Abgrenzungsfragen zu Borderline-Produkten

Online-Pharma Forum 22.10.2014 Abgrenzungsfragen zu Borderline-Produkten Arzneimittel Medizinprodukte - Kombinationsprodukte Nahrungsergänzungsmitte...
Author: Elmar Eberhardt
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22.10.2014

Abgrenzungsfragen zu Borderline-Produkten Arzneimittel Medizinprodukte - Kombinationsprodukte Nahrungsergänzungsmittel – diätetische Lebensmittel Kosmetika

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Gliederung • Rechtliche Grundlagen – Definitionen • Abgrenzungskriterien • Beispiele und aktuelle Urteile – Probleme und offene Fragen

Dr. Kerstin Stephan

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Was ist was? Rechtliche Definitionen –Arzneimittelbegriff „Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, 1.

die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bezeichnet werden (Präsentationsarzneimittel)

oder 2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (Funktionsarzneimittel) oder b) eine medizinische Diagnose zu erstellen“.

i.W. Übernahme der Definition aus Art. 1 Richtlinie 2001/83/EG, jedoch Beibehaltung der Merkmale „Linderung“ und „krankhafte Beschwerden“ Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Rechtliche Definitionen – Lebensmittelbegriff § 2 Abs. 2 LFGB: Lebensmittel sind Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) 178/2002

„..alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigen Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden“ Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Rechtliche Definitionen – Nahrungsergänzungsmittelbegriff (1) Nahrungsergänzungsmittel gehören zu Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs

(Verbraucher ist gesund) (2002/46/EG, NahrungsergänzungsmittelVO) „Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen (Vitamine und Mineralstoffe) oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in den Verkehr gebracht werden, d. h. in Form von z. B. Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen“ Dr. Kerstin Stephan

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Was ist was? Rechtliche Definitionen – Nahrungsergänzungsmittelbegriff (2) Nahrungsergänzungsmittel (2002/46/EG, NahrungsergänzungsmittelVO) Die „sonstigen Stoffe“ werden nicht näher erläutert, und es wird auch nicht gesagt, was unter „physiologischer Wirkung“ zu verstehen ist. Sonstige Stoffe= Elemente, chemisch definierte Verbindungen, Pflanzen, Pflanzenteile, Pflanzenauszüge (Stellungnahme ALS, Nr. 46) Aus Erwägungsgrund 6 der NEM-RL ist zu entnehmen, dass neben Vitaminen und Mineralstoffen auch Aminosäuren, essentiellen Fettsäuren, Ballaststoffe und verschiedenen Pflanzen und Kräuterextrakte eingesetzt werden können. Einvernehmen besteht, dass die „physiologischen“ Wirkungen nicht „pharmakologisch“ sein können, denn diese sind Arzneimittel vorbehalten. Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Rechtliche Definitionen – Nahrungsergänzungsmittelbegriff Nahrungsergänzungsmittel (2002/46/EG, NahrungsergänzungsmittelVO) Sie dienen i.d.R. nicht der Zufuhr von Energie und enthalten daher auch keine oder nur geringfügige Mengen energieliefernder Mikronährstoffe. Sie dienen auch nicht der Flüssigkeitszufuhr, abgesehen von der ggf. zum Verzehr nötigen Flüssigkeitsmenge ALS-Stellungnahme zu NEM Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Warengruppen angereicherte Lebensmittel (Riegel, Getränke, Süßwaren, denen bestimmte essentielle Nährstoffe oder sonstige Stoffe zugesetzt werden)

 funktionelle Lebensmittel (Functional Food) (Verbesserung des Gesundheitsstatus, gesteigertes Wohlbefinden, Reduktion von Kranheitsrisiken in Form von üblichen Lebensmitteln- integraler Bestandteil der Ernährung)

 neuartige Lebensmittel (Novel Food) (VO (EG) 258/97)  diätetische Lebensmittel (89/107/EWG), Diät-VO (besondere Ernährungserfordernisse aufgrund von Krankheiten, Mangelerscheinungen, Schwangerschaft, Stillzeit, Sport)

ergänzende bilanzierte Diäten (besonderer Nährstoffbedarf von Patienten) Dr. Kerstin Stephan

