Alles eine Frage der Zeit (geschrieben von Melli)

1 Seit meiner Trennung von meinem damaligen Freund wohne ich nun seit etwa einem Jahr in meiner ersten, alleinigen Wohnung. Darauf bin ich ziemlich stolz. Warum auch nicht. Man kann stolz sein eine unabhängige Frau zu sein. Damals sind mein ehemaliger Freund Manuel und ich direkt aus dem Elternhaus zusammen gezogen und ich hatte dauernd das Gefühl, dass ich es niemals schaffen würde alleine zu leben. Aber – Ich habe es geschafft. Zwischen mir und Manuel hatte es einfach nicht mehr funktioniert. Wir haben drei Jahre zusammen gelebt und gemerkt, dass es sich wirklich nur noch um ein Zusammenleben handelte aber nicht mehr um die Liebe ging. Die Trennung tat uns beiden gut. Ich habe erfahren, dass er eine neue Freundin hat und glücklich ist. Das freut mich. Wirklich. Ich?? Ich bin Single. Stolze Singlefrau. Es ist Freitag – Endlich. Ich parke das Auto unmittelbar vor meiner Wohnung und trage die Einkäufe mühselig bis in den vierten Stock. Jedes Mal wenn ich mit den schweren Taschen nach oben laufe frage ich mich, welcher Depp nicht an den Einbau eines Aufzuges gedacht hat. Habe ich schon erwähnt, dass heute Freitag ist? Nicht nur, dass das Wochenende angebrochen ist, lässt mich schnell den Ärger über die schweißbadende Einkaufsaktion verlieren, sondern auch, dass ich meine Mädels zum Mädelsabend eingeladen habe. Der letzte Mädelsabend ist viel zu lange her. Uns alle unter einen Hut zu bekommen gestaltet sich oft schwierig. Wir sind vier Mädels, welche unzertrennlich sind. Larissa, Saskia, Nicci und ich. Wir kennen uns alle schon sehr lange und bis auf ein paar Zickereien gab es nie einen heftigen Streit untereinander. Den eingekauften Sekt verstaue ich direkt in den Kühlschrank und die Knabbereien fliegen zunächst auf die Küchentheke. Es ist schon 16:00 Uhr und in zwei Stunden heißt es Quatschen, Lästern und Tratschen. Was gibt es besseres? Anschließend haben wir uns vorgenommen in den Club zu gehen. Dieser ist nicht weit von meiner Wohnung entfernt und gut zu Fuß erreichbar. Die Luftmatratzen habe ich bereits gestern aufgepumpt und im Schlafzimmer verstaut. Zwei Stunden. Das wird sportlich. Ich komme gerade von der Arbeit und kann so definitiv nicht den Abend beginnen. Ich mache mir nicht sehr viel Mühe um mein Äußeres wenn ich morgens los muss zur Arbeit. Ich schlafe lieber etwas länger und dann muss alles ziemlich zügig gehen.

Meine braunen, langen Haare schnüre ich meistens, wie auch heute, zu einem Pferdeschwanz zusammen und an ein Makeup ist morgens nicht zu denken. Ich springe schnell unter die Dusche. Wie immer lasse ich dabei laut die Musik laufen und singe laut mit. Was wohl meine Nachbarn denken wenn sie mich hören? Egal. Als ich mir gerade das Handtuch umwerfe klingelt mein Handy. Larissa. Sie hat ein Händchen dafür immer zu unangebrachten Zeiten anzurufen. Ich klemme mir schnell die Haare hoch und nehme ab. „Huhu – Was machst du?“ schreit Sie in den Hörer. „Ernsthaft?“ frage ich entnervt. „In 1 ½ Stunden steht ihr alle auf der Matte und es gibt noch einiges zu tun“ „Ich kann helfen wenn du magst.“ „Normalerweise würde ich dich nicht darum bitten aber die Wohnung sieht wirklich schrecklich aus. Wenn du soweit fertig bist, wäre es lieb wenn du kommen könntest.“ „Was für eine Frage. Bin in 20 Minuten da.“ Sie wird mir eine große Hilfe sein. Das ist sie immer. Larissa und ich kennen uns seit unserer Kindheit. Sie kennt mich in und auswendig. Das macht eine beste Freundschaft aus. Nachdem ich mich angezogen habe, kämpfe ich im Bad mit den Haaren, die einfach nicht wollen wie ich. Das tun sie eigentlich nie. Es klingelt an der Tür. Voller Enthusiasmus und freudiger Erwartung, drücke ich die Eingangstür auf und reiße die Tür auf. Mein Atem bleibt kurz stehen als ich bemerke, dass bereits jemand vor mir an der Wohnungstür steht – Und es ist nicht Larissa, die ich bereits erwartet habe...

2 Vor mir steht ein junger Mann, welchen ich von oben bis unten mustere. Er ist in meinem Alter. Vielleicht etwas älter. Groß. Etwa einen Kopf größer als ich. Dunkle Haare und gut gebaut. Durch das Muskelshirt ist das nicht schwer zu erkennen. Seine Bauchmuskeln zeichnen sich sogar darauf ab. Auf seiner rechten Schulter hinunter des Arms verläuft ein großes Tribeltattoo. Ich versuche mich zu konzentrieren und schaue ihm in die Augen. Wow – sind die schön. Haselnussbraun würde man sagen und sein drei Tage Bart passt perfekt zu ihm. Erst jetzt bemerke ich die peinliche, viel zu lang anhaltende Stille. Er räuspert sich und beginnt zu grinsen. „Hi. Mein Name ist Conner. Ich bin vor 2 Tagen unter Ihnen eingezogen und wollte mich nur kurz vorstellen. „Ähm. Hallo. Lena. Freut mich.“ Er streckt mir seine Hand entgegen, welche ich schüttle. „Ich schmeiße heute Abend eine Einweihungsfeier. Sie sind herzlich eingeladen.“ Stammelnd antworte ich: „ Da – Danke aber ich bekomme heute bereits Besuch.“ „Oh. Ok.“ Für einen kurzen Moment glaubte ich eine Art Enttäuschung in seiner Stimme gehört zu haben. Erneut klingelt es und ich drücke die Tür auf. „Das muss mein Besuch sein“ entgegene ich ihm. „Sollte es Ihnen heute Abend zu laut sein, schellen Sie einfach an.

Es war nett Sie kennen zu lernen.“ Er wirft mir ein verschmähtes Lächeln zu, dreht sich und steigt die Treppe hinab. Ich brauche ein paar Sekunden um wieder in die Realität zu gelangen und dann steht auch schon Larissa vor mir. „Wow“ sagt sie „Was war das denn für eine Sahneschnitte im Flur?“ „Mein neuer Nachbar“ antworte ich „Er wohnt direkt unter mir.“ „Heiß“ ist ihre kurze, knappe Reaktion, bevor Sie mich drückt und an mir vorbei in die Wohnung huscht. Ihr Grinsen ist mir natürlich nicht entgangen. „Ok Lena. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Mach du dich zu Ende fertig und ich bringe dieses ganze Chaos mal hier für dich in Ordnung.“ Ich springe zurück ins Bad und vollende, was ich begonnen habe. Meine Haare trage ich offen. Meine Lippen in einem knalligen, auffallenden rot. Für heute habe ich das kurze Schwarze gewählt. Damit kann Frau nichts falsch machen. Als ich aus dem Bad komme, kann ich meinen Augen kaum trauen. Die Wohnung ist komplett aufgeräumt und gesaugt hat Larissa auch noch. Sie weiß, wie man Ordnung hält. Ein riesger Unterschied zwischen uns beiden. Sie ist ordentlich, ich unordentlich. Wir ergänzen uns halt sehr gut. Es klingelt an der Tür und Larissa öffnet. Saskia und Nicci kommen außer Puste oben bei mir an. Ich lache: „Seht es als kleine Sportübung“ Hämisch schauen mich beide an, während sie in die Wohnung trotten. Nachdem wir den Sekt serviert haben und auf einen tollen Abend angestoßen haben, hören wir laute Musik von unten ertönen. „Das fängt ja schon gut an“ sage ich entnervt. Ich erzähle den Mädels von meiner Begegnung mit Conner. „Mensch Lena, das ist doch wunderbar. Es ist an der Zeit die Augen für etwas Neues zu öffnen“ sagt Saskia. Perplex schaue ich in die Runde „Ne, ne. Lass mal. Ich fühle mich wohl. Das wisst ihr.“ „Das mit Manuel ist jetzt ein Jahr her. Du kannst nicht ewig Single bleiben.“ wirft mir Nicci entgegen. „Kann ich nicht?“ „ Nein.“ antworten alle drei gleichzeitig. Wir verfallen in Gelächter, weil alle, abgesehen von mir, das gleiche denken. Der Abend verläuft, wie ich es mir vorgestellt habe. Wir trinken, lachen und haben gemeinsam eine Menge Spaß. Wir reden über vergangene Tage, über die Arbeit und natürlich über Männer. Larissa hat vor zwei Wochen auf einer Party einen Kerl kennengelernt, welchen Sie bis jetzt drei Mal wieder getroffen hat. Sie schwärmt von ihm, kann aber selbst noch nicht sagen, ob sich mehr entwickeln wird. Ich würde ihr so sehr gönnen, dass er der Richtige ist. Larissa hat nicht nur ein Händchen dafür zu unangebrachten Zeiten anzurufen sondern auch die falschen Kerle kennen zu lernen. Wer kennt diese falschen Kerle nicht? Erst machen Sie dir schöne Augen, holen dir die Sterne vom Himmel und nach nur kurzer Zeit finden sie etwas Besseres als dich. Larissa hat das nicht verdient. Sie ist gutmütig, hübsch, intelligent und liebenswert.

Ich muss kurz an Conner denken. An seine Höflichkeit, seine haselnussbraunen Augen, seine Muskeln und sein Tattoo. Schnell verdränge ich ihn aus meinen Gedanken. Es ist gut so, wie es ist und ein Partner passt derzeit nicht in mein Leben. Mein Job verlangt mir einiges ab und meine Freizeit verbringe ich mit Sport, meiner Familie und meinen Freunden. Die Liebe hat derzeit einfach keinen Platz. Es klingelt an der Tür. „Ich mach auf“ ruft Saskia aus der Küche. „Hallo.“ Ich erkenne die Stimme sofort wieder. Es ist die von Conner. „Ich bin neu hier und wollte fragen, wo man gut feiern gehen kann“ Sag es ihm nicht – Sag es ihm nicht – Die Worte fallen jedoch nur in meinem Kopf. Sie sagt es: „Nicht weit von hier ist ein angesagter Laden. Club DGC. Wir wollen auch gleich hin.“ „Gut. Danke. Vielleicht sieht man sich dort.“ Ich stelle mir vor, wie er Saksia anlächelt wärend er das gesagt hat. Ich höre wie Saskia die Tür schließt und mein Herz beginnt ungewollt an zu rasen. Sie kommt ins Wohnzimmer. „Wow.“ Sagt Saskia „Ich gehe ganz stark davon aus, dass das dieser Conner war“ „Ja.“ antworte ich „Scheint so“ „Na das kann ja ein interessanter Abend werden“ sagt Nicci. Die Mädels werfen mir ein verschlagenes Grinsen entgegen und heben das Glas. Ja, das wird er wohl….Ein interessanter Abend.

3 Gegen 23:30 Uhr betreten wir den Club. An der Schlange draußen haben wir nicht lange warten müssen und im Inneren ist bereits eine Menge los. Die Tanzfläche ist gut befüllt und die Musik ist großartig. Wie immer führt unser erster Weg an die Theke. Die junge Frau hinter der Theke fragt: „Na? Was darf es sein?“ „Vier Feiglinge“ rufe ich ihr laut zu. Nachdem wir die Pinnchen vernichtet haben und anschließend auch unsere Longdrinks in den Händen halten, schweift mein Blick durch den Club. Ich erkenne keine bekannten Gesichter und bin erleichtert Conner nicht zu sehen. Er wird sich wahrscheinlich gegen den Clubbesuch entschieden haben und meine Zuversicht auf einen spaßigen Mädelsabend steigt wieder. „Los. Lasst uns tanzen gehen“ ruft Saskia. Die Musik ist wirklich laut und sie hat Schwierigkeiten dagegen anzukämpfen. Mit einem Nicken bestätigen wir Ihren Vorschlag und machen uns auf den Weg zur Tanzfläche. Nach den ersten rhythmischen Bewegungen bemerke ich einen Kerl, der mir ein Lächeln entgegen wirft. Ich kann mir ein Lächeln ebenfalls nicht verkneifen und schaue verschämt weg. Unauffällig schaue ich kurze Zeit danach erneut in die Richtung und noch immer schaut er zu mir.

Er hebt sein Glas und deutet einen Prost an. Aus Nettigkeit erhebe auch ich mein Glas. Jetzt bemerken auch die Anderen meinen kleinen Flirt und Nicci stößt mir mit dem Ellenbogen in die Seite. „Na los. Geh zu ihm rüber“ fordert sie mich auf. „Nein. Kein Interesse“ antworte ich ihr lachend. „Ich werde mal eben zur Toilette“ rufe ich in die Runde. „Muss noch wer?“ Wer kennt das nicht? Wir gehen nie alleine auf die Toilette. Während Larissa und ich uns den Weg durch die Menge frei schaufeln, bleibe ich abrupt stehen. Dort ist er. Dort ist Conner. Er tanzt mit einer jungen, unglaublich gut aussehenden Frau. Ihre langen, blonden Haare bewegen sich im Takt genauso wie der Rest Ihres schlanken Körpers. Conner und sie scheinen sehr vertraut zu sein. Seine Hand ist an Ihre Hüften gelegt und er schaut ihr tief in die Augen. Er begafft sie beinahe. Damit habe ich rechnen müssen. Habe ich jedoch wohl nicht, denn irgendwie bemerke ich einen Kloß im Hals. Auch Larissa hat ihn gesehen, steht neben mir und gemeinsam schauen wir uns das Schauspiel auf der Tanzfläche an. Ich nehme einen großen, letzten Schluck von meinem Longdrink und setze den Weg zur Toilette fort. „Das heißt gar nichts“ höre ich Larissa aus der anderen Toilettenkabine. „Was denn?“ frage ich erstaunt. „Das Mädel ist wahrscheinlich nur irgend so ein Mädel, welches er eben kennengelernt hat. Du hast immer noch Chancen.“ „Wovon redest du?“ versuche ich nicht aufgeregt zu klingen. „Wenn du Conner meinst: Es interessiert mich nicht. Ich habe kein Interesse an ihm. Er ist mein Nachbar und das war es auch schon.“ Während ich das sage, frage ich mich, ob ich mir selbst glauben würde. Larissa lacht. Natürlich glaubt sie mir nicht. Auf den Weg zurück zu den anderen Beiden sehe ich ungewollt in die Richtung, in der gerade noch Conner und dieses Mädchen getanzt haben. Ich kann ihn nicht erblicken. Stattdessen sehe ich meine kleine Schwester Sarah mit ihrer besten Freundin Nane. Sie sieht mich, kommt laut kreischend auf mich zu und wirft sich mir in den Armen. Es war klar, dass Sie heute ebenfalls hier ist. Sie ist immer hier. Damals vor Manuel habe ich das auch gekonnt. Jeden Freitag und Samstag die Nächte lang durchgefeiert. Sarah und Nane sind im gleichen Alter. Sie sind drei Jahre jünger als ich. Meine Schwester sieht mir ähnlich. Eine Verwandtschaft lässt sich nicht abstreiten. Das Verhältnis zu meiner Schwester hat sich nach meiner Trennung von Manuel schlagartig verbessert. Sie war jeden Tag für mich da und hat mir bei dem Umzug stark geholfen. Das war nicht immer so. Sie ist Mamas und Papas Liebling. Hat immer mehr bekommen als ich. Als kleinere Schwester hat sie es mit mir wahrscheinlich nicht einfach gehabt. Gemeinsam gehen wir zurück zu Saskia und Nicci. Nachdem sich alle in die Arme gefallen sind und sich herzlich begrüßt haben, staune ich nicht schlecht, als mein Arbeitskollege Spencer auf uns zukommt. Das hat mir auch noch gefehlt. Ich dachte wir haben Wochenende und ich hätte „frei“. Spencer und ich teilen uns ein Büro in der Firma. Er sieht gut aus. Blond, etwas längere Haare, groß und schöne blaue Augen, welche selbst in der Dunkelheit der Disco nicht zu verkennen

sind. „Wow Lena“ beginnt er „So kenne ich dich ja gar nicht“ Verlegen sage ich zurück: „Danke. Dich sieht man aber auch eher selten so schick“ Mir fällt auf sofort auf, dass er ein Hemd trägt. Auf der Arbeit sieht man ihn eher leger in Shirts. „Magst du mich nicht deinen netten Begleitungen vorstellen?“ Muss ich? Eigentlich möchte ich das nicht. Seit ich arbeite pflege ich die Philosophie: Arbeit ist Arbeit und Privat ist Privat. Das ist einer der Gründe, wieso Spencer für mich nie ein Gedanke wert war. Aber hier komme ich wohl nicht drum herum. „Das sind Larissa, Saskia und Nicci. Meine besten Freundinnen.“ Ich zeige jeweils mit den Fingern auf die Mädels. „Und das ist Sarah meine Schwester und ihre beste Freundin Nane“ „Es freut mich euch kennen zu lernen“ ruft Spencer in die Runde. „Das ist Spencer. Mein Arbeitskollege“ „Mit wem bist du hier?“ frage ich ihn. „Ach, mein bester Freund hat heute seinen Umzug gefeiert und wir haben uns kurzfristig dazu entschieden hierhin zu kommen.“ Das ist doch nun Zufall oder? Viele Menschen feiern heute sicher ihren Umzug. Bitte, flehe ich gen Himmel, dass kann nur ein dummer Zufall sein. Spencers Blick dreht sich nicht weit von uns in eine Sitzecke, und er nickt in die Richtung. „Dort. Das sind meine Freunde“ Ich folge seinem Blick und möchte es kaum glauben. In der Sitzecke sitzt Conner mit der blonden Dame und drei weiteren Leuten. Der Tisch ist voll bepackt mit Alkohol und es unverkennbar, dass bereits eine Menge geflossen ist. Conner hat seinen Arm um die Blondine gelegt und hebt nach einem lauten Lachen seinen Kopf in unsere Richtung. Mist. Er hat mich gesehen und damit nicht genug. Er hat gesehen, wie ich ihn anstarre. Einige Sekunden treffen sich unsere Blicke und keiner von uns beiden schaffe es weg zu schauen. Das hat wohl nun auch die Blondine bemerkt. Sie folgt Conners Blick und sieht ebenfalls zu uns hinüber. Das ist mein Stichpunkt. Wegschauen. „Oh. Du bist der beste Freund von meinem neuen Nachbar?“ entgegne ich Spencer. „Wie bitte?“ „Na Conner. Er hat sich mir heute als neuer Nachbar vorgestellt.“ „Echt? Cool. So klein ist die Welt.“ Ja. Die Welt ist klein. Wem sagst du das? Mir persönlich wird sie gerade ein wenig zu klein. „LENA??“ Sarah reißt mich aus meinen Gedanken. „Hörst du mir eigentlich zu?“ „Du Sarah“ lenke ich ein. „Mir geht es gerade nicht so gut. Ich glaube ich brauche mal eben eine kleine Pause.“ Ohne den anderen einen Blick zuzuwerfen gehe ich schnellen Schrittes in Richtung Ausgang. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Ich weiß nicht, was gerade mit mir passiert. Normalerweise würde ich mich niemals alleine von der Gruppe trennen. Mein Puls rast und meine Stirn glüht. Vorbei an einem Türsteher, welchem ich verdeutliche, dass ich mich nur am Ausgang kurz aufhalten möchte, setze ich mich auf die kleine Mauer. Ich atme tief ein und bemerke, wie mein Puls sich nach kurzer Zeit beruhigt.

