aktuell

Bildung und Lebensperspektiven für junge Menschen in Benin, Westafrika.

Nr. 08 | April 2009

Stärken. Bilden. Begleiten.

aus dem Inhalt: – – – – –

Rückblick Die Bäckerei Prüfung bestanden! Die Wirtschaftskrise Eine Schule für Midangbè

Es ist Osterzeit, das Frühjahr hat begonnen, die Fastenzeit ist vorüber. Vielleicht hat so mancher die vergangenen Wochen tatsächlich zum Fasten oder Abspecken genutzt, hat freiwillig nichts oder weniger gegessen und Verzicht geübt. Gänzlich unfreiwillig hungert derweil jeder achte Mensch auf der Welt. 16.000 Kinder sterben jeden Tag an den Folgen von Hunger – insgesamt sterben mehr Menschen an Hunger als an Aids, Malaria und Tuberkulose zusammen. Das ist die Realität, die durch die aktuelle, weltweite Wirtschaftskrise noch einmal verschlimmert wird. Auch eine Realität ist, dass in diesen Tagen in Dogbo die Ausbildungsbäckerei von pro dogbo eröffnet wird. Dann wird erstmals Brot in einer Region produziert, in der mehr als 200.000 Menschen leben. Zudem gibt die handwerkliche Ausbildung der jungen Menschen in der Bäckerei und der neuen Metallwerkstatt deren Zukunft eine gute Grundlage – denn Bildung kann einem Menschen nie mehr genommen werden. Darum ist das Ausbildungszentrum in mehrfacher Hinsicht ein Hoffungsschimmer für die Menschen in und um Dogbo: Neue Arbeitsplätze sind entstanden, neue Produkte werden hergestellt und junge Menschen ausgebildet. In Zeiten der weltweiten Krise wird hier ganz konkret in einer der ärmsten Regionen auch neue Zuversicht vermittelt - damit die Menschen neue Hoffnung schöpfen und vielleicht das unfreiwillige Hungern irgendwann ein Ende haben wird. Eine frohe Osterzeit wünscht Ihnen (Klaus van Briel)

Hintergrund

Zur Einweihung der pro dogbo-Bäckerei St. Helene kamen viele Ehrengäste aus Deutschland und Benin. Auf dem Foto von links nach rechts: Herr Krauss-Massey, Vertreter der deutschen Botschaft in Benin, die pro dogbo-Vorstandsmitglieder Josef Joeken und Elisabeth Steegmann, der Bürgermeister von Dogbo, Renate Joosten, Theo Brauer, Übersetzer Appolinaire Houessou, Rudi van Zoggel, der Polizeikommissar von Dogbo und Klaus van Briel.

Ein kleiner Rückblick auf ein ereignisreiches Jahr

Ausbildungszentrum eingeweiht Nach mehreren Jahren der Planung und Diskussion innerhalb und außerhalb des Vereins, hat pro dogbo im Frühjahr 2008 mit dem Bau des Ausbildungszentrums begonnen. Einige Monate später stehen zwei neue Gebäude in direkter Nachbarschaft des „alten“ Projekthauses in Dogbo. Dazwischen, eingerahmt von der Bäckerei und der Metallwerkstatt, haben die beiden 40-Fuß-Container einen dauerhaften Platz gefunden, die 2007 und 2008 mit Maschinen, Baumaterialien und dem Ofen für die Bäckerei auf den Weg nach Benin geschickt wurden. Dank des finanziellen Engagements von Karl und Maria Kisters, Anton Zylstra und Bernd Vos, konnte das Ausbildungszentrum in sechs Monaten Bauzeit ohne Probleme realisiert werden. So fand die feierliche Einweihung des Projektes am 21. März in Dogbo statt. An der Feier nahmen unter anderem der Klever Bürgermeister Theo Brauer, der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Kleve, Rudi van Zoggel, sowie das Ehepaar Joosten von der Karl- und Maria-Kisters-Stiftung für Aus- und Weiterbildung teil. Ehrengäste waren an diesem Tag ebenfalls der beninische Minister für Jugend und Sport sowie Vertreter des Familienministeriums und des Ministeriums für berufliche Ausbildung. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe von

pro dogbo aktuell.