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Was ist was? Warengruppen

§ 1 Abs. 2 DiätV: (1) Diätetische Lebensmittel sind Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. (2) Lebensmittel sind für eine besondere Ernährung bestimmt, wenn sie 1. den besonderen Ernährungserfordernissen folgender Verbrauchergruppen entsprechen (Personen mit gestörtem Stoffwechsel, Säuglinge oder Kleinkinder, Schwangere, Sportler) 2. sich für den angegebenen Ernährungszweck eignen und mit dem Hinweis darauf in den Verkehr gebracht werden, dass sie für diesen Zweck geeignet sind, und 3. sich auf Grund ihrer besonderen Zusammensetzung oder des besonderen Verfahrens ihrer Herstellung deutlich von den Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden. (4a) …diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) sind Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind… Bilanzierte Diäten werden unterteilt in 1. vollständige bilanzierte Diäten und 2. ergänzende bilanzierte Diäten a) mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder b) mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung, die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen. Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Warengruppen  Klassische diätetische Lebensmittel sind z.B. • Säuglingsanfangs- und Folgenahrung, • Trinknahrung für Patienten mit Kau- und Schluckstörungen  Bilanzierte Diäten müssen nutzbringend und wirksam sein. Der Ernährungszweck muss wissenschaftlich belegt sein. Frage bei der Abgrenzung: • Ist der wirkungsbestimmende Stoff ein Nährstoff? • Ist die Wirkung ernährungsphysiologisch oder eher pharmakologisch? Dr. Kerstin Stephan

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Was ist was? Rechtliche Definitionen - Kosmetikbegriff Kosmetische Mittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt sind, äußerlich am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum Schutz, zur Erhaltung eines guten Zustandes, zur Parfümierung, zur Veränderung des Aussehens oder dazu angewendet zu werden, den Körpergeruch zu beeinflussen. Als kosmetische Mittel gelten nicht Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Beeinflussung der Körperformen bestimmt sind. §2 (5) LFGB bzw. RiLi 76/768/EWG Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Kosmetika • Kosmetika dürfen auch (verschreibungspflichtige) Arzneistoffe enthalten • Aber:  Zweckbestimmung muss der Definition für Kosmetika entsprechen! keine Aussagen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit!  Irreführung des Verbrauchers  Arzneimittel nach Präsentation  keine überwiegend pharmakologische Wirkung!  Arzneimittel nach Funktion!  Kosmetika müssen sicher sein (keine Nebenwirkungen)!  Achtung: Anlagen der Kosmetikverordnung beachten!! (verbotene Stoffe und Stoffe mit Einschränkungen) Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Medizinprodukte Medizinprodukte (§3 Nr. 1 MPG): •Produkte aller Art •mit (human-)medizinischer Zweckbestimmung (wie Arzneimittel) •Zur Anwendung im/am Menschen oder außerhalb des menschlichen Körpers •Mit nicht hauptsächlich pharmakologischer, immunologischer oder metabolischer Wirkungsweise ( Abgrenzung zu Arzneimittel) Beispiele: Herzschrittmacher, Röntgengeräte, Überwachungsmonitore, Blutdruckmessgeräte, Herzkatheter, Zahnfüllwerkstoffe, ärztliche Instrumente, Applikationssysteme, Kontaktlinsen, Kondome, Verbandstoffe, in-vitro-Diagnostika (IVD) Gleichgestellt: •Spezifisches Zubehör (§ 2 Abs. 1 MPG) •Produkte, die dazu bestimmt sind Arzneimittel zu verabreichen (§ 2 Abs. 2 MPG) 13

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Medizinprodukte § 3 Abs. 2 Medizinproduktegesetz: Medizinprodukte sind auch Produkte nach Nummer 1, die einen Stoff oder eine Zubereitung aus Stoffen enthalten oder auf die solche aufgetragen sind, die bei gesonderter Verwendung als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes angesehen werden können und die in Ergänzung zu den Funktionen des Produktes eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten können → häufig Frage der überwiegenden Zweckbestimmung zu klären Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Medizinprodukte Richtlinie 93/42/ EG geändert durch die Richtlinie 2007/47/EG (Erwägungsgrund 19) Anhang I, 7.4 und Anhang II, 4.3 v. 05. September 2007 (MDD)

