Administrative Probleme der Ausgabensteuer

Administrative Probleme der Ausgabensteuer von Christian Trapp erstellt im Rahmen des betriebswirtschaftlichen Seminars zur Konsumbesteuerung an der ...
Author: Irma Salzmann
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Administrative Probleme der Ausgabensteuer von Christian Trapp

erstellt im Rahmen des betriebswirtschaftlichen Seminars zur Konsumbesteuerung an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft an der Universität Bielefeld im Wintersemester 1993/ 94

Christian Trapp: Administrative Probleme der Ausgabensteuer

Inhaltsverzeichnis

Seite Einleitung........................................................................................................................

3

1. Die allgemeine persönliche Besteuerung der Ausgaben – Idee und Anspruch.....................

4

2. Administrative Probleme der allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer............................

7

2.1 Konzeptionelle Verfahrenstechnische Probleme........................................................

8

2.1.1 Die Art der Besteuerung................................................................................

8

2.1.2 Die Art der Konsumermittlung........................................................................

9

2.1.3 Die Berechnung des Steuersatzes................................................................... 10 2.1.4 Steuerfreibeträge.......................................................................................... 10 2.1.5 Steuerbefreiung............................................................................................ 11 2.1.6 Die Steuererhebungsgrundlage...................................................................... 11 2.2 Verwaltungstechnische Probleme............................................................................ 12 2.2.1 Die Steuerpflichtigen.................................................................................... 13 2.2.2 Die Steuerbemessungsgrundlage..................................................................

13

2.2.2.1 Die Vermögensbestände................................................................. 14 2.2.2.2 Die Einnahme................................................................................ 14 2.2.2.3 Die Nettoverschuldung................................................................... 15 2.2.2.4 Die Nettoinvestitionen..................................................................... 16 2.2.2.5 Der Konsum................................................................................... 17 2.2.3 Die Periodisierung der Ausgaben................................................................... 18 2.3 Probleme bei der Implementierung einer Ausgabensteuer......................................... 18 2.3.1 Der vorgezogene Konsum............................................................................. 18 2.3.2 Konsum und Vermögen................................................................................ 19 2.3.3 Die Bargeldhortung...................................................................................... 19 2.3.4 Leistungsfähigkeit und Steuerpflicht – Die Armen............................................. 20 2.3.5 Die offene Volkswirtschaft............................................................................. 20 3. Schlußbetrachtung – Die Praktikabilität einer Ausgabenbesteuerung................................. 20 Literatur- und Quellenverzeichnis....................................................................................... 23

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Einleitung Steuern als Instrument zur Deckung der Ausgaben von Gemeinwesen gewannen mit der Entwicklung immer komplexer werdender Gesellschaftsorganisationen zunehmend an Bedeutung und stellen heutzutage die Hauptfinanzierungsquellen annähernd aller Gemeinwesen dar. Je vielfältiger die Aufgaben dieser Gemeinwesen wurden und je größer damit ihr Finanzbedarf wurde, desto mehr Bedeutung erfuhr die konkrete Ausgestaltung der Steuersysteme. Aus der Vielzahl möglicher und zum Teil auch realisierter Besteuerungsarten und -verfahren soll in dieser Arbeit eines herausgegriffen werden – die Besteuerung der privaten Ausgaben. Obwohl in der Literatur die allgemeine persönliche Besteuerung der Ausgaben privater Haushalte als im Sinn des Prinzips der steuerlichen Leistungsfähigkeit gerecht betrachtet und von einigen sogar als im Vergleich zur Besteuerung des Einkommens gerechter betrachtet wird, sind in keiner entwickelten Gesellschaft Systeme einer allgemeinen Ausgabenbesteuerung zu finden; Versuche, ein derartiges Steuersystem ansatzweise in Indien (von 1958-1962 und 1964-1966) und Ceylon (1959-1962 und 1977/ 78) zu etablieren, scheiterten. Warum? Dieser Frage soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Das Thema dieser Arbeit lautet „Administrative Probleme der Ausgabensteuer". Es wird sich zeigen, daß – unabhängig von der Diskussion über die Beurteilung einer Ausgabensteuer im Vergleich zur zumeist realisierten Einkommensbesteuerung – die Probleme, die die konkrete Ausgestaltung und Implementation eines Systems der allgemeinen persönlichen Ausgabenbesteuerung mit sich bringt, eine – wenn nicht die wesentliche – Begründung dafür liefern, weshalb eine ausschließliche oder doch überwiegende Besteuerung des privaten Konsums (bislang) nicht erfolgreich realisiert wurde; sie bedingen aber nicht zwangsläufig dessen Inpraktikabilität. Als administrative Probleme werden in dieser Arbeit sowohl verwaltungs- als auch verfahrenstechnische Probleme verstanden; dabei bezeichnen verfahrenstechnische Probleme solche Probleme, die sich bei der Implementation einer allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer ergeben, verwaltungstechnische Probleme solche, die sich auf die konkrete technische Umsetzung beziehen. Bevor auf diese administrativen Probleme der Ausgabenbesteuerung eingegangen werden kann, soll ein kurzer Überblick über die wesentlichen Grundlagen der allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer gegeben werden, um die Gründe für die anhaltende Diskussion dieser Art von Besteuerung aufzuzeigen

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1.

Die allgemeine persönliche Besteuerung der Ausgaben – Idee und Anspruch

Mit der Entwicklung moderner Gesellschaften wurden immer mehr vormals privat erbrachte Leistungen vom Staat übernommen1 und das Angebot an öffentlichen Gütern ausgeweitet2; damit stieg einerseits die Inanspruchnahme staatlicher Leistungen durch eine wachsende Anzahl von Bürgern, andererseits aber stiegen auch die Ausgaben des Staates stark an. So kam es in den entwickelten Staaten spätestens seit dem 18. Jahrhundert zum Aufbau umfassender Steuersysteme, um den zunehmenden Finanzbedarf des Staates zu decken3. Je mehr Menschen jedoch von der Steuerpflicht betroffen wurden und je stärker auch die finanzielle Inanspruchnahme des einzelnen Steuerpflichtigen wurde, desto mehr Gewicht erfuhr die Frage nach der Steuergerechtigkeit, also die Frage nach der gerechten Verteilung der Abgabenlast auf die Gesamtheit. Dabei beinhaltet der Begriff der Steuergerechtigkeit im wesentlichen zwei Aspekte: Steuerpflichtige in gleichen Positionen sollen gleich besteuert werden (sog. horizontale Gleichbehandlung), Steuerpflichtige in unterschiedlichen Positionen unterschiedlich behandelt werden (sog. vertikale Gleichbehandlung)4; bei dieser Definition bleibt aber offen, wie gleiche Positionen verschiedener Steuerpflichtiger gekennzeichnet sind, und wie sich Unterschiede in den Position zweier Steuerpflichtige auf deren individuelle Steuerpflicht auswirken sollen5. Da für einen Großteil der staatlichen Leistungen die Nutznießer entweder nicht eindeutig zu bestimmen sind6 oder aber diese nicht in der Lage sind, die dadurch entstehenden Kosten alleine zu tragen7, sollen Steuern nach dem Prinzip der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit erhoben werden; für die Verteilung der Steuerlast auf die Steuerpflichtigen soll es demnach ohne Belang sein, wer von den Leistungen des Staates profitiert, ausschlaggebend für die Besteuerung ist die (finanzielle) Leistungsfähigkeit des einzelnen8. Wie aber läßt sich die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen bestimmen?

1

so z.B. der gesamte Bereich der Sozialen Sicherung, vgl. W. Albers: Sozialpolitik, IV: In der Bundesrepublik Deutschland, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften (HdWW), hg. von Willi Albers u.a., Bd. 7, Stuttgart u.a., 1977, S. 110-130, hier S. 110

2

z.B. im Bereich der Infrastruktur

3

vgl. K. Fuchs und H. Raab: dtv-Wörterbuch zur Geschichte. Band 2, 3. Aufl., München, 1977, Stichwort »Steuer«

4

K. Schmidt: Grundprobleme der Besteuerung, in: Handbuch der Finanzwissenschaft (HdF), hg. von F. Neumark, Bd. 2, 3. Aufl., Tübingen, 1980, S. 119-171, hier S. 142 5

a.a.O.

