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Verwaltungsrecht in der Sozialen Arbeit -‐ Skriptteil zur Lerneinheit 1 Kapitel IX. Rechtsdienstleistung Autorin: Prof. Margit Kwoka | letzte Änderung: 21.02.2012
IX. Rechtsdienstleistung
Darum geht es
In der LE 23 befassen Sie sich mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Das Rechtsdienstleistungsgesetz will BürgerInnen vor unqualifizierter Rechtsbera-‐ tung schützen und regelt unter anderem, inwieweit MitarbeiterInnen in Einrich-‐ tungen der sozialen Arbeit ihre KlientInnen rechtlich beraten und vertreten dür-‐ fen. Bitte nicht verwechseln -‐ im RDG geht es um die Frage: Dürfen Sie als Mitarbei-‐ terInnen sozialer Berufe Ihre KlientInnen rechtlich beraten. Demgegenüber re-‐ gelt das Beratungshilfegesetz (BerHG) (LE 22), ob Ihre KlientInnen eine unent-‐ geltliche außergerichtliche Rechtsberatung (in der Regel) vom Rechtsanwalt bekommen können. Und es geht um die Frage, ob Annett Schlau als Praktikantin der Sozialarbeit Karl Willig rechtlich informieren, beraten, ihn vor den Behörden rechtlich vertre-‐ ten darf. Sicher ist, dass eine rechtliche Vertretung vor Gericht nicht von PraktikantInnen und SozialarbeiterInnen wahrgenommen werden kann. Das bleibt in der Regel RechtsanwältInnen (VolljuristInnen) vorbehalten. Lesen Sie bitte die angegebenen §§ im RDG mit. Erlaubnis zur Rechtsdienstleistung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)
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Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) regelt, wer wem welche rechtli-‐ chen Hilfestellungen geben darf. Nicht alle, die sich dazu berufen fühlen, haben die gesetzliche Erlaubnis andere Menschen rechtlich zu beraten und zu be-‐ treuen. Das RDG löste mit seinem Inkrafttreten am 1. Juli 2008 das Rechtsbera-‐ tungsgesetz (RBerG) ab.1
Das alte Rechtsberatungsgesetz (RBG) mit den Wurzeln von 1935 spiegelte die Veränderung der Lebenswirklichkeit
nicht ausreichend wieder. Den heutigen Bedürfnissen, vor allem die Frage nach der Zulässigkeit von Rechtsberatung durch andere Personen als durch Anwälte, musste Rechnung getragen werden. Im RBG war es nur der Caritas und Diakonie und wenigen Fachverbänden (z.B. VdK) möglich, Rechtsberatung für Hilfsbedürftige zu leisten, diese musste aber im Rahmen sozialer Angelegenheiten angesiedelt sein. Andere Wohlfahrtsverbände mussten zu Hilfskonstruktionen greifen, um auch zur Rechtsberatung im Einzelfall zugelassen zu werden. Vgl. u.a. zum neuen Rechtsdienstleistungsgesetz: „Raus aus der Grauzone“ (Hoffmann) Asylmagazin 1-2/2008
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Das neue RDG schützt BürgerInnen vor unqualifizierter Rechtsberatung (§ 1 I RDG) im außergerichtlichen Verfahren. Die Erlaubnis, Menschen vor Gericht rechtlich zu vertreten, wird seit Juli 2008 in den einzelnen Gerichts-‐ bzw. Pro-‐ zessordnungen2 geregelt (vgl. § 1 II RDG).
Definition und
§ 2 Abs. 1 RDG erläutert den Begriff der Rechtsdienstleistung. „Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.“
Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe
Allein in diesem kurzen Absatz 1 des § 2 RDG sind einige erklärungs-‐ bzw. ausle-‐ gungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe. "Konkrete fremde Angelegenheiten" sind beispielsweise die persönlichen Fallge-‐ schichten von KlientInnen mit rechtlichem Klärungsbedarf. Die "Rechtliche Prüfung des Einzelfalls" umfasst: • die Erläuterung der rechtlichen Möglichkeiten (z.B.: "Gegen dieses Schreiben können Sie Widerspruch einlegen.") • die Hilfestellung bei der Formulierung von Amtsschreiben (z.B. "Den Wider-‐ spruch gegen einen Verwaltungsakt können Sie folgendermaßen formulie-‐ ren..") • die rechtliche Beratung, d.h. rechtliche Empfehlungen geben (z.B. "Hier soll-‐ ten Sie auf jeden Fall Widerspruch einlegen") • die Begleitung zum Amt und die Unterstützung der KlientInnen beim Amts-‐ besuch • die Vertretung der Interessen der KlientInnen im behördlichen Verfahren (z.B. die Klientin hat dem Sozialarbeiter eine Vollmacht gegeben, so dass die-‐ ser im eigenen Namen für die Klientin bei den Behörden auftreten kann, bei-‐ spielsweise legt der Sozialarbeiter Widerspruch für den Klienten ein; "Hier-‐ mit lege ich Widerspruch für Herrn/Frau... ein") Diese rechtliche Prüfung muss auch „erforderlich“ sein. Das heißt, eine rechtli-‐ che Klärung muss erwünscht und notwendig sein. Keine Rechtsdienstleistungen nach dem RDG sind nach § 2 Abs. 3 RDG bei-‐ spielsweise die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten (Nr.1) und die Mediati-‐ on (Nr.4) und jede vergleichbare Form der alternativen Streitbeilegung,....(vgl. §
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z.B. in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), im Sozialgerichtsgesetz (SGG), der Zivilprozessordnung (ZPO) ...