Projektteam verstärkt Auch das Projektteam vor Ort hat sich 2008 vergrößert: Im Oktober hat Sozialarbeiterin Lidwine Akotangni die Arbeit aufgenommen und sich mit den Kindern und Jugendlichen schnell vertraut gemacht. Der neu eingestellte Programmleiter Derick Azé verstärkt nun die beninische Projektleitung, die im vergangenen Jahr von unserem Mitarbeiter Jules Tohountodé ausgeführt wurde. Pro dogbo stärkt, bildet und begleitet auf allen Ebenen: Wir in Deutschland lernen, dass unser deutsches Denken allein keine ausreichende Basis für erfolgreiche Entwicklungsarbeit in Afrika ist und dass unser Engagement immer nur ein Angebot sein kann, das partnerschaftlich

aktuell Nr.08/2009

umgesetzt werden muss, um nachhaltige Wirkung zu erzielen. Die beninischen Mitarbeiter in Dogbo erfahren, dass unser Angebot auch zur Konsequenz hat, dass man bereit ist, neue Wege zu gehen und eingefahrene Pfade zu verlassen. Die von pro dogbo geförderten Kinder und Jugendlichen werden nicht allein materiell in ihrer Bildung gefördert, sondern es werden ihnen auch – über verschiedene Kanäle – Werte beider Kulturen vermittelt. Es liegt am Ende an ihnen, sich diese zu nutze zu machen. Die familiäre Gemeinschaft zeichnet sich auf allen Ebenen von pro dogbo aus. Der Zusammenhalt im Projekt ist familiär. Gerade dies ist der kleine aber wichtige Unterschied zu vielen anderen Organisationen, die Ähnliches machen wie pro dogbo. Die Ursache dafür liegt im Ursprung von pro dogbo. Nicht der Verein und das Projekt waren zuerst da, sondern der Kontakt zur späteren Zielgruppe, zu den Jugendlichen. Daraus entwickelte sich alles weiter.

Ausbildung beendet Für seine Arbeit wurde pro dogbo im vergangenen Jahr vom WDR ausgezeichnet: Die besonders nachhaltige Form der Förderung war ein Hauptgrund für die Zusprechung des Sonderpreises im Rahmen der Verleihung des Kinderrechtepreises 2008. An Beispielen für die Nachhaltigkeit mangelt es nicht: Im Dezember wurde Landry Adote als ausgebildeter Fensterbauer losgesprochen. Am 10. Januar 2009 beendete Affiavi ihre Ausbildung zur Krankenschwester. Ein paar Tage zuvor erhielt Emile Tchidedji sein Diplom in Industrieinformatik mit Auszeichnung. Wilfrid Dahouè schloss seine Hotelerie/Gastronomie-Ausbildung ab. Pro dogbo stärkt und bildet. Nun ist es daran, diese jungen Menschen noch ein Stück weit zu begleiten, damit sie ins aktive Berufsleben einsteigen können. Das Projektteam in Dogbo, vor allem die Sozialarbeiterin, hat dies als eine ihrer Kernaufgaben erkannt. Affiavi hat bereits eine bezahlte Stelle. Bei anderen wird es nicht immer so leicht werden. Am Ende zählt aber vor allem die Eigeninitiative eines jeden. Alles Gute für 2009!

Einblicke

Der 12. Dezember 2008 geht in die Geschichte von pro dogbo ein: Es war Backtag!

Ein 150 Gramm schweres Wunder Es war wie ein kleines Wunder, als am 12. Dezember 2008 das erste frische Brot aus dem heißen Ofen der Bäckerei geholt wurde: Ein simples 150 Gramm schweres Brot stand am Ende der monatelangen, großen Anstrengungen in Deutschland und in Benin. Doch nicht zu unterschätzen ist die Tragweite, die Auswirkung, dieses Brotes für das Projekt in Dogbo und für Dogbo allgemein. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht, dass nun endlich die langersehnte Brotproduktion begonnen habe. Der Duft des Brotes zog noch während des Backens die ersten Frauen vor die Tore der Bäckerei. Sie wollten schauen, ob das, was sie da rochen, auch wirklich „ihr Brot“ sei. Die Bäcker belohnten die Frauen mit einigen der ersten in Dogbo gebackenen Brote. Als sie diese in den Händen hielten, war den Frauen der Stolz und die Freude anzusehen. Dieser Stolz über das „Brot aus Dogbo“ ist in der Stadt zu spüren. Noch nie gab es in Dogbo frisches Brot. Wenn es Brot gab, dann kam dies aus den Bäckereien der kilometerweit entfernten Nachbarstädte im Norden und Süden. „Danke für das Brot!“ rief mir ein Mann von seinem Moped aus in den Wagen, als wir an ihm vorüber fuhren. Und auch die sechs Lehrlinge, die sich über eine Ausbildung in der neuen Bäckerei freuen, sind stolz, dass sie es sind, die in Dogbo das neue, frische Brot produzieren.