„Gehört zu den Bestandteilen des Produktes ein Stoff, der bei

gesonderter Verwendung als Arzneimittel im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 2001/83/EG gelten kann und der in Ergänzung zu dem Produkt eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten kann, sind die Qualität, die Sicherheit und der Nutzen dieses Stoffes analog zu den in der Richtlinie 2001/83/EG Anhang I genannten Verfahren zu überprüfen. Die benannte Stelle ersucht nach Überprüfung des Nutzens des Stoffes als Bestandteil des Medizinproduktes und unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des Produktes eine der zuständigen (… ) Behörden (…), um ein wissenschaftliches Gutachten zu Qualität und Sicherheit des Stoffes, einschließlich des klinischen Nutzen/Risiko-Profils der Verwendung des Stoffes in dem Produkt . Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

MEDDEV-Guideline und Manual

MEDDEV 2.1/3 rev. 2 reflects the state of play prior to the amendments introduced by Directive 2007/47/EC and will be replaced by the version 2.1/3 rev. 3 as of 21 March 2010. http://ec.europa.eu/enterprise/sectors/medicaldevices/files/meddev_2_1_3_rev_3_072009_en.pdf Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Manual on Borderline and Clasification in the Community Regulatory Framework for medical Devices Version 1.16 (07-2014): http://ec.europa.eu/health/medicaldevices/files/wg_minutes_member_lists/borderline_manual_ol_en.pdf

•Borderline In-Vitro-Diagnostic Medical Devices •Borderline active implantable Medical Devices – Medical Devices •Borderline Medical Devices – Medicinal Product •Borderline Medical Devices – Biocides •Borderline Medical Devices – Cosmetic Products •Accessory to a Medical Device or a In-Vitro-Diagnostic Medical Device •Classification

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22.10.2014

MEDDEV-Guideline und Manual Pharmacological means: interaction between the molecules of the substance in question and a cellular constituent, usually referred to as a receptor, which either results in a direct response, or which blocks the response to another agent. 

lock-and-key principle  targets: enzymes, receptors (hormon-, neurotransmitter-, growth factor-, cytokinereceptor), ligands, voltage-dependent ionchannels, structurproteins, membranelipids etc.

Metabolic means: action which involves an alteration, including stopping, starting or changing the speed of the normal chemical process participating in, and available for, normal body function Immunological means: an action in or on the body by stimulation and/or mobilisation of cells and/or products involved in a specific immune reaction Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Was ist was? Rechtliche Definitionen

VO 178/2002 Artikel 2: „..nicht zu Lebensmittel gehören: … d) Arzneimittel …“

§ 2 (3) AMG: „Arzneimittel sind nicht: 1. Lebensmittel im Sinne des §1 Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz 2. Kosmetische Mittel im Sinne des § 2 Abs. 5 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch … 7. Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne des § 3 des Medizinproduktegesetz Dr. Kerstin Stephan

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Abgrenzungskriterien Es gilt das „Mosaik-Prinzip“: • • • • •

Zusammensetzung (qualitativ und quantitativ) Zweckbestimmung des Herstellers Gebrauchsanweisung, Vertriebsweg, Verpackung pharmakologische Eigenschaften (gemäß aktuellem Wissenstand) allgemeine Verkehrsauffassung bzw. bestehende Handelsbräuche (können sich ändern! siehe „Penaten-urteil BGH 1976) • begleitende Informationen, Werbung, Presse-Mitteilungen, Internet • Risiken • Zweifelsfallregelung (Artikel 2 (2) 2004/27/EG)

(EuGH Urteil vom 09.06.2005) Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Abgrenzungskriterien Zweifelsfallregelung (1) In Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von "Arzneimitteln" als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist (Lebensmittel, Medizinprodukt, Kosmetikum) gilt diese Richtlinie. (2) Richtlinie 2001/83/EG

Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 (z.B. Lebensmittel, Kosmetika, Medizinprodukte) fallen können. § 2 Abs. 3a AMG und Artikel 2 Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Abgrenzungskriterien Zweifelsfallregelung (2)

