Allgemeines und Risikobeurteilung (1. Teil) *

r e c h t/ v e r s i c h e r u n g e n Der 1. Teil behandelt den Lagebericht im Kontext der Rechnungslegungsrechtsrevision. Form und Inhalt des Lagebe...
Author: Alexa Stein
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r e c h t/ v e r s i c h e r u n g e n Der 1. Teil behandelt den Lagebericht im Kontext der Rechnungslegungsrechtsrevision. Form und Inhalt des Lageberichts werden ausgeführt sowie der Bezug zur Revisionsstelle und zur Risikobeurteilung erläutert. Der 2. Teil erscheint im ST 2012/12 und ist den Zukunftsaussichten und Rechtsfolgen gewidmet.

frank gerhard

Der lagebericht Allgemeines und Risikobeurteilung (1. Teil) *

1. Einleitung Im Zuge der laufenden sog. «grossen» Aktienrechtsrevision wurde im Mai 2009 wegen der «Minder»-Initiative [1] bekanntlich beschlossen, die Revision des Rechnungslegungsrechts [2] von der Revision des Aktienrechts zu trennen. Am 23. Dezember 2011 haben National- und Ständerat das neue Buchführungs- und Rechnungslegungsrecht verabschiedet. Nach Ablauf der Referendumsfrist am 13. April 2012 wird der Bundesrat das neue Recht aller Voraussicht nach auf Anfang 2013 in Kraft setzen [3]. Das neue Recht wäre dann erstmals für das Geschäftsjahr 2015 massgebend (Art. 2 Abs. 1 Übergangsbestimmungen revOR), die Bestimmungen zur Konzernrechnung ab Geschäftsjahr 2016 (Art. 2 Abs. 3 Übergangsbestimmungen revOR). Das neue Recht behandelt den heutigen «Jahresbericht» (Art. 663 d Obligationenrecht, OR) im Anschluss an die Nomenklatur der EU [4] künftig als «Lagebericht» (Art. 961 c revOR). Diese neue Terminologie ist inhaltlich präziser und wohl auch international gebräuchlicher [5]. Dieser Lagebericht ist Gegenstand nachfolgender Ausführungen. Zunächst wird in allgemeiner Hinsicht auf diesen im Kontext der Rechnungslegungsrechtsrevision eingegangen [6]. Fragen zu Form und Inhalt des neuen Lageberichts seien ebenso erörtert [7] wie Aspekte der Prüfung des Lageberichts durch die Revi­ sionsstelle [8]. Der Lagebericht umfasst insbesondere auch den Punkt «Risikobeurteilung» (Art. 961 c Abs. 2 Ziff. 2 revOR [bisher Art. 663 b Ziff. 12 OR]) sowie «eine Beurteilung der geschäftlichen Zukunft» (Zukunftsaussichten, Art. 961 c Abs. 2 Ziff. 6 revOR). Auf diese beiden Bereiche wird je in einem gesonderten Abschnitt eingegangen [9]. Abschliessend wer-

FRANK GERHARD, DR. IUR., LL.M., RECHTSANWALT, PARTNER, HOMBURGER AG, ZÜRICH

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den die Rechtsfolgen einer Verletzung der Vorgaben hinsichtlich Erstellung des Lageberichts geklärt [10]. 2. Der Lagebericht nach Art. 961c revOR im Allgemeinen 2.1 Der Lagebericht im Kontext der Rechnungslegungsrechtsrevision 2.1.1 Anwendungsbereich des neuen Rechnungslegungsrechts. Wie bereits das Revisionsrecht [11] ist auch das neue Rechnungs­ legungsrecht (Art. 957–963 b revOR) nach dem Grundsatz «same size, same rules» rechtsformunabhängig ausgestaltet: Das neue Rechnungslegungsrecht zielt grundsätzlich auch auf die nicht-kotierten Unternehmen und erfasst alle Rechtsformen. Folgerichtig werden die Art. 662–670 OR des Aktienrechts aufgehoben. Die Strenge der Anforderungen ist nach der wirtschaftlichen Bedeutung des Rechnung legenden Unternehmens abgestuft, Erleichterungen bestehen für Kleinstunternehmen, KMU und private Konzerne. Die anzuwendenden Rechnungslegungsvorschriften hängen also nicht mehr von der Rechtsform per se, sondern vielmehr von der wirtschaftlichen Bedeutung eines Unternehmens ab (Grundsatz der Rechtsformunabhängigkeit und Grössen­ abhängigkeit), wobei die Rechnungslegung für sog. «grössere Unternehmen» in einem separaten gesetzlichen Abschnitt geregelt ist (Art. 961 ff. revOR) [12]. Im Einzelnen gilt Folgendes: Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung unter­ liegen gemäss Art. 957 Abs. 1 OR zunächst alle juristischen Personen, inklusive Vereine und Stiftungen, ferner Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Umsatzerlös von mindestens CHF 500 000 im letzten Geschäftsjahr erzielt haben [13]. Ausgenommen sind Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die diese Schwellenwerte nicht erreichen (Art. 957 Abs. 1 Ziff. 1 i. V. m. Abs. 2 Ziff. 1 revOR), sowie Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen (Art. 957 Abs. 1 Ziff. 2 i. V. m. Abs. 2 Ziff. 2 revOR) und Stiftungen, die keine Revisionsstelle bezeichnen müssen (Art. 957 Abs. 1 Ziff. 2 i. V. m. Abs. 2 Ziff. 3 revOR). Diese müssen lediglich Einnahmen und Ausgaben

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r e c h t/ v e r s i c h e r u n g e n sowie die Vermögenslage aufzeichnen (Art. 957 Abs. 2 revOR; sog. «Milchbüchlein-Rechnung»). Für sie gelten aber die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung sinngemäss (Art. 957 Abs. 3 i. V. m Art. 957 a Abs. 2 revOR). 2.1.2 Zusätzliche Pflichten für «grössere Unternehmen». Der Rechnungslegung für «grössere Unternehmen» widmet das Gesetz einen separaten Abschnitt (Art. 961 ff. revOR). Die Schwelle vom KMU zum «grösseren Unternehmen» im hier relevanten Sinne überschreiten Unternehmen, die von Gesetzes wegen

Inhaltsübersicht 1. Teil 1. Einleitung 2. Der Lagebericht nach Art. 961c revOR im Allgemeinen 2.1 Der Lagebericht im Kontext der Rechnungslegungs rechtsrevision 2.1.1 Anwendungsbereich des neuen Rechnungs legungsrechts 2.1.2 Zusätzliche Pflichten für «grössere Unternehmen» 2.1.3 Ausnahmen 2.2 Form und Inhalt des Lageberichts 2.2.1 Allgemeine Grundsätze 2.2.2 Form 2.2.3 Inhalt 2.3 Zur Prüfung des Lageberichts durch die Revisionsstelle 2.3.1 Ausgangspunkt und Grundsatz 2.3.2 Konkretisierungen 2.3.3 Exkurs: Praxis bei Emissions- und Kotierungs prospekten 3. Zur «Durchführung einer Risikobeurteilung» im Besonderen 3.1 Ort der Berichterstattung 3.2 Relevanter Risikobegriff 3.3 Inhalt und Tiefe der Berichterstattung

zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind (Art. 961 revOR); dies sind gemäss Art. 727 OR: (i) Publikumsgesellschaften [14], (ii) (sonst) wirtschaftlich bedeutende Unter­ nehmen [15], sowie (iii) konsolidierungspflichtige Unternehmen [16]. Für diese «grösseren Unternehmen» bestehen zusätzliche Pflichten. Sie müssen (i) zusätzliche Angaben im sog. erweiterten Anhang der Jahresrechnung machen [17], (ii) als Teil der Jahresrechnung eine Geldflussrechnung erstellen [18], und (iii) einen Lagebericht verfassen [19]. Daraus ergibt sich e contrario, dass von KMU nicht verlangt wird, zusätzliche Angaben im Anhang zur Jahres­rechnung zu machen, eine Geldflussrechnung zu erstellen, einen Lagebericht zu verfassen oder die Existenz eines IKS durch die Revisionsstelle überprüfen zu lassen. Hier sei noch hinzu­ gefügt, dass «grössere Unternehmen», da sie [3] zur ordentlichen Revision verpflichtet sind, prüfpflichtige Angaben zum internen Kontrollsystem (IKS) machen müssen (Art. 728 a Abs. 1 Ziff. 3 OR). 2.1.3 Ausnahmen. Auf die zusätzlichen Angaben im Anhang zur Jahresrechnung, die Geldflussrechnung und den Lagebericht kann indes verzichtet werden, wenn das Unterneh-