6

als Folge des sog. Nicht-Ausschließbarkeits-Kriteriums öffentlicher Güter

7

vgl. die Systeme der Sozialen Sicherung und das ihnen zugrunde liegende Solidarprinzip, aber auch allgemeine Infrastrukturmaßnahmen oder Maßnahmen zum Umweltschutz

8

H. Zimmermann und K.-D. Henke: Finanzwissenschaft. Eine Einführung in die Lehre von der öffentlichen Finanzwirtschaft, 5. Aufl., München, 1987, S. 132 f. und D., Brümmerhoff.- Finanzwissenschaft, 4. Aufl., München/ Wien/ Oldenbourg, 1989, S. 232

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Als Bezugsgrößen für die Bestimmung der finanziellen (und damit steuerlichen) Leistungsfähigkeit privater Personen bzw. Haushalte könnten •

die Möglichkeit zum Mittelerwerb,



der verwirklichte Mittelerwerb,



die Möglichkeit zur Bedürfnisbefriedigung sowie



die verwirklichte Bedürfnisbefriedigung

herangezogen werden9. Abgesehen davon, daß die Möglichkeiten zum Mittelerwerb bzw. zur Bedürfnisbefriedigung zwischen den Haushalten aufgrund sozialer, soziologischer und psychologischer Gründe divergieren, lassen sich derartige individuelle Potentiale nicht erfassen, solange sie nicht zum Ausdruck kommen. Unterstellt man deshalb, daß die finanzielle Leistungsfähigkeit privater Haushalte in deren wirtschaftlichen Aktivitäten zum Ausdruck kommt, so bieten sich • die Einkommen der Haushalte als Ausdruck erbrachter Leistung und somit des verwirklichten Mittelerwerbs und/ oder •

die Ausgaben der Haushalte als die Verwendung des Einkommens zur Bedürfnisbefriedigung

als Indikatoren zur Bestimmung der individuellen Leistungsfähigkeit an10. Wird nicht das Einkommen der Haushalte sondern dessen Verwendung besteuert, so bezeichnet man diese Steuer als Ausgabensteuer; es werden also die Verbrauchsausgaben der privaten Haushalte besteuert11. Bei der für diese Arbeit relevanten allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer handelt es sich um eine direkte Steuer, d.h. im Gegensatz zu indirekten Verbrauchssteuern wird direkt die Verwendung des Einkommens zu Konsumzwecken besteuert12; sie werden direkt von den einzelnen Haushalten erhoben und sind somit direkte Personensteuern13. Allgemeine persönliche Ausgabensteuern, also die Erhebung von Steuern auf sämtliche Konsumausgaben, tragen nach allgemeiner Auffassung wie Einkommensteuern den individuellen Umständen der Haushalte Rechnung14. Nach Ansicht der Befürworter einer derartigen Besteuerung kommt in den Ausgaben der Haushalte deren individuelle Leistungsfähigkeit aber deutlicher zum

9

D. Schneider: Bezugsgrößen steuerlicher Leistungsfähigkeit und Vermögensbesteuerung, in: Finanzarchiv, hg. von N. Andel und F. Neumark, NF Bd. 37, Tübingen, 1979, S. 26-49, hier S. 27 10

vgl. D. Brümmerhoff.- Finanzwissenschaft .... S. 224 f.

11

H. C. Recktenwald: Wörterbuch der Wirtschaft, 11. Aufl., Stuttgart, 1990, S. 45, Stichwort »Ausgabensteuer, System der«; zu den verschiedenen Formen und Klassifizierungsmerkmalen der Ausgabensteuern vgl. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Bd. 2, 3. Aufl., Tübingen, 1985, S. 290-299 12

vgl. H. C. Recktenwald: Wörterbuch der Wirtschaft .... S. 45, Stichwort »Ausgabensteuer, System der«

13

R. E. Slitor: Administrative Aspects of Expenditures Taxation, in: R. A. Musgrave: Broad-Based Taxes. New Options and Sources, Baltimore, 1973, S. 227-263, hier S. 227 14

vgl. z.B. D. Brümmerhoff: Finanzwissenschaft..., S. 225

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Tragen als bei der Einkommensbesteuerung15; definiert man nämlich die finanzielle Leistungsfähigkeit des Haushalts als seine Möglichkeit, seine Bedürfnisse zu befriedigen, kommt diese in seinem Konsumniveau und nicht in der nominalen Größe seiner Einkünfte zum Ausdruck16. Somit müßten im Sinne einer Steuergerechtigkeit, die auf vergleichbare Einschränkungen in den Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung abzielt, die Ausgaben der Haushalte und nicht deren Einnahmen besteuert werden17. Die Gegenüberstellung von Ausgaben- und Einkommensbesteuerung und die Bewertung der beiden Besteuerungskonzepte erfolgt in der Literatur im wesentlich in Hinblick auf •

Fragen der steuerlichen Gerechtigkeit,



die ökonomischen Effizienz des gewählten Besteuerungsverfahrens, sowie



seine Praktikabilität18.

Dabei herrscht grundsätzliche Übereinstimmung darüber, daß ein realisiertes Besteuerungssystem drei fundamentalen Bedingungen genügen muß: 1. Es muß dem Staat erlauben, seine Ausgaben zu decken. 2. Es muß in dem Sinne „gerecht" sein, daß das Gesamtsteueraufkommen so auf die einzelnen Steuerpflichtigen verteilt wird, daß keiner übermäßig belastet wird (Grundsätze der Allgemeinheit, Gleichmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Besteuerung). 3. Es muß praktikabel sein, also den Grundsätzen der Systemhaftigkeit, Transparenz und Stetigkeit genügen19. Sowohl über die Besteuerung der Einkommen als auch über die Besteuerung der Ausgaben ließe sich ein dem Finanzbedarf des Staates entsprechendes Steueraufkommen realisieren. Sofern die besteuerbaren gesamtwirtschaftlichen Einkommen von den gesamtwirtschaftlichen Ausgaben abwiechen, würden bei gegebenem Finanzbedarf des Staates diese Unterschiede über die Steuersätze kompensiert werden können. Insofern ergeben sich keine großen Unterschiede zwischen beiden Besteuerungssystemen. Wie aber sind beide Systeme unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit zu bewerten? Folgt man dem Argument, daß die Leistungsfähigkeit eines Individuums in seinen Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung besteht, so ist unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit die

15

H. Zimmermann und K-D. Henke: Finanzwissenschaft .... S. 136; zu alternativen Begründungen für eine Ausgabensteuer vgl. R. A. Musgrave: Zur Wahl der "richtigen" Steuerbemessungsgrundlage – Eine historische Betrachtung –, in: Konsumorientierte Neuordnung des Steuersystems, hg. von M. Rose, Berlin u.a., 1991, S. 35-49, hier S. 40 ff. 16

a.a.0., S. 133 und D. Brümmerhoff.- Finanzwissenschaft .... S. 282

17

a.a.0.

