Altbaumodernisierung und nachhaltige Bestandsentwicklung

Altbaumodernisierung und nachhaltige Bestandsentwicklung Integrative Verknüpfung von Ökologie, Ökonomie und Sozialorientierung WPF – SS 2002 – Lehrst...
Author: Hertha Fromm
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Altbaumodernisierung und nachhaltige Bestandsentwicklung Integrative Verknüpfung von Ökologie, Ökonomie und Sozialorientierung

WPF – SS 2002 – Lehrstuhl für Wohnbau – Betreuung: Ulli Meisel Bearbeitung: Stefanie Gonnermann – Matr.-Nr.: 201398 Seite 1/39

Inhalt: Seite 3

1. Planungsmethoden 1.1 Warum ist das Planungsmodell der integrativen Verknüpfung von Ökologie, Ökonomie und Sozialorientierung bei Wohnungsmodernisierungen sinnvoll?

1.2 Wie unterscheiden sich Wohngebäude der 20er, der 50er und der 70er Jahre in ihrer Bausubstanz und ihrem durchschnittlichen Erhaltungszustand? 1.3 Die sieben Schritte eines altbaugerechten Planungs-Gutachtens in ihrer sinnvollen chronologischenReihenfolge. 1.4 Was sind wesentliche Grundsätze einer altbaugerechten, stoffstromsparenden und gleichzeitig wirtschaftlichen Modernisierungs-Bauplanung? 1.5 Welche Vorgaben für die Planung und die Baudurchführung ergeben sich aus dem Vorhandenseinvon vermieteten und bewohnten Wohnungsbeständen?

2. Nachhaltigkeit

13 2.1 Welche Vereinbarungen auf internationaler und nationaler Ebene haben Nachhaltigkeit zum Ziel und wie ist der Begriff zu definieren 2,2 Welche Systematik muß bei der Erstellung von Ökobilanzen angewendet werden und wie ist ihre Aussagekraft zu bewerten? 2.3 Welche gesetzliche Grundlage für Kreislaufwirtschaft gibt es, welches sind deren Hauptanforderungen und wie sind sie beim Bauen umzusetzen? 2.4 Durch welche Planungsmaßnahmen erreicht man die deutliche Verringerung von Stoffströmen bei der Modernisierung von Altbau-Wohnungsbeständen 2.5 Wie kann man Nachhaltigkeit für einen Bauherren begreifbar machen und seine Planungsvorgaben systematisch erfassen und wichten?

3. Wirtschaftlichkeit

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3.1 Nennen und erläutern Sie bitte Planungsgrundsätze für eine besonders wirtschaftliche und zusätzlich stoffstromoptimierte Altbaumodernisierung. 3.2 Wie und mit welchen Leistungsbestandteilen kalkulieren Sie ein Gutachten zur Abklärung der Modernisierungsfähigketi eines Wohngebäudes? 3.3 Wie ist die Zuverlässigkeit von Vergleichswerten für Modernisierungskosten je m³ Rauminhalt, je m² Wohnfläche und nach Einzelbauteilen einzuschätzen? 3.4 Zusammenhänge zwischen Mieten und Investitionskosten zur Wirtschaftlichkeits-Beurteilung von Baumaßnahmen an Altbauwohnungen. 3.5 Bedeutung von Instandsetzungs- und Modernisierungsanteilen an den Baukosten zur Weiterentwicklung von Altbauwohnungen

4. Sozialorientierung

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4.1 Wie und in welcher Planungsphase wirken sich verschiedene Modelle der Baudurchführung auf die Planung von Baumaßnahmen aus? 4.2 Welche Möglichkeiten der Beteiligung an einer Maßnahmenplanung sieht der Gesetzgeber für die Mieter von Altbauwohnungen vor? 4.3 Welche Schritte der Information und der Beteiligung von Mietern und Mieterinnen bei Modernisierungen berücksichtigen angemessen deren soziale Belange? 4.4Wie lange dauern die verschiedenen Phasen der Vorbereitung , der Durchführung und Nachbereitung einer Wohnungsmodernisierung im Durchschnitt? 4.5 Beschreiben Sie bitte, was zur Aufrechterhaltung der Wohnbedürfnisse von Mietern beim Arbeiten in bewohnten Wohnungen zu gewährleisten ist. Seite 2/39

1. Planungsmethoden 1.1 Warum ist das Planungsmodell der integrativen Verknüpfung von Ökologie, Ökonomie und Sozialorientierung bei Wohnungsmodernisierungen sinnvoll? Der Wohnbausektor hat eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung. Folgende Zahlen verdeutlichen dies: Die Investitionen am Bau betragen 12% des BIP, des Wohnbaus allein 7% in der Bundesrepublik Deutschland. Aber auch im Bezug auf ökologische und soziale Gesichtspunkte ist Nachhaltigkeit für die Bereiche Bauen und Wohnen von herausragender Bedeutung und unbedingt zu fördern. Von den beteiligten Akteuren gilt es die Verknüpfung der Aspekte ökologisches, ökonomisches und sozialorientiertes Handeln (Leitregeln zur Nachhaltigkeit, aufgestellt durch die Enquete-Kommission) zu beachten. Ökologische Dimension • Die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen soll deren Regenerationsrate nicht überschreiten. • Nicht-erneuerbare Ressourcen sollen nur in dem Umfang genutzt werden, in dem Ersatz geschaffen werden kann. • Stoffeinträge in die Umwelt sollen sich an der Belastbarkeit der Umweltmedien orientieren. • Das Zeitmaß anthropogener Einträge bzw. Eingriffe in die Umwelt muß im ausgewogenen Verhältnis zum Zeitmaß des Reaktionsvermögens der Umwelt stehen. • Gefahren für die menschliche Gesundheit durch anthropogene Einwirkungen sind zu vermeiden. Ökonomische Dimension • Die Gesellschaft muß Individualinteressen und Gemeinwohl in Einklang bringen. • Preise müssen dauerhaft die wesentliche Lenkungsfunktion auf Märkten wahrnehmen und dabei die Knappheit der Ressourcen widerspiegeln. • Die Rahmenbedingungen für funktionsfähige Märkte und zur Steigerung der Innovationsfähigkeit sollen geschaffen und der gesellschaftliche Wandel gefördert werden. • Die ökonomische Leistungsfähigkeit der Gesellschaft soll zukünftigen Generationen erhalten werden. Soziale Dimension • Der soziale Rechtsstaat soll die Menschenwürde und die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie Entfaltungschancen für heutige und zukünftige Generationen gewährleisten. • Jedes Mitglied der Gesellschaft muß entsprechend seiner Leistungsfähigkeit einen solidarischen Beitrag für die Gesellschaft leisten. • Jedes Mitglied der Gesellschaft erhält Leistungen von der solidarischen Gesellschaft entsprechend geleisteter Beiträge oder entsprechend der Bedürftigkeit. • Die sozialen Sicherungssysteme können nur in dem Umfang wachsen, in dem die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft zunimmt. • Das in der Gesellschaft vorhandene Leistungspotential soll für künftige Generationen zumindest erhalten werden. Seite 3/39

Das Sinnvolle der integrativen Verknüpfung der drei Aspekte läßt sich anhand des Flächenverbrauchs darstellen. Ziel hier muß es sein die Bereiche Arbeiten, Wohnen und Erholen wieder näher zueinander zu bringen um einer weiteren Zersiedelung der Landschaft Einhalt zu gebieten. Die bestehenden Strukturen sollen Instand gehalten, neu organisiert, modernisiert, verdichtet und damit effektiver genutzt werden zum Schutz des ökologischen Kapitals. Der tägliche Pendelverkehr zwischen Arbeits- und Wohnstätte beispielsweise bedeutet einen hohen Energieverbrauch und Emissionsausstoß. Oft vernachlässigt wird auch der Zeitfaktor zur Überwindung dieser Distanzen. Er hat negative Auswirkungen im ökonomischen Bereich sowie im Erholungsanspruch der Menschen. Die Stoffströme, die neben dem Flächenverbrauch bei der Errichtung von Neubauten entstehen sind immens. Nicht nur die neuen Baustoffe und Bauteile, die zur Baustelle transportiert werden sorgen dafür, sondern auch der auf der anderen Seite anfallende Aushub, die Materialreste usw.. Daher sollte vor einem Abriß mit anschließendem Neubau unbedingt die Notwendigkeit im Sinne der Nachhaltigkeit überprüft werden. Für den Bereich „Bauen und Wohnen“ hat die Enquete-Kommission ein Zieldreieck aufgestellt, welches die Zielsetzung beinhaltet von der Zurücknahme der Trennung der Sektoren Arbeiten-Wohnen-Erholen. Es gilt also : Vorhandene Siedlungen verdichten – Zersiedelung der Landschaft entgegenwirken Flächen sparen, kompaktes Bauen - dichte Bauweise spart Freiraum und Energie Die Verwendung von umweltfreundlichen Baustoffen bei Baumaßnahmen (z.B. Recyclingmaterial) und deren Förderung versteht sich von selbst.

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1.2 Wie unterscheiden sich Wohngebäude der 20er, der 50er und der 70er Jahre in ihrer Bausubstanz und ihrem durchschnittlichen Erhaltungszustand? Den Zustand von Wohngebäuden kann man am Besten betrachten, indem man es in Bauteilgruppen zerlegt betrachtet. • • • • • •

Gründung im Erdreich mit Fundamenten und Bodenplatte Tragkonstruktion mit tragenden Wänden, Stützen, Wänden, Decken, Treppen und Dachstühlen Außenbauteile als Witterungsschutz mit Dacheindeckung, Außenputz und Wandbekleidung Bauteile in Außenöffnungen, wie Fenster, Türen, Roll- und Klappläden Innenbauteile mit Innenputz, Fliesen, Türen, Bodenbelägen und Tapeten Installationen: Elektro, Sanitär und Heizung

Im Laufe der letzten hundert Jahre gab es die unterschiedlichsten Entwicklungen bei Wohnbauten im Bezug auf ihre Gestaltung, die Grundrisse, Baumaterialien und Konstruktionen. Prägnante Beispiele sind die Entwicklung von Stahl und Beton, mit denen sich ganz neue Konstruktionsmöglichkeiten eröffneten. Jede Konstruktion birgt aber auch die ihr eigenen Schwachstellen deren Kenntnis für die Sanierungsplanung sehr wichtig ist. Mitentscheidend gerade für die Veränderungen der letzten Jahrzehnte war der Anstieg bauphysikalischer Anforderungen und gestiegene Komfortwünsche oder aber auch rationellere Bauweisen. Dies zeigt sich in der Ausbildung von Fassadenverkleidungen, Fenstern, Dächern sowie bei der ganzen Haustechnik. Die nachstehenden Tabellen geben einen Überblick über die Bausubstanz und ihren Zustand, bzw. die üblichen Schwachstellen der Wohngebäude von den 20er bis zu den 70er-Jahren des 20. Jh.

