A4 Die Zeit

A4 Die Zeit 1840 – 1874 Um 1840 beginnt die große Auswanderung nach Amerika: Die erste große Auswanderungswelle nach Amerika beginnt um 1840. Allein a...
Author: Andrea Richter
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A4 Die Zeit 1840 – 1874 Um 1840 beginnt die große Auswanderung nach Amerika: Die erste große Auswanderungswelle nach Amerika beginnt um 1840. Allein aus Rehburg wandern in der Zeit von 1839 bis 1858 ca. 680 von 1180 Einwohnern aus. Diese und weitere Wellen erfassen auch viele Mardorfer Familien, vornehmlich nach Amerika. Bekannt sind bisher folgende Familien: Blanke, Brase, Dankenbring, Heidorn, Kahle, Meyer, Nülle, Stadtländer, Wegener, Wiebking. Es betrifft insbesondere die Zeit nach 1848 bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Es sind die sehr schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, die fast die Hälfte der Menschen in Mardorf aus ihrer vertrauten Heimat in die ungewisse Fremde treiben. In Europa beginnt die Industrialisierung, es gibt Unruhen und Revolutionen. Schließlich gibt die „Kartoffelfäule“ nach 1845 mit mehreren vernichteten Ernten in Folge den Rest – das Volk hungert! Die Kartoffel ist zu dieser Zeit das Hauptnahrungsmittel. Erst sie führte auch mittelbar zu mehr Geburten. Der Kinderreichtum (5-7 Kinder und mehr pro Familie trotz hoher Sterblichkeit) und die geringen wirtschaftlichen und beruflichen Chancen führen zu einer zunehmenden Verarmung. Es gibt gerade in dieser Zeit auch viele nichteheliche Geburten. Aber es erbt immer nur einer (Sohn oder auch Tochter) den elterlichen Hof. Die Feldmark ist zum größten Teil noch in Gemeineigentum und die Ackerflächen lassen nur noch wenig Raum für neue Bauernstellen. Die verbleibenden Geschwister müssen daher versuchen, in einen anderen Hof einzuheiraten – im besten Fall – oder aber zu Hause als Magd oder Knecht zu arbeiten. Viele versuchen es daher als Handwerker. Weshalb es damals gleich mehrere Schuster, Schneider und Schäfer in den einzelnen Familien gibt. Die Möglichkeit, in der Industrie unterzukommen ergibt sich erst gegen Endes des 19.Jhd., vor allem im Raum Hannover. Einige gehen auch zu den „Soldaten“ (Armee / Militär) von denen manch einer nie zurückkehrt. So kommt es nicht von ungefähr, dass die ersten Berichte aus Amerika auf fruchtbaren Boden fallen. Man kann ja nur gewinnen, was hat man schon zu verlieren. Selbst Besitzer eines eigenen Hofes lassen sich verlocken. Niemand ist sich über die Mühen, Kosten und Risiken im Klaren. Aber mit ihrem Fleiß und großer Ausdauer schaffen es schließlich die meisten Auswanderer in der „Neuen Welt“ doch und bringen es oft zu Wohlstand. Für die Auswanderung sind vielfältige behördliche Genehmigungen notwendig. So brauchen im Jahre 1853 z. B. Christian Brase (*1831 Nr.13) und Tagelöhner Friedrich Dankenbring (*1828 Nr.63) eine Bescheinigung, dass kein Militärdienst (3 Jahre ab 14.Lebensjahr) mehr geleistet werden muss. Die Auswanderungsabsicht wird öffentlich bekannt gegeben, damit eventuelle Gläubiger ihre Forderungen geltend machen können.

Bremen-Schiff „Oneco“ (3 Mast-Barque)

(Unter Deck eines ähnlichen Schiffes mit ca.250 Passagieren)

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Mit der Reise mittels Fußmarsch, Pferdekutsche und nach 1847 auch mit der Eisenbahn nach Bremen beginnt ein Abenteuer. Bis 1850 sind es noch Segelschiffe die meist ab Bremen (z. T. auch schon Bremerhaven, aber für unsere Gegend selten Hamburg) fahren. Über Bremen können die Immigranten dann endlich ausreisen. Die Überfahrt nach New York kostet z. B. beim Norddeutschen Lloyd mit Postdampfern 1.Kajüte 140 Goldthaler und im Zwischendeck 55 Thaler inkl. Beköstigung. Kinder unter 10 Jahren zahlten die Hälfte, Säuglinge im 1.Jahr 3 Thaler. Es geht manchmal zur Ostküste der USA (New York, Bosten, Baltimore – hier bleiben Neuankömmlinge oft auch gleich wohnhaft oder fahren mit der Eisenbahn über St.Paul in den Westen), aber zu allermeist nach einer bis zu 50-tägigen Reise in den Golf von Mexico zum Hafen von New Orleans (Louisiana). Einige wenige fahren auch bis Texas oder Mexico. (Karte: Deutsche Einwanderung in die USA bis 1872 – und New York und New Orleans – Mississippi)

Bei ihrer Ankunft in der Neuen Welt werden die Auswanderer oft nur aufgrund ihrer Schiffspassage-Angaben oder der mündlichen Aussage registriert. Mal wird das Tauf- anstelle von Geburtsdatum angegeben, mal ein ähnlicher Tag. Umfangreiche schriftliche Bescheinigungen haben ohnehin die wenigsten dabei. So verliert sich manche Spur. Nach den behördlichen Formalien geht die Strapaze dann weiter den Mississippi hinauf – in den noch fast menschenleeren mittleren Westen (St.Louis, Missouri oder weiter nach Illinois und Iowa). Diese Reise mit einem Raddampfer (steamboat) dauert 5 bis 14 Tage und kostet „13 Spanish Dollars“, je nachdem wie viele Halts eingelegt werden oder Zwischenfälle passieren. Allgemein gilt diese Flussfahrt gefährlicher als die Seefahrt zuvor. New Orleans 1857 (Canal Street)

Obwohl sehr viele Mardorfer (in der Zeit 18351890 bis zur Hälfte der damaligen Bevölkerung) auswanderten, ist heute leider amtlich kaum etwas darüber zu finden. Die Emigranten verlassen das Kgr. Hannover und danach fehlt oft die weitere Dokumentation, denn in der ehemaligen Heimat scheint es auch niemanden mehr zu interessieren – man versucht sein gewohntes Leben hier weiterzuführen. Am Anfang schreiben einige „Neu-Amerikaner“ den Verwandten in Mardorf noch regelmäßig. Einige lassen sich sogar noch Geld in die USA nachsenden. Im Laufe der Zeit bricht der Kontakt jedoch ab. Jeder hat mit seinem Leben genug zu tun. Erst in jüngster Zeit suchen die amerikanischen Nachfahren wieder nach ihren Wurzeln in Mardorf.

St. Louis 1894 (Hafen am Mississppi / Missouri Dreieck)

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Der Mardorfer August Heinrich Dankenbring mit seiner Mutter Sophie 1848 auf dem Weg in die USA:

Schon die Daten zur Geburt (siehe oben: 26.April 1846) sind widersprüchlich. Der Auszug aus dem Mardorfer Gemeindebuch hat den angeblichen Vater: Neubauer Heinrich Blanke (Nr.39)! Laut Eintrag im Kirchenbuch ist der Vater aber: Cord Heinrich Friedrich Dankenbring (Nr.5)! So ist aber nur im Gemeindebuch zumindest der kleine entscheidende Hinweis auf den weiteren Lebensweg zu finden: Nach Amerika!

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Aug. Dankenbrink (3 Jahre alt, männlich) Ankunft mit 3 Gepäckstücken in New Orleans am 24.Oktober 1848:

August Henry Dankenbring mit einem Teil seiner 14 Kinder und deren Partner (um 1906 in Missouri):

August Henry mit 96 Jahren kurz vor seinem Tod bei einem Zeitungs-Interview:

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Um 1840

Die Verwaltung der Gemeinde Mardorf lag seit jeher in der Hand des Bauermeisters. Er wurde von den 27 Bauern gewählt und hatte sein Amt meistens sein Leben lang inne. Ihm zur Seite standen zwei Vorsteher: „Dem Bauermeister zu Mardorf werden zwei Vorsteher beigegeben, wovon einer aus Zahl der Halbmeyer, der andere aus der Reihe der Köthner und Brinksitzer gewählt wird, und zwar nach folgenden Statuten: Die Halbmeyer wählen den Vorsteher der Köthner und Brinksitzer, und die Köthner und Brinksitzer den Vorsteher der Halbmeyer. Diese Vorsteher müssen zwei Jahre im Amt bleiben und erhalten jährlich für Mühewaltung jeder 1 Rthlr. Courant aus der Gemeinde-Casse“. (siehe weitere ausführliche namentliche Übersicht in Teil B 8) Die weitere Entwicklung Mardorfs findet nun im Südwesten des Ortes entlang der alten Dorfstraße statt (Karte unten). Man wählt für die Hausplätze diese Gegend wegen der schlechteren Bodengüte (Ackerland ist kostbar) und der gleich hinter den Gehöften liegenden Ackerflur (seitdem auch Flurbezeichnungen wie Hinterm Haus und Vor dem Fensterland).

