801

Verfahren Grundlagen 1.2 Röntgen 1.2 Grundlagen Reichow-Heymann-Menke Handbuch Röntgen mit Strahlenschutz – Grundwerk 11/80 1 Verfahren Grundla...
Author: Marcus Schmitz
7 downloads 2 Views 99KB Size
Verfahren

Grundlagen 1.2

Röntgen

1.2 Grundlagen

Reichow-Heymann-Menke Handbuch Röntgen mit Strahlenschutz – Grundwerk 11/80 1

Verfahren

Grundlagen 1.2

Röntgen

Inhaltsvrzeichnis

1.2

Grundlagen Prof. Dr. Christian Blendl

1.2.1 Erzeugung ionisierender Strahlung 1.2.2 Wechselwirkung zwischen Strahlung und Materie

Reichow-Heymann-Menke Handbuch Röntgen mit Strahlenschutz – Grundwerk 11/80 2

Verfahren Grundlagen

Erzeugung ionisierender Strahlung 1.2.1

1. Röntgen 1.2

Grundlagen Prof. Dr. Christian Blendl

1.2.1

Erzeugung ionisierender Strahlung

Im weiteren wird der Begriff der ionisierenden Strahlung eingegrenzt auf ionisierende Strahlung, die in der Projektionsradiographie verwendet wird: die „Röntgenstrahlung“. Sie wird erzeugt in Röntgenröhren, die von einem Schutzgehäuse umgeben sind. Dieses Schutzgehäuse hat eine doppelte Funktion: zum einen begrenzt es den Austritt der Röntgenstrahlung auf das Strahlenaustrittsfenster, zum anderen übernimmt es die Funktion des Berstschutzes bei prinzipiell nicht auszuschließenden Implosionen der Röntgenröhre.

Abb. Nr.: Röntgenstrahler mit Schutzgehäuse und innenliegender Röntgenröhre. Zusätzlich ist ein die Anodentemperatur überwachendes Messgerät abgebildet. Die Erzeugung von Strahlung wird dadurch erreicht, dass eine Heizkathode erhitzt wird, ähnlich dem Prinzip einer Glühbirne. Bei sehr hoher Temperatur der Heizwendel wird die notwendige Energie für die Austrittsarbeit von Elektronen aus dem Kathodenmaterial aufgebracht, das i.d.R. aus Wolfram oder einem Metall besteht, das einen ähnlich hohen Schmelzpunkt wie Wolfram aufweist. Durch die angelegte Spannung zwischen Kathode und dem Drehanoden-Teller werden die thermisch erzeugten Elektronen von der Oberfläche der Kathode abgesogen und auf die Anode hin beschleunigt. Der Aufprallort wird Brennfleck, bzw. Fokus genannt. Hochleistungsröhren besitzen meist zwei unterschiedlich große Brennflecke, meist in der Größe von 0,3 und kleiner (Brennflecknennwert). Der Brennflecknennwert ist eine dimensionslose Zahl, da die effektiven Abmessungen, Länge und Breite eines annähernd rechteckigen Brennfleckes mit dem gleichen Nennwert unterschiedlich sein können. Die Energie, die ein Elektron aufnimmt, wird durch die angelegte Röntgenröhrenspannung U bestimmt: -19 E = e*U mit e = 1,602*10 (As) und U (V) Das auf das Anodenmaterial einfallende, schnelle Elektron wird vom elektrischen Feld eines Atomkerns abgebremst und aus seiner Richtung abgelenkt. Die dabei abgegebene Energie wird als Quant der Röntgenbremsstrahlung frei. Die daraus resultierende Grenzwellenlänge grenz der Strahlung beträgt dann: -34 8 E = e*U = h* = h*c/ mit h = 6,625*120 (Js) und c = 2,998 *10 (m/s) mit J = Ws grenz = h*c/e*U 9 = 1,2398*10 /U(m) mit U in kV grenz  = c/        U mit U in kV grenz Reichow-Heymann-Menke Handbuch Röntgen mit Strahlenschutz – Grundwerk 11/80 3

