Albert-Schweitzer-Schule

Albert-Schweitzer-Schule Evaluation zur Einführung der Lehrerräume Evaluation zur Einführung der Lehrerräume an der Albert-Schweitzer-Realschule So...
Author: Hilke Schmitz
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Albert-Schweitzer-Schule

Evaluation zur Einführung der Lehrerräume

Evaluation zur Einführung der Lehrerräume an der Albert-Schweitzer-Realschule Solingen

Dr. Uwe Neugebauer Diplom - Psychologe Trankgasse 20 D-50667 Köln Tel. 0221-295 46 98 Email: [email protected] Köln, 17.10.2007

Evaluation zur Einführung der Lehrerräume an der Albert-Schweitzer-Schule in Solingen

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Hintergrund ............................................................................................................... 4 1.1 Kontext ................................................................................................................... 4 1.2 Umsetzung an der Albert-Schweitzer-Realschule......................................... 4

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Evaluationsdesign .................................................................................................... 5

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Ergebnisse vor Einführung des Lehrerraumprinzips ....................................... 6 3.1 Perspektive der Lehrkräfte ................................................................................. 6 3.2 Perspektive der Schüler/innen .......................................................................... 7 3.3 Zusammenfassung ................................................................................................ 8

4

Die Übergangsphase ................................................................................................ 8

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Ergebnisse nach Einführung des Lehrerraumprinzips ................................... 10 5.1 Perspektive der Lehrkräfte ............................................................................... 10 5.2 Perspektive der Schüler/innen ........................................................................ 13 5.3 Perspektive der Eltern ...................................................................................... 15 5.3 ................................................................................................................................... 15 6 Integration ............................................................................................................... 17 7

Ausblick .................................................................................................................... 21

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Evaluation zur Einführung der Lehrerräume an der Albert-Schweitzer-Realschule Solingen

Zusammenfassung Der Evaluationsbericht beschreibt die Erwartungen, Wirkungen und Prozesse bei der Umstellung vom Klassenraumprinzip zu einem Lehrerraumprinzip aus Sicht der verschiedenen Akteure einer Realschule. Das Lehrerraumprinzip ist in Ländern wie den USA, England oder auch Polen so verbreitet, wie es in Deutschland das Klassenraumprinzip ist. Beide Systeme bieten eine Reihe spezifischer Vor- und Nachteile, die bislang empirisch nicht hinterlegt wurden. Zweck der Evaluation ist die Optimierung des Überganges sowie die Unterstützung zur datenbasierten Entscheidungsfindung über die Beibehaltung des Lehrerraumprinzip oder die Rückkehr zum Klassenraumprinzip. Um diese Zwecke zu bedienen, wurde ein prä-post Design mit zeitnahen Rückmeldungen als formative Komponente realisiert. Als Methoden der Evaluation kamen vorwiegend standardisierte Fragebogen zum Einsatz, die durch Interviews und Gruppendiskussionen ergänzt wurden. Die Situation im Klassenraumprinzip war gekennzeichnet durch eine relativ hohe Zufriedenheit der Schüler/innen mit dem Status quo des Klassenraumprinzips sowie einer unauffälligen Prävalenz von Beschädigungen an Lernmaterialien und Vandalismus. Die Schüler/innen gestalteten ihre Klassenzimmer zusammen mit der Klassenlehrerin bzw. dem Klassenlehrer in einem eher geringen Ausmaß selbst. Erwartungen (Hoffnungen und Befürchtungen) an das Lehrerraumprinzip waren aus Perspektive der Lehrkräfte v.a. sauberere Räume und eine Abnahme des Vandalismus, eine höhere Individualisierung der Räume und eine Verbesserung der Unterrichtsqualität

durch

vermehrten

und

verbesserten

Medien-

und

Materialeinsatz. Die Schüler/innen befürchteten v.a. eine Abnahme des Zusammengehörigkeitsgefühls innerhalb des Klassenverbundes. Hauptergebnis nach einem guten halben Jahr Erprobungsphase ist eine deutliche Perspektivendivergenz; während die Lehrkräfte überwiegend bereits zufrieden mit dem

neuen

Lehrerraumprinzip

sind,

sind

die

Schüler/innen

und

Eltern

zurückhaltender und wünschen weitere Optimierungen.

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Hintergrund

Die Albert-Schweitzer-Realschule in Solingen stellte - vorerst zur Probe für das Schuljahr 2006/2007 - das Klassenraumkonzept auf ein Lehrerraumkonzept um. Hierbei sollte die Entscheidung zur Fortführung des Lehrerraumkonzeptes oder der Beibehaltung

eines

Klassenraumkonzeptes

auf

empirischer

Basis

erfolgen.

Schwerpunkt der externen Evaluation lag darauf, das Bestehende zu erfassen und die Auswirkungen der Umstellung zu identifizieren, um auf dieser Grundlage auch den Prozess des Überganges zu optimieren.