1840

Die „Morsezeichen“ (elektromagnetischer Schreibtelegraph von B.Morse).

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1840

Nachfolgend eine Seite aus dem Geburtenbuch der Gemeinde Mardorf: Am Rand ist oft mit einem kleinen Hinweis das weitere Schicksal vermerkt (so steht bei lfd. Nr.5 für gestorben „todt“). .

1840

Neuer Friedhof („Kerkhof“ auch „Agter Wieschen un Seeges huuse“ genannt) an der heutigen Stelle in Mardorf. Durch Grundstücksschenkung bzw. Landtausch von Hoffmeyer Nr.19 und Nortmeier Nr.14 mit der Kapellengemeinde zustande gekommen, erhalten die beiden auch eine eigene Zugangspforte. Der alte Friedhof von 1801 südöstlich der Kapelle ist zu eng geworden und wird sich selbst überlassen. Noch weit nach 1945 stehen dort einige sehr alte Grabsteine.

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Mardorf Nr.10 (Neues Haus nach dem Brand bis 1841 als einziges gleich massiv wiederaufgebaut) Bis 1841

dauert es und alle 4 abgebrannten Häuser (von 1836 / Nr.10, 12, 13, 22) „mit Backhauß und Scheune“ wieder aufgebaut sind. Durch den Brand sind einige Mardorfer in große Not gekommen, denn niemand hat seine Gebäude richtig versichert. So muss sich einer 1837 aus der Gemeindekasse Geld leihen. Mardorf Nr.13 (unten Neubau Brase bis 1841 / Neubau Förthmann Nr.12 mit ähnlicher Front) Mardorf Nr.22 (Neubau Nülle bis 1841)

20.1.1841

Weserhochwasser!

Ab 1841

Das erste planmäßige Baugebiet in Mardorf dehnt sich in südlicher Richtung zum Mummrian aus. Ein „unheimlicher“ (mumme) Weg führt in ein bis dahin mit Mischwald (viele Eichen) besetztes karges Gebiet (Sandboden). Da alles in Eigenleistung (eigenes Holz für das Fachwerk, Lehm für die Gefache und Reet fürs Dach) und mit der Hilfe der Familie und Nachbarn erbaut wird, dauert es meistens 2 und mehr Jahre bis das nächste Anwesen fertig gestellt ist. Zwischendurch werden auch in anderen Teilen des Dorfes neue Hofstellen (z. B. 1841 Heidorn Nr.37 – siehe Zeichnung rechts) in Mardorf begründet und die Häuser dazu errichtet. Zahlreiche Aufkäufe (besonders nach 1855) von Land, Wald und Wiesen in der östlichen Rehburger Gemarkung durch Mardorfer Bauern.

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Ab 1841

Durch Auswanderung und Umstellung auf Gewerbe werden dort größere landwirtschaftliche Flächen verfügbar. Die Mardorfer vergrößern damit ihre oft noch kleinen Betriebe (z. B. am Mummrian) erheblich. Am Mummrian auf dem sandigen Grund der Realgemeinde errichtet als erster C.Heinr.Nülle Nr.39 (*1773 Nr.1 oo Dankenbring / Stiefvater J.H.Blanke - „Blanken-Nüllen“) ein Fachwerkhaus mit Abbauerstelle. Ab 1843 C.H.Nülle*1807 (Zimmermann / großer Teil der Familie wandert aber in die USA aus).

1842

Im Jahre 1842 schreibt der Bauermeister Halbmeyer Wilhelm Kahle in die: „Gemeinde Rechnung über Einnahme und Ausgabe der Dorfschaft Mardorf Amts Rehburg vom 1sten May 1842 bis dahin 1843 geführt von dem Kahle Bauermeister Die zeitigen Vorsteher sind: 1. der Halbmeier Heinrich Stafforst, ist gerichtlich beeidigt und dient ohngefähr ein Monat. 2. der Köthner Heinrich Syrup, ist ebenfalls im Gerichte beeidigt und dient als Vorsteher zwey Jahr. Sonstige Gemeinde Offizianten sind: A - Nachtwächter ist der Häusling Heinrich Feldmann, derselbe ist auch zugleich Schweinehirte bekömmt an Lohn als Nachtwächter 10 Rthlr Courant jährlich und wegen seiner großen Wachsamkeit bei den großen Brande im Aprilis 1838 jährlich l Rthlr, selbiger ist im Gerichte beeidigt. B - Feldhüter ist der Häusling Heinrich Stadtländer, welcher auch im Gerichte beeidigt worden und bekömmt für seine zu leistende Dienste von jedem der 27 Einwohner zu Mardorf l Metze Rocken (Roggen). Derselbe dient als Feldhüter 11 Jahr. Inventarium der Gemeinde Mardorf A - Unbewegliche Güter 1. das sogenannte Bauernholz dasselbe liegt am Dorfe, ist mit Eichen gut besetzt, liefert der Gemeinde Bau und Brennholz, welches jedoch von jedem Bedürfenden bezahlt werden muß, und der Ertrag davon fließt in die Gemeinde Casse. 2. der sogenannte Fuhrenkamp, gleichfalls beym Dorfe belegen, ist ein Kiefern Bestand und Gehege verschiedener Qualität, liefert zu jedem Behufe den Gemeinde Gliedern das nöthige Bauholz, auch sonstige Bedürfnisse, welches vom Bauermeister und den Vorstehern anzuweisen und zu taxiren und der dafür kommende Betrag in die Gemeinde Casse fließt. 3. der Fuhrenkamp in den weißen Bergen ist ein Bestand von jungen Kiefern, in der Beschaffenheit zu Latten benutzt werden können; verhält sich mit der Benutzungsart wie oben Nro2. 4. der Fuhrenkamp vor der Riede ist von der Beschaffenheit wie der Genannte unter Nro 3. Die Forsten unter 1, 2, 3 und 4 haben einen Umfang von 195 Morgen. 5. Die Schwarzen Berge, werden theils benutzt zu Haidhieb und Weide für Hornvieh und Schaafe, theils zur Erzielung der Dachhaide, indem man einen Theil davon in Zuschlag gelegt hat; diese Dachhaide wird an jeden Bedürfenden für a Stiege mit 8 Pf. bezahlt. 6. der Kastens Berg, wird benutzt zu Haidhieb und Weide für Hornvieh und Schaafe. 7. die Röthsberge desgleichen. 8. die Grüne Riede desgleichen. 9. der sogenannte Große Dreck desgleichen. 10. das kleine Moor desgleichen, auch werden daselbst Schweine und Gänse geweidet. 11. der Kummetsberg bis an den Herrenweg südlich belegen wird benutzt zu Haidhieb, Kuh- und Schaafweide. 12. das Risch bis an die Borne südlich belegen, wird gleichfalls benutzt zu Haidhieb, Kuh- und Schaafweide. 13. das Ohlhagen Moor, ist verteilt unter Mardorfs Einwohner und Häuslinge, wird benutzt zu Torfstich und Kuhweide. 14. das Torfmoor hinter dem Kreuzholze, wird benutzt zu Haidhieb und Kuhweide. 15. das Hohe Moor, wird benutzt zu Haidhieb und Kuhweide. 16. das Schulgebäude 60 Fuß lang und 40 Fuß breit dazu gehört ferner: a, 4 Morgen Gärten b, 18 Morgen Ackerland c, 7 Morgen Wiesen.