• •

• •



Siehe Erwägungsgrund 7 zu den Richtlinien 2004/27/EG und 2004/28/EG und Gesetzesbegründung zum AMG (BT-Drs. 16/12256): Gründe des vorbeugenden Verbraucherschutzes Bestätigung des bestehenden Vorranges arzneimittelrechtlicher Vorschriften  Arzneimitteleigenschaften müssen positiv festgestellt werden Keine Einschränkung gegenüber europäischem Recht Nicht anwendbar, wenn ein Produkt eindeutig unter die Definition anderer Produktgruppen, insbesondere von Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, …, kosmetische Mittel fällt. Echte Zweifelsfallregelung  oder Kollisionsregel?

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Einstufung als Arzneimittel (1) Präsentationsarzneimittel: „Ein Erzeugnis wird im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG als ein Mittel zur Heilung oder Verhütung von menschlichen Krankheiten bezeichnet, wenn u.a bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher, sei es auch nur schlüssig, mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass dieses Erzeugnis in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffende Eigenschaft haben müsse“ EuGH, Urteil vom 15 November 2007 –RS C-319/05

 Die Einstufung erfolgt aufgrund der Gesamtaufmachung bzw. Indikation ohne Berücksichtigung der Inhaltsstoffe Urteil des BGH vom 03.04.2003 Dr. Kerstin Stephan

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Einstufung als Arzneimittel (2) Funktionsarzneimittel: „Der Begriff des Arzneimittels nach Funktion erfasst diejenigen Erzeugnisse, deren pharmakologische Eigenschaften wissenschaftlich festgestellt wurden und tatsächlich dazu bestimmt sind, eine ärztliche Diagnose zu erstellen oder physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu bessern oder zu beeinflussen. Für die Einstufung eines Produktes als Arzneimittel nach Funktion sind erhebliche Veränderungen erforderlich, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegen. Es müssen diesbezüglich belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen“ „Pharmakologische oder metabolische Wirkungen eines Stoffes müssen für die Einstufung eines Produktes als Arzneimittel die Erheblichkeitsschwelle überschreiten.“ (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juli 2007 - C 21.06 -, 3 C 22.06 -, 3 C 23.06 -). Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Einstufung als Arzneimittel (3) Funktionsarzneimittel: „die pharmakologischen Eigenschaften eines Erzeugnisses sind der Faktor, aufgrund dessen die mitgliedstaatlichen Behörden ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten dieses Erzeugnisses zu beurteilen haben, ob es im Sinne des Art.1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden.“ (EuGH Urt. v. 09. 06 2005, Rs. C-211/03 u.a HLH-Warenvertrieb u.a. / Deutschland)

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22.10.2014

Einstufung als Arzneimittel (4) Funktionsarzneimittel: „eine pharmakologische Wirkung liegt dann vor, wenn diese Wirkungen eines Produktes über dasjenige hinausgehen, was physiologisch auch durch Nahrungsaufnahme im menschlichen Körper ausgelöst wird“ BGH, Urt. v. 11.07.2002, „Muskelaufbaupräparate

„.. allerdings erlaubt die Bejahung einer therapeutischen Wirkung den Rückschluss auf das Vorliegen einer pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkung im Sinne des Art. 1 Nr.2 lit.b) RL 2001/83/EG“ OVG Münster 10.11.2005

„Richtig ist, dass ein Erzeugnis, das geeignet ist, therapeutische Zwecke zu erfüllen, in jedem Fall ein Arzneimittel ist. Dies ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs seit langem anerkannt. Fehlt diese Eignung, so ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dennoch um ein Funktionsarzneimittel handelt.“ BVerwG, Urt. v. 25.07.2007, Rs C 23.06 u.a. „Lactobact Omni FOS“

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Einstufung als Arzneimittel (5) Funktionsarzneimittel: wichtig: keine Einstufung eines Produktes „auf Verdacht“: „das Vorliegen erheblicher pharmakologischer Wirkungen müssen durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegt sein. Dabei ist zwar ein positiver Wirksamkeitsnachweis nicht erforderlich, wie er Voraussetzung einer Arzneimittelzulassung ist. Es muss aber zumindest ein halbwegs gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisstand vorliegen, der einen tragfähigen Rückschluss auf die Wirkungen erlaubt“ BVerwG, Urt. v. 25.07.2007