1.1 Kontext Das Lehrerraumkonzept ist in Ländern wie England, Polen und den USA üblich, wie es in Deutschland das Schülerraumkonzept ist. Beide Konzepte bieten eine Reihe von Vor- und Nachteilen, die im deutschsprachigen Raum bislang nicht systematisch aufgearbeitet und mit empirischen Daten hinterlegt wurden. Das Lehrerraumprinzip blieb in Deutschland bislang vereinzelt, und eine wissenschaftliche Analyse wurde nur intern und mit den dadurch begrenzten Ressourcen durchgeführt. So wurde z.B. an der Wilhelm-Kraft-Gesamtschule in Sprockhövel im Rahmen der Einführung des Lehrerraumprinzips im Schuljahr 2004/2005 für ein Jahr auf Probe eine interne Evaluation durchgeführt1, die zu einer insgesamt positiven Einschätzung durch das Lehrerkollegium kam: 85% der Lehrkräfte sprachen sich für eine Beibehaltung des Lehrerraumprinzips aus.

1.2 Umsetzung an der Albert-Schweitzer-Realschule Die Organisation der Umstellung zum Lehrerraumprinzip wurde durch eine Gruppe von Lehrkräften gestaltet. Als Leitlinien für die Raumverteilung wurde beschlossen:  Individuelle Wünsche sollten nach Möglichkeit berücksichtigt werden  Die bisherige Fachraum – Regelung blieb weitestgehend erhalten  Lehrkräfte mit hoher Stundenzahl bekamen eher alleine einen Raum, niedrige Stundenzahlen führten eher zu einer Raumteilung mit einer weiteren Lehrkraft

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Ich danke Frau Dr. Winekenstädde für die Unterlagen bzgl. der Evaluation.

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2 Evaluationsdesign Die

zwei

wesentlichen

Fragestellungen

sind,

auf welche

Akzeptanz das

Lehrerraumprinzip bei den verschiedenen Beteiligten und Betroffenen stößt und welche Wirkungen das Lehrerraumprinzip verursacht. Hierbei ist zu erfassen, welche Auswirkungen von den Akteuren angenommen werden. Diese Erwartungen sind auf ihren Grad der Zielerreichung zu bestimmen. Die Indikatoren, um die positiven und ggf. negativen Auswirkungen zu erfassen, mussten im Rahmen des Evaluationsprozesses ermittelt und umgesetzt werden. Als Instrumente wurden überwiegend standardisierte Fragebogen eingesetzt, ergänzt durch strukturierte qualitative Interviews bei ausgewählten Akteuren.

Abbildung 1: Erhebungsdesign, Beteiligte und Betroffene 5

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3 Ergebnisse vor Einführung des Lehrerraumprinzips Die Datengrundlage der ersten Erhebung - vor Einführung des Lehrerraumprinzips - im Juni 2006 bildete sich aus der Befragung mittels schriftlichen Fragebogens bei 27 Lehrkräften (77% der Lehrpersonen) sowie drei Klassen aus den Stufen 7, 8 und 9, die jeweils zufällig ausgewählt wurden. Hierdurch konnte die Meinung von insgesamt 82 Schüler/innen erhoben werden. Diese Daten wurden ergänzt durch Gespräche mit der Schülervertretung, mit der Hausmeisterin sowie mit dem Rektor und Konrektor der Schule. Im Folgenden werden die zentralen Ergebnisse wiedergegeben.

3.1 Perspektive der Lehrkräfte Der Fragebogen an die Lehrkräfte war in vier Bereiche unterteilt; im ersten Teil wurde erhoben, wie gut sich die Lehrkraft über die Änderung informiert fühlt. Dies erfolgte über eine fünfstufige Zustimmungsskala von „sehr gut informiert“ bis „gar nicht“. Hierbei zeigte sich, dass sich 88% der Lehrkräfte (sehr) gut informiert fühlen, und die weiteren 12% (3 Personen) immerhin „ausreichend“. Im zweiten Bereich wurde die Situation im Klassenraumprinzip über geschlossene Aussagen erhoben. Der dritte Bereich sollte Vermutungen zu möglichen Auswirkungen der Umstellung abfragen. Im vierten und letzten Bereich wurden mit sechs offenen Fragen weitere vermutete Auswirkungen und Veränderungen erfragt.

Die Situation im Klassenraumprinzip „Die Lehrkräfte müssen ihr Material zwischen den Räumen transportieren“. Die Relevanz dieser Aussage wird von der knappen Mehrheit (54%) der Lehrkräfte als (sehr) wichtig eingeschätzt., weitere 15% sehen die Relevanz als „mittel“ an. Als (sehr) zutreffend beurteilen 93% der Lehrkräfte die Aussage. „Die Lehrer – Beratungsgespräche mit einzelnen Schüler/innen sind zeitlich und räumlich kaum in der 5 – Minuten Pause durchführbar“. Knapp drei Viertel der Lehrkräfte empfinden diesen Aspekt als (sehr) wichtig. Dass die Beratungsgespräche nicht in der 6

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5 – Minuten Pause durchführbar sind, wird von 81% der Lehrkräften zugestimmt, während 7% dieser Aussage widersprechen (und 11% ein „teils/teils“ wählten). „Es gibt Unruhe / Streit in den 5 – Minuten Pausen im Gang und in den Räumen“. 38% der Lehrkräfte bewerten diese Aussage als „sehr wichtig“, weitere 19%, dass sie zumindest „wichtig“ sei. Dass diese Aussage überhaupt zutreffend ist, wird von 70% der Lehrkräfte genannt, während nur eine Person der Aussage „eher nicht“ zustimmt. „Die (Lern-) Plakate und Materialien werden beschädigt“. Die Relevanz der Aussage wird von 52% als (sehr) wichtig eingeschätzt, jeweils ein Viertel nennen die Wichtigkeit „mittel“ bzw. (eher) unwichtig. Knapp 30% der Lehrkräfte geben an, dass Plakate und Materialien beschädigt würden, während 41% nennen, dies treffe teilweise zu. „Nicht“ bzw. „gar nicht zutreffend“ wählen 30% der Befragten.