Es ist ein kühler Sommerabend. Ich friere etwas. Mein Gedanke mir eine Erkältung einzufangen wird jedoch abrupt unterbrochen, als ich sehe, wer aus dem Ausgang herausgestürmt in meine Richtung kommt. Und es ist niemand meiner Begleitungen…

4 „Ist alles in Ordnung?“ ruft mir Conner entgegen. „Ja natürlich. Wieso sollte es nicht?“ „Ich habe gesehen, dass Sie plötzlich losgestürmt sind.“ „Die Förmlichkeiten können wir glaube ich jetzt ablegen“ antworte ich lachend. Grinsend nickt er mir zu. „Ich habe gehört, dass du mit Spencer gut befreundet bist.“ „Ja“ antwortet er. „Woher kennst du ihn?“ „Spencer und ich arbeiten seit knapp 5 Jahren zusammen in einem Büro“ „Wirklich?“ Conner scheint schockiert. „Und dann haben wir uns vorher noch nicht kennengelernt?“ „Nein.“ Ich muss lachen. „Sieht wohl nicht so aus.“ Conner schaut mir tief in die Augen. Wieso fasziniert er mich so? Er ist ein Kerl wie jeder andere auch. Es gibt viele hübsche Kerle auf dieser Welt. Was hat er, was andere nicht haben? Wir werden unterbrochen, als ein Mädchen uns aus dem Club entgegen kommt. Unser Blickkontakt bricht ab. „Conner“ ruft sie. Ihre Stimme wirkt schrill. „Was machst du denn hier draußen?“ Ich erinnere mich, dass ich sie zusammen mit Conner in der Sitzecke gesehen habe. Sie hat schulterlanges, dunkelbraunes Haar, welches sie leicht gewellt trägt. An Ihrer Nase sticht ein Piercing hervor und Ihre schwarz geschminkten Augen sind auf mich gerichtet. „Lena. Darf ich dir vorstellen? Das ist Manuela. Meine Schwester.“ „Freut mich“ Ich zwinge mir ein Lächeln ins Gesicht. Insgeheim hätte ich gerne noch ein paar weitere Minuten mit Conner alleine verbracht. „Du solltest mit hinein kommen Conner. Vivi findet das sicher nicht witzig, wenn sie dich hier sieht.“ „Alles klar. Geh schon mal rein. Ich komme sofort nach“ antwortet Conner ihr. Als Manuela in den Club verschwunden ist, bemerke ich, dass Conner mich wieder anschaut. Ich erwidere seinen Blick nicht sondern nehme all meinen Mut zusammen um zu fragen: „Wer ist Vivi?“ „Ach“ Conner wirkt verlegen „Das ist eine lange Geschichte. Die erzähle ich dir sicher irgendwann einmal. Wir sollten wieder rein gehen. Es wird langsam wirklich frisch hier draußen.“ Super – Schlauer als vorher bin ich nun auch nicht. Mein Instinkt verrät mir, dass es sich bei Vivi um Miss Topmodel handeln muss, welche ich, ohne sie zu kennen, schon jetzt nicht leiden kann. Es gibt solche Menschen. Meine Mutter hat mir zwar beigebracht, nicht zu voreilig über Menschen zu urteilen, jedoch gelingt mir das in den meisten Fällen nicht. „Geh du schon mal vor. Ich bleibe noch etwas und tanke noch ein bisschen frische Luft.“ Ich schaue Conner mit einem aufgesetzten Lächeln an, in der Hoffnung, dass er glaubt, dass ich es ernst meine. „Ok. Aber nicht zu lange. Nicht, dass du morgen flach liegst.“ Er erhebt sich von der Mauer und dreht sich zu mir. Mein Blick nach oben zu ihm gerichtet, noch

immer mit aufgesetztem Lächeln. Er senkt sich zu mir und küsst mich zärtlich auf die Wange. Damit habe ich nicht gerechnet. Nein, absolut nicht. Mit einem Mal wird mir wieder ganz warm und die kühle Luft nehme ich nicht mehr wahr. Er dreht sich um in Richtung Club und schaut noch einmal über die Schulter hinweg zu mir. Ich hoffe er hat nicht gesehen, dass mein aufgesetztes Lächeln sich zu einem versteinerten, entsetzten Gesicht verformt hat. Mein Abend ist an dieser Stelle vorbei. Ich möchte diesen Abend mit diesem Abschied beenden und nicht wieder in den Club, in dem mich wahrscheinlich ein Conner zusammen mit Vivi begegnet. Ich schreibe Larissa eine Nachricht: „Notfall. Conner. Abend ist beendet. Alles Weitere erzähle ich euch zuhause.“ Gemeinsam mit Larissa, Saskia und Nicci laufe ich nach Hause. Sie versuchen mich auf dem Weg über alles auszuquetschen. Mir ist jedoch nicht danach meine Gefühlswelt zu offenbaren. Immerhin bin ich mir selbst nicht darüber im Klaren, was ich fühle. Ich habe erst zwei Mal mit Conner gesprochen und an die Liebe auf den ersten Blick glaube ich schon lange nicht mehr. Samstag – Was für ein verlorener Tag. Es ist bereits 11:30 Uhr als ich die Augen öffne. War das alles nur ein Traum? Nein. Ich fasse mit meiner Hand an die Wange, an der ich noch immer glaube die Lippen von Conner zu fühlen. Der Geruch von Rührei kriecht in meine Nase und es ist an der Zeit aufzustehen. Ich ziehe meine pinken Kuschelsocken an und trotte in die Küche. Ich habe die besten Freundinnen der Welt. „Guten Morgen Langschläferin“ sagt Nicci mit vollem Mund. „Euch hat der liebe Gott geschickt“ sage ich lachend und nehme am voll gedeckten Tisch platz. Alles was mein Herz höher schlagen lässt ist zu finden. „Wir mussten erst einmal heute Morgen einkaufen gehen. Du hast ja nichts Vernünftiges im Kühlschrank.“ Saskia schüttelt vorwurfsvoll mit dem Kopf. Wir verbringen eine halbe Ewigkeit am Frühstückstisch und ich höre mir an, wie toll und nett Spencer doch ist. Ich weiß nicht, was er den Mädels alles erzählt hat während ich draußen saß, aber er muss einen guten Eindruck hinterlassen haben. Über Conner sprechen wir nicht. Auch wenn ich ihnen jetzt gerne davon erzählt hätte, halte ich mich erst einmal zurück. Wahrscheinlich ist den anderen Vivi ebenfalls nicht unbemerkt geblieben, daher bohren sie erst gar nicht weiter. Um 14:00 Uhr verabschieden sich die Drei von mir und verdeutlichen, dass wir das bald wiederholen müssen. Das wird wahrscheinlich dann in zwei Monaten oder so sein. Wie gesagt, alle vier zusammen zu bekommen ist ungemein schwierig. Nachdem ich die Tür geschlossen habe, klingelt mein Handy. Sarah. Ich nehme ab und frage sie ob es ihr gut geht. „Ob es mir gut geht? Klar geht es mir gut. Aber wie geht es dir? Du bist einfach gegangen ohne dich zu verabschieden.“ Sarah klingt genau wie unsere Mutter. Ängstlich und gleichzeitig zurechtweisend. „Ja ich weiß. Tut mir auch leid. Es hat sich halt so ergeben. Ich hoffe, dass ihr trotzdem noch einen schönen Abend hattet.“ „Oh ja. Den hatten wir. Conner ist ja heiß. Spencer hat Nane und mich irgendwann mit in die

Gruppe zu sich genommen.“ Na toll. Danke Spencer. Das zum Thema Arbeit ist Arbeit und Privat ist Privat. „Joah. Sieht ganz gut aus.“ Ich versuche uninteressiert zu klingen und hoffe, dass das Thema somit erledigt ist. „Na wenn du ihn nicht willst, dann nimm ich ihn.“ Sarah lacht laut in den Hörer. Ich frage mich, ob ihr nicht aufgefallen ist, wie vertraut Conner und Vivi miteinander sind. Vielleicht war Vivi auch nicht mehr da. Ich versuche, keinen weiteren Gedanken an den gestrigen Abend zu verschwenden. „Du Sarah. Ich muss auflegen. Habe noch einen wichtigen Termin heute.“ Wir verabschieden uns und ich schmeiße das Handy aufs Bett. Wichtigen Termin. Von wegen. Lügen sollte man nicht aber eine kleine Notlüge musste nun einmal her. Allerdings könnte man das Herrichten der Wohnung einen wichtigen Termin nennen. Ich schnappe mir mein Putzzeug und gebe Gas. Nur noch der Müll. Ich schnappe mir den Müll und verlasse meine Wohnungstür. Kaum fällt diese zu, höre ich, wie sich eine Etage unter mir die Tür öffnet. Was habe ich angestellt, dass immer mir so etwas passiert? Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie ich nach einer Partynacht aussehe? Mit meiner weißen Blümchenhose und meinem rosafarbenen Snoopy-Top. Die pinken Kuschelsocken in schwarze Ballerina gestopft. Ich wollte doch nur den Müll rausbringen. Ich bleibe einfach lange genug stehen, damit Conner mich nicht sieht. Immerhin stehe ich noch auf der oberen Etage. Bloß nicht atmen. „Ok. Wir sehen uns dann morgen wieder“ höre ich eine weibliche Stimme von unten ertönen. Mein Puls steigt und ein Kloß bildet sich mir im Hals. Wer verlässt da gerade die Wohnung von Conner?? ...

5 „Ja.“ höre ich Conner kurz und knapp antworten. „Ich hoffe du hast morgen wieder bessere Laune“ sagt die Frau und ich höre wie sie die Tür schließt. Vorsichtig und leise bewege ich mich in Richtung Treppengelände um einen Blick nach unten zu wagen. Meine Neugierde ist zu groß um tatenlos dazustehen. Von oben sehe ich die blonden, langen Haare und das Klackern ihrer High-Heels hallt im Treppenhaus. Auch wenn ich nicht viel erkenne, ist es unverkennbar Vivi, die gerade durch die Haustür hindurch nach Draußen ist. Der Kloß in meinem Hals möchte sich nicht lösen und ich muss ungewollt räuspern. Nach einigen Minuten ist die Luft rein und ich bringe den Müll in den Hinterhof zu den Mülltonnen. Als ich zurück den Hausflur nach oben erklimme, wird mit einen male die Tür im dritten Stock von Conner aufgerissen. Da steht er. Direkt vor mir. Ohne nachzudenken bleibe ich stehen. Ich schaue ihn an und frage mich, wie man nach einer Partynacht so gut aussehen kann. Er trägt eine weiße kurze Short und ein schwarzes Poloshirt. Seine Haare liegen etwas durcheinander, was ihn noch attraktiver macht. „Wow. Sexy“ Conner beginnt zu lachen. Erst jetzt denke ich zurück an mein umwerfend aussehendes Outfit. Meine Wangen beginnen an zu glühen und ich laufe rot an. „Sehr witzig“ begegne ich ihm beleidigt. Am liebsten hätte ich gesagt, dass nicht jeder so gut

aussehen kann wie er. „Hast du schon etwas gegessen?“ fragt er mich. „Nein. Noch nicht. Ich wollte mir gleich eine Tiefkühlpizza in den Ofen werfen.“ „Wenn du magst dann komm in einer Stunde zu mir und wir essen gemeinsam. Ich fange gleich an zu kochen. Es gibt Schweinefilet in Pfeffer-Sahne-Sauce mit Kroketten und Salat.“ Ich bin überwältigt. Conner lädt mich zum Essen bei sich ein. Nicht lange nachdenkend antworte ich: „Ja sehr gerne. Das hört sich besser an als meine Pizza. Dann bis gleich.“ Ich drehe mich um und gehe in meine Wohnung. Meine Gedanken drehen sich nur darum, was ich anziehen soll. Ich springe unter die Dusche und gehe grübelnd meinen Kleiderschrank durch. Es sollte nicht zu aufdringlich sein. Auffallen möchte ich trotzdem. Ich entscheide mich kurzerhand für eine Bluse und meine Lieblings Skinnyjeans. Meine goldenen Accessoires runden das Outfit meiner Meinung nach ab. Meine Haare drehe ich zu einem Messy Bun. Fertig. Ich habe noch ein paar Minuten Zeit und ich bemerke, dass ich seit gestern nicht mehr auf mein Diensthandy geschaut habe. Ich hole es aus der Tasche und sehe drei verpasste Anrufe von Jody. Jody und ich arbeiten seit etwa zwei Jahren zusammen. Sie arbeitet bei uns im Hotel am Empfang. Wir verstehen uns unglaublich gut und haben eine Menge Spaß zusammen auf der Arbeit. Wenn Jody mich an einem Samstag versucht zu erreichen, ist irgendetwas nicht in Ordnung. Da ich kaum noch Zeit habe, entscheide ich mich dazu ihr eine Nachricht zu schreiben: „Was gibt´s? Kann jetzt leider nicht sprechen.“ Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten. „Hey. Sorry für die Störung am Wochenende. Spencer hat mich angerufen und ich muss mit dir reden“ Jody muss mit mir reden, weil Spencer sie angerufen hat? „Ok. Wenn das Hotel nicht abfackelt, muss unser Gespräch bis heute Abend warten . Ich melde mich bei dir.“ ;)

Ich nehme mein Handy und meinen Schlüssel und gehe in die dritte Etage zu Conner. Bevor ich die Klingel betätige, wische ich meine Hände an meiner Hose ab. Verdammt bin ich nervös. Conner öffnet mir und winkt mich hinein und führt mich ins Wohnzimmer. Die Wohnung ist dafür, dass er erst vor zwei Tagen eingezogen ist, unglaublich schön eingerichtet. Sein Stil fällt definitiv auf schwarz/weiße Einrichtungsgegenstände. Das gefällt mir. Bei mir zuhause sieht es ähnlich aus. „Was möchtest du trinken?“ fragt er mich. „Ach, keine Umstände. Was du da hast.“ „Wein?“ „Ja gerne. „Rot oder weiß?“ „Zu Schweinefilet gerne rot“ Ich bekomme mein Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Meine anfängliche Aufregung legt sich allmählich. Conner macht es mir jedoch nicht einfach. Ich muss konzentriert darauf achten ihn nicht permanent anzuschauen. Er serviert mir ein Glas Rotwein und schüttet sich ebenfalls ein. „Ich bin gleich fertig. Ich hoffe es wird dir schmecken.“ Conner verschwindet in die Küche und ich schaue mich weiter im Wohnzimmer um. Auf einem Schrank in der Nähe des Fernsehers sehe ich einige Geschenke. Ich gehe davon aus, dass dies die Geschenke zu seiner Einweihungsfeier von gestern waren. In einer transparenten

Umverpackung sehe ich einen Bilderrahmen und das Bild darauf lässt mich zucken. Vivi und Conner am Strand. Sie küsst ihn auf die Wange. Erst jetzt kommt mir Miss Topmodel wieder in den Sinn. Ich hatte sie komplett aus meinen Gedanken verdrängt als er mich zum Essen einlud. Kurzerhand werde ich jedoch von Conner überrascht, der die Teller auf den Wohnzimmertisch serviert. „Einen Esstisch habe ich leider noch nicht.“ sagt Conner. „Ich hoffe es geht auch so.“ „Alles gut“ antworte ich ihm. „Na dann. Guten Appetit. Ich hoffe es schmeckt dir.“ Das Essen schmeckt unglaublich gut. Conner kann gut kochen. Ich frage mich, wo er das gelernt hat. Wir unterhalten uns während des Essens und lernen uns ein bisschen besser kennen. Er erzählt mir, dass er Lehramt studiert hat und nun als Referendar an einer Grundschule in der Nähe beschäftigt ist. Spencer kennt er schon seit der weiterführenden Schule und er hegt eine Leidenschaft für Basketball. Seine Schwester Manuela wohnt nur zwei Straßen von uns entfernt und er hat noch einen älteren Bruder namens Ray. Wir kommen aus dem Quatschen nicht mehr raus und plötzlich bemerke ich, dass wir bereits die zweite Flasche Wein angebrochen haben. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass wir bereits 20:00 Uhr haben. „Ich muss leider nach oben. Meine Arbeitskollegin erwartet noch meinen Anruf.“ Ich nehme den letzten Schluck aus meinem Glas und erhebe mich von der Couch. „Du kannst noch nicht gehen.“ sagt Conner und steht ebenfalls auf. Fragend sehe ich ihn an. Er legt seine Hand an meine Hüfte und zieht mich an sich ran. Was jetzt passiert, entzieht sich meiner gesamten Vorstellungskraft…

6 Mit seiner rechten Hand hält Conner meine Wange und blickt mir tief in die Augen. Sein Gesicht nähert sich meinem und ich schließe die Augen. Bereit für das, was kommen mag. Mein Herz schlägt wie wild und mein Puls erreicht eine überdimensionale Geschwindigkeit. Als sich unsere Lippen nähern, nehme ich seine Wärme wahr. Alles um mich herum verschwindet und meine Gedanken kann ich nicht mehr kontrollieren. Unsere Lippen treffen aufeinander und wir verfallen in einen langen, sinnlichen Kuss. Seine Hand, die einst auf meiner Wange verweilte, glitt nun in meinem Nacken. Seine Hand an meiner Hüfte drückt mich noch näher an sich. Wahrscheinlich bemerkt er an seiner starken Brust, wie schnell mein Herz rast. Plötzlich reißt uns der Klingelton meines Handys auseinander. Schreckartig entferne ich mich von Conner und ich blicke ihn entsetzt an. Die romantische Situation ist schlagartig zerbrochen als ich das Bild über seine Schulter hinweg am Fernseher erneut erblicke. Vivi. Die Realität hat mich wieder zurück. „Ich – Ich muss los.“ „Aber…“ lenkt Conner ein. Ohne ihn aussprechen zu lassen schnappe ich ruckartig mein Handy und meinen Schlüssel vom Tisch und verlasse seine Wohnung ohne mich noch einmal umzudrehen.

Nachdem ich meine Wohnungstür hinter mir geschlossen habe, kommen mir die Tränen. Ich kann mich kaum auf den Beinen halten und rutsche die Tür entlang, zusammenkauernd auf den Boden. Was habe ich nur getan? Dieser Mann ist vergeben. Wenn das rauskommt, bin ich tot. Meine Gefühle fahren Achterbahn. Vor nicht einmal 10 Minuten war ich im siebten Himmel. Jetzt lande ich ziemlich tief. Durch meine Tränen fällt es mir schwer auf das Handy zu schauen. Ein verpasster Anruf von Larissa. Wie war das nochmal? Sie hat es drauf in unangebrachten Situationen anzurufen. Oder war es in diesem Fall passend? Wer weiß, wo uns das Ganze hingebracht hätte, wenn das Telefon nicht geklingelt hätte. Hinter mir klopft es an der Tür. „Lena? Was ist los? Wieso bist du auf einmal los?“ Conner. Jetzt wo ich meine Ruhe brauche, kommt er mir nach. Es fällt mir schwer nicht zu schluchzen und ich vergrabe mein Gesicht in meine Hände. „Lena ich weiß, dass du da bist. Mach auf.“ Wieder klopft Conner an die Tür. Plötzlich klingelt mein Handy erneut. Ich schaue auf das Handy und es ist wieder Larissa. „Ich höre dein Handy Lena. Mach die Tür auf.“ Schwer atmend erhebe ich mich vom Boden und atme tief ein. Ohne weiter nachzudenken reiße ich die Tür auf und schreie Conner an: „Was willst du von mir? Was sollte das??“ Meine Trauer entwickelt sich zu Wut. „Du bist vergeben und machst mit mir rum. Du flirtest mit mir und küsst mich sogar. Wir kennen uns nicht einmal. Ja. Du bist einer dieser Kerle. Einer dieser falschen Kerle. Ich will nichts mit dir zu tun haben.“ Ich schmeiße die Tür zu ohne Conner zu Wort kommen zu lassen. Meine Ansage war deutlich zu verstehen. Ich drehe mich um und bemerke erst jetzt, dass Conner seinen Fuß zwischen die Tür gestellt hat und die Wohnungstür nicht komplett zugegangen ist. Er kommt in die Wohnung und packt mich am Arm. „Vergeben? Was redest du da?“ „Ich habe keine Lust auf Ärger mit deiner Miss Topmodel.“ fauchend drehe ich mich zu ihm. „Miss Topmodel? Lena ich verstehe wirklich nicht, was du da sagst.“ Conner sieht mich fragend an. Versteht er es wirklich nicht oder will er mich nicht verstehen? „Ich rede von Vivi du Idiot.“ Meine Tränen beginnen wieder, an meinem Gesicht entlang zu gleiten. „Vivien?“ Conners fragender Blick senkt sich. „Lena. Ich habe dir gesagt, dass das eine lange Geschichte ist, die ich dir irgendwann sicher erklären werde. Aber… Es ist nicht der richtige Zeitpunkt dazu.“ Ich kann nicht mehr. Ich habe nicht mehr die Kraft ihn anzuschreien und ich habe nicht mehr die Kraft zu weinen. Normalerweise hätte ich ihn gerne gefragt, wann denn seiner Meinung nach der richtige Moment dafür ist aber mir kommt nichts anderes über die Lippen als: „Verlass jetzt bitte meine Wohnung.“ Diesen Satz spreche ich ruhig und bestimmend aus. Ich atme tief ein um mich zu kontrollieren. „Ok. Wie du willst. Es ist deine Entscheidung.“ Conner dreht sich in Richtung Tür. „Ich kann dir nur versichern, dass ich nicht einer dieser Kerle bin. Zumindest nicht einer dieser Falschen.“ Ehe ich wieder bei Sinnen bin, hat Conner die Wohnung bereits verlassen und die Tür hinter sich geschlossen.