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men selbst oder eine juristische Person, die das Unternehmen kontrolliert, eine Konzernrechnung nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellt (Art. 961 d Abs. 1 revOR). Dies trifft z. B. auf Unternehmen zu, die an der SIX Swiss Exchange kotiert sind und folglich nach IFRS, US GAAP oder Swiss GAAP FER Rechnung legen müssen. Diese Standards verlangen oder empfehlen alle – in der einen oder anderen Form – beschreibende Erläuterungen zur Jahresrechnung [20], weshalb sich die Ausnahme gemäss Art. 961 d Abs. 1 revOR rechtfertigt. Zu klären bleibt, ob die Lageberichterstattung entfällt, wenn der anerkannte Standard eine solche bloss empfiehlt, nicht aber verlangt (wie etwa IFRS). Die ratio legis von Art. 961 d Abs. 1 revOR zielt m. E. in eine andere Richtung: Nur wer den Lagebericht, oder ein empfohlenes Pendant dazu (etwa einen Management Commentary gemäss IFRS-Vorgaben), auch tatsächlich erstellt, gelangt in den Genuss der Ausnahme von Art. 961 d Abs. 1 revOR, alles andere wäre nicht sachgerecht. Daneben kann sich die Pflicht zur Rechnungslegung nach den Vorschriften für «grössere Unternehmen» – also auch die Pflicht einen Lagebericht zu erstellen – ergeben, wenn dies Personen in einer qualifizierten Minderheiten­ stellung besonders verlangen. Dazu legitimiert sind (i) Gesellschafter, die mindestens 10% des Grundkapitals vertreten, (ii) 10% der Genossenschafter oder 20% der Vereinsmitglieder und (iii) jeder Gesellschafter oder jedes Mitglied, das einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegt (Art. 961 d Abs. 2 revOR). Der Nennwert der Aktien, in der laufenden Aktienrechtsrevision als alternative «Messgrösse» zur Begründung von Minderheitenrechten pos­ tuliert [21], wird im neuen Rechnungslegungsrecht nicht umgesetzt. 2.2 Form und Inhalt des Lageberichts 2.2.1 Allgemeine Grundsätze. Das Konzept des bisherigen Jahresberichts (Art. 663 d Abs. 1 OR) wird bei der Erstellung des Lageberichts nach Art. 961 c revOR in weiten Teilen beibe­ halten – nur dass er eben lediglich nur noch von den «grös­ seren Unternehmen» erstellt werden muss, was für «nichtgrosse» Unternehmen eine Erleichterung gegenüber dem heutigen Recht bedeutet. Der Lagebericht stellt den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sowie gegebenenfalls des Konzerns am Ende des Geschäftsjahrs dar, und zwar unter Gesichtspunkten, die in der Jahresrechnung nicht zum Ausdruck kommen (Art. 961 c Abs. 1 revOR). Das Geschäftsjahr und seine Einflussfaktoren sollen in Prosa unter Gesichtspunkten beleuchtet werden, die im Zahlenwerk und im Anhang der Jahresrechnung nicht hinreichend zum Ausdruck kommen [22]. In den Worten der Botschaft: «Der Lagebericht soll nicht in erster Linie Zahlen nennen, sondern umschreibend Aufschluss geben über wichtige Einflussfaktoren für die Entwicklung des Geschäftsgangs im Geschäftsjahr sowie über Indikatoren der künftigen Geschäftsentwicklung» [23].

Die in Art. 958 c Abs. 1 revOR statuierten Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung sind auch bei der Erstellung des Lageberichts zu beachten. Massgebend sind ins­

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besondere folgende Leitlinien und Prinzipien: Klarheit [24], Verständlichkeit [25], Vollständigkeit [26], Verlässlichkeit [27], Wesentlichkeit [28], Vorsicht [29], gleiche Massstäbe [30] und Verrechnungsverbot [31]. Diese Grundsätze sind im Vergleich zum bisherigen Aktienrecht (vgl. Art. 662 a Abs. 2 OR) weder völlig neu noch revolutionär [32]. Diese Prinzipien unterliegen in der Praxis einer ständigen Weiterentwicklung durch Lehre und Rechtsprechung. Die gesetzliche Aufzählung ist denn auch nicht abschliessend und soll namentlich Raum für künftige Entwicklungen belassen [33]. Schliesslich hält Art. 961 c Abs. 3 revOR lapidar fest, dass der Lagebericht der Darstellung der wirtschaftlichen Lage in der Jahresrechnung nicht widersprechen darf. Auf die Tragweite dieser an sich selbstverständlichen Regel wird bei der Darstellung der Prüfung des Lageberichts durch die Revi­ sionsstelle näher einzugehen sein [34]. 2.2.2 Form. Das Gesetz äussert sich nicht explizit zur Form des Lageberichts. Wie beim bisherigen Jahresbericht gilt aber unzweifelhaft, dass der Lagebericht in schriftlicher Form zu erstellen ist; namentlich genügt eine mündliche Berichterstattung anlässlich der Generalversammlung nicht [35]. In der anglo-amerikanischen Welt ist die verbale Berichterstattung (sog. MD & A, Management’s Discussion and Analysis of Financial Condition and Results of Operations) [36] bei kotierten Gesellschaften an bestimmte Vorgaben der Börsenaufsicht gebunden. Ziel ist eine klare, informative und transparente Berichterstattung. So ist es dem Management etwa untersagt, die Zahlen verbal zu beschönigen bzw. mit allzu positiven Ausdrucken wie «erfreulich», «vielversprechend» oder gar «fantastisch» zu versehen [37]. Hierzulande bestehen kaum Regeln, wie der Lagebericht formell zu verfassen ist; vielmehr überlässt es das Gesetz – m. E. zu Recht – weitgehend der Gesellschaft zu entscheiden, welche formale Struktur der Lagebericht konkret haben soll. Dies vor dem Hintergrund, dass Flexibilität in der ­Darstellung erfahrungsgemäss das Risiko von wenig aussagekräftigen Ausführungen (sog. boilerplate statements) verringert. Immer aber gelten auch bei formalen Gesichtspunkten die allgemeinen Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung (Art. 958 c revOR), wobei im vorliegenden Kontext namentlich an die Grundsätze der Klarheit, Verständlichkeit und Vollständigkeit erinnert sei [38]. 2.2.3 Inhalt. Die inhaltlichen Anforderungen an den neuen Lagebericht sind gegenüber dem bisherigen Jahresbericht wesentlich erweitert und präzisiert worden. Nach Art. 961 c Abs. 2 revOR hat der Lagebericht namentlich «Aufschluss» zu geben über: (i) Anzahl Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt, (ii) Durchführung einer Risikobeurteilung, (iii) Bestellungsund Auftragslage, (iv) Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, (v) aussergewöhnliche Ereignisse und (vi) Zukunftsaussichten [39]. Die inhaltlichen Anforderungen sind in deutlicher Anlehnung an das EU-Recht konzipiert [40], wonach der Lagebericht zumindest den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und die Lage der Gesellschaft so darstellt, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild entsteht,

