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aba – Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. aba-Positionspapier zum Richtlinienvorschlag über die Tätigkeiten und die Beaufsicht...
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aba – Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V.

aba-Positionspapier zum Richtlinienvorschlag über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV-II) COM (2014) 167 Letzte Aktualisierung am 09. Febr. 2015

Die aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. ist der deutsche Fachverband für alle Fragen der betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst. Die aba vereinigt mit ihren ca. 1.200 Mitgliedern Unternehmen mit betrieblicher Altersversorgung, Versorgungseinrichtungen, versicherungsmathematische Sachverständige und Beratungshäuser, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sowie Versicherungen, Banken und Investmenthäuser. Satzungsgemäß setzt sich die aba neutral und unabhängig vom jeweiligen Durchführungsweg für den Bestand und Ausbau der betrieblichen Altersversorgung ein.

aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. Wilhelmstraße 138, 10963 Berlin  Postfach 61 01 91, 10922 Berlin

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Zusammenfassung

1. Die EbAV brauchen eine nachhaltige Richtlinie und keine Eigenmittelanforderungen nach dem Solvency-II-Vorbild. Die EbAV-II-RL muss Klarheit darüber schaffen, dass die Eigenmittelanforderungen der Versicherungswirtschaft dauerhaft und endgültig kein geeigneter Maßstab für EbAV sind. Die Erwägungsgründe 29 und 57 sollten ersatzlos gestrichen und die Arbeit am HolisticBalance-Sheet-Ansatz (HBS) – im Wesentlichen handelt es sich um eine unangemessene 1:1Übertragung des Solvency-II-Formelwerks auf EbAV mit dem untauglichen Versuch der Einbeziehung einzelner bAV-Besonderheiten – eingestellt werden. 2. Das Hauptziel der EbAV-Beaufsichtigung muss zur betrieblichen Altersversorgung passen – und nicht zur Solvency-II-RL. Es sollte daher lauten: „Unter Berücksichtigung des nationalen Arbeits- und Sozialrechts unterstützt die EbAV-RL die Errichtung und den Betrieb von EbAV, fördert ihr effizientes Management und Verwaltung sowie ihre Attraktivität für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und unterstützt den Schutz der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger." 3. Die EbAV-II-RL muss dem Charakter und insbesondere der bAV-typischen Dreiecksbeziehung zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und EbAV gerecht werden. EbAV haben einen sozialen Zweck. Die Verankerung der bAV im Arbeits- und Sozialrecht ist in der EbAV-RL angemessen zu berücksichtigen. EbAV mit sozialem Zweck stehen weder im Wettbewerb mit Finanzdienstleistern, insbesondere Lebensversicherungsunternehmen, noch mit anderen EbAV. 4. Angesichts der bAV-Vielfalt in der EU und der zentralen Rolle des nationalen Arbeits- und Sozialrechts in der bAV ist – statt delegierter Rechtsakte durch die EU-Kommission – mehr Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der RL-Umsetzung erforderlich. Delegierte Rechtsakte (Artikel 30, 24 Abs. 3 und 54 EbAV-II-E) führen zu einem ungeeigneten „one-size-fits-all“ Ansatz. Zudem dürfen zentrale Fragen, welche die Altersversorgung einer Mehrheit von Bürgern in den bevölkerungsreichsten EU-Staaten nachhaltig beeinflussen, nicht mittels delegierter Rechtsakte mit geringen Einflussnahmemöglichkeiten von Rat, EP und bAV-Stakeholdern geregelt werden. 5. Bei den Governance- und Risikomanagementanforderungen muss das Hauptaugenmerk auf eine praxisnahe rentenbezogene Risikobewertung gelegt werden: Die grundsätzliche Anforderung, dass die zentralen Funktionen bestehend aus Risikomanagement, Innenrevision und versicherungsmathematischer Funktion in der EbAV vom Trägerunternehmen zu trennen sind, treibt nicht nur einen Keil zwischen Einrichtungen und Trägerunternehmen und passt nicht zur bAV, sondern führt auch zu gewaltigen Ineffizienzen bei der Umsetzung der bAV. Häufig werden Principal-Agent-Probleme schon in der Struktur der EbAV vermieden. Dies sollte auch im Bereich der Vergütungspolitik angemessen berücksichtigt werden. Bei der rentenbezogenen Risikobewertung sollten die Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der RL-Umsetzung haben, um die erforderliche Anpassung an die vorhandenen EbAV (u.a. Rechtsbegründung der Zusage, Komplexität der Zusage selbst und deren Vernetzung mit anderen Zusagen des Unternehmens, Finanzierungsverfahren, Art der Risiken, Verteilung der Risiken zwischen Arbeitnehmer, EbAV und Arbeitgeber, Anzahl von Trägerunternehmen und deren Verhältnis zueinander, Finanzierung und Haftungskonstellationen, Existenz und Tragweite einer Insolvenzsi-

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cherungseinrichtung für EbAV und/oder Trägerunternehmen) vornehmen zu können. Keinesfalls darf der delegierte Rechtsakt jedoch zu einer methodischen Vorbereitung oder gar Einführung des HBS-Ansatzes durch die Hintertür führen. 6. Betriebsrenteninformationen müssen zu einem Mehrwert bei allen Begünstigten führen, der in Relation zu den Kosten stehen sollte. Der derzeitige Vorschlag orientiert sich offensichtlich zu stark an den Informationspflichten im Investment- und Verbraucherschutzbereich und ist daher für die kollektive bAV ungeeignet. EbAV sind keine Finanzinstitute und die Begünstigten sind nicht in der Position eines Verbrauchers. Zudem ist es schwer, die für Mitglieder relevanten Informationen der verschiedenen Systeme sachgerecht in einem einzigen Formular festzuhalten. Rentenanwartschaftsbescheide sollten einrichtungsspezifische Informationen enthalten. Um unnötige Informationen und hohe Kosten zu vermeiden, sollten die Mitgliedstaaten auch hier die Möglichkeit haben, die Anforderungen ihren jeweiligen Systemen anzupassen. Die Regelungen der EbAV-II-RL sollten sich daher auf Leitlinien und Prinzipien beschränken.