18

R. Peffekoven: Zur Diskussion um die Ausgabensteuer, in: Wist Wirtschaftswissenschaftliches Studium, München und Frankfurt, Heft 11/November 1979, S. 512-517, hier S. 513

19

vgl. W. H. Wacker: Lexikon der deutschen und internationalen Besteuerung, z. Aufl., München,1982, S. 54, Stichwort »Ausgabensteuer«

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Besteuerung der Konsumausgaben (als dem Ausdruck dieser Leistungsfähigkeit) der Einkommensbesteuerung vorzuziehen; eine allgemeine persönliche Ausgabensteuer genügt dann den Grundsätzen der Allgemeinheit und Verhältnismäßigkeit der Besteuerung, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung wäre durch die konkrete Ausgestaltung der Steuerpflicht zu gewährleisten. Da dieser Standpunkt aber nicht von jedem geteilt werden muß, sondern sich auch Argumente dafür finden lassen, daß die individuelle Leistungsfähigkeit in den Einkommen verkörpert wird20, ist die Beantwortung der Frage, welches Besteuerungssystem steuerlich „gerechter" ist, von den individuellen Standpunkten abhängig und nicht eindeutig zu klären21. Auch was das Argument der ökonomischen Effizienz angeht lassen sich keine eindeutigen Aussagen machen. Die beiden wesentlichen wirtschaftspolitischen Erwartungen, die mit der Ausgabensteuer verknüpft werden – die konjunkturpolitische Wirkung der indirekten Sparförderung über die Steuerfreiheit der (Spar-)vermögen und ein verstärktes wirtschaftliches Wachstum durch die Nichtbesteuerung der nichtverkonsumierten Unternehmenserträge und die erhöhte Arbeitsbereitschaft der Arbeitnehmer, die aus der Entkoppelung von Einkommenshöhe und Steuerlast abgeleitet wird –,werden nicht automatisch durch die Einführung einer Ausgabensteuer erfüllt, sondern sind von äußeren Faktoren wie der individuellen Sparquote, der individuellen Arbeitsmotivation und den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig22. Bleibt die Frage nach der Praktikabilität einer Ausgabensteuer, die ja im Gegensatz zur Einkommenssteuer bislang noch in keinem Staat erfolgreich realisiert wurde. Praktikabilität – also die Durchführbarkeit – wiederum beinhaltet zwei Perspektiven: Die Durchführbarkeit der Besteuerung von Seiten der Finanzverwaltung – der Administration – und die gesellschaftspolitische Durchsetzbarkeit, also die Akzeptanz durch die Gesellschaft. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich im folgenden ausschließlich auf den ersten Aspekt, obwohl der zweite für das Scheitern der bislang einzigen Versuche mit einem derartigen Steuersystem in Indien und Ceylon nicht unerheblich gewesen sein dürfte23.

2.

Administrative Probleme der allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer

Im folgenden Kapitel sollen die administrativen Probleme, die mit der Einführung einer

20

in diesem Zusammenhang wäre z.B. auch grundsätzlich die Frage zu stellen, ob Sparen – also der nicht-verkonsumierte und deshalb bei einer Ausgabenbesteuerung nicht besteuerte Anteil am Einkommen – nicht auch selbst eine Bedürfnisbefriedigung beinhaltet, vgl. R. Peffekoven: Zur Diskussion .... S. 513 21

vgl. dazu z.B. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen .... S. 309-311

22

vgl. R. Peffekoven: Zur Diskussion .... S. 513 ff.

23

vgl. a.a.0., S. 516 f

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allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer, also der Besteuerung sämtlicher Konsumausgaben der Haushalte, verbunden sind, detaillierter betrachtet werden. Dabei werden die Probleme nach ihrer Dimension in verfahrenstechnische und verwaltungstechnische unterschieden. Abschließend werden die bedeutendsten Probleme, die sich unmittelbar im Zusammenhang mit der Implementation einer Ausgabensteuer ergeben, betrachtet.

2.1 Konzeptionelle Verfahrenstechnische Probleme

Als verfahrenstechnische Probleme werden in dieser Arbeit jene Probleme bezeichnet, die sich in Hinblick auf die Art der Erhebung und die Voraussetzungen, die für eine erfolgreiche Durchführung einer Ausgabenbesteuerung erfüllt sein müssen, ergeben. In diesem Abschnitt sollen zuerst grundsätzliche (konzeptionelle) Fragen über die Art der Erhebung angesprochen werden; Fragen bezüglich der notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Implementation einer Ausgabensteuer werden hingegen erst im Anschluß an die Betrachtung der verwaltungstechnischen Probleme in Abschnitt 2.3 erörtert, um den gesamten Problembereich von den konzeptionellen über die technischen hin zu den praktischen Problemen in sich konsistent zu betrachten.

2.1.1 Die Art der Besteuerung Grundsätzlich ließe sich eine Besteuerung der persönlichen Ausgaben auf zwei unterschiedlichen Wegen bewerkstelligen: 1. Über die grundsätzliche Besteuerung aller Güter und Dienstleistungen, also der Abschöpfung der Steuer beim Erwerb des einzelnen Gutes über den Kaufpreis (direkte Besteuerung), oder 2. über die Besteuerung der Ausgaben über die Einkommen, von denen bestimmte Freibeträge und Ausnahmen in Abzug gebracht werden (indirekte Besteuerung)24. Eine allgemeine und gleichmäßige Steuer auf alle Güter entspräche einer Proportionalbesteuerung der persönlichen Ausgaben25, die vergleichsweise „ärmere" Haushalte, deren Ausgabenanteil an ihren Einkommen (Konsumquote) wesentlich höher ist als der „reicherer" Haushalte, übermäßig stärker steuerlich belasten würde als eine proportionale Einkommensbesteuerung26; zudem wäre eine derart gestaltete Ausgabensteuer eine Objektsteuer und ließe im Gegensatz zur 24

vgl. N Kaldor: An Expenditure Tax, 5. Aufl., London, 1969, S. 191

25

diese Aussage vernachlässigt zwar die Unterscheidung zwischen Wert- und Mengensteuer, ihre Schlußfolgerung trifft tendentiell aber auch für die Mengensteuer zu; zu den Unterschieden vgl. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen .... S. 296 f. 26

vg1. N Kaldor: An Expenditure .... S. 191

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Einkommensteuer als Subjektsteuer die persönlichen Umstände der Steuerpflichtigen unberücksichtigt27. Deshalb müßten die Steuersätze zwischen den einzelnen Gütern variieren, wollte man bei Durchführung einer direkten Besteuerung den Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit – oder zumindest sozialer Ausgewogenheit – gerecht werden28; dies würde aber wiederum grundsätzliche Probleme hinsichtlich der Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichmäßigkeit mit sich bringen. Die indirekte Besteuerung der Ausgaben über die Einkommen würde demgegenüber zwar die Regressivität einer direkten Besteuerung vermeiden, bringt aber Probleme vor allem hinsichtlich der Bestimmung der Bemessungsgrundlage mit sich, auf die im Abschnitt „Verwaltungstechnische Probleme" eingegangen wird.

2.1.2 Die Art der Konsumermittlung Eng mit der Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Ausgabenbesteuerung verbunden ist die Art der Konsumermittlung für die einzelnen Haushalte. Auch hier sind grundsätzlich zwei Wege denkbar29: 1. Die direkte Konsumermittlung, bei der die individuellen Konsumausgaben durch Einzelbefragung der Haushalte ermittelt werden, und 2. die indirekte Konsumermittlung, die dem Verfahren der indirekten Besteuerung entspricht. Eine direkte Konsumermittlung wäre technisch sehr aufwendig, da einerseits jeder Haushalt seine Ausgaben protokollieren müßte und diese Daten dann von der Finanzverwaltung bei den Haushalten direkt erfragt werden müßten, andererseits die Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung, die dadurch gegeben sind, daß der Haushalt selbst die für ihn zutreffende Steuerbemessungsgrundlage angeben soll, eine effektive Kontrolle der einzelnen Angaben notwendig werden lassen30. Für die indirekte Konsumermittlung hingegen entstehen dieselben Problem wie für die indirekte Besteuerung, auf die, wie gesagt, im nächsten Abschnitt eingegangen wird. Allgemein wird in der Literatur als Alternative zur Einkommensteuer die indirekte Besteuerung auf Grundlage der indirekten Konsumermittlung propagiert, da die damit verbundenen verwaltungstechnischen Probleme als im Vergleich zu den konzeptionellen Problemen der direkten Besteuerung in Verbindung mit den technischen Problemen der direkten Konsumermittlung eher lösbar erscheinen.

27

vgl. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen .... S. 287 f.

28

vg1. a.a.0., S. 311

29

vgl. R. Peffekoven: Zur Diskussion .... S. 512

30

vgl. a.a.0.

