4. Regionale Bildungskonferenz des Landkreises Osterholz 31. Mai 2011

DERDER LANDKREIS OSTERHOLZ LANDKREIS OSTERHOLZ OSTERHOLZ Der Landkreis DER Osterholz LANDKREIS REGIONALE 4. 4. REGIONALE 4. REGIONALE 4. Regionale B...
Author: Elly Egger
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DERDER LANDKREIS OSTERHOLZ LANDKREIS OSTERHOLZ OSTERHOLZ

Der Landkreis DER Osterholz LANDKREIS

REGIONALE 4. 4. REGIONALE 4. REGIONALE 4. Regionale BILDUNGSKONFERENZ BILDUNGSKONFERENZ BILDUNGSKONFERENZ DES DES Bildungskonferenz DES OSTERHOLZ LANDKREISES OSTERHOLZ LANDKREISES LANDKREISES OSTERHOLZ des Landkreises Osterholz 31. MAI 2011 31. MAI 2011 31. Mai 2011 31. MAI 2011

Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2 Programm der 4. Regionale Bildungskonferenz des Landkreises Osterholz. . . . . . . . . . . . . . . .3 Entwicklung des Landkreises Osterholz zur Bildungslandschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Vielfalt als Chance: Handlungsansätze zum erfolgreichen Umgang mit Heterogenität in Kita und Schule Prof. Dr. Matthias von Saldern, Leuphana Universität Lüneburg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7 Inklusion und Individualisierung: Offener Unterricht konkret– Erlebte offene Unterrichtsformen und ihre Weiterentwicklung Dr. Falko Peschel, Bildungsschule Harzberg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Fachforum 1: Eine Schule für alle: Chancen heterogener Lerngruppen für Schüler und Lehrer . . . . . . . . . . . . . . .37 Fachforum 2: Entwicklungsziel Inklusion – Eine Grundschule macht sich auf den Weg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55 Fachforum 3: Professionelle Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit – Heterogenität in der frühkindlichen Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59 Fachforum 4: Stärken finden und erfolgreich nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69 Fachforum 5: (Inklusive) Begabtenförderung an Regelschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79

Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93 Presse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .94 Referenten und Mitwirkende. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .98 Teilnehmerliste. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100



Vorwort des Landrats Der Umgang mit Heterogenität ist in Kitas und Schulen längst Alltag; die Palette der Verschiedenheiten ist groß. Das stellt Pädagogen/innen und Erzieher/ innen vor große Herausforderungen, schließlich sollen sie jedem Kind gerecht werden. Doch wie sollen sie Unterschiede erkennen, einordnen und erfolgreich mit ihnen umgehen? Antworten darauf suchte die 4. regionale Bildungskonferenz des Landkreises Osterholz. Unter dem Motto „Vielfalt als Chance - Handlungsansätze zum erfolgreichen Umgang mit Heterogenität in Kita und Schule“ ging es am 31. Mai 2011 im Tagungshaus Bredbeck um die Frage, wie unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Ressourcen mit der zunehmenden Heterogenität der Kinder pädagogisch konstruktiv umgegangen werden kann. In übergreifenden Fachvorträgen am Vormittag wurde das Thema entfaltet, in fachspezifischen Foren und Workshops am Nachmittag bestand für die gut 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit, einzelne Aspekte des Themas vertiefend zu diskutieren; gute Beispiele aus der pädagogischen Praxis in Kitas und Schulen standen dabei im Vordergrund. Die vorliegende Dokumentation der 4. Regionalen Bildungskonferenz des Landkreises Osterholz umfasst die Präsentationen der Referentinnen und Referenten und soll Ihnen die diskutierten Inhalte nochmals in Gedächtnis bringen. Die Diskussion zeigte u. a., dass offenbar weiterer Bedarf an geeigneten Lehr/Lernformen besteht, um der Heterogenität bei den Lernvoraussetzungen der Schüler/innen gerecht zu werden. Insbesondere im Rahmen der Qualitätsinitiative „Beste Bildung“ soll dieser Anforderung Rechnung getragen werden. Darüber hinaus werden die Diskussionsergebnisse der Konferenz Eingang in die weitere Gestaltung des Integrations-/Inklusionsprozesses und der Unterstützung der Schulen und Kitas sowie bei zukünftigen Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsqualität finden.

Dr. Jörg Mielke, Landrat Osterholz-Scharmbeck, im Oktober 2011



4. Regionale Bildungskonferenz des Landkreises Osterholz „Vielfalt als Chance - Handlungsansätze zum erfolgreichen Umgang mit Heterogenität in Kita und Schule“ 31. Mai 2011; 10.00 - 17.00 Uhr (Tagungshaus Bredbeck)

Programm: 10.00 Ankommen und Begrüßungskaffee 10.15 Eröffnung der Konferenz (Landrat Dr. Jörg Mielke) Grußworte des Kultusministers (MD Heiner Hoffmeister, Niedersächsisches Kultusministerium) 10.30 Vielfalt als Chance - Handlungsansätze zum erfolgreichen Umgang mit Heterogenität in Kita und Schule (Prof. Dr. Matthias von Saldern, Uni Lüneburg) 11.15 Inklusion und Individualisierung: Offener Unterricht konkret – Erlebte offene Unterrichtsformen und ihre Weiterentwicklung (Dr. Falko Peschel, Bildungsschule Harzberg) 13.00

Mittagspause

14.00 Parallele Fachforen 1. Eine Schule für alle: Chancen heterogener Lerngruppen für Schüler und Lehrer (Rosemarie Wolf, IGS Garbsen) 2. Entwicklungsziel Inklusion – eine Grundschule macht sich auf den Weg (Rainer Kudlek und Kirsten Heinze, GS Winsen) 3. Professionelle Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit Heterogenität in der frühkindlichen Bildung (Mathias Demberger, Kita ROKIDS, Jurymitglied “Klasse Kita”) 4. Stärken finden und erfolgreich nutzen (Wilfried Beckwermert, Coach, Europäisches Diplom für Hochbegabtenförderung) 5. (Inklusive) Begabungsförderung an Regelschulen (Michaela Rastede und Friederike Steinhaus, Oberschule Koblenzerstrasse, Bremen) 15.30 Kaffeepause 16.00

Berichte aus den Fachforen (Moderation: Uwe Gonschorek)

16.30 Ausblick und Verabschiedung (Landrat Dr. Jörg Mielke) 17.00 Ende der Veranstaltung



Entwicklung des Landkreises Osterholz zur Bildungslandschaft

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2003

Verschiedene Projekte, z. B. „Region des Lernens“, „Qualitätsnetzwerke“, „Lernende Region“

1. Regionale Bildungskonferenz 2004

Aufgaben und Strukturen eines regionalen Bildungsmanagements

2. Regionale Bildungskonferenz 2005

Einrichtung des Bildungskontors als koordinierende Plattform für Bildungsakteure; Arbeitsfelder: Kita + Grundschule

Grundschule + Sekundarschule

Schule + Beruf

Koordinierungsgruppe OHZ

Regionale Berufsbildungskonferenz (2006-2007)

Zusammenarbeit Grundschule – Sekundarschule

Übergänge SchuleBeruf

2006

Quik (2006-2008) Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen 2007

BildungsWerk-Stadt (2006-2008)

2008

Brückenjahr (seit 2007)

(Verstetigung im Bildungskontor zum (laufend)

01.01.08)

3. Regionale Bildungskonferenz „Mehr Bildungschancen für Kinder und Jugendliche im LK OHZ“

2009

Vorbereitende Maßnahmen zur Einrichtung einer gemeinsamen Qualitätsinitiative von Schulen und Bildungsträgern

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tt 2010 2010

Einrichtung Einrichtungder derQualitätsinitiative Qualitätsinitiative„Beste „BesteBildung“ Bildung“ Grundschule Grundschule++Sekundarstufe Sekundarstufe

2011 2011

2012 2012

4. 4. Regionale Regionale Bildungskonferenz Bildungskonferenz „Vielfalt „Vielfaltals alsChance Chance––Handlungsansätze Handlungsansätze zum zumerfolgreichen erfolgreichenUmgang Umgangmit mit Heterogenität in Kita und Schule“ Heterogenität in Kita und Schule“

Kitas Kitas

Weiterentwicklung Weiterentwicklung der der Bildungslandschaft Bildungslandschaft Osterholz Osterholz

2013 2013



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Vielfalt als Chance: Handlungsansätze zum erfolgreichen Umgang mit Heterogenität in Kita und Schule

Referent:

Prof. Dr. Matthias von Saldern Leuphana Universität Lüneburg



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Grundidee: Menschen mit besonderen Merkmal brauchen besondere Gruppen. Prinzip: „Individuelle Einzelhilfe“ Empirische Studien: Weg nicht erfolgreich, Förderung sogar geringer. Die Probleme von heute sind die Lösungen von gestern.