7. Die Folgenabschätzung, die die EU-Kommission mit dem RL-Vorschlag EbAV-II vorgelegt hat, ist nicht im ausreichenden Maße belastbar. Dies ist u. E. v. a. darauf zurückzuführen, dass die EUKommission ihren eigenen Ansprüchen in den Impact Assessment Guidelines der EU-Kommission nur unzureichend gerecht wurde.

8. Im Hinblick auf die grenzüberschreitende Tätigkeit von EbAV ist der RL-Vorschlag EbAV II ein Schritt in die richtige Richtung. Der RL-Vorschlag wird allerdings nicht dazu führen, dass EbAV in Zukunft verstärkt grenzüberschreitend tätig werden, zumal auch die wichtigsten Hindernisse hierfür außerhalb einer Aufsichts-RL liegen. Ein funktionierender Mechanismus für Bestandsübertragungen (Übertragung eines „Altersversorgungssystem“ wie in Art. 6b definiert) ist eine Grundvoraussetzung für die Effizienz von kollektiver betrieblicher Altersversorgung. Eine Fragmentierung von Zusagen sollte daher vermieden werden. 9. EbAV sollten die Möglichkeit behalten, ihre Risiken (Langlebigkeit, Invalidität, Hinterbliebenenschutz) über eine Rückversicherung abzudecken, was eine Änderung der Solvency-II-Richtlinie notwendig macht. Dies könnte über eine Ergänzung in Art. 76 des vorliegenden EbAV-II-Vorschlags geregelt werden. 10. Den Besonderheiten der bAV muss auch bei den künftigen Verhandlungen der EbAV-RL in angemessener Weise Rechnung getragen werden. Wir sprechen uns daher im Hinblick auf den RL-Vorschlag EbAVII für eine gleichberechtigte Zuständigkeit von DG MARKT und DG EMPL einerseits sowie der EPAusschüsse ECON und EMPL andererseits aus. Für Rückfragen stehen Ihnen gern zur Verfügung: Klaus Stiefermann (Geschäftsführer der aba) – Tel.: 030 3385811-10 – [email protected] Dr. Cornelia Schmid – Tel.: 030 3385811-60 – [email protected]

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aba-Positionen zum Richtlinienvorschlag EbAV-II Am 27. März 2014 hat die EU-Kommission den seit langem erwarteten RL –Vorschlag EbAV-II vorgelegt. Der RLVorschlag enthält 81 Artikel und die Kompetenz zum Erlass drei delegierter Rechtsakte (Artikel 30, 24 Abs. 3 und 54 EbAV-II-E). Mit diesem Richtlinienvorhaben wird die EbAV-Richtlinie (RL 2003/41 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung) neu gefasst. Die Rechtsgrundlagen des Richtlinienvorschlags selbst sind auch in der Neufassung der RL beibehalten worden (jetzt Art. 53, 62 und 114 Abs. 1 Vertrag über die Arbeitsweise der EU), wonach auch die EbAV-II-RL der Schaffung eines europäischen Binnenmarktes auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung (bAV) dienen soll. Unter die EbAV-RL, die bislang nur EU-weit aufsichtsrechtliche Mindeststandards für EbAV gesetzt hat, fallen in Deutschland Pensionskassen und Pensionsfonds. Zu den Schwerpunkten des RL-Vorschlags EbAV II zählen neue Anforderungen an Governance und Risikomanagement sowie Verpflichtungen der Einrichtungen zu ausführlichen Informationen für Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger. Die aba teilt das allgemeine Ziel dieses Vorschlags der EU-Kommission, die Entwicklung der bAV europaweit zu fördern (S. 4, Kapitel 1.1 EbAV-II-E). Wir bezweifeln jedoch, dass der vorliegende RL-Vorschlag tatsächlich einen Beitrag zum dringend erforderlichen Ausbau der bAV leisten kann – vielmehr befürchten wir das Gegenteil. Zu bedenken geben wir insbesondere: 1. Die EbAV brauchen eine nachhaltige Richtlinie und keine Eigenmittelanforderungen nach dem SolvencyII-Vorbild. Arbeitgeber und Arbeitnehmer gehen bei der bAV jahrzehntelange Verpflichtungen ein, verlässliche arbeitsrechtliche, steuerliche und im Hinblick auf EbAV auch aufsichtsrechtliche Regelungen sind daher wichtig. Die inzwischen mehrjährige Diskussion, insbesondere um eine Übertragung von Solvency-II ähnlichen Eigenmittelanforderungen, hat bei zahlreichen Arbeitgebern zu Verunsicherung und einem Abwarten geführt. Die Folge ist, dass Maßnahmen zur Gründung oder zum weiteren Ausbau von EbAV seit Jahren in der Warteschleife sind. Mit der EbAV-II-RL muss die bAV endlich aus dieser Warteschleife kommen.  Die EbAV-II-RL muss Klarheit darüber schaffen, dass die Eigenmittelanforderungen der Versicherungswirtschaft dauerhaft und endgültig kein geeigneter Maßstab für EbAV sind. Die aba fordert, in der EbAV-RL ein eigenständiges, angemessenes und finanzierbares Aufsichtsregime für EbAV zu schaffen, das ihre spezifischen Besonderheiten angemessen berücksichtigt. Der RL-Vorschlag EbAV-II enthält keine neuen Eigenmittelanforderungen für EbAV basierend auf dem Holistic-Balance-Sheet-Ansatz (HBS-Ansatz), bei dem es sich im Wesentlichen um eine unangemessene 1:1Übertragung des Solvency-II-Formelwerks auf EbAV mit dem Versuch der Einbeziehung einzelner bAVBesonderheiten handelt. Dies ist zu begrüßen, gleichwohl sollte man im RL-Vorschlag EbAV II zur Kenntnis nehmen: -