3.2 Perspektive der Schüler/innen „Schüler gestalten ihren Raum selber“: Diese Aussage wird mit 30% der Befragten am häufigsten mit „teils/teils“ bewertet. Allerdings ist knapp die Hälfte (48%) der Schüler/innen der Ansicht, dass die Schüler/innen z.Z. den Raum gestalten, und nur eine Minderheit von 22% lehnt die Aussage ab. „Es gibt Unruhe / Streit in den 5 – Minuten Pausen im Gang und in den Räumen“: Die Bestandsaufnahme zu einer der erwarteten Wirkungen. Unter dem Klassenraumprinzip sagen 13% der Schüler/innen, diese Aussage „trifft voll zu“, weitere 18% sagen, diese „trifft zu“. 32% der Befragten sagen, dies treffe „teils/teils“ zu. Dass Schäden und Beschmutzungen nicht selbstständig beseitigt werden, ist unter dem Klassenraumprinzip für 44% der Befragten zutreffend. 32% sagen, dies sei „teils/teils“ der Fall, 25% sagen, dies treffe (gar) nicht zu.

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Abbildung 2: Übersichtsgrafik Klassenraumprinzip und Vermutungen bzgl. Lehrerraumprinzip

4 Die Übergangsphase Um

die

Gestaltung

des

Wechsels

seit

der

Einführung

des

Lehrerraumprinzips und die dabei vordringlichen Herausforderungen zu erfassen, wurden die bisherigen Ergebnisse auf der Lehrerkonferenz am 20.9.2006 präsentiert. Neben einer mündlichen Abfrage wurden alle Lehrkräfte aufgefordert, ihre bisherigen Erfahrungen zu dokumentieren Erfolgserlebnisse Die meisten Befragten (79%) hatten Erfolgserlebnisse. Am häufigsten wurde genannt, dass Lehrmaterialien immer griffbereit seien, wodurch Stundendurchführung und Medieneinsatz erleichtert würden. Zweithäufigste Nennung war, dass durch den festen Raum die Lehrkräfte mehr Zeit zur Verfügung hätten. Diese wird für die Unterrichtsvor- bzw. Nachbereitung genutzt, sowie für kurze Gespräche mit Schüler/innen.

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Herausforderungen Herausforderungen sind nach Auffassung von 17 Befragten vorhanden (89%). Die meistgenannte Herausforderung ist die Unruhe auf den Fluren. Damit zusammenhängend wurde genannt, dass sich Lehrkräfte durch den Lärm gestört fühlen, wenn Kollegen/innen unpünktlich beginnen. Zudem wurde bemängelt, dass die Kommunikation zwischen den Lehrern eingeschränkt ist. Individualisierung des Lehrerraumes Auf die Frage, ob die Lehrer/innen ihren Raum individualisieren wollen, antworteten zwölf mit „Ja“ (63%), eine/r mit „Nein“ (5%), zwei mit „Weiß ich noch nicht“ (11%) und vier gaben keine Antwort (21%). Sechs Lehrer/innen bewerteten den bisherigen Grad der Individualisierung als „stark“ (32%), fünf als „ansatzweise“ (26%), eine/r als „kaum“ (5%), zwei als „gar nicht“(11%). Die Individualisierung wurde zumeist durch die Gestaltung der Wände und Räume erreicht. Die Wände wurden mit Postern, Plakaten, Karten, Schülerergebnissen, Bildern, Tafeln und neuem Anstrich versehen. Bei der individuellen Gestaltung der Räume spielen Sitzordnung, Blumen und Regale übergeordnete Rollen. Des weiteren wurde die Individualisierung durch Medienausstattung (CD-Player, Monitor und Videorecorder, PCs mit Software) erreicht. Auch Ordner und Kisten für die Freiarbeit spielten eine Rolle. Veränderungen bei den Schüler/innen Veränderungen bei den Schüler/innen wurden von 84% der Lehrer/innen beobachtet, 16% konnten keine Veränderungen feststellen. Am häufigsten wurde den Schüler/innen vermehrte Sauberkeit und Ordnung bescheinigt. Beinahe ebenso häufig wurde beobachtet, dass die Schüler durch die Umstellung weniger Zeit haben. Einige Lehrkräfte berichten ein positiveres Lernklima.

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5 Ergebnisse nach Einführung des Lehrerraumprinzips Nach der Einführung des Lehrerraumprinzips wurde die zweite Erhebung im ersten Halbjahr 2007 durchgeführt. Die Meinung von Lehrkräften, Schüler/innen und Eltern wurde mittels Fragebogen erhoben. Auf diese Weise wurden 21 Lehrkräfte (60% der Lehrpersonen), drei Klassen aus den Stufen 8, 9 und 10, welche den zuvor befragten Klassen 7, 8 und 9 entsprechen, sowie deren Eltern befragt. 81 Schüler/innen und 75 Eltern äußerten sich zum Thema.