2. Inklusion a. Separation

(Copyright dieser Folien, soweit nicht anders angegeben, bei Matthias von Saldern)

Univ.-Prof. Dr. Matthias v. Saldern Leuphana Universität Lüneburg Mitglied des Fachausschusses Bildung der Deutschen UNESCO-Kommission

31.05.2011 Osterholz-Scharmbeck 4. Regionale Bildungskonferenz des Landkreises Osterholz

Vielfalt als Chance - Handlungsansätze zum erfolgreichen Umgang mit Heterogenität in Kita und Schule



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Erster Versuch einer Verbesserung – ReIntegration Basis: Erklärung von Salamanca 1994 In Niedersachsen z.B. RIK-RegionaleIntegrations-Konzepte Problem: Paralleles Fahren zweier Systeme

b. Integration

1. Einleitung 2. Separation – Integration - Inklusion 3. Fiktion Homogenität 4. Kitas und Inklusion 5. Schulen und Inklusion 6. Befürchtungen 7. Fazit

Vorschau

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UN Behindertenrechtskonvention Schattenübersetzung

Erklärung von Salamanca vom Juni 1994 (UNESCO) http://www.unesco.ch/biblio-d/salamanca.htm „Wir anerkennen die Notwendigkeit und Dringlichkeit, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit besonderen Förderbedürfnissen (special needs) innerhalb des Regelschulwesens zu unterrichten.“ Nicht die Integration muss begründet werden, sondern die Separation. GG Art. 3 Abs. 3: „Niemand darf wegen .... benachteiligt werden.“

Gemeinsamer Unterricht

(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel, ...





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Achtung: Gilt für alle Lebensbereiche und nicht nur für Schule

Prinzip: „Haltungsänderung des gesamten Systems“

Hintergrund: UNBehindertenrechtskonvention

Dritter Schritt: keine Separation

… Also: SIE als Verantwortliche und Vorbilder müssen bei jeder Veranstaltung auf Inklusion achten!

Wo ist hier der Gebärdendolmetscher? Wo ist das Mikrofon für Träger eines Chochlea-Implantats?

Phil Hubbe

Inklusion ist eine Geisteshaltung!

Inklusion ist kein Prozess, es ist ein Zustand!

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c. Inklusion

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Störung bzw. mögliche Konsequenzen auf der sozialen Ebene (Nachteile, durch die die Übernahme von solchen Rollen eingeschränkt oder verhindert wird, die für die betreffende Person in Bezug auf Alter, Geschlecht, soziale und kulturelle Aktivitäten als angemessen gelten) --Teilhabe

Handicap (Benachteiligung):

Störung auf der individuellen personalen Ebene (Bedeutung für einen konkreten Menschen).

Disability (Behinderung):

Funktionsstörung bzw. Schädigung auf der organischen Ebene (menschlicher Organismus allgemein).

Impairment (Schädigung):

Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (1980)

(www.imew.de).

„Behinderung ist kein Zustand; sie ist ein Prozess. In ihm wirken Vorurteile und Klischeevorstellungen von Leid und mangelnder Lebensqualität zum Schaden der Betroffenen zusammen. Nicht die Menschen mit Behinderungen zu eliminieren, sondern die unseligen Gedanken aus den Köpfen der Zeitgenossen, ist die gesellschaftliche Aufgabe unserer Tage.“

Dr. Peter Radtke, von Geburt an körperlich schwer behindert, Mitglied des Deutschen Ethikrats:

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Nachbarschaft

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Inklusion ist überall !

Aus: Sherill & Williams, 1996, S. 45 zit. in Wegner, 2001, S. 29, Übers. des Autors)

Randgruppen – Modell Social Minority Model

x Ziel ist, das Individuum zu stärken, um eine aktive Rolle in der Selbstverwirklichung zu erreichen.

x Diskussionen werden über Daten individueller Beurteilungen, persönlicher Stärken und Schwächen geführt.

x Die Terminologie tendiert dazu, positiv oder neutral zu sein. Die Person steht im Vordergrund.

Inklusion ist keine pädagogische Frage, es ist eine gesellschaftliche Frage. Pädagogisch nähern wir uns über den Begriff der Heterogenität.

Medizinisches Modell Medical Model

x Ziel ist, dem Patienten Rat und Rezepte zu geben.

x Diskussionen werden über Defekte, Probleme oder Charakteristika geführt.

x Die Terminologie tendiert dazu, sehr negativ zu sein.

x Es gibt nur ein gemeinsame geteilte Erfahrung: das soziale Stigma.

x Behinderung wird gleichgesetzt mit „anders sein“, anders bedeutet nicht weniger sein als, es bedeutet ganz einfach anders sein als.

x Behinderung wird gleichgesetzt mit Begrifflichkeiten wie defekt sein, unterlegen sein oder weniger sein als. x Ein breites Spektrum biologisch/ psychologischer Abnormitäten und Defizite existiert.

Randgruppen – Modell Social Minority Model

Medizinisches Modell Medical Model

Medizinisches versus Randgruppen Modell

IQSH Schlieker

Zit. n. B. Wischer

(Prof. Dr. Jürgen Baumert (2002), Leiter von PISA I)

„Ein weiterer Bereich, in dem ich ebenfalls einen dringenden Handlungsbedarf sehe, ist der Umgang mit Heterogenität. (…) In der Verbesserung des Umgangs mit Differenz liegt vermutlich die eigentliche Herausforderung der Modernisierung des Systems.“

... neu formuliert

Friedrich Jahresheft XXVI 2008

Fähigkeiten und Begabung Lieblingsfächer Motivation Alter

Arbeitstempo Religion Muttersprache Erfahrungshintergrund

Leistungsstand Kulturelle Bindungen

3. Fiktion Homogenität

Familie, Elternhaus

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Heterogenität: "Abweichung" von einer Norm, Integration: Einbeziehung des "Andersartigen", Differenzierung: "Sonder"-behandlung gegenüber der Normgruppe.

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Folge: Angst bei den Verantwortlichen

Brüggelmann

Heterogenität: "Unterschiedlichkeit", Integration: "Gemeinsamkeit" Differenzierung: Raum für die "Individualität" aller.

aktuell:

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klassisch:

Heterogenität akzeptieren

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Komplexitätsproblem Individualisierungsproblem

Ernst Christian Trapp, Versuch einer Pädagogik, Berlin 1780/1977 1745-1818), ein führender Vertreter der spätaufklärerischen Pädagogik, des Philanthropismus, übernahm an der Universität Halle 1779 die erste Professur für Philosophie und Pädagogik auf deutschem Boden.

„Immer wird der Erzieher das Problem aufzulösen haben: Wie bearbeitest Du den rohen Geist der Jugend am besten? (…) Wie machst Du aus einem jeden Kopf und Herzen, was daraus werden kann? (…). Und besonders: Wie hast Du dies alles anzufangen bei einem Haufen Kinder, deren Anlagen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Neigungen, Bestimmungen verschieden sind, die aber doch in einer und eben derselben Stunde von Dir erzogen werden sollen?“

Ein altes Problem …

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UN: Inklusionsbedingungen (The 4 A´s)

(Oberhuemer, 2003)

4. Kita und Inklusion

General Comment Nr. 13 des UN-Auschusses für Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte (1999)

Adaptability (Adaptierbarkeit): Anwendbarkeit von Bildung für die Herausforderungen, unter denen Kinder und Jugendliche jetzt und zukünftig stehen.

Acceptability (Annehmbarkeit): Annehmbarkeit der Bildung/Berücksichtigung der Bedürfnisse der Kinder und Jugendliche.

Access (Zugänglichkeit und Barrierefreiheit): Bildung muss für ALLE ohne Unterschied geographisch, physisch und wirtschaftlich zugänglich sein.

Availability (Verfügbarkeit): Es muss ausreichende Bildungseinrichtungen und Lehrpersonal geben. Das Bildungsangebot muss von hoher Qualität (im Sinne der Bildungsziele) sein.

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Hamburg 69,1 % Rheinland-Pfalz 69,0 % Sachsen 55,1 %

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Niedersachsen 42,1 %

Brandenburg 72,5 % ì

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Bayern 75,1 %

Saarland 77,0 % ì

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Mecklenburg-Vorpommern 82,3 % ì

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Schleswig-Holstein 84,5 % ì

Baden-Württemberg 90,6 % ì

Nordrhein-Westfalen 85,2 %

Sachsen-Anhalt 96,8 % ì

Hessen 89,8 %

Bremen 98,3 % ì

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Berlin 99,2 %

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Thüringen 100,0 %

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Die internationale UNICEFVergleichsstudie zur Betreuung und Förderung von Kindern in Kindergärten und Kindertageseinrichtungen zeigt für die Frühpädagogik in Deutschland erhebliche Versäumnisse (The Child Care Transition)

Anteil der Kinder mit Behinderungen in integrativen Kindertageseinrichtungen (ohne Vorschulen; Quelle: BMFSFJ) 2009, S. 192

Recht auf Schutz vor Kriegsteilnahme (u. 15 J.)

Recht auf Schutz vor Folter und Todesstrafe (u. 18 J.)

