als Allgemeinbildung von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe

Pädagogik/Erziehungswissenschaft 211 als Allgemeinbildung von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe II, 2008). Die Weiterentwicklung der Ö. B. wird ...
Author: Ludo Fertig
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als Allgemeinbildung von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe II, 2008). Die Weiterentwicklung der Ö. B. wird davon abhängig sein, inwieweit diese Referenzsysteme in die Standardentwicklungen, wie sie für viele Fächer in Deutschland gegenwärtig diskutiert werden, einfließen. Denn dies wäre stimulierend für die Entwicklung von Lehr- und Forschungspotential zur Ö. B. in der Bundesrepublik. Hans Kaminski Jahresbände der Deutschen Gesellschaft für ökonomische Bildung, seit 1988. Franz-Josef Kaiser / Hans Kaminski: Methodik des Ökonomie-Unterrichts. Grundlagen eines handlungsorientierten Lernkonzepts mit Beispielen. Bad Heilbrunn 1994. 42009. – (Hrsg.): Wirtschaftsdidaktik. Bad Heilbrunn 2003. Hans Kaminski / Gerd-Jan Krol (Hrsg.): Ökonomische Bildung: legitimiert, etabliert, zukunftsfähig – Stand und Perspektiven. Bad Heilbrunn 2008. Hermann May (Hrsg.): Lexikon der ökonomischen Bildung. München/Wien 1996. 72008.

Pädagogik/Erziehungswissenschaft Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe ›P.‹ und ›E.‹ weitgehend synonym verwendet, obwohl ihre Entstehung und Geschichte unterschiedliche Akzentsetzungen erkennen lassen: Während sich ›P.‹ eher auf das ¤ Wissen bezieht, das aus der pädagogischen Praxis erwächst, bezeichnet ›E.‹ in erster Linie eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Erforschung von Bildungs-, Erziehungs- oder Unterrichtsprozessen in schulischen und

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außerschulischen Praxisfeldern beschäftigt (¤ Unterricht, Schule). Der Begriff ›P.‹ richtet sich demnach v. a. auf ein bestimmtes Handlungsfeld und die Reflexion dieses Handelns. ›E.‹ verweist demgegenüber eher auf eine Beobachtung von Prozessen der ¤ Bildung und ¤ Erziehung, die den Regeln wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens folgt. Die V erwendung des P.-Begriffs reicht bis in die griech. Antike zurück. Pais agein – die ›Führung des Knaben bzw. des Kindes vom Haus zur Übungsstätte‹ – bezeichnet die Tätigkeit desjenigen, der den Knaben führt, also die des Pädagogen. Bis zum Zeitalter der Aufklärung waren pädagogische Reflexionen Gegenstandsbereich von Wissenschaftsdisziplinen wie der Politik in der griech. Antike (Platon, Aristoteles), der Rhetorik in der röm. Antike (Quintilian, Cicero) oder der Theologie im Mittelalter (Augustinus, Thomas von Aquin). Seit dem 18. Jh. verfachlichte sich pädagogisches Denken zu einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin. Mit dem Leitmotiv der Aufklärung, »Sapere Aude! Habe Mut, dich deines eigenen V erstandes zu bedienen!«, das Immanuel Kant (Beantwortung der Frage: W as ist Aufklärung?, 1784) aufstellte, wurden die Machtansprüche zweier Instanzen in Frage gestellt, die bis zu dieser Zeit gerade auch für die Erziehung maßgebend gewesen waren, nämlich die des erblichen Adels sowie die des Klerus‹. Die Reflexion über Erziehung und Bildung löste sich damit aus diesen traditionellen Bezügen und verschrieb sich den Ansprüchen der V ernunft, wodurch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit pädagogischen Problemen möglich wurde. Folgerichtig tauchte in der Aufklärungszeit zum ersten Mal der Terminus ›E.‹ als Abgrenzungsbegriff zu ›P.‹ auf. Der erste dt. Lehrstuhl für P. wurde 1779 an der Universität Halle mit dem Empiriker Ernst Christian Trapp besetzt. Er sollte die Etablierung einer einheitlichen Lehrerbildung unterstützen.

