as official delegates," Bellamy said, pointing out that children took part in official General Assembly business for the first time in history. "They made an enormous impact on everyone who met with them, from heads of government on down. And they presented a very clear and united view of their aspirations and their expectations. I can't imagine ever going back to summits on children's issues without young people there to represent their own experiences, views, and outlook." September 20 should be an occasion to do some honest soul-searching and asking ourselves what each one of us, the organizations we belong to and our governments have done since the UN Special Session on Children to translate the outcome conference document into practice. Let us remember – and act upon – the impressive rallying call the Global Movement for Children has made: Children are the bearers of our common future – a future that is in our hands as never before. For the world has the knowledge, the resources and the legal imperatives to give every child the best possible start in life, in a family environment that offers the love, the care and the nurturing that children need to grow, to learn and to develop to the fullest. As members of the human family, each of us is responsible. All of us are accountable: All forms of discrimination and exclusion against children must end. It is the responsibility of everyone – governments, individuals, non-governmental organizations, religious groups, the private sector and children and adolescents themselves – to ensure that children's rights are respected. Violence and abuse must be stopped. The sexual and economic exploitation of children must end. Every child – all girls and boys – must be allowed to learn. No child should experience the horrors of armed conflict. No stone should be left unturned to protect the Earth for Children and safeguard the environment at global, national and local levels. – Ramesh Jaura /

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

5

Zwei Wochen Zukunft – “Geduldete“ Kinder in Deutschland Von Kirsten Prestin Violeta ist angespannt. Kerzengerade und unbeweglich sitzt sie auf ihrem Stuhl und guckt verlegen auf ihre Schuhe. Sie lebt gerne in Deutschland, aber dass sie hier nur "geduldet" ist und keine Aufenthaltsgenehmigung hat, erzählt die schmale junge Frau nicht gerne. Es belastet sie, genau, wie der regelmäßige Gang zum Ausländeramt. Ihre Zukunft sind zwei Wochen. Dann muss die 19jährige wieder bei den deutschen Behörden antreten, in der Hoffnung, dass sie nicht endgültig abgeschoben wird, sondern ihre Duldung noch mal verlängert wird. Mit 15 Jahren ist Violeta aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen. Zusammen mit ihren zwei jüngeren Brüdern. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, so lautet der Fachterminus. Ihr Ziel war Bonn, wo schon ihre ältere Schwester Besa lebte. Während des Kosovo-Krieges saßen alle vier jeden Tag stundenlang vorm Fernseher. Sie hofften, ihre Mutter zu sehen, im flimmernden Monitor ein Lebenszeichen von ihr zu entdecken. Andere Möglichkeiten der Kontaktaufnahme gab es nicht. Ihr Vater, das wussten sie, würde niemals mehr auf dem Bildschirm erscheinen. Er starb in den Kriegs-wirren, vor ihrer Flucht.

Therapie Abschiebung Traumatisiert vom Krieg und Gewalterlebnissen. Das sind alle vier. Violeta müsste dringend eine Therapie machen. Aber Schlaf- und Essstörungen, Schreie in der Nacht, Depressionen und Angstzustände reichen nicht aus, um sofort einen Therapieplatz zu finden. Alles restlos ausgebucht. "Geduldete" Kranke haben es schwerer, untergebracht zu werden. Die Zeichen stehen auf Abschiebung und nicht auf Heilung. Der kleinste Bruder musste ins Kinderheim, aufgefressen vom deutschen Alltag. Ihr größter Wunsch sei es, die zehnte Klasse nachzuholen und dann Krankenschwester zu werden. "Dann hätte ich eine solide Ausbildung und könnte in den Kosovo zurückgehen", erklärt Violeta. "Geduldete" Heranwachsende haben aber keine Rechte in Deutschland. Der Stempel in ihrem Pass besagt nur, dass sie befristet in Deutschland bleiben können. Nicht mehr und nicht weniger. Violeta schaut kurz auf und ihr Blick ist traurig. "Ich würde zurückgehen, obwohl ich dort nur noch eine Fremde bin und keinen mehr kenne."

Viele Flüchtlingskinder sind keine Waisen, werden aber auf der Flucht von ihren Familien getrennt. Photo Courtesy: UNHCR

"Das besondere Problem bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist, dass nur der Ausländer zählt und nicht das Kind", so der Pressesprecher des Bundesverbandes unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, Albert Riedelsheimer. In Deutschland leben schätzungsweise 220.000 Flüchtlinge unter 18 Jahren, davon 5.000 bis 10.000 unbegleitete Minderjährige. Genaue Zahlen fehlen. Die Statistiken erfassen nur die unter 16-jährigen. Alle, die älter sind, zählen im deutschen Asylrecht schon zu den Erwachsenen. Die daraus resultierenden Nachteile sind nicht unerheblich. "Die 16- bis 17-jährigen haben kein Recht auf Jugendhilfe und kein Recht auf Ausbildung", so Riedelsheimer. "Und ich befürchte, dass es in Zukunft für diese Jugendlichen noch schwieriger wird." Die Abschiebeghettos würden immer mehr zu offenen Gefängnissen. Ein Beispiel dafür sei Rheinland Pfalz. Die meisten heranwachsenden Flüchtlinge müssten in Gemeinschaftsunterkünften mit anderen erwachsenen Asylbewerbern wohnen. Ein geregelter Alltag sei dort praktisch nicht möglich. Kultur und Geschlecht spielten bei der Zusammenlegung meistens keine Rolle. " Afrikaner werden nach dem Motto zusammengelegt, die sind alle schwarz, da passt das schon", so Riedelsheimer. ¾¾¾

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

COVER STORY

6 COVER STORY / TITELTHEMA

Künstliche Erwachsene "Eine Gruppe von Minderjährigen wird künstlich erwachsen gemacht und das führt zu nichts als einer gnadenlosen Benachteiligung", meint auch Thomas Gittrich, Vertreter des Separated Children in Europe Programme. Die Grundlage des 1997 gegründeten europäischen Netzwerks, das aus 28 Ländern besteht, bildet die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Das Ziel der gemeinsamen Initiative von UNHCR und Save the Children sei es, im Rahmen der Harmonisierung der Europäischen Union (EU) auch ein einheitliches europäisches Recht für unbegleitete Flüchtlingskinder zu schaffen. "Die europäischen Kollegen sind sehr allarmiert, was das Verhalten Deutschlands betrifft", so Gittrich. Denn Länderstudien hätten gezeigt, dass Deutschland in der EU das restriktivste Land sei. "Die deutsche Position ist sehr ablehnend, sie möchte lieber abschieben, als integrieren." Ab vollendetem 16. Lebens-jahr haben diese Jugendlichen auch keinen Anspruch mehr auf einen Vormund. Das hat zur Folge, dass sie das Asylverfahren ganz alleine durchstehen müssen. "Dies widerspricht Artikel 22 des Verfahrensmenschenrechts für Flüchtlinge. Diese Kinder müssten eine gesetzliche Vertretung haben", so Jurist Erich Peter. Die deutsche Regel ginge nicht konform mit der UN-Kinderrechtskonvention. Kein anderes europäisches Land setze die Handlungsfähig-keit so herab.

Viele Flüchtlinge bleiben über Jahre hinweg in Aufnahmeländern und manche können niemals zurück. Landminen gehören weltweit zu den größten Rückkehrhindernissen für Flüchtlinge und Binnen-vertriebene. Ilidza, Sarajewo, März 1996. Photo Courtesy: UNHCR

Es sei einfacher, die Kinder in zentralen Einrichtungen mit Erwachsenen unterzubringen, da sie so schneller erreichbar und auch abgeschoben werden könnten. Die Maschi-nerie laufe immer gleich ab: "Die Kinder kom-men an, gelangen zur Ausländerbehörde, ihr Alter wird geschätzt, dann kommen sie in ein Erstaufnahmelager und drei Tage später läuft schon ihr Asylverfahren", erklärt der Anwalt. Dabei haben sie von vornherein schlechte Karten. 95 Prozent der Asylanträge werden abgelehnt und enden in befristeten Duldun-gen. Eine Duldung ist kein Aufenthaltsrecht, sondern nur eine Aussetzung der Abschiebung.

"Das Asylverfahren ist nicht kindgerecht", meint auch Riedelsheimer. Die 16-17jährigen müssten unmögliche Fragetechniken über sich ergehen lassen, dabei würde erst mal der Reiseweg abgeklopft. Wenn sie zum Beispiel über Österreich gekommen sind, dann hätten sie keinen Anspruch mehr auf Asyl. Die Kinder seien völlig erschöpft, traumatisiert von schrecklichen Gewalterlebnissen und mutterseelenallein. Den Sinn der Fragen könnten sie überhaupt nicht verstehen. Die meisten seien mit einem Bekannten oder durch Schlepper nach Deutschland gekommen und dann abgesetzt worden. "Den Betroffenen ist es gar nicht möglich, ihre Flucht chronologisch und makelfrei zu erzählen" so Peter. Zu wenig berücksichtigt würde auch die Tatsache, dass kindliche Äußerungen in einem anderen Kulturkreis oft auch eine andere Bedeutung hätten.

Europäisches Denkmodell Das sieht die Sozialarbeiterin Rita Kesnich vom Jugendamt Bonn genau so. "Bei Befragungen der Kinder gehen wir immer von unserem europäischen Denkmodell aus. Das ist aber verkehrt." Besonders in den Entwicklungsländern würden die Kinder mit Entscheidungen der Erwachsenen konfrontiert, ohne sie hinterfragen zu können. Sie müssten sie einfach akzeptieren. Seit zehn Jahren gibt es in Bonn den Spezialdienst für unbegleitete minder-jährige Flüchtlinge. Zurzeit kümmert sich das Team von Frau Kesnich um 140 Kinder, die im Durchschnitt 14 bis 15 Jahre alt sind und aus allen Krisengebieten der Welt, wie dem Kosovo, Afghanistan, Ruanda, Somalia, Angola und dem kurdischen Teil der Türkei, des Iran und des Iraks kommen. Oft sind es Geschwister, zwei Drittel Jungen und ein Drittel Mädchen. Meistens würden bestens organisierte Schlepperbanden, die Kinder nach Deutschland bringen. ¾¾¾

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

7

Bis zu 5000 US-Dollar pro Person berappten Verwandte, um ihre Kinder, so wie sie glaubten, in Sicherheit zu bringen." Unter irgendeinem Vorwand würden die völlig erschöpften Kinder dann entweder am Bonner Bahnhof oder direkt im Jugendamt abgesetzt. Die meisten von ihnen würden auch erst hier erfahren, dass sie in Deutschland sind. "In Bonn hat es noch keine Abschiebung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gegeben", erklärt Kesnich. Im Schnitt könne man sogar sagen, dass die betroffenen Jugendlichen hier bis zum 21. Lebensjahr betreut würden. Dabei soll den Kindern konkrete Hilfe geboten werden, um ein selbständiges Leben führen können, wie es das Jugendhilfegesetz vorsieht. "Gerade 16-jährige sind sehr gefährdet, das gilt nicht nur für ausländische Kinder, sondern auch für deutsche. Ohne familiären Halt rutschen sie schneller ab, und deshalb brauchen sie unbedingt eine Betreuung. Aus unserer Erfahrung kann ich sagen, dass so lange die Betreuung läuft, die Kriminalitätsrate gleich null ist", so Kesnich.

Damoklesschwert Abschiebung Dabei sei das "Damoklesschwert Abschiebung" eine ungeheure Belastung für die Jugendlichen. "Wenn eine Abschiebung droht, dann löst das sofort massive Angstzustände aus. Die Vergangenheit, die sie lange Zeit verdrängt haben, holt sie dann wieder mit all ihren Schrecken ein", erklärt Kesnich. In der Regel führt das zu erheblichen Gesundheitsbeschwerden, wie Migräne, Bauchschmerzen, Ess-und Schlafstörungen. Die schulischen Leistungen würden sich erheblich verschlechtern und viele Kinder verfielen in eine regelrechte Depression. Nicht wenige landeten dann in den Psychiatrischen Zentren in Düsseldorf und Köln, um dort eine Therapie zu machen. Es erfordere allerdings einen hohen Grad an Sensibilität die Kinder vom Nutzen einer solchen Therapie zu überzeugen. Viele befürchteten eine Art "Gehirnwäsche" und hielten es für unschicklich nur über die eigenen Probleme zu sprechen, was in ihrem Kulturkreis absolut verpönt ist. "Leider wird das Ausländergesetz in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich umgesetzt, denn jedes Bundesland hat einen gewissen Spielraum, was Unterbringung und Jugendhilfe betrifft", so Rechtsanwalt Peter. Hinzu käme noch, dass die Kommunen die Kosten tragen würden. Es sei unmöglich, eine bundeseinheitliche Lösung zu finden. In Hamburg, zum Beispiel, soll sogar ein Gefängnis für Minderjährige entstehen. Riedelsheimer wirft den Regierungen mangelndes Interesse vor: "Die Bundesländer äußern sich nicht eindeutig und klar. Jeder windet sich raus und schiebt die Verantwortung auf andere Stellen. Es fehlt der politische Wille etwas zu ändern und das ist ein Armutszeugnis für unseren Staat."