1.200 verkaufte Brote Gleich am ersten Produktionstag konnten wir 1.200 Brote verkaufen. Doch der Bedarf war größer. Die geringe Stromspannung und andere organisatorische Probleme ermöglichten es uns jedoch nicht, gleich die volle Leistung zu fahren. Außerdem reiste Werner Schiess, ein erfahrenender Bäckermeister aus der Schweiz, erst im Januar an. Einen Monat lang arbeitete er in der Bäckerei von pro dogbo mit den Mitarbeitern. Seine Aufgabe war es, den jungen Betrieb so zu organisieren, dass sowohl die Ausbildung der Jugendlichen als auch die Produktion des Brotes reibungslos und effizient abläuft. Vermittelt wurde Schiess über die Schweizer Organisation „swisscontact“, die auch einen Großteil der Kosten übernahm.

Reibungsloser Ablauf Dass es während der gesamten Bauphase zu keinem Unfall kam, keine größeren Pannen oder Probleme aufgetreten sind, die unsere Planungen durcheinander hätten bringen können, ist ein besonders großes Glück. Hieran waren viele beteiligt: die Planer in Deutschland, das Projektteam in Benin sowie die Bauarbeiter und der Bauleiter vor Ort. Wie leicht hätte einer der Container vom LKW kippen können! Die zahlreichen Autowracks in den Straßengräben auf dem Weg nach Dogbo zeugen von der besonders hohen Unfallgefahr. Oder ein Schaden hätte bei den Maschinen entstehen können, beim Transport, beim Entladen, bei der Installierung! Gerade in Afrika ist kaum etwas wirklich vorhersehbar, planbar und kalkulierbar. Insofern ist die so reibungslose Abwicklung des Projektes ein wirklich großes Glück für pro dogbo. Oder gar eine göttliche Fügung? Der König von Dogbo hat auf jeden Fall sein Versprechen wahr gemacht, und ist alle zwei Wochen während der Bauphase zur Baustelle gekommen und hat sich über den Stand der Arbeiten informiert. Wenn es Probleme gab, wurden die besprochen. Er hat für die Bauarbeiter und das Projektteam jedes Mal vor Ort gebetet und seine spirituellen Zeremonien abgehalten. Ein herzliches Dankeschön an die Förderer des Ausbildungszentrums: Karl- und Maria-Kisters Stiftung für Aus- und Weiterbildung, Kleve Anton Zylstra, Kleve Bernd Vos/Firma Meradog, Wetten/Kevelaer Ottevanger Milling Engineers B.V., Aalten/Niederlande Brouwers GmbH, Kevelaer Reisch GmbH, Lingen Bäckerei Heicks & Teutenberg, Kleve Deutsche Steinzeug AG, Frechen Malermeister Josef Polders, Goch Compass Spedition GmbH, Emmerich Elektromaschinen Franz Douteil, Goch Hans Hussmann Elektrotechnik, Kleve Sparkasse Kleve

Kreative Brotsorten Der Experte leistete ganze Arbeit, stellte die Arbeitsorganisation um, so dass die beiden Bäcker nun jeweils in einer Schicht mit drei Lehrlingen arbeiten. Er ging über den lokalen Markt und schaute sich die dort vorhandenen Zutaten an – und schlug neue Brotsorten vor, die teilweise die beninischen Bäcker überraschten – aber auch überzeugten. So gab es bald ein süßes Brot mit Erdnussfüllung und ein Pfefferbrot. Die Bäcker und ihre sechs Lehrlinge waren schnell täglich im Einsatz. Werner Schiess ist mittlerweile abgereist und die Bäckerei offiziell eingeweiht. Jetzt ist es an den Beninern vor Ort, den Betrieb zum Erfolg zu führen. Erfolg bedeutet in diesem Fall, die Produktion von qualitativ guten Broten – im Interesse einer guten Berufsausbildung und einer Rentabilität des Betriebes.