Verfahren

Erzeugung ionisierender Strahlung 1.2.1

Grundlagen Beispiel: Die Grenzwellenlänge für Röntgenstrahlung, erzeugt mit einer Röntgenröhrenspannung von 100 kV beträgt: 1,24/100 (nm) = 0,0124 (nm) Der Wirkungsgrad, mit dem diese Umwandlung stattfindet, ist von der Ordnungszahl Z des Anodenmaterials, von der Spannung U und einer Konstanten abhängig: -9 η = k*U*Z mit k = 1,1*10 Für Wolfram als Anodenmaterial und einer Röntgenröhrenspannung von 125 kV ergibt sich: -9 3 -2 η = 1,1*10 *125*10 *74 = 1,02*10 Nur ein Prozent der aufgewendeten Energie wird in Strahlung umgewandelt. Nachdem dieser Bremsvorgang im Anodenmaterial nur in sehr wenigen Fällen so abläuft, dass die Energie des Elektrons vollständig in die Energie des freiwerdenden Röntgenquants umgewandelt wird, sondern das auftreffende Elektron beim Durchtritt durch die Elektronenhülle nur einen Teil seiner Energie abgibt und das Elektronenfeld des Atoms mit geringerer Energie verlassen kann, entstehen Röntgenquanten mit unterschiedlicher Energie. Die so erzeugte Strahlung wird allgemein als Bremsstrahlung bezeichnet. Die Energieverteilung der Quanten beschreibt das Röntgenspektrum. Die 2 2 Energieflussdichte Ψ (in W/m oder in J/m s) wird bestimmt durch: n Ψ = n*e* η = (n*e*U)*(k*U*Z) = I*Z*U Der Exponent n beträgt nur unter idealen Bedingungen zwei, liegt aber bei gefilterter Strahlung in der Größenordnung von 4-5. Dies sei an einem Beispiel verdeutlicht: Es ist allgemein bekannt, dass eine Erhöhung der Röntgenröhrenspannung von 70 kV auf 81 kV (3 Belichtungspunkte oder Schalterstufen der Röntgenröhrenspannung) bei gleicher mAs die Dosisausbeute etwa um den Faktor zwei erhöht. Daraus lässt sich die Größe des Exponenten für eine mindestens mit 2,5 mm Aluminium gefilterte Strahlung abschätzen: n Ψ1 = I*Z*U1 mit U = 70 kV n Ψ2 = I*Z*U2 mit U = 81 kV n

n

mit I proportional mAs und Z = 74 Ψ2/Ψ1 = 2 = 81 /70 Aus n* log(81/70) = log2 folgt: n= 4,75 der spektralen Energieflussdichte Ψ lässt sich auch die spektrale Quantenflussdichte Φ (Anzahl Quanten pro Flächeneinheit) bestimmen. Diese Größe wird für die Bestimmung des Quantenrauschens benötigt.

Abb. Nr.: Energieflussdichte-Spektren der Bremsstrahlung mit geringen Anteilen der charakteristischen Strahlung bei unterschiedlichen Erzeugungsspannungen (Röntgenröhrenspannungen) bei Wolfram als Anodenmaterial und einer Zusatzfilterung von 1 mm Aluminium

Verfahren

Erzeugung ionisierender Strahlung 1.2.1 Reichow-Heymann-Menke Handbuch Röntgen mit Strahlenschutz – Grundwerk 11/80 4