Altersschätzung Pi mal Daumen Auch die Altersschätzung ist sehr problematisch. Mittlerweile erfolgt sie durch Inaugenscheinnahme: Ein paar Bartstoppeln mehr oder weniger können schon fatale Wirkung zeigen. Röntgenuntersuchungen, wie die des Handwurzelknochen oder des Kiefers, sind nicht mehr zugelassen, da sie keine rechtliche Grundlage haben. "Das Schlimme ist, dass es letztlich nur ums Geld geht und nicht im Interesse der Betroffenen gehandelt wird", meint Peter. Viele Kinder würden oft älter geschätzt, als sie sind, damit sie schneller abgeschoben und Kosten gespart werden könnten. In der Regel werden die Altersschätzungen von der Ausländerbehörde oder auch dem Jugendamt durchgeführt. "Das sind aber keine Fachleute. Es müsste zumindest ein Kinderpsychologe und ein Ethnienfachmann dabei sein." In Deutschland säßen zurzeit 15 Kinder in Abschiebehaft, auf den ersten Blick wirke das wenig, aber jedes Kind in Haft, sei ein Kind zu viel. Auch die Rückführung der Kinder ist bedenklich. Abschiebungen ohne Abklärungen sind nichts Ungewöhnliches. "Die deutsche Regierung pflegt einen sorglosen Umgang mit der Zurückführung der Kinder in ihre Heimat. Nach dem Motto: Da gibt es bestimmt jemand, der sich um sie kümmert", erklärt Gittrich. Zurückführungen in die Herkunftsländer dürften aber nur nach einer Vorabklärung erfolgen, ob das Kind in dem Land sicher ist und ob sich Eltern, Bekannte oder soziale Einrichtungen um es kümmern können. Von den 5.000 bis 10.000 minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen ist ein Teil Opfer von Kinderhandel. "Bei den deutschen Behörden gibt es kein Bewusstsein dafür, Kinder nach ihrer Vorgeschichte zu befragen", so die Pressesprecherin von terre des hommes , Claudia Berker. Terre des hommes hat im vergangenen Herbst eine Kampagne gegen den Kinderhandel in Deutschland gestartet. "Wir dürfen nicht nur nach Afrika schauen, sondern müssen auch sehen, was hier in Deutschland passiert." [Fortsetzung auf Seite 8]¾¾¾

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

COVER STORY

8 COVER STORY / TITELTHEMA

Kinderrechte in Deutschland - Hintergrundinfo Deutschland ratifizierte die UN-Kinderrechtskonvention – eine Art weltweites “Grundgesetz“ für Kinder – am 5. April 1992, allerdings mit einschränkenden Vorbehalten. Aufgrund einer sogenannten Interpretationserklärung gilt die Konvention weiterhin nur mit Einschränkungen. Bis heute behält sich die Bundesregierung z.B. das Recht vor, deutsche und ausländische Kinder unterschiedlich zu behandeln. Flüchtlingskinder ohne vollständiges Aufenthaltsrecht haben deshalb in Deutschland nur eingeschränkte Rechte. Dies betrifft die Mehrheit der 220.000 Flüchtlingskinder. Beispielsweise unterliegen sie nicht der Schulpflicht und gehen deshalb auch häufig nicht zur Schule. Die Kinderrechtskonvention schützt Kinder unter 18 Jahren in besonderer Weise. Im Widerspruch dazu müssen minderjährigen Flüchtlinge ohne begleitende Eltern – UNICEF-Schätzung: ca. 5.000 bis 10.000 – beim Asylantrag ohne Beistand das gleiche Verfahren wie erwachsene Flüchtlinge durchlaufen und ihre individuelle politische Verfolgung nachweisen. Dies hat dazu geführt, dass unbegleitete Flüchtlingskinder abgeschoben werden, obwohl ihre Betreuung im Herkunftsland nicht geklärt ist. Dies widerspricht eindeutig dem Prinzip des Kindeswohls, das als vorrangig in der Konvention verankert ist. Auch werden immer wieder Kinder und Jugendliche ohne deutschen Pass, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland hatten, in ihre vermeintlichen Heimatländer abgeschoben. UNICEF zieht insgesamt eine zwiespältige Bilanz der deutschen Kinderpolitik der vergangenen zehn Jahre. Die rechtlichen Verbesserungen – Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder; Einführung eines Rechts auf gewaltfreie Erziehung und auf einen Kindergartenplatz; Fortschritte beim Gesetz zum besseren Schutz vor häuslicher Gewalt; exterritoriale Strafverfolgung deutscher Sextouristen – werden als Fortschritte gesehen, allerdings fanden sie laut UNICEF bislang kaum praktische Anwendung. Verschlechtert hat sich in den neunziger Jahren die soziale Lage vieler Kinder und Jugendlicher. Mehr als 2 von insgesamt 15,6 Millionen in Deutschland lebenden Kindern unter 18 Jahren wachsen in relativer Armut auf. Das gilt insbesondere für Kinder alleinerziehender Eltern sowie für Kinder mit zwei oder mehr Geschwistern. Kinder profitieren in der Entwicklungshilfe vor allem von grundlegenden sozialen Diensten wie Grundbildung oder Basisgesundheitsdiensten. Die Industrieländer sollen gemäß internationaler Vereinbarungen 20 Prozent ihrer Entwicklungshilfe auf diese sozialen Grunddienste konzentrieren. Mit nur 13,5 Prozent [bei sinkender Tendenz; 1998 noch 19 Prozent] liegt Deutschland weit unter diesem Ziel, wie das Deutsche NRO-Forum Weltsozialgipfel [Bündnis von über 40 entwicklungs-, sozial und umweltpolitischen Organisationen] berechnete. In vielen Politikbereichen wird das Wohl von Kindern allenfalls nachrangig behandelt. UNICEF fordert deshalb, Kinderrechte in Deutschland mit Verfassungsrang auszustatten. ; ¨ Quelle: http://www.learnline.de/angebote/agenda21/thema/kindergipfel.htm#Deutschland §

Zwei Wochen Zukunft

[Fortsetzung von Seite 7]

Der deutsche Vorbehalt in der UN-Kinderrechtskonvention, nach dem bestimmte Normen für die Bundesrepublik nur beschränkte Gültigkeit haben, mache es extrem schwierig, den Kindern hier zu helfen. "Deutschland fehlt es an Sensibilität für dieses Thema. Die Jugendlichen haben hier ein negatives Image und werden sofort in die Schmarotzerecke gestellt", so Gittrich. Auch von den Politikern würden nur die negativen Seiten gesehen und sie glaubten nicht, dass die minderjährigen Flüchtlinge wirkliche Gründe hätten, um hier zubleiben. "In anderen Ländern, wie Skandinavien, hingegen sieht man die Schutzbedürftigkeit der Kinder. Das fehlt bei uns völlig." "Der betroffene Personenkreis wird bei uns nicht wahrgenommen. Die Kinder werden einfach übersehen. Denn sie haben weder eine starke Lobby, die sich für sie einsetzt noch trauen sie sich selber auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen, so Kesnich. Viele empfänden auch eine unsägliche Scham darüber, als einzige ihrer Familie überlebt zu haben und würden deshalb mit niemandem über ihr Schicksal sprechen. –

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

9

The “Good” and the “Bad” of Children’s Experiences Following are extracts from UN Secretary-General Kofi Annan’s landmark report to the UN Special Session on Children last May. Titled We the Children: Meeting the promises of the World Summit for Children, the report assesses the progress made in meeting the commitments made to the children around the globe at the 1990 World Summit for Children. It also includes best practices and lessons learned, obstacles to progress, and a plan of action for building a world fit for children. – The Editor

A Tale of Two Cities 48. “It was the best of times, it was the worst of times”, wrote Charles Dickens in A Tale of Two Cities. And in many ways this applies to the last decade of the twentieth century as it affected children: with on the one hand a global economic boom, new political freedoms and technological marvels holding great promise for the youngest generation, and on the other a depressing continuation of ills familiar to humankind and deadly to children, the ills of unconquered poverty, unchecked disease, violence with impunity and increasingly obscene disparities in access to services and wealth. 49. The “good” and the “bad” of children’s experiences across the globe are illustrated by several very mixed trends: •



• •

• • •

Unprecedented global prosperity and financial and information linkages between countries — coupled with persistent poverty and rising disparities between rich and poor countries and within them, as the benefits of economic growth and the information revolution remained heavily concentrated among the better-off; Following the World Summit for Children and as reflected throughout the present report, growing international partnerships and successful action to eradicate major childhood diseases — simultaneously with rapid social devastation from the HIV/AIDS pandemic in large parts of sub-Saharan Africa and spread of the disease in other parts of the

world; Some gains for women but persistent patterns of discrimination on the grounds of gender and against children; A rising awareness of children’s rights, and of violations of these rights taking place — coupled with a large number of armed conflicts that disproportionately killed and injured children, the persistence of other forms of violence against children, and continued widespread exploitation of their bodies and labour; Some progress in the reduction in the burden of debt faced by poor countries, releasing some resources for investment in children, but a serious decline in international development assistance and a continued lack of emphasis on basic services in both aid and public spending; New opportunities created by the spread of democratic governance, increased decentralization and an expanded role in development for civil society, NGOs and the private sector; Continuing local and global environmental degradation, placing ever-greater numbers of children at risk of disease and increasing their vulnerability to natural disasters.

Persistent poverty 60. The persistence of extreme poverty was a core concern of the Millennium Summit, at which world leaders resolved to halve, by the year 2015, the proportion of the world’s people whose income is less than $1 a day. Outside East Asia, the number of people in developing countries struggling to survive on less than $1 a day actually increased during the 1990s, by an average of about 10 million per year. 61. In a $30 trillion global economy, it ought to be unacceptable that some 40 per cent of the children in developing countries — about 600 million children — have to struggle to survive, eat and learn on less than $1 a day. Even in the world’s richest countries, one in every six children, about 47 million, live below the national poverty line. ¾¾¾ JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

COVER STORY

10 COVER STORY / TITELTHEMA

62. Children are hardest hit by poverty because it strikes at the very roots of their potential for development — their growing minds and bodies. There are stages in life when a child is either capable of growing in leaps and bounds — physically, intellectually and emotionally — or when he or she is particularly vulnerable to risks which lead to stunted growth, failed learning, trauma or death. If a child’s cycle of growth and development is interrupted by poverty, this often turns into a handicap for life. 63. These challenges are widely recognized — and many Governments and most international development agencies now put poverty reduction and human potential at the top of their priorities. The recent years of global prosperity have provided the means to bring all children out of poverty and into the fulfilment of their potential. This is perhaps the best news from the 1990s. We now turn to the worst.

The HIV/AIDS pandemic 64. The Plan of Action adopted by the World Summit for Children foresaw that HIV/AIDS could offset gains made in child survival, protection and development in the most seriously affected societies. But few people in 1990 could imagine the magnitude of the pandemic’s devastating effects. 65. Many of the achievements in social and human development of the last half of the twentieth century are now at risk — Botswana 64% and in large parts of sub-Saharan Africa are Zimbabwe 50% already being undone. By the end of South Africa 50% Namibia 2000, the global HIV/AIDS catastrophe 48% Kenya 35% had claimed nearly 22 million lives. Life Mozambique 26% expectancies fell by an average of 18-23 Zambia 25% years in the most affected countries, and Liberia 22% infant and child mortality rates reversed Tanzania 20% their previous downward trend. Health Percentage of under-five child Côte d'Ivoire 17% mortality due to AIDS, projected services have been overwhelmed by AIDS for the years 2000-2005 Source: UN Population Division, 1999 patients. Schools — often already struggling to provide a decent education — have had to face rising deaths among teachers and absenteeism among students who must stay home to care for AIDS-affected relatives. Figure 5. AIDS and child mortality

66. The impact on children is seen most dramatically in the rising numbers of AIDS orphans. By the year 2000, an estimated 10.4 million children currently under the age of 15 had lost their mother or both parents to AIDS, 95 per cent of them in sub-Saharan Africa. Faced with social stigma, isolation and discrimination, and deprived of basic care and financial resources, AIDS orphans are less likely to be immunized, more likely to be malnourished, less likely to go to school and more vulnerable to abuse and exploitation. 67. The social profile of the AIDS pandemic has been gradually shifting. The impact of the disease has increasingly fallen upon the young and people who are illiterate and poor. In most countries, adolescent girls are now over-represented among the newly infected. AIDS is an epidemic of global proportions, but people who are young, poor and female are now its main victims. It is a disease deeply rooted in other challenges — poverty, ignorance and gender discrimination — and it wreaks its greatest havoc on those least able to cope with it. 68. A few countries openly confronted the pandemic in the 1990s and took energetic steps to combat it. They saw encouraging results. But elsewhere, public awareness efforts, school-based education and prevention initiatives were delayed for years. Children and young adults were among the main victims of this neglect and of the denial of the pandemic which often accompanied it. Decisive action must be taken now to prevent further increases in the parts of Africa, Asia, Eastern Europe and other regions that still have a relatively low incidence of HIV/AIDS. ¾¾¾