Werner Schiess und Cedric sind stolz auf das erste Bäckereibrot.

3

Dankeschön-Notizen

Laufen für Benin

Die Schülerinnen und Schüler der Konrad-Adenauer-Hauptschule Kleve erliefen bei einem von ihrer Schule organisierten Sponsorenlauf stolze 5000 Euro für pro dogbo. Zusätzlich erliefen sie noch weitere 5000 Euro, die ihrer Schule zugute kommen. Pro dogbo sagt „Danke“ zu allen, die sich in dieser Sache engagiert haben!

Einblicke

Dreisprung zum Erfolg Der beninische Minister für Jugend und Sport lud Klaus van Briel, Vorsitzender von pro dogbo, in sein Ministerium ein. Er wollte über die aktuelle Situation der Jugend in Benin sprechen und ausloten, wie das Ministerium und pro dogbo gemeinsam an der Lage der jungen Menschen in Benin etwas ändern können. Es sind jedes Jahr etwa 200.000 junge Männer und Frauen, die in Benin neu auf den völlig überlasteten Arbeitsmarkt drängen. In dem kleinen westafrikanischen Land leben etwa sieben Millionen Menschen, fast die Hälfte davon ist unter 15 Jahre alt. Eine enorm junge Gesellschaft, in der es viel zu wenig bezahlte Arbeit gibt – dabei wäre so viel zu tun. Es fehlt nur das Geld, um die vielen Jungen und Mädchen zu beschäftigen

Ausbildung ist entscheidend

Pro dogbo-Mitglied Walter van Briel im Verkaufsstand des Vereins auf dem Weihnachtsmarkt am Schloss Moyland.

Stand für Benin

Pro dogbo präsentierte sich 2008 wieder mit einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt am Schloss Moyland in Bedburg-Hau. Neben Grasschmuck, den Frauen im Norden Benins herstellen, verkaufte pro dogbo Kunsthandwerk aus Benin. Ein Dankeschön an alle ehrenamtlichen Helfer!

Musik für Benin

Die Geschwister Lieckfeldt in der Klever Fugängerzone.

Moritz van Besel, Tobias Aymanns, Dennis Hartjes, Lea Sommerfeld und Katharina Boland spielten an jedem Adventssonntag in der Kevelaerer Innenstadt Weihnachtslieder auf ihren Blasinstrumenten. Den gesamten Erlös von spendeten sie pro dogbo. In Kleve spielten Paula (10) und Jasper Lieckfeldt (8) bereits zum zweiten Mal an den Adventswochenenden in der Fußgängerzone. Die Einnahmen spendeten sie an pro dogbo. Vielen Dank für den tollen Einsatz!

aktuell Nr.08/2009

Einig war man sich in der Einschätzung, dass die Ausbildung der jungen Menschen ganz entscheidend für deren weitere Zukunft ist. Doch die Jugendlichen brauchen eine intensive Berufsberatung, damit sie keine Ausbildungswege einschlagen, die zu keinem Ergebnis führen. Die Orientierung der jungen Menschen ist also ein ganz wesentlicher Faktor für den späteren Erfolg. Nach Abschluss der Ausbildung ist eine enge Begleitung der Jugendlichen notwendig, die einer Eingliederung ins aktive Berufsleben den Weg ebnet. Der „Dreisprung zum Erfolg“ ist demnach die Orientierung, die Ausbildung und die anschließende Begleitung – so die Meinung des Ministers und des pro dogbo-Vorsitzenden.

Besuch vor Ort Der Minister und van Briel diskutierten eine Zusammenarbeit zwischen Ministerium und pro dogbo auf dem Gebiet der Orientierung und der Eingliederung ins Berufsleben. Mittlerweile haben Vertreter des Ministerium das Projekt in Dogbo besucht, um die vor Ort geleistete Arbeit genauer kennenzulernen. Mit dabei war auch die Direktorin der Abteilung im Ministerium, die sich um die Eingliederung von Jugendlichen ins Berufsleben kümmert. Der Minister hatte sein Kommen zur Einweihung des Ausbildungszentrums angekündigt, weil er sich persönlich ein Bild von der Arbeit des Vereins machen wollte. Er musste jedoch kurzfristig absagen.

Klaus van Briel (links) zu Gast im Jugendministerium.

