Alphabetisierung in der Zweitsprache Deutsch
Vortrag im Rahmen der Fachtagung „Unterricht für neuzugewanderte Kinder und Jugendliche: Ideen – Konzepte – Verantwortungsgemeinschaften” 16.05.2014, Wissenschaftspark Gelsenkirchen
Dr. Alexis Feldmeier
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Gliederung • Handlungsbedarf und Begriffsklärung • Selbstexperimente: Was ist lesen? Wie bedeutsam sind mündliche Kompetenzen für das Lesen und Schreiben? • Heterogenität und die Bedeutung von Lernerautonomie für die Alphabetisierung • Ziele der Alphabetisierung (auch konzeptionelle Schriftlichkeit) • Modelle der Alphabetisierung
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Großer Handlungsbedarf, weil…
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Funktionaler Analphabetismus Laut leo-Studie gibt es in Deutschland 7,5 Mio. (=14,5%) funktionale Analphabeten: 4,4 Mio. (58%) mit L1 Deutsch und 3,1 Mio. (42%) mit einer anderen Muttersprache als Deutsch (Migranten ohne ausreichende Deutschkenntnisse und Über-64-jährige wurden nicht berücksichtigt!) (http://www.alphabetisierung.de/fileadmin/files/Dateien/Downloads_Texte/leo-Presseheft-web.pdf)
(Ergebnisse der leo-Studie 2011, S. 8)
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Funktionaler Analphabetismus
(Ergebnisse der leo-Studie 2011, S. 9) http://www.alphabetisierung.de/fileadmin/files/Dateien/Downloads_Texte/leo-Presseheft-web.pdf)
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Alpha-Level 1 und 2
(leo-Studie 2011)
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Alpha-Level 2
(leo-Studie 2011)
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Alpha-Level 3
(leo-Studie 2011)
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Risikogruppe „Lehrende aus der beruflichen Bildung, aber auch aus der Hauptschule berichten von Jugendlichen mit gravierenden Leseschwächen, die das Arbeiten mit Texten zum Problem werden lassen. Mehr noch, die Lernenden lehnen es häufig von vornherein ab, sich überhaupt mit schwierigen Texten auseinanderzusetzen oder sie steigen bereits nach wenigen Sätzen aus dem Leseprozess aus. Viele dieser Jugendlichen haben aufgrund ihrer langjährigen Misserfolgserfahrungen nicht selten ein stabiles negatives Selbstbild bezüglich ihrer Lesekompetenz aufgebaut.“ (Ohm u.a. 2007: 134) [Hervorhebungen A.F.]
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SEITENEINSTEIGER, SLIFE, UMF
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Seiteneinsteiger Seiteneinsteiger • nicht in Deutschland eingeschult • müssen Deutsch als Zweitsprache lernen Untergruppe der Seiteneinsteiger: • „Students with Limited or Interrupted Formal Education“ (SLIFE) • Flüchtlinge • unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
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Flüchtlinge/ SLIFE
UMF
Seiteneinsteiger
SLIFE (Students with Limited or Interrupted Schooling)
„This subpopulation may have experienced interrupted schooling due to war, migration, lack of educational facilities, cultural dictates, or other circumstances; they may have had limited access to schools in their home country, or their schools may have lacked highly trained teachers and / or educational resources. For some of these ELLs, high school may be their first exposure to literacy in any form. In addition to facing academic challenges, many in this subpopulation have to deal with emotional traumas, such as felling civil wars, or natural disasters or who may now be separated from immediate family.“ (de Capua et all. 2009: 2) [Hervorhebung A.F.]
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Indikatoren zur Erkennung von SLIFE (vgl. de Capua et all. 2009: 6; vgl. Freeman & Freeman 2002: 4)
• • • • • •
Fehlende, ungeeignete oder unvollständige Belege für den Schulbesuch sehr späte Einschulung in der Heimat häufige Abwesenheit in der Heimatschule niedriger Alphabetisierungsgrad niedrige Sprachlernerfahrung Probleme im Umgang mit Unterrichtsmaterialien
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Kulturelle Dissonanz (vgl. de Capua et all. 2011: 13)
„SLIFE, by virtue of having limited or interrupted formal education, face even greater cultural dissonance. […] Therefore, rather than label their failure as a gap in achievement, focussing on performance and ability, we view it as a cultural gap, resulting from acute cultural dissonance.“ (deCapua 2011: 26) [Hervorhebung A.F.]
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Kulturelle Dissonanz (vgl. de Capua et all. 2011: 13)
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EINIGE SELBSTEXPERIMENTE
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Lesen in einer fremden Sprache (Feldmeier 2010: S. 8)
Wir lesen, was wir wissen und erwarten. Dr. Alexis Feldmeier
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Lesen in einer fremden Sprache (Feldmeier 2010: S. 9)
bottom-up-Prozesse: Die Information von Texten ist in den Texten. top-down-Prozesse: Die Information von Texten ist im Kopf des Lesers.