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Wohngebäude der 20er Jahre: Bausubstanz: •

Gründung Boden: Stein Wände Keller: Ziegel 51 cm



Tragkonstruktion Außenwände: Ziegel 38 cm tragende IW: Ziegel 12-25 cm z. T. mit Fachwerk Dachstuhl: Holz Geschoßdecke: Holzbalken + Schlacke Stahlträger-Betondecken









Außenbauteile glatte Putzfassaden, auch Stuck Ziegelsichtmauerwerk Dacheindeckung: Tonpfannen Zink, Blei Bautteile in Außenöffnungen Holzfenster Einfachverglasung selten auch Doppelfenster EV Türen: Holz Innenbauteile IW: Ziegel 12-25 cm z. T. mit Fachwerk Fußböden: Holz, Verbundestrich Linoleum Deckenputz auf Holzspalierplatten Verbundputz Treppen: Holz z.T. Stahlbeton oder gemauert Installationen Heizung: Einzelofen Kamine mit großer Dimension Sanitär: oft nur KW WC, WT, z.T. BW in Whg Elektro: Aufputzinstallation

Schwachstellen/Zustand:__________ fehlende Isolation und Abdichtung fehlende Querabdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit schlechte Isolierung, sonst gut Risse an Balkonen und Loggien z.T. unterdimensionierte Balken mangelhafter Holzschutz, Schädlingsbefall feuchte Balkenköpfe, hellhörig unterdimensionierte, durchhängende Balken - unbedingt zu kontrollieren schlechte Isolierung, Putz teilweise erneuerungsbedürftig, Fassade kann Risse u. undichte Stellen aufweisen aufst. Feuchtigkeit im Sockelbereich Isolierung fehlt, schadhafte Dachrinne Undichtigkeiten schlechte Isolierung und Abdichtung Zugluft, Austausch erforderlich undicht, verzogen, Beschläge defekt mangelhafter Schallschutz/Brandschutz abgenutzte Dielen, mangelhafte Trittschalldämmung

unterdim. Gas, Kohleofen Versottungsgefahr abgenutzt, undicht, unterdim., zugesetzte Leitungen, verstopfte Kanäle, alles erneuerungsbed. unterdimensionierte, nicht geerdet

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Wohngebäude der 50er Jahre: Bausubstanz: •



Gründung Boden: Stein Wände Keller :Ziegel 38 cm Stampfbeton 30 cm Tragkonstruktion Außenwände: z.T. Ziegel 30 cm Kondensatanfall Bimsbeton 25 cm tragende IW: Ziegel 12 cm z. T. mit Fachwerk Bimsbeton 18-25 cm Dachstuhl: Holz mit Bitumenbahn Geschoßdecke: z.T. Holzbalken Stahlträger-Betondecken Stahlbetondecke









Außenbauteile glatte Putzfassaden, Ziegelsichtmauerwerk Dacheindeckung: Tonpfannen Zink, Blei Bautteile in Außenöffnungen Holzfenster Einfachverglasung Türen: Holz Innenbauteile IW: Ziegel 12-25 cm z. T. mit Fachwerk Fußböden: Verbundestrich, Fliesen z.T. Dielen, Linoleum Installationen Heizung: Einzelofen Zentralheizung mit Kohle Kamine mit großer Dimension Sanitär: oft nur KW WC, WT, BW in Whg Elektro: Unterputzinstallation Sicherungen, Wohnungs-UV

Schwachstellen:_________________ fehlende Isolation und Abdichtung fehlende Querabdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit schlechte Isolierung

,

Wärmebrücken an Fensterbrüstung schlechter Schallschutz schlechte Abdichtung mangelhafter Holzschutz, Schädlingsbefall feuchte Balkenköpfe, hellhörig unterdimensionierte, durchhängende Balken - unbedingt zu kontrollieren fehlende Isolierung schlechte Isolierung, Putz teilweise erneuerungsbedürftig, Fassade kann Risse u. undichte Stellen aufweisen aufst. Feuchtigkeit im Sockelbereich Isolierung fehlt, schadhafte Dachrinne Undichtigkeiten schlechte Isolierung und Abdichtung verzogen, Zugluft, Austausch erforderlich undicht, verzogen, Beschläge defekt mangelhafter Schallschutz/Brandschutz abgenutzte Dielen/Belag, mangelhafte Trittschalldämmung, Verbundestrich greift Leitungen an unterdim. Gas, kaum Regelungsmöglichkeiten Versottungsgefahr fehlendes WW abgenutzt, undicht, unterdim., zugesetze Leitungen, verstopfte Kanäle, alles erneuerungsbed. erneuerungsbedürftige Absicherungen und Unterverteilungen

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Wohngebäude der 70er Jahre: Bausubstanz: •



Gründung Boden: Stein Wände Keller :Ziegel 38 cm Stahlbeton 30 cm Tragkonstruktion Außenwände: zweischalig Beton tragende IW: Kalksand 11,5 cm Bimsbeton 18-25 cm Dachstuhl: Holz mit Bitumenbahn oder Folie Geschoßdecke: Stahlbetondecke









Außenbauteile Vormauerungen mit /ohne Isolierung vorgehängte Platten mit/ohne Isol. z.T. Thermohaut Dacheindeckung: selten Tonpfannen, Betondachsteine, Wärmedämmung Bautteile in Außenöffnungen Holz-/Kunststoff-/Alufenster Isolierverglasung Türen: Holz Innenbauteile IW: Bimsplatten 6-25 cm KS-/Ziegelsteine 11,5-24 cm Fußböden: schwimm. Estrich, Fliesen Teppich, Kunststoff Installationen Heizung: Öl/Gas-Zentralheizung auch Gasetagenhzg und Fernwärme Sanitär: WW + KW WC, WT, BW in Whg Gas/Elektro-Durchlauferhitzer Elektro: Unterputz, Absicherungen Wohungsverteiler

Schwachstellen:_________________

schlechte Isolierung Undichtigkeiten an Balkonen und Loggien, Kondensatanfall schadhafte Eindeckungen hellhörig, Wärmebrücken, Kondensat Betonabplatzungen schadhafte Befestigungen

schlechte Isolierung und Abdichtung anlaufende Glasscheiben

o.k. o.k. bald Erneuerungsbedarf Regelung veraltet zunehmender Reperaturbedarf o.k. .

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1.3 Die sieben Schritte eines altbaugerechten Planungs-Gutachtens in ihrer sinnvollen chronologischen Reihenfolge. 1. Schritt: Erfassen des maßlichen Baugefüges in Plänen und Fotos Der erste Schritt zur Gebäudebeurteilung verschafft einen Überblick und ist eng verbunden mit dem zweiten Schritt. Im günstigsten Fall existieren Bestandspläne, auf die man sich zwar nicht verlassen sollte, die aber als Vorlage sehr hilfreich sind und manchmal sogar Aufschluß über frühere Baumaßnahmen und deren Konstruktion geben. Die Maße helfen beim Verständnis der Konstruktion. Sie decken z.B. verdeckte Versprünge auf oder ob Wände übereinander stehen oder nicht, ob Räume rechtwinkelig sind usw. usf.. Eine sorgfältige maßliche Bauaufnahme ist die Grundlage einer soliden Planung. Fotos können das Messen nicht ersetzen, sind aber eine wertvolle Ergänzung, besonders bei begrenzter Besichtigungszeit eines Objektes, wie beispielsweise in einer Mietwohnung. Ein Zollstock ins Bild gestellt macht es einfacher auch im Nachhinein Größenordnungen recht genau zu bestimmen. Dies ist hilfreich, um nicht jede Kleinigkeit vor Ort aufnehmen zu müssen. 2. Schritt: Klären der vorhandenen Konstruktionen und Baustoffe Das Verständnis der vorhandenen Konstruktion, ebenso die richtige Beurteilung der Baustoffe sind die Grundvoraussetzungen für zukünftige Planungen, da jeder Umbau auch einen Eingriff in die vorhandene Statik bedeutet. Man kann kein neues Bad einbauen, bevor nicht feststeht, daß Decke und Wände die zusätzliche Last aufnehmen können. Dazu ist es nötig die tatsächliche Konstruktion herauszufinden und versteckte Hohlräume, wie z. B. aus alten Kaminzügen aufzudecken. Ein Wandaufbau kann mit gezielten Bohrungen geprüft werden. Die Bohrkerne geben dann Aufschluß über den Aufbau. Die Endoskopie macht es möglich mit sehr kleinen Bohrungen schon an wichtige Informationen zu gelangen. Das Endoskop mit aufgebrachtem Maßstab peilt dabei die Kanten der Konstruktionsschichten an, deren Dicke sich vorne am Gerät dann ablesen läßt. Aber egal ob kleine oder größere Löcher, die Stelle an der gebohrt wird muß gut ausgesucht werden, damit sie möglichst repräsentativ ist, und unnötige Zerstörungen vermieden werden. Die Bausubstanz ist allerdings nicht nur auf Aussehen und Belastbarkeit zu prüfen, sondern auch auf eine mögliche Schadstoffbelastung. Deckenbalken, die krebserregende Stoffe aussondern müssen schließlich auch ausgewechselt werden, obwohl sie sich in einem ansonsten guten Zustand befinden. Es ist vorteilhaft schon hier eine Beurteilung nach Bauelementen vorzunehmen. 3. Schritt: Erfassen von Schäden und Schwachstellen nach Art, Grad und Ausmaß Es folgt das Erfassen von Schäden und Schwachstellen nach Art, Grad und Ausmaß. Viele Schäden sind konstruktions- oder baustoffbedingt, daher ist es wichtig diese gut zu kennen bevor man Schäden genauer untersucht. Die genaue Dokumentation von Grad und Ausmaß ist wichtig für die späteren Maßnahmen und Kostenschätzung. Risse im Außenputz können mit Rißlupe, Glasplättchen und Gipsmarken auf noch mögliche Bewegungen getestet werden. Aus Schwachstellen können schwere Schäden entstehen, daher ist deren Aufnahme ebenso wichtig. Durchfeuchtung von Holz kann zu dem gefürchteten Hausschwamm und einer Zerstörung aller Holzelement im Haus führen

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4. Schritt: Erklären von Schadensursachen und Wirkungsmechanismen Logischerweise müssen die Schadensursachen und deren Wirkungsweise nun noch abgeklärt werden, um unsinnige Sanierungen zu vermeiden. Blättert die Fassadenfarbe, nützt ein neuer Anstrich nichts, wenn der Untergrund nicht in Ordnung ist, oder chemisch nicht zu der neuen Farbe paßt. 5. Schritt: Überprüfen und Festlegen von Einzelzielen baulicher Maßnahmen Nun kann man zusammen mit dem Bauherren dran gehen Ziele festzulegen und dies am Besten schriftlich niederzulegen, um späteren Mißverständnissen entgegenzuwirken. Der Bauherr gibt nach ausführlicher Beratung des Architekten die Prioritäten an nach denen dieser dann wieder seine Planungsmaßnahmen orientieren kann. 6. Schritt: Klären verschiedener, alternativer Baumaßnahmen an Bauelementen Da es nie nur einen Weg gibt, sollte auch der Architekt dem Bauherrn diverse Vorgehensweisen aufzeigen können, um das Planungsziel zu erreichen. Die Aufteilung nach Bauelementen erleichtert die Arbeit und ist übersichtlich auch für den Bauherrn. Jede Maßnahme erfordert unterschiedliche Randbedingungen. Wegen des Verlegens eines neuen Teppichs beispielsweise braucht niemand auszuziehen, für einen komplett neuen Fußbodenaufbau mit schwimmendem Estrich und neuem Steinboden höchstwahrscheinlich schon, wenn es sich nicht gerade um eine sehr große Wohnung handelt. 7. Schritt: Kosten-/Nutzenvergleiche mit Kostenberechnungen nach Bauelementen Nach der Festlegung der Einzelmaßnahmen anhand der Bauelemente lassen sich nun die Baumaßnahmen im Bestand zuverlässig kalkulieren, wobei Bauteilkostenwerte aus abgerechneten Vergleichsprojekten verwendet werden. Entsprechende Werte erscheinen jedes Jahr aktuell in Tabellenform in der Fachliteratur. Der Planer kann nun zusammen mit dem Bauherren den finanziellen Rahmen bauelementweise abstecken und problemlos Alternativen nachrechnen. Die Methode bedingt die vorher beschriebenen Planungsschritte, wenn sie zuverlässige Ergebnisse liefern soll. Es wird anders als beim Neubau ein m2 –Preis x Grundfläche zur Berechnung herangezogen.