Schicksal

Die Zukunft beginnt für Affiavi, Emile, Wilfrid und Landry

Ausbildung abgeschlossen Vor dreieinhalb Jahren hat sie ihre Ausbildung zur Krankenschwester begonnen. Während dieser Zeit wurde sie von pro dogbo begleitet und unterstützt. Das Jahr 2009 ist für Affiavi eines der wichtigsten Jahre in ihrem Leben: die Zukunft beginnt! Die Prüfungskommission besteht aus lauter Männern, allesamt erfahren in ihrem Beruf: der Krankenpflege und der Medizin. Sie sind heute zusammengekommen, um darüber zu entscheiden, ob Affiavi ihre Ausbildung beendet hat oder ob sie noch ein Jahr lernen muss. Rechts neben dem Tisch der Jury ist ein zweiter, kleinerer Tisch aufgebaut – mit einer weißen Tischdecke dekoriert. Hier sitzt Affiavi in ihrer weißen Krankenschwesterkleidung und wirkt noch kleiner, als sie es sowieso schon ist. Die Aufregung ist ihr anzumerken – denn auf diesen Tag hat sie jahrelang hingearbeitet. In der kommenden Stunde soll sich entscheiden, ob sich die zahllosen Lehrstunden für sie gelohnt haben. Als ob die Situation nicht schon aufregend genug wäre, sitzen in dem kleinen stickigen Raum auch noch alle ihre Freunde, Onkel und Tanten. Alles in allem etwa gut 50 Leute, die sehen wollen, wie Affiavi die Fragen der Jury meistert. Dies trägt nicht unbedingt zur Beruhigung der Examenskandidatin bei.

„Beruhig’ dich doch!“ Die Prüfung beginnt mit einführenden Worten des Juryvorsitzenden. Dann hält Affiavi ein vorbereitetes Exposé über die Art und Weise der Behandlung eines Malariakranken. Sie atmet während des Sprechens nervös. Die Aufregung rinnt ihr in Schweißperlen von der Stirn. Wenn sie heute patzt, dann war die ganze Vorbereitung umsonst, schließlich ist das Festessen bereits vorbereitet und die kalten Getränke warten draußen in einer mit Eis gefüllten Tonne. Flüsternd, aber für alle hörbar, sagt eine Tante zu Affiavi „Beruhig’ dich doch!“. Viel hilft der Ratschlag nicht, doch ihr Vortrag ist bald beendet und die Jury beginnt ihre Fragen zu stellen. „Wodurch wird Malaria ausgelöst?“, „Wie kann man Malaria verhindern?“, „Wie behandelt man eine schwere Malaria?“ – die Jury lässt keine Frage aus und Affiavi beantwortet mal zögernd, mal ohne lange zu überlegen. Ob die Antworten richtig oder falsch sind, kann man der Jury nicht anmerken. Kommentare gibt es nicht. Die letzte Frage wird gestellt: „Man bringt einen alten, nackten Mann, der auf der Straße gefunden wurde, ins Krankenhaus. Sie sind die erste, die ihn auf der Station aufnimmt. Was ist Ihre erste Handlung?“, lautet die Frage, die Affiavi sichtlich irritiert. Sie überlegt und meint: „Ich werde seinen Blutdruck messen.“ Das Jurymitglied ist nicht zufrieden. Er hakt nach. Will wissen, was ihre allererste Handlung ist. Affiavi schweigt, will Fiebermessen oder seinen Puls fühlen. Doch was der Prüfer hören wollte, sagte sie nicht. „Man sieht, dass ihr doch noch einiges fehlt“, resümiert er und sagt Affiavi, dass sie doch sicherlich dem alten, nackten Mann zuerst ein Laken gebracht hätte, mit dem

er sich hätte zudecken können. Affiavi nickt, enttäuscht über die simple Antwort und darüber, dass sie nicht darauf gekommen ist. Die Prüfung ist beendet – die Kommission zieht sich zur Beratung zurück und verkündet nach 20 Minuten ihr Urteil