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Lesen in einer fremden Sprache (Feldmeier 2010: S. 9)
Dr. Alexis Feldmeier
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Lesen in einer fremden Sprache (Feldmeier 2010: S. 10)
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Lesen in einer fremden Sprache (Feldmeier 2010: S. 10)
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Textsortenkenntnisse – Beispiel „Lehrwerk“
Aus: Passwort Deutsch 1, S.87
Dr. Alexis Feldmeier
Textsortenkenntnisse – Beispiel „Lehrwerk“
Aus: Schritte 1, S. 72
Dr. Alexis Feldmeier
Textsortenkenntnisse – Beispiel „Lehrwerk“
Aus: Schritte 1, S. 13
Dr. Alexis Feldmeier
Textsortenkenntnisse – Beispiel „Lehrwerk“
Aus: Passwort Deutsch 1, S. 87
Dr. Alexis Feldmeier
Textsortenkenntnisse – Beispiel „Lehrwerk“
Aus: Passwort Deutsch 1, S. 86
Dr. Alexis Feldmeier
Textsortenkenntnisse – Beispiel „Lehrwerk“
Aus: Themen 1 Arbeitsbuch, S. 14
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ZIELE DER ARBEIT MIT ZUGEWANDERTEN KINDERN UND JUGENDLICHEN
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Ziele der Förderung • Deutsch als Zweitsprache (Europarat 2001; Glaboniat u.a. 2003) • auch fachsprachliche DaZ-Förderung • Alphabetisierung (z.B. BAMF 2009) • medial schriftliche konzeptionelle Schriftlichkeit (Koch/Oesterreicher 1985) • Lernerautonomie (Little 1955; La Ganza 2008; Kohonen 2011) • auch „Lehrwerkswissen“ • Sprachlernerfahrung • Rollenverständnisse ( Kultur, Lehr- und Lerntraditionen)
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Ziele laut GER (vgl. Europarat 2001; BAMF 2009; Glaboniat u.a. 2003) C1
B1 A2 A1 A0
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B1
A2
B2
B1
fachsprachliche Ziele
B2
C1 konzeptionelle Schriftlichkeit
B2
allgemeinsprachliche Ziele
C1
Ziele zum Lesen- und Schreibenlernen
Koch/Oesterreicher 1985 gesprochen ≠ mündlich geschrieben ≠ schriftlich
gesprochen konzeptionell z.B. Gespräch in mündlich der Küche konzeptionell schriftlich
z.B. Rede
geschrieben z.B. SMS
z.B. Fachtext
z.B. Fachtext lesen und verstehen
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z.B. Fachtext schreiben
Progression Möglichkeiten einer Progression in der Grundbildungsarbeit, z.B.:
1. gesprochen + konzeptionell mündlich • konzeptionell mündlich gesprochene Arbeitsanweisung verstehen (z.B. mündliche Arbeitsanweisung in der Werkstatt verstehen) • Konzeptionell mündlich gesprochene Arbeitsanweisung aussprechen (z.B. jemandem in der Werkstatt sagen, was er machen soll) 2. geschrieben + konzeptionell mündlich • konzeptionell mündlich geschriebenen Text lesen und verstehen (z.B. SMS verstehen) • konzeptionell mündlich geschriebenen Text verfassen (z.B. SMS schreiben) 3. gesprochen + konzeptionell schriftlich • konzeptionell mündlich gesprochenen Text verstehen (z.B. Rede verstehen) • konzeptionell mündlich gesprochenen Text produzieren (z.B. Rede halten) 4. geschrieben + konzeptionell schriftlich • konzeptionell schriftlich geschriebenen Text lesen und verstehen (z.B. Warnhinweis lesend verstehen) • konzeptionell schriftlich geschriebenen Text verfassen (z.B. Warnhinweis verfassen)
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MODELLE Modelle
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Alphabetisierung in einer fremden Sprache Vermittlung von mündlichen Deutschkenntnissen Kompetenzen
Vermittlung schriftsprachlicher Kompetenzen
Förderungsdauer Dr. Alexis Feldmeier
40
Additiv oder inklusiv? DaZ Alpha
Deutsch oder Fachunterricht
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Additiv oder inklusiv?
Deutsch oder Fachunterricht DaZ
Alpha
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Additiv oder inklusiv?
Deutsch oder Fachunterricht DaZ
Alpha
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Additiv oder inklusiv?
Deutsch oder Fachunterricht DaZ
Alpha
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DANKE Dr. Alexis Feldmeier
Kontakt: Dr. Alexis Feldmeier
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