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r e c h t/ v e r s i c h e r u n g e n wobei die wesentlichen Risiken und Ungewissheiten ebenfalls zu beschreiben sind. Darüber hinaus sind im Einzelnen etwa folgende Bereiche darzustellen [41]: Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach Schluss des Geschäftsjahres ein-

«Art. 961 c Abs. 3 revOR hält lapidar fest, dass der Lagebericht der Darstellung der wirtschaftlichen Lage in der Jahresrechnung nicht widersprechen darf.» getreten sind; wichtige finanzielle und nicht-finanzielle Leistungsindikatoren, die für die Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind; Informationen in Bezug auf Umwelt- und Arbeitnehmerbelange; voraussichtliche Entwicklung der Gesellschaft; Forschung und Entwicklung; gewisse Angaben über den Erwerb eigener Aktien; Merkmale des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems der Gesellschaft im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess; Chancen und Risiken, verschiedene Angaben im Zusammenhang mit der Corporate Governance des Unternehmens [42]. Die gesetzliche Aufzählung nach Schweizer Recht ist nicht in abschliessendem Sinne zu verstehen; dies indiziert der Begriff «namentlich» zu Beginn der Aufzählung in Art. 961 c Abs. 2 revOR [43]. Je nach Umständen sind somit weitere wichtige Aspekte darzulegen, wobei die Botschaft gleichwohl ohne Begründung (und vielleicht etwas voreilig) festhält, dass insbesondere Aussagen zur Gewinnentwicklung des Unternehmens nicht verlangt sind [44]. Zu klären ist insbesondere, ob, und falls ja, inwieweit im Lagebericht eine eigentliche MD & A nach US-amerikanischem Zuschnitt verlangt wird. Die MD & A nach US GAAP ist in ihrer Detailliertheit relativ anspruchsvoll und unterliegt einer Prüfung durch den Auditor [45]. Abgedeckt werden dabei etwa Themenbereiche wie Selected Financial Data; Quantitative and Qualitative Disclosures About Market Risks; Business; Risks Factors, wobei unter US GAAP vieles erläutert wird, das an sich auf der Hand liegt und dessen Lektüre keinen eigentlichen Gewinn bringt [46]. Meines Erachtens kann aus Art. 961 c revOR keine Pflicht zu einer solchen MD & A im Lagebericht abgeleitet werden [47]. Dass im Einzelfall gewisse Geschäftsvorfälle oder Entwicklungen im Lagebericht eingehender als sonst üblich zu diskutieren und darzustellen sind, ist damit nicht ausgeschlossen. 2.3 Zur Prüfung des Lageberichts durch die Revisionsstelle 2.3.1 Ausgangspunkt und Grundsatz. Der Lagebericht bildet im Gegensatz zum erweiterten Anhang (Art. 961 a revOR) und zur Geldflussrechnung (Art. 961 b revOR) nicht Teil der Jahresrechnung und muss deshalb von der Revisionsstelle nicht geprüft werden [48]. In der Literatur wird daraus teilweise der Schluss gezogen, die Angaben zur Durchführung einer Risikobeurteilung seien somit nicht mehr zu prüfen [49]. Darauf wird gesondert einzutreten sein [50].

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r e c h t/ v e r s i c h e r u n g e n Art. 961 c Abs. 3 revOR hält ferner fest, dass der Lagebericht der Darstellung der wirtschaftlichen Lage in der Jahresrechnung nicht widersprechen darf. Obschon die Botschaft davon ausgeht, dass die Revisionsstelle den Lagebericht nicht prüft [51], hält sie im Zusammenhang von Art. 961 c Abs. 3 revOR fest, dass die Revisionsstelle im Rahmen der ordentlichen Revision das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan im umfassenden Revisionsbericht (sog. Management Letter) auf allfällige Widersprüche zwischen Jahresrechnung und dem Lagebericht hinzuweisen hat [52]. Aber nicht mehr. Grundlage hierfür ist Art. 728 b Abs. 1 OR, wonach die Revisionsstelle dem Verwaltungsrat einen umfassenden Bericht erstattet, mit Feststellungen über die Rechnungslegung, das IKS sowie die Durchführung und das Ergebnis der Revision gemäss Art. 728 a OR. 2.3.2 Konkretisierungen. Wie das konkrete prozedurale Vorgehen vor dem Hintergrund von Art. 961 c Abs. 3 revOR auszugestalten ist, scheint indes noch wenig klar. Gesetz und Botschaft schweigen hierzu. Vertreten wird in der Lehre einerseits, die Revisionsstelle habe den Lagebericht (nur) zu lesen, aber eben nicht prüfen muss, um mögliche Widersprüche zur Jahresrechnung zu erkennen [53]. Andererseits wird eine eigentliche Prüfung, und zwar eine Art «Review» (Durchsicht im Hinblick auf Widersprüche), propagiert [54]. Eine erste Orientierung mag der Schweizer Prüfungs­ standard (PS) 720 bieten. Darin wird erläutert, wie der Abschlussprüfer andere, nicht prüfungspflichtige Informationen in Dokumenten berücksichtigt, die geprüfte Abschlüsse enthalten. Es geht dabei im vorliegenden Kontext von Art. 961 c Abs. 3 revOR namentlich um das Erkennen von Inkonsistenzen. Ausgangspunkt ist deshalb, dass der Abschlussprüfer die anderen Informationen lesen muss, um festzustellen, ob sie wesentliche Inkonsistenzen mit dem geprüften Abschluss aufweisen [55]. Konkret formuliert PS 720 sodann folgende Vorgaben [56]: Stellt der Abschlussprüfer bei der Lektüre der anderen Informationen eine wesentliche Inkonsistenz fest, muss er beurteilen, ob der geprüfte Abschluss oder die anderen Informationen der Korrektur be­ dürfen. Bedarf der geprüfte Abschluss einer Korrektur und weigert sich das Unternehmen, diese vorzunehmen, muss der Abschlussprüfer das Prüfungsurteil einschränken oder verneinen. Bedürfen die anderen Informationen einer Korrektur und weigert sich das Unternehmen, diese vorzunehmen, muss der Abschlussprüfer im Bericht einen Zusatz anbringen, worin er die wesentliche Inkonsistenz darlegt, oder andere Massnahmen ergreifen. Die Massnahmen (etwa Niederlegung des Mandats) hängen von den Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Bedeutung der Inkonsistenz ab. Der Abschlussprüfer zieht auch in Erwägung, juristischen Rat einzuholen. In prozeduraler Hinsicht ist mit diesen ersten Hinweisen aus der Lehre und Revisionspraxis aber noch nicht allzu viel Konkretes gewonnen. Meines Erachtens ist ein ähnliches Vorgehen zu postulieren, wie es sich beim formellen Zahlenabgleich im Rahmen von Emissionsprospekten etabliert hat. Dies sei nachfolgend deshalb in geraffter Form erläutert. Dieser Vorgang setzt jedoch m. E. nicht voraus, dass der La-