Recht behinderter Kinder auf volle Teilhabe („full inclusion“, inzwischen auch UN-Behindertenrechtskonvention, seit 1.1.2009)

Recht auf Spiel und Freizeit

Recht auf kostenlose Grundschule

Recht auf Gesundheitsfürsorge, Hygiene

Recht auf Schutz vor Gewalt, Verwahrlosung, Missbrauch, körperliche Unversehrtheit

Recht seine Eltern zu kennen

Recht auf Staatsangehörigkeit

Recht auf Name

Recht auf Registrierung

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UN-Kinderrechtskonvention

Jenseits der Rolle: Kinderrechte

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Beispiel: nifbe

Zwei Problem: Gruppierung Gleichzeitigkeit

Die deutsche Schule homogenisiert noch zu stark!

5. Schule und Inklusion

Annedore Prengel 2010

Chancen und Grenzen

Kindliche Unvoreingenommenheit Dominanzstreben Rigides Festhalten an Regeln geringer Fähigkeit zur Selbststeuerung Kompetentes Verhalten von Erwachsenen ist notwendig (Ausbildung: außeruniversitär nur in Malta, Österreich, Deutschland)



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1. Gleiches Lerntempo für alle (Klassenarbeiten als stärkste Waffe gegen Individualisierung) 2. Alle Schüler erhalten gleiche Anzahl von Fachstunden 3. Abschlüsse nach einer festgelegten Anzahl von Jahren 4. Aber: Verschiebung der Sommerferien

Chancengleichheit ist die Ungleichbehandlung der Ungleichen

www.inklusiononline.net/index.php/inklusion/issue/view /11 ì (dort interessante Artikel und gute Buchhinweise) ì www.forum.enbeka.de ì

Weiter suchen in ...

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Grundschulen: bereit 1.-4. zusammen Sek-I-Schulen: Am 5-7 und 8-10 Sek-II-Schulen: Oberstufe unterschiedlich schnell durchlaufen (2-4 Jahre)

z. B. Altersmischung

a. Flexible Anpassung der Lernwege Alternativen zur Gleichschrittigkeit und Gruppierung

Rot: lineare Lernentwicklung – unrealistisch Schwarz: Der Unstete Blau: Der Spätzünder

Zeit

Denkfehler: Lernen verläuft linear über die Zeit

Leistung

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Im Einzelnen:

a) Flexible Anpassung der Lernwege, -inhalte, -zeiten und -ziele an den jeweiligen Entwicklungsstand (adaptiver Unterricht) b) Differenzierte Lerndiagnosen c) Individualisierung und Differenzierung d) Mehr selbstständigkeitsorientierte und kooperative Lernformen e) Lernberatung und individuelle Unterstützung

Bessere Wege

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b. Differenzierte Lerndiagnosen

Im fragend-entwickelnden Unterrichtsgespräch versteckt die Lehrperson ihr wertvolles Wissen und die Schülerinnen und Schülern müssen es suchen, was an österliche Bräuche erinnert. Anstatt das erforderliche Wissen verständlich und gut geordnet zu präsentieren (das gilt als abzulehnender Frontalunterricht), wird das Wissen ‚erarbeitet‘. Dazu stellt die Lehrperson zahlreiche Fragen, auf welche die Schülerinnen und Schüler antworten sollen (das gilt als zu befürwortender, positiver Lernprozess, obwohl ebenfalls frontal gesteuert).

Weg von der Osterhasendidaktik

derzeit zu wenig Diagnostik als Grundlage individueller Förderung

Derzeit zu viel Diagnostik Richtung Systemevalaution, und



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Kooperatives Lernen

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Nur bei Erklärungen

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Lehrkraft

Individualisierung durch Ko-Konstruktion!

Unterrichtsausfall im Unterricht!

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Willi schläft und keiner merkt es.

c. Individualisierung

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(Kriteriumsbezug)

„Du hast 50% richtige Antworten.“

(Gruppenbezug)

„Du hat die beste Arbeit der Klasse geschrieben.“

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„Du hast weniger Fehler als beim letzten Diktat.“

(Individualbezug)

Individuum bezogener Maßstab

Ein Inklusives Schulsystem ist keine triviale Angelegenheit. Gute Didaktik ist individualisierend und damit inklusiv. Daher: Ein Schulsystem ist ein Schulsystem, also komplex, beschrieben mit vielen Parametern, von immenser Größe usw. Daher: Einfache Lösungen gibt es nicht. Zum Abschluss ein letztes Beispiel – die Bedeutung für den Einzelnen

Bedeutung des Gesagten

Ziel: Kombination aus kriterialer und individueller Bezugsnorm

Anforderungen bezogener Maßstab

Modelle

Schulpraxis: die soziale Bezugsnorm

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Ja, du kannst! Du tust es seit Jahren!

Kann ich mit Heterogenität umgehen? Kann ich mich in neue Methoden einarbeiten?

6. Lehrkräfte und ErzieherInnen

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Betroffene zu Experten machen!

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Mein Kind wird ...

Eltern

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Sonderpädagogik ist nicht nur zuständig für die klassischen Behinderungsformen, sondern für alle besonderen Merkmale von Menschen Derzeit reduziert auf WHO-Definitionen „Behinderung“ Hohe diagnostische Kompetenz nutzen Also: auch Annehmen von Hochbegabung, ADHS, usw.

Sonderpädagogik: Neue Rolle

Es wird mehr lernen als vorher und eine höhere Sozialkompetenz haben.

Nein, dein Kind wird nicht … .

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Arbeitet meine Schule selbst konsequent und nachhaltig inklusiv? Wurde schon einmal eine Analyse auf der Basis des Index für Inklusion gemacht?

Kritische Nachfrage

Du kannst deine Fähigkeiten endlich allen Schülern zur Verfügung stellen.

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Wir müssen aus unser Nische raus!

Gut so!

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Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen

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7. Fazit

möglich pädagogisch sinnvoll rechtlich angesagt

Aber: Es gibt noch viel zu tun! Ihnen wünsche ich für Ihren Weg ì Beharrlichkeit ì Kraft ì Akzeptanz von Fehlern

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Eine Inklusive Kita/Schule ist



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Inklusion und Individualisierung: Offener Unterricht konkretErlebte offene Unterrichtsformen und ihre Weiterentwicklung

Referent:

Dr. Falko Peschel Bildungsschule Harzberg

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Peschel: Individualisierung

Dr. Falko Peschel Erziehungswissenschaftler, Lehrer und Schulleiter der Bildungsschule Harzberg [email protected] Beitrag erscheint in:

Mathias Balliet / Udo W. Kliebisch (Hrsg.) LehrerHandeln kompetent, effizient, kongruent Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler 2012

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Peschel: Individualisierung

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Falko Peschel

Individualisierung, Inklusion und Offener Unterricht Missverständnisse, Fallstricke und Teufelskreise Michael ist hyperaktiv. Er kann nicht stillsitzen und reagiert auf alles vollkommen regellos und situativ. Er ist schon im Kindergarten durch sein brutales Sozialverhalten aufgefallen. Die Familie hat schon mehrere Therapien durchgemacht, bis hin zur täglichen Videobeobachtung und Nachbesprechung mit dem Therapeuten. Michael macht Spieltherapien mit und ist in psychologischer Behandlung. Erst in unserer Klasse fällt seine hohe Intelligenz auf. Nach ein paar Tagen Schule setzt er sich an den Computer und rechnet: 1+1=2, 2+2=4, 4+4=8, ... 8192+8192=16384 usw. Er denkt anders als die anderen Kinder, kann im unbegrenzten Zahlenraum rechnen, perfekt Schach spielen, Sachen übereinander denken und behält alles, was er sieht, rechtschriftlich richtig. Er ist im Unterricht nicht kontrollierbar, kann nichts alleine tun und muss fast die ganze Zeit festgehalten werden, weil sonst Sachen durch die Gegend fliegen, Tische und Stühle übereinandergebaut oder Bücher zusammengetackert werden. Regeln kann er weder einhalten noch reflektieren. Sarah hingegen erscheint verwöhnt, verspielt und unselbständig. Ihre Mutter sagt, sie hat einfach keine Zeit, auch noch darauf zu warten, bis Sarah sich ihre Schuhe selber zugebunden hat. Sarah weiß nicht so recht, wozu Schule da sein soll, denn sie will ja später nur Prinzessin werden. Am liebsten streichelt sie die ausgestopften Tiere der Schulsammlung, mit Buchstaben oder Zahlen kann sie noch überhaupt nichts anfangen – das braucht man ja später als Prinzessin auch gar nicht.

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Peschel: Individualisierung

Sarah geht vor und nach der Schule in den Hort. Deshalb soll sie immer etwas für die Hausaufgabenstunde mitnehmen, obwohl wir sonst anders mit Hausaufgaben umgehen. Unter die (nicht gelösten) Hausaufgaben schreibt die Hortbetreuerin noch nach Monaten Kommentare wie: „Sarah hat 40 Minuten an den Aufgaben gesessen. Sie hat die Aufgabenstellung trotz mehrmaliger Erklärung noch nicht verstanden.“ Wie denn auch, wenn sich Sarah noch auf einem ganz anderen Entwicklungsstand befindet?