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1.4 Was sind wesentliche Grundsätze einer altbaugerechten, stoffstromsparenden und gleichzeitig wirtschaftlichen Modernisierungs-Bauplanung? Konstruktionsgrundsätze für das Bauen im Bestand: 1.

Schutz und Wiederverwendung vorhandener Bauteile Das spart Ressourcen und Stoffströme gegenüber neuen Bauteilen und ist in der Regel die kostengünstigere Variante.

2.

Wahl altbaugerechter Konstruktionen und Baustoffe Beim Altbau muß der Architekt sich den Gegebenheiten viel stärker anpassen, als beim Neubau Die vorhanden Konstruktion sollte, soweit intakt, lediglich ergänzt und nicht verändert werden. Die neu eingesetzten Baustoffe müssen mit den alten harmonieren. Dies gilt zum Beispiel bei der Wahl eines einfachen Anstrichs. Wenn der Untergrund chemisch nicht mit der neuen Farbe harmoniert, wird es nach kurzer Zeit zum Abblättern des Anstrichs kommen.

3.

Vermeiden umfangreicher Vor- und Folgearbeiten und damit Zeit und Geld sparen. Eine Grundrißänderung mit vorgesehenem Abriß zieht aufwendige Entsorgungsarbeiten nach sich.

4.

Trocken und zeitsparend einzubauende Bauteile Diese Regel gilt insbesondere für Maßnahmen in bewohnter Baustelle. Als Beispiel Zwischenwände: Umfangreiche Maurerarbeiten bedeuten unzumutbaren Dreck und Nässe für die Bewohner, sowie zu lange Wartezeiten wegen des Abbinden und Trocknens. Leichtbau-Ständerwände sind viel schneller und sauberer eingebaut, ohne Abstriche im Komfort.

5.

Vorgefertigte und fertig endbehandelte Konstruktionen bedeuten in der Regel eine schnelle, problemlose Montage ohne Belästigungen für die Mieter. Ein fertig einbrennlackierter Heizkörper stinkt nicht in der Wohnung.

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1.5 Welche Vorgaben für die Planung und die Baudurchführung ergeben sich aus dem Vorhandensein von vermieteten und bewohnten Wohnungsbeständen? Das Vorhandensein von Mietern währen der Bauzeit ist schon in einer sehr frühen Planunsphase zu beachten. Einige Umbau- oder Modernisierungmaßnahmen sind nicht machbar, andere nur in begrenztem Umfang. Außerdem muß vor und während der Bauphase mit zeitlichen Einschränkungen gerechnet werden was den Zugang zur Baustelle betrifft. Für Maßnahmen, die das Abstellen von Strom, Gas oder Wasser muß ein mit den Mietern abgesprochener Zeitrahmen eingehalten werden. Die Information und Beteiligung, sowie insbesondere der Schutz der Mieter sollte einen vorrangigen Stellenwert haben. Der Vermieter muß unter Umständen eine Mietreduzierung während der Arbeiten in Kauf nehmen. Am unkompliziertesten und für Mieter am angenehmsten sind bei einer Modernisierung oder Instandsetzung gezielte reduzierte Maßnahmen mit minimalen Eingriffen in die Substanz. Geringer Bauaufwand bedeutet niedrige Baukosten und damit auch eine überschaubare Mietsteigerung nach Abschluß der Arbeiten. Die einzelnen Maßnahmen zum Schutz und zur Beteiligung der Mieter werden ausführlich auf Arbeitsblatt 4 – Sozialbeteiligung erläutert. Es bleibt hier noch zu erwähnen, daß natürlich auch die Planung sehr eingeschränkt ist. Grundrisse und Geschoßdecken können kaum verändert werden, da der anfallende Schutt dem Mieter nicht zugemutet werden kann. Fußbodenbeläge in eingeschränktem Maße, soweit die Dauer der Maßnahme zumutbar ist.

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2. Nachhaltigkeit 2.1 Welche Vereinbarungen auf internationaler und nationaler Ebene haben Nachhaltigkeit zum Ziel und wie ist der Begriff zu definieren? Nachhaltigkeit bedeutet heute so zu handeln, daß die derzeitigen Ressourcen auch künftigen Generationen zur Verfügung stehen. Es geht darum die nicht erneuerbaren Energiequellen möglichst wenig zu verbrauchen, anstelle dessen Erneuerbare zu nutzen und dafür zu sorgen, daß diese in ausreichendem Maße der nächsten Generation zur Verfügung stehen. Am Beispiel der Forstwirtschaft gesehen, bedeutet das für jeden gefällten Baum einen Ersatz zu schaffen und neue Bäume für die künftige Generation zu pflanzen. Die Leitregeln: Ökologie, Ökonomie und Sozialorientierung Internationale Vereinbarungen: •

Die „Brundtland-Kommission für Umwelt und Entwicklung“ (1987) hat den Begriff sustainable development (Nachhaltigkeit) formuliert, als eine Entwicklung, bei der die Bedürfnisse gegenwärtig lebender Menschen erfüllt werden, ohne die Möglichkeit zukünftiger Generationen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu gefährden. Das Konzept der Nachhaltigkeit soll das Fundament für die Gesellschaft von morgen bilden. Die „Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung“ kam 1992 in Rio de Janeiro zu dem Schluß, daß eine nachhaltige zukunftsverträgliche Entwicklung eine zentrale Aufgabe unserer Gesellschaft für das 21. Jahrhundert ist.



Die „Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung“ (UNCED von 1992) in Rio de Janeiro Auf dieser Konferenz haben über 170 Staaten auf den dringenden Handlungsbedarf zur Erhaltung der Lebensgrundlagen auf der Erde hingewiesen und die konzeptionellen Grundlagen für eine qualitativ neue Zusammenarbeit in der Umweltund Entwicklungspolitik geschaffen. Basierend auf der Einsicht, daß sich die menschliche Zivilisation langfristig selbst zerstört, wenn sie ihre zentralen Zivilisationsparameter nicht ändert, wurde auf der Konferenz von Rio die Idee einer nachhaltigen Entwicklung ("sustainable development") weltweit zu einem zentralen Leitbild der Umwelt- und Entwicklungspolitik. Im Rahmen der Konferenz von Rio wurden fünf Dokumente für die wichtigsten Aktionsfelder einer Umwelt- und Entwicklungspolitik verabschiedet. In diesen werden die Grundprinzipien, Strategieelemente und Maßnahmen einer nachhaltigen Entwicklung formuliert. Diese Dokumente sind: Die Agenda 21 Die Rio-Deklaration über Umwelt und Entwicklung Die Wald-Deklaration Die Klimakonvention Die Konvention über die biologische Vielfalt Auch Deutschland hat alle Deklarationen und Konventionen von Rio unterzeichnet und sich damit bereit erklärt, seine (umwelt-)politischen Aktivitäten nach dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung auszurichten.

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Nationale Vereinbarungen: Diese gründen im wesentlichen auf den Ergebnissen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, 13. Legislaturperiode, „Schutz des Menschen und der Umwelt Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung" Die Enquete-Kommission konzentrierte sich, basierend auf dem Drei-Dimensionen-Modell (Ökologie, Ökonomie, Soziales), auf die Umsetzung eines integrativen Leitbildes, bei dem Nachhaltigkeit nicht ausschließlich stofflich sondern als "regulative Idee" im Sinne Kants oder als humanistisches Ideal verstanden wird. •

Bundesebene Die von der Enquete-Kommission des 12. Bundestages erarbeiteten ökologischen Grundregeln ("Stoffstrom-Managementregeln") ergänzt die Enquete-Kommission des 13. Bundestages zumindest in vorläufiger Form auch durch soziale und ökonomische Regeln für eine nachhaltige Entwicklung. Die Leitregeln der Nachhaltigkeit sind in Frage 1.1 bereits als Planungsmodell vorgestellt worden.

Die Kommission hat Verfahrensschritte zur Gewinnung von Handlungsoptionen anhand des Beispiels Ökologie entwickelt. Als Grundlage für die Nachhaltigkeits-diskussion dienen: - Umweltziele - Umweltqualitätsziele (UQZ) - Umwelthandlungsziele (UHZ) Umweltziele ergeben sich aus dem Leitbild „substainable Development“ und der vier Grundregeln für das Management von Stoffströmen (s. auch Frage 2.3) Als „Umweltqualität“ (ökologischer Ist-Zustand) im engeren Sinne wird die Gesamtheit der Strukturen und Funktionen eines Ökosystems bezeichnet, wobei sowohl die „natürlichen“ biologischen und nichtbiologischen Bedingungen als auch die anthropogenen Einwirkungen (z.B. Nutzungen) Berücksichtigung finden. Im allgemeinen Sprachgebrauch stellt der Begriff zudem eine Verbindung von wissenschaftlichen Informationen mit gesellschaftlichen Zielen und Werthaltungen dar. Umweltqualitätsziele charakterisieren einen angestrebten Zustand der Umwelt. Sie verbinden einen naturwissenschaftlichen Kenntnisstand mit gesellschaftlichen Wertungen über Schutzgüter und Schutzniveaus. Umweltqualitätsziele werden objekt- oder medienbezogen für Mensch und/oder Umwelt bestimmt und sind an der Regenerationsrate wichtiger Ressourcen oder an der ökologischen Tragfähigkeit, am Schutz der menschlichen Gesundheit und an den Bedürfnissen heutiger und zukünftiger Generationen orientiert. Die Enquete-Kommission des 13. Deutschen Bundestags „Schutz des Menschen und der Umwelt“ richtet ihre Definition der UQZ an dem Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung aus. Umweltqualitätsziele werden jedoch auch in anderen Kontexten verwendet, die nicht unmittelbar mit dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in Verbindung stehen. Beispiel: Ein international festgelegtes UQZ zum Klimaschutz gemäß der Klimarahmenkonvention [Art. 2] ist, „die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird“. Schutzgut- oder medienbezogen sind Umwelthandlungsziele eng mit UQZ verbunden. UQZ beschreiben den gewünschten Zustand der Umwelt in einer für die Umweltbeobachtung geeigneten Größenordnung, z.B. als Konzentrationsangabe. Ein Seite 14/39

Umwelthandlungsziel beschreibt die insgesamt erforderliche Belastungsminderung (Emissionsmenge) als Differenz zwischen einer gegenwärtigen Belastung und einer höchstzulässigen Belastung (Konzentration im Umweltmedium) Das Umwelthandlungsziel gibt dann an, welche Verringerung der Einwirkungen auf die Umwelt (Emission) insgesamt erforderlich ist, um ein Umweltqualitätsziel zu erreichen. Beispiel: Zur Erreichung des UQZ zur Stabilisierung des Klimas dient das UHZ „Reduktion der CO2-Emissionen in den Industrieländern bis 2050 um 80 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990“. •

Landesebene Die Länder sind bei der Operationalisierung von Nachhaltigkeitszielen gefordert. In der „Bayern Agenda 21“ z. B. Konkretisiert das Land Bayern seine Ziele und setzt Maßnahmen insbesondere zur Minimierung des Flächenverbrauchs fest.