Ich brauche etwa eine Stunde bis ich mich beruhigt habe. Larissa und Jody warten sicher schon auf meinen Anruf. Ich lege mich ins Bett und rufe zunächst Jody an. Auch, wenn es hier um Spencer geht, der mich jetzt nur noch mehr an Conner erinnert, da er sein bester Freund ist. „Hey Jody“ begrüße ich Sie. „Bitte entschuldige, dass ich so spät zurück rufe. Mir – Mir ist noch etwas dazwischen gekommen.“ „Schon ok“ antwortet Sie verständnisvoll. „Ich weiß wir haben privat nicht unbedingt viel miteinander zu tun bis auf den wöchentlichen Sport, aber …“ Sie unterbricht kurz. „Spencer hat mich angerufen und mir von gestern erzählt.“ „Ach ja?“ frage ich verwundert. „Was hat er denn alles zu berichten gehabt?“ „Nun ja. Es geht um Conner.“ Ernsthaft jetzt? Erst vor einer Stunde habe ich diesen Mistkerl aus meiner Wohnung geschmissen und schon verfolgt er mich wieder?? „Ich höre zu.“ sage ich und warte darauf, was Jody mir zu sagen hat. „Spencer hat bemerkt, dass du und Conner ein wenig miteinander geflirtet habt.“ Ich habe keine Lust es zu verleugnen und antworte: „Und? Selbst wenn es so wäre, was geht es euch an?“ „Das ist ja gerade das, worüber ich gerne mit dir sprechen möchte. Lass die Finger von Conner. Bitte. Verbrenn sie dir nicht an ihm. Ich kenne Conner schon eine Ewigkeit und das wird nicht gut Enden.“ „Du kennst Conner schon eine Ewigkeit?“ „Ja“ wirft Jody ein. „Spencer, Conner und ich sind damals gemeinsam zur Schule gegangen.“ Ich verstumme. Ich wusste nicht einmal, dass Spencer und Jody sich schon vor der Arbeit kannten. „Außerdem bin ich auch mit Vivi befreundet.“ Ich antworte nicht mehr. Eine lange Stille macht sich breit. „Lena? Bist du noch da?“ „Ja. Äh Jody. Danke, dass du mich gewarnt hast, aber ich kann dir versichern, dass zwischen Conner und mir nichts ist und nichts sein wird. Es ist alles in Ordnung. Da Conner mit Vivi in einer Beziehung ist, sind die Fronten doch geklärt.“ Ich muss an den Kuss zurück denken und mir wird ganz warm. Wieder merke ich seine Lippen auf meinen. Seine Zunge, die weich meine gestreichelt hat. „Conner und Vivi in einer Beziehung?“ höre ich Jody fragend. „Nein. Die beiden sind nicht zusammen. Das ist etwas anderes.“ Etwas anderes? Ich bin erstaunt und versteinere. „Na dann erzähl mal, was das ist, wenn es keine Beziehung ist.“ Gespannt halte ich den Hörer ans Ohr. Das Gespräch, welches ich vor ein paar Sekunden noch beenden wollte, wird jetzt wieder interessant.

7 „Ich habe Vivien und Conner vor einem halben Jahr einander vorgestellt.“ Jody braucht einen Moment, bis sie weiter spricht. „Die beiden waren von Beginn an einander angetan. Es ist kein Geheimnis, dass etwas zwischen den beiden läuft. Wenn man Conner jedoch auf sie anspricht dementiert er einen Beziehungsstatus und wird sofort wütend.“ „Wieso wütend?“ frage ich dazwischen. „Das weiß niemand so genau. Auch Spencer nicht. Vivi wird nicht locker lassen. Ich habe ihr

inzwischen geraten sich von Conner zu distanzieren aber sie will einfach nicht auf mich hören.“ Das Gespräch pausiert. Ich denke darüber nach, was ich von der Situation halten soll. Auch wenn er nicht mit ihr in einer Beziehung ist, läuft trotzdem etwas zwischen den Beiden und es ändert sich nichts für mich. Ich beende abrupt das Gespräch mit Jody indem ich ihr noch einmal versichere, dass zwischen Conner und mir nichts ist und wir uns am Montag auf der Arbeit sehen. Nach meinem Telefonat schreibe ich Larissa eine Nachricht, dass ich zu müde bin um zu telefonieren. Sie fragt mich, ob es mir gut geht: „Ja es geht mir gut. Ich bin nur hundemüde. Wir telefonieren morgen Süße.“ „Ok. Dann schlaf gut und bis morgen.“ Ich verbringe eine unruhige Nacht. Immer wieder schrecke ich aus dem Schlaf und bin schweißgebadet. Meine Gedanken kreisen immer wieder um Conner. Ich sehe seine Augen direkt vor mir. Was zum Teufel hat er mit mir angestellt? Seit meinem Singleleben habe ich einige Typen kennengelernt. Nette, sympathische, hübsche Kerle – Aber keiner von denen hat mir je den Schlaf geraubt. Den gesamten Sonntag fühle ich mich gerädert. Ich verbringe den gesamten Tag auf meiner Couch vor dem Fernseher. Ständig zappe ich das Programm weiter. Es läuft nichts Vernünftiges. Ich schaffe es gerade noch mir meine Tiefkühlpizza in den Ofen zu werfen und beschließe Larissa anzurufen. Ich glaube es wird mir besser gehen, wenn ich meine Gefühle teile. Ich erzähle ihr von Conner. Von unserem Essen, unserem Kuss, dem Streit bei mir zuhause und meinem Gespräch mit Jody. „Ich glaube…“ Larissa wartet einen Moment „Ich glaube du hast dich verliebt.“ Verliebt? Ich? Jetzt übertreibt sie aber. „Nein.“ Antworte ich ihr „Du irrst dich. Ich kenne Conner nicht einmal.“ „Liebe auf den ersten Blick?“ „Du weißt, dass ich an so etwas nicht glaube. Das gibt es nicht.“ Larissa lacht und ich lenke das Thema um auf sie. Ich frage sie über Ihren Kerl aus, den sie momentan datet und den Rest des Gespräches reden wir über sie. Das ist gut so. Ich wollte meine Gefühle teilen, habe ihr alles erzählt und benötige nun wieder eine Pause. Nach meinem Gespräch öffne ich in meiner Wohnung alle Türen und Fenster. Es ist Zeit die Wohnung durchzulüften. Da ich nur auf der Couch vergammelt bin, steht die Luft in den Räumen. Plötzlich nehme ich zwei mir bekannte Stimmen wahr. Es handelt sich eindeutig um Vivi und Conner. Seine Fenster müssen ebenfalls geöffnet sein. Anderenfalls würde ich kein Wort hören. Ich schalte meinen Fernseher aus um besser zu verstehen, was gerade in der Wohnung unter mir passiert. „Was ist nur los mit dir?“ höre ich Vivi schreien. „Seit Freitagabend bist du ziemlich komisch.“ „Es ist nichts.“ Es fällt mir schwer Conner zu verstehen. Seine Stimme ist wesentlich ruhiger als die von Vivi. „Ach nein? Du bist die ganze Zeit abwesend. Mit deinen Gedanken ganz woanders.“ „Es ist nichts.“ Höre ich Conner sich wiederholen. „Meinst du ich komme zu dir um mir gemeinsam mit dir das Sonntagsprogramm anzustarren? Mit Sicherheit nicht. Ich bin deinetwegen hier.“ Vivi wird von einem Satz zum anderen lauter. Sie hat ein röhrendes Organ und ich kann mir vorstellen, wie sie Conner gegenübersteht. „Dann ist es besser, wenn du jetzt gehst.“ Conner ist noch immer ruhig. Ich bewundere seine Gelassenheit. Die hat er auch bei unserem Streit an den Tag gelegt. „Du kannst mich mal.“ höre ich Vivi und im nächsten Moment scheppert die Tür. Bei dem Knall

zucke ich zusammen. Für einen kurzen Moment habe ich das Verlangen mich mit Conner zu unterhalten. Ich möchte verstehen, was vor sich geht. Dieser Gedanke verfliegt jedoch schnell wieder als ich Vivi vom Fenster aus über die Straße laufen sehe. Montag – Mad Monday Wie jeden Morgen unter der Woche muss ich mich beeilen es noch pünktlich zur Arbeit zu schaffen. Wie immer habe ich meine Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ich habe mir irgendein Shirt aus dem Kleiderschrank gezogen und es heute noch nicht einmal geschafft mir Wimperntusche aufzutragen. Es ist 07:34 Uhr als ich die Tür zum Hotel betrete. Am Empfang steht bereits Jody. Sie hat heute Frühschicht. Sie begrüßt mich mit einem Lächeln und spricht mit den Gästen, welche vor ihr stehen. Ich trotte den Weg entlang in mein Büro. „Guten Morgen“ hallt mir Spencer entgegen. „Ausgeschlafen?“ „Die 5 Minuten. Sei nicht so pingelig.“ Ich schaue Spencer mit müdem Blick an. Er sollte mich besser kennen. Am Morgen bin ich nicht für Späße gemacht. Ein typischer Morgenmuffel. Vor meinem ersten Kaffee geht gar nichts. „Hier.“ Spencer reicht mir die Kaffeekanne. Ja, er kennt mich wohl doch besser als erwartet. „Danke“ murmle ich und setze mich an meinen Schreibtisch. Mein Computer ist nicht einmal hochgefahren, da klingelt schon das Telefon. Ich schaue Spencer erwartungsvoll an, dass er mir das Gespräch abnimmt. Er rollt mit den Augen und hebt ab. Der Tag verläuft hektisch. Wie jeden Montag haben wir eine Menge zu tun. Ich arbeite meine EMails ab und bin ganz in Gedanken bei der Arbeit als ich mich von Spencer beobachtet fühle. Ich schau über den Monitor und blicke in seine strahlend blauen Augen. „Geh mit mir aus.“ Was hat er da gerade gesagt? Ich soll mit ihm ausgehen? Ich verschlucke mich an meiner eigenen Spucke und muss anfangen zu Husten. „Was??“ „Du hast mich richtig verstanden. Geh mit mir aus.“ „Ich verstehe nicht..“ „Doch. Du hast mich verstanden. Du hast mich am Freitag ganz schön beeindruckt.“ Spencer beginnt zu lächeln. „Ich wollte dich das schon viel eher fragen, habe mich aber nie getraut.“ „Spencer. Du bist mein Arbeitskollege. Ich gehe nicht mit Kollegen aus.“ „Wieso nicht? Was spricht denn dagegen?“ „Ich..“ Mir fällt in dem Moment keine passende Ausrede ein. „Ich hole dich heute um 20:00 Uhr bei dir ab.“ sagt er und schnappt sich seine Sachen. Meine Worte stecken in meinem Hals fest. Mir bleibt nichts anderes übrig als Spencer noch immer perplex nachzusehen, wie er das Büro verlässt. Es ist mittlerweile 15:00 Uhr und in einer halben Stunde werde auch ich Feierabend haben. Ich kann mich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren und denke die ganze Zeit über Spencers Einladung nach. Ich beschließe mich zu Jody zu gehen und warte, bis Sie den Gast, der vor ihr am Empfang steht, eingecheckt hat. „Wie war dein Tag?“ fragt Sie mich. „Wir haben uns in der Pause gar nicht gesehen.“ Normalerweise verbringe ich meine Pause mit Jody. Heute wollte ich jedoch ein wenig Ruhe

genießen und habe mich alleine in den Pausenraum zurückgezogen. „Sorry. Es war ganz schön stressig heute.“ „Ich muss dir was sagen.“ Jody sieht mich mit strengem Blick an. „Bitte bring mich nicht um.“ Was hat Sie angestellt? Wahrscheinlich hat sie wieder irgendeinen Mist auf der Arbeit gebaut, welchen ich wieder ausbaden darf. Ich schaue sie fragend an. „Conner hat mich gestern 100 Mal angerufen und nach deiner Nummer gefragt.“ „Du hast sie ihm aber nicht gegeben, oder?“ ich sehe Sie finster an und erahne Böses. „Ich wollte sie ihm wirklich nicht geben. Ich habe ihn gefragt wieso er sie haben will aber er meinte, dass mich das nichts angeht.“ Jodys Gesichtsausdruck verwandelt sich in einen unschuldigen Blick, so dass ich beinahe Mitleid mit ihr habe. „Nachdem er mich gestern selbst um 00:00 Uhr noch angerufen hat, bin ich im Halbschlaf eingeknickt und habe sie ihm gegeben.“ „Jody – Du weißt, dass das meine Dienstnummer ist. Und nur dafür ist sie auch gemacht…“ „Ich weiß. Tut mir leid. Wenn Vivi das rausbekommt erschlägt sie mich.“ „Aber nur, wenn ich dich nicht zuerst erschlage“ ich muss grinsen. Bei weiterem Betrachten der Situation fällt mir auf, dass ich bisher keine Nachricht auf meinem Diensthandy habe. Also alles halb so wild. „Gehen wir trotzdem morgen zum Sport?“ Jody sieht mich mit klimpernden Augen an. Man kann ihr nicht böse sein. Nicht lange. Sie trägt immer ein Lächeln im Gesicht und ihre Augen verraten Unschuld pur. Zuhause treffe ich im Flur Manuela. Conners Schwester. „Lena richtig?“ entgegnet sie mir. Immerhin hat sie sich meinen Namen gemerkt. „Ja.“ antworte ich und möchte meinen Weg weiter nach oben führen. „Ich habe gesehen, wie er dich angeschaut hat.“ Ich bleibe abrupt stehen und drehe mich zu ihr um. „Wie bitte?“ „Mein Bruder. Ich habe gesehen, wie er dich angeschaut hat.“ „Wie hat er mich denn angeschaut?“ frage ich und versuche nicht zu erstaunt zu wirken. „Er hat schon lange nicht mehr ein Mädchen angeschaut wie dich.“ Sie grinst mir zu und öffnet mit einem Schlüssel die Tür von Conner. „Wir sehen uns.“ Sagt sie und verschwindet in die Wohnung. Ich schüttle den Kopf und gehe eine Etage weiter. Zuhause angekommen höre ich Spencers Worte in meinem Kopf „Geh mit mir aus“ Das letzte Wort dazu ist noch nicht gesprochen und ich wähle seine Nummer. Ohne ihn zu begrüßen höre ich ihn sagen: „Du kannst nicht mehr absagen. Der Tisch ist reserviert“. „Den kannst du immer noch absagen.“ „Nein kann ich nicht.“ sagt er mit ernstem Ton. „Ich musste einige Kontakte spiele lassen um diesen Tisch zu bekommen. Absagen ist nicht drin. Hör zu Lena. Wir gehen miteinander aus. Wenn du danach merkst, dass ich nichts für dich bin, dann ist das ok.“ Dass er nichts für mich ist? Spencer ist nichts für mich. Ich muss nicht mit ihm ausgehen um das zu erkennen. Ich kenne ihn seit 5 Jahren und bis auf ein Arbeitsverhältnis, wird nie mehr sein. „Bist du noch dran?“ höre ich ihn an der anderen Leitung. Ich weiß, dass ich Spencer so nicht los werde und willige in das Date ein. Voraussetzung, dass wenn ich danach sage, dass es nichts ist, er mich in Ruhe lässt. „Ok. Bis gleich.“ Worauf habe ich mich da nur wieder eingelassen?

Wieder mit der quälenden Frage was ich anziehen soll durchforste ich meinen Kleiderschrank. Da wir essen gehen, und ich davon ausgehe, dass es nicht McDonalds sein wird, entscheide ich mich für ein One Shoulder Kleid aus Spitze in mint. Um 20:00 Uhr ist Spencer pünktlich bei mir und wir fahren gemeinsam ins Restaurant. Er verhält sich wie ein richtiger Gentleman. Er öffnet mir die Tür des Autos und hilft mir bei dem Ausstieg. Auch die Eingangstür des Restaurants hält er mir offen und lässt mich als erstes eintreten. Als wir am Tisch sitzen und ich ihn anschaue, sehe ich einen ganz anderen Spencer als den von der Arbeit. Im Smoking wirkt er um einiges reifer. Seine blonden Haare hat er mit etwas Gel aufgepeppt und seine blauen Augen leuchten. Er sieht wirklich gut aus. Ich wundere mich, wieso er ausgerechnet mit mir ausgeht. Er könnte wahrscheinlich jede Frau haben. „Du siehst toll aus.“ Sagt Spencer und sein flirtender Blick bleibt mir nicht unbemerkt. „Danke. Du aber auch.“ Seine Augen fesseln mich und ziehen mich in seinen Bann. Während des Essens unterhalten wir uns nicht einmal über die Arbeit. Ich hätte gedacht, dass das unser einziges Gesprächsthema sein wird. Aber da habe ich mich wohl getäuscht. Wir haben viele Gemeinsamkeiten und bei jeder aufkommenden Gemeinsamkeit müssen wir lachen. Der Abend verläuft besser als ich gedacht habe. Ich habe eine Menge Spaß, bis ich auf einmal an der Eingangstür zwei eintretende Gäste wahrnehme…

8 Vivien betritt als erste das Restaurant. Ihre langen blonden Haare trägt sie gewellt und den Pony hat sie sich nach hinten weggesteckt. Ein kurzes rosafarbenes Kleid mit Glitzerornamenten lässt ihre Beine noch länger wirken. Ich erblasse vor Neid als ich ihre schmale Taille betrachte. Conner hält ihr die Tür auf und lächelt sie an. Ihn in Anzug zu sehen lässt mein Herz höher schlagen. Seine braunen Haare hat er etwas strenger gelegt. Kaum betritt auch Conner die Tür treffen sich unsere Blicke. Unsere Blicke sind innig und ich fühle eine ungewohnte Verbundenheit. Nach ein paar Sekunden schweift sein Blick hinüber zu Spencer und sein Gesichtsausdruck entgleitet. Spencer bemerkt, dass ich an ihn vorbei schaue und blickt hinter sich. „Oh. Die beiden sind auch hier. Was für ein Zufall.“ Zufall? Ist es wirklich ein Zufall, dass Conner ausgerechnet heute und hier auftaucht? Aber was sollte es sonst sein. Spencer winkt Conner und Vivien zu. Beide nicken zur Begrüßung und setzen sich an einen Tisch nicht weit von uns entfernt. Der Abend vergeht und immer wieder schaue ich ungewollt zu dem Tisch an dem Conner und Vivien sitzen. Ich fühle mich unwohl und möchte einfach nur noch weg von diesem Ort. Nachdem Spencer unsere Rechnung beglichen hat, bringt er mich nach Hause. Vom Parkplatz aus geleitet er mich zur Haustür. „Und?“ fragt er „War es so schlimm mit mir?“ „Nein“ er hat es wieder geschafft mich zum Lachen zu bringen. „Ganz und gar nicht. Ich hatte einen schönen Abend. Danke noch mal.“