In Art. 75 EbAV-II-E ist eine allgemeine Überprüfungspflicht der EU-Kommission für die EbAV-II-RL innerhalb von 4 Jahren nach Inkrafttreten der EbAV-II-RL vorgesehen. Erwägungsgrund 57 EbAV-II-E wird hier jedoch bereits konkreter: „ … Beurteilt werden sollte im Rahmen dieser Überprüfung insbesondere die Anwendung der Bestimmungen zur Berechnung der technischen Rückstellungen, zur Finanzierung

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der technischen Rückstellungen, zu den aufsichtsrechtlichen Eigenmitteln, den Solvabilitätsspannen, den Anlagevorschriften und sonstigen die Solvabilitätslage der Einrichtung betreffenden Aspekten.“ -

Der Erwägungsgrund zum Art. 17 der EbAV-I-RL („Aufsichtsrechtliche Eigenmittel“), wonach EbAV, die selbst Risiken tragen, mindestens über die gleichen zusätzlichen Eigenmittel verfügen sollten wie Lebensversicherungsunternehmen, wurde als Erwägungsgrund 29 im RL-Vorschlag EbAV-II beibehalten.

Ferner verfolgt die aba mit großer Sorge die zielgerichtete Weiterarbeit der Europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA am HBS-Ansatz. Allein fünf Unterarbeitsgruppen des EIOPA-Ausschusses für betriebliche Altersversorgung (Occupational Pensions Committee) arbeiten derzeit daran. Für das vierte Quartal 2014 wird eine EIOPA-Konsultation zu einem umfangreichen Themenkatalog erwartet.  Die Erwägungsgründe 29 und 57 EbAV-II-E sollten ersatzlos gestrichen werden. 2. Das Hauptziel der EbAV-Beaufsichtigung muss zur betrieblichen Altersversorgung passen – und nicht zur Solvency-II-RL. Da die Anforderungen in einer Richtlinie nach den in der Richtlinie festgelegten Zielen entwickelt werden, hat das Hauptziel der EbAV-Beaufsichtigung u.E. eine weitreichende Bedeutung. Die Definition eines angemessenen Ziels ist daher die zentrale Voraussetzung für angemessene Regelungen in der EbAV-II-RL. Das Hauptziel der Beaufsichtigung im RL-Vorschlag EbAV-II (Art. 59)1 und in der Solvency-II-RL (Art. 27)2 sind fast wortgleich definiert. Beide Artikel definieren den Schutz der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger bzw. der Versicherungsnehmer und Begünstigten von Versicherungsleistungen als das Hauptziel der Beaufsichtigung. Der vorgeschlagene alleinige Fokus auf den Schutz der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger passt nicht in die bAV, die von Arbeitgebern und Sozialpartnern auf freiwilliger Basis solidarisch organisiert wird und deren Stakeholder gleichgerichtete Interessen haben. Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger in der bAV sind in erster Linie durch das nationale Arbeits- und Sozialrecht geschützt.  Um dem Kern der bAV und dem Unterschied gegenüber Lebensversicherungsunternehmen Rechnung zu tragen, sollte das Hauptziel der EbAV-Beaufsichtigung in Art. 59 wie folgt definiert werden: „Unter Berücksichtigung des nationalen Arbeits- und Sozialrechts unterstützt die EbAV-RL die Errichtung und den Betrieb von EbAV, fördert ihr effizientes Management und Verwaltung sowie ihre Attraktivität für

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Artikel 59 Hauptziel der Beaufsichtigung: „Hauptziel der Beaufsichtigung ist der Schutz von Versorgungsanwärtern und Leistungsempfängern.“ 2 Artikel 27 Hauptziel der Beaufsichtigung: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichtsbehörden mit den notwendigen Mitteln ausgestattet sind und über das einschlägige Fachwissen sowie einschlägige Kapazitäten und über das entsprechende Mandat verfügen, um das Hauptziel der Beaufsichtigung, und zwar den Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen, zu erreichen.“

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Arbeitgeber und Arbeitnehmer und unterstützt den Schutz der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger."3 Entsprechend sollte auch der dazugehörige Erwägungsgrund 51 formuliert werden. 3. Die EbAV-II RL muss dem Charakter und insbesondere der bAV-typischen Dreiecksbeziehung zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und EbAV gerecht werden: Die Richtlinie verwendet mehrfach den Begriff „betriebliche Altersversorgung“ („occupational pensions“), ohne diesen bei den Begriffsbestimmungen zu definieren und von der privaten Altersvorsorge („personal pensions“) abzugrenzen. Auch die Definition des Trägerunternehmens (Art. 6 c EbAV-II-E) nimmt keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis. Nur die methodisch saubere Verankerung im Arbeitsverhältnis gewährleistet eine sachgerechte Ableitung für das Dreiecksverhältnis „Trägerunternehmen-Begünstigte-EbAV“. Im RL-Vorschlag EbAV-II wurde die relativ unspezifische Definition des Begriffs „Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung“ (Art. 6 (a)) aus der EbAV-I-RL beibehalten. Unverändert und zu Unrecht werden EbAV auch als Anbieter von Finanzdienstleistungen (Erwägungsgrund 20 EbAV-II-E) gesehen. Es verwundert daher nicht, dass ein Teil der vorgesehenen Regelungen auf EbAV nicht passt, bei denen Arbeitgeber/Unternehmen oder Sozialpartner kapitalgedeckte Altersversorgung als Sozialleistung organisieren. -