„die Behörden müssen sich „vergewissern“, dass das Produkt zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der Körperfunktionen bestimmt ist und somit Auswirkungen auf die Gesundheit im allgemeinen haben kann“ EuGH, Urt.v. 30.11.1983, Rs.227/82 –„van Bennekom“, EuGH, Urt. v. 16.04.1991, Rs. C-112/89 – “Upjohn” Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Urteile des BVerwG vom 25.07.2007 3 C 21.06 (OPC) 3 C 23.06 (Lactobact) 3 C 22.06 (Vitamin E 400) •







Schwergewicht bei der Einstufung liegt bei der positiven Feststellung der Arzneimitteleigenschaft (pharmakologische Wirkung)  Produkte dürfen nicht „auf Verdacht“ als Arzneimittel eingestuft werden. Die Verkehrsfähigkeit dieser Produkte wird dadurch genommen, da die therapeutische Wirksamkeit nicht erbracht werden kann. OPC und Lactobact OMNI FOS sind weder Präsentationsarzneimittel, noch Funktionsarzneimittel. Es fehlen belastbare wissenschaftliche Erkenntnissen, denen zufolge die Produkt eine pharmakologische Wirkung hat  es gibt vergleichbare Zulassungen in Frankreich (OPC) ! es wurden Studien vorgelegt! Vitamin E 400 wird aufgrund der pharmakologischen Wirkung (BGA-Monografie) als Arzneimittel eingestuft

 Das BVerwG erkennt Aufbereitungsmonografien des ehem. BGA als belastbare wissenschaftliche Grundlage für vorstehende Erkenntnisse an. Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

EuGH C-319/05, Urteil vom 15.11.2007, Knoblauchpräparat Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen Deutschland betroffen sind Knoblauch-Extrakt-Pulver-Kapseln mit 370 mg Knoblauchextrakt-Pulver, Der Allicingehalt einer Kapsel entspricht dem von 7,4 g Knoblauch aus den Gründen:  die pharmakologischen Wirkungen müssen wissenschaftlich festgestellt werden, d.h. die Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers müssen durch das Produkt erheblich beeinflusst werden.  Maßnahmen zum Gesundheitsschutz müssen verhältnismäßig sein  Das Gericht stuft die Kapseln als Lebensmittel ein, da diese Kapseln nicht mehr bewirken, als der Verzehr von Knoblauch als Lebensmittel in angemessener Menge - keine pharmakologische Wirkung  Auch die Risiken unterscheiden sich nicht von denen mit dem Konsum von Knoblauch verbundenen Risiken Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

EuGH C-140/07, Urteil vom 19.06.2008, Red Rice Vorlageverfahren des BVerwG Gegenstand des Verfahrens war ein in Form von Kapseln vertriebenes Produkt, bestehend ausweislich der Etikettierung zu 71% „Red Rice Pulver“. Dieses Pulver ist ein natürlicher Rohstoff und wird durch Fermentation von Reis mit Hilfe von Schimmelpilzen der Gattung Monascus gewonnen. Roter Reis, auch Angkak genannt, enthält u.a. Monakolin K, das synonym mit Lovastatin ist, ein verschreibungspflichtiger Arzneistoff, der die Cholesterinsynthese hemmt Frage u.a.:  wie ist die Zweifelsregelung gem. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG auszulegen?  kann ein Produkt, dass kein Präsentationsarzneimittel ist, als Funktionsarzneimittel eingestuft werden, wenn ein Bestandteil, der in bestimmter Dosierung physiologische Veränderungen hervorrufen kann, dessen Dosierung in dem zu beurteilenden Produkt – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch – aber dahinter zurückbleibt. Antwort:  Die Zweifelsfallregelung dient dazu, die Vorrangigkeit des Arzneimittelrechts vor anderen (z.B. Lebensmittelrecht) festzuschreiben. Dabei handelt es sich um eine Vorrangsregelung und nicht um eine Vermutungs- bzw. Beweisregel. Eine andere Auslegung würde zu einer Ausweitung des Arzneimittelbegriffs führen  ein Erzeugnis kann nur als Arzneimittel nach Funktion angesehen werden, wenn es aufgrund seiner Dosierung bei bestimmungsgemäßen Gebrauch geeignet ist, die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung nennenswert zu beeinflussen. Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