Inklusion ist etwas ganz anderes als Integration Zwischen Michael und Sarah kann man nicht nur große Unterscheide in der Persönlichkeit und im Sozialverhalten feststellen, sondern zwischen ihnen liegen auch Welten in Bezug auf ihren Zugang zum Lernen in den Fächern. Trotzdem würden Michael und Sarah in den meisten Klassen denselben Unterricht erhalten: Im ersten Halbjahr nach der Einschulung werden die Zahlen bis 10 eingeführt, im zweiten dann die bis 20. Mit den Buchstaben geht es genauso; da kann schon mal ein Schuljahr vergehen, bis alle Buchstaben „durchgenommen“ worden sind. Michael muss nun also drei bis vier Jahre warten, bis er da weiterlernen darf, wo er vor der Einschulung schon war. Es wäre fast ein Wunder, wenn dieses Kind nicht emotionalsozial auffällig würde. Und Sarah? Sie ist noch überhaupt nicht so weit zu verstehen, was es mit Buchstaben und Zahlen auf sich hat. Sie hat nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie lernt mit großer Mühe irgendetwas unverstanden auswendig oder sie blockiert und verweigert das Lernen. Bei Michael scheint der Unterricht zu funktionieren, während Sarah ein massives Problem mit Schule und Lernen zu haben scheint. Also sieht man nun genauer hin und vergleicht das, was Sarah so kann, mit dem, was Kinder in diesem Alter können müssten. Man erkennt die Stellen, an denen Sarah Probleme bzw. Defizite hat. Man fertigt eine Diagnose an, überlegt eine Therapie und erstellt einen Förderplan. Der soll Sarah helfen, ihre Schwächen auszugleichen bzw. aufzuarbeiten. Und, oh Wunder: Schon ist es da, das „Integrationskind“. Was ist passiert? Sarah ist brutal aus dem System herausgenommen, „segregiert“, worden - und muss nun mühsam wieder „integriert“ werden. 22

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Spannend ist in diesem Zusammenhang, wie man Sarahs Integrationsprozess nennen wird: Ist es eine Dyskalkulie, eine Legasthenie oder eine Lese-Rechtschreib-Schwäche? Oder ist es sogar eine Behinderung, die vielleicht gerade angesagt ist? Wahrscheinlich hätte die Diagnose Minimale Celebrale Dysfunktion (MCD) gelautet, wäre Sarah in den 190-er Jahren in die Schule gegangen. Im nächsten Jahrzehnt wäre Sarah vermutlich eher als ein Kind mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS) diagnostiziert worden. Heute hingegen würde sich bei ihr vielleicht eher ein Asperger-Autismus oder eine depressive Veranlagung herauskristallisieren, die sie in ihrem Lernen behindert. Alle diese Diagnosen gibt es im Einzelfall manchmal zu Recht. Aber es gäbe im Zehnjahresturnus erstaunlicherweise große Seuchenwellen unter Schulkindern, wenn alle entsprechend diagnostizierten Kinder diese Krankheiten wirklich haben sollten. Und natürlich müssen diese Patienten massiv mit Medikamenten behandelt werden. Sind denn Sarah und Michael wirklich die Einzelfälle, die eine solche Integrationsbehandlung in eine ansonsten homogene Gruppe rechtfertigen würden? Wie verschieden Kinder sind, zeigt Remo Largo in seinen Untersuchungen eindrucksvoll auf: Das Entwicklungsalter von Kindern im 1. Schuljahr unterscheidet sich um drei bis vier Jahre (vgl. Largo 2009). Das ist sicherlich etwas, was Grundschullehrer auch nicht verneinen werden: Die Kinder kommen zwar gleichalt aus dem Kindergarten, sind aber sehr unterschiedlich in ihrer Entwicklung. Deshalb geben die Lehrer ja auch ihr Bestes: Sie versuchen die Kinder so zu fördern, dass diese am Ende ihrer Grundschulzeit auf demselben Stand sind und gut auf die sogenannte weiterführende Schule übergehen können. Aber was heißt das konkret? Für Michael und Sarah bedeutet es schlichtweg, Sarah bestmögliche Lernmöglichkeiten zu geben. Und Michael muss die Zeit nutzen, um möglichst viel von dem zu verlernen, was er schon vor der Schule konnte. Denn sonst schafft er es nicht nach seiner Grundschulzeit auf dem Stand zu sein, den Sarah mit Mühe und Not erreichen wird. Derselbe Stand für beide Kinder kann es also gar nicht sein – allen Lehrgängen zum Trotz! Und was sagt die Forschung zur Verschiedenartigkeit von Kindern und ihrer Entwicklung? Der Entwicklungsunterschied der Kinder verringert sich im Laufe der Zeit nicht nur nicht, sondern weitet sich massiv aus: Das Entwicklungsalter von

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Dreizehnjährigen zeigt: Aus den drei bis vier Jahren Entwicklungsunterschied bei den Erstklässlern sind nun sogar schon sieben bis acht Jahre geworden (vgl. Largo 2009). Menschen werden also nicht gleicher, je älter sie werden, sondern verschiedener. Und vor allem: Ihre Verschiedenartigkeit ist der Normalfall! Vor diesem Hintergrund muss man unseren so positiv besetzten Begriff der Integration dann doch einmal überdenken (vgl. Brügelmann 2010):  Sehen wir jemanden mit „Problemen“? Sehen wir „nicht funktionierende“ Teilleistungen? (Integration)  Oder sehen wir vielmehr eine Person, die zum falschen Zeitpunkt an den falschen Erwartungen gemessen wird? (Inklusion) Inklusion ist nicht etwas Ähnliches oder eine „Weiterentwicklung“ von Integration, sondern das genaue und krasse Gegenteil.

Individualisierung ist etwas ganz anderes als Differenzierung Man muss auf einen Unterricht verzichten, der die Kinder einer Klasse schrittweise einem gemeinsamen Lehrgang folgen lässt. Diese Einsicht ergibt sich spätestens aus der Verschiedenartigkeit der Kinder – sowohl von ihren Lernausgangslagen her als auch von ihren Lernmöglichkeiten her. Kinder können nicht zur selben Zeit dasselbe lernen (müssen), wenn sie so verschieden sind, wie Largo es beschreibt. Seit den 1970-er Jahren heißt das Zauberwort „Differenzierung“, um der Heterogenität der Kinder zu begegnen. Ausgehend vom durchgenommenen Stoff gab es auf einmal nicht mehr ein Lernarrangement für 26 Kinder, sondern mehrere. Konkret: Sarah musste nun weniger von den Aufgaben machen, die sie erst in ein bis zwei Jahren wirklich verstehen konnte. Und Michael musste mehr von dem machen, was er schon vor der Einschulung beherrschte. Und genau das ist das Spannende an dieser „Differenzierung von oben": Lehrer erstellen mit viel Engagement und Mühe verschiedene Arrangements für ihre Schüler, bereiten. die Materialien eigens per Hand auf. Aber die Lehrer richten sich eben trotzdem nicht nach den einzelnen Kindern, sondern nach dem, was zu diesem Zeitpunkt auch in einem Lehrgang durchgenommen worden wäre. In den meisten Klassen ist das sogar dadurch ganz offensichtlich, dass neben den einzelnen Stunden minimaler Öffnung immer noch parallel der Lehrgangsunterricht mit Einführungen und Übungen läuft. 24

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Individualisierung ist hingegen etwas vollkommen anderes. Individualisierung beinhaltet nicht nur die möglichst stimmige Passung zwischen Lernstoff und Kind, sondern vor allem auch die Wertschätzung seiner Individualität, seiner Person. Der Lerninhalt muss für das Kind eine Bedeutung haben. Das Kind hat im Unterricht Raum als Person. Es befindet sich in einem beinflussbaren sozialen Raum mit anderen Kindern, kann seinem Bedürfnis zur Klärung seiner eigenen Lebenswelt nachkommen und erlebt sein Tun als selbstbestimmten Prozess. Methodisch gesehen geht es also nicht um eine möglichst feinabgestimmte Vorgabe von Unterrichtseinheiten für jedes Kind als „Differenzierung von oben“ durch den Lehrer, sondern es geht um die Demokratisierung von Lernwegen, um „Individualisierung von unten" durch das einzelne Kind. Als effektiv dafür haben sich sogenannte „Eigenproduktionen“ herausgestellt (vgl. Peschel 2010a), d.h. ein Verzicht auf Lehrgänge, Einführungen, Übungen etc. zugunsten der freien Eroberung großer Stoffgebiete. Anstelle von Materialien, die das Kind abarbeiten muss, werden Werkzeuge verwendet, mit denen der Lernende lehrgangslos eigenes Wissen in bestehende Konventionen einbetten kann: Eine Buchstabentabelle hilft beim Verschriften von Lauten, Wörtern, Sätzen und Texten; Sach- und Geschichtenbücher, Computer und Rechtschreibkontrolle unterstützen beim Gestalten von Geschichten und Vorträgen sowie beim Erlernen von Rechtschreibung; mathematische Übersichten vereinfachen das Erfassen von Strukturen, Zusammenhängen und Größenvorstellungen usw.