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gebericht einer Prüfung oder einer prüferischen Durchsicht unterliegt. 2.3.3 Exkurs: Praxis bei Emissions- und Kotierungsprospekten. Im Rahmen von Aktienplatzierungen gibt die Revisionsstelle der Gesellschaft, deren Aktien platziert werden, regelmässig einen sogenannten Comfort Letter [57] gegenüber den Konsortialbanken und dem Emittenten ab [58], worin über die durch die Revisionsgesellschaft vorgenommenen Prüfungen von im Prospekt publizierten (Finanz-)Informationen Aufschluss erteilt wird. Für die Prüfung (Audit), prüferische Durchsicht (Review) und andere prüferische Tätigkeiten von Wirtschaftsprüfern existieren in der Schweiz zwar ausführ­ liche technische Regelwerke [59], doch enthalten diese keinen Standard im spezifischen Bereich des Comfort Letter. Die schweizerischen Wirtschaftsprüferunternehmen haben je ihre eigenen Comfort Letter-Standards entwickelt, wobei sich diese grundsätzlich am U.S.-amerikanischen Standard orientieren, dem Statement on Auditing No. 72 (kurz: SAS 72) [60]. Inhaltlich bestätigt die Revisionsgesellschaft im Wesentlichen, dass die im Prospekt dargestellten Finanzinformationen über die Gesellschaft richtig sind. Einerseits geht es dabei um den «Zahlenteil», der sich in den F-Pages [61] des Prospekts befindet. Anderseits wird bestätigt, dass die im «Textteil» des Prospekts wiedergegebenen Finanzzahlen korrekt errechnet wurden und denjenigen des Zahlenteils entsprechen (sog. Circle-up). Die Prüfungshandlungen lassen sich somit grob in zwei Gruppen einteilen: (i) Vergleichen und (ii) Nachrechnen. Den verschiedenen Prüfungshandlungen wird je ein eigener Buchstabe zugeteilt (Tick Mark), der zur Kennzeichnung der abzustimmenden Beträge und Prozentzahlen im Prospekt verwendet wird. Dem Comfort Letter werden sodann die Seiten mit den Tick Marks beigefügt (zuweilen auch der ganze Prospekt). Der formelle Zahlenabgleich per se stellt jedoch weder eine Prüfung noch eine prüferische Durchsicht des Lageberichts dar. Die Ergebnisse des Abgleichs werden auch nicht in Form einer positiven oder negativen Zusicherung wiedergegeben, sondern nur als tatsächliche Feststellungen: Bei einem Vergleich wird die Übereinstimmung festgestellt und beim Nachrechnen die rechnerische Richtigkeit [62]. Die Revisionsstellen betonen immer wieder gerne, dass der Abgleich rein formeller Natur sei und nicht mit inhaltlichen Untersuchungen verbunden; er umfasst deshalb auch keine Aussagen zur rechtlichen Beurteilung des Prospekts oder die Angemessenheit der Prospektdarstellung und die Vollständigkeit der Angaben [63]. 3. Zur «Durchführung einer Risikobeurteilung» im Besonderen 3.1 Ort der Berichterstattung. Nach geltendem Recht hat der Anhang zur Jahresrechnung Angaben über die Durchführung einer Risikobeurteilung zu enthalten (Art. 663 b Ziff. 12 OR). Der Revisionsstelle obliegt die Pflicht, unab­ hängig von der Grösse der Gesellschaft und damit unab­ hängig von ordentlicher oder eingeschränkter Revision, diese Angaben im Rahmen der Prüfung der Jahresrechnung gemäss Art. 728 a Abs. 1 Ziff. 1 OR zu testieren [64], denn der Anhang mit Ziff. 12 ist Teil der Jahresrechnung gemäss Art. 662

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Abs. 2 OR. Dass der Verwaltungsrat für die Risikobeurteilung an sich – unabhängig von deren Publikation(-spflicht) – verantwortlich ist [65], ist unstrittig und wird hier nicht weiter behandelt. Die Revisionsstelle prüft lediglich das Vorhandensein der erforderlichen Angaben und ob diese formal zutreffen. So prüft die Revisionsstelle, ob der Verwaltungsrat

«Die Risikobeurteilung ist zwar formell nicht mehr Prüfungsgegenstand, die Revisionsstelle wird aber dennoch, wie eben gezeigt, nicht umhin können, sich vertieft mit der Risikolage des zu prüfenden Unternehmens auseinanderzusetzen.» eine Auseinandersetzung mit entsprechenden Risiken vorgenommen hat, sie stellt weder eine eigene Analyse an, noch prüft sie die Beurteilung des Verwaltungsrats hinsichtlich Inhalt, Zweckmässigkeit oder Resultat [66]. Dies ergibt sich bereits aus der fehlenden Prüfungspflicht hinsichtlich Geschäftsführung (Art. 728 a Abs. 3 OR) [67]. Nach neuem Recht ist der Lagebericht, und damit auch die Berichterstattung über die Durchführung einer Risikobeurteilung, nicht Teil der Jahresrechnung und deshalb – gemäss sich abzeichnender h. L. – von der Revisionsstelle nicht zu prüfen [68]. Auf den Konnex zu Art. 961 c Abs. 3 revOR und der damit verbundenen Pflicht der Revisionsstelle, den Lagebericht zumindest zu lesen, bzw. formell abzugleichen, wurde bereits eingegangen [69]. Allerdings ist sogleich eine gewichtige Relativierung anzuzeigen. Die Revisionsstelle prüft im Rahmen ordentlicher Revisionen gemäss Art. 728 a Abs. 1 Ziff. 3 OR, ob ein IKS existiert und erstattet dem Verwaltungsrat einen umfassenden Bericht mit Feststellungen über das IKS (vgl. Art. 728 b Abs. 1 OR). Zwar ist das IKS lediglich auf seine Existenz hin zu prüfen, doch kommt gerade der Risikobeurteilung in diesem Zusammenhang eminente Bedeutung zu, denn: Ausgangspunkt für die Ausgestaltung jedes IKS ist die Risiko­ beurteilung [70]. Überdies ist die Risikobeurteilung ein unentbehrliches methodisches Element von Planung und Durchführung der Abschlussprüfungsarbeit [71]: Nur mit einer risikobezogenen Methodik ist es nach heutigen Erkenntnissen möglich, die Prüfungsarbeit zweckmässig zu ordnen und vor allem die in der Jahresrechnung enthaltenen quantitativen und wertenden Entscheidungen des Verwaltungsrats sachgerecht zu prüfen. Die Risikobeurteilung ist zwar formell nicht mehr Prüfungsgegenstand, die Revisionsstelle wird aber dennoch, wie eben gezeigt, nicht umhin können, sich vertieft mit der Risikolage des zu prüfenden Unternehmens auseinanderzusetzen. Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Durchführung einer Risikobeurteilung ist eine weitere Differenzierung hinzuzufügen: Mit der «örtlichen Verschiebung» der Risikobeurteilung aus dem Anhang der Jahres-

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r e c h t/ v e r s i c h e r u n g e n rechnung hierher, in den Lagebericht, also in den Prosatext des Verwaltungsrats, geht m. E. auch eine Änderung des relevanten Risikobegriffs einher [72]. Davon sei im folgenden Abschnitt die Rede. 3.2 Relevanter Risikobegriff. Nach geltendem Recht wird im Anhang zur Jahresrechnung im Rahmen von Art. 663 b Ziff. 12 OR – wenn auch aus dem Gesetz nicht ersichtlich – nur von Risiken gesprochen, die einen wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung der Jahresrechnung haben können, nicht von sämtlichen Risiken [73]. Es geht vor allem um das Risiko einer wesentlichen Fehlaussage in der Jahresrechnung, die prozedurale Gewährleistung der Qualität der Finanzberichterstattung [74]. Dies ist funktional richtig, denn der Anhang ist ja gerade Teil der Jahresrechnung [75], seine Aufgabe ist, den finanziellen Jahresabschluss zu erläutern und zu ergänzen. Das betriebswirtschaftliche Risiko als Ganzes ist in Art. 663 b Ziff. 12 OR nicht angesprochen. Der Lagebericht (wie auch der bisherige Jahresbericht) hat gegenüber dem Anhang zur Jahresrechnung eine andere Aufgabe und auch eine andere Funktion. Wie gezeigt [76], stellt der Lagebericht den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens dar (Art. 961 c Abs. 1 revOR), und zwar in einem «narrativen» Text und nicht mittels Darstellung von Zahlen. Es geht hier mithin nicht um die blosse Erläuterung der Jahresrechnung, sondern um eine relativ eigenständige Berichterstattung durch die Leitungsorgane zur Lage ihres Unternehmens, auch mit Zukunftsbezug. Vor dem dargestellten Hintergrund ist die bisher geltende Einschränkung des Risikobegriffs im Rahmen der Berichterstattung über die Durchführung einer Risikobeurteilung kaum mehr haltbar. Da es neu nicht mehr um die blosse Erläuterung und Ergänzung des Jahresabschlusses geht, kann nicht weiter nur von Risiken die Rede sein, die einen wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung der Jahresrechnung haben können. Nunmehr geht es um den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Folglich sind nun sämtliche Risiken relevant, die für eben diesen Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens von Belang sein können. Die Angaben zur Durchführung einer Risikobeurteilung werden mit anderen Worten vom eher vergangenheitsorientierten Anhang in den auf Fortführung und zukunftsgerichteten dynamischen Lagebericht verschoben [77]. Zu denken ist neu somit an allgemeine unternehmerische Risiken [78] sowie Marktrisiken [79]. In Betracht fallen unter Umständen aber auch operationelle Risiken [80] sowie ein im Einzelfall bestehendes Gegenparteirisiko [81]. Schliesslich können auch allgemeine strategische Risiken des Unternehmens in diesem Kontext relevant sein. 3.3 Inhalt und Tiefe der Berichterstattung. Das Gesetz verlangt neu «Aufschluss über die Durchführung einer Risikobeurteilung» (Art. 961 c Abs. 2 Ziff. 2 revOR). Nach bisherigem Recht sind «Angaben über die Durchführung einer Risikobeurteilung» (Art. 663 b Ziff. 12 OR) gefordert. Klar ist unter bisherigem Recht, dass das Gesetz nicht nur eine Bestätigung der Durchführung fordert. Ein blosser