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

11

Africa’s children, everyone’s future Ten years ago, it was the children of Africa, of sub-Saharan Africa in particular, whose needs were most acute, and yet it is here that the least progress has been made. Sub-Saharan Africa is still the region with the highest child death rates — 17 per cent of newborns do not live to the age of five — and contains 9 of the 14 countries in the world where child mortality has actually increased. Sub-Saharan Africa has 10 per cent of the world’s population, 70 per cent of the world’s HIV/AIDS cases, 80 per cent of AIDS deaths and 90 per cent of AIDS orphans. In stark contrast to trends in other regions, today’s southern African children can expect to live shorter lives than their grandparents. Immunization coverage in sub-Saharan Africa has decreased overall since the World Summit for Children, and less than half of the region’s children under one are fully immunized against diptheria, pertussis and tetanus (DPT). Despite progress achieved in a few countries, the total numbers of malnourished children have increased, and some 3.6 million babies (15 per cent) are born each year with low birth weight. While modest gains have been made in expanding access to improved water sources, families in sub-Saharan Africa have the poorest access to safe drinking water, and access to sanitation has remained static at 54 per cent. Meanwhile, the weakness of public health systems is reflected in the resurgence of major child-killers, such as malaria and cholera. Maternal mortality is highest in this region, and women in sub-Saharan Africa face a 1 in 13 lifetime risk of dying during pregnancy and childbirth. Persistent patterns of gender discrimination, coupled with poverty and lack of investment in essential obstetric services, are among the contributing factors. The net primary school enrolment rate rose from 54 per cent in 1990 to 60 per cent in 1998; however, this rate still remains the lowest of any region. Sub-Saharan Africa accounts for nearly 40 per cent of the world’s children out of school, and no progress overall has been made in closing the gender gap in education. Children out of school are vulnerable — increasingly, it seems — to all forms of exploitation and abuse. Some notable successes can be found in such areas as salt iodization and in tackling polio and Guinea worm disease, which have benefited from strong political leadership. The gradual spread of democracy, decentralization and information technology has helped broaden participation in development and has contributed to the emergence of a vibrant civil society. Reforms of health and education systems in such countries as Ethiopia, Ghana, Mali and Zambia, and initiatives to expand access to primary education in Malawi and Uganda, hold the promise of improved care and learning achievement. Determined efforts to transcend the legacy of apartheid in Namibia and South Africa and to reconstruct infrastructure and basic services in Mozambique have captured world attention. Major efforts for awareness-raising on HIV/AIDS in Senegal and Uganda are now being emulated elsewhere. And yet the overall picture is of an impoverished continent, marginalized from the mainstream of world development. The world must respond to the call of the Millennium Declaration by making a “first call” for the children of Africa. The African people deserve support and solidarity in their struggle for progress. This includes a reversal in the decline of official development assistance (ODA), a clearer focus of ODA on basic social services, wider market access for Africa’s goods and deeper debt relief. But all this will not be enough without a clear lead from the continent itself: to take further the necessary reforms, to wage war on malaria and AIDS, to make armed conflict in Africa a thing of the past — outlawed and unthinkable — and to devote resources and energy instead, to investing in and protecting children as the embodiment of all our futures. Renewed and lasting progress for Africa’s children will depend on imaginative reform of public institutions and accountability in government, together with determined attention to gender equality and to tackling disparities. Bringing the HIV/AIDS pandemic under control is central to the effectiveness of key health interventions, the reduction of malnutrition, and securing rights to basic education and protection. Community and national efforts to find solutions to the plight of orphaned children deserve global support. As the Millennium Report has noted, nowhere is a global commitment to poverty reduction needed more than in Africa south of the Sahara, because no region of the world endures greater human suffering. – UN /

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

12 COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

Drug Offers New Hope to HIV/Aids Babies in Kenya By Dagi Kimani The Government [has] finally launched a programme to prevent the transmission of the Aids virus from mother to child. This was long overdue; it came more than two years after the German pharmaceutical firm, Boeringer Ingeilheim, offered countries like Kenya free supplies of the drug, nevirapine, during the 13th international Aids conference in Durban, South Africa. Nevirapine, an anti-retroviral, has been found to be effective in blocking mother-to-child transmission of HIV in at least 60 per cent of the cases. Strangely, the Government initially refused to take up the Boeringer offer of free nevirapine supplies, insisting that it needed more data on the drug's efficacy and safety. The prevarication is what resulted in a two-year delay. This aside, however, the launch of the prevention programme was a major development in the country's fight against HIV/Aids, and specifically against paediatric Aids. Every year, an estimated 150,000 HIV-positive women in the country get pregnant, running the risk of passing the Aids virus to their new-borns. According to HIV experts, between 30 and 50 per cent of these mothers actually do, translating to between 50,000 and 75,000 HIV-positive babies every year. As you read this, 100,000 of these HIV-positive children are alive, and a few more will be born before the end of the day. Tragically, virtually all them will die before the age of five, further compounding the unfolding disaster visited us by HIV. The tragedy of their deaths is made all the more painful because it could have been prevented through the use of either AZT or nevirapine, the latter of which is cheaper and therefore more accessible. Basically, to prevent mother-to-child HIV transmission using nevirapine involves giving the mother a dose of the drug just before she gives birth, and the newborn a syrup of the medicine soon after birth. Together, these interventions cut the risk of the child contracting HIV by more than half, meaning that in Kenya, between 25,000 and 35,000 infants who would otherwise be born HIV-positive would be spared the ravages of the virus if the drug was administered to all 150,000 HIVpositive expectant women. Seen in this context, the launch of the Government programme is a significant development in the fight against Aids. For the first time, it gives hope that a comprehensive programme will eventually be put in place to protect the unborn against HIV, even as initiatives to protect others sections of society are intensified.

Government needs to move fast Unfortunately, the scope of the programme is not anywhere near what is needed to reach all the deserving mothers. Initially, the programme will use nevirapine supplies enough for just 8,000 mothers and newborns in Karatina, Homa Bay, Kericho, Naivasha district, Kenyatta National, Coast Provincial General, Nyanza Provincial and Nakuru Provincial General hospitals. What this means is that the vast majority of HIV-positive mothers, in excess of 140,000 every year, will still not be reached by the current programme, and will continue to run the risk of infecting their new-borns. In the circumstances, the Government needs to move fast to seek additional assistance to widen the reach of the programme. In this, the Government itself should lead the way by allocating more money from the exchequer to the initiative, as well as by setting up specialised centres at the district level where expectant mothers who are HIV-positive can be referred to for counselling and treatment. The Government also urgently needs to invest more in training medical personnel to administer nevirapine, which is potentially a fairly toxic drug. It is gratifying in this sense that during the last Budget, Finance Minister Chris Obure set aside Sh300 million for the purchase of anti-retrovirals, including nevirapine for use in mother-and-child programmes. Perhaps its time the Ministry of Health told us exactly how it is using this money. It would, however, be incorrect to give the impression that the solution lies in antiretrovirals like nevirapine alone. In fact, a lot could be done through counselling and education of women and girls of child-bearing age who are HIV-positive. The ministry and the National Aids Control Council (NACC), as well as other health partners, for example, need to encourage these women to stop engaging in unprotected sex and getting pregnant, as this not only harms their own health and that of their offspring, but also contributes to the spread of HIV. Coupled with a broad national programme to prevent mother-tochild transmission through the use of anti-retrovirals, these educational interventions could go a long way in reducing the incidence of paediatric Aids, and ultimately contribute to the fight against mankind's worst scourge.



¨This article first appeared in the web edition of Kenya’s major private daily newspaper The Nation on August 19. §

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

13

Vietnam: Parents Race to Send Children to Study Overseas By Tran Dinh Thanh Lam Ho Chi Minh City – It is an important day for Nguyen Xuan An, who has just passed what he believes to be the hardest test of his life: succeeding in an interview that will allow him to gain entrance to study in the United States. It is a dream of a lifetime for his parents too, who have spared no expense to make it happen. ''Within three or four years An could come home with an IT (information technology) diploma in his hands,'' said An's father. ''We are ready to ready to support our son during his study in the United States. It's very expensive, but this is a good investment.'' An's parents, and thousands of parents like them every year, must prove that they have at least 25,000 U.S. dollars in bank accounts, a stable income and collateral, before their child is eligible for the interview. Less financially well-off parents who cannot meet these tough requirements can pay up to 6,000 dollars to 'overseas studies service agencies' to make the necessary arrangements to get their child to the interview stage. Once at the interview, potential students must convince U.S. officials that they will devote all their time to studying and will return home after their studies - and not migrate to and stay on in the United States. As the economy picks up, parents with high disposable incomes from Vietnam's booming urban areas have begun to place high priority on sending their children to study to English-speaking countries. ''Many wealthy parents now prefer to send their children to study overseas because they believe in the quality education system offered by developed countries,'' said Dang Thanh Phong, a city official with the Overseas Study Consulting Centre (OSCC). During the last three months, many of the top name foreign colleges and universities have hosted seminars to inform students and parents about the latest study packages. At the end of last year Vietnam had about 10,000 students studying at foreign universities and colleges, and the number is expected to increase to 20,000 by 2005. As most of these students are selfsupporting, meaning they do not have a scholarship or support from the state, they choose subjects that they consider 'fashionable' or that will help them land that job. Often, these are economic management, foreign languages and information technology. But Associate Doctor Tran Xuan Nhi, deputy chairman of the Vietnam Study Promotion Association, is concerned that these subjects are not what Vietnam needs right now.

JAHRGANG III / NR. 33

''Only a few study scientific and technical subjects that will be important for the future of Vietnam,'' says Nhi, who is also chairman of the Vietnam Studying Abroad Advisory Union. But for now, there seems to be little stopping the pursuit of overseas education. OSCC officials believe that as prices come down, the number of students getting internationally recognised degrees will increase considerably in the next few years. Currently being tried out in Vietnam is 'remote campus learning,' which allows students to follow the study programmes of foreign schools without having to leave the country until the final academic year. For instance, the Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT) is the first international university to open a campus in Vietnam and has a second campus under construction. This year, the RMIT International University of Vietnam will send its first students to Australia to finish the last part of their training there. The Asian Institute of Technology in Thailand and other colleges and universities from France and Belgium are also cooperating with universities in Hanoi and Ho Chi Minh City to offer remote learning schemes that lead to MBA, IT and civil engineering degrees. Many parents are also sending high school children overseas, convinced that going to foreign high schools would better prepare them for study at a foreign university. They say the youngsters will have more time to practice English with native speakers and to take in more about the local history, culture and lifestyle of the place where they will spend four years studying at university. It is estimated that more than 400 stu-

dents went to study in Australian high schools this year, nearly twice as many as last year. Australia remains the best choice for high school students because going to the United States is far more difficult. – IPS /

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

COVER STORY

14 COVER STORY / TITELTHEMA

Chance auf Bildung für indische Kinderarbeiter Von Kirsten Prestin Obwohl in Indien Kinderarbeit verboten ist, ist sie in der Textilindustrie weiter gang und gebe. 20.000 bis 25.000 Kinder unter 14 Jahren schuften in kleinen Textilbetrieben, die für den indischen Markt produzieren oder Zulieferer für große Exportunternehmen sind. Indien bildet jedoch keine Ausnahme. "Fast in der ganzen Welt ist Kinderarbeit verboten, aber sie wird trotzdem praktiziert", erklärt Barbara Küppers vom Kinderhilfswerk terre des hommes (tdh). "Armut ist eine der Hauptursachen für Kinderarbeit, aber auch andere Faktoren spielen eine wichtige Rolle." In Indien gebe es zum Beispiel keine Schulpflicht und die Regierung würde das Bildungssystem sträflich vernachlässigen. Insgesamt fehlten in dem südasiatischen Land rund 100.000 Grundschulen. Politische Korruption, Geschlechterdiskriminierung – Mädchen werden immer noch geringer angesehen als Jungen – sowie religiöse und ethnische Ächtungen seien weitere Ursachen für die Erwerbstätigkeit von Kindern.

Bildung für alle Die indische Regierung plane zwar das Recht auf ’Bildung für alle' bald umzusetzen, aber ihre Methoden seien zweifelhaft. "Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken, sollen bestraft werden. Das ist aber falsch, denn das würde vor allem die Ärmsten der Armen treffen", so Küppers. Die meisten armen Inder leben auf dem Land, wo es entweder gar keine Schulen gibt oder die Schulen zu weit entfernt seien. "Die Gefahr bei Verboten ist, dass Kinder und Eltern in die Illegalität geraten und dadurch die versteckte Arbeit immer weiter zunimmt, mit der Folge, dass überhaupt keine Hilfe mehr geleistet werden kann", befürchtet die tdh-Mitarbeiterin. Vor allem müsste zwischen extrem ausbeuterischer Arbeit und einer geringfügigen Beschäftigung unterschieden werden, wo Kinder zur Unterstützung der Familie mithelfen. Die meisten Kinder arbeiteten im informellen Sektor ohne sozialen Schutz. Laut Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zählen zu den schlimmsten Formen der Kinderarbeit, Kinderhandel, Schuldknechtschaft, Prostitution und der Einsatz als Drogenkuriere. Der ILO-Bericht 2002 ’Eine Zukunft ohne Kinderarbeit’ stellt dabei fest, dass diese Formen sowie gefährliche Arbeiten verbreiteter sind als bisher angenommen. Weltweit werden mehr als zwei Drittel aller Kinderarbeiter, das heißt eins von acht Kindern oder insgesamt 180 Millionen Kinder, in den schlimmsten Formen ausgebeutet. Insgesamt arbeiten 250 Millionen Kinder unter 14 Jahren in den sogenannten Entwicklungsländern.

Kinderarbeiterhochburg Asien Die Region Asien/Pazifik weist laut Bericht in absoluten Zahlen die größte Anzahl arbeitender Kinder (fünf bis14 Jahre) auf, und zwar 127 Millionen oder 60 Prozent der Gesamtzahl, gefolgt von Afrika südlich der Sahara mit 23 Prozent. Insgesamt gibt es in Indien etwa 200.000 Textil-Arbeitsplätze. Die meisten der 20.000 bis 25.000 Kinderarbeiter sind in kleinen Betrieben, täglich von halb neun morgens bis neun Uhr abends beschäftigt. Dabei verdienen sie zwischen 0,61 bis 1,12 Euro pro Tag. Aus europäischer Sicht ist dies ein Hungerlohn, für die indischen Arbeitnehmer hingegen ist das ein guter Verdienst. "Die Kinder sind sehr stolz, dass sie arbeiten und Geld verdienen können", so Küppers. "Und dieses Gefühl darf man ihnen auf gar keinen Fall nehmen." Alle Kinder hätten zwar mal eine Schule besucht, aber als in der südindischen Textilhochburg Tirupur händeringend Arbeiter gesucht wurden, hätten viele Familien darin die Möglichkeit gesehen, sich eine Zukunft aufzubauen. ¾¾¾

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

15

Da Bildung der Schlüssel für eine bessere Zukunft ist, unterstützt terre des hommes seit 1997 die Initiative CSED, Abendschulen für Kinderarbeiter. 32 Dörfer haben insgesamt bisher davon profitiert. Hier gehen alle Kinder zur Schule und auch viele Eltern haben lesen und schreiben gelernt. "Es ist beeindruckend, mit welchem Eifer die Kinder mit primitivsten Hilfsmitteln lernen. Sie sitzen unter einem Baum und eine Petroleumlampe beleuchtet eine Tafel, die an einen Stuhl gelehnt ist. Die jungen Schüler saugen das Wissen mit Spaß und Aufmerksamkeit auf und das nach einem anstrengenden Arbeitstag", so Küppers. In einem Berufsschulzentrum von Tirupur werden 80 Jugendliche, die jahrelang in der Textilbranche gearbeitet haben, jeweils ein halbes Jahr ausgebildet. Die meisten Mädchen wollen Schneiderinnen werden, da sie der Verdienst von circa zwei Euro am Tag reizt. Die Jungen streben Berufe, wie Elektriker, Tischler und Nähmaschinenmechaniker an. Nach einem halben Jahr bekommen sie ein Abschlusszeugnis und die Schule hilft ihnen bei der Jobsuche. Fast alle Schüler haben mit zehn Jahren die Schule abgebrochen, um einer Arbeit in der Textilindustrie nachzugehen. Die Berufsschule wird von C&A Mode Deutschland finanziert.