EuGH C-27/08, Urteil vom 30. 04. 2009 Weihrauch Vorlageverfahren des BVerwG Präparat mit 400 mg indischem Weihrauchtrockenextrakt pro Tablette, wissenschaftlich belegte therapeutische Wirkung bei Dosierungen von 3600mg / Tag; ab 800-900 mg / Tag positiv pharmakologische Wirkung; in niedrigen Dosierungen (400-500 mg / Tag) negative pharmakologische Wirkung durch Aktivierung der Leukotriensynthese (entzündungsfördernd) Frage: „Ist der Begriff des Funktionsarzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG dahin auszulegen, dass ein zum menschlichen Verzehr bestimmtes und als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnetes Produkt ein Funktionsarzneimittel ist, wenn es Stoffe enthält, die bei Beachtung der auf der Verpackung aufgedruckten Verzehrempfehlungen in der im Produkt enthaltenen niedrigen Dosierung gesundheitsgefährdend sind, ohne therapeutische Wirkungen erzielen zu können, die aber in hoher Dosierung therapeutisch wirksam sind ?“ Antwort: „ein Erzeugnis – abgesehen von den Stoffen oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, zur Erstellung einer medizinischen Diagnose angewandt zu werden – nicht als Funktionsarzneimittel angesehen werden kann, wenn es aufgrund seiner Dosierung und bei normalen Gebrauch die menschlichen physiologischen Funktionen nicht in nennenswerter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen kann“

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Urteil des OVG NRW zur elektronischen Zigarette vom 17.09.2013  Für die Einstufung eines Präparates als Funktionsarzneimittels bedarf es einer therapeutischen Eignung, denn der Begriff in der gesetzlichen Definition „beeinflussen“ ist mit einem positiven Zweck zu verbinden, ähnlich wie die Begriffe „wiederherstellen“ und „korrigieren“  Der Arzneimittelbegriff muss eingeschränkt ausgelegt werden, da die Anwendung des Arzneimittelrechts ansonsten ausufern würde.  Frage an den EuGH: „Ist Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b) der Richtlinie 2001/83/EG ( …) dahin auszulegen, dass Stoffe oder Zubereitungen im Sinne dieser Vorschrift, die die menschlichen physiologischen Funktionen lediglich beeinflussen – also nicht wiederherstellen oder korrigieren-, nur dann als Arzneimittel anzusehen sind, wenn sie einen therapeutischen Nutzen haben oder jedenfalls eine Beeinflussung der körperlichen Funktionen zum Positiven hin bewirken?“ (Beschluss des BGH v. 7.3.13)

 Wie sind sog. „legal Highs“ zukünftig einzustufen?  Wie sind pharmakologisch wirkende Präparate mit kosmetischer Zweckbestimmung einzustufen? 32

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

EuGH C-358/13 und C-181/14, Urteil vom 10. Juli 2014 zu „legal highs“ Vorabentscheidungsersuchen betreffend die Auslegung des Begriffs „Arzneimittel“ i.S.v. Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG (Funktionsarzneimittel) Verkauft wurden sog. „Kräutermischungen“, die u.a. synthetische Cannabinoide enthielten und die zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht dem BtMG unterfielen. Diese wurden als Ersatz für Marihuana konsumiert und konnten erhebliche Nebenwirkungen hervorrufen. Art. 1. Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG ist dahin auszulegen, dass davon Stoffe, wie die in dem Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht erfasst werden, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden , um deren Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind 33

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Gerichtsentscheidungen zur Abgrenzung von Kosmetika (1) BGH Urteil vom 07.12.00