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r e c h t/ v e r s i c h e r u n g e n Hinweis auf die erfolgte Durchführung einer Risikobeur­ teilung (Vollzugsmeldung) reicht nicht aus [82]. Vom Verwaltungsrat wird vielmehr verlangt, dass er eine, wenn auch knappe, beschreibende Darstellung des unternehmerischen Vorgangs bietet [83]. Diese – soweit ersichtlich – nicht be­ strittene Auslegung von Art. 663 b Ziff. 12 OR basiert letztlich auf dem Begriff der Angaben, die der Anhang zu enthalten hat. Für Unternehmen, die der ordentlichen Revision unterstehen [84] wird – m. E. zu Recht – gefordert, dass sie Angaben über den Prozess der Risikobeurteilung und über die Risiken, die für den Verwaltungsrat im Vordergrund stehen [85], zu bieten haben [86]. Bei dieser Berichterstattung ist immer auch der funktionelle Zusammenhang zum IKS [87] zu be­achten [88]. Es bedarf einer situations- und empfänger­ ge­rechten Darlegung der Risikoanalyse, der Einschätzung der Risiken und der getroffenen Massnahmen [89]. Wenn bereits de lege lata, also im Rahmen von Art. 663 b Ziff. 12 OR, eine Berichterstattung im Anhang über die Durchführung des Vorgangs und die wesentlichen Risiken vertretbar erscheint, mithin also eine inhaltliche Auseinandersetzung und Offenlegung zu den Risiken, muss dies umso mehr nach neuem Recht gelten und nicht zuletzt auch deshalb, weil nur die Unternehmen, die der ordentlichen Revision unterstehen, einen Lagebericht und somit Angaben über die Durchführung einer Risikobeurteilung erstatten müssen. Die Wendung «Aufschluss über etwas geben» steht, wenn nicht gar in einem gewissermassen «progressiven», so doch mindestens gleichwertigen sprachlichen Verhältnis zu «Angaben machen über etwas» [90]. Hinzu kommt, dass nach neuem Recht von einem weiteren Risikobegriff auszugehen ist [91]. Stets ist nämlich zu beachten, dass der Lagebericht den Geschäftsverlauf und die wirtschaft­liche Lage des Unternehmens darzustellen hat, eine rein bilanzielle Sichtweise ist zu eng. In Anlehnung an den Vorschlag von Dieter Pfaff [92] hat m. E. die Berichterstattung über die Durchführung einer Risikobeurteilung im Lagebericht nach Art. 961 c Abs. 2 Ziff. 2 revOR etwa folgende Aspekte zu umfassen:  Ziele des Risikomanagements;  Organisation, Zuständigkeit und Instrumente des Risikomanagements (etwa Verweis auf die Anwendung anerkannter Standards wie beispielsweise das Rahmenwerk ERM [Enterprise Risk Management] des Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission [COSO]);  Beschreibung der Risikofaktoren im laufenden Geschäftsjahr (Risk Factors);  Nennung wesentlicher Massnahmen zur Steuerung der Risiken (Hedging, Versicherung, Risikogrundsätze [risk appetite]);  Beurteilung des IK. Im Rahmen der Beschreibung der Risikofaktoren ist zu klären, ob und bejahendenfalls, inwieweit diese zu quantifizieren, respektive zu spezifizieren sind. Meines Erachtens müssen folgende Leitlinien gelten: Zur Quantifizierung: Eine quantitativ bewertete Beschreibung von Risiken bietet zweifellos einen höheren Informa­ tionsgehalt als eine rein narrative Darstellung derselben. Wo also anerkannte und verlässliche Methoden, die wirtschaftlich vertretbar sind, zur Verfügung stehen, scheint eine

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Quantifizierung von Risikopositionen innerhalb des Lage­ berichts sinnvoll [93]. Zu denken ist etwa an Angaben von Bandbreiten, Sensitivitäten oder Kennzahlen wie Value at Risk. Eine quantifizierte Risiko-Berichterstattung steht darüber hinaus im Einklang mit der international zu beobachtenden Entwicklung, wonach der Lagebericht zunehmend

«Es geht nicht um die blosse Erläuterung der Jahresrechnung, sondern um eine relativ eigenständige Berichterstattung durch die Leitungsorgane zur Lage ihres Unternehmens, auch mit Zukunftsbezug.» als ein Instrument der wertorientierten Unternehmensberichterstattung, des Value Reporting, verstanden wird [94]. Dem Anleger sollen im Lagebericht (auch) bewertungsrelevante Informationen bereit gestellt werden, um ihm dadurch die Unternehmensbewertung zu erleichtern. Quantifizierte Risikopositionen kommen dieser Zielsetzung näher als eine rein narrative Darstellung. Hinsichtlich Risiken, die mittels Abschreibungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen ihren Niederschlag in der Jahresrechnung gefunden haben, sind indes keine weitergehenden quantifizierenden Angaben im Lagebericht erforderlich. Da der Lagebericht aber Aufschluss über die Durchführung einer Risikobeurteilung zu bieten hat, muss der entsprechende Sachverhalt bewertet werden. Dies wird qualitativ auf eine verbale Beschreibung des Sachverhalts hinauslaufen. Wünschbar wären in diesem Zusammenhang ferner Angaben zur Eintrittswahrscheinlichkeit spezifischer Risiken. Zur Spezifizierung: Die Berichterstattung über Risiken und Risikofaktoren hat naturgemäss nur dann einen Sinn, wenn sie spezifisch und genügend konkret ist. Allgemeine oder bloss floskelhafte Umschreibungen genügen nicht. Eine allgemeine Formulierung im Sinne von «Prices of our shares can go up or down» als Darstellung von Finanzmarktrisiken für ein Unternehmen ist wenig erhellend [95]. Vielmehr muss angesichts der konkreten Umstände des Unternehmens und seiner spezifischen Geschäftstätigkeit dargelegt werden, welche Faktoren im Einzelnen ein Risiko für die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und seinen Geschäftsverlauf dar­ stellen können [96]. Es muss mit anderen Worten ein spezi­ fischer Bezug zum Geschäftsbetrieb und zum Geschäfts­ umfeld des Unternehmens bestehen. Allgemeine Geschäftsrisiken, denen jeder Geschäftsbetrieb, respektive jedes Geschäftsumfeld gleichermassen unterliegt stehen weniger im Vordergrund. Es gelten hier ähnliche Grundsätze, wie sie im Zusammenhang mit Risk Factors im Rahmen von Emissions- und Kotierungsprospekten zur Anwendung gelangen [97]. n