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2 Abs. 3 RDG) Formen der erlaub-‐ • Es gibt nach § 5 RDG die erlaubte entgeltliche oder unentgeltliche Rechts-‐ ten Rechtsdienstleis-‐ dienstleistung (RDL), wenn sie als Nebenleistung zu einem Berufs-‐ oder Tä-‐ tung nach dem RDG tigkeitsbild gehört (z.B. Testamentsvollstreckung). • Für Selbständige und MitarbeiterInnen in sozialen Berufen, die ihre KlientIn-‐ nen (auch) rechtlich beraten, gilt § 8 RDG. Hier werden die Bedingungen zur Erlaubnis der entgeltlichen und unentgeltlichen RDL für die öffentliche Wohlfahrtspflege (Jugendamt, Sozialamt usw.) und die freie Wohlfahrtspfle-‐ ge (Verbände, Vereine usw.) sowie für SozialarbeiterInnen, die als Selbstän-‐ dige in bestimmten Bereichen tätig sind (z.B. als PflegerInnen nach dem Be-‐ treuungsgesetz) festgeschrieben. Die Beratung durch MitarbeiterInnen in Wohlfahrtsverbänden ist aber nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Mehr dazu erfahren Sie unter den Erläuterungen zum § 8 RDG. • Nach dem § 6 RDG dürfen Sie auch Ihre Nachbarn und Verwandten unent-‐ geltlich mit rechtlichen Dienstleistungen beglücken. Auch anderen Personen dürfen Sie unentgeltlich Rechtsdienstleistungen an-‐ gedeihen lassen. Aber diese Erlaubnis ist an strenge Bedingungen gebunden, vgl. § 6 II RDG (siehe unten). • Interessenvertretungsverbände wie Gewerkschaften und Genossenschaften erhalten die Erlaubnis zur RDL nach für § 7 RDG. Auch diese Erlaubnis ist an Bedingungen geknüpft (vgl. unten). RDL im Bereich Sozi-‐ Die strengen Bedingungen unter denen entgeltliche und unentgeltliche Rechts-‐ aler Arbeit (§ 8 RDG) dienstleistungen durch Sie als MitarbeiterInnen in der sozialen Arbeit stattfin-‐ den können, sind im Gesetzestext folgendermaßen erläutert: § 8 RDG Öffentliche und öffentlich anerkannte Stellen „(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die 1.......bis 4 5. Verbände der freien Wohlfahrtspflege im Sinn des § 5 des Zwölften Buches Sozialge-‐ setzbuch, anerkannte Träger der freien Jugendhilfe im Sinn des § 75 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und anerkannte Verbände zur Förderung der Belange behinderter Menschen im Sinn des § 13 Abs. 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes im Rahmen ihres Aufgaben-‐ und Zuständigkeitsbereichs erbringen.“
Auslegung
„im Rahmen ihres Aufgaben-‐ und Zuständigkeitsbereichs“ meint, dass Sie, wenn Ihre Aufgaben es erfordern, Ihre KlientInnen auch rechtlich zu beraten und zu betreuen, dies auch tun dürfen, aber nur innerhalb Ihres Zuständigkeitsbe-‐ reichs. Also wenn Ihre Aufgaben im Bereich Jugendhilfe angesiedelt sind, dann
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gehören Beratungen in Bauangelegenheiten beispielsweise nicht zu Ihrem Zu-‐ ständigkeitsbereich, wohl aber ist damit die Betreuung und Beratung in Kinder-‐ und Jugendhilfeangelegenheiten, wie im Einzelfall auch darüber hinausgehend in verschiedensten Sozialrechtsangelegenheiten. Nach § 8 Abs. 2 RDG ist die Erlaubnis aber an weitere Bedingungen gebunden. „(2) Für die in Absatz 1 Nr. 4 und 5 genannten Stellen gilt § 7 Abs. 2 entsprechend ..“
Bedingungen zur RDL
§ 7(2) besagt: Wer Rechtsdienstleistungen nach Absatz 1 erbringt, muss über die zur sachgerechten Erbringung dieser Rechtsdienstleistungen erforderliche personelle, sachli-‐ che und finanzielle Ausstattung verfügen und sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. § 6 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. § 6(2) Satz 2 besagt: Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwir-‐ kung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.