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2.1.3 Die Berechnung des Steuersatzes Ein Problem, das eher psychologischer Natur ist, ergibt sich bei der Behandlung der Ausgabensteuer hinsichtlich ihres Ausgabencharakters31. Da auch die Begleichung der Steuerschuld selbst wieder eine Ausgabe bedingt, müßte sie zu den steuerpflichtigen Ausgaben hinzugerechnet werden, also in ihnen enthalten sein (sog. Bruttoveranlagung32). Da Ausgaben für Steuern aber von den Haushalten kaum als Konsumausgaben verstanden werden, und sie auch nicht der Bedürfnisbefriedigung dienen33, dürften sie dort auch nicht eingerechnet werden (sog. Nettoveranlagung34); da der Staat aber auf ein gewisses Steueraufkommen angewiesen ist, müßte der Steuersatz bei der Nettoveranlagung über dem bei Bruttoveranlagung liegen, um zum selben Gesamtsteueraufkommen zu führen. Hohe Steuersätze wiederum motivieren zur Steuerhinterziehung und -umgehung, deren Bekämpfung technische und gesellschaftspolitische Probleme35 mit sich bringt. Schon diese unterschiedlichen Möglichkeiten der Steuerveranlagung zeigen auf, daß bei einer allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer verwaltungstechnische Probleme in der Abgrenzung der Ausgaben, die der Bedürfnisbefriedigung dienen, und jenen, bei denen dies nicht der Fall ist, entstehen. Konzeptionell finden sich diese Probleme in der Bestimmung der Steuererhebungsgrundlage und der Frage der Gewährung von Steuerfreibeträgen und -befreiungen36.

2.1.4 Steuerfreibeträge Will man die gesamten Konsumausgaben unabhängig von der individuellen Ausgabenstruktur besteuern37, so müssen den Steuerpflichtigen auch in einem System der Ausgabenbesteuerung im Falle einer indirekten Besteuerung Steuerfreibeträge zur Existenzsicherung eingeräumt werden38, eine Steuerfreiheit bestimmter Ausgaben scheidet aus konzeptionellen und verwaltungstechnischen

31

vgl. a.a.0.

32

vgl. R Pefekoven: Zur Diskussion.., S. 512: Das Steueraufkommen ergäbe sich als: T = tB *(C + T) = C * mit tB = Steuersatz , T = Steueraufkommen und C = Konsumausgaben

tB 1–tB

33

im folgenden wird als Begründung für eine Ausgabensteuer nur noch der dieser Argumentation zugrundeliegende Aspekt der Steuergerechtigkeit betrachtet 34

vgl. R Pefekoven: Zur Diskussion.., S. 512: Das Steueraufkommen ergäbe sich als: T = tN *C mit tN = Steuersatz , T = Steueraufkommen und C = Konsumausgaben

35

man denke insbesondere an das Verhältnis zwischen Freiheitsrecht und Informationspflicht des Bürgers

36

vg1. zum folgenden auch R. E. Slitor: Administrative Aspects .... S. 248 ff.

37

vgl. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen..., S. 311 und S. 313

38

vgl. R. E. Slitor: Administrativ Aspects .... S. 232

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Gründen (Einzelnachweise erforderlich) aus39. Aus verwaltungstechnischer Sicht bleibt dabei das Problem, das nicht zu besteuernde Existenzminimum zu bestimmen. 2.1.5 Steuerbefreiungen Ausgaben von Personen, die weder über ein ausreichendes Einkommen noch über Vermögen verfügen, die ihre Ausgaben also zumeist aus staatlichen Zuwendungen finanzieren müssen, dürften aus Gründen der Systemhaftigkeit der Besteuerung nicht besteuert werden40. Da der Staat seine Zuwendungen wie z.B. Sozialhilfe, Wohngeld u.ä. an Größen des Mindestbedarfs und damit der Bedürftigkeit ausrichtet, kann er die von den Beziehern dieser Leistungen getätigten Ausgaben nicht besteuern, solange er diese Leistungen nicht um die entsprechenden Beträge zur Zahlung der Steuer erhöht; dieses aber würde dem Fürsorgeprinzip, wie es in dem sozialen Sicherungssystem nicht nur der Bundesrepublik Deutschland verankert ist41, widersprechen. Zu klären bliebe, ob sich die Steuerbefreiung über die Art des Einkommens (z.B. Sozialleistungen) oder die Art der Ausgaben (z.B. Kosten der medizinischen Versorgung) bestimmen sollte und wie sie entsprechend dem Grundsatz der Gleichheit und Allgemeinheit umzusetzen wäre42. 2.1.6 Die Steuererhebungsgrundlage Eine allgemeine persönliche Ausgabensteuer soll sämtliche individuellen Ausgaben zur Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse erfassen. Demnach wäre als erstes zwischen Konsumund anderen Ausgaben zu unterscheiden; wenn Bedürfnisbefriedigung nur im Konsum zum Ausdruck kommt, dürfen nur Konsumausgaben besteuert werden. Nun ließen sich aber auch in (nicht produzierenden) privaten Haushalten Teile des Konsums als Investitionen (z.B. in die eigene Arbeitskraft) verstehen, die somit nicht der verwirklichten Bedürfnisbefriedigung sondern der Ermöglichung zum Mittelerwerb und damit der Ermöglichung der Bedürfnisbefriedigung zuzurechnen wären43. Auch die Konsumausgaben ihrerseits müßten also differenziert werden, was bei der Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage zusätzliche Probleme aufwirft44. Aus konzeptioneller Sicht bedeutsamer aber ist der Rückgriff auf die Ausgaben des einzelnen Steuerpflichtigen. In einem ersten detaillierten Vorschlag zur Bestimmung der Steuerbemessungs-

39

vgl. R. Peffekoven: zur Diskussion..., S. 516

40

zur folgenden Argumentation siehe R. E. Slitor: Administrative Aspects .... S. 236 f. und S. 248 f

41

vgl. dazu z.B. B. Molitor: Soziale Sicherung, München, 1987, S. 9-14 und H. Lampert: Sozialpolitik, Berlin/Heidelberg/New York, 1980, S. 217 ff. 42

vg1. R. E. Slitor: Administrative Aspects..., S. 249

43

vgl. J. Mitschke: Über die Eignung von Einkommen, Konsum und Vermögen als Bemessungsgrundlagen der direkten Besteuerung. Eine meßtechnische Analyse, Berlin, 1976, S. 177 44

vg1. Abschnitt 2.2.1.4

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grundlage für eine allgemeine persönliche Ausgabensteuer hat Irving Fisher die individuelle Steuerschuld aus den individuellen Konsumauszahlungen bestimmt45. Da Auszahlungen aber nur die Veränderung des gesamten Zahlungsmittelbestandes wiedergeben, werden durch sie alle Transaktionen, die nicht über Zahlungsmittel abgewickelt werden, nicht erfaßt; dies betrifft z.B. den Eigenverbrauch von Konsumgüterproduzenten und den Verbrauch von Naturalentgelten, aber auch direkte Konsumkredite46, unabhängig davon, ob sie zur Bedürfnisbefriedigung beitragen oder nicht. Der Rückgriff auf die Auszahlungen führt aber auch direkt zu verwaltungstechnischen Fragen, die vor allem die Periodisierung der Ausgaben für langlebige Gebrauchsgüter betreffen47. Nicholas Kaldor hat Fishers Konzept dahingehend modifiziert, daß zusätzlich zu den Auszahlungen auch die Nettoverbindlichkeiten und damit die gesamten Konsumausgaben besteuert werden sollten48. Durch die Einbeziehung der Verbindlichkeiten werden nun zwar auch die indirekten Konsumkredite erfaßt, nicht aber direkte Konsumkredite und Schenkungen sofern sie Sachvermögenstransaktionen darstellen, obwohl sie ebenfalls zur Bedürfnisbefriedigung beitragen können. Auch dieses Problem wird im nun folgenden Kapitel ausführlicher erörtert.