Die EbAV haben einen sozialen Zweck: EbAV sind Altersversorgungseinrichtungen mit einem sozialen Zweck, sie tragen in einem hohen Maße Verantwortung für die bAV und sind zu einer unverzichtbaren Ergänzung der Leistungen aus den staatlichen Systemen der 1. Säule geworden. Dies hat auch Kommissar Laszlo Andor in der Vergangenheit betont. Dem sozialen Zweck von EbAV und dem dreiseitigen Verhältnis von Arbeitgeber, Arbeitnehmer und EbAV muss angemessen Rechnung getragen werden. In der neuen Richtlinie sollte dies der wichtigste Leitgedanke sein. EbAV arbeiten im Allgemeinen nicht gewinnorientiert für Außenstehende (wie etwa Aktionäre), die Sozialpartner oder Vertreter der Begünstigten sind im Regelfall in den obersten Organen der Einrichtungen vertreten und dadurch unmittelbar an den Entscheidungsprozessen beteiligt. Die bAV gegenüber dem Begünstigten wird in erster Linie durch das Arbeits- und Sozialrecht geregelt, das zugunsten der Beschäftigten bereits ein hohes Schutzniveau sicherstellt.

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Die Verankerung der bAV im Arbeits- und Sozialrecht ist in der EbAV-RL angemessen zu berücksichtigen: Es ist zutiefst enttäuschend, das der RL-Vorschlag das für die bAV zentrale Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. Tarifvertragsparteien kaum beachtet und mit in die Vorschriften einbezieht. Wir fordern, dass in der EbAV-II-RL durchgehend – d. h. sowohl in den Erwägungsgründen als auch in den Artikeln selbst – diesem Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch angemessene Regelungen Rechnung getragen wird. Eine weitgehende Übertragung der individuellen Verbraucherschutzregeln auf kollektive Altersversorgungssysteme (siehe v.a. Informationspflichten; Fokus ausschließlich auf aufsichtsrechtlichen Schutz von Versorgungsanwärtern und Leistungsempfängern ohne Berücksichtigung des arbeits- und sozialrechtlichen Schutzes in der bAV) würde zu unnötigen Kostensteigerungen führen – und dies ohne Mehrwert für die Begünstigten, jedoch zu Lasten der Attraktivität

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“Taking into account national social and labour law, the IORP Directive supports the establishment and operation of IORPs, encourages their efficient management and administration, enhances their attractiveness for employees and employers and supports the protection of members and beneficiaries.”

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der bAV aus Sicht von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Kollektive Lösungen zum Ausbau der kapitalgedeckten Altersversorgung, verbunden mit zusätzlichen arbeitsrechtlichem Schutz für die Begünstigten, sollten gefördert statt zerstört werden!  Wir regen daher an, die in Art. 61 EbAV-II-E vorgesehenen allgemeinen Aufsichtsgrundsätze um folgende zwei Prinzipien zu ergänzen: „Der soziale Zweck von EbAV sollte bei ihrer Beaufsichtigung berücksichtigt werden. EbAV arbeiten in Übereinstimmung mit dem nationalen Sozial-und Arbeitsrecht und sind fest eingebunden in ein Beschäftigungsverhältnis. Ihr Ziel ist eine Zusatzrente für Arbeitnehmer.“ „Alles, was in der betrieblichen Altersversorgung unter nationalem Arbeits-und Sozialrecht (insbesondere Änderungen des Pensionsplans) rechtmäßig ist, sollte auch aufsichtsrechtlich für EbAV zulässig sein." Die Definition des Anwendungsbereichs des Aufsichtsrechts (Art. 60 EbAV-II-E) könnte dazu führen, dass das nationale Arbeits-und Sozialrecht untergraben und ein Blankoscheck für EU-Kommission und EIOPA zur Regulierung ohne Rücksicht auf das nationale Sozial-und Arbeitsrecht geschaffen wird.  Um dies zu vermeiden, schlagen wir vor, in einem zweiten Absatz von Art. 60 klarzustellen, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Richtlinie das nationale Sozial-und Arbeitsrecht berücksichtigen müssen. -

EbAV mit sozialem Zweck stehen nicht im Wettbewerb mit Finanzdienstleistern, insbesondere Lebensversicherungen, oder anderen EbAV. Wir teilen nicht den Fokus der EU Kommission auf Verbraucherschutz, die Sorge um Aufsichtsarbitrage zwischen den einzelnen Finanzdienstleistungsbranchen und Aufsichtsarbitrage zwischen Mitgliedstaaten (siehe S. 7 EbAV-II-E). Die meisten EbAV haben einen sehr begrenzten Geschäftsbereich, und zwar beschränkt auf ein oder mehrere Unternehmen oder eine Branche. Zudem bestehen in vielen Fällen sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebene Pflichtmitgliedschaften. Die Vorstellung, dass alle im unternehmerischen Wettbewerb stehen und sich einen gemeinsamen Markt mit Finanzdienstleistern teilen, ist daher grundlegend falsch. Dies zeigen auch die regelmäßigen Untersuchungen von EIOPA, die seit Jahren innerhalb der EU durchgehend nur etwa 80 grenzüberschreitend tätige EbAV feststellen. In der bAV steht der Schutz der Begünstigten im Vordergrund, der im nationalen Arbeits-und Sozialrecht verankert ist und sichergestellt wird. Originäre „Verbraucher“ gibt es im Rahmen der bAV deshalb nicht. Leistungsversprechender wie Sicherungsgeber gleichermaßen ist der die bAV zusagende Arbeitgeber.