Öffentlichkeit schaffen Kinderarbeit zu kontrollieren erweist sich als sehr schwierig. Missstände könnten vor allem beseitigt werden, in dem man an die Öffentlichkeit ginge. Das zeigt das Beispiel eines 14-jähriges Mädchens aus Tirupur, das einen schweren Arbeitsunfall hatte. Die Verantwortlichen versuchten, dies zu vertuschen. Daraufhin seien die Eltern des Mädchens vor Gericht gegangen und hätten erreicht, dass der Arbeitgeber jetzt Entschädigung zahlen muss. "Gemeinsam in der Öffentlichkeit Druck auszuüben ist ein sehr geeignetes Mittel, um etwas zu bewirken", so Küppers. Deshalb sei auch eine Zusammenarbeit mit großen deutschen Handelshäusern wichtig, die Wert darauf legten, dass Verhaltenskodices von den Zulieferern auch eingehalten werden. Die Industriestaaten dürften sich nicht vor ihrer Verantwortung drücken. "Die Europäische Union muss den Entwicklungsländern den gleichen Zugang zu Märkten verschaffen und die Entwicklungshilfe sollte vorrangig zur Armutsbekämpfung eingesetzt werden", so Küppers. Auch der Verbraucher könne einen wichtigen Beitrag leisten, indem er nicht nur wahllos konsumiere, sondern gezielt nachfrage, woher Produkte kommen und wie sie produziert werden. Die Hersteller von Teppichen mit dem Rugmark-Siegel verpflichteten sich zum Beispiel keine Kinder unter 14 Jahren zu beschäftigen, gesetzliche Mindestlöhne zu bezahlen und unangekündigte Kontrollen zuzulassen. – [Bild oben: terre des hommes.] Weitere Informationen zum Thema Kinderarbeit stehen im Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)2002 "Eine Zukunft ohne Kinderarbeit"und auf der website www.ilo.org/bonn - Die Redaktion

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

COVER STORY

16 COVER STORY / TITELTHEMA

UNICEF-Bilderband "Kinderaugen - Spiegel der Welt" Indio-Mädchen am Rio Negro, junger Buddhist in einem Kloster in Myamar und ein afrikanischer Junge aus der NamibWüste, sie alle wurden von Elke und Joachim Simon auf ihren vielen Reisen rund um den Globus abgelichtet. Die schönsten Kinder-Porträts hat das deutsche Ehepaar jetzt in dem UNICEFBildband "Kinderaugen - Spiegel der Welt" zusammengestellt, der anlässlich des 50jährigen Jubiläums von UNICEF-Deutschland Mitte November erscheint. Kurze Bildtexte erklären die Herkunft der Motive und eine Gesamtübersicht gibt Aufschluss über die Aufnahmeorte. Das Vorwort schrieb UNICEF-Botschafter Sir Peter Ustinov. Je nach Auflagenhöhe fließt ein Teil des Verkaufserlöses des 144 Seiten umfassenden Bildbandes direkt in Hilfsprojekte für notleidende Kinder. Das Fotografenpaar Simon hat bereits in Zusammenarbeit mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Bildband "Magie des Lichts" herausgegeben und für die Stiftung zur Rettung der Tropenwälder "OroVrede" einen Fotokalender publiziert. Weitere Informationen sind im Internet unter www.unicef.de/kinderaugen zu finden. In seiner Heimat: Soussusvlei, atemberaubende Dünenlandschaft in der © Namib-Wüste

Alle Fotos auf dieser Seite sind aus dieser Website entnommen. ;

Am dunklen Fluss: Indio-Mädchen am Rio Negro im Urwald Amazoniens Æ

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

17 FOTO ESSAY

"Imagine..." – Die Welt aus Kindersicht Von Kirsten Prestin Kinder sehen anders als Erwachsene. Das illustrieren Fotos von mehr als 500 jungen Fotografinnen und Fotografen aus 14 Ländern dieser Welt. Unter dem Motto "Imagine – your photos will open my eyes" hielten sie am 30. April ihre Welt in Bildern fest. Aus 1.500 Aufnahmen wählten schließlich zwanzig in Berlin lebende Schüler, Flüchtlings- und Diplomatenkinder die schönsten Motive aus, um sie der Öffentlichkeit durch eine Ausstellung im GTZ-Haus Berlin, dann auf Wanderschaft in weiteren deutschen Städten und verschiedenen Ländern, vorzustellen. Das Jugend Foto-Projekt, für das die Künstlerin und Witwe von John Lennon, Yoko Ono, die Patenschaft übernommen hat, ist eine gemeinsame Initiative der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH und des Berliner Journalisten Philipp Abresch. Eröffnet wurde die Ausstellung am 23. August im GTZ-Haus in Berlin. "Fotos kennen keine Sprachbarrieren und sind ein hervorragendes Medium für den sprichwörtlichen Blick über den eigenen Tellerrand ", so die GTZ-Projektleiterin, Simone Kopfmüller. "Die Arbeit mit der Kinder-Jury hat bereits gezeigt, dass die Bilder bei den Kindern ein großes Interesse für fremde Kulturen wecken." Mädchen und Jungen aus aller Welt treten durch die Bilder in einen interkulturellen Dialog und können ihre Erfahrungen gegenseitig austauschen.

bei der Arbeit, ein Blick in das eigene Kinderzimmer, das eigene Haus, die Schule.

Mit den Bildern erzählen die Kinder und Jugendlichen ihre persönliche Geschichte. Alles das, was ihnen wichtig ist, hielten sie mit der Kamera fest. Die Aufnahmen zeigen das Leben der Kinder, so wie sie es Tag für Tag erleben: Bilder von Freunden und der Familie, Menschen

Weitere Informationen zu "Imagine" sowie eine Auswahl von Bildern finden Sie im Internet unter www.gtz.de/berlin unter "Aktuell". Dort können Journalisten die Fotos für nicht kommerzielle Zwecke in Druckqualität (300 dpi) bestellen.

Im Rahmen des Projektes sind auch ein Katalog, eine Internet-Seite und eine Postkartenedition mit einer großen Auswahl an Bildern und Texten erschienen. "Wir hoffen, dass es gelingt, einen Teil der Kinder untereinander zu vernetzen, so dass sie in Kontakt bleiben und den Dialog fortsetzen", so die Leiterin des GTZ-Büros Berlin, Franziska Donner.

Kinder aus Vietnam: Offenbar Freude am Lernen

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

18 FOTO ESSAY

"Imagine..." ist ein internationales Jugend-Foto-Projekt: Junge Menschen erkunden ihre Welt mit einer Fotokamera und lernen über die Bilder von Kindern und Jugendlichen aus anderen Ländern und Kulturen deren Welt kennen. Insgesamt beteiligen sich über 500 Kinder und Jugendliche aus 45 Ländern an "Imagine..."

Vietnam aus Kindersicht © ª

Afghanistan aus Kindersicht Senegal aus Kindersicht ª

"Das ist Entwicklungszusammenarbeit pur. Aber nicht im traditionellen Sinne. Entwicklungszusammenarbeit wird hier zu internationaler Kooperation, die auf nachhaltige Entwicklung in der ganzen Welt abzielt – sowohl in den Entwicklungsländern als auch bei uns." - Franziska Donner Leiterin des Berliner GTZ-Büros

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

19 FOTO ESSAY

Madagaskar aus Kindersicht ¨

Kenia aus Kindersicht § ¨

© Kamerun aus Kindersicht ©

Äthiopien aus Kindersicht ¨

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

20 FOTO ESSAY

Burkina Faso § aus Kindersicht

Bolivien aus Kindersicht ¨ Ecuador aus Kindersicht ¨

Paraguay aus Kindersicht ª

Alle Bilder sind im Internet unter www.gtz.de/berlin unter "Aktuell" zu finden. Foto-Essay-Vorschläge sind herzlich willkommen. – Die Redaktion –

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

21 COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

Wie Magdalena sich mit Aids infizierte Von José Zambrano Caracas – Auf dem Papier haben HIV/AidsInfizierte in Venezuela zwar viele Rechte, aber der praktische Alltag sieht ganz anders aus. So schreibt ein Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung vor, dass die Ergebnisse von Aids-Tests nicht registriert und zum Nachteil der Betroffenen verwendet werden dürfen, aber dieses Tabu wird von staatlichen Behörden und potentiellen Arbeitgebern regelmäßig durchbrochen. Ein Beispiel hierfür ist die junge, obdachlose Magdalena. Sie war gerade 16 Jahre alt, als sie ihren acht Monate alten Sohn zur Notaufnahme in das Krankenhaus der Hauptstadt Caracas brachte, um eine Wunde am Finger nähen zu lassen. Der Besuch brachte nicht nur die tragische Vergangenheit der jungen Mutter wieder ans Tageslicht, sondern er gab auch den Ausschlag für noch größeres Leid. Magdalena wurde als eines von neun Kindern im Slum geboren. Ihre Mutter gab sie und ihre Geschwister schon früh in die Obhut von Verwandten. Sie wuchs unter verheerenden Lebensverhältnissen auf und wurde von ihren Zieheltern sexuell missbraucht. Mit 14 Jahren rannte sie fort und lebte auf der Straße. Schließlich lernte sie einen 52jährigen Mann kennen, mit dem sie in einer heruntergekommenen Baracke lebte und sich über ihn mit dem HI-Virus ansteckte.

Mit ihrer Volljährigkeit Ende 1998 wurde Magdalena aus der Anstalt entlassen, durfte aber ihre beiden Kinder nicht sehen, die durch eine staatliche Einrichtung für Minderjährige zur Adoption freigegeben worden waren. Die junge Frau landete wieder auf der Straße. Verschiedene gesundheitliche Einrichtungen verweigerten Magdalena jede medizinische Hilfe, weil sie es in ihren Augen an Kooperationsbereitschaft fehlen ließ. Staatliche Kirchengruppen mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendarbeit wendeten sich ebenfalls von ihr ab, nachdem sie von ihrer Immunschwächekrankheit erfuhren. "Magdalenas Geschichte ist außergewöhnlich, da die junge Frau eine Mischung an traumatischen Erlebnissen, Diskriminierungsfällen und Menschenrechtsverletzungen erlebt hat, die normalerweise weder eine Person noch eine Familie zur gleichen Zeit erfahren", so Renate Koch von der Nichtregierungsorganisation "Bürger wehren sich gegen Aids"(ACSI).

Behörden spielen Schicksal

Der Fall Magdalena illustriert aber auch die außergewöhnliche Situation Venezuelas, wo laut offiziellen Statistiken 73 Prozent von fünf Millionen Erwachsenen- bei einer Gesamtbevölkerung von 24 Millionen Menschen - in Armut leben und für 18 Prozent aller Geburten verantwortlich sind, wovon 20 Prozent mit HIV/Aids oder mit anderen Geschlechtskrankheiten infiziert sind.

Nach dem Krankenhausbesuch verschlimmerten die Entscheidungen der Gesundheits-Justizund Jugendbehörden die Situation des infizierten Mädchens. Ihr Sohn wurde ihr weggenommen, und sie kam in verschiedene Heime, wo sie weiteren Missbrauch erlebte. Mehrere Male versuchte sie zu fliehen, wurde dann aber erneut schwanger und endete schließlich in einer Jugendanstalt.

Neueste Statistiken gehen davon aus, dass es in Venezuela im Dezember 2000 insgesamt 10.325 Aidspatienten gab. Das Gesundheitsministerium geht in seinem Programm zur Bekämpfung von HIV/Aids-und Geschlechtskrankheiten gegenwärtig von 60.000 Betroffenen aus und 250.000, die den Immunschwäche-Virus in sich tragen, erklärte Deisy Matos, die Leiterin des Programms. ¾¾¾

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

COVER STORY

22 COVER STORY / TITELTHEMA

Geschichten, wie die von Magdalena haben viele Nichtregierungsorganisationen aus dem Gesundheits- Kinder- und Jugendbereich auf den Plan gerufen, die sich nun verstärkt dafür einsetzen, dass die Rechte der Betroffenen gestärkt werden. Die Öffentlichkeit nimmt jetzt HIV/Aids viel mehr zur Kenntnis und bringt dadurch Abgeordnete, Beamten und Juristen dazu, auch die rechtliche Seite zu überdenken. So wurde 1999 ein Gesetz von der venezolanischen Regierung ratifiziert, das besagt, dass jeder Mensch ein Anrecht auf eine gesundheitliche Versorgung hat. Und ein neues Kinderund Jugendschutzgesetz verpflichtet den Staat dazu, Sexualaufklärung zu leisten und über reproduktive Gesundheit zu informieren sowie den Zugang zu Familienplanungsmaßnahmen zu garantieren. Und zwar jedem Jugendlichen über 14 und ohne Genehmigung eines Vormundes.