2.2 Verwaltungstechnische Probleme Als verwaltungstechnische Probleme sollen im Gegensatz zu den verfahrenstechnischen Problemen, die sich aus grundsätzlichen Fragen der Konzeption und der Implementation ergeben, die Probleme bei der konkreten Ausgestaltung einer allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer bezeichnet werden; dabei handelt es sich im wesentlichen und Definitions- und Abgrenzungsfragen. Da die indirekte Ausgabenbesteuerung die Steuerschuld an den Ausgaben festmacht, werden Transaktionen erst dann steuerlich relevant, wenn sie den Geldvermögensbestand eines Haushaltes verändern. Dennoch müssen zur Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage auch Informationen über den Sachvermögensbestand erfaßt werden, um Steuerhinterziehung oder -umgehung zu vermeiden. Deshalb kommt der genauen Definition aller steuerlich relevanten Sachverhalte entscheidende Bedeutung zu.

2.2.1 Die Steuerpflichtigen Grundsätzlich müßten die Ausgabensteuern als persönliche allgemeine Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen selbst erhoben werden. Da jedoch die kleinste selbständige Wirtschaftseinheit der

45

vg1. I. Fisher und H. W. Fisher: Constructive Income Taxation. A Proposal for Reform, New York/ London, 1942, S. 8, zitiert nach J. Mitschke: Über die Eignung .... S. 177 f.

46

vg1. J. Mitschke: Über die Eignung..., S. 179-182

47

vgl. a.a.0, S. 179

48

vg1. N. Kaldor: An Expenditure Tax..., S. 192

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Haushalt ist (unabhängig von seiner Größe), auch auf dieser Ebene Entscheidungen über die individuellen Ausgaben getroffen werden, bietet es sich an, den einzelnen Haushalt als Steuerpflichtigen zu betrachten49, bei ihm also die Steuern zu erheben. Da sich Haushalte aber sowohl als Wohn-, als Einkommens- als auch als Konsumgemeinschaft definieren lassen50, stellt sich das Problem, bei Auseinanderfallen dieser drei Definitionen Kriterien zu entwickeln, nach denen man eine Konsumgemeinschaft identifizieren kann, um einerseits mögliche Doppelbesteuerungen zu vermeiden, andererseits Möglichkeiten zur Steuerumgehung, auf die im folgenden Abschnitt eingegangen wird, einzuschränken51.

2.2.2 Die Steuerbemessungsgrundlage In der Literatur wird – wie schon gesagt – die indirekte Besteuerung als Erhebungsverfahren für eine Ausgabensteuer propagiert, der Konsum soll indirekt aus der Veränderung der Nettoersparnisse und den Einkommen einer Periode bestimmt werden52. Grundsätzlich könnte die individuelle Steuerschuld jedes Steuerpflichtigen auf folgendem Wege bestimmt werden53: Bankguthaben am Anfang des Besteuerungszeitraumes + Einnahmen + Nettoverschuldung – Nettoinvestition – Bankguthaben Ende des Besteuerungszeitraumes = Konsum während des Besteuerungszeitraumes

Auch nach diesem allgemeinen Konzept zur Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage werden Transaktionen nur auf der Geldvermögensebene erfaßt, Veränderungen des Sachvermögens werden nur erfaßt, sofern sie Auswirkungen auf das Geldvermögen haben; auch werden mit den Bankguthaben und Einnahmen nicht alle möglichen Quellen von Ausgaben erfaßt, andere Vermögens- und Einkunftsformen werden nicht berücksichtigt. Hinter dieser Beschränkung auf die Geldvermögensebene verbirgt sich die Überzeugung, daß – Steuerehrlichkeit der Steuerpflichtigen vorausgesetzt – sich alle wirtschaftlich relevanten Transaktionen in Veränderungen des Geldvermögenbestandes niederschlagen; in dieser Beschränkung sind aber schon Möglichkeiten

49

vgl. R. Peffekoven: Zur Diskussion .... S. 512

50

vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Bd. 1, Gabler, Wiesbaden, 11. Aufl. (Taschenbuchausgabe), 1983, Sp. 2020 f., Stichwort »Haushalt« 51

vgl. R. E. Slitor: Administrative Aspects .... S. 235

52

deshalb erfolgt die folgende Betrachtung nur noch in Hinblick auf die indirekte Besteuerung

53

vgl. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen .... S. 313

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zur Steuerumgehung und -hinterziehung angelegt. Zudem ist die Definition der einzelnen Positionen nicht so eindeutig, wie sie auf den ersten Blick erscheint.

2.2.2.1 Die Vermögensbestände: Grundsätzlich müßten alle Vermögensbestände zu Beginn und zum Abschluß des Veranlagungszeitraumes erfaßt werden, weil sich in der Gesamtveränderung aller Vermögenspositionen das individuelle Ausgabenverhalten reflektiert54; demnach müßten also zusätzlich zu den Bankguthaben auch alle Bargeldbestände und andere Vermögensbestände wie z.B. Forderungen gegen Dritte und das Sachvermögen erfaßt werden. Würden Teile des Gesamtvermögens, die zur Tätigung von Ausgaben verfügbar sind, nicht erfaßt, so würden Ausgaben, die aus ihnen heraus getätigt werden, bei der indirekten Besteuerung nicht erfaßt und damit nicht besteuerbar. Diese Möglichkeit zur Steuerhinterziehung begründet einerseits das Interesse der Finanzverwaltung an der vollständigen Erfassung aller Vermögensbestände aller Haushalte, bedingt andererseits aber auch hohe Aufwendungen der Finanzverwaltung für die Kontrolle der von den Steuerpflichtigen ja selbst anzugebenden Vermögensbestände.

2.2.2.2 Die Einnahmen Wie der Begriff der Ausgaben bezieht sich auch der Begriff der Einnahmen nur auf die Geldvermögensebene. Als Einnahmen müßten alle Einkünfte des Steuerpflichtigen, also alle •

Gehalts- oder Lohneinkünfte



Dividenden und Zinserträge, sowohl aus Versicherungs- als auch aus Wert- und Rentenpapieren,



Gewinn- und Ertragsanteile,



Renten und Pensionen,



Geschäftsentnahmen,



alle sonstigen Vermögenszugänge und



erhaltene Kredittilgungen

sowie Kreditaufnahmen erfaßt werden55. Die Erfassung und Verfolgung all dieser Einkunftquellen ist verwaltungstechnisch aufwendig. Ein zusätzliches Problem stellt dabei die Berücksichtigung von Tauschvorgängen als Austausch von Sachleistungen dar, bei denen das erhaltene Gut zur 54

vgl. R. E. Slitor: Administrative Aspects..., S. 232

55

vgl. a.a.O., S. 233 f.

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zusätzlichen Bedürfnisbefriedigung beiträgt und daher besteuert werden müßte, da zu ihrer Erfassung und Kontrolle von den Steuerpflichtigen zusätzlich zum Nachweis über ihr Geldvermögen vollständige Bestandsverzeichnisse über ihre Vermögensgegenstände verlangt werden müßten, um Steuerumgehungen aus Sachvermögen zu verhindern56. Konzeptionell problematisch ist die Behandlung von Schenkungen, die in der obigen Auflistung unter sonstige Vermögenszugänge fallen. Schenkungen führen zu einer Verringerung des Vermögensbestandes beim Geber und zu einer Erhöhung des Vermögensbestandes beim Empfänger, ohne daß Forderungen daraus entstehen. Würde jede Verringerung des Vermögensbestandes als steuerpflichtige Ausgabe interpretiert, müsste die Schenkung beim Geber besteuert werden, obwohl sie nicht (zwangsläufig) zu seiner Bedürfnisbefriedigung beiträgt; ersetzt aber die Schenkung beim Empfänger, dem sie eine Bedürfnisbefriedigung ermöglicht, eine andernfalls von ihm selbst vorgenommene Ausgabe, wäre sie bei diesem zu besteuern; erhöht sich durch die Schenkung jedoch nur sein Vermögensbestand, müßte sie als Bestandteil der Nettoersparnis steuerfrei bleiben57. Ein zweites Problem bei der steuerlichen Behandlung von Schenkungen ergibt sich für den Fall, daß die Merkmale des Haushaltes als dem Steuerpflichtigen – Wohn-, Einkommens- und Konsumgemeinschaft – auseinanderfallen, da in diesem Fall Schenkung und Eigenverbrauch nur schwer voneinander zu unterscheiden sind58. Zudem bestände in diesem Fall in einem System abgestufter Ausgabenbesteuerung (Progression) die Möglichkeit, bei separater Veranlagung von zwei oder mehreren Mitgliedern eines Haushaltes die Ausgaben so zu verteilen, daß die Gesamtsteuerbelastung möglichst gering bleibt und damit die Möglichkeit, die Steuer teilweise zu umgehen59.