Offener Unterricht ist etwas ganz anderes als Freiarbeit, Wochenplanunterricht oder Werkstattlernen Ein solcher Unterricht basiert auf Eigenproduktionen; er ist etwas ganz anderes als die geballte Wochenplan- oder Werkstattausgabe derselben Arbeitsaufträge, die sonst häppchenweise im Frontalunterricht durchgenommen werden. Dabei findet selbst eine solche rein organisatorische Öffnung in vielen Schulen nur selten statt: Weniger als 5% der engagierten Grundschullehrer, die ihren Unterricht überhaupt öffnen, lassen mindestens eine Stunde Öffnung pro Tag zu. Und dabei ist in Grundschulen eine Öffnung mit großem Abstand am meisten verbreitet Dazu kommt: Nur 1% (!) der Lehrer ermöglicht den Kindern überwiegend Aufgaben, die nicht direkt von ihm vorbereitetet oder eingeführt worden sind (vgl. Brügelmann 1996/1997, 2008; Gervé 1997). 25

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Fazit: Lehrer haben eine vollkommen lehrerzentrierte Vorstellung von schülerzentriertem Unterricht. Eigenproduktionen geben ganz andere Möglichkeiten: Da, wo nichts auswendig gelernt werden kann, lernt ein Kind und versteht, was es lernt. Jede freie Geschichte, jeder eigene Vortrag, jede Mathematikerfindung informiert den Lehrer ständig über das momentane Leistungsniveau – und zwar gerade dann, wenn „Fehler“ Hinweise auf den Entwicklungsstand bzw. die ablaufenden Denkprozesse geben. Der Lehrer weiß auch ohne spezielle Testverfahren, wo ein Kind leistungsmäßig einzuordnen ist. Denn das Kind kann ihm nichts durch unverstandenes Auswendiglernen vormachen: Sarah wird nicht mehr als jemand mit Problemen, Defiziten, Störungen und nicht funktionierenden Teilleistungen gesehen. Sie wird nicht mehr zum falschen Zeitpunkt an den falschen Erwartungen gemessen, sondern an der Stimmigkeit ihrer eigenen Entwicklung. Diese Art des Unterrichts ähnelt hochgradig dem, was wir in gymnasialen Oberstufen oder Universitäten eigentlich anstreben: Der Befähigung der Schüler und Studierenden, sich eigenaktiv, verantwortlich und kompetent mit Sachverhalten und Problemstellungen zu beschäftigen. Also neben der Beschaffung und Reflexion von Informationen eigenes Wissen einzubringen und auf dieser Basis Strukturen und Muster zu erfassen und fundierte Handlungsentscheidungen treffen zu können. Interessanterweise wird diese Kompetenz denen abgesprochen, die sie am häufigsten und in Schulleistungsuntersuchungen am erfolgreichsten praktizieren, nämlich den Grundschülern und den Schülern der Sekundarstufe I: „Der [...] Selbststeuerung der Lernprozesse sind – unter dem Anspruch von Qualität und Leistung – selbst in der gymnasialen Oderstufe enge Grenzen zu setzen. Zumindest für die Schüler der Klassenstufen 5 bis 10 gilt, daß sie weder in der Lage noch willens sind, ihre Lernprozesse selbstverantwortlich zu steuern.“ (Nordrhein-Westfälischer Lehrerverband 1997, S. 41) Noch erstaunlicher: Selbst in den gymnasialen Oberstufen und in den Universitäten ist ein echter offener Unterricht sehr selten, obwohl doch spätestens dort eine entsprechende Kompetenz der Schüler vorhanden sein müsste. Nimmt man eine kompetenzorientierte Unterrichtsgestaltung ernst, so bedeutet das für alle Schulstufen: Individuelle Bedürfnisse und Voraussetzungen dürfen nicht als überflüssig abgetan werden, eben weil sie so maßgebliche Auswirkungen auf das Lernen haben. Und zentral für menschliche Lernmotivation stehen relativ unstrittig mit der Selbstbestimmungstheorie der Motivation: 26

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das Erleben von Autonomie, das Erleben von Kompetenz und das Gefühl sozialer Eingebundenheit (vgl. Deci / Ryan 1993) Alle drei Dimensionen lassen sich aber ohne zwangsläufige Abstriche nur in einem Unterricht erfahren, der dem Lernenden wirklich eigenen Raum gewährt – egal ob in der Primarstufe, der Sekundarstufe, der Universität oder beim späteren lebenslangen Lernen. Es ist offensichtlich, wie weit entfernt davon der Unterricht ist, den wir in der Regel in der Schule antreffen. Dies gilt auch für die wenigen Schulen, die angefangen haben, einzelne Bausteine einer anderen Unterrichtskultur zu praktizieren. Resultate wie dieses sind die erschütternde Folge eines Schulsystems, das Kritiker mit dem treffenden Satz auf den Punkt bringen: "In Deutschland unterrichten die Lehrer Fächer und nicht Kinder." „'Pisa 2003 International Plus' hat im Kern folgende Ergebnisse zutage gefördert: Vierzig Prozent der Zehntklässler können in Mathematik kaum Lernfortschritte verzeichnen, 20 Prozent von ihnen büßen sogar mathematische Kompetenzen ein. In den Naturwissenschaften sieht es ähnlich aus. Auch hier werden 20 Prozent der Schüler derzeit schlechter. 'Wir sind davon ausgegangen, dass Schüler etwas dazulernen. Warum machen wir sonst Schule?', fragte Manfred Prenzel bestürzt. “ (Füller 2006, S. 6)

Schul- und klasseneigene Arbeitspläne sind etwas ganz anderes als abzuarbeitende Stoffpläne Oft nennen Lehrer die verbindlichen Standards der Lehrpläne, die jährlichen stattfindenden Vergleichsarbeiten, die Abschlussprüfungen oder auch Ängste vor juristischen Streitigkeiten als Grund, den Schulstoff trotz der unübersehbaren Verschiedenartigkeit der Kinder in einem gleich- und kleinschrittigen Unterricht anzubieten. Hier wird verkannt: Das reine Durchnehmen irgendeines Lernstoffs hilft Sarah oder anderen Kindern überhaupt nicht. Kompetenzen können nicht auswendig gelernt und gute(!) Vergleichsarbeiten auch nur begrenzt geübt werden. Kinder, die das tägliche eigenaktive Problemlösen durch Eigenproduktionen gewohnt sind, schneiden hingegen hochsignifikant besser in solchen Tests ab als Kinder, die bekannte Schemata suchen und ihr Wissen nicht flexibel anwenden können (vgl. Peschel 2010b). Die Lehrpläne fordern aber auch gar nicht das Auswendiglernen von Inhalten und Techniken, sondern genau das Gegenteil: Eine kompetenzorientierte Lerngestaltung. Dabei ist zu beachten: Lehrpläne und Stundentafeln sind nicht abzuarbeitende Vorgaben, sondern immer nur Gestaltungshilfen für den Lehrer. Sie können und dürfen nie als Entschuldigung für einen Unterricht dienen, der am einzelnen Kind vorbeigeht. Entsprechend können kompetenzorientierte Vorgaben überhaupt nicht umgesetzt werden, wenn dieselben Inhalte zeitgleich von allen Kindern auf ein und dieselbe Weise durchgenommen werden. Es müssen immer Michael und Sarah sein, die die Inhalte und den Lernverlauf bestimmen; denn niemand kann sie lernen machen oder für sie lernen. 27

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Dadurch ergibt sich auch die Gestaltung der schul- und klasseneigenen Arbeitspläne. Diese Pläne können unter den Gesichtspunkten Individualisierung und Kompetenzorientierung keine Stoffpläne sein, in denen Lehrer oder Kollegien bestimmte Lerninhalte und Lernwege zu bestimmten Zeitpunkten festschreiben: „Alle 2. Klassen führen in der dritten Maiwoche die Marienkäferwerkstatt durch“ oder „22. Schulwoche: Einmaleins der 4“. Nicht nur jede Lerngruppe ist anders und verlangt eine vollkommen individuelle Behandlung, sondern eben jeder einzelne Schüler. Sarah und Michael können nicht zum selben Zeitpunkt dieselben Sachen auf dieselbe Art lernen. Die schul- und klasseneigenen Arbeitspläne basieren vielmehr auf der Reflexionsarbeit der Lehrer. Sie überprüfen die Lernmöglichkeiten ihrer Lerngruppe in Bezug auf die Anforderungen, die die Kompetenzorientierung der Vorgaben mit sich bringt:  Jeder Lehrer überlegt, welche individualisierenden Elemente, Bausteine, Rituale, Institutionen er in seiner Klasse (sowieso) verwendet bzw. was seinen (offenen) Unterricht auszeichnet.  Er betrachtet die Vorgaben der Richtlinien und Lehrpläne durch diese Brille und kann so die Kompetenzvorgaben abhaken, die er durch seine (offene bzw. individualisierende) Arbeit sowieso schon umsetzt. Zusätzlich nutzt er die Vorgaben (und später die Kollegen) als Ideengeber. So findet er Elemente und Materialien, die seinen Unterricht weiter in Richtung Öffnung und individuelle Förderung verbessern. Zum Beispiel: Der Klassenrat, das freie Schreiben und die freie Arbeit an eigenen Themen erfüllen schon einen Hauptteil der Deutscharbeit. Kinder können ein Rechtschreibkorrekturbüro eröffnen oder der Lehrer bietet ihnen ein freiwillig nutzbares Material wie ein Sprachforscherbuch an, wenn er z. B. für das explizite Reflektieren von Rechtschreibung konkretere Elemente als notwendig erachtet. Lehrplanvorgaben