Dank an pro dogbo Affiavi hat bestanden – nicht glanzvoll – aber immerhin. Die Anspannung im Gesicht von Affiavi löst sich wie ein Krampf – nun lacht sie voller Freude; zum ersten Mal an diesem Tag. Sie ist erleichtert und glücklich, nicht versagt zu haben. Bevor sie nun vor der Jury ihren Krankenschwestereid ablegt, singt die ganze Gesellschaft, einschließlich Jury und Gästen, ein Freudenlied und tanzt durch den Raum. Dann der ernste Moment, in dem sie ihren Eid ablegt. Geschenke werden überreicht, Glückwünsche ausgesprochen. In ihrer Rede bedankt sie sich auch bei pro dogbo. Ohne die Förderung von pro dogbo stünde sie heute nicht vor der Jury, sagt sie. Drei Jahre lang hat pro dogbo der Vollwaisen die Ausbildung, die Unterkunft und die Verpflegung bezahlt. Affiavi, die noch vor Jahren ohne Ausbildung und ohne Schulabschluss war, ist drei Jahre später eine ausgebildete Krankenschwester mit Diplom und praktischer Erfahrung. Die Sozialarbeiterin von pro dogbo hat sogar eine erste bezahlte Stelle für Affiavi ausfindig gemacht. Drei Tage nach ihrer Prüfung beginnt sie mit der Arbeit.

Weg in die Selbstständigkeit Wie Affiavi so haben auch Wilfrid (Hotellerie/Gastronomie), Landry (Fenster- und Metallbau) und Emile (Industrieelektronik) ihre von pro dogbo geförderte Ausbildung abgeschlossen. So wie Affiavi wird pro dogbo auch sie auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit noch ein Stück weit begleiten.

Stolz nimmt Affiavi ihr Diplom entgegen.

5

Hintergrund

Seine Zukunft ist durch die weltweite Finanzkrise massiv bedroht. Denn die größten Opfer der Krise sind vermutlich die Menschen in den ohnehin schon ärmsten Ländern der Welt

Naturschaus

„Die Stimmen der Armen müssen Gehör finden!“

Finanzkrise bedroht Afrika Lange hatten sich die afrikanischen Führer und Finanzminister zurückgehalten. Die internationalen Finanzströme flossen und fließen an Afrika weitgehend vorbei, und so hofften sie, auch die große Krise aussitzen zu können. Doch inzwischen zeigt sich, dass die dramatischen Bremsspuren in den Ökonomien der industrialisierten Länder für den Süden nicht ohne Folgen bleiben. Der Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, korrigierte in Tansanias Regierungssitz Daressalam die weltweiten Wachstumserwartungen, die zuletzt noch bei 0,5 Prozent lagen, nach unten: „Die IWF-Experten erwarten 2009 ein Minuswachstum“, sagte er, „es ist die schlimmste Krise, mit der wir bisher zu tun hatten“. „Es geht nicht nur darum, Wirtschaftswachstum und Haushaltseinkommen zu sichern. Es geht auch um die Gefahren sozialer Unruhen, vielleicht sogar um Krieg“, prognostizierte Strauss-Kahn. Und so geht die Angst um. „Viele von uns auf dem Kontinent sind inzwischen tief besorgt, dass die Finanzkrise in eine humanitäre Katastrophe umschlagen könnte“, mahnte Tansanias Präsident Jakaya Kikwete. Die globale Rezession sei „die größte Bedrohung für die Entwicklung Afrikas in der jüngeren Geschichte“. 25 Prozent weniger Umsatz in den vergangenen Monaten hat der Hafen Cotonous in Benin gemeldet. Die Krise ist in Afrika angekommen

deutlich verbessert. Teil der Wahrheit ist aber auch, dass ein beträchtlicher Teil des Wachstums durch das rapide steigende Bevölkerungswachstum egalisiert wird. Befeuert werden die Sorgen der Afrikaner durch Berechnungen der Weltbank, wonach in den ärmsten Ländern der Welt, viele davon in Afrika, bis zu 50 Millionen Menschen auf absolutes Armutsniveau zurück geworfen werden könnten – mit den üblichen Begleiterscheinungen wie der Zunahme von Krankheiten, höherer Kindersterblichkeit und erneut sinkender Lebenserwartung. Der Währungsfonds bezifferte den Finanzbedarf der 22 bedürftigsten Länder der Welt auf mindestens 25 Milliarden Dollar zusätzlich, um zumindest den Status quo zu erhalten.