4. Angesichts der bAV-Vielfalt in der EU, der zentralen Rolle des nationalen Arbeits- und Sozialrechts in der bAV und der fehlenden Kompetenz der Europäischen Union zur EU-weiten Regelung auf diesem Gebiet ist – statt delegierter Rechtsakte durch die EU-Kommission – mehr Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der RL-Umsetzung erforderlich. Die künftige Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen EU-Aufsichtsrecht und nationalem Arbeits- und Sozialrecht sollte die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Gestaltung ihres Rentensystems respektieren. Die EbAV-II-RL sollte daher einen allgemeinen Rahmen für EbAV schaffen und den Mitgliedstaaten ausreichend Spielraum lassen, in der RL-Umsetzung ihr nationales Arbeits-

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und Sozialrecht zu berücksichtigen. Die historische Vielfalt in der bAV ist insbesondere ein Ergebnis der unterschiedlichen Rolle der bAV in den Mitgliedstaaten als Ergänzung der gesetzlichen Altersversorgung. Die bAV-Systeme sind durch ein unterschiedliches Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht ganz erheblich geprägt. Die Weiterentwicklung der bAV fällt in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Dies auf die EU-Ebene zu verlagern, wäre ein Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip. Seit Dezember 2009 können das Europäische Parlament (EP) und der Rat die EU-Kommission basierend auf dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ermächtigen, delegierte Rechtsakte (Art. 290 AEUV) und Durchführungsrechtsakte (Art. 291 AEUV) zu erlassen. Das Ziel dieser Rechtsakte ist es, die Effizienz des Entscheidungsprozesses zu erhöhen, gleichzeitig aber sicherzustellen, dass das Parlament und der Rat eine gewisse Kontrolle über die Prozesse behalten. Zu delegierten Rechtsakten sieht Art. 290 Abs. 2 AEUV vor, dass sie nur in Kraft treten können, wenn das EP oder der Rat innerhalb der im Gesetzgebungsakt festgelegten Frist keine Einwände erhebt. Das EP beschließt hierfür mit der Mehrheit seiner Mitglieder und der Rat mit qualifizierter Mehrheit. Wir verstehen dies so, dass EP und Rat zwar den delegierten Rechtsakten widersprechen können, aber keine Änderungsanträge stellen dürfen. Es ist wahrscheinlich, dass die EU-Kommission in Vorbereitung der delegierten Rechtsakte einen Call for Advice an die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA geben wird und die Stakeholder in irgendeiner Form einbezieht. Unklar ist u.E. jedoch, wie dies konkret vonstatten gehen wird. Die in den Artikeln 30, 24 Abs. 3 und 54 EbAV-II-E vorgesehene EU-weite Harmonisierung durch delegierte Rechtsakte ist weder sinnvoll noch notwendig und deshalb abzulehnen: -

Delegierte Rechtsakte führen zu einem ungeeigneten „one-size-fits-all“ Ansatz: Bei den vorgesehenen Informationspflichten werden in den Grundsätzen zu den Auskunftspflichten gegenüber den Versorgungsanwärtern und Leistungsempfängern (Art. 38 EbAV II-E) die Mitgliedstaaten „je nach Art des Altersversorgungssystems“ verpflichtet sicherzustellen, dass „ihre“ EbAV gemäß den Artikeln 39 bis 53 und Artikeln 55 bis 58 EbAV-II-E informieren. Jedoch sehen weder der Text des RL-Vorschlags noch die delegierten Rechtsakte für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vor, diesen “one-size-fits-all”-Ansatz (für Beitrags- und Leistungszusagen sowie für Individual- und Kollektivsysteme) der EU-Kommission auf ihre EbAV wirklich anzupassen. Gerade auch im Hinblick auf die Informationspflichten ist nicht nachvollziehbar, dass die Anforderungen „als Mindeststandards angelegt und auf unterschiedliche Geschäftsmodelle zugeschnitten“ (S. 8 EbAV II-E) sein sollen und damit zur Förderung der bAV beitragen sollen.

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Zentrale Fragen, welche die Altersversorgung einer Mehrheit von Bürgern in den bevölkerungsreichsten EU-Ländern nachhaltig beeinflussen, sollten nicht über delegierte Rechtsakte mit geringen Einflussnahmemöglichkeiten von Rat, EP und bAV-Stakeholdern geregelt werden: Durch den delegierten Rechtsakt für die rentenbezogene Risikobewertung (Art. 30 EbAV-II-E) werden ganz zentrale Fragen der Regulierung (v.a. Methoden zur Erkennung und Bewertung der Risiken) auf eine europäische Ebene mit nur geringen Einflussmöglichkeiten für EP, Rat und betroffene EbAV gehoben. Dies könnte Art. 290 Abs. 1 dem Vertrag über die Arbeitsweise der EU widersprechen, wonach der EUKommission in Gesetzgebungsakten nur die Befugnis für „Ergänzung und Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften“ übertragen werden kann. Die EbAV-II-RL sollte deshalb stattdessen für die

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Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der RL-Umsetzung und damit eine sachgerechte und notwendige Anpassung an die vorhandenen EbAV vorsehen. 5. Bei den Governance- und Risikomanagementanforderungen muss das Hauptaugenmerk auf die rentenbezogene Risikobewertung gelegt werden: Die im RL-Vorschlag EbAV-II vorgesehenen Anforderungen scheinen sich grundsätzlich nicht stark von den derzeit in Deutschland gültigen Anforderungen für Pensionskassen und Pensionsfonds zu unterscheiden. Entscheidend für die Einschätzung der zu erwartenden Regulierung in diesem Bereich ist daher, welche zusätzlichen Anforderungen sich durch die „Rentenbezogene Risikobewertung“ (Art. 29 und Art. 30 EbAV-II-E) ergeben werden. -