Unterrichtsstrukturen zur Gewährleistung Bereich: Schriftliches Sprachhandeln, einschließlich Rechtschreiben

Michael und Sarah können

- Zeiten zum Freien Schreiben einrichten

 Schreibgelegenheiten zum eigenen

und dabei von Anfang Kinderschrift als Weg zum Ziel

Schreiben nutzen  eine Begebenheit oder einen Sachverhalt

Buchschrift thematisieren - Sinnvolle Schreibanlässe schaffen

aus seinem Lebensbereich verständlich



Klassentagebuch

aufschreiben



eigene Klassenzeitung schreiben



Korrespondenz mit anderen Kindern und Klassen



Geschichtenbücher herstellen



Sachbücher herstellen

 eigene Texte in Druckschrift formklar und flüssig schreiben  eigene Texte, bezogen auf die RS, lesbar schreiben; über die lautorientierte

-> es muss sich lohnen, Texte zu überarbeiten

Schreibweise hinaus einfache

- Sachvorträge vorbereiten (Sachinhalte erforschen)

Abweichungen, RS-Muster und

und dabei Methoden (Lernen lernen) kennen lernen

rechtschriftliche Kenntnisse verwenden



Stichwortvortrag, Lernplakat, Sachtext verfassen - individuell wichtige Wörter sammeln (Sprachforscherbuch)

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Offener Unterricht mit Eigenproduktionen: Fallstricke, Vorurteile und Teufelskreise Das Problem des offenen Unterrichts ist: Er wird nicht konsequent umgesetzt! Dafür gibt es viele (und auch verständliche) Gründe. Die zwei wichtigsten: Druck durch Vergleichsarbeiten und Druck durch Eltern und deren Erwartungen. Die Erwartungen der Eltern laufen deshalb oft dem offenen Unterricht zuwider, weil Eltern ihre eigenen Erfahrungen, wie Schule und Unterricht zu sein haben, zum Maßstab für ihr Urteil machen. Interessant ist: Die wenigsten Lehrer stellen ein offenes Unterrichtskonzept generell in Frage. Aber sie setzen trotzdem oftmals eine Praxis um, die genau das Gegenteil der Öffnung verkörpert. Im Folgenden sollen exemplarisch einige Probleme geschildert werden, die aus der versuchten Umsetzung dieser zwei völlig gegenläufigen Positionen resultierten können. Die Vorgabe von Aufgaben oder Angeboten führt bei vielen Kindern zu einer Vermeidungshaltung – oder zum unverstandenen Aberledigen Wenn Lehrer ihren Unterricht öffnen, führt das sehr oft zu einer regelrechten Materialschlacht. Statt zum schülerorientierten Unterricht entwickelt sich der lehrerzentrierte Unterricht nun zum materialzentrierten Unterricht. Lehrer bereiten u.U. wochenlang ihren Wochenplan, ihren Stationsbetrieb oder ihre Werkstatt vor. Aber: Michael und Sarah müssen schon wieder dieselben Aufgaben machen! Nicht zur selben Zeit und nicht auf dieselbe Art, aber vorgegeben ist schon genau, was sie tun sollen. In einem solchen materialzentrierten Unterrichtsarrangement kann man schnell zwei Gruppen von Kindern ausmachen, die sehr unterschiedlich auf diese abzuarbeitende Auftragsfülle reagieren:

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Die eine Gruppe ist der Schrecken aller Eltern und Lehrer. Diese Kinder machen in der offenen Arbeitszeit Aufgaben, die sie schon längst können. Man findet sie in der Leseecke abhängen, sie laufen irgendwo im Schulgebäude herum, bekommen schnell Bauchschmerzen oder beschweren sich immer wieder über die von ihnen empfundene Unruhe in der Klasse. Kurzum: Sie machen alles, nur nicht das, was sie gerade tun sollen. Ich versuche immer, Verständnis für diese Kinder zu erzeugen. Ich glaube, hier zeigt sich eine ganz menschliche (und überlebensnotwendige) Eigenschaft: Die Kinder versuchen, Sachen, die sie überhaupt nicht ausgesucht haben und die sie überhaupt nicht interessieren, mit möglichst wenig Aufwand hinter sich zu bringen. Für die Lernpsychologie ist das schon lange klar: Da, wo ich mich selbstbestimmt fühle, bin ich in der Regel motiviert, da wo ich das Gefühl habe, fremdbestimmt zu sein, bin ich nicht oder weniger motiviert (vgl. Deci / Ryan 1993). Spannend ist aber auch die andere Gruppe, die einem in offenen Materialarrangements schnell begegnet und die zunächst von Eltern und Lehrern bewundert wird. Das sind die Kinder, die versuchen, die Werkstatt oder den Wochenplan als erste fertig zu haben. Lernpsychologisch ist dieses Vorgehen ähnlich unsinnig wie die Arbeitsvermeidung der anderen Gruppe; denn es geht beim Kompetenzerwerb eben nicht um Quantität, sondern um Qualität. Christina Huf hat z. B. in ihrer umfangreichen Forschung zur Wochenplanarbeit festgestellt: Kinder können durchaus Wochenpläne schnell und richtig erledigen, - ohne unbedingt viel dabei zu lernen: „Die Auflistung von Aufgaben in Form eines abzuarbeitenden 'Plans' zeigt tendenziell den Effekt, dass der Aspekt der 'Planerfüllung' sich vor die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Aufgabe bzw. mit der Sache schiebt. “ (Huf / Breidenstein 2009, 23)

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Die Unsicherheit von Lehrern bei der Öffnung von Unterricht führt zu einem Teufelskreis einer immer höheren Lehrerzentrierung Zunächst muss klar sein: Offener Unterricht hat nichts mit laissez-faire zu tun! In der Schule geht es um die lernende Auseinandersetzung mit der Lebenswirklichkeit, die Aneignung der Kulturtechniken, die eigene Sozialisation und Selbstregulierung. Der Lehrer ist dabei auch im offenen Unterricht keineswegs jemand, der nur beaufsichtigt und laufen lässt, sondern er ist jemand, der Impulse gibt, Strukturen bereitstellt, Material besorgt, als Experte dient, für Resonanz und Reflexion zur Verfügung steht. Und vor allem ist der Lehrer auch als soziale Person für die Kinder da. In einem Unterricht mit Eigenproduktionen bereitet er aber nicht mehr klassisch Stunden in bestimmten Phasen vor, sondern lässt die Kinder in einem möglichst demokratischen Umfeld auf eigenen Wegen schreiben, rechnen, lesen, forschen. Das hohe Potenzial des offenen Unterrichts (vgl. Peschel 2010b) kann sich dabei nur erschließen, wenn die Offenheit eine ehrliche Grundbasis des Unterrichts darstellt. Manipulationen, AlibiÖffnungen, Motivationstricks durchschauen Kinder sehr schnell; und sie reagieren entsprechend arbeitsvermeidend oder demotiviert darauf. Dabei können Lehrer schnell in einen Teufelskreis tappen, wenn sie nicht konsequent oder authentisch öffnen: Die Schüler fühlen sich nicht wirklich selbstbestimmt und arbeiten nicht so, wie sie könnten. Der Lehrer schiebt dies schnell auf das Unterrichtskonzept oder auf die Zusammensetzung seiner Lerngruppe („mit meiner Klasse geht das nicht“), erhöht bewusst oder unbewusst den Druck, gibt mehr Vorgaben hinein, macht mehr Angebote obligatorisch, verabredet Minimalpensen usw. Dies führt wiederum zu einem noch trägeren Arbeiten der Kinder in den eigentlich als offen geplanten Phasen, was den Lehrer den Unterricht immer noch mehr „absichern“ lässt, bis dieser dann irgendwann (wieder) vollkommen lehrerzentriert verläuft (vgl. auch Huf 2006, 229).