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(1842)

17. die Kapelle, 40 Fuß lang und 28 Fuß breit, nebst Glocke, Altarleuchter, Altar und Kanzelbekleidung. 18. der Kirchhof ohngefähr 24 Quadrat-Ruthen groß. 19. ein Feuerteich ohngefähr 4 Quadrat-Ruthen groß. 20. eine Kalkkuhle. außerdem noch a Weiden für 99 Stück Hornvieh c Weiden für 524 Stück Schaafe

b Weiden für 42 Stück Schweine d Weiden für 84 Stück Gänse

der Antheil an der Schneerener Windmühle ist zum dritten Theile, welchen die Gemeinde von dem früheren Besitzer Brinksitzer Vörthmann käuflich erworben hat. davon bekömmt die Gemeinde Mardorf jährlich ein drittel der Mühlenpacht und Schneeren zwei drittel derselben, dagegen ist aber Mardorf auch verbindlich ein drittel der Bau und Reparaturkosten zu tragen. Die Gemeinde bekam in diesem Jahre 60 Rthlr Gold als ein drittel der diesjährigen Mühlenpacht, welche Summe in die Gemeinde Casse fließt. Private bewegliche Güter Utensilien 1. Fünf Feuerleitern 2. vier Feuerhaken 3. eine Todtenbahre 4. eine Klistiersprütze für die Bademutter 5. eine Rodehacke 6. zwei Rodespaden zu Eichheistern 7. einen Rodespaden zu Kiefern 8. einen Himbten und eine Metze 9. ein Mergelbohr 10. ein Waldhammer 11. eine Planierschaufel 12. ein Tisch und ein Schrank zur Aufnahme der Notizen für den Bauermeister"

Mardorf Nr.39 (1841) und Nr.38 (1842) haben ähnliche Giebelfronten wie die spätere Nr.49 von 1848 (Abb. rechts) 1842

folgt am Mummrian das Fachwerkhaus für die Abbauerstelle Nr.38 mit J.Heinr.Kahle (*~1808 Nr.7a oo Deuck). Familie in die USA. Der Hof wird als „Kahles Erben“ verwaltet und 1870 übernommen. Das Haus brennt 1880 ab und die Familie wandert ebenfalls in die USA aus. 1881 an W.Heidorn, Nr.113. 1883 W.Asche, Nr.28 – 1884 neues Fachwerkhaus. Ab 1888 Fritz Brase*~1810 Nr.13 „Förthmanns-Fritz“. 1984 Gaststätte (Puttnins). (die rekonstruierte östliche Ansicht der Schule von 1842)

Bau des 1.eigenständigen Schulgebäudes an der heutigen Stelle im Ortszentrum von Mardorf (alte Nr.50 / anstelle des dort seit 1779 vorhandenen Gebäudes) als massiver Zierklinkerbau (Gründerzeitstil). Im Obergeschoß ist die Lehrerwohnung mit eigenem Eingang von Westen.

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1842

Lehrer in dieser Zeit ist Herr Bergmann (+1858). Er soll sehr streng und gefürchtet gewesen sein. In der Abrechnung der Dorfschaft Mardorf werden Mühlenanteile an der Bockwindmühle in Schneeren auf dem Alten Mühlenberg (heute Sandabbau an der L360) erwähnt. Aber schon seit ca. 1800 gibt es Umgliederung der Anteile. Vorher gehörte die Mühle Vörthmann Nr.12 in Mardorf: 1/3 der Mühlenanteile gehört der (Real-)Gemeinde Mardorf, damit auch 1/3 der Mühlenpacht (60 Rth. in Gold), aber auch 1/3 der Bau- und Reparaturkosten. Die anderen 2/3 Anteile liegen beim Dorf Schneeren. Dieses Anteilsverhältnis endet 1892 mit dem Schneerener Kauf des Restdrittels und der gesamten Mühle, die dann auch zum Rötzberg versetzt wird. 1909 ist sie dort abgebrannt.

Juli 1842

„Der Ochsenkrieg!“ Seit alten Zeiten – so steht es in einer Akte aus dem Jahre 1796 – treiben die Mardorfer Hütejungen die Kühe in das Steinhuder Meer. Dort weiden die Tiere im seichten Wasser das Schilf ab. Die Kuhhirten folgen den im Wasser gehenden Kühen am Ufer entlang bis zum heutigen Ostenmeer. Dabei kommt es zu ständigen Reibereien und Streitigkeiten mit den Steinhuder Fischern, die ihre Netze und Aalkörbe am Mardorfer Ufer befestigt haben, und die sich über Beschädigungen der Netze durch die Kühe beklagen. Diese Streitigkeiten haben ihren Höhepunkt, als im Sommer 1842 die beiden Steinhuder Fischer Kloppenburg und Pape „32 Stück Hornvieh“ in ihrem Fischfanggebiet antreffen. Die Tiere weiden quer durch die an langen Stangen befestigten Netze und beschädigen sie erheblich. Kurz entschlossen vertreiben sie die Mardorfer Hütejungen und fangen drei Ochsen und ein Rind ein. Sie binden die Tiere hinter ihren Fischerkahn. Während Kloppenburg den Kahn zieht, treibt Pape die angebundenen Ochsen mit einem Knüppel an, immer gewärtig, dass die sicher alarmierten Mardorfer Bauern ihnen die „Gefangenen“ wieder abjagen. Doch nichts dergleichen geschieht. Nach einem langen und mühevollen „Wassermarsch“ rund um das Ostenmeer erreichen die beiden mit ihrer Beute das Steinhuder Ufer und bringen die vier Tiere sofort in den Amtspfändestall nach Hagenburg, wo sie der Gerichtsschreiber Weiß einschließt. Natürlich haben die Hütejungen längst die Mardorfer verständigt. Es werden sofort Pläne geschmiedet, wie man die Ochsen und das Rind wieder befreien kann. Während die aggressivsten unter den Einwohnern am liebsten sofort mit „Büchsen und Gewalt“ ihr Eigentum befreien wollen, sahen die anderen ein, dass man hier nichts mit Gewalt erzwingen kann. So strengt man eine Klage gegen die „Fürstlich Schaumburg-Lippische-Rent-Cammer“ in Bückeburg an wegen „Besitzstörung, Weide- und Tränkegerechtigkeit“. Es folgen Zeugenvernehmungen und Protokolle. Keiner will nachgeben. Die Mardorfer machen den Steinhudern das Recht auf Aufstellung ihrer Netze am Nordufer streitig und die Steinhuder wollen das Kühe hüten für alle Zeiten im Steinhuder Meer verbieten. Auch auf der Steinhuder Seite erfolgen Vernehmungen und Verhöre. Unterdessen bleiben die drei Ochsen und das Rind in Hagenburg bei guter Verpflegung hinter Schloss und Riegel. Schließlich endet der Streit nach langem Hin und Her mit einer Verhandlung und anschließender Freigabe der Tiere am 21.Juli des Jahres ohne dass die bestehenden Rechte geändert werden. (Kühe am Meer - Zeichnung Daheim)

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1843

Wundarzt Dr. Ernst H.Ludw. Bahlmann (*1812 / Chirurg in Bad Rehburg / Bgm. in Rehburg) behandelt in Mardorf Patienten im Brennewienspeicher (Nr.11).

Anfang 1845 Das Steinhuder Meer ist länger begehbar zugefroren bis es zum 26.1. mürbe wird und aufbricht. Dabei kommen 2 Steinhuder auf dem Rückweg vom Weißfischverkauf in Mardorf zu Tode. 1845

Letzte Wolfsjagd im Bereich des Meeres. Der zugewanderte Wolf wird nördlich des Bannsees (bis zum Grinder Wald) erlegt. Eine der 5 Varianten für die neue Eisenbahnlinie Hannover-Wunstorf-Minden ist nördlich von Mardorf geplant (siehe Karte in 1898). Gesetz zur Abschaffung der Reallasten und Ablösung der Zehnten.

30.3.1845

Hochwasserkatastrophe in Norddeutschland!

29.1.1846

Weserhochwasser! Anschließend gibt es einen sehr trockenen Sommer! Es kommt zu einer Hungersnot, weil die anfänglich gute Ernte durch den „Rostthau“ (Hitze und Nachtreif) verkommt.

1846

Die Kapellengemeinde Begräbnisordnung“:

Mardorf

erlässt

eine

eigene

gedruckte

„Kirchhofs-

und

„Dem Totengräber wird für jede Anfertigung eines Grabes mit Grabhügel von den Hinterbliebenen des Verstorbenen eine Gebühr von 75 Pfg. für Erwachsene, für Kinder d. h. nicht Confirmirte, 50 Pfg. gezahlt.“ Dem jeweiligen Lehrer steht die Nutzung der „Kirchhofsgräserei“ zu; „jedoch hat derselbe den Kirchhof und die Gräber schädigende Benutzungsweise, z. B. durch Behütung mit Vieh oder als Wäschetrockenplatz sich zu enthalten“. Verpachtung des Immen – Zehnten von Mardorf (noch heute Flurbezeichnungen wie Bienenzaun oder Sienimmenweg). Sept.-Okt.1846 Ruhr-Epedemie („Rote Ruhr“) in Mardorf und Schneeren mit dutzenden Todesfällen (in Steinhude 42). Ende 1846

Strenger Winter!