Die grundsätzliche Anforderung, dass die zentralen Funktionen bestehend aus Risikomanagement, Innenrevision und versicherungsmathematische Funktion in der EbAV vom Trägerunternehmen zu trennen sind, treibt nicht nur einen Keil zwischen Einrichtungen und Trägerunternehmen und passt nicht zur bAV, sondern führt auch zur Entstehung von gewaltigen Ineffizienzen bei der Umsetzung der bAV (Art. 25 Abs. 3 EbAV-II-E). Einer der zentralen Effizienzvorteile der bAV ist, dass hierfür auf die Ressourcen des Trägerunternehmens zugegriffen wird. Eine Funktionstrennung wäre nur gerechtfertigt, wenn in der Funktionsausübung typischerweise ein Interessenkonflikt zwischen Trägerunternehmen und EbAV drohen würde. Eine derartige Gefahr kann regelmäßig dann nicht bestehen, wenn der Arbeitgeber aufgrund seiner Subsidiärhaftung ein eigenes Interesse an der jederzeit sach- und fachgerechten Ausübung der zentralen Funktionen hat.  Als Standard sollte daher die Ausübung ähnlicher Funktionen bei EbAV und Trägerunternehmen zulässig sein – und nicht umgekehrt. Es sollte ausreichen, wenn die Aufsicht in begründeten Fällen eine Trennung verlangen kann. Dies würde auch dem Ziel von Erwägungsgrund 7 entsprechen, wonach die „in dieser Richtlinie festgelegten Aufsichtsvorschriften […] gleichermaßen ein hohes Maß an Sicherheit für die zukünftigen Rentner durch strenge Aufsichtsstandards gewährleisten und eine effiziente Verwaltung der betrieblichen Altersversorgungssysteme ermöglichen“.

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Häufig werden Principal-Agent-Probleme schon in der Struktur der EbAV vermieden, was auch im Bereich der Vergütungspolitik angemessen berücksichtigt werden sollte. Im Hinblick auf die Vergütungspolitik ist ein umfangreicher delegierter Rechtsakt vorgesehen (Art. 24 Abs. 3 EbAV-II-E), insbesondere sollen dort auch die „Periodizität, Modalitäten und Inhalt der Veröffentlichung“ festgelegt werden. Dabei betrifft die Vergütungspolitik nicht nur den Vorstand und Aufsichtsrat, sondern auch die Inhaber von zentralen Funktionen und andere Mitarbeiter, deren Tätigkeiten das Risikoprofil der EbAV wesentlich beeinflussen können. Dies gilt einschließlich der zentralen Funktionen und anderen Tätigkeiten, die von der EbAV ausgelagert wurden. Wir teilen das Ziel der EU-Kommission, Interessenkonflikte und Principal-Agent-Probleme zu vermeiden. Im RL-Vorschlag EbAV-II bleibt allerdings unberücksichtigt, dass die zum Teil in den Mitgliedstaaten bestehenden EbAV-Strukturen dem Entstehen derartiger Probleme vorbeugen oder zumindest entgegenwirken. Viele der in Art. 24 vorgesehenen Regeln zur Vergütungspolitik passen daher auf die

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meisten deutschen EbAV nicht. So sind in Deutschland einerseits die Begünstigten oder ihre Vertreter in der Regel über verschiedene Gremien in der EbAV eingebunden, andererseits haftet der Arbeitgeber für die zugesagte Leistung. Interessenskonflikte und die Übernahme zu hoher Risiken sollten durch die Struktur der EbAV selbst vermieden werden. EbAV haben sich in den verschiedenen Mitgliedstaaten neben der ersten Säule ganz unterschiedlich entwickelt. Sie sind ganz erheblich vom nationalen Arbeits- und Sozialrecht geprägt und die Sozialpartner spielen zum Teil eine zentrale Rolle. Diese Vielfalt sollte anerkannt werden. Die EbAV-II-RL sollte daher nur einen Rahmen für die Vergütungspolitik setzen, die Details aber sollten - auch vor dem Hintergrund, dass es hier bislang in Deutschland noch nie zu Problemen gekommen ist - den Mitgliedstaaten überlassen werden. Nur so können funktionierende Strukturen zur Interessenskonfliktvermeidung angemessen berücksichtigt werden. Gleiches gilt für die Orientierung der Vergütungspolitik einer EbAV, die sich infolge von Doppelfunktion und Effizienz der bAV zum Teil eher an der des Trägerunternehmens orientiert. -

Die Vorgaben für die künftig von den EbAV durchzuführende „rentenbezogene Risikobewertung“ (Art. 29 EbAV-II-E) sind im RL-Vorschlag noch sehr vage. Auch hier sollte die Vielfalt der Betriebsrentensysteme in den Mitgliedstaaten anerkannt werden und die detaillierteren Regelungen zu Art. 29 EbAV-II-E sollten durch die Mitgliedstaaten selbst festgelegt werden. Ein delegierter Rechtsakt durch die EUKommission - wie in Art. 30 EbAV-II-E vorgesehen - ist für eine derart zentrale Regulierung unangemessen. Zudem wäre es unwahrscheinlich, dass die dort festzulegenden Methoden zur Erkennung und Bewertung der Risiken das nationale Arbeits- und Sozialrecht adäquat berücksichtigen würden. Die EbAVII-RL sollte deshalb stattdessen für die Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der RL-Umsetzung und damit eine Anpassung an die vorhandenen EbAV (u.a. Rechtsbegründung der Zusage, Komplexität der Zusage selbst und deren Vernetzung mit anderen Zusagen des Unternehmens, Finanzierungsverfahren, Art der Risiken, Verteilung der Risiken zwischen Arbeitnehmer, EbAV und Arbeitgeber, Anzahl von Trägerunternehmen und deren Verhältnis zueinander, Finanzierung und Haftungskonstellationen, Existenz und Tragweite einer Insolvenzsicherungseinrichtung für EbAV und/oder Trägerunternehmen) vorsehen. Keinesfalls darf der delegierte Rechtsakt jedoch zu einer methodischen Vorbereitung oder gar Einführung des HBS-Ansatzes durch die Hintertür führen. Wir begrüßen daher zumindest die Aussage in Art. 30 EbAV-II-E, dass über den delegierten Rechtsakt die „in dieser Richtlinie festgelegten Finanzierungsvorschriften nicht verschärft werden“.