Spencer sieht mich an und wartet. Worauf wartet er? Er kommt ja wohl nicht auf die Idee, dass ich ihn nach oben bitte. Spencer kommt einen Schritt auf mich zu und sein Gesicht kommt mir ziemlich nah. Er flüstert mir ins Ohr: „Es war wirklich schön Lena. Ich hoffe, wir können das wiederholen.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Wir sehen uns morgen auf der Arbeit.“ Wer ist dieser Mann, der vor mir steht? Das ist nicht mein nerviger Arbeitskollege, mit dem ich mich doch des Öfteren in die Haare bekomme. Heute ist er jemand anderes. Ein Mann mit Anstand und Höflichkeit. Ein Mann mit Stil und Humor. Ein Mann, den ich zuvor nicht kannte. Und der Mann, der gerade vor mir steht, gefällt mir wirklich gut. Das muss ich mir eingestehen. „Ja Spencer. Bis Morgen. Komm gut nach Hause.“ sage ich, schließe die Haustür auf und gehe nach oben. Dienstag – Sport ist Mord. Die Zeit auf der Arbeit vergeht rasend schnell. Spencer und ich haben nicht über den gestrigen Abend gesprochen. Wir hatten uns am Morgen gesehen, uns angegrinst und uns unseren Teil gedacht. Ich finde es gut, dass er es nicht angesprochen hat. Das gehört hier nicht hin. Ich bin hier um meinen Job zu machen. Zur Pause hole ich Jody vom Empfang ab und wir gehen gemeinsam in das gegenüberliegende Bistro. „Spencer hat mich gestern Abend noch angerufen und mir von eurem Treffen erzählt.“ Sagt Jody und nimmt einen Schluck Ihres Wassers. Ich weiß nicht, ob ich es Spencer übel nehmen soll. „Er mag dich Lena. Er ist ein guter Mann. Das weißt du.“ „Bitte nimm es mir nicht übel Jody, wenn ich jetzt gerade nicht über Spencer reden möchte.“ „Schon ok. Ich wollte es dir nur sagen.“ Ich spüre mein Handy in meiner Tasche vibrieren. Auch wenn es nicht von Höflichkeit zeugt, hole ich mein Diensthandy hervor. Immerhin kann es etwas dringendes sein. Eine Nachricht von einer unbekannten Nummer. Ich überlege kurz ob ich die SMS öffnen soll, kenne mich jedoch gut genug, dass es mir sonst keine Ruhe lassen würde. „Hey Lena. Hier ist Conner. Ich muss mit dir reden. Samstag geht mir nicht mehr aus dem Kopf und als ich dich gestern mit Spencer gesehen habe, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Bitte. Lass uns reden.“ Ohne lange nachzudenken haue ich in die Tasten meines Telefons: „Ok. Wenn du dich entschuldigen möchtest, kannst du das heute um 19:00 Uhr tun. Dann bin ich zuhause. Du weißt ja wo ich wohne.“ Leute ich weiß. Eigentlich sollte eine Frau den Mann länger zappeln lassen. Ihn quälen. Ihm zeigen, dass man beinahe unerreichbar ist. Wenn es aber im Bauch anfängt zu kribbeln wenn man eine Nachricht liest, fällt das zappeln lassen viel zu schwer. Und wieso unnötig sich selbst quälen? Jody sieht mich fragend an. Ich entscheide mich (mal wieder) für eine kleine Notlüge und erzähle ihr, dass es nur eine Nachricht meines Abteilungsleiters war. Nach Feierabend gehen Jody und ich direkt zu Fuß ins Fitnessstudio. Jeden Dienstag powern wir hier raus, was sich eine Woche lang anstaut hat. Eine Stunde Cardio und anschließendes Krafttraining. In unserem Studio haben wir die Möglichkeit einige gutaussehende Männer zu beobachten und über deren Egos zu lästern.

Wie Sie sich vor dem Spiegel aufstellen und sich gegenseitig ihre Muskeln zeigen ist für Jody und mich besser als jede Soap. „Da drüben“ Jody deutet auf einen Mann, der sich gerade mit einer Frau unterhält. „Das ist übrigens Ray. Conners Bruder.“ Bei näherem Betrachten fallen mir Gemeinsamkeiten auf. Die dunkelbraunen Haare und das markante Gesicht. Auch das Lächeln sieht dem von Conner so ähnlich. „Komm. Wir gehen zu ihm“. Ohne reagieren zu können, zieht mich Jody am Arm hinter sich her. „Hey Ray. Hey Tereza.“ begrüßt Jody die Beiden. Tereza ist ein Stückchen kleiner als ich. Sie hat einen gut durchtrainierten Körper und die langen dunkelblonden Haare zu einem Dutt gebunden. Erst jetzt bemerke ich, dass auch sie am Freitagabend mit in der Sitzecke saß. Jody stellt mich den Beiden vor. Sie lässt direkt verkünden, dass ich sowohl ihre Arbeitskollegin als auch die Nachbarin von Conner bin. Jetzt verstehe ich, wieso sie und Spencer sich gut verstehen. Sie können nichts für sich behalten. Während sich Ray, Tereza und Jody unterhalten, fühle ich mich wie das fünfte Rad am Wagen. Ich kann ihnen in ihrer Unterhaltung nicht folgen und meine Gedanken schweifen ab. Es ist mittlerweile 18:00 Uhr und um 19:00 Uhr wird Conner vor meiner Tür stehen. Ich verabschiede mich von Jody indem ich ihr sage, dass ich außer Puste bin und wir uns morgen wieder sehen würden. Ray und Tereza winke ich zum Abschied. Ich springe im Fitnessstudio unter die Dusche und beeile mich auf dem Weg nach Hause. Ich trage eine weite Jogginghose und ein schwarzes Tank Top. Zeitlich habe ich es nicht mehr geschafft meine Haare zu föhnen. Um 18:45 Uhr komme ich in meiner Wohnung an. Ein Blick auf mein Handy. Eine Nachricht von meiner Schwester: „Hey Lena. Nane und ich würden morgen gerne bei dir vorbeikommen und ein bisschen quatschen. Passt es dir?“ Es kommt häufiger vor, dass die beiden zu mir kommen und wir bei einem guten Wein und bestelltem Essen über Gott und die Welt reden. Das tut uns allen gut und festigt das Verhältnis zu meiner Schwester. Ich antworte direkt: „Klar. Ich freue mich auf euch.“ Als ich die Nachricht abgeschickt habe, klingelt es schon an meiner Tür. Ich öffne und Conner steht vor mir. Wir blicken uns wieder tief in die Augen und er beginnt zu lächeln. „Äh. Komm rein.“ Sage ich und mache ihm den Weg frei. Er tritt in die Wohnung und bleibt im Flur stehen. „Lena. Wieso triffst du dich mit Spencer?“ fragt er entrüstet. Wie bitte? Verstehe ich das richtig? Ich bin davon ausgegangen, dass Conner zu mir kommt um sich zu entschuldigen und wir das Kriegsbeil begraben. „Er ist nicht gut für dich. Spencer meint es nicht ernst mit dir. “ „Warte einen Moment“ ich pausiere kurz „Verstehe ich das gerade richtig? Du hast was mit Vivi am Laufen aber ich darf mich nicht zu einem Date verabreden?“ „Nein das ist es nicht.“ Wirft Conner ein und sieht mich traurig an. „Es ist Spencer.“ Eine Stille macht sich breit und Conner nimmt meine Hände in seine. Mich durchdringt eine plötzliche Wärme und ich atme tief ein. „Spencer hat eine Freundin. Er ist mit Daisy zusammen.“ Conners Stimme ist ruhig und gelassen. Ich wende meinen Blick von ihm ab und schaue auf unsere Hände. „Er kann es nicht ernst mit dir meinen.“ Noch immer bemerke ich, wie Conner mich anstarrt. „Du bist eifersüchtig“ ich hebe meinen Kopf wieder und schaue zu ihm. „Ja. Das muss es sein. Du bist eifersüchtig und gönnst es mir nicht.“

Conner schaut verwirrt. „Lena. Mach dir nichts vor. Ich bin nicht eifersüchtig auf Spencer. Er ist mein bester Freund.“ „Aber…“ Conner pausiert seinen Satz. „Du bist mir nicht egal. Ich möchte nicht, dass er dich verletzt.“ „Wieso bin ich dir nicht egal? Wir kennen uns doch gar nicht.“ „Ich habe das Gefühl, dass wir uns schon eine halbe Ewigkeit kennen. Ich weiß nicht wieso aber du verschwindest einfach nicht mehr aus meinen Kopf. Seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe, muss ich ständig an dich denken.“ Mein Mund öffnet sich um ihm entgegen zu werfen, dass er absoluten Quatsch redet. Ich schaffe es jedoch nicht, irgendetwas zu sagen. Seine Worte, dass ich ihm nicht mehr aus dem Kopf gehe – Ja. Es ist wie bei mir. Auch mir geht er nicht mehr aus dem Kopf und ich kann mir nicht erklären warum. Conner verschränkt seine Finger in meinen und tritt an mich heran. Sein Kopf neigt sich und er schließt die Augen. Er flüstert: „Ich weiß nicht wieso, aber vielleicht bin ich doch ein wenig eifersüchtig.“ Mit Beendung dieses Satzes schließe auch ich die Augen und spüre seine Lippen auf den meinen. Mein Herz beginnt wieder an zu rasen und ich denke zurück an unseren Kuss in seiner Wohnung. An unseren ersten Kuss. Der Jetzige ist noch intensiver und ich werfe meine Arme um seinen Nacken. Seine starken Hände umfassen meine Taille. Nach einer gefühlten Ewigkeit trennen sich unsere Lippen. Mir kullert eine Träne das Gesicht entlang. Ich bin mir nicht sicher ob das vor Trauer oder Glück ist. Ich flüstere: „Was ist das mit dir und Vivi?“ Ich glaube der Zeitpunkt ist gekommen, dass ich es aus seinem Mund höre…

9 Conner berührt mich mit seiner Hand an meinem Arm. „Vivi und ich haben uns vor einem halben Jahr kennengelernt. Es lief alles Bestens. Wir sind sogar zusammen in den Urlaub geflogen.“ Conner seufzt bevor er weiter spricht. „Aber ich liebe sie nicht.“ „Ich..“ was soll ich nur dazu sagen. „Ich möchte mir darüber kein Urteil bilden. Aber ihr scheint innig miteinander zu sein.“ „Sie ist abhängig von mir. Sie lässt nicht locker. Am Sonntag haben wir uns heftig gestritten und am Montag lädt sie mich zum Essen ein als wäre nichts gewesen.“ Ich schaue Conner tief in die Augen und erwähne nicht, dass ich am Sonntag gelauscht und alles mitbekommen habe. Plötzlich klingelt Conners Telefon. Ich deute ihm mit einem lächelnden Nicken an abzuheben. „Entschuldige bitte.“ Er greift mit seiner Hand in seine hintere Hosentasche, holt das Handy hervor und nimmt ab. „Tereza es ist jetzt wirklich gerade ungünstig“ Conner sieht mich an. Tereza ruft so laut ins Handy, dass ich jedes Wort verstehe. „Conner es ist wichtig.“ Ihre Stimme scheint brüchig. „Es geht um Ray.“ Conne bleibt gewohnt ruhig: „Was ist passiert?“ „Wir haben uns nach dem Sport fürchterlich gestritten und er ist mit hoher Geschwindigkeit mit dem Motorrad los.“ Ich kann hören, wie Tereza beginnt zu weinen. „Er hatte einen Unfall Conner. Wir sind jetzt im Krankenhaus. Bitte komm her.“ Conners gewohnte Gelassenheit verschwindet. In seinen Augen lese ich Trauer und Wut

zugleich. Ich stehe ihm gegenüber mit geöffnetem Mund und atme schwer. „Wie geht es ihm?“ fragt Conner. „Die Ärzte sind noch nicht zurück und wir wissen gar nichts.“ Conner beendet das Gespräch ohne sich zu verabschieden. „Ich muss dringend los.“ Ohne lange Nachzudenken schnappe ich mir meinen Schlüssel und sage: „Ich fahre.“ Die Fahrt über sprechen wir kein Wort miteinander. Conner schaut gedankenlos aus dem Fenster. Als wir am Krankenhaus ankommen steht bereits Tereza am Eingang um uns zu zeigen wohin wir müssen. “Manuela und deine Eltern sind auf dem Weg.“ Tereza scheint sich gefangen zu haben und geht aufgerichtet voran. Im Wartebereich sehe ich Spencer, der mich mit großen Augen anschaut. Er sitzt auf einem der Wartezimmerstühle. Er hat nicht mit mir gerechnet. Wenn ich ehrlich bin, habe auch ich nicht mit so vielen Leuten hier gerechnet. Vivi fällt Conner in den Arm. Ich drehe mich zu ihnen um und sehe wie er sein Gesicht an Ihrer Schule vergräbt. Hinter mir höre ich die Stimme von Jody. Sie hält zwei Kaffeebecher in der Hand. „Lena. Was machst du denn hier?“ Ihre Augen sind glasig. Es ist unverkennbar, dass Sie eine Weile geweint hat. „Ich.. Ich habe Conner nur hierher gefahren.“ „Dann kannst du jetzt auch wieder gehen“ Vivi schaut mich ernst an. Das sind die ersten Worte, die sie zu mir spricht. Sie verschränkt die Arme vor ihrer Brust. „Merkst du nicht, dass du hier unerwünscht bist?“ Ihre Worte treffen und schockieren mich. Neben Spencer erhebt sich ein Mädchen, welches ich zuvor noch nicht gesehen habe. „Vivi. Das ist der falsche Zeitpunkt.“ Sagt Sie. Das Mädchen hat braune Haare, die sie seitlich geflochten hat. Sie trägt einen Pony, der ihr in die Stirn hängt. Ihre braunen Augen sehen freundlich aus und die schmalen Lippen presst sie aufeinander. „Du musst Lena sein.“ Sie kommt auf mich zu und streckt mir die Hand zur Begrüßung hin. „Ich bin Daisy.“ Daisy? Erst jetzt kommt mir in den Sinn, dass Conner mit heute erzählt hat, dass Spencer eine Freundin hätte. Eine Freundin namens Daisy. Aber das kann ja nicht stimmen. Erst gestern ist er mit mir ausgegangen. Ich schaue fragend zu Spencer rüber, der seinen Blick von mir abgewandt hat. Er hat den Kopf in seine Hände gelegt und starrt auf den Fußboden. „Das ist doch nicht dein Ernst Daisy.“ Vivis schrille Stimme lässt mich zusammenzucken. Ich schaue wieder zu ihr. Ihre Augen hat sie zusammen gepresst und an ihrer Stirn bilden sich Wutfalten. „Verschwinde. Hau ab.“ Schreit sie mich an. Erwartungsvoll schaue ich zu Conner. Er steht neben Vivi und sieht mich an, sagt jedoch nichts. Seine Augen sind mit Tränen gefüllt. In meinen Gedanken rufe ich ihm zu: „Sag etwas. – Na los. Sag etwas.“ Es nutzt nichts. Er verliert eine Träne, dreht sich um und wendet sich von mir ab. Mir bleibt nichts anderes übrig als schweigend das Wartezimmer in Richtung Ausgang zu verlassen.

10 Auf der Fahrt fällt es mir schwer mich auf die Straße zu konzentrieren. Ich fühle eine Leere in mir, die ich schon lange zuvor nicht mehr empfunden habe. Es ist bereits spät und dunkel. Die Lichter der mir entgegenkommenden Autos blenden mich. Auch wenn ich nur eine kurze Nacht haben werde entschließe ich mich zuhause ein heißes Bad zu nehmen. Danach wird es mir sicher besser gehen. Ich murmle mich in meinen Bademantel und hole mir aus dem Kühlschrank eine Flasche Orangensaft. Ständig sehe ich Conner vor mir, der mich stehen lässt. Mich alleine lässt und mich nicht beschützt. Ich frage mich, wie es Ray geht, kann mich jedoch nicht dazu überwinden jemanden zu schreiben. Zu groß ist meine Enttäuschung. Es herrscht eine Stille um mich herum, bis ich auf einmal die Haustür schließen höre. Vor lauter Neugierde trete ich an meine Wohnungstür heran und drücke mein Ohr dagegen. Ich höre Manuela sprechen: „Schreib ihr eine Nachricht.“ „Sie schläft mit Sicherheit“ höre ich Conner antworten. „Ich bleibe heute Nacht bei dir und werde morgen früh direkt ins Krankenhaus fahren.“ Sagt Manuela und ich höre wie die Beiden in Conners Wohnung eintreten. Ich beschließe mich dazu ins Bett zu gehen. Mir bleiben vielleicht noch 4 ½ Stunden Schlaf wenn ich es schaffe zeitnah einzunicken. Ich vergrabe mein Gesicht in mein Kissen und schließe die Augen. Kurz darauf piept mein Handy. Das ist sicher eine Nachricht von Conner. Sicherlich meinte er mich vorhin im Hausflur. Voller Erwartung schnappe ich mir mein Handy vom Nachttisch und werde enttäuscht. Eine Nachricht von Spencer: „Hey Lena. Es tut mir leid, was heute im Krankenhaus passiert ist. Ich möchte dir morgen alles in Ruhe erklären.“ Ich mache die Tastensperre rein und werfe mein Handy auf die andere Bettseite. Ich möchte nichts erklärt bekommen. Ich möchte gar nichts mehr hören. Mittwoch – Bergfest. Ich habe das Gefühl, dass mein Wecker klingelt, kurz nachdem ich eingeschlafen bin. Ich habe Schwierigkeiten die Augen offen zu halten. Meinen Morgenmantel werfe ich mir über und trotte völlig übermüdet in die Küche. Ich brauche dringend einen Kaffee. Ohne Kaffee schaffe ich es heute nicht bis zur Arbeit. Auf der Arbeit angekommen sehe ich Jody am Empfang. Sie sieht mich mit unschuldigem Blick an und nickt mir zu. Ich bin wütend auf sie. Auch sie hat mich gestern einfach dort stehen lassen und ist Vivi nicht ins Wort gefallen. Auch sie hat tatenlos zugesehen, wie ich gegangen bin. Schnell spurte ich an ihr vorbei in mein Büro. Wie jeden Morgen ist Spencer bereits da. „Guten Morgen. Hast du meine Nachricht heute Nacht bekommen?“ „Spencer bitte.“ Ich habe keine Kraft ihm zuzuhören. „Ich möchte nicht darüber reden. Sag mir nur, ob es Ray gut geht.“ Ich spüre wie Spencer mich ansieht während ich mir konzentriert eine weitere Tasse Kaffee einschütte. „Ray geht es den Umständen gut. Die Ärzte kamen, kurz nachdem du gegangen bist. Er hat einige Rippen gebrochen und eine Gehirnerschütterung. Er wird noch einige Zeit im Krankenhaus bleiben müssen. Er hatte Glück im Unglück.“ „Es freut mich, dass es ihm so weit gut geht.“ Antworte ich und fahre meinen Computer hoch. Ich beachte Spencer nicht weiter, bemerke jedoch, wie er mich über den Monitor hinweg mit

seinen blauen Augen durchbohrt. Wie werde ich diesen Tag bloß überstehen? „Daisy ist meine Freundin.“ Höre ich Spencer sagen. Ich blicke ihn streng an um ihm zu verdeutlichen, dass ich es ernst meinte. Ich möchte ihm nicht zuhören. Es scheint ihm egal zu sein und er redet einfach weiter. „Wir sind seit einem Jahr ein Paar.“ Ok. Genug ist genug. Ich kann mich nicht mehr zurück halten. Ich springe von meinem Schreibtischstuhl auf und gehe um den Schreibtisch herum zu ihm. „Und was hält Daisy von unserem Date??“ Wild gestikuliere ich mit den Händen vor seinem Gesicht. „Sie weißt es.“ Antwortet er ruhig und sieht mich nicht mehr an. „Wie soll ich dir das nur erklären? Es hört sich so unwirklich an.“ „Nun kack dich endlich aus“ schreie ich Spencer an. „Vivien hat Daisy und mich um Hilfe gebeten. Wir dachten, wenn Conner dich zusammen mit mir sieht, dann verliert er das Interesse an dir und du interessierst dich vielleicht für mich.“ Spencer schaut von seinem Stuhl aus hinaus zum Fenster. „Es war eine dumme Idee. Jody haben wir mit ins Boot geholt, weil wir dachten, sie könnte uns helfen dein Interesse an mir zu wecken.“ Ich denke zurück an unsere gestrige Pause in der Jody mir sagte was Spencer für ein toller Typ sei. Das wird mir alles zu viel. „Ihr seid doch alle krank.“ Schreie ich ihm zu und verlasse das Büro. Ich höre noch wie er meinen Namen ruft doch schnellen Schrittes gehe ich Richtung Ausgang. Ich gehe am Empfang entlang und schreie Jody an: „Ihr seid krank Jody. Ihr seid alle krank.“ Das Foyer des Hotels ist leer. Gut so. Anderenfalls würden die Leute wohl denken, dass ich krank bin und sonst niemand. Meine Wut ist unbeschreiblich. Wie konnte er mir das nur antun? Wie konnte er mir am Montag den Hof machen und das alles inszenieren. Wie kann Daisy dabei noch mitspielen? Ich gehe raus auf die Straße und beschließe mich dazu für heute frei zu nehmen. Meinem Abteilungsleiter schriebe ich eine SMS, dass es mir nicht gut geht und ich deshalb nach Hause muss. Zuhause schmeiße ich mich in meinen Jogginganzug. Mein Handy klingelt alle 5-10 Minuten. Spencer und Jody versuchen abwechselnd mich zu erreichen. Die Nachrichten, die die beiden mir schreiben ignoriere ich genauso wie die Anrufe. Ich öffne sie erst gar nicht. Am Nachmittag klingelt es an meiner Tür. Ich habe ganz vergessen, dass sich Sarah und Nane für heute angekündigt haben. Im Jogger öffne ich ihnen die Tür und begrüße sie. „Was ist denn mit dir passiert?“ fragt Nane. Ich muss schrecklich aussehen. „Ach. Eine lange Geschichte.“ „Na dafür sind wir ja da“ sagt meine Schwester und wirft ihre Jacke über den Küchenstuhl. Wieder klingelt mein Handy. Es reicht. Ich schalte es aus und werfe es auf die Kommode im Flur. Sarah geht an den Kühlschrank und schüttet uns Dreien ein. Ich erzähle den Beiden von Conner und sie hören mir gespannt zu. Es hört sich für sie wahrscheinlich wie Gute Zeiten Schlechte Zeiten an. Nur leider geht es hier um die Realität. Um meine guten und schlechten Zeiten. Als ich Ihnen von Rays Unfall erzähle, rammt Nane Ihren Ellenbogen in Sarahs Seite. Sie verdreht die Augen. Ich merke, dass Sie mir etwas verheimlicht. Ich kenne meine Schwester. „Was ist los?“ frage ich sie ernsten Blickes. „Was verheimlichst du mir?“ „Nichts“ sagt Sarah und ich spüre, dass sie mich belügt.