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Anmerkungen: * Der Autor dankt Dr. iur. Stefan Waller, Rechtsanwalt, Homburger AG für seine Mitarbeit bei der Vorbereitung dieses Aufsatzes. 1) Eidg. Volksinitiative «gegen die Abzockerei» (BBl 2008, 2577 f.), eingereicht am 26. Februar 2008 durch ein Komitee unter der Federführung von Thomas Minder. 2) Botschaft des Bundesrats vom 21. Dezember 2007 zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht und Rechnungslegungsrecht sowie Anpassungen im Recht der Kollektivund der Kommanditgesellschaft, im GmbH-Recht, Genossenschafts-, Handelsregister- sowie Firmenrecht), BBl 2008, 1589 ff. 3) So Kurt Schüle, Das neue Rechnungslegungsrecht, ST 2012, 64; andere Stimmen gehen indes von einem Inkrafttreten erst Anfang 2014 aus (vgl. Dieter Pfaff, Stephan Glanz, Was bringt das neue Rechnungslegungsrecht?, NZZ vom 12. Juni 2012, 35). 4) Vgl. Art. 46 der Vierten Richtlinie 78|660| EWG des Rates vom 25. Juli 1978 (Bilanzrichtlinie); Art. 1 Ziff. 14 der Richtlinie 2003|51|EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2003 (Modernisierungsrichtlinie) und Art. 1 Ziff. 7 der Richtlinie 2006|46|EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 (Änderungsrichtlinie). 5) Vgl. Peter Böckli, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl., Zürich 2009, § 8 N 715; die Terminologie stimmt nun etwa mit derjenigen nach deutschem Recht überein (vgl. §§ 289 und 315 des Deutschen Handelsgesetzbuchs [HGB]). 6) Dazu hinten, Ziff. 2.1. 7) Dazu hinten, Ziff. 2.2. 8) Dazu hinten, Ziff. 2.3. 9) Dazu hinten, Ziff. 3. und 4. 10) Dazu hinten, Ziff. 5. 11) Im Zuge der sog. «kleinen» Aktienrechtsrevision vom Dezember 2005 (in Kraft seit dem 1. Januar 2008) ist das Revisionsrecht neu konzipiert und die bisherige rechtsformspezifische in eine rechtsformneutrale einheitliche Ordnung überführt worden; es wird stärker nach der wirtschaftlichen Bedeutung der unternehmerischen Tätigkeit differenziert (vgl. den Überblick bei Böckli [Anm. 5], § 15 N 19 ff.). 12) Dazu hinten, Ziff. 2.1.2. 13) Im Gegensatz zum bisherigen Recht (Art. 957 Abs. 1 OR) wird das Erfordernis der Registerpflicht fallengelassen. Offen bleibt, ob nicht registerpflichtige Unternehmen (z. B. die einfache Gesellschaft) neu buchführungs- und rechnungslegungspflichtig sind. 14) Als solche gelten Gesellschaften, die (i) Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert haben, (ii) Anleihensobligationen ausstehend haben, oder (iii) mindestens 20% der Aktiven oder des Umsatzes zur Konzernrechnung einer Gesellschaft mit kotierten Beteiligungspapieren oder ausstehenden Anleihensob­ligationen beitragen (Art. 727 Abs. 1 Ziff. 1 OR). 15) Das sind Unternehmen, welche die Schwelle «20-40-250» überschreiten, also in zwei aufein­ander folgenden Jahren zwei der drei Merkmale «20 Millionen Bilanzsumme, 40 Millionen Umsatz, 250 Vollzeitstellen» überschreiten (Art. 727 Abs. 1 Ziff. 2 OR); für die Anwendung dieser Bestimmung sind die zwei Geschäftsjahre massgebend, die dem Inkrafttreten des neuen Rechnungs­legungsrecht vorangehen (Art. 2 Abs. 2 Übergangsbestimmungen revOR). 16) Das sind Unternehmen, die gemäss Art. 963 ff. revOR eine Konzernrechnung zu erstellen haben. – Das Kontrollprinzip wird neu gesetzlich verankert, ausschlaggebend ist die Möglichkeit der Beherrschung eines Unternehmens (vgl. Art. 963 Abs. 2 revOR und dazu etwa Florian Zihler, Die Konzernrechnung gemäss zukünftigem Rechnungslegungsrecht, ST 2012, 284 f.). 17) Art. 961 a revOR nennt Angaben zu (i) langfristigen verzinslichen Verbindlichkeiten, aufgeteilt nach Fälligkeit innerhalb von einem bis fünf Jahren und nach fünf Jahren, sowie (ii) Angaben zum Honorar der Revisionsstelle je gesondert für Revisions- und andere Dienstleistungen. 18) Die Geldflussrechnung hat die Veränderungen der flüssi-

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gen Mittel aus der Geschäftstätigkeit, der Inves­ titionstätigkeit und der Finanzierungstätigkeit je gesondert darzustellen (vgl. Art. 961 b revOR). 19) Art. 961 c revOR. 20) Das International Accounting Standard Board (IASB) hat am 8. Dezember 2010 das nicht-bindende IFRS Practice Statement «Management Commentary» veröffentlicht. Unter dem Begriff Management Commentary wird ein beschreibender Bericht verstanden, der zusätzlich zum Anhang Erläuterungen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie zu den Cashflows eines Unternehmens enthält. Der Management Commentary stellt somit eine Ergänzung zum Jahres- bzw. Konzernabschluss dar, ähnlich der von US GAAP geforderten Management Discussion & Analysis (MD & A), die eine detaillierte Berichterstattung verlangt; auch Swiss GAAP FER (R/34) verlangt einen Lagebericht (vgl. dazu etwa Evelyn Teitler-Feinberg, IFRS Management Commentary – Bedeutung des Practice Statements, ST 2011, 802 ff.). – Die SIX Swiss Exchange hat sich gegen den Erlass einer eigenen Richtlinie betreffend Management Commentary entschieden (vgl. Pressemitteilung der SIX Swiss Exchange Regulation vom 4. Mai 2012); ausschlag­ gebend war nach Durchführung einer Vernehmlassung über den Richtlinien-Entwurf die Ansicht, dass bei vielen Emittenten wesentliche Teile dieser Angaben bereits kommuniziert würden und eine formelle Gliederung nicht notwendig wäre (die vollständigen Vernehmlassungsunterlagen zur Richtlinie betr. Management Commentary finden sich unter: http://www.six-exchangeregulation.com/regulation/news_de.html). 21) Botschaft (Anm. 2) 1609 f., sowie Art. 697 b Abs. 1, Art. 699 Abs. 3 und Art. 699 a Abs. 1 E-OR. 22) Vgl. etwa Peter Böckli, Das neue OR-Rechnungslegungsrecht, ST 2010/4, 169; Ders. (Anm. 5), § 8 N 727. 23) Botschaft (Anm. 2), 1717. 24) Der Grundsatz der Klarheit bezieht sich auf die formelle Gestaltung der Jahresrechnung (und des Lageberichts) und verlangt insbesondere eine übersichtliche und sachgerechte Gliederung. 25) Der Grundsatz der Verständlichkeit verlangt, dass die Darstellung der Rechnungslegung und des Lageberichts für Adressaten mit angemessenen Kenntnissen der Rechnungslegung in allen Teilen verständlich ist. 26) Das Prinzip der Vollständigkeit verlangt die Offenlegung aller Informationen, die für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens massgeblich sind. 27) Nach dem Grundsatz der Verlässlichkeit dürfen die vermittelten Informationen keine wesentlichen Fehler enthalten und dürfen nicht verzerrt sein; die Adressaten der Jahresrechnung und des Lageberichts müssen sich auf die dargestellten Informationen verlassen können. 28) Das Prinzip der Wesentlichkeit zwingt letztlich dazu, auf das Überladen der Berichterstattung mit Einzelheiten zu verzichten. 29) Das Vorsichtsprinzip hat seine Grundlage in Bewertungsfragen; nach Art. 960 Abs. 2 revOR haben Bewertungen vorsichtig zu erfolgen, dürfen aber die zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens nicht verhindern. 30) Es sind bei der Darstellung und der Bewertung stets die gleichen Massstäbe zu verwenden. 31) Aktiven und Passiven, Aufwand und Ertrag, sowie – besonders relevant im Lagebericht – Chancen und Risiken dürfen nicht miteinander verrechnet werden. 32) Botschaft (Anm. 2), 1701. 33) Botschaft (Anm. 2), 1701. 34) Dazu hinten, Ziff. 2.3. 35) Botschaft (Anm. 2), 1717. – So auch die Rechtslage in Deutschland (vgl. etwa Helmut Ellrott, N 7 zu § 289 HGB, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., München 2010). 36) Item 303 of Regulation S-K, Items 303(b) and (c) of Regulation S-B, Item 5 of Form 20-F and Paragraph 11 of General Instruction B of Form 40-F. 37) Vgl. etwa die Com-