5.1 Perspektive der Lehrkräfte Bei der ersten Erhebung wurden die Lehrkräfte aufgefordert, Hoffnungen, Befürchtungen oder ganz allgemein Erwartungen bezüglich der Umstellung zu formulieren und einzuschätzen. Bei dieser zweiten Erhebung wiederholen sich viele der Fragestellungen, jedoch können die Lehrkräfte nun aufgrund ihrer ersten Erfahrungen antworten. Auf diese Weise wird festgestellt, inwieweit sich Erwartungen (Hoffnungen und Befürchtungen) erfüllt haben.

Abbildung 3: Übersicht über die Veränderungen vor und nach Einführung des Lehrerraumprinzips. 10

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Die folgenden Aussagen wurden vor Einführung des Lehrerraumprinzips nicht zur Bewertung gegeben, daher können sie nicht mit der Erhebung zuvor verglichen werden. „Es stehen jetzt mehr Medien und Materialien zur Verfügung“. Mehr als zwei Drittel (71%) halten diese Aussage für „sehr zutreffend“ bzw. „eher zutreffend“, wobei die meisten Antworten (38%) in die Kategorie „eher zutreffend“ fallen. 14% fallen auf die Kategorie „teils/teils“, 10% auf „eher nicht“. Bei 85% aller Befragten stehen also zumindest teilweise mehr Medien und Materialien zur Verfügung. „Es werden jetzt mehr Medien eingesetzt“. Mehr als die Hälfte (52%) halten diese Aussage für „sehr“ bzw. „eher zutreffend“, wobei die meisten Antworten (29%) in die Kategorie „eher zutreffend“ fallen. 23% fallen auf die Kategorie „teils/teils“, 14% auf „eher nicht“ und 10% auf „gar nicht“. 76% aller Befragten setzen also zumindest teilweise mehr Medien und Materialien ein als vor der Umstellung. „Ich kann jetzt meine Unterrichtsform besser variieren“. Fast die Hälfte (48%) aller Lehrkräfte stimmt dieser Aussage zu, für jeweils 24% ist sie „sehr“ bzw. „eher zutreffend“. Für weitere 43% ist diese Aussage teilweise zutreffend, jeweils eine Person (5%) hält die Aussage für „eher nicht zutreffend“ oder „gar nicht zutreffend“. „Es kommt jetzt häufiger zu Konflikten zwischen den Schüler/innen“. 10% der Befragten geben an, dass es tatsächlich häufiger zu Konflikten kommt, 20% wählen ein „teils/teils“, die verbleibenden 70% halten die Aussage für „eher nicht zutreffend“ (25%) bzw. „gar nicht zutreffend“ (45%). „Die Lehrkräfte gehen jetzt seltener ins Lehrerzimmer“. Bezüglich dieser Aussage besteht weitestgehend Einigkeit, 33% bewertet sie mit „sehr zutreffend“, 48% mit „eher zutreffend“, 10% mit „teils/teils“ und jeweils 5% mit „eher nicht zutreffend“ bzw. „gar nicht zutreffend“. 81% der Befragten stimmt der Aussage zu. In Ergänzung zur den Aussagen wurden insgesamt sechs offene Fragen an die Lehrkräfte gestellt. Zwei der Fragen bezogen sich auf das Schülerverhalten hinsichtlich Sozialverhalten und Lernverhalten, zwei weitere Fragen bezogen sich auf das Lehrer/innenverhalten bzgl. Veränderungen im Unterricht und der Arbeitszufriedenheit. Die letzten beiden Fragen forderten dazu auf, weitere positive und negative Beobachtungen und Erfahrungen zu nennen. 11

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a) Veränderungen bei den Schülern/innen hinsichtlich ihres Sozialverhaltens Es wurden 16 Nennungen gemacht: Acht Nennungen erwähnen eine Verbesserung des Sozialverhaltens, drei eine Verschlechterung und fünf besagen, dass keine Veränderung stattgefunden hat. Als Beispiele für eine Verbesserung des Sozialverhaltens werden genannt: „benehmen sich als Gäste besser / rücksichtsvoller“, „nehmen mehr Rücksicht“, „ruhiger, weniger aggressiv“. b) Veränderungen bei den Schülern/innen hinsichtlich ihres Lernverhaltens Fünf Nennungen (36%) bescheinigen eine Verbesserung des Lernverhaltens, zwei eine Verschlechterung und sechs erwähnen ein unverändertes Lernverhalten. Als Beispiele für eine Verbesserung des Lernverhaltens werden genannt: „Anregende Gestaltung des Raumes erzeugt häufiger eine Fragehaltung bei Schüler/innen“, „Stunden beginnen trotz Raumwechsel meist pünktlich, Schüler/innen sind ausgeglichener, konzentriert durch kurze Bewegungsphase“. Als Beispiele für eine Verschlechterung des Lernverhaltens werden genannt: „Arbeitsmaterial häufiger nicht dabei“. c) Veränderungen bei den Lehrkräften hinsichtlich Didaktik Zu diesem Thema wurden 12 Nennungen gemacht, acht davon beschreiben positive Veränderungen: Das Lehrverhalten sei „durch Gruppentische besser“, „Es wird mehr Material eingesetzt“, „Lehrer fühlt sich wohler, kann schnell auf Medien zurückgreifen“, „Stundenvorbereitung z.B. durch frühzeitigen Tafelanschrieb erleichtert, Material“. Vier Nennungen besagen, dass „keine“ oder „wenig“ Veränderungen stattgefunden haben. d) Veränderungen bei den Lehrkräften hinsichtlich Arbeitszufriedenheit Es gibt 18 Nennungen zur Zufriedenheit mit der Arbeitssituation, 16 davon bescheinigen positive Veränderungen wie „Ich bin wesentlich entspannter“, „Mehr Heimatgefühl, zufriedener als vorher“, „man fühlt sich wohl in seinem Raum (Einrichtung, Blumen)“. Zwei Angaben besagen, dass es kaum/keine Veränderungen gegeben hat. e) Beobachtete zusätzliche positive Veränderungen: Es wurden 16 positive Veränderungen genannt. So z.B.: „Als Lehrer hat man weniger Hektik“, „Erholungsphase in den Pausen ist intensiver“, „habe immer etwas zu trinken im Raum, bin mittags nicht mehr so ausgetrocknet“, „kann Sachen deponieren“.