„Lüg mich nicht an. Raus mit der Sprache.“ „Nun ja.“ Sie beginnt zu reden und ich bemerke, wie ihre Stimme brüchig ist. Sie schaut mich nicht einmal an. „Am Freitagabend. Als wir im Club waren… Wir waren ja noch lange mit denen unterwegs.“ „Komm auf den Punkt Sarah“ sage ich streng. „Ich habe mit Ray geschlafen.“ Sarah richtet ihren Blick auf mich und wartet meine Reaktion ab. Ich fühle mich wie angewurzelt und brauche einen Moment um wieder zu sprechen. „Du hast was????“ „Es ist einfach passiert. Er war charmant und es ist halt passiert. Ich… Ich wusste nicht, dass er eine Freundin hat. Wirklich nicht. Wir sind einfach von der Party verschwunden. “ „Ich verstehe nicht“ beginne ich. „Tereza war doch auch den Abend dabei“ Ich bin verwirrt. Wie kann sie nicht bemerkt haben, dass ein Kerl mit seiner Freundin im Club ist. „Nein. Tereza habe ich dort nicht gesehen. Sie muss gegangen sein bevor uns Spencer mit in die Gruppe geholt hat.“ „Weißt du eigentlich, was du da getan hast?“ Ich sehe, dass Sarahs Augen feucht werden. „Ich… Ich“ Sie stammelt vor sich hin und beginnt zu weinen. „Ich habe erst am Sonntag davon erfahren, dass er eine Freundin hat. Ich habe ihn über Facebook angeschrieben und anstatt das er antwortet, hat mir Tereza geantwortet.“ Ich bekomme Mitleid mit meiner Schwester, stehe auf und nehme sie in den Arm. Auch wenn Sie Mist gebaut hat, ist sie noch immer meine Schwester. „Ist schon gut.“ Flüstere ich ihr ins Ohr. „Es wird alles gut.“ Wir bleiben lange Arm in Arm stehen und ich nehme nicht wahr, dass es an der Tür geklingelt hat und Nane sie geöffnet hat. Plötzlich höre ich Conners Stimme: „Ist Lena da? Ihr Handy ist aus und ich muss dringend mit ihr reden.“ Mein Herz bleibt stehen. Seine Stimme zu hören genügt um mich aus der Fassung zu bringen. Gerade noch habe ich die große, starke Schwester gespielt. Jetzt fühle ich mich wieder zerbrechlich und verloren. Ich schaue aus der Küche zu Nane und verdeutliche ihr mit einem Kopfschütteln, dass sie mich verleugnen soll. „Äh. Nein. Lena ist nicht da. Ihre Schwester und ich sind alleine.“ „Sarah ist hier?“ höre ich ihn fragen. „Gut. Denn mit ihr wollte ich auch sprechen.“ Conner tritt in die Wohnung ohne darauf zu warten was Nane zu sagen hat oder sie ihn hineinbittet. Er schaut direkt in die Küche und sieht meine verweinte Schwester und mich, die nicht viel besser aussieht, da stehen. Conner trägt eine graue Beanie Mütze sowie eine Jeans und eine schwarze Lederjacke über seinem grauen Tank Top. Wie immer sieht er umwerfend sexy aus. „Raus aus meiner Wohnung. Was fällt dir ein.“ Sage ich und gehe auf ihn zu. In mir erwacht ein Beschützerinstinkt. Er wird meiner Schwester nicht zu nahe kommen. „Lena hör mir zu.“ „Nein. Ich werde dir nicht noch einmal zuhören.“ Ich lege meine Hände auf seine Brust und schiebe ihn nach hinten. Er lehnt seinen Körper gegen mich und obwohl ich mit meiner ganzen Kraft schiebe, bewegt er sich keinen Zentimeter. „Ich habe dir schon einmal zugehört und du lässt mich einfach da stehen. Du sagst kein Wort. Du hast mich bloßgestellt. Vor allen.“ „Lena.“ Conner nimmt meine Hände von seiner Brust und hält mich daran fest. „Ich war mit der Situation überfordert. Mein Bruder lag im Krankenhaus und ich wusste nicht was mit ihm ist. Ich

wusste zu dem Zeitpunkt ja nicht einmal ob er noch lebt.“ Ich starre ihn an. „Du hättest nicht anders reagiert, wenn es um Sarah gegangen wäre.“ Er schaut an mir vorbei zu meiner Schwester. Hätte ich anders reagiert? Hätte ich den Nerv gehabt Conner zu beschützen, wenn meine Schwester da gelegen hätte? Es gelingt mir nicht, mich in die Situation hineinzuversetzen. „Ich habe Vivi heute gesagt, dass alles was je zwischen ihr und mir war vorbei ist.“ Conner blickt mir tief in die Augen. „Alles was ich will bist du Lena. Es tut mir so leid, dass ich dir das gestern nicht zeigen konnte. Ich werde es wieder gut machen. Versprochen.“ Conner nimmt mich in den Arm und streichelt mir sanft mit seinen Händen über den Rücken. In dieser Geborgenheit kann ich nicht mehr an mich halten und fange an zu weinen. Besser gesagt fange ich an zu brüllen. Wie ein kleines Kind. Meine Tränen perlen an seiner Lederjacke ab und ich schluchze wie nie zuvor. Kennt ihr das? Gefühlsachterbahn? In dieser Woche habe ich schon alles erlebt. Spaß mit meinen Mädels. Eifersucht im Club. Wolke 7 bei unserem ersten Kuss. Eine harte Landung wenn ich an Vivi gedacht habe. Das Gefühl von einem Mann angehimmelt zu werden, der fünf Jahre lang nur ein Kollege war. Erneuter Höhenflug bei Conner und meinem intensiven Kuss in meiner Wohnung. Schockmoment als Tereza Conner von dem Unfall erzählt hat. Wut – Pure Wut als Spencer mir das mit ihrem intriganten Plan erzählte. Enttäuschung einer Arbeitskollegin, die mitgemacht hat und mich hinterging. Fassungslosigkeit als meine Schwester mir von Ihrem ONS erzählte, ausrechnet mit dem vergebenen Bruder meines Schwarms. Kennt ihr das? Nein. Macht euch nichts draus. Ich kannte das bisher auch nicht. Kein Wunder, dass ich weine bis nichts mehr aus mit rauskommt. Mein Körper ist der Belastung nicht mehr gewachsen. Und dabei haben wir doch gerade erst mal Mittwoch….

11 Als ich mitten in der Nacht aufwache brauche ich einen Moment um mich zu orientieren. Ich liege zugedeckt auf meiner Couch und nur der Mond erzeugt eine leichte Lichtquelle in meinem Wohnzimmer. Ich richte mich auf uns sehe meine Schwester schlafend im Sitzen auf dem Sessel. Ich schaue auf die Uhr und erkenne verschleiert, dass wir viertel nach Vier haben. Meine Augen wirken verklebt und ich erinnere mich daran zurück, wie ich in Conners Armen geweint habe. Mein Mund ist trocken und ich habe einen üblen Geschmack. Ich schnappe mir leise die Wasserflasche vom Tisch und nehme einen großen Schluck. So sehr ich mich auch bemühe leise zu sein, sehe ich wie Sarah sich regt und mich anschaut. „Geht es dir besser?“ fragt sie mich mit leisem Ton. „Ich denke schon“ antworte ich und zwinge mich zu lächeln. „Was war gestern nur los mit dir?“ Sarah steht vom Sessel auf und setzt sich neben mich auf die Couch. „Ich weiß es selber nicht. Das war wohl alles viel zu viel für mich.“ Ich reibe mir die Augen. „Wo sind Nane? … Und Conner?“ „Conner und Nane sind nach Hause gegangen, nachdem wir dich auf die Couch verfrachtet

haben. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht Lena.“ Ich lächle Sarah an: „Das brauchst du nicht. Es ist alles in Ordnung.“ „Das ist es nicht Lena.“ Sie sieht mich ernst an. „Aber wir sollten weiter schlafen. Der Wecker klingelt bald.“ Sarah nimmt mich in den Arm. „Ich bin für dich da wenn du mich brauchst.“ Da sitzt sie nun neben mir. Meine kleine Schwester, die so viel Erwachsener wirkt als ich kleines Häufchen Elend. Donnerstag – Durchhalten Sarah und ich haben gemeinsam die Wohnung verlassen. Meine verquollenen Augen verstecke ich hinter einer großen, dunklen Sonnenbrille. Im Hotel spurte ich schnell am Empfang vorbei und würdige Jody keinen Blick. Mir wird speiübel bei dem Gedanken gleich mit Spencer in einem Büro sein zu müssen. Ich sehe, dass die Kaffeekanne sich bereits auf meinem Schreibtisch befindet und merke, dass Spencer mich anschaut während ich meine Sachen im Schrank verstaue. Er weiß, dass ich nicht mit ihm sprechen möchte und wir schweigen uns an. Wir haben uns nicht einmal einen guten Morgen gewünscht. In meiner Pause entschließe ich mich an die frische Luft zu gehen um den Kopf etwas frei zu bekommen. Da ich keinen Hunger habe und mein Magen sich die ganze Zeit dreht, laufe ich in Richtung des Parks und setze mich dort auf eine Bank in die Sonne. Ich beschließe nun endlich mein Handy wieder anzuschalten. Spencer und Jody haben mir mehrere Nachrichten geschickt, dass es ihnen Leid tut und dass das alles eine blöde Idee war. Ja das war es wohl. Ich sehe, dass Spencers letzte Nachricht erst von vor 10 Minuten ist. Da befand ich mich schon nicht mehr im Büro: „Ich weiß das du wütend bist. Aber das ganze Schweigen macht mich irre. Bitte sprich wieder mit mir.“ Eine weitere Nachricht ist von Conner heute Morgen: „Hey. Ich hoffe es geht dir besser. Was ich gestern gesagt habe, meine ich auch so. Wenn es dir besser geht würde ich mich freuen wenn wir reden können.“ Es schmerzt noch immer, wenn ich an seinen Blick zurückdenke, wie er mich im Krankenhaus angeschaut hat. Ich entscheide mich niemanden zu antworten und rufe stattdessen Larissa an. Ich erzähle ihr von Rays Unfall, wie Conner mich stehen gelassen hat, Spencer und Jody mich hintergangen haben und Conners Entschuldigung. Sie hört gespannt zu und als ich endlich am Ende angelangt bin, platzt es aus ihr raus: „Wieso erzählst du mir erst jetzt davon??“ Ich spüre wie wütend sie ist „Ich glaube ich muss mal ein ernstes Wörtchen mit denen reden. Die gesamte Clique hat sie nicht mehr alle.“ Larissa bietet sich an nach der Arbeit direkt zu mir zu kommen. Leider muss ich ihr absagen, da ich wirklich dringend Schlaf benötige. Der ist in dieser Woche bisher einfach zu kurz gekommen. Um 16:00 Uhr verlässt Spencer das Büro. Bevor er zur Tür hinausgeht geht, dreht er sich noch einmal zu mir um. Ich wende meinen Blick vom Monitor zu ihm und sieh ihn an: „Lena, du kannst nicht ewig schweigen.“ Wenn er wüsste was ich nicht alles kann… Ich blicke wieder zu meinem Monitor und haue wieder in die Tasten. Um 16:30 Uhr habe ich es dann auch endlich geschafft und fahre nach Hause. Das Diensthandy schalte ich bewusst aus und ich mache mich direkt Bettfertig. Noch während der Fernseher läuft

schaffe ich es einzuschlafen. Endlich – Endlich schaffe ich es den verlorenen Schlaf nachzuholen. Freitag – Wochenende Mir geht es endlich wieder besser. Der Schlaf hat mir gut getan und meine Augen haben auch ihre normale Form angenommen. Auf der Arbeit schaffe ich es noch immer Jody und Spencer gekonnt zu ignorieren. Um 14:00 Uhr, als ich gerade zur Pause wollte, steht Spencer auf und verlässt das Büro. Da wir wegen dem Telefon nicht gleichzeitig das Büro verlassen dürfen bleibe ich noch etwas sitzen. Auf einmal kommt Spencer mit Jody in das Büro und ich sehe wie Spencer das Büro von innen abschließt. „Was tust du da??“ frage ich ihn entrüstet. „Was zum…“ „Lena wir müssen reden.“ unterbricht mich Jody und schaut mich mit ihrem unschuldigen Blick an. „Das könnt ihr vergessen.“ Sage ich, stehe auf und gehe hinüber zum Fenster. „Dann hör´ uns wenigstens zu.“ Sagt Spencer und tritt mir näher. Jody spricht weiter: „Wir haben nicht nachgedacht. Vivi ist eine Freundin von uns und wir haben alle gemerkt, dass Conner dich toll findet.“ „Und mit meinen Gefühlen kann man spielen ja?“ Mein Ton ist streng. „Natürlich nicht. So weit haben wir gar nicht nachgedacht. Wirklich nicht.“ Sagt Spencer. In seinen Augen erkenne ich, dass er es ernst meint. „Es tut uns wirklich leid Lena. Bitte.“ „Ich veranstalte morgen eine Grillparty und ich möchte, dass du kommst. Ray wird heute aus dem Krankenhaus entlassen und wir wollen ihn willkommen zurück heißen.Bitte nimm das Friedensangebot an“ Sagt Jody und lächelt mich an. Das Friedensangebot? „Na klar komm ich wenn Vivi da ist.“ Ich mache eine kurze Pause. „Du hast echt einen Schuss.“ „Vivi ist nicht da. Sie ist das Wochenende bei Ihren Eltern in Berlin.“ „Überleg es dir Lena.“ Wirft Spencer ein. „Du kannst auch gerne wen mitbringen.“ Sagt Jody und reicht mir die Hand. Friedensangebot? Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihr meine Hand reichen sollte …

12 In Gedanken sehe ich meine Mutter vor mir stehen, wie sie mir sagt: „Auf falsche Freunde kann man verzichten.“ – Kurz darauf, wie sie sagt: „Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient“ Ja was denn nun? Ich schaue Jody und Spencer abwechselnd an. Noch immer hält Jody mir ihre ausgestreckte Hand hin. Nach einer gefühlten Ewigkeit entscheide ich mich dazu ihre Hand zu nehmen. „Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient.“ Sage ich und wende mich zu Spencer. „Kannst du jetzt bitte wieder aufschließen?“ Spencer und Jody müssen lachen und stecken mich damit an. Es tut gut wieder lachen zu können.

Am Nachmittag rufe ich Larissa an. Sie soll mich morgen begleiten. Ihre Begeisterung hält sich in Grenzen. Schließlich willigt sie trotzdem ein und versichert mir, dass sie das nur für mich tut. Ich weiß nicht was, beziehungsweise wer mich morgen erwarten wird aber ich glaube es wird helfen anwesend zu sein um wieder ein wohliges Arbeitsverhältnis mit Jody und Spencer zu bekommen. Mir kommt Conner in den Sinn. Vor genau einer Woche stand er auf einmal vor meiner Tür. Vor genau einer Woche hat sich mein Leben schlagartig geändert. Es hat sich geändert als ich ihn sah. Seit gestern früh habe ich nichts mehr von ihm gehört. Entweder weil ich ihm nicht geantwortet habe oder weil sein Bruder heute aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Seine Worte „Alles was ich will bist du Lena“ hallen in meinem Kopf. Ich gehe davon aus, dass auch er morgen zu Jodys Grillparty kommen wird, wenn diese schon extra für seinen Bruder ist. Ob er weiß, dass ich auch kommen werde? Den Rest des Freitags verbringe ich damit noch Erledigungen für das Wochenende zu machen. Ich gehe einkaufen, schmeiße die Wäsche an und putze die Wohnung. Ja. Irgendwann muss das ja auch mal gemacht werden. Samstag – Enjoy the weekend Jody hat mir heute Morgen eine Nachricht geschickt, dass die Party um 14:00 Uhr beginnt und wir unseren Bikini einpacken sollen. Bikini? Davon war gestern aber nicht die Rede. Ich schaue nach draußen und die Sonne lacht mich an. Die Wettervorhersage sagt, dass es heute heiß werden wird. Ich habe Larissa für 12:00 Uhr zu mir bestellt. Immerhin wollen wir uns zusammen fertig machen. Gemeinsam stehen wir vor meinem Kleiderschrank. „Lange Hose geht nicht“ sagt Larissa. „Da gehst du ja kaputt.“ Larissa hat sich für einen langen, lockeren Rock entschieden und ein weißes, schulterfreies Top. „Hot Pants?“ schaue ich sie skeptisch an. „Ja. Conner darf ruhig sehen, was er im Krankenhaus hat stehen lassen.“ Sie grinst und bringt mich zum Lachen. „Na los jetzt.“ Sagt sie, schnappt sich die Hot Pants aus meinem Schrank und wirft mir die Hose aufs Bett. Ich ziehe mich um und gehe ins Bad um meine Haare zu machen. Es ist viel zu heiß um sie offen zu tragen und ich entscheide mich mal wieder für einen Dutt. Mit ein paar Minuten Verspätung treffen Larissa und ich bei Jody ein. Als wir das Haus betreten muss ich schlucken. Ich habe mit vielem gerechnet aber nicht damit. Wir befinden uns direkt im Wohnzimmer, welches riesengroß ist und edel eingerichtet. Links befindet sich ein langer Esszimmertisch und der Fernseher gegenüber der Ledercouch ist so groß wie ich noch keinen Fernseher zuvor gesehen habe. Ich würde ihn schon Kino nennen. Wie kann sie sich das alles leisten? Jody geleitet uns nach hinten in den Garten und ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Ein riesiger Pool auf der rechten Seite und direkt dahinter … Ist das etwa eine Sauna? Tatsächlich. Links vom Garten befindet sich eine Gartenlounge, welche sicherlich Platz für sieben Personen bietet. Zusätzlich stehen auf dem Rasen drei Sonnenliegen. Larissa und ich entscheiden uns dazu zunächst alle bereits anwesenden Gäste zu begrüßen. Spencer steht am Grill und feuert die Kohle an. Daisy steht direkt neben ihm und ich höre wie