6. Betriebsrenteninformationen müssen zu Mehrwert bei allen Begünstigten führen, der in Relation zu den Kosten stehen sollte: Für die meisten Begünstigten deutscher EbAV bringen die vorgeschlagenen Informationspflichten keinen Mehrwert. Der Grund hierfür ist, dass die neuen umfangreichen Informationspflichten gegenüber den potenziellen und bestehenden Versorgungsanwärtern und gegenüber Leistungsempfängern in Art. 38 bis 58 EbAV-II-E zum einen im Wesentlichen für Auskünfte an Begünstigte bei (reinen) Beitragszusagen konzipiert sind und sich zum anderen (zu) stark an Informationspflichten aus dem Bereich der Retail-Finanzprodukte orientieren, die offensiv vertrieben werden, bei denen wesentliche Entscheidungen im Kapitalanlagebereich beim Individuum liegen und die teils erhebliche Risiken beinhalten.

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Es ist schwer, die für Mitglieder relevanten Informationen der verschiedenen Systeme in einem einzigen Formular festzuhalten: Die Informationen, die im „Rentenanwartschaftsbescheid“ ab Art. 40 gefordert werden, stammen deutlich aus dem Bereich der (reinen) Beitragszusagen. Dennoch werden diese Anforderungen auf alle Systeme (Leistungszusagen und beitragsorientierte Leistungszusagen) angewandt, und dies obwohl Beitrags- und Leistungszusagen sehr unterschiedliche Leistungen, Wahlmöglichkeiten und Risiken für die Begünstigten mit sich bringen. Zudem ist der Rentenanwartschaftsbescheid gleichermaßen für individuelle und kollektive Systeme vorgesehen, auch wenn bei kollektiven Systemen die Begünstigten bzw. ihre Vertreter in den Entscheidungsgremien vertreten sind und der einzelne Begünstigte keine oder kaum Wahlmöglichkeiten hat, wie zum Beispiel bei einer tarifvertraglich geregelten Einbeziehung. So sieht der „one-size-fits-all“ Ansatz des neuen Rentenanwartschaftsbescheides umfangreiche standardisierte Informationen vor (wie z.B. die Individualisierung der Kostenaufschlüsselungen in Art. 49 Abs. 1f EbAV-II-E, die oft schwer und teuer zu ermitteln ist bzw. nur mit groben Schätzungen und allenfalls für reine Beitragszusagen passen; sehr differenzierte Informationspflichten zum Anlageprofil (Art. 51 EbAV-II-E) und der früheren Performance (Art. 52 EbAV-II-E), die insbesondere für kollektive Leistungssysteme, bei denen der einzelne Begünstigte keinen Einfluss auf die Kapitalanlage hat, nicht zweckdienlich sind). Der Mehrwert solcher zusätzlichen Informationen ist aus unserer Sicht nicht gegeben. Die Sinnhaftigkeit individualisierter Kostenaufschlüsselung fehlt gänzlich bei rein arbeitgeberfinanzierten Betriebsrentenzusagen, bei denen der Arbeitgeber qua definitionem die gesamten Kosten übernimmt. Im Jahr 2011 gab es in Deutschland in 27 % der Betriebsstätten in der Privatwirtschaft ausschließlich arbeitgeberfinanzierte bAV. Dazuzählen müsste man aber noch die arbeitgeberfinanzierte bAV in jenen Betriebsstätten, in denen es sowohl arbeitgeberfinanzierte als auch arbeitnehmerfinanzierte bAV gibt.4 Hinzu kommt, dass manche Anforderungen bei kollektiven Systemen durch die EbAV technisch überhaupt nicht umsetzbar sind. So oder so ist die Gewinnung der geforderten Informationen mit signifikanten Kosten verbunden (siehe aba Kostenschätzung auf der aba Website), die regelmäßig die zu erwartenden Leistungen verringern werden.

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EbAV sind keine Finanzinstitute und die Begünstigten sind ebenso wenig in der Position eines Verbrauchers: Dieser “one-size-fits-all”-Ansatz (für Beitrags- und Leistungszusagen sowie für Individual- und Kollektivsysteme) übergeht zudem den Unterschied zwischen bAV-Begünstigten und „Verbrauchern“ von Finanzprodukten und führt zur Anwendung von Regelungen, die aus dem Investment- und Verbraucherschutz-Bereich (wie dem Key Information Document) kommen, unabhängig von der Art der bAV-Zusage und des bAV-Systems. Sind die Begünstigten bzw. ihre Vertreter über verschiedene Gremien in der EbAV eingebunden und haftet der Arbeitgeber für die zugesagte Leistung, dann ist keine Informationsasymmetrie vorhanden, wie sie beim Vertrieb von Retail-Finanzprodukten gegeben ist. Da Begünstigte häufig keine oder nur eingeschränkte Wahlmöglichkeiten haben und der Arbeitgeber die Kosten ganz oder teilweise trägt, besteht bei den Begünstigten auch kein mit Finanzprodukten vergleichbarer Informationsbedarf.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Alterssicherungsbericht 2012, S. 140.

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Rentenanwartschaftsbescheide sollten einrichtungsspezifische Informationen enthalten: Bei der Formulierung der Auskunftspflichten an die Begünstigten in der bAV sollte daher der informationelle Mehrwert eines spezifischen bAV-Systems und die damit verbundenen Kosten im Vordergrund stehen – doch diese Idee findet sich im RL-Vorschlag EbAV-II nicht. Zu befürchten sind daher für die deutschen EbAV ein steigender organisatorischer Aufwand und Kosten, mit dem kein ersichtlicher Mehrwert für die Begünstigten einhergehen wird. Zusätzliche Kosten werden in den meisten Fällen von den Begünstigten getragen und dadurch zu einem niedrigeren Rentenniveau führen.