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Es wird verkannt, dass es beim Lernen mit Eigenproduktionen auch lernpsychologisch um ein anderes Lernen geht Viele Lehrer gehen davon aus, dass auch im offenen Unterricht der Stoff vom Aufbau und vom Umfang her ähnlich dem im Lehrgangsunterricht zu bewältigen ist. Sie stehen dann beim freiwilligen Lernen der Kinder immer ohnmächtig unter Zeitdruck. Dies ist aber eine falsche Annahme. Die Auseinandersetzung mit dem Stoff erfolgt im offenen Unterricht durch den Verzicht auf einen Lehrgang bei den Kindern eben nicht linear und angeleitet, sondern flexibel und selbst konstruierend. D.h. nicht nur die Lernvoraussetzungen können als große Startvorgabe genutzt werden (ein großer Teil der Kinder eilt dem Lehrplan ständig weit voraus), sondern die Kinder verzeichnen oft große Lernsprünge, wenn ihnen Strukturen und Systeme plötzlich übergreifend klar werden. Durch die Öffnung werden die Kinder eben nicht durch kleinschrittige Lektionen ohne Passung gebremst. Ein Beispiel aus dem Bereich der Mathematik soll dies passend zu den obigen Beispielen von Michael und Sarah veranschaulichen. Statt eines kleinschrittigen Lehrganges mit einer Stufenfolge bzgl. der Zahlräume (20, 100, 1000 usw.) und Operationen ( + , - ,  , : ) stehen den Kindern alle Zahlen und Verknüpfungen dann zur Verfügung, wenn sie sich dafür interessieren. So gibt es im ersten Schuljahr Kinder, die sich zunächst erst langsam einen Zahlbegriff erobern und Aufgaben im Zehner- oder Zwanzigerraum rechnen, parallel dazu aber auch einfache Aufgaben mit riesengroßen Zahlen ausführen (10.000+20.0000). Daneben gibt es Kinder, die sich den Zahlbeziehungen eher über die fortgesetzte Addition bzw. die Multiplikation nähern. Sie lange addieren Ketten von Zahlen und schreiben sie zusätzlich als Multiplikationsaufgabe auf (z.B. 15 mal 9 ist

9+9+9+9+9+9+9+9+9+9+9+9+9+9+9=135). Andere knobeln daneben tagelang an einer Aufgabenreihe, die sie sich selber ausgedacht haben (1+1=2, 2+2=4, 3+3=6 ... 100+100=200, 200+200=400 ...) oder die sie irgendwo gesehen haben.

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Meike hat in den ersten Schulwochen die Aufgabenreihe von Michael entdeckt (1+1=2, 2+2= 4 usw. bis 16384) und möchte so etwas auch machen. Dabei kommt sie bis zur 16, deren Verdoppelung ihr im Gegensatz zu Michael noch zu schwer fällt (nach wenigen Wochen im ersten Schuljahr!); daher weicht sie auf bekannte und analoge Aufgaben aus wie 5+5=10 bzw. 100+100=200. Hier gerät sie aber beim einfachen Fortsetzen der Reihe 100+100=200, 200+200=300 schnell mit ihrem schon vorhandenen Wissen in Kollision. Dass 500+500=1000 ist, weiß sie; aber 500+500 müssen eigentlich ja 600 ergeben, denn 400+400 waren ja gerade noch 500. Noch siegt hier das schematische Fortführen der Reihe, aber es hat bei ihr ein wichtiger Reflexionsprozess eingesetzt. Der kognitive Konflikt wird sie nicht ruhen lassen, bevor er gelöst ist: Zwei Lösungen für eine Aufgaben kann ja nicht sein! Und dann hat sie schon sehr viel vom Dezimalsystem verstanden – das hätte vermutlich kein jahrelanges Päckchenrechnen geleistet. Kinder, die über Eigenproduktionen lernen, müssen in ihrer Grundschulzeit nicht 700 Seiten Mathematikbuch mit Übungsheft täglich durchackern. Sie können von einem auf den anderen Tag mathematische Strukturen und Muster so erfassen, dass sie eine hohe Kompetenzstufe erreichen. So entwickelt sich das Rechnen nicht in einer vorgegebenen Form „vom Leichtem zum Schweren“, sondern ist wie das Schreiben ein permanenter Prozess, der im Ausüben (und Mitbekommen von anderen) selbst stattfindet. Der große Vorteil dieses selbstgesteuerten „Spinnen eines eigenen Netzes“: Das Kind hat keine Möglichkeit, Techniken unverstanden auswendig zu lernen und Schemata einfach zu kopieren. Das, was ein Kind im offenen Mathematikunterricht macht, das kann es auch – und jederzeit für den Außenstehenden ersichtlich. Und mit Schreiben, Rechtschreiben, Lesen, Forschen, Computern ist das nicht anders.

Offener Unterricht mit Eigenproduktionen: Hilfen und Werkzeuge Wer als Lehrer offenen Unterricht umsetzen möchte – egal ob auf der Primar- oder der Sekundarstufe, benötigt eine Struktur, die ihn die Offenheit auch aushalten lässt. Diese Struktur wird bei jedem Lehrer anders aussehen; denn Lehrer sind genauso verschieden wie Kinder. Als sehr erleichternde Faktoren für die Öffnung von Unterricht haben sich die folgenden veränderten Rahmenbedingungen erwiesen. Sie mögen dem einen oder anderen Lehrer vielleicht noch utopisch vorkommen, aber sind sie doch erfolgreich praxiserprobt (auch auf der Sekundarstufe!):

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 Durchgängiges Klassenlehrerprinzip statt stundenweisem Fachlehrerprinzip Sowohl auf der Primar- als auch auf der Sekundarstufe verbringt ein Lehrer oder Lehrerteam hauptsächlich den Unterrichtsalltag mit den Schülern. Lehrer sollten sich wenigstens zu Mini-Teams zusammenschließen und gemeinsam die Verantwortung für ein oder mehrere Lerngruppen übernehmen. Möchte ein Klassenlehrer ein Fach nicht selber unterrichten, spricht er Stunden oder Epochen mit einem Kollegen ab. Ein zentraler Schulstundenplan wird nicht mehr benötigt.  Aufheben der Fächergrenzen und überfachliches Klären von Lernbedürfnissen und Lernanforderungen Der Unterricht richtet sich nicht mehr nach einem Lehrgang, sondern basiert neben freien Themen u. a. auf der gemeinsamen Besprechung der Lehrplanziele mit den Kindern: Was machen wir als Kurs? Was wollt ihr euch selber erarbeiten? Wo laden wir einen Experten ein? Die Kinder arbeiten vorrangig über produktives Forschen an eigenen Themen, gleichzeitig stehen die Lehrer als Experten ihrer Fächer auch über den Klassenverband hinaus in der Schule zur Verfügung.  Etablieren demokratischer Umgangsformen statt äußerer Autorität und Machtkämpfen Die Demokratisierung der Lernmethoden und -inhalte führt, dazu PseudoSchülerbeteiligungen über Klassendienste, Mediatorenprogramme oder Schülermitverwaltung abzuschaffen – und erst recht die früher „Karzer“ genannten heutigen „Trainingsräume“. Auf der Basis von Klassenlehrerprinzip und überfachlichem Unterricht regelt die Klassengemeinschaft im Klassenrat eigene Konflikte oder Probleme mit anderen; ein gewähltes Kinderparlament fasst Schulbeschlüsse, die gleichwertig denen der Lehrer und Eltern sind; Kinder übernehmen als „Chefs“ oder „Experten“ echte Verantwortung für Materialien, Abläufe, Regelabsprachen, Rituale etc. Weiterhin benötigt der Lehrer konkrete Institutionen in der Klasse, die ihm helfen, die Unterschiede zwischen der individuellen Lernentwicklung des Einzelnen und der Vorgabe der Lehrpläne auszuhalten – in beide Richtungen. Dies soll anhand von verschiedenen Wochenplänen veranschaulicht werden (vgl. Brügelmann / Brinkmann 1998, 57ff.). Dabei wird ein Wochenplan mit ganz konkreten Arbeitsvorgaben (s.o., Plan A) zu einem Wochenplan, der dem Kind eine erste Eigendifferenzierung ermöglicht (Plan B). Das Kind kann nach dem gemeinsamen Besuch beim Tierarzt über einen Inhalt aus seiner eigenen Lebenswirklichkeit schreiben, statt eine Sprachbuchübung abarbeiten zu müssen. Durch die Möglichkeit des Übens des Lesestücks mit einem Partner wird die Sozialform aufgebrochen; der Diktattext (wenn er denn sein muss) kann auf die Art auswendig gelernt werden, die dem Kind am besten liegt; und zum Üben in Mathematik wird vom Kind ein eigenes Arbeitsblatt erstellt. Zwar werden die Inhalte thematisch noch eng vorgegeben, aber durch das Erweitern der methodischen Zugangsweisen kann das Kind selbst für ein Stück mehr an Passung im Hinblick auf sein eigenes Lernvorgehen sorgen.