Verfahren

Erzeugung ionisierender Strahlung 1.2.1

Grundlagen Der Einfluss unterschiedlicher Filterung auf ein Spektrum besteht immer darin, dass die Intensität bei zunehmender Filterdicke bei gleichem Filter-Material oder steigendem Z (Ordnungszahl des filternden Elementes) bei gleicher Filterdicke vermindert wird und dass zusätzlich die spektrale Zusammensetzung verändert wird. Weiche Anteile der Röntgenstrahlung werden im Material stärker gefiltert als härtere Anteile (kürzere Wellenlänge, bzw. höhere Frequenz). Dieser Effekt wird üblicherweise als Aufhärtung der Strahlung beschrieben. Der Zweck zusätzlicher Filterung besteht darin, weiche Strahlenanteile der Strahlung, die nicht bildgebend wirken, also zum weit überwiegenden Teil im Objekt absorbiert werden, aus dem Spektrum zu filtern. Diese zusätzliche Filterung der Strahlung beträgt bei einem Strahler 2,5 mm Al-Gleichwert, der in der Projektionsradiographie bei Erwachsenen verwendet wird. In der pädiatrischen Radiologie wird ein höherer Al-Gleichwert gefordert, der meist durch zusätzliche Kupfer (Cu) – Filter realisiert wird. Die zusätzliche Filterung verlängert zwar die Schaltzeiten, aber durch die geringen Objektdicken in der pädiatrischen Radiologie kann dieser negative Begleiteffekt in Kauf genommen werden. Die Anpassung der für die Durchdringung notwendigen Röntgenröhrenspannung erfolgt objektdickenabhängig. Als Faustregel gilt: 2*Objektdicke + Konstante ist kVobjektangepasst mit k = ca. 40

Abb. Nr.: Röntgenspektren bei einer Eigenfilterung der Röhre von 2,5 mm Al-Gleichwert und zusätzlichen Filtern mit einer Röntgenröhrenspannung von 70 kV Die Entstehung der charakteristischen Strahlung, die bei der Bildgebung in der Mammographie eine bedeutende Rolle spielt, sei ebenfalls kurz behandelt. Ein einfallendes schnelles Elektron (es) löst ein Hüllenelektron (ef) aus einer inneren Schale los und bewegt sich nach diesem Stoß mit geringerer Energie als langsames Elektron (el) im Materialverband weiter. Dort wird es durch weitere Stöße mit Atomen des Anodenmaterials weiter abgebremst, ggf. unter Erzeugung von Bremsstrahlung. Der auf der inneren Schale (K-Schale mit 2 Subniveaus) des Atoms frei gewordene Platz wird durch ein Elektron aus einer weiter außen gelegenen Schale (z.B. aus der L-Schale mit mehreren Subniveaus) aufgefüllt. Dabei wird die Energiedifferenz zwischen diesen beiden Schalen als elektromagnetische Strahlung, d.h. als Röntgenquant (K ) frei: E = h* = E(1) – E(2) Reichow-Heymann-Menke Handbuch Röntgen mit Strahlenschutz – Grundwerk 11/80 5

Verfahren

Erzeugung ionisierender Strahlung 1.2.1

Grundlagen

Für Wolfram und Molybdän gelten folgende energetische Zusammenhänge: Atom n Index keV Energiedifferenz E Wolfram 1 K 69,5 K = 58,5 2 L 11,0 K = 66,7 3 M 2,8 K = 68,9 4 N 0,6 5 O 0,07 6 P 0,02 Molybdän

Übergang L zu K

1

K 17,45 K 19,6 Tabelle Nr.1: Energieniveaus einzelner Schalen von Wolfram und Molybdän

Abb. Nr.2: Energieflussdichte-Spektren der Bremsstrahlung mit dominanten Anteilen der charakteristischen Strahlung bei unterschiedlichen Erzeugungsspannungen (Röntgenröhrenspannungen) bei Molybdän als Anodenmaterial und einer Zusatzfilterung In dieser Abbildung wird deutlich, dass der Anteil der charakteristischen Strahlung bei einer MolybdänAnode gegenüber einer mit Wolfram erzeugten Strahlung deutlich erhöht ist. Die in der Abbildung eingetragene Absorptionskante von Molybdän bewirkt bei einer zusätzlichen Mo-Filterung mit 30 m eine nahezu völlige Auslöschung der K -Linie. Verwendung findet eine Strahlenqualität, die starke Anteile charakteristischer Strahlung aufweist in der Mammographie. Neben dem Anodenmaterial Molybdän wird in der Mammographie auch Rhodium als Anodenmaterial verwendet.

Reichow-Heymann-Menke Handbuch Röntgen mit Strahlenschutz – Grundwerk 11/80 6