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f) Beobachtete zusätzliche negative Veränderungen Sechs Nennungen betreffen die Kommunikation der Lehrkräfte untereinander: „Das Lehrerzimmer ist in den Pausen leer, Abnahme kollegialer Gespräche“. Zwei Aussagen beziehen sich auf die Unruhe in den Fluren.

5.2 Perspektive der Schüler/innen Bei der ersten Erhebung wurden die Schüler/innen aufgefordert, Hoffnungen, Befürchtungen oder ganz allgemein Erwartungen bezüglich der Umstellung zu formulieren und einzuschätzen. Bei der zweiten Erhebung können die Schüler/innen nun auf Grundlage ihrer ersten Erfahrungen antworten.

Abbildung 4: Die Wirkungen aus Sicht der Schüler/innen.

„Unterrichtsergebnisse anderer Klassen können betrachtet werden und spornen mich an“. Diese Erwartung hat sich nicht bestätigt. Knapp 24% der Schüler/innen erwarteten, dass dieser Effekt eintreten würde. Nach der Umstellung stimmen nur noch 10% der Aussage zu, 63% lehnen die Aussage ab und 26% sind unentschieden. „Die Räume sind sauberer“. Die Lehrkräfte haben ausgesagt, die Räume seien nach der Umstellung deutlich sauberer. Wie bewerten nun die Schüler/innen diese Aussage? 13

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43% der Schüler/innen hatten vermutet, dass die Räume sauberer sein würden. 61% der Befragten bestätigen diese Vermutung nun. „Es kommt zu weniger Vandalismus / Beschädigungen“. Vor der Umstellung vermuteten 37% der Schüler/innen, dass Vandalismus und Beschädigungen zurückgehen werden. Nach der Umstellung halten 59% der Schüler/innen diese Aussage für (voll) zutreffend, mehr als die Hälfte der Befragten sind der Meinung, dass Vandalismus nachgelassen hat. Dass diese Aussage (gar) nicht zutrifft, geben 20% der Befragten an, vor der Umstellung waren es 35%. „Die Lehrer fühlen sich stärker für ihren Raum verantwortlich“. 77% der Schüler/innen vermuteten, dass dies so sein würde, was durch 80% Zustimmung nach der Umstellung bestätigt wird. 6% der Schüler/innen glaubten nicht an diesen Effekt, nach der Umstellung sagen 9%, dass die Lehrkräfte sich nicht stärker für ihren Raum verantwortlich fühlen. „Die Lehrer können den Raum schöner gestalten“. Diese Aussage ist einer der Punkte, bei denen die Erwartungen am stärksten von der beobachteten Realität abweichen. 40% der Schüler/innen vermuteten, dass die Lehrkräfte den Raum schöner gestalten würden, 30% verneinten diese Aussage. Nach der Umstellung stimmen 73% der Aussage zu, davon 51% „voll“. Nur 14% stimmen der Aussage nicht zu: Die Erwartungen sind nicht nur erfüllt, sondern übertroffen worden. „Das Gefühl einer Klassengemeinschaft ist geringer“. 58% der Schüler/innen hatten vermutet, dass durch den Verlust des Klassenraumes die Gemeinschaft schwinden würde. Dass dies so ist, bestätigen allerdings nur 21%, während 42% noch unentschieden sind. Zum Lernverhalten gibt es 64 Nennungen. 42 davon besagen, dass sich nichts geändert hat. 15 Nennungen bescheinigen eine Verbesserung des Lernverhaltens: „Ich bin aufmerksamer geworden“, „Ich bin in der Stunde konzentrierter als sonst (Bewegung!)“, „Mehr Ausdauer für das lange sitzen“, „Ich kann mich jetzt öfter besser auf den Unterricht konzentrieren“, „Man lernt besser, weil es mehr Medien gibt“. Vier Nennungen sind unentschieden oder bestätigen zwar eine Verbesserung im Lernverhalten, bezweifeln aber, dass diese Verbesserung mit dem Lehrerraumprinzip 14

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zusammenhängt. Drei bemängeln eine Verschlechterung: „eher gestörter, weil man sich nicht so gut konzentrieren kann“, „macht keinen großen Spaß weil man vom Laufen müde wird“, „schlechter“.