2.2.2.3 Die Nettoverschuldung Ähnliche Zuordnungsprobleme wie für die Schenkungen ergeben sich für Kredite. Da Kredite für den Kreditgeber Konsumverzicht zum Zeitpunkt der Kreditvergabe bedeutet, können Kredite beim Gläubiger nicht als Ausgaben besteuert werden; sie müßten demnach steuersystematisch den Nettoersparnissen zugerechnet werden. Eine gewisse Rechtfertigung findet sich in der Tatsache, daß Kredite i.d.R. verzinst zurückgezahlt werden und somit einen Vermögenszuwachs erzeugen. Zählen Kreditgewährungen aber für den Kreditgeber zu den nicht besteuerbaren Nettoersparnissen, könnten im Falle einer abgestuften Besteuerung Steuerpflichtige mit einem hohen Steuersatz analog zum bei den Schenkungen genannten Verfahren durch Kreditgewährung ihre Steuerschuld senken, indem der Schuldner statt des Gläubigers die Kreditsumme konsumiert und 56

vg1. R. Schwinger: Einkommens- und konsumorientierte Steuersysteme. Wirkungen auf Investition, Finanzierung und Rechnungslegung, Heidelberg, 1992, S. 228 f. und R. E. Slitor: Administrative Aspects..., S. 246 57

'vgl. R. E. Slitor: Administrative Aspects..., S. 242

58

vgl. a.a.0.

59

vg1. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen..., S. 315

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die damit erworbenen Güter dem Gläubiger überläßt60. Da aus den Krediten von den Kreditnehmern i.d.R. Ausgaben getätigt werden, müßten diese besteuert werden: errechnet man den Konsum während des Steuerveranlagungszeitraumes nach dem oben genannten allgemeinen Muster, so führt eine Kreditaufnahme zu einer Erhöhung der Nettoverschuldung und damit zu einer Erhöhung des steuerlich relevanten Konsums, die Rückzahlung hingegen zu einer Verringerung der Nettoverschuldung und damit zu einer Reduktion der besteuerbaren Konsumausgaben. Auf der anderen Seite bedingt auch die Tilgung des Kredites eine Ausgabe, die zwar nicht unmittelbar zur Bedürfnisbefriedigung führt, im Sinne der Vergleichbarkeit der Kreditfinanzierung und Miete oder Leasing trotzdem als der eigentliche Akt der Erwerbung aufgefaßt werden könnte61. Für kreditfinanzierte Ausgaben muß also der Zeitpunkt der Besteuerung eindeutig definiert werden, um eine mögliche Doppelbesteuerung zu vermeiden. Für Kredite ergibt sich analog zum Vermögen ein Problem hinsichtlich der für die Finanzverwaltung notwendigen Informationen: Um die Kreditvergabe verfolgen zu können, müßten die Kreditgeber vollständige Verzeichnisse über die von ihnen vergebenen Kredite offenlegen62; andernfalls würde eine Steuerumgehung durch direkte (Sach-)Kredite und (Sach-)tilgungen vergleichbar den Schenkungen erleichtert63.

2.2.2.4 Die Nettoinvestitionen Von den Gesamtausgaben eines Haushaltes, die er aus seinen Vermögensveränderungen und den laufenden Einkünften einschließlich der Nettoverschuldung finanziert, sind aus steuersystematischen Gründen die Nettoinvestitionen abzuziehen, da – wie bereits oben angesprochen – ein gewisser Teil des Konsums nicht der direkten Bedürfnisbefriedigung im Sinne von „Freudengewinn" sondern der „notwendigen Substanzerhaltung" dient; diesem Zweck könnten die schon oben angesprochenen Steuerfreibeträge dienen. Problematisch ist jedoch die Abgrenzung der privaten Konsumausgaben von den privaten Investitionen, da Güter oftmals sowohl der persönlichen Bedürfnisbefriedigung als auch der wirtschaftlichen Verwertbarkeit dienen können64. Lassen sich diese beiden Aspekte schon bei materiellen Gütern im Einzelfall nur schwer voneinander trennen65 so tritt dieses Problem erst recht bei immateriellen Güter wie z.B. die Bildung auf66.

60

vgl. R. Peffekoven: Zur Diskussion .... S. 516

61

vgl. R. E. Slitor: Administrative Aspects .... S. 241; vgl. auch R. Schwinger: Einkommens- und konsumorientierte Steuersysteme .... S. 231 62 vg1. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen..., S. 314 63 vgl. R. E. Slitor: Administrative Aspects .... S. 247 64 65 66

R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen .... S. 315 vgl. R. E. Slitor: Administrative Aspects .... S. 247 vgl. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen .... S. 315

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2.2.2.5 Der Konsum Nach der allgemeinen Form zur Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage ergibt sich der steuerlich relevante Konsum in einem Veranlagungszeitraum als Saldo aus der Summe der Nettovermögensänderung, der laufenden Einnahmen und der Nettoverschuldung einerseits und der Nettoinvestitionen andererseits. Dieser Saldo enthält aber nicht nur Konsumausgaben, die der Bedürfnisbefriedigung dienen und damit besteuert werden sollen, sondern auch Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen selber keine Bedürfnisbefriedigung bringen. Dazu zählen z.B. -

geleisteten Geldgeschenke, -zuweisungen und Spenden,

-

Steuerzahlungen infolge konkurrierender Steuerarten,

-

Gebühren und Beiträge sowie

-

jede Art von Strafgeldern.

Bei ihnen handelt es sich um Ausgaben, die (zumeist) mit keiner (direkten) Bedürfnisbefriedigung verbunden sind; deshalb müßten derartige Ausgaben von der Steuer absetzbar sein67. Insbesondere für den Fall, daß die Ausgabenbesteuerung nicht als Ersatz sondern als Ergänzung eines anderen Steuersystems dient, ergeben sich aber Probleme in Hinsicht auf die Absetzbarkeit insbesondere der Ausgaben für andere Steuerschulden: Ausgaben zur Begleichung anderer Steuerschulden müßten im Einzelfall daraufhin untersucht werden, ob sie schon zuvor abgesetzt oder in anderer Form in Abzug gebracht worden sind68 und Ausgaben aufgrund indirekter Steuern zur Bestimmung der Absetzbarkeit danach unterschieden werden, ob sie beim Steuerpflichtigen zu einer wirklichen Belastung führen oder nicht69. Auch die Behandlung von Strafgeldern u.ä. ist nicht unproblematisch: Da diese Ausgaben nicht freiwillig sondern zwangsweise erfolgen, müßten sie aus steuersystematischen Gründen absetzbar sein; dies würde aber dem Grundsatz der Billigkeit widersprechen, da Strafgelder als Strafe verhängt werden und durch eine Möglichkeit der Absetzbarkeit die bestrafende und disziplinierende Wirkung teilweise ausgehöhlt würde70.

67 68 69

70

vgl. R. E. Slitor: Administrative Aspects .... S. 248 ff vgl. a.a.0., S. 241 f. so ist der Produzent oftmals in der Lage, indirekte Steuern auf den Konsumenten überzuwälzen; vgl. R. E. Slitor: Administrative Aspects..., S. 242 vgl. a.a.0.