Regionalebene Ein Instrument, um Leitbilder einer nachhaltigen Entwicklung auf der regionalen Ebene zu operationalisieren, sind regionale Agenden. Die „Regionale Agenda 21“ ist ein langfristig orientiertes Konzept zur Abstimmung der Entwicklungsvorstellungen innerhalb einer Region unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Ziel ist die Entwicklung regionsspezifischer Leitbilder, die innerhalb des Rahmens der nachhaltigen Raum- und Siedlungsentwicklung und angepaßt an die regionale Situation, von regionalen Akteuren erarbeitet, ergänzt oder konkretisiert werden und einen Beitrag zur Lösung langfristiger ökologischer, sozialer und ökonomischer Probleme in der jeweiligen Region leisten sollen.



Kommunalebene Von besonderer Bedeutung für den Agendaprozeß ist die Einbeziehung der Öffentlichkeit in die Entscheidungen der kommunalen Verwaltung. In Kapitel 28 der Agenda 21 steht dazu: "Jede Kommunalverwaltung soll in einen Dialog mit ihren Bürgern, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft eintreten und eine "kommunale Agenda 21" beschließen. Durch Konsultationen und Herstellung eines Konsenses würden die Kommunen von ihren Bürgern und von örtlichen Organisationen (...) lernen und für die Formulierung der am besten geeigneten Strategien die erforderlichen Informationen erlangen. Durch den Konsultationsprozeß würde das Bewußtsein der einzelnen Haushalte für Fragen der nachhaltigen Entwicklung geschärft."

Unter dem Motto "Konzept Nachhaltigkeit - vom Leitbild zur Umsetzung" habe die Kommission mit ihrem Bericht "einen wichtigen Schritt getan, um Wirtschaft und Gesellschaft ökologisch umzubauen - wenn auch vorerst nur auf dem Papier" (Zitat: BUND-Geschäftsführerin, Dosis Lehrack)

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2.2 Welche Systematik muß bei der Erstellung von Ökobilanzen angewendet werden und wie ist ihre Aussagekraft zu bewerten? Ökobilanzen ermöglichen detaillierte Aussagen über die Umweltwirkungen eines Produkts. Sie erfassen die damit verbundenen Stoff- und Energieströme und stellen sie systematisch dar. Die Untersuchung erstreckt sich nicht nur über das Produkt, sondern seinen gesamten Lebensweg - von der Gewinnung der dafür benötigten Rohstoffe über Produktion und Nutzung bis hin zu seiner Entsorgung. Ökobilanzen leisten als Grundlage für ökologische Optimierungen nicht nur einen entscheidenden Beitrag zum langfristigen Erfolg Ihrer Produkte auf dem Markt, sondern erschließen zudem neue Kundenkreise. Ökobilanzen wurden in den vergangenen Jahren standardisiert: So formuliert die internationale Norm ISO 14040 die zur Durchführung einer Ökobilanz erforderlichen Verfahrensschritte. Eine Ökobilanz/Lebenszyklusanalyse besteht aus der Bearbeitung der vier Schritte: • Bilanzierungsziel • Fakten/Sachbilanz • Wirkungsbilanz • Bilanzbewertung Die Ökologische Bewertungen nach der Lebenszyklusanalyse beziehen sich auf: • Baustoffe • Bauprodukte • Bauelemente • Bauteile • Gebäude • Bauwerke Die von Produkten ausgehenden Umweltbelastungen lassen sich nur dann hinreichend genau ermitteln, wenn der gesamte Lebenszyklus des Produktes betrachtet wird. Dazu gehört zum einen eine medienübergreifende Betrachtung unter Berücksichtigung der maßgeblichen Input- (Energie, Materialien, Wasser) und Outputströme (Luft, Abwasser, Abfall, Lärm). Zum anderen sollte eine systemübergreifende Lebensweg-Analyse des Produktes (von der Wiege bis zur Bahre) mit allen produktrelevanten Aspekten von der Herstellung über den Transport, den Ver- und Gebrauch bis hin zur Entsorgung durchgeführt werden. Solche Ökobilanzen dienen nicht nur dem Umweltschutz. Durch die Aufdeckung von Schwachstellen können Ressourcen eingespart, die Produktion modernisiert und die Herstellungskosten gesenkt werden. Bewertungskriterien für Lebenszyklusanalysen: • Ressourcenentnahme in Form von Stofffluß (kg), Primärenergieaufwand (MJ), Flächenverbrauch, Wasser, Luft • Emission in Form von CO², SO², ökotoxikologischer Belastung (m³ Wasser), Überdüngung (kg Phosphat) • Gesundheit in Form von Altlasten, Ausgasungen, Strahlung, gefährlichen Teilchen, Lärm • In- und externe Kosten für Herstellen, Nutzen, Warten, Instandsetzen, Erneuern und Entsorgen Seite 16/39

Die Enquete-Kommission weist auf folgende Probleme bei der Ökobilanz hin: • Schwierigkeiten bei der Beschaffung aktueller Daten • Fehlende Wirkungsmodelle bei der Wirkungsbilanz • Nichtvergleichbarkeit verschiedener Wirkungsbereiche • Durch die Konzentration auf Stoff- und Energieströme tendenziell vernachlässigten Umwelteinwirkungen (Toxikologie, Strukturschäden, technische Risiken) • Gewichtung der Bewertungskriterien Trotz dieser Probleme ist die Lebenszyklusanalyse nicht ersetzbar. Sie liefert wertvolle Aufschlüsse über die Umweltfreunlich- oder feindlichkeit der Produkte und hilft im Zweifel bei deren Auswahl.

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2.3 Welche gesetzliche Grundlage für Kreislaufwirtschaft gibt es, welches sind deren Hauptanforderungen und wie sind sie beim Bauen umzusetzen? Die gesetzliche Grundlage für die Kreislaufwirtschaft liegt im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz von 1994, das seit 1996 in Kraft getreten ist. Es ist eine wesentliche Weiterentwicklung. Davor gab es keine gesetzlichen Regelungen, die eine gezielte Verwertung von Abfällen aus dem Bauwesen vorsahen. Auch das Abfallbeseitigungsgesetz von 1972 traf noch keine Aussagen dazu. Erst die vierte Novellierung des Gesetzes über die „Vermeidung und Entsorgung von Abfällen“ (1986) hat die Notwendigkeit der Abfallvermeidung angesprochen. Hauptanforderungen sind die Vermeidung (Reduktion von Menge und Schädlichkeit) und Verwertung (stofflich oder energetisch) von Abfällen. Grundsätzlich hat die Verwertung hier Vorrang von der Beseitigung von Abfällen, mit der Einschränkung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit und den Ausnahmen bei denen die Beseitigung die umweltfreundlichere Alternative darstellt. § 5(2) verpflichtet die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, diese nach Maßgabe des § 6 zu verwerten. Eine der Art und Beschaffenheit des Abfalls entsprechend hochwertige Verwertung ist anzustreben. § 6 beinhaltet die Kriterien, nach denen Abfälle zur Gewinnung von Energie genutzt, oder stofflich verwertet werden können. Grundsätzlich hat hier die umweltfreundlichere Methode den Vorrang. Falls keine Rechtsverordnungen vorliegen, gibt der §6 Aufschluß über die Zulässigkeit energetischer Verwertung in Form der folgenden vier Anforderungen: 1. Heizwert mind. 11.000 kJ/kg 2. Feuerungswirkungsgrad mind. 75% 3. gesicherte Wärmenutzung 4. schadlose Endabfalllagerung. Diese müssen erfüllt sein. Für die Baubranche bedeutet dieses Gesetz vor allem eine sorgfältigere Planung • Vermeidung, Verwertung und für das Gemeinwohl verträgliche Beseitigung von Bauabfällen muß schon bei der Entwicklung neuer Baustoffe, Bauprodukte und Bauweisen berücksichtigt werden (keine Verbundkonstruktionen). • Die Planer sollten sich selbstverständlich informieren und die neusten Entwicklungen umsetzen können. • Ein Verwertungs- und Entsorgungskonzept muß erstellt werden • Der Abriß „mit der Birne“ weicht dem gezielten Rückbau mit Sammlung und strikter Trennung der anfallenden Materialien nach Verwertbarkeit und Recyclingverfahren. • Weiterverwendung von Gebäudeteilen und Baustoffen • Kreislauffähige Baustoffe mit Mehrfachverwendungsmöglichkeiten einsetzen • Minimieren des Energie-Einsatzes bei der Baustoffaufbereitung • Einsatz von Recycling-Bauprodukten • Konstruktives Separieren der Bauteile mit unterschiedlicher Lebensdauer und unterschiedlichem Recyclingverfahren • Die Reduzierung der Material-/Stoffvielfalt • Die Vermeidung von Verbundkonstruktionen • Siehe auch Planungsmaßnahmen in Frage 2.4

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• • • • •

Die Bundesregierung fordert folgende Aspekte von allen Baubeteiligten : Herstellung recyclingfähiger Baustoffe und Bauprodukte Entwicklung demontagefreundlicher Baukonstruktionen Recyclinggerechte Bauausführung Einführung von Gütekennzeichnungen für den Nachweis der Umweltverträglichkeit alternativer Baustoffe, Bauprodukte und Bauhilfsprodukte

Umweltverträgliche Stoffkreisläufe lassen sich in 4 Grundregeln zusammenfassen: 1. Abbaurate erneuerbarer Ressourcen nicht höher als die Regenerationsrate 2. Ersatz nicht erneuerbarer Ressourcen durch z. b. höhere Produktivität 3. Umwelt-Stoffeinträge nur soweit, wie Belastbarkeit der Umweltmedien 4. Reaktionszeitraum der Umwelt beachten bei menschlichen Eingriffen

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2.4 Durch welche Planungsmaßnahmen erreicht man die deutliche Verringerung von Stoffströmen bei der Modernisierung von Altbau-Wohnungsbeständen Die Arbeitsgruppen „Umweltziele“ und „Bauen und Wohnen“ der Enquete-Kommission Schutz des Menschen und der Umwelt, haben in der Studie Stoffströme im Wohnungsbau folgende Ergebnisse erarbeitet: Der Baubereich setzt die größten umweltbelastenden Stoffströme in unserer Gesellschaft in Bewegung. Dabei handelt es sich um den Abbau nicht erneuerbarer Ressourcen, wie Kies, Sand oder Kalkstein. Zum anderen fällt Müll an. 40% aller Abfälle entstammen dem Baubereich. • Zur Zeit nimmt das Stofflager in Gebäuden noch zu, der Input ist größer als der Output. • Im Laufe der nächsten zwei Jahrzehnte wird die Menge des Outputs die des Inputs erreichen und übersteigen. • Der Anteil von Sonderabfällen bei Abbruchmaßnahmen wird sich rasch erhöhen. • Solange keine klaren Restriktionen für den Einbau von problematischen Baustoffen vorliegen, wird es einerseits mehr Sonderabfälle, andererseits aber auch Innenraumluftprobleme geben. • Bereits jetzt gibt es große Probleme, die sinnvolle Verwertung von Abfällen mit dem Erfordernis der Ausschleusung kritischer Stoffe, vor allem Schwermetalle, in Einklang zu bringen. Für die Modernisierungsplanung ergeben sich danach unterschiedliche Anforderungen. Zum einen sollte die Modernisierung und Sanierung der bestehenden Bebauung gefördert werden. Aus der Tatsache heraus, daß im Sinne der Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau eigentlich genügend Wohnraum existiert, ergibt sich folgendes Leitbild : • • • •