5.3 Perspektive der Eltern Der Fragebogen an die Eltern ist in zwei Bereiche unterteilt. Im ersten Bereich werden Beobachtungen zur Situation im Lehrerraumprinzip und beobachtete Veränderungen bei den Kindern erhoben. Im zweiten Bereich werden Veränderungen im Verhalten der Schüler erhoben. 75 Eltern beantworteten den Fragebogen. Die erste offene Frage untersucht, inwieweit bei den Kindern Veränderungen hinsichtlich des Sozialverhaltens festgestellt wurden. Hierzu gibt es 39 Antworten. 29 der Antworten besagen, dass es „keine“ Veränderungen gebe, das Sozialverhalten ist „unverändert“. Fünf Nennungen sprechen von einem negativen Einfluss der Umstellung: Eine „deutliche Wesensveränderung“ wird festgestellt, die Kinder seien „eher egoistischer“, die Situation hat sich eher „verschlechtert“. Fünf Nennungen berichten dagegen von positiven Effekten der Umstellung: Das Sozialverhalten „hat sich verbessert“, „ist bei meinem Sohn besser geworden seinen Mitschülern gegenüber“, „Hilfsbereitschaft durch das Zeigen von Räumen“. Einige Kinder erscheinen ihren Eltern „selbständiger, kontaktfreudiger“, sie haben „mehr Kontakt zu anderen Schülern“. Die zweite offene Frage untersucht, inwieweit bei den Kindern Veränderungen hinsichtlich des Lernverhaltens festgestellt wurden. Zu diesem Thema wurden 36 Antworten gegeben, zwei Drittel besagen, dass das Lernverhalten „unverändert“ sei, die Eltern haben („noch) keine Veränderung“ festgestellt. Fünf Aussagen (bescheinigen, dass das Lernverhalten „besser“ geworden ist, die Kinder „motivierter“ und „konzentrierter“ geworden sind: „das Lernverhältnis ist besser als in der Grundschule, besser geworden“. Negative Veränderungen haben sieben Eltern genannt, wovon die meisten mit der Hektik zu tun haben, die durch den Raumwechsel entsteht: „immer in Eile, vergisst Hausaufgaben aufzuschreiben“. Die dritte offene Frage untersucht, was allgemein an positiven Veränderungen bei den Schüler/innen bemerkt wurde. 15 positive Veränderungen werden genannt, 15

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während 19 Befragte angeben, dass „keine“ positiven Veränderungen beobachtet wurden. Viele der Nennungen thematisieren die zusätzliche Bewegung und die daraus resultierenden Effekte: „Bewegung auch in kleinen Pausen“, „durch die Bewegung zwischen den Stunden ausgeglichener!“. Weitere Aussagen heben die Pünktlichkeit der Lehrkräfte, Verfügbarkeit von Lehrmaterialien sowie die Sauberkeit der Räume hervor: „Die Lehrkräfte kommen nicht mehr zu spät“, „es sind mehr Lehrmaterialien schneller verfügbar“, „Die Lehrerräume sind persönlicher“. Die vierte Frage untersucht, was allgemein an negativen Veränderungen bemerkt wurde. Hierzu gibt es 22 Nennungen, die negative Veränderungen beschreiben, und 16, die „keine“ Veränderung beobachten. Viele Aussagen thematisieren den „Gepäcktransport“; es wird bemängelt, dass die Schüler/innen die Taschen transportieren müssen und in den Pausen keine Zeit zum Ausruhen mehr haben. Dadurch, dass „die Kinder immer zu den Räumen der Lehrer laufen müssen“ „werden zunehmend Sachen / Anziehsachen vergessen“, „mehr Material (z.B. Füller, Tasche) verloren“, es resultiert „eine größere Unruhe, kürzere Pausen“ und eine „größere Unausgeglichenheit“.

Abbildung 5: Überblick über die Perspektive der Eltern.

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6 Integration Ganz allgemein kann zunächst festgestellt werden, dass verschiedene Aspekte der Umstellung vom Klassenraumprinzip auf das Lehrerraumprinzip von den verschiedenen Beteiligten und Betroffenen unterschiedlich bewertet werden. Schon nach der ersten Erhebungswelle war abschätzbar, dass die Schüler/innen der Umstellung mit weniger Enthusiasmus entgegensahen als die Lehrkräfte. Dominierten bei den Lehrkräften positive Erwartungen und Hoffnungen, so waren es bei den Schüler/innen eher negative Erwartungen und Befürchtungen. Auf die Frage, wie zufrieden die Schülerinnen mit den neuen Lehrerräumen sind, wird mit der ganzen Bandbreite der Antwortmöglichkeiten, von „sehr zufrieden“ bis „sehr unzufrieden“ reagiert. Interessant ist ferner, dass viele Aspekte, die den Schüler/innen wichtig waren, von den Lehrkräften als „eher unwichtig“ eingeschätzt wurden („Die Klassen werden dann keinen festen `Lern- und Heimatort` mehr haben“, „Die Schüler/innen müssen dann ihr `Gepäck` zwischen den Räumen transportieren“). Selbst eine zentrale Befürchtung der Schüler/innen („Die Ausbildung einer Klassengemeinschaft wird dann erschwert“) wird von den Lehrkräften bezüglich ihrer Relevanz nur an achter Stelle eingeordnet. Die Aspekte, die von den Lehrkräften als „sehr wichtig“ eingestuft wurden, haben bis auf zwei („mehr Sauberkeit“, „weniger Vandalismus“) alle direkt mit der Situation der Lehrkräfte zu tun. Interessant ist nun zu sehen, wie sich die Situation für die beteiligten Personen nach der Umstellung auf das Lehrerraumprinzip entwickelt hat, und wie einzelne Aspekte bewertet werden, nachdem die ersten Erfahrungen mit den Lehrerräumen gesammelt wurden. Die zweite Erhebungswelle ermöglicht es, die Nennungen den folgenden Kategorien zuzuordnen.

