Das Puppenhausmuseum Basel präsentiert:

„Achtung! Zerbrechlich...“ Eine Sonderausstellung über Kindergeschirr Das Puppenhausmuseum Basel zeigt vom 25. April bis 8. Oktober 2006 die schönsten Kinderservice aus der Zeit von Mitte des 19. Jahrhunderts bis ca. 1950.

Wie die Grossen, so die Kleinen Die Sonderausstellung „Achtung! Zerbrechlich...“ umfasst über fünfzig verschiedene Kaffee-, Tee- und Speisegeschirre für Kinder. Die in der Zeit von 1860 bis ca. 1950 aus Porzellan, Steingut oder Keramik hergestellten Kinderservice stammen aus Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, der Schweiz und aus Übersee. Darunter gibt es Serienware oder einzeln bemalte Teile. Einige von ihnen tragen die Namen bekannter Manufakturen wie Limoges, Meissen, Langenthal und Villeroy & Boch. Von der Manufaktur C. Allerton & Sons ist das bekannte Kinderservice „Punch“ (gefertigt um 1890) zu bewundern. Die Ausstellung zeigt, wie vielfältig und von welcher Bedeutung Kindergeschirr gewesen ist. Man findet praktisch keine Dubletten der einzelnen Stücke, was die Individualität und die Reichhaltigkeit bei der Produktion von damals beweist.

Die Kinder- und Puppenservice wurden von den Kindern gerne zum imaginären Kaffeetrinken mit den eigenen Puppen benutzt, oder auch bei Kindergeburtstagen und -festen. Was wiederum die aufkommende Postkartenindustrie zu stets neuen Motiven inspirierte. Kinder mit Puppen und Teddybären beim Kaffeeklatsch wurden als Sujet gerne und oft umgesetzt, wie man anhand der diversen alten original Postkarten und entsprechenden Vergrösserungen in der Ausstellung

sehen kann. Die Kinderservice waren in ihrer Ausstattung meistens genau so umfangreich und komplett wie die Service der Erwachsenen. Dies traf auch auf die Kinder-Speiseservice zu; manche enthielten sogar Kuchenplatten und Gebäckkörbchen. Es kam durchaus vor, dass die Mutter das Service in „gross“ besass und die Tochter hatte es in gleicher Anzahl und im selben Design en miniature. Manufakturen gingen gar so weit, dass sie Kindergeschirre in Porzellanart, Form und Farbe detailgetreu nach den grossen Vorbildern herstellten.

Das Sammeln von altem Kinder- und Puppengeschirr ist seit jeher sehr beliebt. Sammler haben es aber durchaus nicht einfach, da es sehr wenig Literatur und Informationen über Produktion und Geschichte der Kindergeschirre gibt. Man muss sich als Sammler mit sehr viel Spürsinn und Geduld das nötige Know-how und die Erfahrung erarbeiten.

Fehlende Markierungen Bis ca. 1939 gab es allein in Thüringen noch etwa fünfunddreissig Porzellanfabriken, die Kinderservice herstellten. Leider haben die meisten Manufakturen das Puppengeschirr nicht „markiert“. Marken (Erkennungszeichen der Manufaktur) wurden eingepresst, eingeritzt, von Hand gemalt oder mittels Stempel aufgedruckt. Diese wurde unter oder auf der Glasur angebracht sowie auch auf unglasierten Stellen. Sie sollten zweifelsfrei als Identifizierung gelten. Meistens findet man eingepresste Zahlenkombinationen. Leider sind diese für die Bestimmung der Manufaktur nutzlos, da sie lediglich die Serie oder das Modell innerhalb des Musterbestandes eines Herstellers bezeichnen, aber keinen Hinweis auf die Manufaktur geben. Oft wurden Puppenservice nicht signiert, weil der Hersteller diese nur produzierte, um Geld zu verdienen. Er war daher nicht sonderlich stolz auf sein Produkt. Auch war das „Marken“ eine Kostenfrage. Es bedeutete nämlich einen Arbeitsgang mehr, wodurch Mehrkosten entstanden. Bei einem Service kam es durchaus vor, dass nur einzelne Teile „gemarkt“ wurden. Heute ist es faktisch unmöglich, ein unmarkiertes Puppenservice einer Manufaktur klar zuzuordnen. Das Herkunftsland oder die Manufaktur eines Puppengeschirrs lassen sich in diesem Fall einzig aufgrund eines berühmten Dekors oder einer besonderen Form bestimmen.