Die Ärmsten sind am meisten bedroht „Die am wenigsten entwickelten Länder könnten die am härtesten getroffenen Opfer einer Krise werden, die sie nicht verursacht haben“, sagte der frühere Generalsekretär Koffi Annan. Alle Entwicklungsländer zusammen erhielten derzeit etwa 100 Milliarden Dollar an Hilfen – während die US-Regierung allein ihre Finanzunternehmen mit deutlich höheren Hilfen ausgestattet habe. „Wir müssen sicherstellen, dass die Stimmen der Armen Gehör finden“, forderte der Chef des Währungsfonds, StraussKahn. (Quelle: Spiegel Online, eigene Recherchen)

Prognostizierter Schritt zurück Besorgt sind die Präsidenten und Finanzminister nicht zuletzt, weil sie ahnen, dass die Selbstverpflichtung der Industrieländer, ihre Entwicklungshilfe bis 2015 massiv zu erhöhen, eine drastische Korrektur erfahren wird. Bitter ist es zudem, weil eine Reihe von afrikanischen Ländern politisch und ökonomisch erkennbare Fortschritte zu verzeichnen hatten. Im Durchschnitt ist die Wirtschaft südlich der Sahara seit dem Jahr 2000 jährlich um über fünf Prozent gewachsen, die mit Abstand erfolgreichste Wachstumsphase in den vergangenen 40 Jahren. Die Inflation, vor 20 Jahren noch ein verbreitetes Problem, ist weitgehend unter Kontrolle. In vielen Ländern ist der Zugang zu Wasser, zu Bildung und zu Gesundheitseinrichtungen

aktuell Nr.08/2009

Benin zählt schon heute zu den ärmsten Ländern der Welt

spiel

Einblicke

Kooperation zwischen pro dogbo und dem Verein Weitblick e.V

Eine neue Schule für Midangbè Kein Strom, kein Wasser, kein Telefon: Das ist Midangbè. Ein Dorf, wie es tausendfach in Benin existiert. Man hat das Gefühl, die Zivilisation hinter sich zu lassen, wenn man die Kleinstadt Dogbo verlässt und auf die etwa acht Kilometer lange Piste Richtung Midangbè einbiegt. Rechts und links nichts als afrikanischer Busch und vor einem eine rote Sandstraße, die eigentlich nicht mehr als solche zu bezeichnen ist. Der sintflutartige Regen der vergangenen Saison hat die Piste einfach weggespült – der Geländewagen bahnt sich nur mühsam seinen Weg. So dauern die wenigen Kilometer auch fast eine Stunde. Dann aber steht man in einem belebten Dorf, das immer noch zum Gebiet der Kommune Dogbo gehört. Hier soll in den kommenden Monaten zusammen mit der Studenteninitiative Weitblick e.V. aus Münster ein neues Schulgebäude gebaut werden – denn die Kinder aus Midangbè sitzen zurzeit noch zum großen Teil unter Palmdächern oder dürftig aus Lehm gebauten Schulklassen, die einzustürzen drohen. Sobald es nach Regen aussieht, schickt der Direktor daher die Kinder schnell nach Hause, da die Gefahr für Leib und Leben zu gross ist. Das Blechdach bietet vielleicht Schutz vor dem Regen – kann aber dem oft heftigen Wind sicher nicht mehr lange Stand halten.

Drei Klassen und ein Büro Die „Weitblicker“ aus Münster haben sich daher entschieden, die Finanzierung des Neubaus zu übernehmen, der rund 30.000 Euro kosten wird. Dafür können drei Schulklassen und ein kleines Büro für den Direktor gebaut

werden. Die Tische und Bänke für die Kinder kosten pro Stück noch einmal etwa 40 Euro. Sie werden von ortsansässigen Schreinern hergestellt – wie auch das Schulgebäude von Maurern aus der Region gebaut wird, unter Aufsicht eines erfahrenen Bauleiters. Die Ausschreibung für die Vergabe des Auftrages läuft. In diesen Monaten soll mit den ersten Arbeiten begonnen werden. Wenn alles gut klappt, dann kann im September der Unterricht im neuen Gebäude für die etwa 100 Mädchen und 130 Jungen beginnen.

Ausführung durch pro dogbo Pro dogbo hat die Vorbereitung und Sicherung ordentlichen Ausführung des Projektes übernommen. Es ist nicht das erste Mal, dass pro dogbo ein solches Bauprojekt unterstützt. Im Jahr 2005 wurde in Zusammenarbeit mit einer französischen Studenteninitiative auf dem Gelände der weiterführenden Schule in Dogbo bereits ein Lehrsaal gebaut. Wie damals wurde das Projekt in enger Absprache mit dem Bürgermeister von Dogbo realisiert, da die Kommune der verantwortliche Träger der öffentlichen Schulen ist. In Midangbè ist der Bedarf besonders groß. Zwar erhält die Kommune Finanzmittel vom Staat für den Bau von Schulen, aber diese reichen bei weitem nicht aus, um in den 39 Dörfern der Kommune die notwendigen Klassenräume für die Mädchen und Jungen zu bauen.