Daisy sagt: „Nein. Nicht so.“ Als Spencer mich sieht, kommt er auf mich zu: „Lena. Schön, dass du da bist.“ Danach begrüßt er Larissa. „Larissa richtig?“ Larissa bestätigt und an ihrem Blick erkenne ich, dass sie ihm am liebsten die Devisen lesen möchte. Sie hält sich jedoch zurück. Auf der Lounge haben es sich bereits Manuela und Ray gemütlich gemacht. Ich begrüße die Beiden und man sieht, dass Ray noch ziemlich angeschlagen ist. Das Aufstehen fällt ihm sichtlich schwer. Von Conner fehlt jegliche Spur. Jody bittet uns Platz zu nehmen und bietet uns etwas zu trinken an. Wir unterhalten uns mit Ray und Manuela über den Unfall. Manuela erzählt uns, was für einen Schock sie hatte als sie das erfahren hatte. Das kann man ihr nicht verübeln. Ich erinnere mich daran, wie Conner mir sagte, dass ich nicht anders reagiert hätte, wenn es sich um Sarah gehandelt hätte. Ray war zu schnell unterwegs und hatte die Kontrolle über seine Maschine verloren. Er hatte wirklich Glück. Das Ganze hätte auch ganz bitterböse Enden können. Plötzlich sehe ich, wie Conner mit Jody durch das Haus in den Garten kommt. Er bleibt abrupt stehen, als er mich erblickt. Unsere Blicke treffen sich und sprechen Bände. Mein Herz fängt an zu schlagen und mir wird heiß. Ich gehe davon aus, dass das nicht nur an der hiesigen Sonne liegt. Er trägt eine kurze, blaue Hose und ein weißes Shirt. Er kommt auf uns zu und begrüßt zunächst herzlich seine Schwester mit einer dicken Umarmung. „Bleib sitzen“ sagt er zu Ray und klopft ihm zur Begrüßung auf die Schulter. „Lena“ sagt Conner und ich stehe auf. „Ich wusste nicht, dass du hier bist.“ „Überraschung“ sage ich und fange an zu lachen. „Es ist schön dich zu sehen“ Conner blickt mir tief in die Augen und kommt mit seinem Gesicht näher. Ich begreife, dass er mich mit zwei Küsschen begrüßen wird. Anschließend begrüßt er auch Larissa und winkt Spencer und Daisy zu. „Bier?“ fragt Jody Conner. Conner nickt nur und setzt sich neben mich. „Mädels wir sollten in den Pool. Es ist wirklich heiß.“ Manuela wischt sich mit der Hand über die Stirn und schaut Larissa und mich fragend an. „Wie nur die Mädels?“ fragt Conner erstaunt. „Nun ja.“ Antwortet ihm seine Schwester. „Spencer muss grillen. Ray fällt raus und du... Ja du könntest mitkommen wenn du mit fünf Mädels in den Pool willst.“ Ich sehe Conner an und höre Ray mir gegenüber lachen. „Was für eine Frage. Da würde kein Mann nein sagen.“ Wir stehen auf und Manuela gibt Daisy Bescheid. Gemeinsam gehen wir ins Haus. „Ihr könnt euch im Badezimmer umziehen.“ Sagt Jody. „Manuela, Daisy und ich gehen ins Schlafzimmer.“ Sie deutet auf die Tür in der Nähe des Eingangs. Als wir uns umgezogen habe, ziere ich mich etwas nach Draußen zu gehen. Im Garten sehe ich, dass Conner bereits im Pool ist. Manuela und Daisy haben keine Scheu und springen direkt rein. Ich gehe langsam die Treppe hinunter und muss feststellen, dass der Pool eine angenehme Temperatur hat. Es ist eine schöne Abkühlung an diesem heißen Tag. Ich beobachte, dass Ray sitzend auf der Lounge mit seinem Handy beschäftigt ist. Spencer hat es geschafft den Grill zum Laufen zu bringen und hat das erste Fleisch darauf gelegt.

Nachdem ich zwei Bahnen geschwommen bin, setze ich mich auf den Beckenrand und baumel mit den Beinen im Wasser. Jody und Daisy sind damit beschäftigt sich gegenseitig zu necken und Manuela und Larissa unterhalten sich auf der anderen Seite des Pools. Ich fühle mich wirklich gut und strecke mein Gesicht gen Sonne. Conner kommt auf mich zu geschwommen und setzt sich neben mich am Beckenrand. Ich sehe seine Bauchmuskeln und frage mich, wann er dazu kommt, so viel Sport zu treiben. „Geht es dir gut?“ fragt er mich. „Ja. Es geht mir viel besser.“ Antworte ich ihm. „Bist du noch wütend wegen dem was im Krankenhaus passiert ist?“ Meine Antwort kommt prompt: „Ich kann nicht vergessen, wie du mich dort hast stehen lassen.“ Sein Blick senkt sich und er sieht in den Pool. „Ich werde es wieder gut machen. Das habe ich dir versprochen.“ Jetzt sieht er mich wieder an. Mir fehlen die passenden Worte also nicke ich ihm nur zu. Spencer ruft Jody zu, dass es an der Zeit ist den Tisch zu decken und er nicht 6 Hände hat. Jody und Manuela steigen aus dem Pool. Ich frage ob ich helfen kann aber Jody winkt ab. Als Spencer zum Essen ruft steht Conner als erstes auf und hilft mir hoch. Ich werfe mir mein Handtuch um und gemeinsam essen wir. Danach bin ich pappe satt und lege mich mit Larissa auf die Sonnenliegen. Die Sonne knallt noch immer und ich genieße die Hitze. Ich bin kurz davor einzunicken als ich auf einmal hinter mit eine Stimme schreien höre: „Wo ist die Schwester dieser Schlampe?“ Ich setzte mich entsetzt auf und drehe mich in Richtung Haus. Mein Blick versteinert als ich Tereza wutentbrannt dort stehen sehe…

13 Wenn ich ehrlich bin, habe ich dieses Problem die letzten zwei Tage völlig verdrängt. Tereza sieht mich auf der Liege und kommt auf mich zu. Sie schreit mich an. Ihre Augen sind mit Wut erfüllt. Wild gestikulierend steht sie vor mir: „Wo ist deine Schwester? Wo ist sie?“ Vor lauter Schock habe ich nicht die Möglichkeit aufzustehen oder zu sprechen. „Na los rede. Ihr seid doch beides Schlampen. Deine Schwester vögelt meinen Freund und du nimmst Vivi Conner weg. Liegt in der Familie mhm?“ Im Augenwinkel sehe ich Conner auf uns zukommen. Er drängt Tereza weg von mir und bietet mir die Möglichkeit kurz einzuatmen. Ich wache aus meiner Trance auf und erhebe mich von der Liege. Wie hat sie gerade meine Schwester und mich genannt? Ich gehe auf Conner und Tereza zu und versuche an Conner vorbei zu kommen. Tereza versucht das Gleiche. Das einzige was mich abhält ist Conner, der zwischen uns steht und uns auseinander hält. „Aufhören“ schreit Conner. Seine sonstige Gelassenheit hat sich in eine tiefe, verärgerte Stimme gewandelt „Bekommt euch ein.“ „Wie hast du meine Schwester genannt?“ schreie ich. „Du hast richtig gehört.“ Ich schaue in ihr Gesicht, welches rot und voller Zorn ist. Bevor ich reagieren kann spricht Conner: „Tereza. Noch ein Wort und wir haben ein Problem miteinander.“

Seine Worte brennen sich in meinen Kopf. „Du stehst also auf ihrer Seite?“ fragt Tereza ihn. „Ja“ antwortet Conner ruhig und gelassen.„Ja das tue ich“ Erst jetzt bemerke ich, dass Spencer hinter mir steht und mich an den Schultern packt. Die Situation beruhigt sich als ich merke, dass Tereza nicht weiter versucht an Conner vorbei zu kommen. Tereza dreht sich zu Ray und ruft ihm zu: „Es ist alles ihre Schuld.“ Ray antwortet ihr nicht und sieht zu mir. Seine Blicke deuten mir, dass es ihm Leid tut. Tereza verlässt den Garten in Richtung Haus, dreht sich noch einmal zu mir um: „Das wirst du bereuen.“ Schockiert stehe ich noch immer angewurzelt auf dem Rasen. Spencers Hände ruhen noch immer auf meiner Schulter. Niemand traut sich die aufgekommene Stille zu unterbrechen. Ich merke wie Ray schmerzerfüllt aufsteht und auf mich zukommt. „Das ist meine Schuld. Tut mir leid.“ Unwirklich schaue ich ihn an. Er hält sich seine Hand an seine Rippen. „Nachdem ich gestern aus dem Krankenhaus kam habe ich die Beziehung zu Tereza beendet.“ Er spricht leise und mit dem Blick zum Rasen gesenkt. „Sie hätte mir verziehen. Aber ich kann mir das selbst nicht verzeihen.“ Er hebt seinen Kopf und schaut mich an: „Es ist nicht die Schuld deiner Schwester. Es war meine. Meine alleine.“ Wir benötigen eine Weile bis alle sich beruhigt haben. Wir beschließen gemeinsam den Tag an dieser Stelle nicht enden zu lassen sondern sitzen noch gemeinsam bis zum Abend im Garten. Zunächst regten sich alle noch über Tereza und über ihre übertriebene Art auf. Ich hielt mich zurück und habe stattdessen auf mein Weinglas vor mir gestarrt. In Gedanken höre ich sie immer wieder sagen, dass ich es bereuen werde. Aber das Thema Tereza drückte die Stimmung und schnell hob sich die Stimmung wieder. Ich merke, dass Larissa und Manuela sich gut verstehen. Es stellt sich sogar raus, dass Beide gemeinsame Bekannte haben. Um 20:00 Uhr ist es noch immer angenehm warm und ich entschließe mich noch einmal in den Pool zu steigen. Ich schwimme ein paar Bahnen bis ich erschöpft am Beckenrand zum Halten komme. Ich stütze mich mit den Armen am Beckenrand auf und schaue gen Himmel. Es ist noch hell und die Sonne ist auf dem Weg zum Untergang. Ich erschrecke als ich plötzlich zwei Hände an meinen Hüften spüre. „Hey“ höre ich Conner in mein Ohr flüstern. Sein Gesicht ist mir unglaublich nahe. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut. „Hey“ antworte ich ohne mich zu ihm umzudrehen. „Worüber denkst du nach?“ fragt er mich. „Du schaust ziemlich verträumt.“ Ich spüre wie er mit einer seiner Hände über meinen Rücken fährt. Obwohl mir nicht kalt ist durchfährt mich bei dieser Geste eine Gänsehaut. „Du hast dich heute auf meine Seite gestellt.“ Ich muss grinsen. „Danke dafür.“ „Ich habe doch gesagt ich werde es wieder gut machen.“ „Oh“ ich lache laut los. „Darunter habe ich mir aber etwas mehr vorgestellt.“ Jetzt lacht auch Conner. Ich spüre wie er seinen Körper gegen meinen drückt. „Nun…“ Conners Lippen sind direkt an meinem Ohr. „Dann muss ich mir wohl noch etwas anderes einfallen lassen.“ Seine Lippen wandern von meinem Ohr hinab und ich spüre wie er mich an meinem Nacken küsst.

Ich schließe meine Augen und vergesse den Rest der Welt um mich herum. Unerwartet spüre ich, wie Conners Köper sich von mir löst und er ein Stückchen zurück schwimmt. Jetzt erst bemerke ich, wie die Gruppe links von uns herzhaft lacht. Ich schaue zu ihnen und sehe Larissa an. „Sucht euch dafür ein Zimmer“ ruft sie uns zu. Das Lachen der Gruppe wird immer noch lauter. Ich beiße mir auf die Lippen um mein verschmitztes Lächeln zu unterdrücken…

14 Conner hat mir noch aus dem Pool geholfen und mir mein Handtuch gereicht. Nachdem ich mich im Haus umgezogen habe, helfe ich Jody und Daisy in der Küche beim Abwasch. Während Daisy abtrocknet schaut sie zu mir und fragt mich was genau zwischen mir und Conner ist. Sie spricht einfach aus was sie gerade beschäftigt. Solche Menschen sind mir auf jeden Fall lieber als die, die alles herunterschlucken und irgendwann platzen. Ich antworte ihr, dass ich ihr das nicht sagen kann, da ich es selbst nicht weiß. Jody und Daisy müssen lachen. Um etwa 22:00 Uhr spüre ich, wie langsam der Abend zu Ende geht. Larissa hat soeben zwei Taxen bestellt. Sie fährt mit Ray und Manuela in eine Richtung. Conner und ich müssen in die andere Richtung. Spencer und Daisy wohnen nicht weit von Jody entfernt und laufen zu Fuß. Die Taxen kommen zeitgleich an und wir verabschieden uns alle voneinander. Trotz des Zwischenfalls mit Tereza bin ich froh, den heutigen Tag hier verbracht zu haben. Conner und ich setzen uns beide auf die Rückbank. Ich gähne und merke, wie mir allmählich meine Augen zufallen. Die Hitze hat mir ganz schön zugesetzt. „Wir sind da“ höre ich Conner sagen und spüre wir er mit seiner Hand über mein Bein streichelt. Ich muss tatsächlich eingenickt sein. Ich wühle in meiner Tasche und hole hektisch mein Portemonnaie hervor. „Ich habe schon bezahlt.“ Conner lächelt mich an und steigt aus. Während er um das Taxi herumläuft öffne ich die Tür auf meiner Seite. Er streckt mir seine Hand hin und hilft mir hinaus. Conner schnappt sich meine Tasche aus meinen Händen und läuft hinter mir die Treppen hinauf in den dritten Stock. Da stehen wir nun also. Vor seiner Haustür. Ich möchte meine Tasche nehmen und merke, dass er nicht los lässt. Unsere Hände beide am Henkel der Tasche blicke ich zu ihm nach oben und sehe ihn fragend an. „Ich würde heute Abend nur ungerne alleine sein.“ Sagt er und blickt mir tief in die Augen. Seine freie Hand hält er an meine Wange und mit seinem Daumen streift er über meinen Wangenknochen. „Ok“ ist das einzige was ich rausbekomme. Ich fühle mich plötzlich wie in Trance. Das geborgene Gefühl lässt mich schweben. Mein Herz schlägt so stark, als wenn es gleich in meiner Brust explodiert. Conner hat seine Tür aufgeschlossen und ich trete ein. Ich drehe mich zu ihm um und kann nicht an mich halten. Ich werfe mich ihm um den Hals und küsse ihn leidenschaftlich. Meine Arme um seinen Nacken streift meine rechte Hand durch sein Haar. Seine Arme hat er um meine Hüfte gelegt. Seine Lippen lösen sich von mir und er presst seine Stirn gegen meine. Sein Atem geht schnell und ich spüre wie nervös er ist. Meine Hände lasse ich an seinen Schultern entlang zu zur Brust wandern. Ich schiebe sie unter sein Shirt.

In mir brodelt es und ich habe ein Verlangen. Ein Verlangen nach ihm. Nach seinen Küssen. „Lena.“ Mit seinen Händen fasst er an meine Arme. „Wir sollten es langsamer angehen lassen.“ Wir wissen beide wie es weiter gegangen wäre, wenn er es nicht gesagt hätte. Ich atme schwer aus um mich wieder zu konzentrieren. „Aber du hast doch vorhin gesagt…“ Conner unterbricht mich indem er mir seinen Zeigefinger auf meine Lippen legt. „Ja. Ich möchte nicht alleine sein. Ich möchte dich bei mir haben. Aber lass es uns langsam angehen.“ Meine Hände wandern von seiner starken Brust hinab zu seinen Hüften. Er hat Recht. So sehr ich auch in diesem Moment nach ihm schmachte, ist es viel zu früh uns unseren Gefühlen komplett hinzugeben. „Komm“ sagt Conner und hält meine Hand. „Lass uns noch einen Schluck trinken.“ Er lächelt mich an und geht in Richtung Küche. Ich stelle meine Tasche ab, gehe ins Wohnzimmer und setze mich auf die Couch. Conner und ich verbringen den Rest des Abends auf der Couch und unterhalten uns über unsere erste Begegnung. Wie er vor meiner Tür stand. Wie wir beide schon beim ersten Anblick voneinander angetan waren. Als die Flasche Wein leer ist, fühle ich mich betrunken. Ich spüre, dass ich meinen Blick nicht mehr gerade aus auf ihn richten kann. Ich weiß, dass wenn ich aufstehe, das Ganze nicht besser sondern schlimmer sein wird. „Ich werde dann mal nach Hause“ sage ich und stehe auf. Mir ist schwindelig und ich kneife ein paar Mal die Augen zusammen. Conner springt von der Couch und hält mich fest. Ihm ist sofort aufgefallen, dass mein Gleichgewichtssinn nicht mehr mitspielt. „Nein“ wiederspricht er mir. „Leg dich ins Bett. Du kannst hier schlafen.“ Er hilft mir in sein Schlafzimmer zu gehen. Ich lege mich mit meinen Sachen hin und benötige keine Sekunde um in das Land der Träume zu gelangen. Sonntag – Ruhetag Als ich morgens die Augen öffne, trifft mich der Sonnenschein durch das Fenster. Die Vorhänge sind nicht richtig geschlossen und ich sehe, dass es unglaublich hell draußen ist. Ich spüre, wie ein Arm um mich geschlungen ist und das ich angezogen hier liege. Ich bin nicht zugedeckt. Die Decke liegt am Ende meines Fußes. War ich wirklich so betrunken? Ich drehe mich um und blicke in Conners schlafenden Blick. Er sieht friedlich aus. Seine Decke reicht ihm bis zur Taille und seine nackte Brust hebt und senkt sich mit jedem Atem. Ich betrachte Conner sicherlich schon seit 10 Minuten und er öffnet langsam die Augen. „Guten Morgen“ flüstere ich ihm zu. „Guten Morgen“ Conner muss gähnen. „Hast du gut geschlafen?“ „Ja habe ich. Es tut mir so leid. Der Alkohol gestern …“ „Ist schon gut. Ich mache uns erst mal was zum Frühstück.“ Conner beugt sich über mich, küsst mich und verlässt dann das Bett. Ich sehe ihm nach, wie er nur in Boxershort gekleidet aus dem Schlafzimmer geht. Ich stehe auf und gehe zum Fenster. Ich schiebe den Vorhang leicht zur Seite und schaue auf die Straße. Es ist ruhig. Mein Körper ist mit Glück erfüllt. Vielleicht hatten die Mädels Recht. Liebe auf den ersten Blick gibt es vielleicht doch. Ich gehe zu Conner in die Küche und frage ihn, ob ich ihm helfen kann. Er verneint und reicht mir meinen Kaffee. Ich erschrecke, als ich Conners Telefon klingeln höre. Es durchbricht die Ruhe.