Anfang 1847 Nach dem strengen Winter setzt schnell Tauwetter ein und es kommt überall in Deutschland zu schweren Überschwemmungen. Neubau des Bauernhauses Syrup Mardorf Nr.15 im Dorfzentrum. 1900 Aussiedlung nördlich der Meerstraße (Syrups Eichen) und Verkauf an Nr.40 Wiebking (Foto unten).

(Foto um 1900: Familie Wiebking vor Nr.40) Sommer 1847 In Norddeutschland trockenster Sommer und niedrigster Wasserstand im Steinhuder Meer (bis dahin) seit Menschengedenken. Erneute Hungersnot in Mitteleuropa und die „Rothe Ruhr“.

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15.10.1847

Die Eisenbahnlinie Hannover-Bielefeld über „Wunstorf und Minden“ wird eröffnet. Sie verläuft nicht nördlich von Mardorf (Plan 1845) sondern erschließt das Schaumburger Land.

12.12.1847

Die Eisenbahnlinie Hannover-Bremen über „Wunstorf und Neustadt“ wird eröffnet.

Ende 1847

treffen sich (noch heimlich) erste aufbegehrende Einwohner in Mardorf, um über die demokratischen Bestrebungen in Deutschland zu debattieren. Da die wenigsten regelmäßig Zeitung lesen, kursieren kleine (oft illegale) Schriften. Darunter ist der satirische „Volkskalender“ von Adolf Glaßbrenner (oben Kopien des Titels von 1847 – aus dem Nachlass einer Mardorfer Bauernfamilie).

Jan.1848

Der Monat ist sehr kalt!

1848

Revolutionen in Europa. Auch in Deutschland begehren die unteren Schichten auf. Im März erreichen die „Unruhen“ auch das Amt Neustadt a.Rbge..

1849

Teilung und Rezeß des „Mardorfer Holtzes“ mit der königl. Domänenkammer. Gutachten zur „Trockenlegung“ des Steinhuder Meeres! Es wird zum Glück nicht umgesetzt.

1850

Die Nr.50 wird eigenständige Schulstelle der Gemeinde und der Schulbezirk Mardorf wird festgesetzt. Die Lehrer werden nur von der Gemeinde vergütet (Geld und Naturalien); nebenbei betreiben sie auch Tierhaltung und Gartenbau. Abfindung der Gemeinde Mardorf aus dem „herrschaftlichen“ Toten Moor (1882 Rezeß). Das Jagdrecht wird im Kgr. Hannover gesetzlich geregelt. Weitere Gesetze folgen 1859. Die Wanderratte verbreitet sich im Gebiet zwischen Leine und Weser.

Nach 1850

wird die Abbauerstelle mit Fachwerkhaus Nr.61 des F.Stadtländer (*~1820/ Nr.6/ oo Dankenbring) hinter den langen Birken begründet. Tochter (Marie*1859) o/o 1876 W.Bredemeier aus Münchehagen = „Bredemeiers“. Bis 1897 Interimswirt Gerberding Nr.84. Danach wieder Stadtländer. Das Haus steht bis 1993. Das bis 1807 nur als Zierpflanze bekannte „Franzosenkraut“ erreicht das Steinhuder Meer.

1851

Bis 1875 grassieren große Maul- und Klauenseuche-Epidemien (hauptsächlich Rindvieh) in Europa und der Welt. Georg V. („blinder“) König von Hannover. (Zeichnung aus dem Niedersächsischen Sagenborn von 1909) Auf dem „Köppebarg“ in Rehburg (Anhöhe im südlichen Buchholz – heute nördl. von Henniges) wird vor großer Kulisse vom Henker mit dem Säbel (Wunstorfer Scharfrichter) der Kopf „vom Leib getrennt“. Es ist die letzte öffentliche Hinrichtung im Amt Rehburg. Der Schneerener J.Heinr. F. Wiebking (*12.5.1828 Schneeren Nr.14) soll seinen Vater erschossen haben. Der Mardorfer „Köppebarg“ („regtplats“ = Richtplatz) ist eine einzeln stehende Baumgruppe zwischen Rehburger Fuhrenkamp und L360 (Foto: westl. von Biogut) ist schon lange bei den Menschen für „Unheimliches“ bekannt. Auch hier sollen früher Hinrichtungen vollzogen worden und ein Mord geschehen sein.

28.7.1851

Gesetz zum Gemeinde-wegeausbau mit staatlichen Zuschüssen (Hannover).

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9.10.1851

Inkrafttreten des Ablösevertrages für die Gemeinde Mardorf: Bestimmung der Feldmark und uneingeschränktes Höferecht.

1851/1852

Generalteilung (Flurbereinigung) in Rehburg. Durch vielfachen Besitz in der dortigen Gemarkung sind auch etliche Mardorfer betroffen. Einzelhöfe erhalten Land, während die Gemeinde Mardorf mit 17 Reichsthalern abgefunden wird.

1852

(Verwaltungsreform) Amts-Ordnung im Amt Rehburg (Landdrostei Hannover im Kgr.Hannover) für Gemeindevorsteher und Beigeordnete, sowie für die Gemeindediener (auch Ausrufer mit "Pingel"-Glocke), Feldhüter, Nachtwächter, Kuhhirten, (amtlich festgelegte) Schäfer, Spritzenmeister und Hebammen; außerdem zur Regelung der Hand- und Spanndienste (die Mardorfer Bauermeister werden weiterhin aus den Reihen der 27 Bauern bestimmt). Ende des Schweine-Weiderechts („Gerechtsame“) im Grinder Wald. Volkszählung im Königreich Hannover. Der Hokenhändler (Kleinhändler) Friedrich Nülle (?*1805 Mardorf Nr.1 später Himmelreich) wird zum Salzverkäufer für Mardorf bestimmt. wird die Abbauerstelle Nr.42 von F.Wiebking (Nr.40/ oo Struckmann) noch im Dorf begründet. Das Haus an der Lindenstraße wird erst 1872 von H.Nortmeier (Nr.59/ oo Seeger/ „Buchholz-Heinrich“) gebaut. wird die Abbauerstelle Nr.43 des Schneiders H.Dankenbring (Nr.5/ oo Heidorn/ „DrinkenSnieders“) zunächst noch im Dorf begründet. Wie so oft in der Vergangenheit brennt das Haus 1873 ab und wird 1874 am Lindenberg in Fachwerk neu gebaut (Front ähnlich Nr.68). Mardorf Nr.57 (Heidorn, um 1852 / nach 1870 Struckmann, Blanke, Meier)

1.10.1852

Gründung Amtsgericht Neustadt a.Rbge.

Um 1853

begründet Albert Niemeyer aus Schneeren (Sohn oo Backhaus) im alten Fachwerkhaus mit Werkstatt von Nr.23 am Brink (nordwestl. neben der Scheune von Nr.14) die Abbauerstelle Nr.44. Nachdem die Familie ab 1867 in Nr.37 lebt, übernimmt der Schneider F.Dankenbring (Nr.5/ oo Kleine/ „Snieder-Dankenbrinks“) die Abbauerstelle. Das kleine Haus brennt 1908 ab. Die Familie geht nach Neustadt. begründet Dirk Meier (Nr.8/ Schuster, Gemeindediener, Feldhüter /oo Laing/ „DirkSchoesters“) noch am Mummrian die Abbauerstelle Nr.48. Aus der Familie gehen auch die Müller (Nr.75) hervor. Der Fachwerkgiebel ist noch heute gut erhalten (später Thiele Nr.31). Erst um 1934 wird an der Hasenheide (halbe Strecke Rehburg nördlich von Nr.65) das neue massive Haus gebaut. Mardorf Nr.48 (Meier / um 1853 / 1934 Nr.31)

1853

In Bad Rehburg ist ein berittener Gendarm Brunert stationiert. Sein Dienstbereich umfasst auch Mardorf. Zu Hilfsdiensten sind die Vertreter vor Ort verantwortlich. So haben auch Feldhüter (Ordnung in der Feldmark), Gemeindediener und Nachtwächter Polizeigewalt. begründet J.H.Wiebking (*1835/ oo Bröckelmann) im alten kleinen Haus von Nr.15 die Abbauerstelle Nr.40. Das Haus kauft Großvater Kurt Wiebking (*~1790 Hsl.Nr.2/ oo Hüsing) 1864/66 („Kurts“). Um 1900 übernimmt die Familie auch das große Fachwerkhaus von 1847. kann die Abbauerstelle Nr.41 von F.Feldmann (*~1800 Nr.4/ oo Bartels/ „Feldmanns“) begründet werden. Nach 1909 ist hier der erste Barbier und Friseur im Ort „Putzer-Fritz“.