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Um unnötige Informationen und hohe Kosten zu vermeiden, sollten die Mitgliedstaaten auch hier die Möglichkeit haben, die Anforderungen ihren jeweiligen Systemen anzupassen: Leistungszusagen (DB), Beitragszusagen (DC) oder Mischformen sowie den verschiedenen Leistungen, Wahlmöglichkeiten und Risiken, die diese ihren Begünstigten eröffnen. Für kollektive Betriebsrentensysteme mit Pflichtmitgliedschaften und ohne Wahlmöglichkeiten der Begünstigten, bei denen der Arbeitgeber für die zugesagte Leistung haftet und die Kosten ganz oder in erheblichem Maße durch das Trägerunternehmen getragen werden sowie alle Erträge den Begünstigten zustehen, sind die vorgesehenen Informationsanforderungen weder sinnvoll noch akzeptabel.

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Die EbAV-II RL sollte sich daher auf Leitlinien und Prinzipien beschränken. Jeder Mitgliedstaat sollte dann die nationalen Anforderungen entsprechend seiner bAV-Systeme festlegen können. Dieser Ansatz würde den Wesensgehalt des Rentenanwartschaftsbescheids bewahren und zugleich sicherstellen, dass die Informationen angemessen sind. Dringend notwendig ist daher eine Änderung von Art. 54 EbAV II-E, der für die noch ausstehenden Konkretisierungen einen delegierten Rechtsakt der Kommission vorsieht. Hier ist die Kompetenz zum Erlass des delegierten Rechtsakts zu streichen und vielmehr durch einen angemessenen Umsetzungsrahmen für die einzelnen Mitgliedstaaten zu ersetzen.

7. Die Folgenabschätzung, die die EU-Kommission mit dem RL-Vorschlag EbAV-II vorgelegt hat, ist nicht in ausreichendem Maße belastbar: Die Folgenabschätzung erfuhr auch bei ihrer zweiten Vorlage vom Ausschuss der EU-Kommission für Folgenabschätzung keine Zustimmung (siehe S. 6 EbAV-II-E). Dies ist u.E. v.a. darauf zurückzuführen, dass die EU-Kommission ihren eigenen Ansprüchen in den Impact Assessment Guidelines der EU-Kommission nur unzureichend gerecht wurde. Zahlreiche Aussagen in der Folgenabschätzung zu deutschen EbAV können nicht bestätigt werden (siehe aba Kommentar zum Impact Assessment auf der aba Website). Die aba rechnet allein für die Informationspflichten an Begünstige bei deutschen EbAV mit Belastungen in Höhe von 94,8 Mio. Euro für die einmalige Einführung und mit 16,5 Mio. Euro jährlich an laufenden Kosten. Die Gesamtkosten der Einführung werden auf EUR 132,7m geschätzt, die laufenden Kosten auf EUR 43,3m (für weitere Schätzungen siehe aba Kostenschätzung auf der aba Website). 8. Im Hinblick auf die grenzüberschreitende Tätigkeit von EbAV ist der RL-Vorschlag EbAV-II ein Schritt in die richtige Richtung. Zu bedauern ist allerdings, dass bei grenzüberschreitender Tätigkeit weiterhin die jederzeitige vollständige Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen vorgesehen ist (Art. 15 Abs. 3 EbAV-II-E). Der RL-Vorschlag wird nicht dazu führen, dass EbAV in Zukunft verstärkt grenzüberschreitend tätig werden, zumal auch die wichtigsten Hindernisse hierfür außerhalb einer Aufsichts-RL liegen.

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Ein funktionierender Mechanismus für Bestandsübertragungen (Übertragung eines „Altersversorgungssystem“ wie in Art. 6b definiert) ist eine Grundvoraussetzung für die Effizienz von kollektiver betrieblicher Altersversorgung. Eine Fragmentierung von Zusagen sollte daher vermieden werden. 9. EbAV sollten die Möglichkeit behalten, ihre Risiken (Langlebigkeit, Invalidität, Hinterbliebenenschutz) über eine Rückversicherung abzudecken, was eine Änderung der Solvency-II-Richtlinie notwendig macht. Dies könnte über eine Ergänzung in Art. 76 des vorliegenden EbAV-II-Vorschlags geregelt werden. 10. Den Besonderheiten der bAV sollte auch bei den künftigen Verhandlungen der EbAV-RL in angemessener Weise Rechnung getragen werden: In den kommenden Monaten wird die Kompetenzverteilung innerhalb der EU-Kommission neu verhandelt. Wir regen an, im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung künftig eine Gleichberechtigung von DG MARKT und DG EMPL vorzusehen. Analog sollte das EP eine gleichberechtigte Zuständigkeit der Ausschüsse ECON und EMPL für die EbAV-II-RL vorsehen. Bei der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA sollte die Besetzung der Interessengruppe „betriebliche Altersversorgung“ (OPSG) bAV-gerecht erfolgen. So sollten künftig alle bAV-Stakeholder in angemessener Weise dort vertreten sein. Insbesondere sollten dort auch Arbeitgeber, ohne die die betriebliche Altersvorsorge gar nicht erst möglich ist, vertreten sein. Eine Änderung von Art. 37 EIOPA-Verordnung, der nur Vertreter der EbAV, der Begünstigten, von kleinen und mittleren Unternehmen sowie Vertreter einschlägiger Berufsverbände und unabhängige Wissenschaftler vorsieht, sollte daher entsprechend geändert werden. SD/09. Febr. 2015

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