Conner geht von der Küche ins Wohnzimmer und nimmt ab. Ich höre wie er sagt: „Ray beruhige dich. Was ist passiert?“ Ich laufe ins Wohnzimmer mit meiner Tasse Kaffee und schaue Conner an. Conners Blick sieht beunruhigt aus. Ich fühle mich zurückversetzt zu dem Moment als Conner am Telefon erfahren hat, dass sein Bruder einen Unfall hatte. Dort sah ich diesen Blick zum ersten Mal. „Ich bin gleich da.“ Sagt Conner ins Telefon und legt auf. „Lena. Wir müssen los.“ Seine Stimme ist ernst und er kommt auf mich zu. Er hält meine Hand. „Es geht um deine Schwester….“

15 Mein Magen zieht sich zusammen und beinahe hätte ich die Kaffeetasse fallen lassen. Conner hat sie mir noch rechtzeitig abgenommen. „Was ist passiert?“ frage ich entsetzt. „Deine Schwester ist bei meinem Bruder und Tereza ist aufgetaucht.“ Ich löse mich von Conners Hand, renne in den Flur zu meiner Tasche und durchwühle sie. „Was machst du da?“ fragt Conner der mir nachgelaufen ist. „Ich suche mein Handy. Ich rufe Sarah an.“ „Nein Lena.“ Conner zieht mich von meiner Tasche weg. „Wir fahren jetzt zu Ray.“ „Geht es meiner Schwester gut?“ Ich blicke Conner an und kann meine Tränen nicht zurück halten. Ich weiß, dass etwas Schlimmes passiert ist. Ich fühle es. „Ich weiß es nicht genau. Aber wenn es ihr gut ginge, hätte Ray mich nicht angerufen.“ Conner nimmt mich in den Arm und küsst mich auf die Stirn. „Ich zieh mir eben etwas drüber und dann fahren wir.“ Conner verschwindet ins Schlafzimmer und mir fällt es schwer zu stehen. Meine Knie sind weich und ich setze mich auf den Fußboden. Es dauert nicht lange bis Conner zurück kommt und sich die Schlüssel vom Sideboard schnappt. Nach 20 Minuten schweigender Fahrt kommen wir bei Ray an. Er wohnt in einer ruhigen Wohngegend und Conner nimmt mich an die Hand. Er läuft schnellen Schrittes vom Auto zur Eingangstür und klingelt. Es dauert eine halbe Ewigkeit bis uns aufgedrückt wird. In der ersten Etage steht Ray an der geöffneten Tür und lässt uns eintreten. Ich beachte Ray nicht und gehe hinter Conner, der mich direkt ins Wohnzimmer führt. Auf der Couch sehe ich meine Schwester liegen. „Sarah“ rufe ich laut und stürme auf sie zu. „Was ist passiert?“ Sarah setzt sich auf und ich sehe, dass ihre Lippe blutet. Außerdem sehe ich, dass ihr Auge einen heftigen Schlag abbekommen haben muss. Es verfärbt sich allmählich blau. Sie fasst sich mit der Hand an die Schläfe. „Lena was machst du hier?“ fragt sie mich. „Was ich hier mache?? Ray hat Conner angerufen und ihm gesagt, dass etwas passiert ist.“ Sarahs Blick entfernt sich von mir und sie schaut hinter mich zu Ray und Conner. „Was ist passiert?“ wiederhole ich meine Frage nun mit ernster Stimme. „Du hättest nicht hierher kommen müssen.“ Sagt Sarah. Sie geht meiner Frage wieder aus dem Weg. Ich entscheide mich dazu mich umzudrehen und Ray zu fragen: „Jetzt erzählt mir endlich was passiert ist.“ Ray beginnt zu erzählen: „Sarah hat heute Nacht hier übernachtet.“

„Ray!!“ ruft Sarah als wolle sie nicht das er es mir erzählt. Er schaut zu Sarah und spricht weiter: „Heute Morgen hat es an der Tür geschellt und da es mir noch immer schwer fällt aufzustehen ist Sarah an die Tür gegangen.“ Ray schaut nun wieder zu mir: „Tereza stand bereits hier oben vor der Wohnungstür und ist vollkommen ausgerastet.“ Sarah spricht für ihn weiter: „Die Alte hat sie nicht mehr alle. Die ist auf einmal auf mich losgegangen.“ „Und du?“ ich schaue Ray fragend an. „Du hast es nicht geschafft meine Schwester zu schützen?“ Ray antwortet demütig: „Habe ich. Als ich gemerkt habe was vor sich geht bin ich sofort zu ihnen und habe Tereza rausgeschmissen. Wer weiß, was sonst noch passiert wäre.“ „Habt ihr die Polizei gerufen??“ Meine Stimme wird lauter. „Lena.“ Sarah richtet sich weiter auf und stellt die Füße auf den Boden. „Jetzt übertreib mal nicht.“ Ich schaue zu Conner hinüber, der neben seinen Bruder steht und die Arme vor sich verschränkt hat. „Wir sollten dich ins Krankenhaus bringen.“ Sage ich zu meiner Schwester. „Lena!!!“ Sarah ist wütend. „Hör auf dich wie Mama aufzuspielen. Es ist alles in Ordnung.“ Das hat gesessen. Ich schaue sie entsetzt an. Sie weiß wie mich das trifft. Ich wollte nie wie unsere Mutter werden. Wollte immer die lustige und unkomplizierte Schwester sein aber sie niemals bemuttern. Auf Grund der Situation versuche ich meine Betroffenheit nicht zu zeigen. Ich frage Ray ob er Kühlakkus hat und folge ihm in die Küche. „Ich möchte dir nicht zu nahe treten Lena.“ Ray öffnet das Gefrierfach. „Aber wieso hast du noch immer das Gleiche an wie gestern?“ Er kann sich sein Lachen nicht verkneifen. „Ich glaube das ist nicht der richtige Zeitpunkt für Späße.“ Ich schaue ihn ernst an. „Du hast Recht.“ Ray reicht mir einen Kühlakku den ich in ein auf der Fensterbank liegendes Küchentuch einwickle. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und reiche Sarah die Kühlmöglichkeit. „Und was nun?“ Fragend schaue ich Ray und Conner an. „Was machen wir jetzt?“ Conner schaut zu Ray und dann wieder zu mir. Von den Männern kommt keine Antwort. Genervt seufze ich und sage: „Ok. Wir fahren jetzt zu Tereza und klären das.“ „Ich weiß nicht ob das eine gute Idee ist.“ Sagt Conner „Ich möchte nicht das dir was passiert.“ „Du bist doch bei mir.“ Ich gehe auf Conner zu und nehme ihn in den Arm. „Bitte Conner. Sie ist meine Schwester.“ „Ich komme mit.“ Wirft Ray ein. „Vielleicht kann ich sie etwas beruhigen“ Wir nicken einander zu. Sarah sage ich, dass sie sich ausruhen soll und wir bald wieder zurückkommen. Ich weiß, dass sie nun Schlaf und Ruhe benötigt. Wir helfen Ray nach unten und sich nach hinten in das Auto zu setzen. Während der Autofahrt gehe ich in Gedanken durch, was ich gleich sagen werde, wenn wir vor Tereza stehen. Ich denke darüber nach ob ich die Fassung halten kann oder sie verlieren werde. Es dauert nicht lange und wir stehen vor der Eingangstür. Ray betätigt die Klingel und durch die Freisprechanlage höre ich Terezas Stimme: „Wer ist da?“ Ich schaue zu Ray und nicke ihm zu. „Ich bin´s. Ray. Wir müssen reden.“ Direkt wird die Tür aufgedrückt. Ray geht voran. Oben angekommen schaut Tereza uns unwirklich an, schließt jedoch nicht die Tür. Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass sie sie zuwirft wenn sie mich sieht. „Ray was machst du hier?“ Tereza kommt aus der Tür hinaus und fällt Ray in die Arme. Dieser

lässt einen schmerzergreifenden Ton von sich. „Und was will die hier?“ Tereza schaut mich an und zeigt mit ihrem Finger auf mich. „Lass uns reden“ Ray keucht eher die Töne aus sich heraus. „Was sollte das heute Morgen?“ Tereza schaut Ray an und antwortet ihm: „Sie ist der Grund wieso wir nicht mehr glücklich sind. Sie ist der Grund warum alles kaputt gegangen ist. Sie hat es nicht anders verdient.“ Ich möchte anfangen sie anzuschreien aber Conner hält mich davon ab indem er seine Hand auf meine Schulter legt und sich vor mich stellt. „Das hat sie nicht.“ Sagt Conner mit bestimmtem Ton. Alle Wörter die ich mir im Auto zurechtgelegt hatte stecken in meinem Hals wie ein dicker Kloß. Vor meinen Augen sehe ich Sarah mit der aufgeplatzten Lippe und dem blauen Auge. Was tun wir hier eigentlich? Dieses Miststück hat meine kleine Schwester verprügelt und wir reden hier in aller Ruhe mit ihr?? Ich habe die Unterhaltung nicht mehr weiter verfolgt. Vor mir ist nur ein rotes Tuch und meine Hände sind mittlerweile klitschnass. Ich balle meine Fäuste und stürme auf Tereza zu. Wieder schaffe ich es nicht an sie heranzukommen, weil Conner mich packt. Dieses Mal hat er Schwierigkeiten mich zu halten. Ich schreie los: „Du Miststück. Rühr noch einmal meine Schwester an und du wirst was erleben.“ Ich merke wie sehr Conner sich anstrengen muss. Seine Armmuskeln sind stark angespannt und er versucht auf mich einzureden, dass ich mich beruhigen soll. Er spricht zu Ray, dass er nach unten kommen soll, sobald er das geregelt hat. Conner schiebt mich die Treppen zurück nach unten. Noch immer wiederholt er, dass ich mich beruhigen soll. Am Auto angelangt setze ich mich auf den Beifahrer und verschränke die Arme vor der Brust. Conner setzt sich auf die Fahrerseite und sieht mich an. Wahrscheinlich sehe ich aus wie ein kleines, bockiges Kind. „Ray wird das regeln. Er wird alles klar stellen. Es wird alles wieder gut.“ Seine Stimme ist klar und deutlich. Er bringt mich dazu, dass mein Puls sich wieder etwas beruhigt und ich herunterfahre. Plötzlich sehe ich aus dem Fenster heraus ein Auto vor der Wohnung von Tereza halten. Wer dort aussteigt hat mir gerade noch gefehlt. Die blonden Haare, der schlanke Körper und die mega High-Heels können nur einer Person gehören…

16 Vivi läuft mit ihren hohen Absätzen gekonnt über das vor dem Haus befindliche Kopfsteinpflaster. Sie träge eine große Sonnenbrille und ihre weiße Tasche lässt Sie lässig über ihre Elle baumeln. Ich schaue zu Conner hinüber, der an mir vorbei zu Vivi schaut. Auch er hat sie gesehen. Danach schaut er mich an und lächelt, als wolle er mir sagen, dass sie ihn nicht interessiert. Ich schaue zurück aus dem Fenster und sehe, wie Vivi die Haustür zu Tereza betritt. Nach schon 5 Minuten werde ich ungeduldig. „Wie lange dauert das denn noch?“ frage ich und zapple mit meinen Beinen. „Gib Ray noch ein paar Minuten.“ Sagt Conner beruhigend und legt seine Hand auf mein Bein. Ich fühle mich unwohl. Ich trage noch immer die Klamotten von gestern in denen ich geschlafen habe, habe nicht geduscht und noch nicht einmal meine Zähne geputzt. Nach weiteren 5 Minuten erhält Conner eine SMS. Er liest sie und macht den Motor an. „Was tust du?“ frage ich ihn.

„Wir fahren zu Ray und holen Sarah ab. Danach fahren wir nach Hause. Ray hat mir geschrieben, dass es noch länger dauert.“ Ich frage nicht weiter und wir fahren zurück zu Rays Wohnung. Ich habe Sarah geschrieben, dass sie runter kommen soll. Als sie auf das Auto zukommt, sieht sie noch schlimmer aus, als zu dem Moment wie wir losgefahren sind. Ihr Auge ist noch blauer angelaufen. Sie setzt sich auf die Rückbank und fragt wo Ray ist. Es tut mir in der Seele weh ihr zu sagen, dass er noch immer alles klärt. Als wir zuhause angekommen sind, ist Conner zunächst in seine Wohnung gegangen. Ich habe Sarah bei mir einen neuen Kühlakku gegeben und ihr die Couch mit Kissen und Decke bequem gemacht. Ich nutze die Möglichkeit unter die Dusche zu springen. Das Wasser rasselt auf meinen Körper und ich fühle mich gleich viel besser. Meinen Kopf hebe ich und schaue mit geschlossenen Augen in den Duschstrahl. Ich möchte am liebsten die Dusche nie wieder verlassen. Nach etwa einer halben Stunde verlasse ich mit Handtusch bekleidet das Badezimmer und erschrecke. Conner steht direkt vor mir. „Conner.“ Stoße ich heraus. „Pssst.“ Conner legt sich den Finger auf seine Lippen und flüstert: „Sarah hat mich reingelassen und ist soeben eingeschlafen.“ Ich blicke kurz ins Wohnzimmer und sehe meine Schwester friedlich vor sich hin schlummern. In mir kommt ein Gefühl von Wärme. Ich drehe mich zu Conner und frage ihn ob er was von Ray gehört hat. Er schüttelt den Kopf. „Ich setze mich in die Küche“ sagt Conner. „Dann kannst du dich eben anziehen.“ Erst jetzt bemerke ich, dass ich ja nur ein Handtuch um mich habe und erröte. "Bediene dich ruhig. Nimm dir was zu trinken aus dem Kühlschrank.“ Sage ich und gehe ins Schlafzimmer um mir meine graue Jogginghose überzuwerfen sowie ein schwarzes, schulterfreies Tank Top. Ich gehe in die Küche und sehe Conner am Tisch sitzen. Er hat sich und mir ein Glas Wasser eingeschüttet. „Willst du deine Haare nicht föhnen?“ fragt er mich. „Nein. Ich möchte Sarah nicht wecken. Außerdem ist es eh viel zu warm.“ Antworte ich ihm. „Willst du Ray nicht anrufen?“ „Ray wird sich melden, sobald er wieder zuhause ist.“ „Und was machen wir jetzt?“ frage ich ihn. Er sieht mir an, dass ich nicht lange still sitzen bleiben kann und viel zu aufgedreht bin um Däumchen zu drehen. „Wie wäre es mit Essen? Unser zweisames Frühstück wurde ja unterbrochen und mittlerweile bekomme ich Hunger. “ Conner hat Recht. Wir haben heute noch nichts gegessen. Ich schaue auf die Küchenuhr und sehe, dass wir bereits 15:00 Uhr haben. Conner steht auf und kommt auf mich zu. Er streicht mit seiner Hand durch mein nasses Haar und ich lege meinen Kopf auf seine Brust. „Lass uns bestellen. Ich würde gerne hier bei Sarah bleiben.“ Sage ich in den Moment in dem Conners Handy klingelt. „Das ist Ray“ sagt er und nimmt ab. Conner hat das Handy auf laut gestellt, so dass ich alles mitbekomme. Er erzählt, dass Vivi gekommen ist und sie sich zu dritt unterhalten haben. „Die beiden sind krank.“ Sagt Ray. „Sie wollen das alles nicht verstehen und geben Lena und

Sarah die Schuld für alles.“ Ich höre gespannt zu wie Ray weiter spricht. „Ich habe Tereza eindeutig gesagt, dass sie Lena und Sarah nie wieder zu nahe treten soll und dass das Ganze zwischen uns aus ist. Sie hat fürchterlich geweint.“ Ray pausiert kurz. „Das Ganze geht nicht spurlos an mir vorbei. Wir waren drei Jahre zusammen und sind durch dick und dünn gegangen. Aber irgendwas hat sich geändert.“ „Wie kam es dazu, dass meine Schwester gestern bei dir übernachtet hat?“ frage ich dazwischen. Wahrscheinlich bemerkt Ray erst jetzt, dass ich das Gespräch die ganze Zeit mitgehört habe. „Wir haben seit letzter Woche immer wieder miteinander geschrieben und sie wollte bei mir vorbei kommen. Schauen, wie es mir nach dem Unfall geht.“ Plötzlich bemerke ich, dass Sarah in der Küchentür steht. Conner schaltet den Lautsprecher aus, nimmt das Handy ans Ohr und geht ins Wohnzimmer. „Wieso mischt du dich ein?“ fragt Sarah mich. Sie sieht wirklich übel aus. „Nicht, dass ich dir nicht dankbar bin. Aber wieso mischt du dich ein?“ „Ich bin deine Schwester Sarah. Natürlich mische ich mich ein, wenn dich jemand verletzt.“ „Mischt du dich nur ein wegen Tereza oder mischt du dich auch ein wegen Ray?“ Sarah setzt sich auf den Stuhl mir gegenüber. „Was? Wie meinst du das?“ Ich verstehe ihre Frage nicht. „Du hast etwas dagegen, dass etwas zwischen ihm und mir läuft.“ Soweit habe ich noch gar nicht nachgedacht. Erst jetzt denke ich über den Altersunterschied nach. Sarah ist drei Jahre jünger als ich und Ray älter als Conner. Außerdem ist er Tereza fremdgegangen mit Sarah. Sie hat Recht. Gutheißen kann ich das nicht. „Was genau läuft denn da zwischen euch?“ frage ich sie. „Ich… Ich weiß es nicht.“ Sarah senkt ihr Kinn und sieht nach unten. „Ich kann nicht aufhören an ihn zu denken. Ich kann nicht aufhören ihm zu schreiben. Ich wollte ihn gestern einfach sehen.“ Ich höre wie Conner sein Telefonat beendet und zu uns zurück in die Küche kommt. Um das Gespräch mit Sarah auf eine andere Bahn zu lenken sage ich: „Ich bin einfach nur froh, dass dir nicht mehr passiert ist.“ Sarah schaut mich an und ich sehe ihre Dankbarkeit nicht vor Conner über Ray zu sprechen. Sarah entschließt sich nach Hause zu wollen. Conner ist so lieb und fährt sie. Als er zurückkommt, bestellen wir uns etwas zu Essen, legen uns auf die Couch und machen den Fernseher an. Ich lehne meinen Kopf an seine Schulter und er nimmt mich in den Arm. „Was ist das zwischen uns?“ fragt er mich und erwischt mich unvorbereitet. Ich blicke zu ihm hoch und sehe in seine dunklen Augen. Mit diesen Augen fesselt er mich immer wieder aufs Neue. „Lass es uns langsam angehen.“ Sage ich und schaue zurück in Richtung Fernseher. Er küsst meine Stirn und ich spüre, wie er lächelt. Conners Handy liegt auf dem Wohnzimmertisch und beginnt zu vibrieren. Ich gehe davon aus, dass es Ray ist und erkenne, dass es sich nicht um seinen Namen im Display handelt. Nein. Ganz und gar nicht. Vivi ruft ihn an…

17 Ich starre nur auf sein Handy und warte darauf, dass er abnimmt. Es klingelt bereits zum vierten Mal und plötzlich löst Conner seinen Arm von mir. Ich wusste es. Er wird abnehmen. Der Albtraum ist noch nicht vorbei. Er beugt sich zu seinem Telefon vor und nimmt es in die Hand. Anstatt abzunehmen, drückt er weg. Innerlich feiere ich einen Triumph. Ich bin froh, dass er nicht abgenommen hat sondern sich wieder zurücklehnt und mich wieder in seine Arme schließt. Das Handy vibriert erneut. Er hat eine Nachricht erhalten. Ich warte darauf, dass er das Telefon nimmt und liest aber Conner schaut auf den Fernseher als hätte er nicht mitbekommen, dass er eine SMS bekommen hat. Es klingelt an der Tür. Das muss unser Essen sein. Ich springe von der Couch und öffne. Ich schnappe mir mein Portemonnaie aus der Tasche und nehme das Essen an. Als ich das Essen ins Wohnzimmer bringe, sehe ich wie Conner an seinem Handy zugange ist. Wahrscheinlich hat er nun Vivis Nachricht gelesen. Ich möchte nur zu gerne wissen, was sie ihm geschrieben hat. Da ich aber nicht neugierig wirken möchte, sage ich nichts sondern setze mich neben ihm und wünsche einen guten Appetit. Ich weiß nicht ob ich es mir einbilde aber Conner wirkt während des Essens abwesend. Immer wenn ich ihn etwas frage, braucht er länger um zu antworten. „Ist alles in Ordnung?“ frage ich ihn. Er nickt nur und isst weiter. Nach dem Essen steht Conner auf und sagt, dass er nach unten gehen wird. Ich gehe mit ihm zur Tür und blicke ihm in die Augen. „Möchtest du heute Nacht vielleicht hier schlafen?“ frage ich ihn erwartungsvoll. Er zögert mit seiner Antwort. „Sorry. Heute leider nicht. Ich muss noch was für die Schule vorbereiten.“ Conner nimmt mich in den Arm, küsst mich und verlässt meine Wohnung. Ich kann mir das alles nur einbilden aber nachdem er Vivis Nachricht gelesen hat, war er bedrückt. Mir bleibt nichts anderes übrig als alleine in meiner Wohnung zurück zu bleiben. Ich gebe zu, dass mir das gar nicht passt und ich enttäuscht bin. Ich nutze die Zeit um ein paar Gespräche zu tätigen. Ich rufe meine Schwester an um mich zu erkundigen wie es ihr geht. Sie wird sich für morgen einen Krankenschein holen und sich zuhause ausruhen. Anschließend rufe ich Larissa an um ihr zu erzählen was heute alles passiert ist. Ich habe auch nicht ausgelassen, dass ich die Nacht bei Conner verbracht hatte. Außerdem erzähle ich ihr von Vivis Nachricht. „Mensch Lena. Wenn diese Vivi noch im Rennen ist, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.“ Larissa lacht und versucht mich somit aufzumuntern. „Wir haben gestern alle im Pool gesehen, wie verrückt dieser Typ nach dir ist.“ Larissa hat sicherlich Recht und ich mache mir unnötige Gedanken. Nach dem Telefonat mit Larissa rufe ich Saskia an. Ich habe von ihr und Nicci seit unserem Mädelsabend nichts mehr gehört. Das Gespräch ist lang und wir erzählen uns wie die Woche verlaufen ist. Da ich einiges zu erzählen habe, sind wir nach einer Stunde noch immer nicht fertig. Saskia beschließt am Mittwoch mit Nicci bei mir vorbei zu kommen. Montag – Mad Monday again Morgens auf der Arbeit gehe ich zunächst an den Empfang zu Jody und bedanke mich noch einmal für die Einladung von Samstag.