Vorrang der Bestandspolitik und flexible Nutzung von Wohnraum vor Neubaupolitik Vorrang der Stadterneuerung vor Stadterweiterung Vorrang der Sanierung von Industriebrachen vor dem Bau „auf der grünen Wiese“ Vorrang der Energieeinsparung im Wohnungsbestand vor dem Bau neuer Niedrigenergiehäuser

Aus dieser Studie geht hervor, wie wichtig eine Verringerung von Stoffströmen ist. Es gibt zwei wesentliche Ziele bei den Planungsmaßnahmen zur Verringerung von Stoffströmen, die Abfallvermeidung und die sorgfältige Wahl der neu eingesetzten Baustoffe. Planungsmaßnahmen zur Abfallvermeidung: Gründliche Bauaufnahme und schon bei der Neuplanung ein Verwertungskonzept erarbeiten, auch Zustand der Bauelemente nach Reparierbarkeit beurteilen. Kann z. B. ein Schreiner Türen instand setzen oder muß eine neue eingebaut werden? • Grundrißänderungen vermeiden und damit auch den Abbruch. Das Herausnehmen einer dünnen nichttragenden Innenwand beispielsweise bedingt Folgemaßnahmen wie Putz abschlagen und Fußboden herausreißen um das Niveau der beiden Räume dann durch einen neuen Boden und neues Aufbringen von Putz wieder anzugleichen. Unnötiger Anfall von Schutt und Verbrauch neuen Materials, wenn das Ziel sich eventuell auch durch eine Nutzungsänderung der Räume erreichen läßt.

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• •

Flexible Grundrissgestaltung, damit nicht jeder neue Nutzer eine Wohnung auf sich durch erneute Baumaßnahmen anpassen muß. Anspruch an die Installationen Prüfen, ob ein Herausnehmen einer vorhandenen Unterputzinstallation notwendig ist, oder ob sie nicht in der Wand belassen werden kann. Entleerte und abgeklemmte Rohre können schließlich kaum Schaden anrichten, vermeiden aber Bauschutt. Hierbei spielen die Anforderungen des Bauherrn eine gewichtige Rolle. Er muß bei der Neuinstallation einer Vorwandinstallation zugetan sein.

Planungsmaßnahmen bei der Auswahl der Baustoffe 2 Neueinbau vorhandener Bauteile 3 Einsatz von Recyclingmaterial Besonders einfach ist das Nutzen dieser Materialien bei den Dämmstoffen. Auf Altpapierbasis entstandene Dämmung gibt es schon in den unterschiedlichsten Variationen und ist vielfältig einsetzbar. 4 Nachwachsende Rohstoffe sollten möglichst die Grundlage der neu eingesetzten Bauprodukte sein. Ein Kunststoffbodenbelag auf Erdölbasis schneidet bei der Ökobilanz schlechter ab, als ein Fußboden aus gewachsten einheimischen Hölzern. 5 Geringere Masse eines Bauproduktes bei gleicher Funktionserfüllung, z.B. Leichtbauwände anstelle einer massiven Wand 6 Serielle Vorfertigung für Baumaßnamen mit vielen gleichen Einheiten verringern Einbauzeiten, Transportwege, anfallenden Abfall usw. 7 Einheimische Baustoffe vermindern die Transporte 8 Ein Bauprodukt sollte schadstofffrei, umweltfreundlich, dauerhaft, pflegeleicht und leicht zu reparieren sein Der grundlegende Gedanke eines „Stoffstrom-Management“ ist im Prinzip die Reduzierung der vom Menschen geschaffenen Stoffströme, also der effektive Umgang mit Ressourcen, im Hinblick auf Ökologie und Ökonomie. Diese Stoffstromreduzierung soll auch durch die Erhöhung der Ressourcenproduktivität erreicht werden.

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2.5 Wie kann man Nachhaltigkeit für einen Bauherren begreifbar machen und seine Planungsvorgaben systematisch erfassen und wichten? „Schließlich hat das die Erde zur Hölle gemacht, daß der Mensch sie zu seinem Himmel machen wollte“ (Friedrich Hölderlin) Immer häufiger klagen Menschen über Allergien, zunehmende Müdigkeit und andere Gesundheitsstörungen oder Krankheiten. Die Sünden und das Unwissen der Vergangenheit sind oftmals Auslöser dieser Beeinträchtigungen. Bestehende Gebäude nach möglichen Ursachen zu durchforsten ist eine schwierige Angelegenheit, wenn über die eingebauten Materialien keine genauen Informationen vorliegen. Stoffproben müssen genommen und analysiert werden. Dies ist nicht nur aufwendig, sondern auch teuer und unnötig, wenn von Anfang an auf eine schadstofffreie und umweltfreundliche Materialwahl geachtet wird. Leider sind diejenigen, die nicht sowieso schon größtenteils ökologisch handeln, fast nur über die finanziellen Aspekte zu einem nachhaltigen umweltbewußten Handeln zu bewegen. Der Katalysator am Auto hat sich erst für ältere Modelle durchgesetzt, nachdem es für seinen Einbau steuerliche Vergünstigungen gab. Einige Unternehmen werden möglicherweise nur wegen des Prestigegewinns umweltbewußt werden. Die USA sind sogar aus den Vereinbarungen zum Klimaschutz von Rio ausgestiegen um, laut Präsident Bush, die Wirtschaft anzukurbeln. „Umweltschutz gut und schön – kann ich mir aber nicht leisten.“ Oder: „Das ist doch nur was für diese grünen Spinner.“ Diese veraltete Denkweise sitzt noch allzu tief und diese Menschen haben noch nicht begriffen, daß sie sich eigentlich ihr derzeitiges Verhalten nicht leisten können. Erst eine Flutkatastophe, wie in diesem Sommer, bewegt einige zum Umdenken. Andere hingegen schimpfen immer noch nur über zu niedrige Deiche oder zu nah ans Wasser gebaute Häuser, ohne die Ursachen erfaßt zu haben. Diese Menschen suchen ihren Vorteil, und handeln umweltgerecht, wenn es günstiger für sie ist. Hier ist nun in erster Linie die Politik gefragt, die durch eine vernünftige Besteuerung von Waren und Dienstleistungen lenkend eingreifen sollte. Umweltgerechtes Handeln sollte billiger sein, als umweltbelastendes. Die Reparatur eines Gerätes z.B. muß sich gegenüber dem Neukauf wieder lohnen. Da man bei Bauherren eher selten auf die „Idealisten“ trifft, gilt es auch hier ihm die einfachen Vorteile nachhaltigem/ökologischem Vorgehens nahezubringen. Die folgenden Anforderungshauptlinien umweltgerechten Bauens sind: • Wohngesundheit • Energiebewußtsein • Baukostensenkung • Bewohnerorientierung • Dauerhaftigkeit • Wiederverwendung

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Als Beispiel: Der Bauherr wünscht einen reibungslosen Ablauf einer Badsanierung, schnell und ohne viel Dreck und Ärger mit den Mietern – eine Planungsvorgabe, die sich mit vorgefertigten Bauteilen ökologisch günstig lösen läßt. Vorgefertigte Bauteile findet man heute in vielen Bereichen: bei Badausstattungen (Elementbäder), großtafeligen Fußbodenbelägen, bei Treppen und Geländern, usw.. Aber auch individuell vorgefertigte Bauteile sind möglich. In Holland werden ganze Siedlungen aus industriell nach Angaben und Plänen von Architekten gefertigt, und auf der Baustelle nur noch zusammengefügt. Dies erspart der Umwelt und dem Bauherrn eine Menge Zeit, Transport- und Materialkosten und der Standard ist dabei nicht schlechter als eine herkömmliche Bauweise. Natürlich ist bei der Materialwahl der ökologische Aspekt zu berücksichtigen. Sind umfangreiche Vor- und Folgearbeiten nicht von Nöten, Verzögerungen im Bauablauf durch Trockenphasen nicht einzurechnen, so ist durch diese zeitsparenden Konstruktionen die gesamte Bauzeit zu verkürzen. Dies ist natürlich gerade auch bei bewohnten Wohnungen anzustreben. Lohnkosten am Bau sind hoch und außerdem muß bei Arbeiten in bewohnten Räumen mit Mieteinbußen gerechnet werden, womit hier also eine zügige reibungslose Durchführung besonders wichtig ist. Anschließend wünscht der Bauherr noch eine Wärmedämmung der Außenwand um Heizkosten zu sparen. Hier steht die Wahl des Dämmstoffes im Vordergrund. Extrudiertes Polystyrol ist ein gängiges Produkt zur Dämmung von Außenwänden. Allerdings entsteht es aus der nicht erneuerbaren Energiequelle Erdöl und ist zudem bislang nicht recylebar. Zellulose als umweltfreundlichere Alternative kann dem Bauherrn über die in späteren Jahren anfallenden Entsorgungskosten von Polystyrol nahegebracht werden. Die Zellulose dagegen kann einfach kompostiert werden und ist an sich schon ein Produkt aus dem Abfall der Holzindustrie. Holz als nachwachsender Rohstoff ist auch bereits eine viel günstigere Basis als Erdöl.

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3. Wirtschaftlichkeit 3.1 Nennen und erläutern Sie bitte Planungsgrundsätze für eine besonders wirtschaftliche und zusätzlich stoffstromoptimierte Altbaumodernisierung. Der Begriff „Stoffstrom-Management“ beinhaltet die Reduzierung der vom Menschen hervorgerufenen Stoffströme im Sinne eines ressourcenschoneneden Umgangs mit der Umwelt. Auch. Ökologie und Ökonomie spielen hier eine gewichtige Rolle, da im Grunde eine Erhöhung der Ressourcenproduktivität erreicht werden soll. Es ergeben sich hieraus grundsätzliche Anforderungen für das Bauen: • Auswahl von Bauprodukten mit geringen Stoffströmen • Bei gleicher Funktion die Geringere Masse eines Bauproduktes wählen • Anstelle von Abbruch, Mehrfachnutzung und Ergänzung Für die Altbausanierung im Besonderen ergeben sich folgende wirtschaftliche Überlegungen bei: • Bestandsaufnahme Die detaillierte Bestandsaufnahme ist der Grundsockel für alle weiteren Planungen. Von Anfang an genau geführt, ergibt sie durch ihre Planungserleichterungen eine Verminderung der Baukosten. •

Planung Aufgrund der Bestandsaufnahme kann man in der Planung Kosten reduzieren, weil frühzeitig die Chancen und Anforderungen des Denkmalschutzes einbezogen werden können. Grundrisse und äußere Hüllen vertragen oft keine durchgreifenden Veränderungen und verlangen oft Kompromißlösungen. Einen optimalen Grundriß sollte man im Altbau nicht erwarten, auch hier sich Aufwand und Nutzen gegeneinander aufzuwiegen.