Schutz vor Diskriminierung Die Regierung von Hugo Chavez hat auch weitere Gesetzesentwürfe zum Schutz vor Diskriminierung der Betroffenen passieren lassen. So darf kein Gesundheitszentrum mehr Patienten ablehnen, nur weil sie HIV-positiv getestet sind. 1999 wurde vom Venezolanischen Gericht auch entschieden, dass das Gesundheitsministerium jedem HIV-Patienten kostenlos antiretroviral wirksame Medikamente zur Verfügung stellen muss, um einen Ausbruch der Immunschwächekrankheit zu verhindern. Im Jahr 2000 zwang das Gericht auch die staatlichen Sozialeinrichtungen dazu, dieser Entscheidung zu folgen. Von 40 Millionen Dollar, die der venezolanische Staat jährlich zur Bekämpfung von HIV/Aids bereitstellt, gehen 60 Prozent für die kostenlose Vergabe von anti-retroviralen Medikamenten drauf, und der Rest ist für die AidsPrävention und Aids-Tests. Die HIV/Aids Tests sind kostenlos, genau so wie die Vergabe von Drogencocktails, die gegenwärtig rund 6.000

JAHRGANG III / NR. 33

Patienten erhalten. Monatlich liegen die Kosten für einen Patienten bei 750 Dollar und das in einem Land, wo der monatliche Mindestlohn 160 Dollar beträgt, so Matos. "Die Leistungen der Regierung sind schon bemerkenswert, denn sie versucht allen Patienten gleichermaßen gerecht zu werden, unabhängig davon, ob es sich dabei um Venezolaner oder hier lebende Ausländer handelt. Leider gibt es aber auch eine Menge Faktoren, die eine kontinuierliche Hilfe behindern", erklärt der Direktor von ACSI, Alberto Nieves. Lieferverspätungen und das Zurückhalten von Geldern durch das Gesundheitsministerium oder andere Organisationen könne die Vergabe von absolut notwendigen Medikamenten bis zu drei Monaten verzögern. "Für viele HIVInfizierte bedeutet das, dass sie ihre Therapie unterbrechen müssen, was das bereits geschwächte Immunsystem nur noch anfälliger für weitere Infektionen macht, die dann zum Tode des Aids-Kranken führen können", so Nieves.

Damoklesschwert Aids-Test Es sei zwar gesetzlich verboten, Aids-Tests und Untersuchungen auf andere Geschlechtskrankheiten ohne Einverständnis der Betroffenen und zu deren Nachteil durchzuführen, aber de facto würden sich viele Arbeitgeber und Versicherungsagenturen nicht daran halten. "Die wirtschaftliche und politische Krise unseres Landes und die daraus resultierende und immer weiter steigende Arbeitslosigkeit hat insgesamt noch zu einer Verschlimmerung der Situation beigetragen", so Nieves. Die Regierung hat ein Programm zur Aidsprävention entwickelt, das vorsieht, dass in einem Jahr sechs Millionen Kondome für Männer und 100.000 Kondome für Frauen an die venezolanische Bevölkerung verteilt werden. Zusätzlich sollen die Vorbeugungsmaßnahmen von 33 lokalen Nichtregierungsorganisationen finanziell unterstützt werden. ¾¾¾

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

23

Das alleine reicht aber nicht. Die Bevölkerung muss besser informiert werden - das ergibt eine Studie, die bei Studenten an der Zentralen Universität in Caracas durchgeführt wurde. Nur 75 Prozent der Befragten gaben an, dass sie in letzter Zeit beim Sex Kondome benutzt hätten und 53 Prozent waren davon überzeugt, dass sie nur aufgrund des Aussehens einer Person ausschließen könnten, ob diese HIV/Aids infiziert sei oder nicht, erläutert der Psychologe und Koordinator der Untersuchung Leoncio Barrios.

“Kondome - nein, danke“ Die meisten Studenten gaben an, aus Vertrauen zu ihrem Partner kein Kondom zu benutzen. 15 Prozent der Interviewten - hauptsächlich Frauen - sprachen sich entschieden gegen Kondome aus, da diese die Qualität des Sex beeinflussten und unbequem seien. Die 23jährige Maria sagt über ihren Partner: "Er hat nicht gerade häufig mit einer anderen Frau geschlafen, war dabei aber immer leichtsinnig. Trotzdem würde ich, wenn er mich darum bittet, ohne Pariser mit ihm schlafen." Manche junge Leute halten den Verzicht auf das Gummi, gerade aufgrund des Risikos, für einen Liebesbeweis des 21. Jahrhunderts. Der 28jährige schwule Ernesto meint, dass der Verzicht auf ein Kondom und die Gefahr einer HIV-Infektion ein sexueller Ansporn seien. "Mit der Infektion ist es wie beim Lotto, wo du jeden Moment einen Treffer gelandet haben kannst", meint auch Student José. "60 Prozent der Interviewten haben nie einen Aids-Test gemacht", so Barrios. "Bei der Frage, wie die Immunschwächekrankheit überhaupt übertragen wird, waren 15 Prozent völlig überrascht. Und das ist ein hoher Prozentsatz, wenn man berücksichtigt, dass es sich hierbei um Hochschulabsolventen handelt." Von den 15 Prozent waren neun von zehn Frauen. [Aus dem Englischen: Kirsten Prestin] –IPS /

In Zentralamerika befindet sich der Kinderhandel im Aufwind Von Nefer Munoz San Jose – Die Zerschlagung einer Bande, die Kinder aus El Salvador zu ihren illegal in den USA lebenden Eltern brachte, hat erneut ein Schlaglicht auf die Armut in Zentralamerika und dem damit verbundenen Handel mit Minderjährigen geworfen. Nach Angaben der US-Einwanderungsbehörde wurden in den Vereinigten Staaten und El Salvador diesen Monat zehn Schlepper festgenommen. Mit weiteren Verhaftungen wird gerechnet. Als Chefin wurde die 65-jährige Salvadorianerin Berta Rosa genannt. Ihr wird vorgeworfen, Dutzende von Kinder heimlich in die USA überführt zu haben. Campos soll den Kontakt zu ihren illegal in den USA lebenden Landsleuten hergestellt und die vor allem für die Kinder gefährliche Familienzusammenführung gegen Bares organisiert haben. Ihre in den Vereinigten Staaten festgenommenen Komplizen erwartet eine zehnjährige Haft und eine Geldstrafe von bis zu 25.000 US-Dollar. Für Ana Salvado von der internationalen Kinderorganisation 'Casa Alianza' ist der Fall "ein weiteres Drama der Migration als Flucht vor der Armut, das in den letzten drei Jahren deutlich an Dynamik zugelegt hat. Fast 60 Prozent der 37 Millionen Zentralamerikaner sind arm, geht aus einer neuen, noch unveröffentlichten Untersuchung der zwischenstaatlichen Zentralamerikanischen Kommission für Umwelt und Entwicklung hervor. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit liegt bei zehn Prozent, fast jeder Dritte über 15 Jahre ist in der Region ein Analphabet. [Fortsetzung auf Seite 25] ¾¾¾

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

24 COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

"Ferien vom Krieg" Von Karin Leukefeld "Ferien vom Krieg“, so nennt sich ein Programm, mit dem das "Komitee für Grundrechte und Demokratie“ Ferien für Kinder und Jugendliche aus Kriegsgebieten organisiert. Zum ersten Mal nahmen im August diesen Jahres auch 35 Jugendliche aus Israel und Palästina gemeinsam an dieser Freizeit teil. Austragungsort war die Katholische Jugendakademie Walberberg im Köln-Bonner Vorgebirge. Helga Dieter ist ehrenamtliche Mitarbeiterin des Komitees und koordiniert seit sieben Jahren Ferienfreizeiten für Kinder von verfeindeten Kriegsparteien auf dem Balkan. Seit das Programm vor neun Jahren startete, konnten 15.000 Kinder gemeinsam Ferien machen, meist in Badeorten an der Mittelmeerküste in Mazedonien oder Kroatien. "Die Freizeiten werden ausschließlich mit privaten Spenden finanziert", so Helga Dieter. "In diesem Jahr ist das eine Summe von knapp 400.000 Euro", sagt sie stolz. "Alles ohne staatliche Hilfe."Gerne würde sie Freizeiten für Kinder aus allen Kriegsgebieten der Welt organisieren. Kinder aus Eritrea, aus Indien und Pakistan oder türkische und kurdische Kinder. Weltweit zählt man 30 Krisen- und Kriegsgebiete. "Doch das ist leider nicht finanzierbar", seufzt Helga Dieter.

Feindbilder abbauen In diesem Jahr ist es zum ersten Mal gelungen, israelischen und palästinensischen Jugendlichen eine Freizeit zu ermöglichen. "Es ist ein friedenspolitisches Projekt, mehr als humanitäre Hilfe", betont Helga Dieter. In den jungen Menschen müsse die Erinnerung an eine gemeinsame gute Zeit verankert werden, dann könnten sich "Feindbilder in ihren Köpfen nicht halten." [Copyright Bild links: Helga Dieter (Ffm), August 2002]

"Gemeinsam Spaß haben" gehört zum Programm, doch die freie Zeit für die Jugendlichen aus dem Nahen Osten war knapp dosiert. Sie besuchten das Phantasialand und die PopKomm in Köln. Besichtigten die Domstadt sowie Museen in Bonn und Frankfurt. Ansonsten diskutierten sie in täglichen Arbeitsgruppen unter pädagogischer Anleitung über "den Konflikt" in ihrer Heimat: Jerusalem und die Grenzen waren ebenso Thema, wie die Flüchtlinge und das Verhältnis von Arabern und Juden in Israel. Da sie unterschiedliche Sprachen sprechen, lief der schwierige Dialog zweisprachig, in arabisch und hebräisch. Die Betreuer übersetzten.

Oase des Friedens Einige hatten bereits Erfahrungen im "Friedensdialog" durch den Besuch von Seminaren und Kursen in der 'Schule für den Frieden', einem 1979 gegründeten Projekt in der "Oase des Friedens". Neve Shalom/ Wahat al Salam lautet der Name der Schule in hebräisch bzw. arabisch. "Die Schule ist in einem kleinen Dorf", erzählt Ranneen, eine junge Palästinenserin aus Nazareth. "Dort besteht Gleichheit unter den Juden und Arabern, sie glauben an den Frieden." Ihr israelischer Freund Udi fügt hinzu: "Es ist der einzige Platz in Israel, wo Araber und Juden zusammenleben." Die "Oase des Friedens" wurde 1970 von dem Dominikanerpater Bruno Hussar gegründet. ¾¾¾

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

25

Für die palästinensischen Jugendlichen aus dem Westjordanland ist die "Schule des Friedens" unerreichbar. Mohammad Joudeh von der Palästinensischen Friedensbewegung aus Kalkilia kennt aber das Programm und arbeitet seit 7 Jahren als "Facilitator". "Wir arbeiten mit Menschen, die von dem Konflikt psychisch betroffen sind", sagt er. "Es ist eine spezielle Ausbildung. Wir lernen, zwischen den Zeilen zu lesen, wenn die Menschen sprechen. Es ist auch wichtig, in der Mimik der Menschen zu lesen. Sie müssen lernen sich selbst zu verstehen, bevor sie die anderen verstehen können."

Halbe Wahrheiten Zur Gruppe der Palästinenser aus dem Westjordanland gehört der 18jährige Hadi. Seine Familie lebt in einem kleinen Dorf bei Kalkilia. In diesem Jahr hat er die Schule abgeschlossen, aber nur so grade, wie er erzählt: "Wir hatten israelisches Militär im Ort, es gab Ausgangssperre und oft blieb die Schule geschlossen." Die 16jährige Shahar lebt mit ihrer Familie im Kibbuz. Ihre Situation sei "nicht so schlimm wie für die Palästinenser im Westjordanland", sagt sie. Über die Geschichte der Vertreibung 1948 hätte sie hier zum ersten Mal etwas gehört. "Wir lernen in der Schule nur die guten Seiten unserer Staatsgründung. Erst hier haben wir gehört, was der Preis dafür war. Von den meisten Verbrechen haben wir nie etwas gehört, es war sehr schwer für uns, das zu glauben." Shahar will nach ihrer Rückkehr mit ihrem Großvater diskutieren, der an dem Krieg 1948 teilgenommen hat.