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Schreiben (mit Rückseite) vom Neustädter Landrat an den Gemeindevorsteher Kahle in Mardorf vom 2.12.1853

1853/1854

Ablösung des "Musikzwangs" im Amt Rehburg (damit auch für Mardorf).

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1854

Neuer Pastor (-1863) in Schneeren ist Ludwig Wilhelm Gotthelf Georg Otto Graeve (*11.4.1814). Der Spritzenmeister der Mardorfer Feuerwehr darf als einziger einen Leder-"Pickelhelm" (Abb. rechts ähnlich) tragen.

Nov.1854

Schwerer Sturm in der Nordsee lässt das Auswandererschiff „Johanne“ stranden und 84 hoffnungsvolle Passagiere (keine Mardorfer dabei) auf dem Weg nach Amerika umkommen.

1855

Kommunale Selbstverwaltung im Kgr. Hannover festgeschrieben (Landdrostei – Amt – Gemeinde). In Mitteleuropa grassiert die Rotzkrankheit – Epidemie bei Pferden (bis 1880) – nicht in Mardorf.

1856

Beginn (General-) Teilung des Amtes Rehburg: Mardorf und Schneeren kommen zum Amt Neustadt a. Rbge. Als Abfindung bekommt Mardorf 19 Reichsthaler (Schneeren 42). Das Restgebiet kommt 1859 endgültig zum Amt Stolzenau und wird gleichzeitig aus dem Calenbergischen herausgenommen. Die Stadt Neustadt (eigenständig) ist 1200 von den Grafen von Wölpe (Roden) gegründet worden (Mardorf damals auch bei Wölpe). Am Toten Moor (Landwehr) entsteht ein großes Hüttenwerk zur Eisenherstellung. Begründet der Jäger und Imker W.Karsten (1.oo Stadtländer/2.oo Wiebking) die Abbauerstelle Nr.47. Er baut ein großes Fachwerkhaus (Abbildung rechts) und auch eine Schmiede. Der Meister ist bekannt für sein handgeschmiedetes „Plaggenseegt“ (spezielle Sense zum Plaggen schneiden). Ihm folgt der Fischer, Leineweber und Schmied Ernst Rusche aus Steinhude (oo Karsten/ „Ruskens“). Er kommt mit dem Torfkahn am Meerland (bei Nr.68) an und hat oft frische Fische dabei. 1894 wird ein massiver Giebel vorgebaut. Der Schmied ist immer auch ein „guter Zahnarzt“. Nach 1900 bekommt die Hofstelle durch Kauf das Bauernrecht von Nr.25 und gehört damit zu den 27 Bauern.

1857

Wird die Abbauerstelle Nr.45 von F.Kahle (Nr.38/ oo Brase) begründet. Das Haus brennt 1882 ab. Die Familie geht in die USA. Das Haus wird massiv neu gebaut vom Kaufmann und Kolonialwarenhändler W.Förthmann (Nr.12/ oo Nortmeier/ „Koopmanns“). Begründet H.Kahle (Nr.17/ oo Meyer) im alten Fachwerkhaus von Nr.24 am Ohlhagen Steinweg (Ecke Dorfstr.) die Abbauerstelle Nr.46. D.Thiele aus Schneeren (oo Heidorn/ „Thielen“) um 1880 Abbauer baut er um 1908 das Haus massiv neu. Das Alte Feuerwehrgerätehaus („Oold sprütsenhuus“ / Abbildung rechts) wird in Fachwerk und zunächst noch mit Stroh-/ Reetdach „Hinterm Dorf“ direkt am Teich fertig gestellt. Die Baukosten betragen 44 Taler, 14 gGr und 13 mGr. Eine Hausnummer wird nicht vergeben. In jedem Haushalt muss ein lederner Löscheimer vorrätig sein, um im Notfall eine Eimerkette zu bilden.

24.5.1857

Eine „Wasserhose“ saugt ein große Menge Fisch aus dem Steinhuder Meer und lässt sie 4 Meilen entfernt bei Eystrup wieder zu Boden fallen. (Abbildung rechts ähnlich) „Handdruckspritze auf Pferdegezogenem Zweiachser“ und mit Muskelkraft betriebener Feuerlöschpumpe.

9.6.1857

Die erste „Feuer-Sprütze“ wird angeschafft. Eine ähnliche Spritze ist noch bis nach 1945 in Mardorf im Einsatz. Es werden 3 Feuer-Löschteiche angelegt (nur der „Notteich“ hinterm Dorf besteht noch heute).

119

Mitte 19.Jhd. Wenn schwere Feldarbeit ansteht oder wenn die Bauersfrau im handeln geschickter ist, geht auch sie mit einer Kiepe auf dem Rücken (als „kiepenfroe“) los. Nicht nur nach Rehburg oder Neustadt sondern oft auch auf dem Vogeldamm nach Wunstorf und weiter bis nach Schloß Ricklingen. Dort wird alles verkauft, was sich aus der kargen Landwirtschaft erübrigen und zu Geld machen lässt. Auf den langen einsamen Fußmärschen kann dann so einiges passieren: „De Hoho-Kerl“ oder „De Kiepenfroe fan Mardrup“ (1952 von A. Nülle für die Schule aufgeschrieben) „Früher vor vielen Jahren, hatte fast jeder Bauer einen kleinen Butterund Eierhandel. Jede Woche zogen sie dann mit ihrer Kiepe auf dem Rücken nach Neustadt. Ihr Weg führte den Pferdeberg entlang und dann über das Moor. Hier auf dem Pferdeberg stand ein riesengroßer hohler Eichenbaum und jedes mal, wenn sie dort vorübergingen, wurde ihre Kiepe plötzlich so schwer, und es war ihnen, als ob einer in der Kiepe saß und sang: Ho! Ho! Ho! so klang es in ihren Ohren. Daher gaben sie diesem Gespenst den Namen Hoho-Kerl. Die Last wurde immer schwerer, und manche glaubten, mit Schimpfen und Fluchen ihn zu verscheuchen, aber je mehr sie schimpften, desto schwerer wurde ihre Kiepe. Die Händler waren vom vielen Schleppen schon ganz müde geworden und hatten keine Lust noch weiterzugehen. Doch plötzlich, als sie am Anfang des Moores waren, wurde ihre Kiepe leichter. „Gottseidank!“ seufzten alle auf und vergnügt zogen sie jetzt weiter nach Neustadt, um ihre Ware zu verkaufen. Inzwischen war es Abend geworden und die Händler hatten ein gutes Geschäft gemacht. Kaum waren sie eine Strecke gegangen, ging dasselbe Theater noch einmal los. Jahraus, jahrein mussten sich die Händler mit diesem Unhold abquälen.“ Der früher ein Förster gewesen sein und ein junges Mädchen geschwängert haben soll. Er hat wohl beide getötet und in der alten Eiche versteckt. Nach seinem eigenen Tod soll er dann öfter herumgespukt sein (ohne Beine mit Dreispitz und „Pükjen“ – ein kleiner Rucksack) und nach dem Mädchen mit dem Kind gesucht haben. Auch Richtung Rehburg hat sich dieses Schauspiel zugetragen. Bei den „Sieben Bergen“ in den Weißen Bergen hat bestimmt auch ein alter großer hohler Baum gestanden. „De Hukup“ (Huckupp – Springauf) (1953 von M. Zeretzke für die Schule aufgeschrieben) Jürgens Vater „De Grönken“ und Schäfer Harms Opa sitzen zusammen und erzählen sich im Petrolium-Funzellicht Gespenstergeschichten. Oft geht es um ein hundeähnliches Unwesen, dass Tier und Mensch aufsitzt und arg zusetzt. „Es wurde ganz still in der „dönssen“, nur der Wind sauste draußen weiter um die alt-deutschen Fachwerkhäuser und die Katze schnurrte hinterm Kamin. Schließlich brach der „grönkenbuur“ das Schweigen: “Ik lööve nig, dat dat dy „Hukup“ was, dy dor up’n paale sat; ik hef höörd dy schal sik in’n kastanjenboom för’er kerken ferstäken un dor lüür piesakken“. „Mag wän“, meint „Jürgens Faader“. „Aaver mie het dat dier, oor wat et jüs is, up’n felle tefaaten kriergen. Ik haa’n ganssen dag feste warked, un was froo, dat ik naa huus gaan kön. Et was al schumrig, mit ys - - mit ys höör ik yn krag in’r luft. – ik wurd gans bange un wol mie ümmekieken, aaver et gung nig, ik wol mit miener schüffel slaan, dat gung ook nig. Un mit ys, - - bums gung et un ik wür balle hen’faaln. Düüvel, dor wurd mien nakken soe swoor, as wen ik twy centner ertuffeln drägen möst. Ik kön mie ook nig schüürn, möste bloos loopen un dat byst sleepen, un ik hef sweet!!! Ook in’n dörpe sygen mie nyne lüür, un ik was bange dat dat dier my in’t huuskam. As ik den aaver dän düürdrükker anpakke, wat meenste, doe gung et „hukup“ un dat aas was wäge....Dat was aaver bestimt dy „Hukup“. Harms Opa war es ganz unheimlich zu Mute. Er paffte ein paar Kringel in die Luft und meinte dann grinsend: „Nee, Grönke, wat du nig soe aalt beleeft hest. - - Aaver düt mit’er kerken erinnert mie an yn annern koomisken hund.