Kostenberechnung Die Bestandsaufnahme nach Bauteilen hilft nicht nur die Kostenrechnung durchzuführen. In jeder Bauphase ermöglicht sie die Transparenz der laufenden Kosten. Unangenehme Überraschungen tauchen kaum auf. Die Finanzierung ist gesichert.



Wirtschaftlichkeit Da ein Bauherr im Allgemeinen seine Entscheidungen nach der Wirtschaftlichkeit trifft , sollte der Architekt auch einige Förderungsmaßnahmen kennen, um sie gegebenenfalls dem Bauherrn vorstellen zu können. Unter Umständen ist ein solche Maßnahme ausschlaggebend für eine positive Entscheidung über eine Baumaßnahme. Selbst zunächst höhere Eigenleistungen des Bauherrn werden durch nachweislich niedrigere Instandhaltungskosten zu der wirtschaftlicheren Entscheidung.



Ökologie und Ökonomie Eine schwierige Gradwanderung für einen Architekten ist die Entscheidung für einen Modernisierungsvorschlag. Schließlich muß er abschätzen können inwieweit sich die Technik im Laufe der Jahre entwickeln wird, und ob mit z. B. einer Solarnutzung nicht diese oder jene in der Forschung befindliche Entwicklung abgewartet werden sollte. Eine Modernisierung soll sich ja für den Bauherrn lohnen und nicht nach ein paar Jahren wieder der Zeit hinterherhinken. Gerade die recyclebaren Stoffe werden in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen müssen und auch solche Aspekte sind zu bedenken. Seite 24/39

3.2 Wie und mit welchen Leistungsbestandteilen kalkulieren Sie ein Gutachten zur Abklärung der Modernisierungsfähigketi eines Wohngebäudes? Die Ermittlung der Kosten für die Modernisierung eines Gebäudes ergibt sich aus der bauteilbezogenen Bestandsaufnahme. Es müssen also relativ genaue Einschätzungen sämtlicher wesentlicher Teile des Bauwerkes gegeben sein, um die noch zu erwartende Lebensdauer des gesamten Hauses bestimmen zu können. Wegen der unterschiedlichen Abnutzung eines Gebäudes muß zusätzlich auch der Instandsetzungssockel bestimmt werden. Erst danach kann man die Kostengrenze festlegen, nach der eine Modernisierung nicht mehr wirtschaftlich ist. Kostengrenzen werden im Allgemeine nach vergleichbaren Kosten eines Neubaus an gleicher Stelle angegeben. Ein Kosten-Nutzenvergleich klärt nun die Frage, welches die rentabelste Lösung im Umgang mit den einzelnen Bauteilen ist. Deren Lebensdauer ist dabei von entscheidender Bedeutung. Je geringer die zu erwartende Restlebensdauer, desto geringer die eingesetzten Mittel für seine Sanierung. Ein Vergleich mit neu einzubauenden Bauteilen wird hier erforderlich. Ein Vergleich ganz anderer Art ist der mit den Ansprüchen der potentiellen oder vorhandenen Mieter und deren Zahlungsmöglichkeiten. Kann ein Haus den ständig steigenden Ansprüchen nicht ohne erheblichen Aufwand entsprechen, ist es aus diesem Grund vielleicht auch nicht mehr modernisierungsfähig. Es kann sich bei diesen Ansprüchen um Ausstattungstandards und/oder Gundrißanforderungen handeln. Die Bauteilberechnungsmethode vereinfacht die Berechnung der Modernisierungskosten nach unterschiedlichen Standards mit Hilfe der im Fachhandel erhältlichen Bauteilkataloge mit Durchschnittswerten abgerechneter Projekte. Man erhält zu folgenden Gesichtspunkten eine Aussage gemacht werden: • • • •

Erhalt bzw. Erneuerung der einzelnen Bauteile erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen notwendige, bauteilmäßige Erneuerung bzw. Instandsetzung erforderliche Verbesserungsmaßnahmen

Um die Wirtschaftlichkeit sinnvoll abzuwägen, muß man nun noch folgende Punkte berücksichtigen • • • •

Mieterhöhungen und neue Mieten nach der Modernisierung. Wohnwertverbesserungen für die Mieter der Wohnungen. Senkung der Instandhaltungskosten für den Eigentümer. Verlängerung der voraussichtlichen Nutzungsdauer des Gebäudes.

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3.3 Wie ist die Zuverlässigkeit von Vergleichswerten für Modernisierungskosten je m³ Rauminhalt, je m² Wohnfläche und nach Einzelbauteilen einzuschätzen? Die Berechnung nach Einzelbauteilen ist der Berechnung nach m³ Rauminhalt oder nach m² Wohnfläche wegen der höheren Genauigkeit in jedem Fall vorzuziehen. Einfluß der Wohnungsgröße bei Anwendung von Kostenvergleichswerten je m² Wohnfläche, Faustregel: 10 m² Wohnfläche mehr oder weniger – bezogen auf eine Wohnung mit 70 m² - senken bzw. erhöhen die Baukosten je m² Wohnfläche um jeweils ca. 6%. Zur groben Bestimmung der entstehenden Kosten können die m² Wohnfläche – Vergleichswerte herangezogen werden, wenn die folgenden Einflußfaktoren bekannt sind und berücksichtigt werden. Sie können sich erheblich auf die Kosten auswirken, auch wenn die Vergleichswerte von im Prinzip ähnlichen Bautypen gleicher Baualtersstufe stammen oder nur ein Einzelner zutrifft. Einflußfaktoren: • • • • • • • • • • •

im Detail abweichende Bauform abweichender Bauzustand abweichende Grundrißveränderung abweichender Ausstattungsstandard abweichender Maßnahmenumfang zeitlich versetzte Ausführung besondere Mieterprobleme Selbsthilfeeinsatz abweichende behördliche Auflagen regionale Kostenstrukturen konjunkturelle Schwankungen

zudem gibt es noch Abweichende Kriterien der Bauform: • Geschoßzahl und damit das Verhältnis einzelner Bauteilmengen zur Wohnfläche • besonders niedrige oder große Geschoßhöhen • vollständige, teilweise oder kleine Unterkellerung • Dachform und Fassadengestaltung • abweichende Konstruktionen Abweichungen im baulichen Erhaltungszustand können alle vorhandenen Bauteile betreffen und sind im Rahmen einer Bestandsaufnahme zu prüfen. Die erforderlichen Kosten werden durch den Umfang der Maßnahme und besonders durch die vorgesehenen Grundrißänderungen bestimmt, wobei kleinere Wohnungen im Schnitt teurer werden. Ausstattungsvarianten können 15% Preisunterschied bedeuten. Denkmalpflegerische Aspekte können 5 – 10% zusätzlich ergeben.

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Es wird klar, daß bei den Nutzung von Durchschnittswerten je m² Wohnfläche weitere Angabe notwendig werden: • Ergänzung des Begriffs Vollmodernisierung durch die Angabe der Einzelmaßnahme • Angabe des Standards • In ein Gesamtkonzept eingebundene Teilmaßnahmen • Art und Umfang der Grundrißveränderungen • Durchschnittsgröße der Wohnung In Frage 1.3 wurde die Bauteilmethode vorgestellt. Dort wird auch klar, warum sie die zuverlässigste Methode der Kostenberechnung ist. Sie ist zunächst mit einem erheblich höherem Aufwand verbunden, dankt dies allerdings mit einer großen Genauigkeit und Flexibilität. Hat ein Bauherr sich dieses Gutachten erstellen lassen, so wird er spätestens bei der Transparenz der zu erwartenden Kosten glücklich über diese Vorabinvestition sein.

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3.4 Zusammenhänge zwischen Mieten und Investitionskosten zur Wirtschaftlichkeits-Beurteilung von Baumaßnahmen an Altbauwohnungen Beim Vergleich der Investitionskosten bei Alt- und Neubau, wird der Altbau zunächst schlechter abschneiden. Aber der Nachhaltigkeit wegen darf ein direkter Vergleich nicht gezogen werden Die aus dem Neubau bekannten Kostenmieten, die bei 20 bis 25 DM/m² lagen, sind für Altbaumodernisierungen nicht realistisch. Beim Vergleich der Gebäude nach Baualter wird klar, daß Grundrisse und Installationen etwa 15-20 Jahre lang der Zeit entsprechen. Danach ist auch der Neubau ein Altbau und muß erneuert werden. Immerhin kann man durch einen gezielten Ansatz in der Planung mit einem Drittel des Neubauaufwandes den Wohnwert erheblich verbessern. Eine gewisse Erfahrung gehört zur Planungsoptimierung nach den NachhaltigkeitsLeitregeln. Es muß auch nicht immer alles modernisiert werden. Die Bauteilberechnung erleichtert auch hier die Entscheidung. Aus der Differenz zwischen vorhandenem Mietpreis und nutzungverträglichem Erhöhungsspielraum wird die Obergrenze der Baukosten durch Finanzierungs- und Mietberechnung verbindlich ermittelt.

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3.5 Bedeutung von Instandsetzungs- und Modernisierungsanteilen an den Baukosten zur Weiterentwicklung von Altbauwohnungen Da Vermieter grundsätzlich daran interessiert sind, einen finanziellen Vorteil aus dem Besitz eines Gebäudes zu ziehen, kann man behaupten, daß Instandsetzungs- und Modernisierungsanteile wesentlicher Bestandteil der Weiterentwicklung von Altbaubeständen sind. Jedoch in sehr unterschiedlichem Maße: Instandsetzung erhält einen Gebäuderwert, Modernisierung erhöht ihn. Die Instandsetzungskosten sind nicht mietwirksam, die Modernisierungskosten hingegen schon. Daher ist es für den Vermieter schon bei der Planung einer Baumaßnahme wichtig zu wissen, in welchem Umfang er die entstehenden Kosten auf die Mieter abwälzen kann. Dabei ist die Zahlungsbereitschaft der Mieter zu berücksichtigen, ob die zu erwartende Mietsteigerung der Wohnwertsteigerung entspricht und ob eine längere Nutzung und Vermietung erwartet werden kann. Mietwirksamkeit verschiedener Bauelement-Maßnahmen in %: Baumaßnahme Elektro neu Heizung neu Sanitär neu Fenster neu Dachdeckung Außenputz Tapeten neu Türen neu

Instandsetzung % 50 0 0 40 60 100 40 0

Modernisierung % 50 100 100 60 40 0 60 100

Aus obiger Tabelle ergibt sich das wahrscheinlich bevorzugte Handeln des Vermieters. Da die Erneuerung der Heizungsanlage zu 100% mietwirksam werden kann, wird er sich eher dafür entscheiden als für neue Fenster, die er nur zu 60 % umlegen kann. (Grundsätzlich ist dabei zu beachten, daß die Mieterhöhung für sieben Jahre bei Modernisierungen auf 11 % gesetzlich begrenzt ist.) Eine Entscheidung für neue Fenster gegen eine neue Heizungsanlage fällt folglich nur, wenn andere Vorteile überwiegen. Dies könnte eine erhebliche Wohnwertsteigerung sein, wenn z. B. die alten Fenster undicht sind und unangenehme Zugluft verursachen, was eine schlechte Wohnquallität bedeutet und damit eine geringe Attraktivität der Wohnung auf dem freien Markt. Es kann also vorkommen, daß ein Bauherr eine für die Weiterentwicklung seines Gebäudes unsinnige Entscheidung aus rein wirtschaftlichen Interessen trifft, da er ja eine Heizung, auch wenn sie erst zehn Jahre alt ist ersetzen und voll umlegen kann, während eine Isolierung der Außenhülle mietunwirksam und damit zunächst unrentabel ist.