Soldat- nein danke Der 17jährige Udi will Mathematiker werden. Was er über die Vertreibung der Palästinenser 1948 und die israelische Armee gehört hat, habe ihn darin bestätigt, nicht Soldat zu werden: "Schon bevor ich hierher gekommen bin, gab es für mich keinen Grund, zur Armee zu gehen. Ich bin Pazifist und ich glaube nicht, dass die Armee irgend eines der Probleme lösen kann", sagt der junge Israeli überzeugt. "Wir lassen die Jugendlichen miteinander reden", sagt Eitan Bronstein, einer der jüdischen Betreuer. Der langjährige Friedensaktivist hat 10 Jahre an der Friedensschule unterrichtet. "Sie sollen ihre Meinung sagen. Wir helfen ihnen dabei, die Probleme zu reflektieren. Die Situation innerhalb der Gruppe ist oft eine Parallele zur Situation in der Gesellschaft." Verständnis für die "andere Seite" zu entwickeln sei das Hauptziel ihres Seminars. – Kontakt: Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Aquinostr. 7-11, 50670 Köln Informationen über Neve Shalom/Wahat al Salam (z.B. Praktikumsplätze) findet man im Internet unter www.nswas.com

In Zentralamerika

[Fortsetzung von Seite 23]

Von der sozialen Ausgrenzung weiter Teile der Bevölkerung profitieren die Kinderhändler. Auch wenn es keine konkreten Informationen über die Einnahmen des Menschenschmuggels gibt, so geht man von Millionenbeträgen aus, die zwischen Schleppern, Vermittlern, Kupplern und Kinderschändern verschoben werden. Denn in den meisten Fällen werden die Kinder und Jugendlichen als Prostituierte missbraucht. "Der Kinderhandel gehört zu den wohl rentabelsten illegalen Geschäften am Isthmus", meint Celia Medrano, Koordinatorin der Kommission zum Schutz der Menschenrechte in Zentralamerika. Sie geht davon aus, dass auch Staatsbedienstete an den Kindern verdienen. "Ohne die Billigung durch einzelne Beamte wäre der Handel undenkbar." Interpol befindet sich derzeit auf der Suche nach 300 honduranischen Mädchen in Guatemala, die dort aller Wahrscheinlichkeit nach als Sexsklavinnen gehalten werden. Sie gehören zu den insgesamt 15.000 Kindern unter 17 Jahren, die unabhängigen Schätzungen zufolge dem guatemaltekischen Sexhandel zum Opfer gefallen sind. Angenommen wird, dass die Kinderhändler ihre Schützlinge über einen Korridor zwischen den honduranischen Städten Tegucigalpa und San Pedro Sula nach Guatemala bringen, von wo aus sie dann nach Mexiko, USA und Kanada geschleust werden. [Aus dem Spanischen: Karina Böckmann] – IPS /

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

COVER STORY

26 COVER STORY / TITELTHEMA

"Junior- Botschafter" für Kinderrechte gesucht Kinderrechte sind in Deutschland weitestgehend unbekannt. Mit der Aktion "Junior-Botschafter" für Kinderrechte soll sich das nun ändern. Die von UNICEF -Deutschland initiierte Aktion will Kindern die Möglichkeit geben, selbst aktiv zu werden, indem sie sich und andere Gleichaltrige über ihre Rechte informieren und auf weltweite Verletzungen aufmerksam machen. Startschuss für die Aktion ist am 10. September in Berlin. Im Rahmen einer Unterrichtsstunde zum Weltkindertag 2002 am 20. September sollen Kinder, Jugendliche und Erwachsene für weltweite Kinderrechtsverletzungen sensibilisiert werden. Als Vorbild dienen die Niederlanden, die eine solch Aktion schon seit mehreren Jahren sehr erfolgreich umgesetzt haben. Junior-Botschafter tragen Beispiele für Kinderrechtsverletzungen zusammen und berichten darüber im Rahmen einer Schulstunde. Dabei stellt UNICEF Kindern und Lehrern Informationsmaterial aus den Bereichen, Kinderarbeit, Straßenkinder, Kinderarmut und Früher Tod zur Verfügung. Laut UNICEF soll die Aktion aufklären und sensibilisieren. Beim Weltkindergipfel im Mai 2002 wurde von den Staaten ein Aktionsplan für eine kindgerechte Welt verabschiedet und zum ersten Mal konnten Kinder selbst mitarbeiten und sich für ihre Rechte engagieren. Mit der aktuellen Aktion knüpft UNICEF an diese Entwicklung sowie die Kinderrechtswahlen von 1998/99an, wo 110.000 Acht- bis 18-Jährige die Ausbeutung von Millionen von Kindern kritisierten. ; Weitere Informationen sowie das Anmeldeformular für die Aktion befinden sich auf der UNICEF-Homepage unter: http://www.unicef.de/botschafter/index.html. Anmeldeschluss ist der 20. September.

Kinderarbeit einst und jetzt Schon 1837 kämpfte der Barmer Fabrikant Johannes Schuchard gegen die schlimmsten Auswüchse der Kinderarbeit in deutschen Fabriken. Die Entwicklung von Kinderarbeit bis heute zeigt die Ausstellung "Kinderarbeit einst und jetzt", die am 20. September im Museum Industriekultur Osnabrück in Zusammenarbeit mit Terre des hommes eröffnet wird. Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) arbeiten in den Entwicklungsländern immer noch 211 Millionen Kinder unter 14 Jahren. Ob im Steinbruch, in einer Ziegelei oder beim Feuerholz sammeln, Kinderarbeiter werden überall eingesetzt und erhalten meistens weder Verträge noch Sozialleistungen. Zum Teil wurden Kinder verkauft, befinden sich in Schuldknechtschaft und Sklaverei und müssen Misshandlungen über sich erdulden. "Kinderarbeit einst und jetzt" zeigt aktuelle Photos, informiert über die Entwicklung von Kinderarbeit und knüpft auch an die deutsche Vergangenheit an. Die Ausstellung ist vom 20. September 2002 bis 16. Februar 2003 im Museum Industriekultur Osnabrück zu sehen. ;

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

27 COVER STORY

COVER STORY / TITELTHEMA

UNESCO-Schülerwettbewerb fördert euro-arabische Nachbarschaft Ein bundesweiter Wettbewerb für Schülerzeitungs- RedakteurInnen im Auftrag der deutschen UNESCOKommission soll einen Beitrag zur deutsch-arabischen Verständigung leisten. Unter dem Motto "Euroarabische Nachbarschaft - Zusammenleben lernen" sind deutsche Kinder und Jugendliche aufgefordert, eigene Berichte, Stellungnahmen, und Reportagen bis zum 31. Oktober 2002 einzusenden, die sich mit den Terroranschlägen des 11. September und der euro-arabischen Verständigung auseinander setzen. Aus Sicht der UNESCO haben die Anschläge auf das World Trade Center in New York die Dringlichkeit eines neuen Kulturdialogs deutlich gemacht. In zahlreichen Schülerzeitungen und auf den Internet-Seiten der Schulen erscheinen immer noch Stellungnahmen von jungen Menschen, die ihre Betroffenheit und Ängste über die Ereignisse ausdrücken. Viele von ihnen setzen sich dabei für eine größere Dialogbereitschaft zwischen den Kulturen ein, um Vorurteile abzubauen. Die deutsche UNESCO-Kommission möchte das Engagement der jungen Leute in Deutschland würdigen und ihnen eine Plattform bieten, um einer breiteren Öffentlichkeit ihre Gedanken zur euro-arabischen Verständigung bekannt zu machen. Der bundesweite Wettbewerb wird vom Auswärtigen Amt unterstützt. Laut Kommission sollen sich die Beiträge mit den Formen des interkulturellen Dialogs in Deutschland, speziell mit dem Verhältnis zwischen Europa und den arabischen Ländern nach dem 11. September 2001 beschäftigen und Wege zu mehr Toleranz und zur Verständigung aufzeichnen. Weitere Informationen unter der E-Mail-Adresse: [email protected]. Der Original-Ausschreibungstext kann unter der Internet-Adresse: www.unesco.de heruntergeladen werden.

UNESCO’s Agenda 21 Box The aim of the project is to integrate the issues of Agenda 21 with their ecological, economic and socio-cultural dimensions and make them a component of interdisciplinary teaching. Young people should be able to understand global developments in their complexity and weigh up opposing courses of action. Material for kindergarten, primary and secondary school levels has been assembled so that these abilities can be developed as early as possible. The material ranges from books and booklets, CDs and videos to games or an experiment kit. Each of the different age groups is specifically catered for: there are three types of Agenda 21 boxes to be sent to kindergartens, primary or secondary schools. The materials introduce the concept of sustainable development and deal with the key issues of clothing/textiles, nutrition, mobility, buildings /dwellings.

The Agenda 21 boxes are the contribution of the German Commission for UNESCO and the Clean Countryside Campaign to the 2002 World Summit on Sustainable Development in Johannesburg.

More information: www.aktionsauberelandschaft.de + www.unesco.de

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

28 NGOs RUND UM DEN GLOBUS / NGOs AROUND THE WORLD

Katastrophenhilfe mit neuem Spendenpool Von Stefan Knoblich Der Osten Deutschlands leidet unter der schwersten Hochwasserkatastrophe seit Men-schengedenken. Eine Fernsehgala zugunsten der Flutopfer brach einen positiven Rekord: innerhalb weniger Tage gingen Spenden von über 22 Millionen Euro ein. Am 20. August gaben in Berlin neun deutsche Hilfsorganisationen die Gründung der Aktion Deutschland Hilft (ADH) für humanitäre Einsätze und die Einrichtung eines gemeinsamen Spendenpools bekannt. Die weltweit wachsenden Ausmaße von Not erforderten neue Dimensionen von koordinierter Hilfe. Die Pressemitteilung kündigt Informationen zu den Plänen des Zusammenschlusses für das südliche Afrika an. Ein erheblicher Teil der deutschen Hilfsorganisationen lehnt jedoch eine Beteiligung an der Initiative ab. Zum gemeinsamen Fundraising haben sich die adventistische Entwicklungs- und Nothilfeorganisation ADRA, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Arbeiterwohlfahrt, CARE Deutschland, die Johanniter Unfallhilfe, der Malteser Hilfsdienst und World Vision Deutschland zusammengeschlossen. Ein weiteres Mitglied ist HELP, eine humanitäre Organisation, die 1981 von Bundestagsabgeordneten gegründet wurde. Der Paritätische Wohlfahrtsverband vertritt als Dachverband sieben kleine - seiner insgesamt rund 10.000 - Mitgliedsorganisationen bei der ADH. Wenn die Mehrheit der ADH-Mitglieder bei großen Krisen tätig werden will, startet die Zentrale einen Spendenaufruf für ein gemeinsames Konto. Die eingehenden Gelder werden unter den Organisationen verteilt, die sich an der jeweiligen Hilfsaktion beteiligen. Manuela Roßbach von CARE erläuterte, dazu wäre ein Schlüssel festgelegt worden. Diesem liegen die Aktivitäten der einzelnen Mitglieder in den vergangenen drei Jahren zugrunde. Größere Organisationen bekommen einen höheren Anteil als kleinere. Die Aktivitäten würden durch ADH aufeinander abgestimmt. Durch bereits vor der akuten Notsituation bestehende Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit seien die ADH-Mitglieder in der Lage innerhalb von zwölf Stunden auf Katastrophen zu reagieren, erklärte Heribert Röhrig vom Arbeiter-Samariter-Bund. Der ADH zufolge sind ihre Mitglieder die großen Organisationen in der Katastrophenhilfe. Nach Auskunft von Röhrig hätten sie im vergangenen Jahr für rund 75 Millionen Euro Hilfe im Ausland geleistet. Nicht beteiligt sind das Deutsche Rote Kreuz (DRK), Caritas International, die Deutsche Welthungerhilfe, die Katastrophenhilfe des Diakonischen Werks und Unicef Deutschland. Auf Nachfrage wurde von den nicht vertretenen Organisationen häufig geäußert, dass die ADH eher für kleine nicht aber für große Organisationen sinnvoll sei. Diese Organisationen – ohne das DRK – teilten mit, dass sie im Jahr 2001 knapp 90 Millionen Euro für die Katastrophenhilfe eingesetzt haben; die Caritas über 25 Millionen Euro, die Welthungerhilfe über 30 Millionen Euro, das Diakonische Werk über 20 Millionen Euro und Unicef über 14 Millionen Euro. Bislang liegen vom DRK noch keine Zahlen für das Jahr 2001 vor. Im Jahr 2000 wurde für rund 38 Millionen Euro Sofort- und Wiederaufbauhilfe geleistet. Diese Organisationen werden weiterhin eigenständig in der Öffentlichkeit auftreten und Spenden sammeln. Nach den Gründen befragt, äußerten sie sich überwiegend sehr zurückhaltend. DRK-Sprecher Lübbo Roewer erklärte Befragungen von Spendern des Roten Kreuzes hätten ergeben, dass die Leute sich bewusst für eine Organisation, der sie vertrauen entschieden hatten. “Spender möchten wissen, wem sie ihr Geld geben“ führte Roewer aus. Gegen den gemeinsamen Spendenpool spreche auch, dass es Leute gebe, die bestimmte Organisationen nicht unterstützen wollten. Der Sprecher der Diakonie erklärte, seine Organisation wolle unabhängig bleiben, um ihre Stärken einbringen zu können. Dazu gehörten die Projektpartner vor Ort. ¾¾¾ JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