mission Guidance regarding Management’s Discussion and Analysis of Financial Condition Results of Operations der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC), Release Nos. 33-8350; 34-48960; FR-72. 38) Vgl. dazu bereits vorne, Ziff. 2.2.1. 39) Als Vergleich muss gemäss Ziff. 34 Swiss GAAP FER Rahmenkonzept der Jahresbericht mindestens folgende Punkte adressieren: (i) wirtschaftliches Umfeld des vergangenen Jahres (etwa Marktentwicklung und Branchentrends, Konkurrenz, massgebende Rahmenbedingungen wie Konjunkturlage oder Gesetzesänderungen) und Zukunftserwartungen bezüglich des wirtschaftlichen Umfelds, (ii) Kommentierung der Bestandteile der Jahresrechnung mittels wesentlicher Bilanz- und Erfolgskennzahlen und deren Entwicklung sowie (iii) Ausblick und Kommentierung der weiteren Entwicklung der Organisation, insbesondere für das folgende Geschäftsjahr und vor allem auch hinsichtlich Chancen und Risiken. 40) Vgl. Art. 46 der Vierten Richtlinie 78|660| EWG des Rates vom 25. Juli 1978 (Bilanzrichtlinie); Art. 1 Ziff. 14 der Richtlinie 2003|51|EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2003 (Modernisierungsrichtlinie) und Art. 1 Ziff. 7 der Richtlinie 2006|46|EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 (Änderungsrichtlinie). 41) Vgl. dazu im Einzelnen etwa Matthias Habersack, Dirk A. Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., München 2011, § 9 N 27 ff. 42) Die Berichtsfelder gemäss dem IFRS Practice Statement «Management Commentary» (vgl. vorne, Anm. 20) sind mit der schweizerischen und europäischen Regelung teils deckungsgleich, teils weitergehend. Der Management Commentary hat folgende Berichtsfelder zu analysieren: (i) Angaben zur Geschäftstätigkeit (nature of business), (ii) Ziele und Strategien des Managements (objectives and strategies), (iii) Ressourcen (Betriebsmittel), Risiken und Beziehungsfelder (resources, risks and relationships), (iv) Zielerreichung und Erfolgsaussichten (results and prospects), (v) Erfolgsmassstäbe und -indikatoren (performance measures and indicators) (vgl. zum Ganzen etwa Teitler-Feinberg (Anm. 20), 803 ff.). 43) So auch die Botschaft (Anm. 2), 1717. 44) Botschaft (Anm. 2), 1717. 45) Vgl. dazu Teitler-Feinberg (Anm. 20), 803. 46) Teitler-Feinberg (Anm. 20), 803. 47) Ähnlich wohl auch die Botschaft (Anm. 2), 1718. 48) Botschaft (Anm. 2), 1718; ebenso etwa Böckli (Anm. 22), 169; Lukas Glanzmann, Das neue Rechnungslegungsrecht, SJZ 2012, 212; BSK OR II-Neuhaus|Blättler, N 13 vor 32. Titel. 49) So etwa Glanzmann (Anm. 48), 212. 50) Dazu hinten, Ziff. 3.1. 51) Botschaft (Anm. 2), 1718. 52) Botschaft (Anm. 2), 1718. 53) So Glanzmann (Anm. 48), 212, basierend auf einem Hinweis von Reto Eberle. 54) So Böckli (Anm. 22), 169. 55) Vgl. Rz. 2 der Einleitung zum PS 720. 56) Vgl. Rz. 11 ff. PS 720. 57) Vgl. dazu etwa Stefan Waller, Das Underwriting Agreement – Grundlagen der vertraglichen Regelung öffentlicher Aktienplatzierungen, Diss. Zürich 2010, 203 ff. 58) Die entsprechenden Arbeiten erfolgen indes nicht in der Eigenschaft als Gesellschaftsorgan, qualifizieren mithin nicht als gesetzlich geregelte Revisionsfunktion, sodass etwa eine Haftung aus Art. 755 OR im Bereich der Comfort Letter ausser Betracht fällt (vgl. BSK OR IIGericke|Waller, N 3 zu Art. 755 OR m. w. N.). 59) Vgl. dazu etwa Philipp Amrein, Comfort Letters der Wirtschaftsprüfer, in: Thomas Reutter, Rolf Watter, Thomas Werlen (Hrsg.), Kapitalmarkttransaktionen, Zürich 2006, 86. 60) Vgl. zum Ganzen Amrein (Anm. 59), 86 ff. 61) Die Bezeichnung rührt daher, dass der Zahlenteil im Prospekt separat mit F-1, F-2 usw. nummeriert ist. 62) Amrein (Anm. 59), 107. 63) Amrein (Anm. 59), 107 f. 64) Vgl. dazu etwa BSK OR II-Neuhaus|