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Die Bestrebungen, die E. als akademische Disziplin zu verankern, führten dazu, dass Anfang des 20. Jh. an fast allen dt. Universitäten Lehrstühle für P. bzw. E. eingerichtet wurden. So bildete sich ein eigenständiges System theoretischen und empirischen Wissens über pädagogische Prozesse heraus. Ende der 1960er Jahre setzte im Zuge der bundesdt. Bildungsreform ein weiterer enormer Expansionsund Ausdifferenzierungsprozess der E. ein, der sich u. a. in der Schaffung eines Magisterstudiengangs für P. und eines erziehungswissenschaftlichen Diplomstudiengangs manifestierte. Außerdem erfolgte mit der Integration der pädagogischen Hochschulen in die ¤ Universitäten eine Akademisierung der Lehrerausbildung für Grund-, Hauptund Sonderschulen. Bis in die 1980er Jahre prägten v. a. drei Theorieströmungen die erziehungswissenschaftliche Diskussion in Deutschland: (1) Die bis in die 1960er Jahre dominierende Strömung, die ¤ Geisteswissenschaftliche P., stellte in Anlehnung an Arbeiten Wilhelm Diltheys die historisch-systematische und hermeneutische Analyse von Erziehungsprozessen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung. ›P.‹ wurde hierbei sowohl als Erfahrungs- als auch als Praxiswissenschaft gefasst. Die fortschrittsoptimistische Forderung nach ¤ Mündigkeit in Anlehnung an das von Kant aufgestellte Leitmotiv der Aufklärung prägte die bildungstheoretische Reflexion der Vertreter dieser Strömung in entscheidendem Maße. (2) Mit der »realistischen Wendung« (Heinrich Roth, »Die realistische Wendung in der pädagogischen Forschung«, in: Neue Sammlung 2, 1962, H. 6) von der Geisteswissenschaftlichen P. zur E. als moderner Sozialwissenschaft gewann die Empirische E. (¤ Empirische Bildungsforschung), die ihre Anfänge in den 1920er Jahren fand, an Bedeutung. ›E.‹ wurde hier als Tatsachenwissenschaft gefasst, bei der die empirische Erklärung der Erziehungswirklichkeit im Zentrum steht.

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(3) Ebenfalls mit kritischem Bezug auf die Geisteswissenschaftliche P. bildete sich in den 1970er Jahren die ¤ Kritische E. heraus. In Anlehnung an die Kritische Theorie – v. a. an die wissenschaftstheoretischen Arbeiten von Jürgen Habermas – wurde die Erziehungswirklichkeit zunächst im Unterschied zur Geisteswissenschaftlichen P. in ihrer gesellschaftlichen Einbettung betrachtet und ein Konzept von Emanzipation entwickelt, das sich auf die Dialektik von individueller und gesellschaftlicher Emanzipation gründet. In der Folgezeit wurde die Kritische E. unter Rekurs auf andere Bezugstheorien (z. B. Paul Watzlawicks Kommunikationstheorie oder den Symbolischen Interaktionismus) in verschiedene Richtungen erweitert. Außerdem kam es zu einer Kritik an ihrem eigenen ungebrochenen Festhalten am aufklärerischen Emanzipationsideal. Es erfolgte eine Neuorientierung, die Theorieansätze, z. B. die Reflexive E., hervorbrachte, die sich als reflexiver Wissenschaftstypus versteht und nicht den Anspruch vertritt, direkt umsetzbare Orientierungshilfen für die pädagogische Praxis bereitzustellen (Reflexive Erziehungswissenschaft. Forschungsperspektiven im Anschluss an Pierre Bourdieu, hrsg. von Barbara Friebertshäuser [u. a.], 2006; Anne Schippling, »Qualitativempirische Forschung zu philosophischer Bildung: Ein Beitrag zur Konzeption einer reflexiven Erziehungswissenschaft nach PISA«, in: Pädagogische Rundschau 61, 2007). Seit dem Ende der 1980er Jahre prägt eine beinah unübersehbare Pluralität von Konzeptionen die erziehungswissenschaftliche Theorielandschaft. Diese Pluralität ergab sich zum einen daraus, dass Elemente der skizzierten Strömungen weiter ausdifferenziert wurden; zum anderen bildeten sich durch das Anknüpfen an philosophische und soziologische Theorien ganz neue erziehungswissenschaftliche Forschungsrichtungen wie die transzendentalphilosophische P., die historisch-materialistische P., die phäno-

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menologische P., die systemtheoretische E. oder postmoderne Ansätze von E. Die transzendentalphilosophische P., die im Anschluss an die Philosophie Kants Bedingungen und Grundlagen pädagogischer Praxis und pädagogischer Entwürfe untersucht, spiegelt sich in unterschiedlichen Ansätzen wider (z. B. in der personal-transzendentalen P. Karl-Heinz Dickopps, der prinzipienwissenschaftlichen P. Marian Heitgers oder der transzendentalkritischen P. Wolfgang Fischers). Gegenüber der transzendentalphilosophischen P. besitzt die phänomenologische P. mit Bezug auf Edmund Husserls Philosophie ihren Ausgangspunkt im ›Erscheinenden‹. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die pädagogische Rezeption der Phänomenologie im Zuge der anthropologischen Wende einen ersten Höhepunkt, seit dem Ende der 1970er Jahre hat sich das Interesse an einer phänomenologisch orientierten pädagogischen Forschung aufgrund der stärkeren Bedeutung von qualitativ-empirischen Ansätzen innerhalb der E. noch einmal entscheidend verstärkt. Im deutschsprachigen Raum spielten in den 1980er Jahren die pädagogisch-phänomenologischen Arbeiten von Wilfried Lippitz eine wichtige Rolle, die u. a. von Käte Meyer-Drawe weiterentwickelt wurden. Im internationalen Vergleich besitzt die phänomenologisch orientierte P. an dt. Universitäten allerdings eher eine geringe Bedeutung. Demgegenüber wurden z. B. in den Niederlanden im Umfeld der Utrechter Schule, aber auch darüber hinaus, phänomenologische Studien im Bereich der P. durchgeführt. Außerdem dokumentiert sich in der von dem Kanadier Max van Manen herausgegebenen Zeitschrift Phenomenology and Pedagogy das Bestreben zu einer stärkeren internationalen Vernetzung. Die systemtheoretische E., die seit den 1970er Jahren eine größere Rolle spielt, ist gegenüber der phänomenologischen P. eher eine dt. Debatte. Ausgehend von Niklas Luh-