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2.2.3 Die Periodisierung der Ausgaben Ein weiteres Problem stellt die Periodisierung der Ausgaben dar. Eine Besteuerung der Ausgaben zur Anschaffung langlebiger Gebrauchsgüter wie z.B. Häusern oder Wohnungseinrichtungen zum Zeitpunkt ihrer Anschaffung würde den Haushalt in der entsprechenden Periode nicht nur finanziell zusätzlich stark belasten, er könnte im Falle einer progressiven Staffelung der Ausgabensteuer den Haushalt auch in eine höhere Progressionsklasse bringen und somit die steuerliche Leistungsfähigkeit, die in den Konsumausgaben zum Ausdruck kommen soll, überzeichnen71. In der Literatur wird deshalb die über mehrere Perioden gestreckte Besteuerung der Nutzwerte langlebiger Konsumgüter anstelle der einmaligen Besteuerung zum Zeitpunkt der Anschaffung diskutiert72. Eine derartige Streckung der Steuertilgung bedingt aber, daß diese ausstehenden Steuerschulden in den nachfolgenden Perioden berücksichtigt werden, was den Kontroll- und Verwaltungsaufwand weiter erhöht; zudem müssen für die einzelnen Güter Erwartungswerte über deren Lebensdauer gebildet werden.

2.3 Probleme bei der Implementation eine Ausgabensteuer Einige der bisher genannten Probleme werden zum Zeitpunkt der Einführung einer allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer besonders deutliche Auswirkungen zeigen, da bei einer indirekten Besteuerung die Steuer von den einzelnen Steuerpflichtigen zu erklären ist. Selbst wenn man davon ausginge, daß alle konzeptionellen und verwaltungstechnischen Probleme, die mit einer allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer verbunden sind, gelöst wären, würde die Implementierung dieses Steuersystems zusätzliche Probleme verursachen, da die Steuerpflichtigen versuchen würden, das relative Informationsdefizit des Staates über die individuellen Steuerbemessungsgrößen zur Steuerhinterziehung zu nutzen. Aus diesem Grunde ist vorgeschlagen worden, die Ausgabensteuer bei ihrer Einführung rückwirkend gültig werden zu lassen bzw. sie ohne Übergangsfristen und ohne vorherige Ankündigung einzuführen73.

2.3.1 Der vorgezogene Konsum Eine Umstellung von der bislang zumeist praktizierten Einkommensbesteuerung auf eine Ausgabenbesteuerung könnte dazu führen, daß bestimmte Konsumausgaben vorgezogen würden, um sie

71

R. Peffekoven: Zur Diskussion .... S. 516 und R. Schwinger: Einkommens- und konsumorientierte Steuersysteme .... S. 231; zur besonderen Problematik bei eigengenutztem Wohneigentum vgl. R. E. Slitor.Administrative Aspects..., S. 239 f.

72

vgl. a.a.0. und R. E. Slitor: Administrative Aspects .... S. 240 f.

73

vg1. R. E. Slitor:: Administrative Aspects .... S. 243 und R. Schwinger: Einkommens- und konsumorientierte Steuersysteme .... S. 237 ff.

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nicht schon unter die Besteuerung fallen zu lassen74, es käme also anfänglich zu einer Verzerrung des Steueraufkommens, die für den Staat einen Steuerausfall bedeutet und ihn eventuell zu sofortigen Modifikationen (z.B. des Steuersatzes) bewegt. Die Einführung einer Ausgabensteuer könnte zu Anfang also zu einem reduzierten Steueraufkommen führen. Um dieses zu vermeiden, wurde die rückwirkende Einführung einer solchen Ausgabensteuer vorgeschlagen. Dazu müßte die Finanzverwaltung aber zusätzlich zu den schon sehr umfangreichen Informationen über die derzeitige persönliche Situation jedes Haushaltes Informationen über die Ausgaben in den nun rückwirkend erfaßten Perioden haben, über die man aber faktisch nicht verfügt75. Eine rückwirkende Einführung einer Ausgabensteuer würde zudem dem juristischen Grundsatz der Billigkeit widersprechen76.

2.3.2 Konsum und Vermögen Nach Umstellung einer Einkommen- auf eine Ausgabenbesteuerung werden aus nach der Einkommensteuer besteuerten Vermögen vorgenommene Ausgaben als Konsumausgaben besteuert; es fände also in diesem Fall eine Doppelbesteuerung statt, wohingegen derjenige, der kein Vermögen gebildet hat und seine Ausgaben nur aus dem laufenden Einkommen finanziert, keine Einbußen erfährt77. Um solche Doppelbesteuerungen zu vermeiden, bedürfte es Übergangsregelungen, die den Verwaltungsaufwand erhöhen und zusätzliche Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung oder -umgehung schaffen78.

2.3.3 Die Bargeldhortung Schwerwiegender aber ist sicherlich das schon oben angesprochene grundsätzliche Problem des Informationsbedarfs, da man zum Zeitpunkt der Einführung einer Ausgabensteuer Kenntnis über alle Vermögensbestände (zumindest) aller Steuerpflichtigen haben muß, um eine Umgehung der Steuer durch Ausgaben aus der Auflösung nichterfaßten Vermögen zu verhindern79. Ein besonderes Problem stellen in diesem Zusammenhang die Bargeldbestände dar, die schwer zu erfassen sind80. Dieses Problem wurde selbst von einem der engagiertesten Befürworter der Ausgabenbesteuerung,

74

R. E. Slitor.- Administrative Aspects..., S. 243 f.

75

R. Peffekoven: Zur Diskussion..., S. 516

76

R. Schwinger: Einkommens- und konsumorientierte Steuersysteme .... S. 237

77

vgl. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen .... S. 315 und R. Schwinger: Einkommens- und konsumorientierte Steuersysteme .... S. 239 78

vgl. R. Schwinger: Einkommens- und konsumorientierte Steuersysteme..., S. 240

79

R. Peffekoven: Zur Diskussion .... S. 516

80

a.a.0.

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Nicholas Kaldor, für so schwerwiegend gehalten, daß er vorschlug, zeitgleich mit der Einführung einer Ausgabensteuer alle bis dahin gültigen Banknoten für ungültig zu erklären und durch neue zu ersetzen81.

2.3.4 Leistungsfähigkeit und Steuerpflicht - Die Armen Der Übergang von der Einkommensbesteuerung zu einem System der Ausgabenbesteuerung kann dazu führen, daß vormals aufgrund geringer Einkommen und Vermögen von der Einkommenssteuer befreite Personen nun steuerpflichtig werden, da die von ihnen nutzbaren finanziellen Quellen ihnen ein Ausgabenniveau ermöglichen, daß sie steuerpflichtig werden läßt. Da diese Ausgaben aber in diesen Fällen i.d.R. aus Sozialleistungen des Staates (z.B. Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe und andere Beihilfen) finanziert werden, dürften sie, dem Grundsatz der Systemhaftigkeit folgend, nicht besteuert werden; für derartige Fälle müßte also eine Steuerbefreiung gewährt werden82.

2.3.5 Die offene Volkswirtschaft In einer offenen Volkswirtschaft ist der Erfolg wirtschafts- und finanzpolitischer Maßnahmen nicht nur von der Situation im Inland, sondern auch von der Situation im Ausland abhängig. Gilt das Wohnsitzlandprinzip, wird der einzelne Steuerpflichtige nach den Steuergesetzen des Staates besteuert, in dem sich sein Wohnsitz befindet. Im Falle der Emigration eines Steuerpflichtigen aus einem Land mit einer Ausgabenbesteuerung müßte der Staat das bis dahin steuerfreie Vermögen des Emigranten besteuern, da es diesem sonst möglich wäre, in diesem Land weiterhin steuerfrei Vermögen zu bilden und zu investieren, im Staat seines neuen Wohnsitzes aber (geringer besteuert) zu konsumieren83.

3. Schlußbetrachtung - Die Praktikabilität einer Ausgabenbesteuerung Forderungen nach einer Besteuerung der Ausgaben der privaten Haushalte gehen bis auf Thomas Hobbes (1588-1679) und William Petty (1623-1687) zurück84. Doch obwohl viele Ökonomen

81

a.a.0.