Hoffnungen, die sich erfüllt haben Ein Punkt, über den sich fast alle einig sind, ist die Sauberkeit der Räume. Lehrkräfte und Schüler/innen stimmen darin überein, dass die Räume nach der Umstellung eindeutig sauberer sind. Auch kommt es nach Einschätzung beider Gruppen zu 17

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weniger Vandalismus und Zerstörung. Dies mag zum einen daran liegen, dass die Lehrkräfte den Raum ansprechend gestalten und sich daher stärker für einen Raum verantwortlich fühlen, was ebenfalls von beiden Gruppen eindeutig bestätigt wird. Da die Lehrkräfte häufig während der Pausen in den Räumen bleiben und die Räume auch verschlossen werden, besteht hier eine bessere Möglichkeit der Kontrolle. Außerdem fühlen sich die Schüler/innen nach Aussage einiger Lehrkräfte in den Lehrerräumen „zu Gast“, was ebenfalls eine verbesserte Einstellung zu Ordnung und Achtung des „fremden Besitzes“ bewirkt. Zusätzlich hat sich die Situation bezüglich der sich häufig verspätenden Lehrkräfte eindeutig dadurch gebessert, da nun die Schüler/innen und nicht die Lehrer die Räume besuchen. Dies wird von beiden Gruppen bestätigt: Die Lehrkräfte sind häufiger pünktlich im Unterrichtsbeginn. Es liegt nahe, einen Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass die Lehrkräfte nicht mehr pendeln müssen (Zustimmung 76%) und der Tatsache, dass die Lehrkräfte nicht mehr so häufig zu spät kommen, zu ziehen. Für die Lehrkräfte haben sich noch einige andere Hoffnungen erfüllt: Die allermeisten Lehrkräfte (jeweils 85%) bestätigen, dass sie nun einen festen Raum für Besprechungen haben und einen „Raum des Lernens“ individuell gestalten können. Das liegt daran, dass nun mehr Medien und Materialien zur Verfügung stehen (wird von 71% bestätigt) und diese auch genutzt werden, was von mehr als der Hälfte der Lehrkräfte und von der knappen Hälfte der Schüler/innen bestätigt wird. Auch die Befragung der Eltern bekräftigt dieses Bild. Ein Großteil der Eltern hat von ihren Kindern gehört, dass die Lehrkräfte nun einen festen Raum für Besprechungen und Vertretungsunterricht haben, und durch das Vorhandensein der benötigten Materialien „Räume des Lernens“ individuell gestaltet werden können. 76% der Eltern gehen davon aus, dass zumindest teilweise bzw. von einigen Lehrern auch mehr Materialien zur Unterrichtsgestaltung eingesetzt werden. Auch die Zufriedenheit der Lehrkräfte mit ihrer Arbeitssituation hat sich den Erwartungen entsprechend entwickelt: Die allermeisten Lehrkräfte sind jetzt sehr zufrieden, wenn sie es nicht vorher schon waren.

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Es ist schwer zu beurteilen, ob sich das Sozial- und Lernverhalten der Schüler/innen den Hoffnungen entsprechend verbessert hat, weil dieser Aspekt von den verschiedenen Gruppen sehr unterschiedlich bewertet wird. Beispielsweise bemerken die Lehrkräfte eine leichte Abnahme der Rangeleien auf den Fluren, wogegen die Schüler/innen eine leichte Zunahme beschreiben, was von deren Eltern wiederum nicht bestätigt wird. Die Aussagen zum Lernverhalten variieren ebenfalls stark und scheinen mehr auf individuelle Unterschiede bei den Schüler/innen hinzudeuten als auf eine allgemeine Verbesserung oder Verschlechterung der Situation. Während die Lehrkräfte überwiegend positive Veränderungen im Sozial- und Lernverhalten beschreiben („rücksichtsvoller“, „ruhiger“, „weniger aggressiv“, „entspannter“, „konzentrierter“), gibt es von Seiten der Eltern und Schüler/innen ungefähr gleich viele Nennungen zu positiven und negativen Veränderungen.

Hoffnungen, die sich (noch) nicht erfüllt haben Eine Hoffnung, die sich nicht in erwarteter Weise erfüllt hat, ist die, dass Unterrichtsergebnisse anderer Gruppen die Schüler/innen anspornen oder motivieren. Nach einem halben Jahr Probezeit sind Lehrkräfte bezüglich dieses Punktes ebenso wie Eltern und Schüler/innen zurückhaltender in ihrer Einschätzung, nur vereinzelt wirken die Unterrichtsergebnisse anderer Gruppen motivierend auf Schüler/innen. Die Hoffnung, Schüler/innen könnten im Lehrerraum besser lernen oder hätten mehr Spaß beim Lernen, hat sich aus Sicht der meisten Schüler/innen nicht bewahrheitet. Jeweils mehr als die Hälfte der Schüler/innen lehnen die Aussagen „Ich kann jetzt besser lernen“ und „Der Unterricht bringt mir jetzt mehr Spaß“ ebenso wie die Aussage „Der Unterricht der Lehrer ist jetzt besser“, ab. Untermauert wird diese Bewertung durch die Einschätzung, dass der Unterricht selbst sich nicht geändert hat, welche von 72% der Schüler/innen vertreten wird, obwohl fast 50% der Aussage zustimmen, dass „von den meisten Lehrern mehr Materialien / Medien eingesetzt“ werden. Bei den offenen Antworten ergibt sich ein etwas anderes Bild, 15 Nennungen bescheinigen eine Verbesserung des Lernverhaltens, und nur drei bemängeln eine Verschlechterung. Interessanterweise haben sehr viele Nennungen, sowohl bezüglich Verbesserungen wie Verschlechterungen, mit dem Aspekt der zusätzlichen 19