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manns soziologischer Systemtheorie versuchten Luhmann und Karl-Eberhard Schorr (Reflexionsprobleme im Erziehungssystem, 1979), die Bedeutung dieses Ansatzes für die E. herauszuarbeiten und lieferten wichtige Impulse für die Begründung einer systemtheoretisch orientierten E. Besonders im osteurop. Bereich entwickelte sich die Forschungsrichtung der historisch-materialistischen P., die an die Geschichts- und Gesellschaftstheorie von Karl Marx anknüpft. Als einflussreichster Vertreter in Westdeutschland seit Ende der 1970er Jahre kann Hans-Jochen Gamm bezeichnet werden, der sich u. a. auf Heinz-Joachim Heydorns und Gernot Koneffkes Ansätze zu einer materialistischen Bildungsgeschichte und Bildungstheorie bezog. Mitte der 1980er Jahre erreichte die Debatte um die Postmoderne frz. Herkunft die westdt. E. Während die Rezeption postmoderner Ansätze zunächst eher von düsteren Diagnosen um das Ende der P. bestimmt war, entwickelten sich im Anschluss an das Konzept des ›Widerstreits‹ in der Philosophie Jean-François Lyotards auch positive Lesarten postmoderner Diagnosen (z. B. bei Hans-Christoph Koller, Winfried Marotzki oder Jörg Ruhloff). In den postmodernen Ansätzen spiegelt sich die derzeitige Situation der heutigen E. insofern wider, als die unterschiedlichen, nebeneinander existierenden Strömungen mit Lyotard (La condition postmoderne: Rapport sur le savoir, 1979, dt. 1986) als »Erzählungen« verstanden werden können, von denen keine den Anspruch erhebt, ›wahrer‹ oder ›wichtiger‹ zu sein als andere. Anne Schippling / Heinz-Hermann Krüger Hannelore Faulstich-Wieland / Peter Faulstich: Erziehungswissenschaft: ein Grundkurs. Reinbek 2008. Cathleen Grunert: Erziehungswissenschaft – Pädagogik. In: Heinz-Hermann Krüger / C. G. (Hrsg.): Wörter-

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buch Erziehungswissenschaft. Opladen / Farmington Hills 2006. S. 152–157. Heinz-Hermann Krüger: Einführung in Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft. Opladen 1997. 4 2006. Dieter Lenzen: Pädagogik – Erziehungswissenschaft. In: D. L. (Hrsg.): Pädagogische Grundbegriffe. Reinbek 1989. 62001. S. 1105–17.

Pädagogische Anthropologie Unter ›P. A.‹ versteht man sowohl die Reflexion über die anthropologischen Grundlagen pädagogischen Handelns als auch die Problematisierung der jeweiligen anthropologischen Implikationen pädagogischen Denkens und Handelns hinsichtlich ihrer Normativität und Kulturalität sowie ihrer kategorialen Struktur. Die P. A. gehört als grundlagentheoretische Forschung zu den Kernaufgaben einer ¤ Allgemeinen Pädagogik und ist interdisziplinär ausgerichtet. Die P. A. ist prinzipiell eingebunden in die eigentümlich selbstreferentielle und zirkuläre Struktur menschlicher Selbstreflexionen: Einerseits leben Menschen immer anthropologisch (d. h gemäß bestimmter anthropologischer Konstanten) und führen ihr Leben im Modus der Selbstauslegung; andererseits bestimmen sie sich selbst als Menschen, indem sie sich gegen anderes (z. B. Tiere, Götter, Maschinen) abgrenzen, das sie aber wiederum nur als Menschen kennen. Der in dieser Doppelung des Menschen als Subjekt und Objekt anthropologischer Reflexionen eröffnete anthropologische Zirkel ist unausweichlich und lässt weder letztgültige Menschendefinitionen (von außen) noch unmittelbare Selbsteinsicht und -transparenz (von innen) zu, so dass die ›Frage nach dem Menschen‹ (Jacques