Activ-Gel mit 97% Franzbranntwein Auslobung: entspannende und belebende Einreibung verbessert die Hautdurchblutung, hilft gegen Abgespanntheit Ideal zum Einmassieren nach dem Sport oder nach einem anstrengenden Tag, z.B. durch Einreiben von Schultern, Nacken und Waden. Besonders angenehm auch an heißen Tagen durch leichtes Betupfen von Schläfen, Nacken und Stirn. mehrmals täglich in die Haut einmassieren. Einstufung (BGH Urteil vom 07.12.00 – Revision des Urteils des OLG München vom 23.04.1998): Für die Einordnung eines Produktes kommt es auf die allgemeine Verwendung durch den Verbraucher an. Entscheidend ist die allgemeine Zweckbestimmung, die das Mittel nach der Verkehrsanschauung besitzt.  Einstufung als Arzneimittel Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Gerichtsentscheidungen zur Abgrenzung von Kosmetika (2) BGH Urteil vom 07.12.00

Gründe: Franzbranntwein hat eine Verkehrsauffassung als Arzneimittel es ist immer das Gesamtprodukt zu bewerten – es ist nicht zulässig, einen einzelnen Bestandteil herauszugreifen und alleine diesen darauf zu untersuchen, ob er nach der Verkehrsauffassung krankheitsheilende oder lindernde Wirkung besitzt. Das schließt aber nicht aus, dass die heilende Wirkung eines einzelnen Stoffes nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtproduktes so im Vordergrund steht, dass für diese ebenfalls von einer überwiegend krankheitsheilenden bzw. beschwerdelindernden Zweckbestimmung auszugehen ist. Die konkrete Ausstattung des Erzeugnisses hat die Verkehrsauffassung des Franzbranntwein nicht wesentlich verändert oder überlagert die Anwendungsangaben („entspannend“, „belebend“) weisen lediglich auf eine zusätzliche Bestimmung zu kosmetischen Zwecken hin Angaben wie „Abgespanntheit“, „Verbesserung der Hautdurchblutung“ sind Hinweise auf krankhafte Beschwerden Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Gerichtsentscheidungen zur Abgrenzung von Kosmetika (3) EuGH Urteil vom 6.09.2012

Mundspüllösung mit 0,12% Chlorhexidin zur Reduzierung von dentalem Plaque, Schutz des Zahnfleisches Funktionsarzneimitteln??  Für die Frage der pharmakologischen Wirkung sind die Erläuterungen der Leitlinie MEDDEV 2.1/3 anzuwenden  auch eine Wechselwirkung zwischen Molekülen der Substanz und zellulären Bestandteilen, die nicht Bestandteile des menschlichen Körpers, sondern z.B. Bestandteile von Bakterien oder anderen Krankheitserregern sind, ist als pharmakologisch im Sinne der gesetzlichen Definition zu bezeichnen Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Gerichtsentscheidungen zur Abgrenzung von Kosmetika (4) BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 – 3C 34.06

Als Pferdesalbe ausgelobte Massagecreme mit Campher und Menthol Urteil: kein Präsentationsarzneimittel:

keine Verbrauchererwartung als Arzneimittel feststellbar

Weitere, ähnliche Produkte als Pflegemittel auf dem Markt

99% der Kunden verwenden die Pferdesalbe für sich selbst

Keine Präsentation als Arzneimittel mit heilender oder vorbeugender Wirkung

Ausdrücklich als Pflegemittel deklariert

Keinerlei Bezug zu irgendeinem krankhaften Zustand

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Gerichtsentscheidungen zur Abgrenzung von Kosmetika (7) BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 – 3C 34.06

kein Funktionsarzneimittel:

Keine pharmakologische Wirkung, da Dosierung von Campher und Menthol unterhalb der Monografiedosierung (BGA-Monografien der Kommission E)

Keine nennenswerte Auswirkung auf den Stoffwechsel und somit keine Beeinflussung der Funktionsbedingungen

Kein positiver Beleg für eine pharmakologische Wirkung vorgebracht

Angegebene Risiken nicht nachvollziehbar



Kein Arzneimittel, sondern Kosmetikum. Unter Pflege versteht man die Behandlung mit den erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung eines guten Zustandes. Darunter kann durchaus auch ein „Wohlfühlprodukt“ fallen, das in die Haut einzieht, solange es dort keine pharmakologischen Wirkungen erzielt