29 NGOs RUND UM DEN GLOBUS / NGOs AROUND THE WORLD

Auch ein großer Teil der kleineren Organisationen hat sich gegen eine Beteiligung bei Aktion Deutschland Hilft entschieden. Die Sprecherin von Medico International fand deutliche Worte: “Wir wollen uns nicht in das Hilfsbusiness reinziehen lassen.“ Medico befürchtet durch Zugehörigkeit in dem Aktionsverbund ihr eigenes Profil zu verlieren und in Zusammenhängen genannt werden, in denen sie nicht arbeitet. Medico leistet weiterhin nur dort Nothilfe wo die kleine Organisation langjährige Partner hat. Den aktuellen Schwerpunkten der Medienberichterstattung zu folgen, hält sie für wenig sinnvoll, auch wenn sich das besser vermarkten ließe. Stattdessen setzt Medico auf längerfristige Maßnahmen, die die Prävention von Notsituationen einbeziehen. Leichtfertig eingesetzte Hilfe könne Kriege sogar noch verlängern, wie das in Angola der Fall gewesen sei. Die angekündigten Informationen zu den geplanten gemeinsamen Aktivitäten von ADH im südlichen Afrika blieben dünn. Während der Überschwemmungen in Deutschland verschickte das Bündnis die Einladungen zur Pressekonferenz. Angesichts der Flut konzentriert sich die Aktionsplattform momentan auf die hiesige Situation. Die meisten ADH-Organisationen arbeiten – koordiniert durch die Kölner Zentrale – an der Elbe. Dabei bringen sie an unterschiedlichen Orten ihre jeweiligen Stärken ein. Die wesentliche Neuigkeit zur Flutkatastrophe bestand in der Angabe der neuen gemeinsamen Kontonummer. Weitere Informationen kündigte Röhrig für die Wiederaufbauphase an. Im südlichen Afrika sind die ADH-Organisationen derzeit weiterhin unabhängig voneinander tätig. Punktuell finden Kooperationen statt. World Vision stockt momentan seine Entwicklungsprojekte in allen hungergefährdeten Regionen des südlichen Afrikas auf. “Eine große Hungersnot, die 13 Millionen Menschen betrifft wird zum Jahresende erwartet“, erläuterte Doris Knoechel. Jetzt sei noch Zeit wirkungsvoll gegenzusteuern. Erfahrungsgemäß setze die Spendenwelle jedoch erst mit den Fernsehbildern von den Opfern ein. Welche Rolle die ADH spielen könnten, hängt laut Stefan Pleisnitzer von World Vision, von der Höhe der Spenden ab. Der Gesamtbedarf wäre immens. Alleine für Malawi rechne die UNO mit 270 Millionen Euro. Die Kapazitäten seiner Organisation für die Umsetzung von Hilfsmaßnahmen sieht er nicht als die Grenze des Machbaren. Die Planung der ADH-Aktivitäten und damit der benötigten Mittel hänge jedoch von der Höhe der eingehenden Spenden ab. Hier schließt sich der Kreis wieder. Seit dieser Woche gibt es zumindest eine Kontonummer. Konkretere Aufrufe und Informationen werden wohl folgen. – ¨ Im Internet ist die Aktion Deutschland Hilft zu finden unter: www.aktion-deutschland-hilft.de §

DZI Spenden-Info "Flutkatastrophe" Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) gibt Auskunft über die Arbeit und Seriosität humanitär-karitativer Spendenorganisationen. Es hat die nachfolgende Liste mit Namen, Adressen und Kontonummern jener Hilfswerke erstellt, die Spendenkonten für die Opfer der Flutkatastrophe in Deutschland und den Nachbarländern eingerichtet haben, das DZI Spenden-Siegel tragen und damit in besonderem Maße förderungswürdig sind. Das Spenden-Siegel kann auf freiwilliger Basis von überregional Spenden sammelnden, humanitär-karitativen Organisationen beantragt werden.

DZI-Tipps zur Katastrophenhilfe Erste Hilfe ist stets gewährleistet. Helfen Sie den bekannten Organisationen, ihre Katastrophenmittel wieder aufzufüllen. Unterstützen Sie Flüchtlinge, die Gäste in unserem Land sind. Sie sind nicht freiwillig hier. Erkundigen Sie sich gezielt, ob und welche Sachspenden die Hilfswerke benötigen. Seien Sie nicht enttäuscht, wenn Ihre Sachspende nicht angenommen wird, z. B. weil der Transport zu aufwendig wäre. Unterstützen Sie auch kleinere Organisationen, wenn Sie davon überzeugt sind, daß sie über ausreichend Personal und Kontakte verfügen, um kompetent Hilfe zu leisten. ;

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

30 NGOs RUND UM DEN GLOBUS / NGOs AROUND THE WORLD

Thailand: Activists Wary of 'Green' Offer from the Rich By Marwaan Macan-Markar Bangkok – Thai environmentalists are deeply suspicious of a World Bank offer to give 8 million U.S. dollars to a private company that is planning a biomass project, calling it a way for developed countries to dodge binding commitments to cut emissions of greenhouse gases. The activists were reacting to revelations on of the offer from a special World Bank fund, backed by money from six developed nations, to a Thai company that is planning a biomass project to generate renewable energy. Through the World Bank Prototype Fund's financial support of this biomass project, developed nations behind the fund would be able to earn carbon credits that would allow them to show good performance in meeting their targets in addressing climate change. But Thai activists say it would be risky to enter into this carbon credit offer – the first that the country has received so far. Thailand has yet to ratify the 1997 Kyoto protocol that sets targets for cutting greenhouse gases, and to create a mechanism for dealing with such offers. ''This is an attempt by countries that pollute the world through their heavy industries to sidestep reducing their emissions at home,'' says Srisuwan Kuankachorn, general secretary of NGOCOD, a coalition of 300 Thai nongovernmental organisations (NGOs) working on environment issues. ''Those who pollute must pay first. They (developed nations) must reduce their carbon emissions first,'' adds Kannikar Kijiteatchakul, of the Project for Ecological Recovery, a Bangkok-based Thai NGO. They say that by using the carbon credit scheme under the Kyoto protocol to fund environment-friendly projects in the developing world, industrialised countries are taking short cuts to reducing greenhouse gas emissions. This is because they can earn carbon credits by transferring technology to assist developing countries in producing cleaner and efficient forms of energy, instead of actually cutting back on greenhouse gases at home. The World Bank offer came just before the World Summit on Sustainable Development (WSSD) in Johannesburg. The Thai company singled out for the Bank's offer of carbon credit is Mitr Phol Corp Ltd., a sugar producing company, according to a report in the 'Bangkok Post,' an English-language daily. Mitr Phol's environment-friendly project is expected to generate 25 megawatts of power from biomass, the world's oldest known source of renewable energy. Company officials say construction will proceed with or without the World Bank funds, and the plant should start producing power in 2004. ''The Bank is offering 3 (U.S.) dollars for every tonne of greenhouse gas Mitr Phol saves by getting EGAT (the Electricity Generating Authority of Thailand) to buy energy from its biomass project,'' the 'Post' reports. ''Up to 270,000 tonnes of carbon dioxide is emitted from Mitr Phol's generator yearly,'' the paper says. Company officials were quoted by the 'Post' as urging the Thai government to ratify the Kyoto protocol, saying ''the company could make some return from the environmentally friendly, but expensive, project''. The offer from the World Bank Prototype Fund is in keeping with a provision – the clean development mechanism (CDM) – of the Kyoto protocol. Under this treaty, which has been ratified by over 70 nations, industrialised nations are required to reduce their greenhouse gas emissions by an average of 5.2 percent between 2008-2012. However, a body of scientists - the International Panel on Climate Change - has argued that the world needs to reduce emissions 60 to 80 percent below 1990 levels to achieve safe and stable greenhouse emission levels. Countries such as the United States and Canada are essential for this carbon credit initiative to succeed, according to reports by the United Nations Environment Programme (UNEP). These two countries, despite having only five percent of the world's population, release more than 25 percent of the global emissions of carbon dioxide, the main greenhouse gas that causes the gradual warming of the Earth's atmosphere. Canada, in fact, is one among the six countries standing to gain carbon credits from the Bank's offer to the Thai company. The others are Japan, Sweden, Norway, the Netherlands and Finland. But Thai activists want the government to stall this effort until the country has a debate on how much it stands to gain from CDM projects, and until CDM policies and guidelines are clearly spelled out at the national level. – IPS /

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

31 NGOs RUND UM DEN GLOBUS / NGOs AROUND THE WORLD

Russian NGOs Challenge Tall Claims By Sergei Blagov Moscow – As the Russian government prepared to paint an upbeat picture of the country's contribution to sustainable development at the world summit in Johannesburg, non-governmental organisations said the official position lacked coherence, and urged the government to rethink its development priorities. Russia believes that its natural resources play a significant role in preservation of the environmental equilibrium. It has a quarter of the world's fresh water reserves, and its forests absorb more than 200 million tonnes of carbon from the atmosphere every year, officials say. The authorities have approved a blueprint for sustainable development called "Long-term guidelines for national development." The Kremlin has also worked out a new energy strategy until 2020 that aims at sustainable development of vast hydrocarbon reserves and of the energy sector, while reducing pressure on the environment. The government says it is keen to fulfil its Rio commitments despite "serious difficulties of the transition period." Officials claim that emission of greenhouse gases in Russia has been reduced by 25 per cent compared to 1990, and that protected forest areas have increased 70 per cent since 1992. Russia has pledged that it will allocate at least 3 per cent of its Gross National Income (GNI) for protection of the environment. But environmentalists say actual disbursements are just 0.01 per cent of GNI. “Russian officials are yet to come up with a comprehensive assessment of the past decade, or with a clear-cut sustainable development strategy for the future,” said Olga Ponizova from the Eco-Accord Centre, a Moscowbased non-governmental organisation (NGO). Only such a strategy could give Russia a chance to make a difference in environmental protection. On the eve of the Johannesburg summit, nine leading NGOs urged the summit to take a critical look at Russia’s official pledges. The NGOs, including the Russian units of Greenpeace and the WWF, and the Glasnost Defence Foundation, issued a statement claiming that Russia's environmental policy was unsustainable. The NGOs said the authorities disregard public opinion and did not allow a referendum on environmental policy. The statement condemned particularly the Natural Resources Ministry for its failure to protect the environment, and said greenhouse emissions had increased since 2000. The authorities see the environment as a mere resource, while environmental protection remains largely on paper, they said. While claiming a vast increase in the area of protected forests, the government acknowledges that it is losing its timber forests rapidly. The forested area "borders a state of crisis," Prime Minister Kasyanov said in June. President Vladimir Putin spoke of the decline of Russia's timber industry, which has contracted sharply over the last decade. Putin said new legislation was needed to protect and manage timber resources. On June 18, the Russian government approved a blueprint for development of the timber sector through 2010. The plan to raise the output of timber four times requires an investment of 20 billion dollars. Officials did not say where the money would come from. Experts have called for reopening of the forest ministry. President Putin had ordered closure of the 202-year-old Forestry Service in May 2000. Axing of that ministry was among Putin's first decisions, and officials are reluctant to undo it. Environmentalists question the current arrangement that replaced the forestry service. They argue that the same government agency, the Natural Resources Ministry, should not simultaneously oversee protection of the environment and exploitation of natural resources, because such an arrangement inevitably creates conflict of interests. – IPS /

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

32 NGOs RUND UM DEN GLOBUS / NGOs AROUND THE WORLD

South African NGOs Need More State Funding Johannesburg – Ways should be found to direct state resources to the 98920 nonprofit organisations in the county as a way of facilitating development, University of Natal's Centre for Civil Society director Prof Adam Habib said August 20. He was addressing Parliament's finance committee on the outcome of a study on the nongovernmental sector. The study, undertaken by the University of Natal's Centre for Civil Society, Wits University's School of Public and Development Management and overseas institutions including Johns Hopkins University and the Ford Foundation, was the most comprehensive attempt to map the size and shape of civil society. Habib urged that the data on the sector be updated annually saying it was impossible for government to make an assessment of poverty alleviation efforts without this information. Nearly a third of all nonprofit organisations identified were in the culture (20587), social services (22755) and development and housing (20382) sectors. Habib said these types of organisation were on the rise "particularly as a result of communities' struggles to address the social crises generated by unemployment, poverty and the AIDS scourge. Yet organisations like these are not the recipients of large amounts of aid." Co-author of the study, Prof Mark Swilling of Stellenbosch University's Sustainability Institute, said the study revealed South Africa had a relatively larger nonprofit sector than all but a handful of developed countries. Nonprofit organisations had a total income of R14 billion in 1998, of which government contributed R5,8 billion or 42 percent compared with the international average of 39 percent. – Linda Ensor, Business Day

Africa: HIV/Aids Scourge Triggers Rise in NGOs By Tim Chigodo Harare – The HIV/Aids scourge in Zimbabwe and most African countries has resulted in a proliferation of Non-Governmental Organisations. The groups are largely foreign donor-funded and are supposed to complement efforts by governments in fighting the pandemic which is ravaging the continent. But some people who establish NGO's stand accused of having ulterior motives other than helping people living with Aids. They drive luxury vehicles, are paid huge salaries and work in airy offices while the people they are supposed to help suffer. Some HIV positive people are now hostile to the NGOs who they say are taking advantage of their plight. However, some of the NGOs are genuinely interested in assisting people cope with the devastating disease which has torn apart many families. The mushrooming of NGOs in most of the subSaharan Africa has been further encouraged by donors who are increasingly reluctant to channel funds to the public sector. Health services provided

JAHRGANG III / NR. 33

by the states have deteriorated because of high demand while the NGOs filled the gap in delivery of reproductive health. The services started in the family planning and later diversified to cover sexually-transmitted diseases and prevention as well as care of people infected with HIV/Aids. A spokesman for the National Association of NonGovernmental Organisations which co-ordinates NGOs in Zimbabwe confirmed the sudden increase of the organisations in the country, especially those involved in HIV/Aids programmes. "When an area is inundated by NGOs it points to the disaster situation," he said. Zimbabwe has over 1 500 NGOs and more than 100 of them are involved in HIV/Aids projects. The shift from family planning to integrated reproductive health services called for a paradigm shift from vertical to comprehensive reproductive health programmes. More than 2000 people are dying every week from Aids-related ailments in Zimbabwe, including school-going children. ¾¾¾