Weitere Informationen rund um die Studenteninitiative weitblick e.V. im Internet unter www.weitblicker.org .

Dank der finanziellen Unterstützung des Vereins Weitblick kann die Lehmschule in Midangbè bald einem richtigen Gebäude weichen.

7

Bildung und Lebensperspektiven für junge Menschen in Benin, Westafrika.

Spenden auch Sie!

Stärken. Bilden. Begleiten.

Helfen Sie mit und gestalten Sie die Zukunft von Kindern und Jugendlichen in Benin. Mit Ihrer Spende, ganz gleich in welcher Höhe oder mit einer Patenschaft helfen Sie uns, unsere Arbeit weiter erfolgreich durchzuführen. Spenden sind per Überweisung auf eines unserer Konten möglich. Für Patenschaften und Spenden bietet pro dogbo folgende Modelle: Bilden. Ihre Spende in Höhe von einem bis 29 Euro fließt in den allgemeinen pro-dogbo-Spendentopf. Eine persönliche Patenschaft besteht nicht. Stärken. Bilden. Sie sichern einem Kind in Benin den Schulbesuch und den Lebensunterhalt. Der monatliche Betrag liegt zwischen 30 und 50 Euro. Stärken. Bilden Begleiten. Sie sichern den Schulbesuch, den Lebensunterhalt und garantieren darüber hinaus eine weitere qualifizierte Berufsausbildung des Jugendlichen. Diese Form stellt die Vollstufe der Patenschaft dar, der monatliche Betrag beginnt bei 50 Euro. Vielleicht veranstalten Sie aber auch ein Fest oder eine Aktion zugunsten von pro dogbo. Testamentarische Verfügungen oder Kondolenzspenden machen die Hilfe sogar über unser Leben hinaus möglich. Wir danken Ihnen schon jetzt für Ihre Unterstützung. Sparkasse Kleve Kto 526 1250, BLZ 324 500 00 Sparkasse Westmünsterland Kto 3515 7007, BLZ 401 545 30 Volksbank an der Niers Kto 46 0511 6014, BLZ 320 613 84 Für Ihre Spendenbescheinigung bitte Adresse im Verwendungszweck angeben. Online-Spende unter www.pro-dogbo.de möglich. Danke!

pro dogbo e.V. – Das Netzwerk

Der Vorstand

pro dogbo Geschäftsstelle Johannes Konigorski Wasserweg 8, 47533 Kleve Tel.: 0 28 21-1 81 16 [email protected]

pro dogbo Sauerland Carolin Kraft Auf der Renne 10, 59929 Alme Tel.: 0 29 64 - 5 29 [email protected]

pro dogbo Niederrhein Walter van Briel Graf-Otto-Str. 6, 47533 Kleve Tel.: 0 28 21 - 2 63 65 [email protected]

pro dogbo Benin Klaus van Briel ONG Projet Maison Dogbo BP 05 Dogbo/Benin Tel.: 0 02 29 - 22 46 31 35

pro dogbo Münsterland Elisabeth Steegmann und Hermann Depenbrock Billerbecker Straße 29 , 48653 Coesfeld Tel.: 0 25 41 - 7 17 34 [email protected]

pro dogbo im Internet: www.pro-dogbo.de pro dogbo per Email: [email protected]

Klaus van Briel Graf-Otto-Str. 6, 47533 Kleve Tel.: 0 28 21 - 2 63 65 [email protected] Elisabeth Steegmann Billerbecker Str. 29, 48653 Coesfeld Tel.: 0 25 41-7 17 34 [email protected] Josef Joeken Grenzallee 39, 47533 Kleve Tel.: 0 28 21-2 65 20 [email protected] Impressum Herausgeber: pro dogbo e.V. Redaktion: Klaus van Briel, Meike Spierings Fotos: Klaus van Briel, Clemens Oertelt, Alexander Kuhr, BMZ Druck: Wir danken der Firma Lonnemann GmbH aus Selm für den Druck.