Dr. Kerstin Stephan

Online-Pharma Forum

22.10.2014

Urteil des VG Köln in Sachen Cystus 052 vom 14.10.2009 Sind stoffliche Medizinprodukte durch die Zweifelsfallregelung nun immer Arzneimittel? nein, Produkte, die eindeutig die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Nr. 1 MPG erfüllen, sind Medizinprodukte, so dass für diese die Regelung des § 2 Abs. 3 Nr 7 AMG eingreift. Stoffe, die positiv der Definition eines Präsentationsarzneimittels unterfallen, jedoch auch unter der Definition in § 2 Abs.3 AMG fallen können –also möglicherweise ein Medizinprodukt sein können– sind Arzneimittel. Stoffe bei denen unzweifelhaft ist, dass sie die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 AMG erfüllen, bei denen jedoch zweifelhaft ist, ob sie alle Tatbstandsvoraussetzungen des § 3 Nr.1 MPG erfüllen, werden gem. § 2 Abs. 3a AMG als Arzneimittel eingestuft

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Schlussfolgerungen (1) •

Pharmakologische Wirkung wird als therapeutische Wirkung interpretiert (eine toxische Wirkung wird nicht als (negative) pharmakologische Wirkung i.S.d. Art. 1 Nr.2. RL 2001/83/EG ausgelegt)



Die Behörde muss den wissenschaftlichen Nachweis der pharmakologischen Wirkung erbringen, wenn sie ein Produkt als Arzneimittel einstufen will.



Dieser Beleg muss insoweit belastbar sein, dass ein halbwegs gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisstand vorliegt, der einen tragfähigen Rückschluss auf die Wirkungen erlaubt



Solange ein solcher positiver wissenschaftlicher Nachweis nicht erbracht und eine pharmakologische Wirkung nicht bewiesen ist, ist (auch auf Seiten der Überwachungsbehörden) davon auszugehen, dass das in Rede stehende Produkt ein Lebensmittel ist.

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Schlussfolgerungen (2) •

Ausschlaggebend ist für die Einstufung eines Produktes als Funktionsarzneimittel die pharmakologische Wirkung in Abhängigkeit von der Dosierung des Gesamtproduktes (Produkte mit arzneilich wirksamen Stoffen, die in Dosierungen unterhalb der nachgewiesenen pharmakologischen Wirkung liegen, können folglich nicht mehr als Funktionsarzneimittel ausgelegt werden.



Eine Einstufung als Funktionsarzneimittel muss dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen: freier Warenverkehr  Gesundheitsschutz



Auslegung der Zweifelsfallregelung: keine Anwendung mehr bei in tatsächlicher Hinsicht verbleibenden Zweifel, sondern lediglich deklaratorische Bedeutung



die Definition des Funktionsarzneimittel ist in Bezug auf eine positive (therapeutische) Eignung auszulegen

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Perspektiven • Änderung des Lebensmittelrechts (diätet. Lebensmittel) • Bewertung der EFSA (Health Claims) • Nationale Listen für „sonstige Stoffe“ bei Nahrungsergänzungsmitteln (u.a. verbotene Stoffe, Stoffe mit Einschränkung etc.)  Stoffliste des Bundes und der Länder • Klärung wie der Arzneimittelbegriff bei sog. Lifestyleprodukten anzuwenden ist (Botox, Wimpern –oder Haarwachstumsmittel) • Änderung des Medizinprodukterechts (Bewertung, Klassifizierungsregeln) Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014

Rechtliche Grundlagen





Arzneimittelgesetz Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV) Verordnung über kosmetische Mittel (KosmetikV)

RL 2001/83/EG (RL zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel)

Basisverordnung 178/2002

Kosmetikrichtinie 76/768/EWG

Kosmetik Verordnung 1223/2009 ab Juli 2013

Nahrungsergänzungsmittelrichtinie 2002/46/EG

Guidance Document on the Demarcation between the Cosmetic Product Directive 76/768 and the Medicinal Products Directive 2001/83

Dr. Kerstin Stephan

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22.10.2014 BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) Adresse: Kurt-Georg-KiesingerAllee 3 D - 53175 Bonn Homepage: www.bfarm.de Telefon: + 49 228 20730

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Fax: + 49 228 207 5207 e-mail: [email protected]

Dr. Kerstin Stephan