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

33 NGOs RUND UM DEN GLOBUS / NGOs AROUND THE WORLD

The negative effect of the disease was reflected by the existence of more than 650 000 Aids orphans in the country at the moment. The National Aids Council and the National Blood Transfusion Services confirmed recently that there had been an unacceptable increase in HIV infection among school children. More than 73 percent of Zimbabwe's safe blood comes from school children. Last year the NAC disbursed $531 million to HIV/Aids action committees throughout the country. The money was channelled towards programmes to support HIV prevention care and mitigation activities. Free anti-HIV drugs are now being given to HIV-positive pregnant women at 35 centres throughout the country to reduce transmission of the virus to unborn babies. Zimbabwe will receive $1,3 billion over two years from the Global Fund to fight Aids, Tuberculosis and Malaria which are major Aids related disease killers. Zimbabwe, Zambia, South Africa and Haiti are among the most severely affected countries that got the largest shares of the allocations. Africa got 52 percent, America 13 percent, eastern Mediterranean one percent, eastern Europe and Central Asia eight percent, South-east-Asia 12 percent and Western Pacific 14 percent. Zimbabwean churches have also come in full support of the fight against Aids. The Christian institutions have become centres of compassion, education and prevention in the struggle against the devastation of HIV and Aids in the country. Most churches have supported the use of condoms as a barrier to reduce the spread of the disease. However, president of the Zimbabwe Council of Churches, Rev Cephas Mukandi, has urged people not to have sex if they are not married as condoms only work if they are properly used. A recent study conducted by Nairobi-based Centre for African Studies noted that the mushrooming of NGOs had been caused by the HIV/Aids crisis. It found out that Zambia and Kenya had over 200 NGOs each operating HIV/Aids programmes. The study which was aimed at determining the impact of NGOs on governance and leadership in eastern, southern, central and western African sub-region cited Botswana as a unique example. "Botswana is an exception where the NGOs community is relatively small and deviates from a certain extent from usual NGO trends in other African countries," the study said. In this southern African

JAHRGANG III / NR. 33

state, NGOs work closely with the government, a practice not found in most African countries. The study found that the number of NGOs operating in Africa had swelled due to the HIV/Aids menace on the continent. Poverty, economic structural adjustment programmes and inability of governments to provide basic reproductive health services had been the major causes of the problem. The study financed by Partners in Population and Development observed that Cameroon had more than 10 000 NGOs operating in the country in various fields. The number had doubled over the last 10 years. Ghana had about 1 000 out of which more than 100 were registered with the ministry of health. In Mali there were over 400 NGOs while Senegal had about 154. In Chad, foreign NGOs were not allowed to operate until 1999, but current regulations for their registration were fairly relaxed and the government was now encouraging registration of both local and foreign NGOs. In most cases NGOs were founded in response to the HIV/Aids pandemic. The Nairobi study noted that eastern and southern African countries had witnessed a rapid growth of NGOs involved in HIV/Aids programmes. In Tanzania, although the NGO sector was still fairly new, it was also growing rapidly as the HIV/Aids scourge took its toll in the East African country. African governments have been urged to avail funds for anti-retroviral treatment for people infected with HIV while pharmaceutical companies have been requested to have regard for human value first before profits and lower prices of HIV/Aids drugs. The call was made recently by church leaders from all over the continent representing 27 Lutheran World Federation when they met in the Kenyan capital Nairobi. They said the silence of the church on HIV/Aids and all forms of myths about the reality of the disease had contributed greatly to its spread. A global HIV/Aids action plan for the church has been launched. The plan dubbed "Compassion, Conversion, Care," seeks to motivate, strengthen and support member churches of the Lutheran World Federation to respond positively to the pandemic. The plan advocates for training of church leaders in an effort to equip them with the necessary skills to counsel those affected by the disease. It also calls upon church organisations to fund Aids projects in local churches and strengthen links between related agencies and communities working on HIV/Aids projects –The Herald

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

34 NEWS

Bremen praktiziert Tropenwaldschutz Tropenschutz und Möbelprodukte sind kein Widerspruch. Das beweisen neun Bremer Schreiner, die in ihren Tischlereien nach den Richtlinien des Forest Stewardship Council (FSC) arbeiten und damit ihren KäuferInnen garantieren, dass alle Holzprodukte aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammen. Die tägliche Abrodung von riesigen Regenwald-Gebieten in den Tropen wird laut Angaben des Wissenschaftlichen Beirats für globale Umweltveränderungen (WBGU) dazu führen, dass in 20 Jahren die Bestände fast völlig aufgebraucht sind. Deshalb hatten Mitgliedsstädte und-gemeinden, wie die Stadt Bremen, bei der Gründung des Klima-Bündnisses vor zwölf Jahren beschlossen, in den Kommunen auf Tropenholz zu verzichten. Die in der Zwischenzeit von Umweltverbänden, Wirtschaftsunternehmen und Gewerkschaften gegründete internationale Organisation FSC, setzt sich für die Förderung einer nachhaltigen Waldwirtschaft nach überprüfbaren Regeln in der ganzen Welt ein. Sie überprüft und zertifiziert die gesamte Handelskette vom Wald über die Verarbeitung bis zum Endverkauf. Das FSC-Siegel steht für eine nachhaltige Waldwirtschaft und soziale Mindeststandards für Beschäftigte. "Die Regenwälder werden durch nachhaltige Nutzung für die dortige Bevölkerung in wert gesetzt", so die Bremer Senatorin für Bau und Umwelt, Christine Wischer. Die Stadt unterstützt das Zertifizierungsprojekt und übernimmt die Kosten für Informationsveranstaltungen. In Zukunft dürfen auch städtische Ämter bei Bauvorhaben Tropenholz mit FSC-Siegel verwenden.

BMZ kritisiert schlechte Regierungsführung in Swasiland und Simbabwe Bonn/Berlin. - Mit scharfen Worten hat Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul die schlechte Regierungsführung in den beiden afrikanischen Staaten Swasiland und Simbabwe kritisiert. In beiden Staaten verschlimmere Misswirtschaft die akute Nahrungsmittelkrise, erklärte die Ministerin. "Wir tun unser Bestes, aber manche Regierungen im südlichen Afrika machen es uns nicht leicht", sagte Wieczorek-Zeul am 9. August. In Swasiland habe die Regierung den Kauf eines neuen Flugzeuges für König Mswati III. beschlossen, während die Bevölkerung unter der Hungerkatastrophe leide. Der Jet solle 55 Millionen US-Dollar kosten, was etwa ein Viertel des Staatshaushaltes des kleinen Königsreiches im südlichen Afrika ausmache. "Und diese 55 Millionen USDollar sind das Doppelte von dem, was an Nothilfe für die leidenden Menschen im Lande benötigt wird", unterstrich die Ministerin. Die Bundesregierung habe die Europäische Union gebeten, bei der Regierung Swasilands um Aufklärung dieses Sachverhaltes zu drängen, teilte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mit. Bis dahin werde das Bundesentwicklungsministerium bereits geplante Saatgutlieferungen für Swasiland zurück halten. Akute Nahrungsmittelhilfe werde aber weiter geleistet. "Wenn Menschen hungern, dürfen wir nicht zusehen, sondern müssen helfen", sagte Wieczorek-Zeul. Der Fall Swasiland reihe sich ein in die Beispiele von Regierungen, die für die Notlage ihrer Bevölkerung nur unzureichend Verantwortung übernehmen. "Den Spitzenplatz der Verantwortungslosigkeit nimmt die verbrecherische Clique des Diktators Mugabe in Simbabwe ein", betonte Wieczorek-Zeul.

Absage an Neoliberalismus – Wieczorek-Zeul zum neuen Weltentwicklungsbericht 2003 Als "Absage an blinde neoliberale Marktgläubigkeit" hat Bundesentwicklungsministerin Heidemarie WieczorekZeul den neuen Weltentwicklungsbericht 2003 ’Dynamische Entwicklung in einer nachhaltigen Welt’ der Weltbank gewürdigt. "Die Weltbank betont, dass die Bekämpfung von Armut und der Schutz der natürlichen Ressourcen nicht ausschließlich dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen werden dürfen", sagte die Ministerin. Notwendig seien Regeln und Institutionen, um stabile Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Wichtig sei, dass im neuen Weltentwicklungsbericht Wirtschaftswachstum, Armutsbekämpfung und Ökologie in einem umfassenden Konzept von Nachhaltigkeit zusammengeführt werden. "Das entspricht unser Überzeugung: Wer Umwelt und die natürlichen Ressourcen der Welt schützen will, muss auch die Armut bekämpfen", erklärte Wieczorek-Zeul. Allerdings hätte im neuen Weltentwicklungsbericht nach dem Urteil der Bundesentwicklungsministerin noch deutlicher betont werden müssen, dass gerade die Industriestaaten bei der nachhaltigen Entwicklung eine besondere Vorreiterrolle einnehmen müssen. –

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

35 AUS DEN BUNDESLÄNDERN

Bremens umfangreiche Zusammenarbeit mit dem 'Süden’ Auf dieser Seite dokumentiert Kommunikation Global Beiträge aus der Broschüre Entwicklungszusammenarbeit der Länder, die World University Service (WUS) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Informations- und Bildungsarbeit des Bund-LänderAusschusses Entwicklungszusammenarbeit und der Bund-Länder-NRO AG “Bildungskongress“ herausgegeben wurde. Die Beiträge der Broschüre können auch unter http://www.wusgermany.de/infostelle/publikationen/ezderlaender/inhaltsverzeichnis.htm heruntergeladen werden. – Redaktion

Seit 1979 ist das Landesamt für Entwicklungszusammenarbeit die zentral verantwortliche Stelle zur Erarbeitung und Umsetzung der Bremer Entwicklungszusammenarbeit. Es ist dem Bevollmächtigten der Freien Hansestadt Bremen beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit zugeordnet; den Ausschuss der Bremischen Bürgerschaft für Bundes- und Europa-Angelegenheiten, internationale Kontakte und Entwicklungszusammenarbeit arbeitet eng mit dem Amt zusammen. Die Zusammenarbeit Bremens mit den Ländern des Südens erfolgt auf der Grundlage der Konzeption des Senats vom Mai 1980, deren Fortschreibungen und der Beschlüsse der Ministerpräsidenten von 1988, 1994 und 1998. Arbeitsschwerpunkte sind: sozial gerechte und umweltverträgliche Entwicklung; Stärkung von Selbsthilfegruppen, Demokratieentwicklung, berufliche Bildung; Informations- / Bildungsarbeit; Dezentrale Strukturbildung und Vernetzung der Entwicklungszusammenarbeit; Internationale Trainingsprogramme in den Bereichen; Schutz und Nutzung der Küstenzonen; Industrie und Handel; Transport und Verkehr; und städtische Entwicklung. Gefördert werden insbesondere grundbedürfnisorientierte Projekte im Bereich integrierte Dorfentwicklung unter Einsatz angepasster Technik (Biogas, Hydroenergie, Abwasserreinigung) in Indien und China, die Zusammenarbeit mit Namibia und den Regionen SADC und SAARC sowie die Unterstützung der Flüchtlingslager in der Westsahara. Eine wichtige Aufgabe ist die Unterstützung der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit der Nichtregierungsorganisationen und ihrer Netzwerke. Bremen fördert hierbei die Arbeit und Stärkung von Strukturen auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene, wie das Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (BIZ), die Nord-SüdForen Bremen und Bremerhaven, nationale Organisationen wie Germanwatch sowie den Aufbau internationaler Netzwerke für Lokale Agenda 21, wie z.B. Towns & Development. Der wirtschaftsorientierten Aus- und Fortbildung kommt eine besondere Bedeutung zu. Kohärenz der verschiedenen Politikfelder und Kooperation von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind für einen nachhaltigen Entwicklungsprozess unerlässlich. Bremen fördert zusammen mit der Carl Duisberg Gesellschaft internationale Qualifizierungsprogramme insbesondere in den Bereichen Schutz und nachhaltige Nutzung der Küstenzonen, Transport und Verkehr, Industrie und Handel sowie Stadtentwicklung. Regionale Schwerpunkte sind dabei der karibische Raum sowie Südasien. Alle 2 Jahre verleiht der Senat den "Bremer Solidaritätspreis" zur Würdigung besonderer Anstrengungen im Kampf gegen die Folgen von Kolonialismus und Rassismus und für Demokratie und Menschenrechte. ;

Impressum Kommunikation Global · Communicating Globally · www.ipsglobal.net · ISSN 1617-5352 Eine Publikation des IPS-CIC-Kommunikationsprojektes - A Publication of IPS-CIC Communication Project Herausgeber: IPS-Inter Press Service in Deutschland, Dechenstrasse 2, 53115 Bonn Tel.: (0228) 91 45 710 · Fax: (0228) 26 12 05 · E-Mail: [email protected] Chefredakteur: Ramesh Jaura (verantwortlich) · Stellvertreterin: Karina Böckmann · Redaktion: Kirsten Prestin Online-Redaktionsmitarbeiter: Jörg-Werner Busse · Produktion u. Vertrieb: Björn Groth Ständige Mitarbeit: Ela Rojas · Grit Moskau-Porsch Erscheinungsweise: 12 Ausgaben pro Jahr. Druck: A&A Copy-Druck-Centre · Tel.: (0228) 69 60 61 Bezugsbedingungen: Einzelpreis € 6 Jahresabonnement Inland: € 30 Jahresabonnement Ausland: € 42. Jeweils einschl. Versandspesen und Mehrwertsteuer. Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen nicht stets die Meinung von Herausgeber und Redaktion dar. Der auszugsweise oder vollständige Nachdruck ist mit Quellenangaben gestattet. Wir bitten um Übersendung von zwei Belegexemplaren.

JAHRGANG III / NR. 33

SEPTEMBER 2002

VOLUME III / NO. 33

SEPTEMBER 2002

A Forum for Dialogue and Interaction in a Globalising World The GCC Forum advocates dialogue for international understanding and interaction for change in the interest of a genuine worldwide cooperation. It was founded under the name "Nord-SüdForum" on February 25, 1983. The new name was given early 1997, taking into account the political and economic transformation, under way since the end of the Cold War. While serving as a platform for dialogue, it facilitates - within the framework of HumAN Development Services - HANDS - an exchange of practical experiences. Thereby we are supported by several institutions and organizations as well as committed individuals, on whom we could always rely since the inception of the North-South-Forum, the precursor of the GCC Forum. Visit www.gccforum.org. Enroll yourself as a member. Write to: [email protected]

ISSN 1617- 5352

WWW.IPSGLOBAL.NET