Sie sieht mich entsetzt an und sagt: „Ich habe gehört was mit deiner Schwester passiert ist.“ Der Buschfunk scheint sehr gut zu funktionieren. „Woher?“ frage ich sie. „Nun ja. Ray hat es Manuela gesagt. Sie hat es Daisy erzählt. Die wiederrum Spencer und der mir.“ Der Buschfunk funktioniert wohl mehr als gut. „Was Tereza da getan hat ist das allerletzte.“ Sagt Jody und sieht mich an. „Wie geht es deiner Schwester?“ „Den Umständen entsprechend“ antworte ich ihr. „Jody ganz ehrlich. Wenn sie sich Sarah noch einmal nähern sollte, dann weiß ich nicht was passiert. Dann halte ich die Füße nicht mehr still.“ „Kann ich verstehen“ sag Jody mitleidig. „Ich geh dann mal ins Büro. Bin mal wieder spät dran.“ Verwundert muss ich feststellen, dass Spencer nicht da ist. Ich weiß sofort, dass etwas nicht stimmt. In den fünf Jahren ist es erst zwei Mal vorgekommen, dass er zu spät kam. Wenn er nicht kommen würde, hätte er mir längst eine Nachricht geschickt. Ich schmeiße meine Tasche in den Schrank und gehe zurück zu Jody. „Wo ist Spencer?“ ich sehe sie entsetzt an. „Als Spencer das heute Morgen von deiner Schwester gehört hatte, ist er sofort zu Tereza gefahren.“ Mein entsetztes Gesicht wandelt sich in ein fragendes. „Wieso das denn? Was hat er denn vor?“ „Ich gehe davon aus, dass er mit ihr reden wird.“ Jody zuckt mit den Schultern als wäre es das normalste der Welt. „Aber das hat Ray doch schon gestern getan. Wieso mischt Spencer sich ein?“ „Du weißt aber schon, dass Tereza Spencers Schwester ist?“ Was?? Ich glaube ich habe Jody falsch verstanden und frage nach: „Was??“ Spencer ist der Bruder von diesem Miststück?“ „Ja.“ Jody reagiert trocken. „Wusstest du das wirklich nicht?“ Nein. Das habe ich nicht gewusst. Ich wusste nicht einmal, dass er Geschwister hat. Ich merke, dass ich über meinen Arbeitskollegen bis vor einer Woche rein gar nichts wusste. Ich wünsche mir, dass sich das niemals geändert hätte. In mir entfacht eine erneute Wut...

18 Den Montag verbringe ich bis zum Mittag alleine im Büro. Spencer kommt erst gegen 14:00 Uhr ins Büro gehetzt. „Es tut mir leid Lena.“ Mit diesen Worten begrüßt er mich. Ich schaue ihn fragend an. „Was tut dir leid?“ „Das ich erst jetzt komme.“ Spencer scheint außer Puste. „Alles ok. Du hättest mir nur eine Nachricht schicken können. Ich habe dir ein paar Rückrufe auf den Tisch gelegt.“ „Ich war bei Tereza. Wegen der Sache mit Sarah.“ „Ja habe ich schon gehört“ sage ich ohne große Aufregung und stehe auf. „Ich würde dann jetzt zu Mittag mit Jody.“ „Bist du etwa wütend?“ Spencer kommt um den Schreibtisch herum zu mir. „Wütend? Nein wieso?“ Wahrscheinlich hat er gemerkt, dass ich einem tieferen Gespräch aus dem Weg gehe.

„Weiß nicht. Weil ich zu spät dran bin?“ „Ich bin nicht wütend Spencer. Ich wusste nur nicht, dass Tereza deine Schwester ist. Ich hatte keine Ahnung. Und was deine Schwester meiner Schwester angetan hat....“ Ich spreche viel zu schnell um nicht wütend zu wirken. „Wieso hast du mir das nicht viel eher gesagt? Wieso hast du im Garten nichts gesagt als sie auf mich los ist?“ „Ich bin zu dir und habe dich an die Schulter gefasst, wenn du dich erinnern kannst. Ich habe nichts gesagt, weil ich mich nicht einmischen wollte. Sie ist halt meine Schwester. Aber als ich erfahren habe, was sie getan hat, habe ich sofort gehandelt und bin zu ihr gefahren.“ Spencer steht vor mir an den Schrank angelehnt. „Ich stehe nicht hinter dem was sie gemacht hat. Ihr geht es schlecht. Die Trennung von Ray verkraftet sie nicht. Aber das ist kein Argument für das, was passiert ist.“ Ich danke Spencer für seine offene Art. Eigentlich ist er hier auf der Arbeit nicht so. Hier ist er eher still und zurückhaltend. „Spencer.“ Ich gehe einen weiteren Schritt auf ihn zu. Ich blicke ihm tief in die Augen. „Bitte verstehe mich nicht falsch. Aber kommt sie meiner Schwester noch einmal zu nahe, garantiere ich für nichts mehr.“ Mein Ernst in der Stimme ist Spencer nicht entgangen. „Das wird nie wieder passieren“ auch Spencer spricht nun mit einer tiefen, ernsten Stimme. Die Mittagspause verbringe ich mit Jody im Bistro. Wir unterhalten uns noch etwas über das verrückte Wochenende und meine Gedanken sind bei Conner. Er hat sich seit gestern Abend nicht mehr gemeldet. Ich starre dauerhaft auf mein Handy als wenn das etwas an der Situation ändern würde. Ich selber bin zu stolz mich als erste zu melden. Immerhin ist er gestern gegangen und war merkwürdig. „Lena?“ ich blicke zu Jody auf. Ganz in Gedanken habe ich ihr gar nicht mehr zugehört. „Alles ok?“ „Äh ja. Klar. War nur gerade in Gedanken verschwunden.“ Jody beginnt zu lachen. „Etwa in Gedanken bei Conner?“ Recht hat sie. Allerdings nicht so, wie sie gerade denkt. Ich lenke das Thema um. „Jody ich würde gerne morgen nur ungerne ins Fitnessstudio. Ich muss das Glück nicht herausfordern Tereza zu begegnen.“ Jody hat Verständnis und schlägt mir stattdessen vor eine Runde Joggen zu gehen. Das Wetter ist noch immer unglaublich gut und es ist eine gute Idee den Sport an die frische Luft zu verschieben. Der Rest des Montags verfliegt wie immer wie im Fluge. Nach Feierabend fahre ich nach Hause und traue meinen Augen nicht. Auf unserem Parkplatz steht ein Auto, welches ich vor nicht allzu langer Zeit bereits gesehen habe. Es ist das Auto von Vivi. Mein Magen dreht sich um und mein Herz schlägt bis zum Hals. Ich habe das Gefühl nicht mehr Atmen zu können. Das kann gerade nicht passieren. Das muss ein Traum sein. Ich schließe die Augen und schüttle meinen Kopf. Als ich die Augen öffne ist das Auto nochm immer da. Also kein Traum. Wie kann er mir das nur antun? Ich gerate in Panik und atme tief durch. Schnell steige ich aus dem Auto aus und verschließe es. Ich öffne die Haustür und hechte nach oben in die dritte Etage. Ich schelle an seiner Wohnungstür und mein Herz zerspringt beinahe aus meiner Brust. Ich Atme erneut tief durch um die Nerven nicht zu verlieren. Ich bin den Tränen nahe. Conner öffnet mir die Tür. Ich stehe zerbrechlich vor ihm und als ich in seine entsetzten Augen

schaue, kann ich meine Tränen nicht zurückhalten. Sie kullern meinen Wangen entlang. „Lena.“ Stößt Conner hervor. „Was …“ Im Hintergrund kommt Vivi hervor. Jetzt habe ich die Gewissheit. Was das zwischen uns ist hat er mich gestern noch gefragt. Jetzt weiß ich es. Er spielt nur mit mir. Ich kann meinen Blick nicht von Vivi trennen. Sie starrt mich regelrecht an. „Lena das kann ich erklären.“ Ich unterbreche Conner indem ich mit voller Wucht meine Hand aushole und ihm direkt eine verpasse. Es knallt ziemlich laut und er fasst sich direkt an die Wange. Ich renne die Treppen nach oben und krame während meines Spurts nach meinem Wohnungsschlüssel. „Lena!!“ höre ich Conner hinter mir schreien. „Warte!! Es ist nicht so wie du denkst.“ Conner schafft es nicht an mich ranzukommen bevor ich die Tür öffne und diese direkt vor seiner Nase zuschlage. Ich sinke an der Tür nach unten auf den Boden und kann nicht fassen, was soeben passiert ist. Conner klopft ununterbrochen an meiner Tür. Immer und immer wieder sagt er, dass er es erklären kann. Was will er mir erklären? Das er und Vivi nicht ohne einander können? Ich drücke meine Hände an meine Ohren. Ganz fest damit ich das Klopfen und seine Stimme nicht mehr hören muss. Seine Stimme wirkt nun dumpf. Durch meine zugehaltenen Ohren höre ich nur noch mein lautes Weinen und die Scherben meiner Selbst….

19 Wahrscheinlich sind schon 20 Minuten vergangen. Noch immer halte ich mir die Ohren zu. Mein lautes Weinen hat sich allmählich zu einem schluchzen entwickelt. Meine Kraft verlässt mich. Ich merke, dass das Klopfen an der Tür aufgehört hat. Wann, kann ich nicht sagen. Langsam nehme ich meine Hände von meinem Kopf und lasse sie in meinen Schoß fallen. Auch Conners Stimme ist nicht mehr zu hören. Immer wieder stelle ich mir die Frage was er nur getan hat. Warum er es getan hat. Warum?? Ich blicke vor mir in den Flur. Die Situation hier vorgekauert an der Tür zu sitzen ist noch gar nicht so lange her. Doch jetzt ist alles viel schlimmer. Nach weiteren fünf Minuten schaffe ich es mich von dem kalten Fußboden zu erheben. Ich muss dringend Larissa anrufen. Ich brauche dringend jemanden mit dem ich sprechen kann. Eine Nachricht von Conner: „Lena. Ich werde so lange vor deiner Tür sitzen, bis du mir zuhörst. Es ist nicht, wie du denkst und ich werde es dir erklären. Ich werde es dir persönlich erklären und dir dabei in die Augen schauen. Wenn du bereit bist, öffne endlich deine Tür.“ Das kann er doch nicht ernst meinen oder? Er wird doch nicht etwa im Hausflur die ganze Zeit auf mich gewartet haben? Ich drehe mich zur Tür und schaue durch den Spion. Ich kann Conner nicht sehen. Aber was ist, wenn er direkt vor der Tür sitzt? Dann würde ich ihn durch den Spion nicht sehen können. Ich entschließe mich die Tür nicht zu öffnen. Ob er dort sitzt oder nicht. Es ist mir egal. Naja zumindest sollte es mir egal sein. Ich gehe in die Küche und schaue auf die Uhr. Es ist 17:30 Uhr. Aus dem Kühlschrank hole ich die Wasserflasche und ich rufe meine Schwester an. Eigentlich wollte ich Larissa anrufen aber es könnte sein, dass Conner mich hören könnte. Schon wieder denke ich darüber nach ob er vor der Tür sitzt oder nicht. Meine Schwester erzählt mir, dass sie die gesamte Woche krankgeschrieben ist aber es ihr

schon viel besser als gestern geht. Als ich ihr davon erzähle, dass Spencer der Bruder von Tereza ist, wirkt sie gelassen. „Du lebst auch hinterm Mond oder?“ Sarah lacht. „Das weiß ich doch schon längst.“ Sarah ist nicht entgangen, dass ich zuvor geweint habe aber ich habe ihr geantwortet, dass ich es ihr später erkläre. Sie hat sofort verstanden und nicht weiter nachgefragt. Während des Gespräches mit ihr, schaue ich immer wieder ungewollt zur Wohnungstür. Nach dem Telefonat geht es mir schon etwas besser. Sarah hat mich auf andere Gedanken gebracht. Die Zeit vergeht bis 20:30 Uhr nur schleppend. Immer wieder schaue ich auf mein Handy und lese mir die Nachricht von Conner durch. „…Wenn du bereit bist, öffne endlich deine Tür“ Als ob ein Mensch 3 Stunden vor einer Tür sitzend wartet. Damit ich jedoch endlich Gewissheit habe und nicht ständig zu der Tür starre, gehe ich in den Flur und reiße die Tür mit voller Wucht auf. Mit dem was ich sehe habe ich nicht gerechnet. Conner fällt beinahe rückwärts in meine Wohnung und kann sich nur noch gerade eben festhalten. Er lehnt sich mit seinem Oberkörper in meine Richtung: „Gott sei Dank Lena.“ An seinem Gesicht hat sich mein Handabdruck rot gefärbt. Mein Schlag muss ziemlich heftig gewesen sein. „Ich dachte schon ich muss die ganze Nacht hier sitzen bleiben bis zu zur Arbeit fährst.“ Conner steht auf, fasst sich an den Rücken und stöhnt kurz auf. Ich glaube nicht was ich vor mir sehe. Er hat tatsächlich die ganze Zeit vor meiner Tür gesessen. Er hat tatsächlich gewartet, bis ich die Tür öffne. Wie angewurzelt stehe ich baff vor ihm. Schaue ihn an als wäre er ein Geist. „Können wir nun reden?“ fragt er und lächelt mich an. „Ja komm rein“ antworte ich und gehe voran ins Wohnzimmer. „Ich weiß wie das für dich ausgesehen haben muss.“ Conner setzt sich auf die Couch. „Setz dich zu mir.“ Wie auf Befehl setze ich mich neben ihm und schaue ihn an. Conner erzählt weiter: „Es ist aber nicht wie du denkst. Vivi hat mir gestern geschrieben, dass sie noch Sachen in meiner Wohnung hat die sie gerne abholen würde. Ich habe versucht sie zu ignorieren aber heute stand sie dann unangekündigt vor meiner Tür.“ In meinen Gedanken sehe ich Vivi wie sie in Conners Wohnung hinter ihm steht und mich anschaut. Ihr Blick war als wolle sie mir sagen, dass sie es geschafft hat. „Ich konnte sie schlecht draußen stehen lassen. Ich habe ihr gesagt, dass sie ihre Sachen nehmen und verschwinden soll. Ich wollte, dass sie geht und zwar für immer.“ Ich lasse Conner in Ruhe aussprechen und finde nur langsam meine Stimme zurück. „Und da lief nichts zwischen euch?“ traurig schaue ich ihn an. „Sie…“ Conner pausiert kurz. „Ich will ehrlich zu dir sein. Sie hat versucht mich zu küssen aber ich habe es nicht zugelassen. Die ganze Zeit während sie bei mir war habe ich nur an dich gedacht. Und dann stehst du auf einmal vor der Tür.“ In Conners Blick erkenne ich, dass er die Wahrheit sagt. „Oh mein Gott Conner…“ mir kommen die Tränen. „Es tut mir so leid. Ich bin so eine Idiotin. Ich habe mich aufgeführt wie…“ Conner unterbricht mich: „Wie eine wild gewordene Furie“ Er hält sich die Hand an die gerötete Wange und lacht. Ich halte mir die Hand vor dem Mund. „Es tut mir so unendlich leid.“ „Ist schon in Ordnung.“ Conner nimmt mich in den Arm und ich lehne meinen Kopf auf seine Schulter. „Wir sollten nur für das nächste Mal festhalten, dass wir erst reden, bevor du

wegläufst.“ Ich schäme mich für das was ich getan habe und bemerke, dass ich mich kindisch aufgeführt habe. Weglaufen schien für mich die beste Option aber im Nachhinein sehe ich ein, dass ich absolut überreagiert habe. Ich hebe meinen Kopf von seiner Schule und blicke ihm tief in die Augen. Er streift mir mit seiner Hand ein paar Haare aus meinem Gesicht. „Du hast die ganze Zeit vor der Tür gesessen.“ Ich kann es immer noch nicht fassen. „Ja.“ Sagt er und lächelt erneut. „Ich hätte die ganze Nacht dort gesessen. Das kannst du mir glauben.“ Conner küsst mich und ich lasse mich komplett fallen. Das alles war nur ein riesiges Missverständnis. Wie konnte ich diesem Mann nur misstrauen? Dieser Mann, der mir in den letzten Tagen so nah war. Während wir uns innig küssen setze ich mich auf seinen Schoß so dass ich ihm gegenüber bin. Seine Arme umfassen meine Taille und ich halte meine Hände an seinen Nacken. Ich streiche damit durch seinen Haaransatz. Nach unserem Kuss drücke ich meine Stirn gegen seine. „Es tut mir so unendlich leid.“ Ich halte mit meiner Hand seine gerötete Wange. „Wenn du dich immer so innig entschuldigst, freue ich mich auf jede weitere Entschuldigung von dir.“ Conner küsst mich erneut leidenschaftlich. „Würdest du denn heute Nacht bei mir schlafen?“ Ich blicke in seine haselnussbraunen Augen. „Ja.“ Antwortet Conner „Sehr gerne“ Während Conner unten in seiner Wohnung die Arbeitstasche für morgen packt und seine Sachen für morgen holt, bereite ich in der Küche ein paar Snacks für den kurzen Abend der uns noch bleibt zu. Ich schneide ein paar Paprikas, eine Gurke und Karotten und serviere sie in kleinen Schälchen auf dem Wohnzimmertisch. Ich zünde ein paar Kerzen an, welche verteilt im Wohnzimmer stehen. Als Conner an meiner Tür schellt, ist es, als ob ein lang ersehntes Date vor meiner Tür steht. Ich öffne ihm und er stellt seine Sachen im Flur ab. Ich führe ihn ins Wohnzimmer und zeige beinahe mit Stolz meine Vorbereitungen. Conner nimmt mich von hinten in den Arm und stützt sein Kinn auf meine Schulter. „Das ist wirklich lieb von dir.“ Er küsst meinen Nacken. Seine Hände sind vor meinem Bauch geschränkt. Ich halte seine Hände fest und schaue mit ihm durch das Wohnzimme. Das Kerzenlicht schafft eine romantische Atmosphäre. Es ist nichts Besonderes aber für diesen Moment perfekt. Ich drehe mich zu ihm um und schließe meine Augen. Ich nähere mich mit meinem Gesicht dem seinen und wir küssen uns. Seine warmen Lippen umzingeln meine und ich fühle mich wie immer in Hypnose. Seine Hände fahren unter mein Shirt und er streichelt meinen Rücken. „Ich weiß“ sagt Conner und noch immer sind seine Lippen meinen Nahe. Ich spüre seinen Atem. „Ich habe gesagt wir lassen es langsam angehen aber ich kann einfach nicht genug von dir bekommen…“