1858

Lehrer in Mardorf ist Herr Rahlfs. Er soll sehr nachsichtig gewesen sein und sich besonders um die eigene kleine Landwirtschaft an der Schule gekümmert haben. Sehr trockenes Jahr mit einem großen Waldbrand im Meerbruch.

120

(1858)

Am Brink (nordöstl. von Nr.19: brennt der alte Hof Mardorf Nr.6 (Heidorn) ab und wird 1859 im Dorf (zw. Nr.21 und Nr.5 – Abbildung rechts) neu aufgebaut.

1858/1859

In Wietze (Celle) wird das erste deutsche Öl gefördert. Auch unter Mardorf gibt es Ölschichten, aber noch viel größere Gasvorkommen. Darüber hinaus im Norden der Gemarkung auch eine gute Kalisalzlagerstätte.

1859

Auflösung des Amtes Wölpe. Mit den Ämtern Stolzenau und Nienburg wird daraus der Kreis Nienburg/Weser. Auflösung Amtsgericht Rehburg. Georg Landau hält sich am Weißen Berg auf (Hessischer kurfürstlicher Archivar – „Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine“). Die durchschnittliche Wassertiefe im Steinhuder Meer soll bei knapp 12 Fuß (um 3,5 m) liegen. Das Fachwerkhaus Nr.49 wird zwar schon 1848 vom Maurergesellen F.Meyer aus Suttorf (oo Heidorn/ „MöökerFritz“) am Mummrian gebaut (Abbildung rechts). Er wird aber erst 1859 Abbauer. Das inzwischen massiv umgebaute Haus ist von 1950-1980 Lebensmittelgeschäft.

1860

Beginn "Nachbiedermeier" und "Impressionismus" Kunstrichtung. Ablösung des "Fleisch- und Immenzehnten" (Abgabe) für Mardorf (im Amt Neustadt). Die Abbauer-Hofstelle Nr.52 vom Tischler F.Kahle (Nr.4/ oo Gerberding/ „Clames-Diskers“) wird begründet. Das Haus (Abbildung rechts) wird im Juli bezogen steht noch heute so am Buchenberg. Die Anbauerstelle Nr.53 des Schusters F.Blanke (Nr.37/ „Blanken-Rusche“) wird begründet. Das Fachwerkhaus (Abbildung unten rechts) kommt 1861 an den Mummrian. Die Familie wohnt vorher bei Nr.73 und betreibt einen Weißbrothandel.

Nov.1860

Das Kgr. Hannover will durch Hoheitszeichen (Grenzpfähle mitten durchs Meer) wieder von „seinem Drittel“ des Steinhuder Meeres Besitz ergreifen („Ende der Belehnung“) – die Schaumburger Garnison auf dem Wilhelmstein (Bückeburger Jäger) beseitigt diese aber schon am nächsten Tag wieder.

Nach 1860

besteht die Feuerwehr Mardorf schon aus 23 Mitgliedern (Männer zwischen 16 und 60 Jahren): 1 (vereidigten) „Sprützmeister“ mit Feuerspritze (und einziger Helmträger), 4 Rohrführern oder „Bindemeister“ (nur die 5 dürfen auf der Spritze mitfahren); die 18 „Hülfsleute oder Pumper“ müssen „willig und im Laufschritt“ folgen.

1861

Der Januar ist sehr kalt! Der Sommer wird durchweg sehr heiß! Abraham Lincoln wird 16.US-Präsident und 1865 nach dem Ende des Bürgerkrieges ermordet. In dem Krieg kämpften freiwillig auf beiden Seiten auch ausgewanderte junge Männer aus Mardorf. Beginn des Mardorfer „Tanzbuches“. Es wird vom Gemeinde-Vorsteher für alle öffentlichen Tanzveranstaltungen geführt, z. B. Sängerbälle, Erntefeste, Schützenfeste in Mardorf.

121

August Nülle (oo Dankenbring/ Sohn von A.Nülle Nr.22 – Maurer/ „August-Möökers“) begründet die Abbauerstelle Nr.54 und wird 1864 Anbauer. Das Fachwerkhaus (Foto unten) auf dem Mummrian wird schon um 1858 gebaut. Der Ziehbrunnen ist bis um 1930 in Betrieb. Das Haus wird im Laufe der Zeit wie viele andere völlig umgebaut. Damals stehen am „Mummerjaan“ alle Häuser gleichmäßig mit dem Frontgiebel zur Straße.

(1861)

Die Abbauerstelle mit Fachwerkhaus Nr.55 des W.Wiebking (Nr.40/ oo Vogeler/ „Kurts-Wilhelm“) wird begründet. Nach dem Brand 1909 wird 1910 ein massives Haus quer zur Straße Mummrian gestellt. Begründung der Anbauerstelle Nr.56 von H.Feldmann (Nr.4/41). Bei Nr.4 (Hinterm Dorf) entsteht schon früh ein Häuslingshaus. Es hat nach 1755 die Nr.41 und erst ab 1853 die Nr.56. Juni 1861

Im Monat fällt fast 160 mm Niederschlag (normal ist nur 60 mm).

Um 1862

Grenzstein Kreuzholzmoor:

am

Rehburger

(Rückseite ehemalige Klosterforst, heute Staatsforst / Vorderseite M für Mardorf)

122

1862

Bismarck wird Reichskanzler des Deutsche Reiches (bis 1890). Eine Schafpockenepidemie grassiert (-1876) in Deutschland. Fabrikant Seegers baut in Steinhude seine Lederfabrik (bis 1999 noch „Schäker“-Lager). "Verkoppelung" (Neuaufteilung) der Mardorfer Wiesen am Meerbach kurz vor Rehburg. Die Anbauerstelle Nr.57 des Zimmermanns H.Heidorn aus Himmelreich (oo Karsten/ „Ulan“) wird begründet. Das Fachwerkhaus (Abbildung rechts) entsteht bereits um 1852 am Mummrian. Inhaber 1870 ist F.Struckmann, um 1900 H.Blanke, ab 1914 W.Meier. Er ist Ulan (Kaiserl. Lanzenreiter).