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r e c h t/ v e r s i c h e r u n g e n Blättler, N 41 a zu Art. 663 b OR. 65) Dies ergibt sich schon aus der Aufgabe der Oberleitung der Gesellschaft (Art. 716 a Abs. 1 Ziff. 1 OR; ferner etwa aus Ziff. 2, 3 und 5 von Art. 716 a Abs. 1 OR); dazu statt vieler etwa Böckli (Anm. 5), § 15 N 193, und BSK OR II-Watter|Roth Pellanda, N 6 zu Art. 716 a OR. 66) Böckli (Anm. 5), § 15 N 210; Frank Gerhard, Fonctions de contrôle dans les sociétés – Définitions, distinctions et cadre juridique, in: Edgar Philippin (Hrsg.), Lausanne 2012, [zur Publikation bestimmt]; BSK OR II-Neuhaus|Blättler, N 41 d zu Art. 663 b OR; BSK OR II-Gericke|Waller, N 13 b zu Art. 755 OR; weitergehend BSK OR II-Watter| Pfiffner, N 24 f. zu Art. 728 a OR, die eine Überprüfung auf Plausibilität und Vollständigkeit fordern; vgl. ferner etwa Dieter Pfaff, Angaben über die Durchführung einer Risikobeurteilung in Anhang und Lagebericht, in: Corinne Rudolphi/Ronny Meyer/ Daniel Eicher (Hrsg.), Max Boemle, Festschrift zum 80. Geburtstag, Zürich 2008, 323, der von der Revisionsstelle fordert, dass sie positiv feststellt, ob die im Anhang gemachte Aussage eine zutreffende Vorstellung der Realität der Finanzberichterstattung vermittelt, sowie Reto Eberle, Angaben über die Durchführung einer Risikobeurteilung, in: Conrad Meyer/Dieter Pfaff (Hrsg.), Finanzund Rechnungswesen: Jahrbuch 2008, Zürich 2008, 89, der zumindest eine formelle Prüfung als nicht sachgerecht empfindet, wenn beispielsweise Widersprüche zwischen den im Verlauf der Prüfungsarbeiten gewonnenen Erkenntnisse und den offengelegten Angaben im Anhang bestehen. 67) BSK OR II-Gericke|Waller, N 13 b zu Art. 755 OR. 68) Böckli (Anm. 66), 166, 169; Gerhard (Anm. 66); Glanzmann (Anm. 48), 212. 69) Vgl. vorne, Ziff. 2.3. 70) Grosse Gesellschaften halten sich bei der Ausgestaltung des IKS meist an ein anerkanntes Rahmenwerk, wobei heute COSO (Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission): Internal Control – Integrated Framework, im Vordergrund steht (vgl. dazu etwa Böckli [Anm. 5], § 15 N 254 f. m. w. N. und Gerhard [Anm. 66]). 71) Dies ergibt sich letztlich aus Art. 728 a Abs. 2 OR (vgl. Böckli [Anm. 5], § 15 N 187). 72) Vgl. Gerhard (Anm. 66); Michael Pfeiffer, Mögliche Auswirkungen der kleinen und der grossen Aktienrechtsrevision, AJP 2009, 19; Pfaff (Anm. 66), 325. – Diese Sichtweise wird zumindest auch von Böckli (Anm. 5), § 15 N 206 FN 472, vorsichtig angedeutet. 73) Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Revisionspflicht im Gesellschaftsrecht) sowie zum Bundesgesetz über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisoren vom 23. Juni 2004, BBl 2004, 3969 ff., 4036. – Dieser Feststellung steht jedoch die Aussage von altBundesrat Christoph Blocher im Ständerat vom 1. Dezember 2005 entgegen, wonach der Gesetz­

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geber eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Unternehmensrisiken erwarte (Amtl. Bull. StR [2005], 988). 74) Böckli (Anm. 5), § 15 N 193 und 205; Botschaft (Anm. 2), 4036. 75) Böckli (Anm. 5), § 15 N 205. 76) Vgl. vorne, Ziff. 2.2.3. 77) Vgl. Pfeiffer (Anm. 72), 19; Pfaff (Anm. 66), 325. 78) Etwa die Gefahr eines geschäftlichen Misserfolgs oder Verlustes überhaupt; ein Risiko, das sich gewissermassen quer durch alle spezifischen Risiken hindurch zieht, abhängig von der konkreten Konkurrenzsituation, der Innovationsgeschwindigkeit der betreffenden Branche und den gegebenen Eigentümerverhältnissen (vgl. Böckli [Anm. 5], § 15 N 200). 79) Also die Gefahr, dass die Entwicklung des massgeblichen Marktes wesentlich anders verläuft, als bei wichtigen unternehmerischen Dispositionen unterstellt worden war; es geht hier um Risiken, die sich aus der Einbettung des Unternehmens in die verschiedenen relevanten Märkte ergeben (Absatz-, Beschaffungs-, Arbeits- und Finanzmarkt etwa). 80) Breit verstanden als Gefahr von Fehlleistungen und Schadensfällen im Rahmen betrieblicher Abläufe. 81) Gemeint ist das Risiko, dass eine für das Unternehmen wichtige Gegenpartei in einem besonders schädlichen Zeitpunkt oder Ausmass versagt oder ganz ausfällt. 82) BSK OR II-Neuhaus|Blättler, N 41c zu Art. 663 b OR; Pfaff (Anm. 66), 319 ff. 83) Böckli (Anm. 5), § 15 N 206. 84) Kritisch gegenüber der Differenzierung zwischen Unternehmen, die der ordentlichen und solchen die der eingeschränkten Revision unterstehen, BSK OR II-Neuhaus|Blättler, N 41c zu Art. 663 b OR. 85) Dabei geht es, wie erwähnt (vgl. vorne, Ziff. 3.2), um Risiken, die einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität und die Beurteilung der Jahresrechnung haben können. 86) So namentlich Böckli (Anm. 5), § 15 N 282; Gerhard (Anm. 66); ähnlich auch BSK OR II-Watter/Pfiffner, N 20 zu Art. 728 a OR m. w. N. 87) Art. 728 a Abs. 1 Ziff. 3 OR umschreibt dabei den Prüfungsgegenstand, Art. 728b Abs. 1 OR den Berichtsgegenstand. 88) Vgl. Böckli (Anm. 5), § 15 N 208 (ii). 89) BSK OR II-Neuhaus/Blättler, N 41c zu Art. 663 b OR; Pfaff (Anm. 66), 320 ff., unterscheidet zwischen der Minimallösung (Vollzugsmeldung durch den Verwaltungsrat) und der Maximallösung (umfassende Angaben über die Risikomanagementprozesse) und kategorisiert sodann die Unternehmen zwischen Unternehmen unter der KMU-Schwelle, Unternehmen über der KMUSchwelle, Grossunternehmen und Konzerne, sowie Publikumsgesellschaften. 90) Pfeiffer (Anm. 72), 19, will aus der veränderten Wortwahl nichts ableiten. 91) Vgl. vorne, Ziff. 3.2. 92) Pfaff (Anm. 66), 325 f. 93) So auch die wohl h. M. zur Rechtslage in Deutschland (vgl. etwa Peter Kajüter, Bericht­ erstattung über Chancen und Risiken im Lagebe-

richt, Betriebs-Berater 2004, 430). 94) Eingehend dazu Anke Müssig, Lagebericht und Value Report­ ing, in: Wilfried Funk, Jonas Rossmanith (Hrsg.), Internationale Rechnungslegung und Interna­ tionales Controlling, Wiesbaden 2008, 187 ff. – Der IFRS Management Commentary (vgl. vorne, Anm. 20) überlässt den Entscheid der Darstellung von Risikopositionen der Gesellschaft. 95) In den Worten des IFRS Management Commentary (vgl. vorne, Anm. 20), Rz. 23(c): «Management should also avoid generic disclosures that do not relate to the practice and circumstances of the entity and immaterial disclosures that make the more important information difficult to find». 96) Vgl. wiederum etwa den IFRS Management Commentary (vgl. vorne, Anm. 20), Rz. 31 f.: «Management should disclose an entity’s principal risk exposures and changes in those risks, together with its plans and strategies for bearing or mitigating those risks, as well as disclosure of the effective­ ness of its risk management strategies. This disclosure helps users to evaluate the entity’s risks as well as its expected outcomes. Management should distinguish the principal risks and uncertainties facing the entity, rather than listing all possible risks and uncertainties. Management should disclose its principal strategic, commercial, operational and financial risks, which are those that may significantly affect the entity’s strategies and progress of the entity’s value. The description of the principal risks facing the entity should cover both exposures to negative consequences and potential opportunities. Management commentary provides useful information when it discusses the principal risks and uncertainties necessary to understand management’s objectives and strategies for the entity. The principal risks and uncertainties can constitute either a significant external or internal risk to the entity». 97) Vgl. dazu Daniel ­Daeniker, Stefan Waller, Kapitalmarktbezogene Informationspflichten und Haftung, in: Rolf H. Weber (Hrsg.), Verantwortlichkeit im Unternehmensrecht, Zürich 2003, 77. – Illustrativ hierzu etwa die sog. U.S.-amerikanische bespeaks caution doctrine: «When, in offering documents forecasts [...] are accompanied by meaningful cautionary statements, the forward looking statements will not form the basis for a securities fraud claim [...] Of course, a vague or blanket (boilerplate) disclaimer which merely warns the reader that the investment has risks will ordinarily be inadequate to prevent misinformation. To suffice, the cautionary statement must be substantive to the specific future projections [...]» (Kaufmann v. Trump’s Castle Funding, 7 F.3d 357 [3rd Cir. 1993]).

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