Diverse Techniken, Formen und Dekore Eines der bekanntesten Dekore war und ist das blau/weisse; bemalt mit Blumen, Ranken oder Ornamenten. Dank seiner unterglasurblauen Bemalung blieb es in seiner Schönheit und Farbigkeit ohne Abnutzungserscheinungen erhalten. Bei handgemaltem Porzellan verblassten die Farben bei häufigem Gebrauch, da sie mit Aufglasurfarben bemalt wurden. Das Kobaltdekor war in allen Bereichen des täglichen Geschirrbedarfes der Familie vertreten. Im Grossen wie auch im Kleinen. Das erste Unterglasurporzellan kam im 15. Jh. aus China nach Europa. 1725 entwickelte die berühmte Manufaktur Meissen als erste die blaue Unterglasurfarbe (Scharffeuerfarbe). Auf den Scherben (Fachausdruck für ein Objekt wie Teller, Kanne etc.) wird nach dem Verglühbrand (1. Brand bei 900 °C) die Scharffeuerfarbe aufgetragen und nochmals bei einer Temperatur von 1400 °C gebrannt, wodurch die Porzellanmasse steinhart wird und die Glasur, die die Poren ausfüllt, sich völlig mit dem Scherben verbindet. Die klassische Kombination blau/weiss wurde danach von vielen Manufakturen in Europa hergestellt. Zuerst basierten die Muster auf fernöstlichen Motiven. Allmählich wurden sie dem europäischen Geschmack angepasst. So entstand das berühmte Zwiebelmuster (1739 in Meissen). Ein ebenso beliebtes Motiv war das Strohblumenmuster, welches ursprünglich aus Persien kam: ein stilisierter indianischer Blumendekor, der sich in Form langstieliger Ranken um eine grössere Mittelblume ausbreitet. Nicht immer sind die Proportionen eines Service harmonisch. So kann es durchaus vorkommen, dass z.B. das Milchkännchen grösser ist als die Kaffeekanne.

Beliebte Motive Ein beliebtes Motiv zur Dekoration von Puppen- und Kindergeschirr war die Darstellung von Kindern, Spielsachen oder Tieren. Natürlich gab es auch vielseitige Blumenmotive; auch die Zirkuswelt war ein beliebtes Thema. Fabeln von La Fontaine oder Märchen wie Rotkäppchen findet man immer wieder. Nachdem zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Teddybär seinen Siegeszug rund um die Welt antrat, wurde auch er oft und gerne als Dekor für Kindergeschirr verwendet. Beispiele mit Teddys dürfen natürlich in der Ausstellung im Puppenhausmuseum nicht fehlen. Bald schon wurden Motive produziert, für die Künstler ein Copyright forderten, wie 1915 das Kewpie-Geschirr von Rose O’Neill. In den 1930er Jahren schliesslich liess Walt Disney Service in Lizenz produzieren; Mickey Mouse, Schneewittchen und ihre Freunde sollten fortan das Geschirr der Kleinen zieren. Auch diese Sets werden in der Ausstellung gezeigt.

Europäische Herkunftsländer von Kindergeschirr Ausser bei unzähligen Manufakturen in Deutschland wurde auch in andern europäischen Ländern Kindergeschirr hergestellt.

Schweiz In der Schweiz gab es nur die zwei Porzellan-Produktionsorte Nyon und Zürich. Die Manufakturen beschränkten sich vorwiegend auf brauchbares Geschirr mit volkstümlichem Dekor wie „Bauernrose“ oder „Stiefmütterchen“.

Oesterreich Die Wiener Manufaktur übernahm im 18. Jh. von Meissen das Schuppenmuster; dieses wurde damit zur Kennzeichnung für Wien.

Frankreich Die Porzellanproduktion in Frankreich wurde vom Staat (Louis XV) gefördert. Dazu gehörte u.a. auch die Staatsmanufaktur Sèvres. Zarte und elegante Formen waren das französische Kennzeichen; es setzte neue Richtlinien in Europa.

England Schon im 17. Jh. wurde Steingut (stone china) hergestellt. Im 18. Jh. folgte das verfeinerte Steingut (cream ware). Durch dieses Material wurde das Umdruckverfahren in Europa populär. Dieses Umdruckverfahren wurde von vielen Manufakturen übernommen. Dabei wird nicht nur der Rand, sondern der ganze Scherben (Fachausdruck für ein Objekt wie Teller, Kanne etc.) bedruckt. Dies macht den typischen englischen Charakter des Geschirrs aus. Die Manufaktur J. Wedgwood erfand die sogenannte „Jasperware“ mit aufgebrachtem weissen Relief.

Niederlande Die Niederlande werden auch das Keramikerland genannt. Für den Laien ist holländisches Porzellan gleich „Delfter Blau“, also blauweisses Service im holländischen Stil mit Windmühlen, Grachten etc. Dabei hat die Delfter Manufaktur nie ein solches Porzellan hergestellt.

Gegenwart Auch heute noch werden sehr schöne Puppen- und Miniaturservice hergestellt. Zu den bekanntesten Produzenten gehören die deutschen Firmen Reutter Porzellanfabrik in Denkendorf, die Kinderporzellanfabrik Roehler GmbH in Königsee und die W. Goebel Porzellanfabrik, Rödental sowie auch Wedgwood in England. Es werden gerne alte Motive wieder aufgelegt, aber auch bekannte Figuren aus heutigen Erzählungen, wie Beatrix Potter, kommen zum Einsatz.

Öffnungszeiten Museum, Shop und Café: täglich von 10 bis 18 Uhr

Eintritt CHF 7.–/ 5.– Kinder bis 16 Jahre frei und nur in Begleitung Erwachsener. Kein Zuschlag für die Sonderausstellung. Das gesamte Gebäude ist rollstuhlgängig.

Puppenhausmuseum Basel Steinenvorstadt 1 4051 Basel Telefon Fax Internet

+41 (0)61 225 95 95 +41 (0)61 225 95 96 www.puppenhausmuseum.ch