29.Juni 1862

Sonntagnachmittags 4 Uhr bis Montagabends 10 Uhr findet das erste dokumentierte „Scheibenschießen / Schiemschyten“ – Schützenfest in Mardorf (damals noch 3 Wochen nach Pfingsten / und schon vom Schützenverein Mardorf veranstaltet?) statt. Die Gemeinde hat das Fest schon am 26.6. genehmigt und der Gemeindediener Cord Heydorn (*1838 Nr.6 ?) begibt sich mit dem Tanzbuch dann auf den langen und beschwerlichen Weg nach Neustadt zum dortigen Amtshauptmann um den Antrag genehmigen zu lassen. Diese hat dann den Zusatz erhalten: „Genehmigt.Königliches Amt Neustadt den 28.Juny 1862 Ribbentrop Es sind 5 M. in die Armenkasse von Mardorf zu zahlen.“ Damit die Dauer des Schützenfestes auch eingehalten wird, überwacht der berittene Landgendarm Nagel den so genannten Feierabend. Er stellt schon am Nachmittag sein Pferd beim Festwirt in den Stall und bleibt bis zum Ende des Festes in der Nähe. Der Festwirt stellt zu der Veranstaltung eine Tonne selbstgebrauten Bieres kostenlos bereit. Der Branntwein dagegen, der „Ortsweise“ (0,1 l) getrunken wird, muss beim Wirt bezahlt werden. Krüger Meier hat als einer der wenigen dafür eine Selbstbrenn-Konzession. Schon 2 Wochen vor dem Schützenfest haben die „jungen unverheirateten Leute“ auf der Schützenwiese (am Ende des heutigen Schützenweges) den Schützenkönig ermittelt. Am Sonntag erfolgt der Umzug mit örtlichen Musikern (Blaskapelle) durchs Dorf. Der König wird von den „Kranzdeerns“ begleitet. Auf der Diele des Festwirtes klettern die Musikanten auf ihre „Stellage“ und beginnen mit dem Ehrentanz, dem „Achttourigen“ der 4 besten Schützen mit ihren Ehrendamen. Dafür müssen sie der Kapelle 50 Pfg. zahlen. Die Burschen tanzen üblicherweise in Hemdsärmeln. Am Montagvormittag gehen die jungen Männer mit Körben und Kiepen durchs Dorf von Haus zu Haus. Sie sammeln Eier für den Festschmaus: „Nuu wült wie eier haaln, wer nyne gift, dy mot betaaln.“ Wenn der Bauer antwortet: „Dy schült jie hem“, dann bekommt er einen „sluk uut’r slukpull’n“ (aus der Branntweinflasche) und ein Ständchen auf der Handharmonika. Außerdem wird er zum gemeinsamen Scheibenannageln am Mittag eingeladen. Ist aber niemand zu Hause, wird die Einladung mit Kreide an die Tür geschrieben und mit der „geffel“ (eine hölzerne Stange mit 2 Enden / Forke) wird versucht, Speck, Mettwurst, Schinken oder Knappwurst aus der Speisekammer zu angeln. Dies führt natürlich manchmal zu erheblichen Ärgernissen, sodass der Amtshauptmann den Mardorfern ins Tanzbuch schreibt: „Das Einsammeln von Eiern, ......seitens der jungen Leute wird wegen des damit verbundenen Unfugs, Fresserei und Sauferei, hierdurch strengstens untersagt. Zuwiderhandelnde werden bestraft.“ Am Montagmittag wird mit einem festlichen Umzug durchs Dorf die Königsscheibe von der Schützenwiese zum König gebracht. Dort wird sie mit allerlei Scherzen angenagelt. Jetzt gibt der Gemeindevorsteher Kahle auch den Preis für den Schützenkönig bekannt. Es ist wie immer die kostenlose zweimalige Ernte der Schützenwiese, also dem Wert von 2 Fudern Heu. Nachmittags ist man nach dem Ausmarsch dann wieder beim Festwirt. Hier wird gefeiert bis tief in die Nacht, obwohl doch um 10 Uhr „Feierabend“ sein soll. Man erreicht das, indem der Gendarm gezielt mit Bier abgelenkt wird.

Im 19. Jhd.

Hauptnutzpflanzen sind in Mardorf (zu trocken, daher kein Mais): Roggen, Kartoffeln, Gras (für Heu) und "Luzerne", eine immergrüne winterharte Nutzpflanze (auch Alfalfa oder Ewiger Klee) als gutes Tierfutter.

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1863

Gründung "Allgemeine Christlich Apostolische Mission" (1878 Neuapostolische Kirche). „Gemeinheitstheilung“ und Rezeß der Mardorfer Riede mit Schneeren. Am Nordufer des Steinhuder Meeres werden noch große Sand- und Wanderdünen erwähnt (Wanderdüne am Weißen Berg ist noch bis nach 1950 aktiv).

23.5.1863

Durch den ADAV kommt es mit der SPD zur Gründung der ersten Partei in Deutschland.

1864

Deutsch (Preußen) – Dänischer Krieg.

(Wappen Königreich Preußen)

Vakanz der Pastorenstelle in Schneeren. Großer Brand in Rehburg vernichtet viele Wohnhäuser und Ratskeller mit Brauhaus. 1865

Die Abbauerstelle Nr.58 des Böttcher- und Schmiedemeister Friedrich Meyer (*1840 Nr.28 „Stoffers-Smeds“ oo Benecke) wird begründet indem er das alte Wohnhaus von Nülle Nr.27 (Abb. rechts) im Dorf kauft. Der zieht hinter den Lindenberg und baut neben alter Nr.28 neu. 1867 wird die kleine Schmiede auf der gegenüberliegenden Straßenseite eingerichtet, 1884 die beiden Ställe angebaut – links Schweine, rechts Kühe. Sohn Friedrich*1867 ist Schmiedemeister. Dessen jüngerer Sohn August*3.11.1904 wird 1930 Schmiede- und Schlossermeister auf dem Mummrian in Nr.103. Sohn Heinrich*31.12.1898 Nr.58 legt am 20.5.1927 in Hannover die Schmiedemeister-Prüfung ab. Die Befähigung als „Hufbeschlag“Lehrschmied erwirbt er in Minden am 7.1.1926. Der Ziehbrunnen vorm Haus ist bis 1928 in Betrieb! Sein Schmiedegeselle wird am 6.4.1935 Walter Dalhoff (*28.1.1917 WanneEickel). 1947 wird Schwiegersohn Walter Grehl*27.7.1930 Schmiedegeselle und später Schlossermeister. Gemeindevorsteher in Mardorf ist 1865 und 1869 H.Seeger (Nr.26 *~1816). Mardorf Nr.26 (Seegers / Neubau nach 1865) Abschaffung der Sklaverei in den USA am Ende des amerikanischen Bürgerkrieges (ab 1861 „Sezessionskrieg“ der Konföderierten aus den Südstaaten gegen die nördliche Union unter Abraham Lincoln). Auch erst vor kurzem ausgewanderte Mardorfer Männer sind z. B. in Missouri freiwillig in den sogen. „bushwhacking (militia) regiments“ dabei. Sie wollen unbedingt die gerade errungene „persönliche Freiheit“ in der neuen Welt verteidigen. Typhusepidemie in Rehburg kommt zum Glück nicht bis nach Mardorf. Neuer Pastor (-1892) in Schneeren ist Heinrich Wilhelm Karl Clemens Adelbert Fromme (*4.11.1817).

1866

Ende des Königreichs Hannover (unter Georg V. (+1878 / Ernst August II. von Hannover ist jetzt nur noch Kronprinz / Karte rechts = beige). Annexion durch das Königreich Preußen (Deutsches Reich mit Kaiser Wilhelm I.). Das benachbarte Westfalen (Karte rechts = blau) war schon 1813 preußisch geworden. Die Grafschaft Schaumburg (Karte rechts = braun) kommt zur neu gebildeten preußischen Provinz Hessen-Nassau. Die Fürstentümer Schaumburg-Lippe und LippeDetmold bleiben dagegen selbständig.

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1866

Bildung der preußischen Provinz Hannover (-1946 / Wappen ganz rechts) mit dem Oberpräsidenten Graf zu Stolberg-Wernigerode (1867-1873). Die Landdrostei Hannover mit den Ämtern bleibt bis 1885 bestehen. Die DHP (Deutsche Hannoversche Partei) der Welfentreuen wird gegründet.

1866/1867

Norddeutscher Bund (-1871 / Wappen rechts) unter Führung des Königs von Preußen Wilhelm I.

1867

Landdrost in Hannover ist Adolf von Leipziger (1867-1872). Bis 1946 heißt der Verwaltungschef Oberpräsident. Im Kreis (Amt) Neustadt a. R. ist Landrat von Ribbentrop (1868-1878) und in der Gemeinde Mardorf der langjährige (um 1837 bis um 1885) Bauer- und Bürgermeister Wilhelm Kahle (*1803 Nr.4) verantwortlich sowie der Vorsteher (vor 1863 bis nach 1891) Philipp Dunker (*1834 Nr.10). Einführung der „Preußischen Post“. Abschaffung des jeweiligen 3. Feiertags für Ostern, Pfingsten und Weihnachten im neuen Kgr. Preußen. Betriebsaufnahme der neuen Mardorfer Schmiede von Schmiedemeister F.Meyer Nr.58 an der östlichen Dorfstraße. Hufbeschlag bis 1960.