Evaluation zur Einführung der Lehrerräume an der Albert-Schweitzer-Realschule Solingen

Bewegung zu tun, auf den unter „Befürchtungen, die sich erfüllt haben“ noch einmal näher eingegangen wird. Während die meisten Befragten davon ausgingen, dass die Klassengemeinschaft durch die Umstellung leiden würde, hatten manche gehofft, sie würde stattdessen stärker. Nach der Umstellung finden 21% der Lehrer und 19% der Eltern, dass die Klassengemeinschaft stärker geworden ist, während 42% der Lehrkräfte und 43% der Eltern diese Aussage ablehnen und der Rest mit „teils/teils“ unentschieden ist.

Befürchtungen, die sich erfüllt haben Die Erwartung, dass die Schüler/innen ständig zwischen den Räumen pendeln müssen, wurde und wird unterschiedlich interpretiert und bewertet. Dass das Pendeln für die Schüler/innen zutreffend ist, darüber sind sich Schüler/innen, Eltern und Lehrkräfte einig. Von Seiten der Lehrkräfte wird das teilweise so ausgelegt, als ob die Schüler/innen dadurch ihren Bewegungsdrang befriedigen können und dadurch ruhiger und konzentrierter sind. Tatsächlich spiegelt sich diese Interpretation in einigen der offenen Nennungen der Schüler wider. Von den Schüler/innen wird betont, dass sie durch die Wanderungen mehr Kontakt mit unterschiedlichen Mitschüler/innen, auch aus anderen Klassen, haben. Viele Schüler/innen empfinden das Pendeln hingegen als Belastung. Die Unzufriedenheit der Schüler/innen mit der Situation rührt daher, dass sie sich gestresst fühlen: Der Erholungswert der Fünf-Minuten-Pausen geht verloren, es bleibt kaum Zeit, die Hausaufgaben aufzuschreiben, mit Mitschülern zu kommunizieren oder zur Toilette zu gehen, und es kommt zu Drängeleien und Auseinandersetzungen auf den Fluren, wenn die Lehrkraft zu spät kommt. Besonders von den Eltern werden die Schülerwanderungen deutlich kritisiert. Die bereits von den Schüler/innen bemängelten Punkte werden genannt, und es wird beklagt, dass die Schultaschen zu schwer sind, um sie ständig herumzutragen. Außerdem wird die Bewegungsfreiheit der Kinder eingeschränkt, Turnbeutel, Stifte, Jacken etc. werden vergessen und es kommt vermehrt zu Rückenschmerzen.

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Evaluation zur Einführung der Lehrerräume an der Albert-Schweitzer-Realschule Solingen

Befürchtungen, die sich nicht erfüllt haben Zentrale Befürchtungen seitens der Schüler/innen betrafen den Verlust der Klassengemeinschaft und den Verlust des „Lern- und Heimatortes“. 58% der Schüler/innen hatten vermutet, dass durch den Verlust des Klassenraumes die Gemeinschaft schwinden würde. Dass dies so ist, bestätigen lediglich 21%, während 42%

mit

„teils/teils“

noch

unentschieden

sind,

und

37%

sagen,

die

Klassengemeinschaft habe nicht gelitten. Bei den Lehrkräften sind 79% der Meinung, die Klassengemeinschaft habe nicht abgenommen. Und obwohl 58% der Eltern der Aussage zustimmen, dass „Die Klassen keinen festen „Lern- und Heimatort mehr“ haben, lehnen 47% die Aussage, die Klassengemeinschaft sei schwächer geworden, ab. Von Seiten der Lehrkräfte gab es Befürchtungen, dass die Raumteilung mit Kollegen zu Problemen führen könnte. Diese Befürchtung hat sich für die Mehrheit der Lehrkräfte nicht bestätigt. Jeweils ein Drittel geben an, diese Aussage sei eher nicht zutreffend bzw. gar nicht zutreffend. Auch das Auffinden von Schüler/innen ist nicht so problematisch wie befürchtet.

7 Ausblick Die Ergebnisse der Evaluation führten einstimmig zu dem Beschluss der Schulkonferenz, das Lehrerraumprinzip beizubehalten. Mittlerweile sind zusätzlich Mängel, die sich aus der Evaluation ergaben, beseitigt worden. Beispielsweise sind Spinde in den Fluren aufstellt worden. Auch die einheitliche Beschilderung verbesserte die Orientierungssituation. Zusätzlich wird über die Blockung zu Doppelstunden bzw. über eine andere Unterrichtsstundentaktung diskutiert.

Weitere Informationen erhalten Sie über den Autor oder die untersuchte Schule: Albert-Schweitzer-Schule, Frank Theis, Kornstraße 6, 42719 Solingen, 0212 / 599640, E-Mail: [email protected], Internet: www.ass-solingen.de 21