Auslegung
Der Gesetzgeber knüpft die Erlaubnis zur entgeltlichen und unentgeltlichen Rechtsdienstleistung der freien Wohlfahrtspflege (nicht der öffentlichen Wohl-‐ fahrtspflege) nach dem neuen Gesetz an die Gewährleistung zusätzlicher Vo-‐ raussetzungen. Die Rechtsdienstleistung durch die Verbände der freien Wohlfahrtspflege ist nach dem RDG dann erlaubt, wenn eine Person mit der Befähigung zum Rich-‐ teramt die Rechtsdienstleistung erbringt, bzw. die beratenden Personen "anlei-‐ tet". „Personen mit Befähigung zum Richteramt“ sind JuristInnen mit beiden Staats-‐ examen, sogenannte VolljuristInnen. Das sind AnwältInnen, RichterInnen, i. d. R. auch ProfessorInnen der Rechtswissenschaft) „Anleitung’“ bedeutet Einweisung und Fortbildung und Mitwirkung bei der RDL, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist (vgl. § 6 Abs. 2 RDG). Darüber hinaus müssen die „erforderlichen Ressourcen“ vom Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt werden, beispielsweise aktuelle Geset-‐ zestexte, Kommentare, Zeitschriften, Internetzugang usw. (vgl. § 7 II RDG). Auch diese Auslegungen der unbestimmten Rechtsbegriffe tragen im konkreten Fall noch wenig zur Erhellung bei. Es fehlen noch die Konkretisierungen. Unge-‐ klärt ist beispielsweise, wie eine Einweisung von SozialarbeiterInnen auszuse-‐ hen hat. Wann müssen SozialarbeiterInnen in welchem Einzelfall diese Volljuris-‐ tInnen einbeziehen. Gelten hier für alle die gleichen Maßstäbe? Und welche
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Rolle spielen Ausbildungsschwerpunktsetzungen. Einzelne Hochschulen und Studiengänge der Sozialen Arbeit verankern sehr viele ECTS relevante Rechts-‐ lehrveranstaltung in ihren Curricula, andere Hochschulen legen auf die Vermitt-‐ lung von Kompetenzen in diesem Fach vergleichsweise wenig Wert.
Literaturquellen und Links
Was passiert, wenn ein Schaden entsteht? Unter welchen Bedingungen entste-‐ hen Schadensersatzpflichten? All diese Fragen sind in der Praxis noch völlig un-‐ klar. Bitte vertiefen Sie das Thema (Stichwort: Rechtsdienstleistungsgesetz) beispielsweise im: Papenheim/Baltes/Tiemann: “Verwaltungsrecht für die soziale Praxis“, neueste Auflage • Kievel/Knösel/Marx: „Recht für soziale Berufe“, neueste Auflage • Nothacker/Brühl u.a.: „Sozialrechtsberatung“, neueste Auflage • Hesse Werner: „Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz“, Walhalla Fachverlag, Re-‐ gensburg 2008 • Sauer Jürgen: „Soziale Arbeit als Rechtsdienstleistung“; in: RsDE, Beiträge zum Recht der sozialen Dienste und Einrichtungen, Carl Heymanns Verlag, Berlin 2009; Heft 69, S. 1 ff .... um nur einige einschlägigen AutorInnen zu nennen. Es gibt auch wertvolle Links, allen voran: Diakonie Texte | Handreichung | 08.2008 -‐ Handreichung zu un – entgeltlichen Recht-‐ dienstleistungen..... Diakonie zum RDG -‐ Siehe unter google -‐ Stichwort: Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts (PDF Datei) http://www.google.de/#hl=de&expIds=17259,27445,27586&xhr=t&q=Diakonie+Handb uch+RDG&cp=21&pf=p&sclient=psy&aq=f&aqi=&aql=&oq=Diakonie+Handbuch+RDG&g s_rfai=&pbx=1&fp=2c48671cbe95c3be letzter Zugriff am 16. Dez. 2011