82

vgl. R. E. Slitor: Administrative Aspects..., S. 236 f.

83

R. Schwinger: Einkommens- und konsumorientierte Steuersysteme .... S. 233

84

H. C. Recktenwald: Wörterbuch der Wirtschaft .... S. 45, Stichwort »Ausgabensteuer. System der«

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– unter ihnen John Stuart Mill (1806-1873) und Arthur Cecil Pigou (1877-1959) – eine Ausgabenbesteuerung grundsätzlich befürworteten, hielten sie sie gleichzeitig zumeist für nicht praktikabel85. Zwar gibt es verwaltungstechnische Probleme, die die Handhabung einer allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer als kompliziert erscheinen lassen, jedoch lassen diese sich zumeist per Definition auf dem Gesetzes- und Verordnungsweg durch den Staat und die Finanzverwaltung lösen. Als wesentliche Aspekte, die die Praktikabilität einer Ausgabenbesteuerung erschweren – wenn nicht sogar verhindern –, stellen sich aber •

der Informationsbedarf der Finanzverwaltung und



die grundsätzlichen Unterschiede zwischen dem bislang durchgeführten Verfahren der Einkommensbesteuerung und dem dann anzuwendenden Verfahren der Ausgabenbesteuerung

dar. Der fundamentale Grund für diese beiden Problemfelder ist aber weniger technisch als (sozial-)psychologisch bzw. gesellschaftspolitisch bedingt; er läßt sich auf den Anspruch der Befürworter der Ausgabenbesteuerung zurückführen, ein gerechteres Steuersystem zu schaffen: Verspricht man sich von der Einführung einer allgemeinen persönlichen Ausgabensteuer eine höhere Steuergerechtigkeit, wird die verwaltungstechnische Ausgestaltung aufgrund der dann notwendigen Ausnahme- und Übergangsregelungen sehr aufwendig; jeder Steuerpflichtige müßte dann individuell unter Berücksichtigung all seiner persönlichen Umstände veranlagt werden, ohne daß die (ohnehin nicht klar zu definierenden) Grundsätze der Steuergerechtigkeit verletzt werden dürfen. Damit geraten aber die Ansprüche in sich in Konflikt zueinander, da z.B. eine individuelle Besteuerung mit dem Grundsatz der Allgemeinheit nur schwer zu vereinbaren sein wird. Wird als Begründung für eine allgemeine Ausgabenbesteuerung aber die unterstellte ökonomische Effizienz angeführt86, so gestaltet sich deren konkrete Ausgestaltung nicht zwangsläufig schwieriger als die der derzeit praktizierten Einkommensbesteuerung. Die zur Bestimmung der Steuerschuld notwendigen Informationen werden zu einem Großteil schon zur Einkommensteuerveranlagung erhoben (Steuerehrlichkeit der Steuerpflichtigen vorausgesetzt) und Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung und -umgehung sind auch bei der Einkommensteuer gegeben87: „Es wäre auch naiv zu glauben, daß die Versuche, Steuervorteile zu erlangen und steuerliche Lücken auszunutzen, die sich bei der Einkommensteuer so negativ ausgewirkt haben, bei einer persönlichen Ausgabensteuer nicht wiederum angestellt würden... Ein realistischer Vergleich zwischen den beiden Steuern darf daher nicht die tatsächliche, unzulängliche Einkommensteuer mit einer hypothetischen, perfekten Ausgabensteuer vergleichen.“88

85

R. E. Slitor: Administrative Aspects .... S. 229 f.

86

vgl. R. A. Musgrave: Zur Wahl der "richtigen" Steuerbemessungsgrundlage .... S. 41

87

vgl. R. A. Musgrave, P. B. Musgrave und L. Kullmer: Die öffentlichen Finanzen..., S. 315

88

a. a.0.

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Das Hauptproblem für die Überführung einer Einkommenssteuer in eine Ausgabensteuer besteht meines Erachtens aber in der Durchsetzbarkeit der Ausgabenbesteuerung und damit in der gesellschaftlichen Akzeptanz; im Gegensatz zu den bisher angesprochenen, meiner Meinung nach (vergleichbar den Problemen der Einkommensbesteuerung) lösbaren konzeptionellen und technischen Problemen, ist diese Problem psychologischer Natur: Je größer die Unterschiede zwischen einem Ersetzenden und einem zu ersetzenden System, desto größer die Vorbehalte und Ablehnung dieses neuen Systems und desto stärker das Bestreben und die Bemühungen, dieses neue System zu verhindern oder aber zumindest zu unterlaufen. Ohne die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz dieses neuen Systems aber wird dessen Implementierung nur schwerlich gelingen.

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Literatur- und Ouellenverzeichnis Albers, Willi: Sozialpolitik, IV: In der Bundesrepublik Deutschland, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften (HdWW), hg. von Willi Albers u.a., Bd. 7, Stuttgart u.a., 1977, S. 110-130 Brümmerhoff, Dieter: Finanzwissenschaft, 4. Aufl., München/Wien/Oldenbourg, 1989 Fisher, Irving und Herbert W. Fisher: Constructive Income Taxation. A Proposal for Reform, New York/ London, 1942 Fuchs, Konrad und Heribert Raab: dtv-Wörterbuch zur Geschichte. Band 2, 3. Aufl., München, 1977 Gabler Wirtschaftslexikon, Bd. 1, Gabler, Wiesbaden, 11. Aufl. (Taschenbuchausgabe), 1983, Sp. 2020 f., Stichwort »Haushalt« Kaldor, Nicholas: An Expenditure Tax, 5. Aufl., London, 1969 Lampert, Heinz: Sozialpolitik, Berlin/Heidelberg/New York, 1980 Mitschke, Joachim: Über die Eignung von Einkommen, Konsum und Vermögen als Bemessungsgrundlagen der direkten Besteuerung. Eine meßtechnische Analyse, Berlin, 1976 (Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 244) Molitor, Bruno: Soziale Sicherung, München, 1987 (Theorie der Sozialpolitik, Bd. 1) Musgrave, Richard A., Peggy B. Musgrave und Lore Kullmer: Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, Bd. 2, 3. Aufl., Tübingen, 1985 Musgrave, Richard A.: Zur Wahl der "richtigen" Steuerbemessungsgrundlage - Eine historische Betrachtung -, in: Konsumorientierte Neuordnung des Steuersystems, hg. von Manfred Rose, Berlin u.a., 1991, S. 35-49 Peffekoven, Rolf: Zur Diskussion um die Ausgabensteuer, in: WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium, München und Frankfurt, Heft 11/ November 1979, S. 512-517 Recktenwald, Horst Claus: Wörterbuch der Wirtschaft, 11. Aufl., Stuttgart, 1990 (Kröners Taschenausgabe; Bd. 114) Schmidt, Kurt: Grundprobleme der Besteuerung, in: Handbuch der Finanzwissenschaft (HdF), hg. von Fritz Neumark, Bd. 2, 3. Aufl., Tübingen, 1980, S. 119-171 Schneider, Dieter: Bezugsgrößen steuerlicher Leistungsfähigkeit und Vermögensbesteuerung, in: Finanzarchiv, hg. von Norbert Andel und Fritz Neumark, NF Bd. 37, Tübingen, 1979, S. 26-49

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Schwinger, Reiner: Einkommens- und konsumorientierte Steuersysteme. Wirkungen auf Investition, Finanzierung und Rechnungslegung, Heidelberg, 1992 (Heidelberger betriebswirtschaftliche Studien) Slitor, Richard E.: Administrative Aspects of Expenditures Taxation, in: R. A. Musgrave: Broad-Based Taxes. New Options and Sources, Baltimore, 1973, S. 227-263 Wacker, Wilhelm H.: Lexikon der deutschen und internationalen Besteuerung, z. Aufl., München, 1982, S. 54, Stichwort »Ausgabensteuer« Zimmermann, Horst und Klaus-Dirk Henke: Finanzwissenschaft. Eine Einführung in die Lehre von der öffentlichen Finanzwirtschaft, 5. Aufl., München, 1987

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