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4. Sozialbeteiligung 4.1 Wie und in welcher Planungsphase wirken sich verschiedene Modelle der Baudurchführung auf die Planung von Baumaßnahmen aus? Organisationsvarianten: 1. Auszug aller Mieter und arbeiten in leerstehenden Gebäuden Idealfall - Bei diesem Modell gibt es für die Planung kaum Einschränkungen. Alles ist möglich was nicht den Zeit- und Kostenrahmen sprengt. Geplant werden muß der rechtzeitige Auszug der Mieter vor Baubeginn. Manchmal ist es auch die einzige Möglichkeit, nämlich dann, wenn konstruktive Sanierungsmaßnahmen aufgrund durchgefaulter Deckenbalken z. B. erforderlich werden. Das Vorhalten und Bereitstellen einer ausreichenden Anzahl von Ausweichwohnungen, in die die Mieter vorübergehend einziehen ist nur für größere Wohnungseigner wie Wohnungsgesellschaften praktikabel. Private Eigentümer können dies im Allgemeinen nicht leisten. Dazu ist ein hohen Wohnungsbestand von Nöten und außerdem müssen die Mietausfälle zu verkraften sein. Die Lage und Qualität der Ausweichwohnungen muß für die Mieter zumutbar sein, die Kosten des doppelten Umzuges vom Vermieter getragen werden. Eine Planung der Baudurchführung ist hier nach dem Freizug am einfachsten, da ja die Belange der Bewohner wie Lärmschutz, Wasser, Strom etc. nicht berücksichtigt werden müssen. Allein der Eigentümer hat ein Interesse an der schnellstmöglichen Durchführung, wegen des unrentablen Leerstandes. 2. Freiziehen von Gebäudeteilen und Bautakt-Ausführung Normalfall Stehen nicht genug Ausweichwohnungen in anderen Gebäuden zur Verfügung, müssen das Gebäude abschnittsweise freigezogen werden. Dabei ist wichtig, daß jeweils strangweise übereinanderliegende Wohnungen gleichzeitig frei sind, da nicht nur der Baulärm von oben und unten am unangenehmsten ist, sondern weil die Installationen vom Keller senkrecht durchs ganze Haus geführt werden müssen. Insgesamt verlängert sich die Bauzeit im Verhältnis zur ersten Variante, da die Arbeiten durch die Umzüge immer wieder gestoppt werden. Die Firmen können nun nicht mehr von Wohnung zu Wohnung gehen, es entstehen statt dessen Zwischenzeiten für den Umzug. Eine detaillierte Zeitplanung muß schon vor Baubeginn feststehen. Ansonsten ist auch bei diesem Modell mit nur wenigen Planungseinschränkungen zu rechnen. Sämtliche Bauteile können problemlos saniert werden. 3. Umzugsmanagement mit mehrfachem Mieterumzug Sehr zeitgenaue Planung erforderlich und außerdem äußerst flexible Mieter. Vom Prinzip herrschen hier die gleichen Regeln wie bei der zweiten Variante, die Zeitplanung bekommt allerdings einen noch höheren Stellenwert. Einschränkungen entstehen eventuell durch die fehlende Bereitschaft der Mieter mehr als zweimal umzuziehen. Dies ist im Vorfeld genau abzuklären und natürlich schriftlich mit dem Mieter im Rahmen der Modernisierungsvereinbarungen zu regeln.

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4. Arbeiten in komplett bewohnten Wohnungen Schnellste Variante wegen der ständigen Kontrolle der Handwerker durch die Mieter und der begrenzten Möglichkeiten. In größeren Wohnung gibt es noch die Möglichkeit raumweise vorzugehen, da die Mieter und ihre Möbel dort durchaus einfach enger zusammenrücken können. Bei kleine Wohnungen oder gar Einraum- Apartments ist eine solche Lösung nicht anwendbar. Ob kleine oder große, die Belastung für die Mieter ist immens. Die Bauleitung sollte daher auch stets Obacht auf das Verhalten der Handwerker haben und Rücksichtslosigkeiten sofort ahnden. Die Planung von Baumaßnahmen hat in diesem Modell den engsten Rahmen. Ausführungsplanungen wie Fußbodenerneuerungen, die über die Auslegeware hinausgehen, z. B. Parkett, sind kaum zu realisieren, da sie mit zu großen Belästigungen für die Mieter verbunden sind. Die Wahl der Baustoffe ist eingeschränkt. Eine gemauerte Wand ist wegen der langen Abbinde- und Trockenzeiten nicht zumutbar, womit der Planer auf den Trockenbau beschränkt ist.

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4.2 Welche Möglichkeiten der Beteiligung an einer Maßnahmenplanung sieht der Gesetzgeber für die Mieter von Altbauwohnungen vor? Es gibt keine Vorschrift, die dem Mieter das Recht an der Beteiligung von Maßnahmenplanungen zubilligt. BGB § 554, Neugefaßt durch Bek. v. 2.1.2002 I 42 Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (1) Der Mieter hat Maßnahmen zu dulden, die zur Erhaltung der Mietsache erforderlich sind. (2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist. (3) Bei Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 hat der Vermieter dem Mieter spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme deren Art sowie voraussichtlichen Umfang und Beginn, voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung in Textform mitzuteilen. Der Mieter ist berechtigt, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Mitteilung folgt, außerordentlich zum Ablauf des nächsten Monats zu kündigen. Diese Vorschriften gelten nicht bei Maßnahmen, die nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die vermieteten Räume verbunden sind und nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung führen. (4) Aufwendungen, die der Mieter infolge einer Maßnahme nach Absatz 1 oder 2 Satz 1 machen musste, hat der Vermieter in angemessenem Umfang zu ersetzen. Auf Verlangen hat er Vorschuss zu leisten. (5) Eine zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 2 bis 4 abweichende Vereinbarung ist unwirksam Paragraph 554 (1) bezieht sich auf die Pflege, Wartung und Instandsetzung eines Gebäudes der Absatz (2) auf Modernisierungen und Verbesserungen. Grundsätzlich hat der Mieter also Baumaßnahmen zu dulden, sofern sie der Erhaltung und/oder der Verbesserung des Gebäudes dienen. Absatz (2) macht zwar die Einschränkung der unzumutbaren Härte, geht jedoch bis auf eine unangemessene Mieterhöhung nicht darauf ein, wann ein solcher Fall vorliegt. Es gibt allerdings eine Mitteilungspflicht des Eigentümers nach Absatz (3), die der Vermieter schriftlich zu erfüllen hat. Hierin muß die Baumaßnahme beschrieben werden. Dabei muß auch schon die Erhöhung der Miete auch erläutert werden. Der Mieter hat darauf nur ein Kündigungsrecht.

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4.3 Welche Schritte der Information und der Beteiligung von Mietern und Mieterinnen bei Modernisierungen berücksichtigen angemessen deren soziale Belange? Im Gegensatz zum Mietwohnungsneubau, bei dem in den meisten Fällen die zukünftigen Nutzer nicht feststehen, ist dies bei der Wohnungsmodernisierung sehr oft wohl der Fall, d. h. neben dem Bauherrn hat auch der derzeitige und zukünftige Nutzer bestimmte Wünsche und Ansprüche bezüglich der Modernisierung seiner Wohnung. Und da der Mieter bei gesättigten Wohnungsmärkten an Einfluß gewinnen wird, sind die Mieterwünsche nach Möglichkeit zu berücksichtigen. In der Praxis hat sich gezeigt, daß eine Mieterinformation nach rechtlichen Mindestanforderungen nicht ausreicht um eine ausreichende Abwägung der Interessen von Mieter und Eigentümer zu gewährleisten. Im städtebaulichen Planungsverfahren ist eine Bürgeranhörung vorgeschrieben, bei Sanierungsmaßnahmen jedoch aus eigentums-rechtlichen Gründen nicht. Immer mehr Planer und Eigentümer lernen jedoch das einvernehmliche Zusammenarbeiten mit den Mietern zu schätzen. Dazu empfiehlt sich auch eine weit über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinausgehende Anhörung und Information der Nutzer. Einzelschritte der Mieterinformation: • Informationsschritt Zeitpunkt ca. 12-15 Monate vor Baubeginn • Begründung der Bestandsaufnahme als Grundlage von Planungsüberlegungen durch Anschreiben • Grobe Erklärung möglicher Modernisierungsmaßnahmen und Konzepte in einem Anschreiben • Genauer Terminplan für die Bestandserfassung • Ankündigung der Erfassung von Stellungnahmen der Mieter im Gespräch während der Aufnahme Dieser Schritt dient in erster Linie der Beruhigung der Mieter und er kommt den heißlaufenden Telefonen beim Vermieter und wilden Spekulationen zuvor, wenn auf einmal jemand in einer Wohnung eine Bauaufnahme machen möchte. Auf diese Weise ist von vorne herein geklärt was, wann in welchem Umfang stattfinden soll und daß der Mieter dabei nicht übergangen wird. Die Erfassung der Mieterdaten, -stellungnahmen und wünsche läßt sich einfach durch einen Frageboden erstellen. Hierbei ergibt sich ein Mieterprofil, welches wertvoll für die darauffolgende Wahl eines Organisationsmodells zur Durchführung der Maßnahme ist, aber auch hilft über tatsächliche Art und Umfang der Modernisierung zu entscheiden. Einer gehbehinderten Person z. B. kann ein Umzug vom EG ins OG ohne Aufzug schon nicht zugemutet werden. Ergibt sich aus der Umfrage eine finanziell allgemein schwach gestellte Mieterschaft, so sollte über den Umfang und den Standard möglicherweise neu nachgedacht werden, damit die finanzielle Belastung auch nachher noch tragbar ist. Es kann aber auch festgestellt werden, daß die eigentlichen Schwachstellen eines Gebäudes an ganz anderen Stellen als vermutet liegen und somit die Planung komplett umgestellt werden muß. Will der Eigentümer beispielsweise die Bäder modernisieren, kann es vorkommen, daß die Nutzer bei der Befragung aber über die undichten Fenster und Zugluft im Haus klagen, womit eine ganz anderer Planungsgrundlage entsteht. Seite 33/39

Registrieren und Bewerten von Mieterwünschen geschieht allgemein nach deren: - Kritik am vorhandenen Grundriß - Austattungsveränderungen - Vor-/Nachteile des Wohnumfeldes - zu erhaltenden Einbauten - Verbesserungsprioritäten - Mietzahlungsbereitschaft - Selbsthilfeleistung - möglichen Umzug während der Bauzeit - Verbleib in der Bauzeit •

Informationsschritt Zeitpunkt ca. 6 Monate vor Baubeginn • Erläuterung geplanter Maßnahmen in einem Anschreiben mit beigefügten Unterlagen • Ankündigung einer Gemeinschafts - Mieterinformationsveranstaltung mit Einladung aller Mieter • Mieterinformationsveranstaltung mit Plänen, Schaubildern, Diavorträgen, Diskussionen Die Mieterinformationsveranstaltung verhilft der Mieterschaft zu einer starken Stimme. Ordentlich angekündigt mit Vorab-Infomaterial kann jeder gut vorbereitet zu einer solchen Veranstaltung erscheinen und Antwort auf offene Fragen bekommen. Sie ist die Basis für eine gute Zusammenarbeit der Beteiligten.