(Zeichnung links: Plan Alte Schmiede 1867

/

Foto rechts: Aalräucherei 1986)

Um 1868

Lehrer wird August Nebel (bis nach 1882 im Dienst) wird als Kapellenvorsteher genannt. Verheiratet mit Bertha Pauling aus Vesbeck. Deren Tochter Marie (*24.9.1868) heiratet den Mardorfer Bauern F.Nülle Nr.22. Deshalb ist die Familie seitdem neben der Landwirtschaft auch als Lehrer tätig.

1868

Preußen regelt jetzt viele bisherige Missstände durch Gesetze. So wird das gewerbliche Schlachten generell auf staatliche Schlachthöfe beschränkt, um die Verbreitung der Trichinen einzudämmen. Die tierärztliche "Beschau" direkt beim Schlachten wird aber erst 1937 eingeführt. Die „Herrenhäuser“ Brauerei wird gegründet.

1.1.1868

Postagentur Rehburg (Postamt Bad Rehburg) im Haus Nr.177 (Agent Dökel), später Nr.2, Nr.81 (Mahlmann). Mit dem Pferd kommen die berittenen Briefträger bis nach Mardorf. Zeichnung rechts: Mardorfer Ochsengespann

1869

Neubau des Rehburger Rathauses am Meerbach. Erlass von „Instructionen“ (Vorschrift) für den Schweinehirten in der Gemeinde Mardorf. Er egelt die tägliche Arbeit der Gemeinde- „Sweenscheeper“.

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1869

Die Abbauerstelle mit großem Fachwerkhaus Nr.60 des Schneiders W.Heidorn (Nr.6/ oo Pohlmann/ „Huus-Snieder“ – vor Ort schneidern) auf dem Lindenberg/ Mummrian wird begründet.

Nach 1870

gibt es mehrere große Schafherden in Mardorf. Sie werden von vielen Schäfern gut gehütet. Schon immer ist auf fast jeder Hofstelle eine kleine Schafherde. Einer in der Familie wird dann „Scheeper“. Aber auch bezahlte Schäfer sind mit Herden unterwegs. So ist um 1866 in Rehburg der Mardorfer H.Dankenbring (Nr.63) der 3.Schäfer der Magistratsherde bis 1913. Er hütet 300 Tiere und bekommt dafür 50 Thaler. Hier ist besonders die „Fettschäferey“ für den Schafhirten interessant: Er darf nämlich zusätzlich zu der eigentlichen Herde noch einige Freischafe (bis sie fett waren) und seine eigenen austreiben. Dafür erhält er eine Entschädigung in Geld (darin enthalten ist auch das Geld für die Schafschmiere und den Schäferhund). In vielen Familien- und Beinamen ist der Scheeper zu finden. Es gibt auch Kuhhirten (koehyr), Schweinehirten (Nr.86 / sweenscheeper) und auch Gänsehirten (Nr.68 / gooshyr).

1870/71

Deutsch-Französischer Krieg. Mit dem Sieg, der Proklamation des preußische Königs Wilhelm I. (ein „Hohenzoller“) in Versailles (Paris) am 18.1.1871 zum Deutschen Kaiser und der Verfassung vom 16.4. entsteht das (II.) Deutsche Reich (Wappen rechts). Im Königreich Preußen besteht weiterhin die Provinz Hannover.

Jan.1871

Im Monat fällt über 150 mm Niederschlag (normal nur 60).

1871

Einführung der „Kaiserlichen Reichspost“ im Kgr. Preußen. Einheitswährung im Deutschen Reich werden Mark und Pfennige. Die Kaiser-Hymne heißt: Heil Dir im Siegerkranz! Das aktive Wahlalter wird auf 25 Jahre festgesetzt. Es gilt das "Dreiklassen-Wahlrecht" (-1914). Die „Lindener“ Aktien Brauerei (Gilde Bräu) entsteht. Förster in der Klosterforst Häfern (Försterei Schneeren – Oberförsterei Rehburg) ist ? Ullrich (ab 24.6.1871 / Hegemeister bis 1906 / Stelle bis 1911 unbesetzt).

Frühjahr 1871 (Wieder-) Aufbau der 1.Mardorfer Mühle auf dem ehemaligen „Haubarg“ (Heu-Trocknungsberg). Der „Erdholländer“ stand zuvor in einem anderen Ort. Der Mühlenberg (heute Golfplatz) ist gleichzeitig mit 61,2 m der höchste Punkt in der Mardorfer Gemarkung.

Aufnahme der Mardorf Holländermühle auf dem Mühlenberg, der höchsten Stelle in Mardorf (heute ist dort das "Putting Green" des Golfparks Steinhuder Meer) einige Jahre vor dem Abriss um 1947

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1872

Der erste Müller in Mardorf wird H.F.Wilhelm Meier (*19.4.1831 von Nr.48/ oo Nülle). Er ist auch Schäfer, Anbauer und schon ab 1858 Abbauer in Nr.48. Ein Sohn lernt noch Wassermüller in Brokeloh. Um 1880 baut der Müller W.Meier Nr.75 sein Wohnhaus am Mummrian (später Nr.95). 1885 ist dort auch die Abbauerstelle Nr.75. 1908 wird südlich der Mühle ein neues Wohnhaus gebaut (Nr.94). Er ist es auch, der um 1918 den 1.Ausschank am Weißen Berg (Nr.110) eröffnet. Wird die Abbauer-stelle mit Haus Nr.59 der M.Dor.Buchholz (Familie urspr. aus Nöpke / oo Stadtländer / „Buchholz-Stadtländers“) am Fuhrenkamp begründet. Das Haus (massiv?) wird auch um 1872 errichtet.

21.12.1872

Raubmord in Schneeren Nr.62 (nachts zw.12 und 1 Uhr) am Kaufmann (Hökenhändler) J.Cord H.Dettmer oo H.Christine L.Charlotte Freie*1793. Landdrost in Hannover ist Heinrich von Bötticher (-1876).

Nach 1872

Neubau des Bauernhauses für die Hofstelle Mardorf Nr.42 um 1872 (Nortmeier, „BuchholzHeinrich“) an der Lindenstraße (Zeichnung rechts).

1873

Wird die Abbauerstelle mit Fachwerkhaus Nr.62 des Aug.Kahle (Nr.9/ oo Syrup/ „WiechmannsAugust“) hinter den langen Birken begründet. Später Wiebking, Langhorst und Heine.

1874

Begründung der Abbauerstelle Nr.63 durch F.Aug.Dankenbring (*1843/ oo Nülle mit Abtrennung von Nr.1). Großvater Schuster und Hsl. F.Dankenbring (*1788 Nr.5/ oo Garberding/ Tochter: M.D.Magd.Ch. (*1820 o/o 1842 H.Hachmeister aus Otternhagen / „Hachmesters“) bauen das Fachwerkhaus schon um 1860 an den Heuberg. Die Zuwegung geht damals noch von Osten (Frontgiebel) bei Nr.24 vorbei. Der massive Neubau ist 1950 wie damals üblich an und um das Fachwerk herum gebaut worden. Mardorf Nr.63 (oben: Abbildung des Giebels um 1860) Wird die Anbauerstelle Nr.64 vom Sohn des Schäfers F.Heidorn (*~1830/ Nr.6/ oo Aschen) W.Heidorn (*1854 Schneider/ oo Wiebking/ „Scheepers-Snieders“) am Mummrian begründet. Das Fachwerkhaus entsteht schon um1855 im damals üblichen Stil. Um 1913 wird ein KONSUM – Laden eröffnet. Mardorf Nr.64 (Rekonstruktion in Abbildung rechts)

1874

Die Abbauerstelle Nr.65 des C.H.Flebbe (*1831/ oo Langreder). Familie urspr. aus Heynholten, später oo Kasten, Nr.12/ oo Ohlhagen/ „Flebben“) an der Hasenheide (halbe Strecke nach Rehburg) wird begründet. Das Fachwerkhaus mit Krüppelwalm ist dort schon um 1850 gebaut worden. Später im Haus Koberg, Förthmann und Breuer. Der Kern des alten Hauses steht ist noch heute vorhanden. (Foto rechts: Mardorf Nr.65 um 1995)

16.8.1874

„Feuersbrunst“ (Brandstifter) vernichtet 10 Hofstellen in Schneeren, darunter sein eigenes.

Seit 1874

wird an einem Lattenpegel am Wilhelmstein regelmäßig der Wasserstand beobachtet. Der mittlere Pegel liegt damals bei 37,9 m üNN.

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