Informationsschritt Zeitpunkt ca. 2-4 Monate vor Baubeginn • Ankündigung von Einzelgesprächen mit allen Mietern nach genauem Terminplan als Anschreiben • Durchsprache aller relevanten Themenbereiche mit den betroffenen Mietparteien • Festlegung der Besprechungsergebnisse und Regelung in Modernisierungsvereinbarungen Zu diesem Zeitpunkt ist es noch möglich auf Mieterwünsche einzugehen. In einer Modernisierungsvereinbarung, deren Anfertigung man nur dringend empfehlen kann, werden nun die Einzelheiten in Schrift und Plan festgelegt. Dazu gehören auch Sonderwünsche, wie z. B. besondere Armaturen im Bad. Hier kann auch eine Selbsthilfeleistung durch den Mieter aufgenommen werden. Dies ermöglicht ihnen mehr Freiraum bei der Gestaltung ihrer Wohnung ohne den Kostenrahmen des Besitzers zu sprengen. Die zu erwartende Erhöhung des Mietzinse kann auf die Leistungen der Mieter angepaßt werden. Durch solche Vereinbarungen wird die Zufriedenheit und Identifikation mit der Wohnung gestärkt.



Informationsschritt Zeitpunkt während der Baudurchführung • Bekanntmachung des zuständigen Bauleiters durch Vorstellung und Aushang mit Lichtbild • Bekanntgabe der ausführenden Handwerksfirmen mit verantwortlichem Ansprechpartner • Einrichten einer ständigen Informationsstelle beim Eigentümer für die Beratung der Mieter Abgesehen davon, daß es einfach höflich ist sich als Bauleiter bei den Betroffenen vorzustellen, erleichtert es auch das Aufeinanderzugehen. Jemanden den man kennt Seite 34/39

vertraut man eher und spricht ihn auch leichter bei Problemen an. Die Mieter sind für den Bauleiter eine unschätzbare Informationsquelle und Kontrollinstanz. Er erfährt sofort, wenn Handwerker nicht erscheinen, schlampig arbeiten, Schäden entstehen,...usw. Und Leute die sich gut behandelt fühlen geben dies auch dann als Information an den Eigentümer/Bauleiter weiter und nicht unbedingt in Form einer Beschwerde. •

Informationsschritt Zeitpunkt ca. 2-3 Monate nach Fertigstellung • Zusammenfassende Darstellung der Daten und Fakten in Schriftform • Gemeinschaftliche Abschlußveranstaltung mit Handwerkern, Mietern und Eigentümer Zum Abschluß ein wenig zu feiern und eventuell auch einen Dank für die gute Zusammenarbeit auszusprechen sichert auch für die Zukunft ein gutes Zusammenarbeiten.

Einen solchen Ablauf kann man sicher als angemessen bezeichnen. Es ist auch durchaus nicht übertrieben einen solch engen Kontakt zu während des gesamten Projektes zu halten. Die Mieter kennen schließlich die Schwachstellen ihren Wohnungen am allerbesten. Gegen die Nutzer zu arbeiten bedeutet in der Regel auf heftigen Widerstand und eine unbefriedigende Zusammenarbeit zu erleben. Fragebogen

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4.4 Wie lange dauern die verschiedenen Phasen der Vorbereitung , der Durchführung und Nachbereitung einer Wohnungsmodernisierung im Durchschnitt? Zuverlässige Einschätzungen des zu erwartenden Zeitaufwandes einer Baumaßnahme ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine zufriedenstellende Abwicklung einer Modernisierung. Der Zeitaufwand schwankt erheblich je nach Aufgabenstellung und Organisationsmodell. In der nachstehenden Tabelle sind zwar nur Durchschnittswerte aufgeführt, sie geben jedoch Aufschluß über das Verhältnis von Planungszeit zu eigentlicher Bauzeit. Letztere dauern nicht mal halb so lange wie die Vor- und Nacharbeit dazu. Diese wird häufig unterschätzt. Durchschnittlicher Zeitaufwand für Modernisierungsplanung und -durchführung Übersicht: Monate 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30 33 Einzelphasen 1. Bestandsaufnahme, Vor- 4 Mon. planung, 12 Kostenberechnung % Genehmigungsplan 2. Förderungs-Anträge, Antrags-Laufzeit,

5 Mon. 15 %

Einholen der Bewilligungen 3. Ausführungsplanung, 6. Gesamtdauer einer Ausschreibung,

6 Mon. =

100 %

17 %

Prüfung + Vergabe, Bauverträge 4. Baubeginn + -durchführung, Bauleitung, Fertigstellung,

10 Mon. 31 %

Bezug 5. Baukostenabrechnung, Verwendungsnachweis,

8 Mon. 25 %

Mietberechnung durchschnittlichen Maßnahme Betrachten wir nun einmal die 10-monatige Bauzeit etwas genauer in nachstehender Tabelle. Seite 36/39

Auffallend ist der im Verhältnis zum Umsatz lange Zeitraum für Vor- und Nacharbeiten. Zusammengenommen benötigen sie 20 Wochen – genauso lange wie die Kernbauzeit – erwirtschaften aber nicht mal ein Drittel deren Umsatzes. Das Ziel jeder Bauleitplanung muß wirtschaftlich gesehen also die Verkürzung dieses unrentableren Faktors sein. Dies funktioniert über eine möglichst genaue und straffe Planung. Die Gewerke müssen möglichst nahtlos ineinander übergreifend arbeiten. Während der Kernbauzeit ist eine Straffung kaum möglich, da jede Baustelle nur eine begrenzte Zahl gleichzeitig arbeitender Handwerker verkraften kann. Bauablauf: Beispiel für einen Wohnblock mit 14 Wohnungen Umsatz der Handwerker in Euro/Wo

20.000

15.000

Kernbauze it ca. 80% Leistungsant eil 10.000

5.000

Vorlaufze it ca. 10% Leistungsant eil

Nachlaufzeit ca. 10% Leistungsant eil

0 0

2

4

6

8

10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40

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Für die Berechnung des tatsächlich zu erwartenden Durchführungszeitraumes müssen grundsätzlich bekannt sein: • die Baukosten der geplanten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahme ohne Baunebenkosten • die Zahl der gleichzeitig zu modernisierenden Wohnungen Die Zahl der Wohnungen ist bedeutend für die Zeitplanung. Sie ergeben sich aus den Organisationsmodellen. Außerdem gilt: • je größer das Bauvolumen, desto länger die Baudurchführungszeit • je mehr Handwerker von einer Firma aus gleichzeitig eingesetzt werden können, desto kürzer wird sie, und • je genauer die Bauleitung die einzelnen Gewerke miteinander koordiniert, desto zügiger der Baufortschritt. Kernbauzeit:

Vor-/ Nachlaufzeit:

Handwerker in Mann pro Tag in Abhängigkeit von Projektgrößen

Handwerkereinsatz in Mann pro Tag in Abhängigkeit von der Qualität der Arbeitsorganisation Projektgröße Mann pro Tag ausreichend 1 bis 2 Mann mittel 3 bis 4 Mann gut 5 bis 6 Mann

Projektgröße 1 bis 3 Wohnungen 4 bis 9 10 bis 15

Mann pro Tag 4 bis 6 Mann 7 bis 10 Mann 11 bis 15 Mann

Die Bauzeitplanung kann über die Höhe der berechneten Baukosten erstellt werden. Nimmt man einen durchschnittlichen Handwerkerumsatz von z. B. 400 Euro/Tag, (ergibt sich aus 57% Lohn- und 43% Materialkosten – aktuelle Zahlen aus der einschlägigen Fachliteratur zu beziehen) und überträgt ihn in vorstehende Tabellen, erhält man den möglichen Umsatz pro Tag. Entsprechende aktuelle Tabellen in der Fachliteratur enthalten die Zahlen auf die Woche hochgerechnet, da dies die übliche Zeiteinheit bei der groben Bauzeitenberechnung ist.

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4.5 Beschreiben Sie bitte, was zur Aufrechterhaltung der Wohnbedürfnisse von Mietern beim Arbeiten in bewohnten Wohnungen zu gewährleisten ist. Alle Arbeiten in bewohnten Gebäuden werden die Einwohner in ihrem normalen Leben beeinträchtigen. Aufgabe des Planers ist es diese Belästigungen so gering wie möglich zu halten und für eine schnelle Abwicklung der Bauphase zu sorgen. Dabei hat er besonders zu beachten: Bei Arbeiten in bewohnten Wohnungen sind die Grundwohnbedürfnisse zu gewährleisten. Nicht nur eine intensive Planung, sondern auch deren Überwachung ist dazu nötig. Als Grundwohnbedürfnis ist die Sorge für die Ver- und Entsorgung der Wohnung, die Gewährleistung von Heiz-, Koch- und Waschmöglichkeit, sowie eine abgeschlossene Schlafstätte zu verstehen. Der gewohnte Standart ist meist dabei nicht zu halten. Eine provisorische Parallelinstallation mit einiger Improvisation, wie WC im Abstellraum ist vom Mieter in Kauf zu nehmen. Das Gebäude muß gefahrlos zu nutzen sein. Dazu zählt, daß geeignete Maßnahmen zum Schutz gegen Erschütterungen, Staub und Lärm getroffen werden. Der anfallende Bauschutt muß ständig beseitigt werden. Kleinste Fehler bei der Abdeckung gegen Stau, bei der Schuttbeseitigung oder Arbeitstechnik können unerträgliche Belästigungen bedeuten. Eine sorgfältige Überwachung und Einweisung der Handwerker am Besten vor Ort zusammen mit den betreffenden Mietern ist notwendig. Der Bauleiter sollte die Beschwerden der Mieter ernst nehmen und sofort darauf reagieren. Die Umzugsbetreuung, Möbellagerung und Sicherung von Rückzugsbereichen ist für die Mieter auch von elementarer Bedeutung. Viele würden nie freiwillig umziehen, andere sind völlig überfordert oder machen sich Sorgen um liebgewordene Dinge und unersetzbare Erinnerungsstücke. Auch der Umzug ist durch geeignete Firmen sorgfältig zu planen, damit möglichst keine Beschädigungen an den Möbeln der Mieter entstehen. Ebenso sorgfältig sind die Einrichtungsgegenstände vor Staub, Schmutz und Wasser zu schützen und in geeigneten abschließbaren Lagerräumen unterzubringen, sofern sie nicht genutzt werden. Nicht zu unterschätzen ist die Bewältigung psychischer Probleme der Mieter. Eine Art Sorgentelefon und eine einfühlsame Betreuung durch die Bauleitung kann hier helfen. Viele Bewohner eines sanierungsbedürftigen Hauses wohnen dort z. T. schon sehr lange. Es sind eben nicht die flexiblen, unproblematischen oder jungen Leute, die der Betreuung bedürfen, sondern die sensiblen, alten, kranken, sozial schwachen, kinderreichen,...etc., die der Hilfe bedürfen.

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