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Irgendwann fragt man sich in diesem Prozess als Lehrer: Warum müssen eigentlich alle Schüler das gleiche Thema bearbeiten? Arbeiten sie nicht alle auf so unterschiedlichem Niveau, sodass das „Gleiche“ an diesen Arbeiten sowieso nur gering ist? Und führt der Anspruch dieser „Gleichheit“ nicht bei vielen der Kinder zu Über- und Unterforderung? Man lernt doch Lesen, Schreiben und Rechnen durch Lesen, Schreiben und Rechnen. Dann kann egal sein, ob Peter eine Geschichte über Piraten schreibt und Lukas daneben eine über seinen letzten Urlaub in Italien. Und wenn Christine lieber Harry Potter liest als die Geschichte vom „tolpatschigen Osterhasen“ im Lesebuch, ist auch das in Ordnung bzw. im Grunde sogar von ungleich höherem Niveau. Und beim Automatisieren des Einmaleins macht es bestimmt mehr Sinn, die Vorkenntnisse zu berücksichtigen und die Reihen zu üben, die man noch nicht beherrscht, als die, die gerade „dran“ sind (Plan C). Der Paradigmenwechsel zum offenen Unterricht wird aber erst erreicht, wenn sich die Beziehungsebene zwischen Lehrer und Schüler verändert: Das Kind macht sich seinen eigenen Arbeitsplan (Plan D). Erst jetzt kommt die Rollenveränderung zustande, mit der die Öffnung des Unterrichts überhaupt begründet werden kann: Der Schüler agiert selbstgesteuert und selbstverantwortlich, der Lehrer steht ihm bzw. der Klasse koordinierend, beratend und impulsgebend zur Seite – nimmt den Schülern die Selbstverantwortung aber nie ab. Aber der Lehrer sichert sich ab: Er hat Institutionen in der Klasse eingeführt, die ihn und das (freie) Lernen der Kinder stützen. Es gibt Schreibkonferenzen, in denen sich alle Kinder mit dem Überarbeiten ihrer Texte beschäftigen und sich untereinander über Rechtschreibung, Ausdruck, Grammatik unterhalten. Beim Lesen wird ein Lesetagebuch geführt; so weiß der Lehrer immer, wer was liest bzw. gelesen hat. Um das Automatisieren beim Rechnen abzusichern gibt es Führerscheine, die die Kinder bestehen können. Und die Kultur der Präsentation der eigenen Geschichten und Sachvorträge in Dichterlesung oder per Power-PointPräsentation sorgt auch hier für eine sorgfältige Vorbereitung. 35

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Dabei wird der Lehrer schnell merken, welche Institutionen für ihn oder die Klasse wichtig sind und welche nicht. Auch wird er feststellen, dass die meisten Kinder die Pläne eigentlich gar nicht benötigen um gut zu arbeiten (oder sich diese sogar eher kontraproduktiv auf die Lernmotivation auswirken). Vielleicht benötigen nach einiger Zeit dann nur noch einzelne Kinder solche Stützen als „Lernverträge“ mit sich selbst. Der Übergang vom lehrerzentrierten Wochenplanunterricht zum schülerzentrierten „Offenen Unterricht“ wird fließend – und damit auch das Erreichen des hehren Zieles eines individualisierten, inklusiven Lernens der Kinder.

Literatur Brügelmann, H. (1996/1997): „Öffnung des Unterrichts“ aus der Sicht von LehrerInnen. Universität Siegen Brügelmann, H. / Brinkmann, E. (1998): Die Schrift erfinden. Lengwil Brügelmann, H. (2005): Schule verstehen und gestalten. Lengwil Brügelmann, H. (2008): Wie verbreitet ist offener Unterricht? In: Brügelmann, H. / Brinkmann, E.: Öffnung des Anfangsunterrichts. Universität Siegen Brügelmann, H. (2010): Viermal „Fördern“: Aber wer hat Recht? In: Grundschule aktuell. Nr. 109. Frankfurt, 9-11 Deci, E. L. / Ryan, R. M. (1993): Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. In: Zeitschrift für Pädagogik. Heft 2/93. Weinheim, 223-238 Füller, Ch. (2006): Neues Lernen? Noch nie gehört! In: taz 8129 vom 18.11.2006. Berlin, 6 Gervé, F. (1997): Freie Arbeit in der Grundschule. Karlsruhe Huf, C. (2006): Didaktische Arrangements aus der Perspektive von Schulanfängerinnen. Bad Heilbrunn Huf, C. / Breidenstein, G. (2009): Schülerinnen und Schüler bei der Wochenplanarbeit. Beobachtungen zur Eigenlogik bei der "Planerfüllung". In: Pädagogik 61, Heft 4/09, 23 Largo, R. H./ Beglinger, M. (2009): Schülerjahre. Wie Kinder besser lernen. München Nordrhein-Westfälischer Lehrerverband (Hrsg.) (1997): Schulautonomie in der Kritik. Düsseldorf Peschel, F. (2010a): Offener Unterricht – Idee, Realität, Perspektive und ein praxiserprobtes Konzept zur Diskussion. Teil I: Allgemeindidaktische Überlegungen. Teil II: Fachdidaktische Überlegungen. 6. Aufl. Baltmannsweiler Peschel, Falko (2010b): Offener Unterricht – Idee, Realität, Perspektive und ein praxiserprobtes Konzept in der Evaluation. 6. Aufl. Baltmannsweiler

Bildnachweis Abb. 3, 4: Largo 2009, 284ff. Abb. 8, 9, 10, 13: Brügelmann / Brinkmann 1998, 57ff. Alle anderen Abbildungen vom Autor © 2011

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Fachforum 1

Eine Schule für alle: Chancen heterogener Lerngruppen für Schüler und Lehrer

Referentin:

Rosemarie Wolf IGS Garbsen

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Fachforum 2

Entwicklungsziel Inklusion – Eine Grundschule macht sich auf den Weg

Referenten:

Rainer Kudlek Kirsten Heinze

Hanseschule Winsen

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Entwicklungsziel Inklusion „eine Grundschule macht sich auf den Weg“

Rahmenbedingungen Die Hanseschule Winsen ist eine Grund- und Hauptschule, welche zudem in den Jahrgängen 1 und 2 jeweils eine Sprachheilklasse, beherbergt die in Kooperation mit einer Lerngruppe der Grundschule unterrichtet wird. Zum Einzugsgebiet der Schule gehören neben einigen Dörfern auch ein sozialer Brennpunkt. Durchschnittlichen besuchen 30% Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund die Grundschule. ( in der Hauptschule bis zu 85%)

Inklusion Im Rahmen der UN-Menschenrechtskonvention haben sich die Grundschule, der Schulvorstand und der Schulelternrat für eine inklusive Schule, die Arbeit in multiprofessionellen Teams und für eine konsequente Orientierung am „Index für Inklusion“ ausgesprochen und so beschlossen.

Allgemeinplätze Neben den an fast allen Grundschule üblichen Formen des Umgangs mit Heterogenität wie Rhythmisierung von Unterricht, bewegungsfördernden Angeboten, sozialem Lernen, Förderunterricht, vielfältigen Kooperationen und der Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten hat die Hanseschule Winsen zusätzlich die schulinterne Organisation und den Unterricht und das Unterrichtsmaterial maßgelblich verändert.

Organisation In der Grundschule arbeiten die Lehrkräfte ausschließlich in Jahrgangsteams, in welchem sie sich für alle Schülerinnen und Schüler ihrer Jahrgangsstufe zuständig fühlen und die Teams besitzen einen hohen Grad an Autonomie und Eigenverantwortung, welcher auch die eigene Stundenplangestaltung, Möglichkeiten der Vertretung und selbst organisierten Kleingruppenunterrichts - über die klassischen Klassengrenzen hinweg - umfasst. In den Jahrgangsstufen 1 und 2 gehören zu den jeweiligen Kolleginnenteams auch je eine Förderschullehrkraft, die zum einen die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich der Sprache betreut und zum anderen präventiv in den Jahrgängen tätig ist. Die gemeinsame Planung von Unterricht - auf Basis der schuleigenen Lehrpläne - für das gesamte Team entlastet hierbei jeweils die einzelnen Lehrkräfte. Gleiches gilt für gemeinsame Elternabende und jedwede andere Informationsveranstaltung oder jahrgangsbezogene Veranstaltungen des Schullebens. 56

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Unterricht Die tragende Säule des Unterrichts an der Grundschule der Hanseschule ist der individualisierte Unterricht mit prozessbegleitender Diagnostik. Über individuelle Arbeitspläne erhalten die Schüler die Möglichkeit gemäß ihres Lerntempos zu arbeiten und sich die Inhalte der jeweiligen Lehrgänge auf unterschiedlichen Niveaustufen zu erschließen. Hieraus ergibt sich eine Förderung und Forderung auf sehr hohem Niveau im täglichen Schulalltag. Auf der Grundlage des individualisierten und schülerzentrierten Unterrichts werden mit den Schülern individuelle Lerngespräche geführt und kleinschrittig Ziele erarbeitet, die den einzelnen Schüler dazu befähigen, selbstständig zu lernen und sich zu entwickeln. Zugleich bietet der individualisierte Unterricht die Möglichkeit den Schülerinnen und Schülern konkrete, für den Schüler nachvollziehbare positive Rückmeldungen zum Lernerfolg zu geben, welches die Anstrengungsbereitschaft der Schüler nachhaltig erhöht.

Material Der Anteil der Schülerschaft mit Hörverarbeitungsproblemen und Migrationshintergrund schließt eine Arbeit mit Fibeln zwingend aus, wenn man nicht bereits zu Beginn der Schullaufbahn funktionale Analphabeten hervorbringen möchte. Folglich erfolgt in den Jahrgängen 1 und 2 der Lese- und Schreiblehrgang über INTRA-ACT-PLUS. Dieser fast ausschließlich visuell angelegte Lehrgang stellt sicher, dass wirklich alle Schülerinnen und Schüler Lesen und Schreiben lernen und ist zu 100% zu individualisieren. Ebenso sind die meisten Mathebücher, welche über die üblichen Verlage angeboten werden, hinsichtlich der Individualisierung von Lernprozessen allenfalls suboptimal. Ab dem Schuljahr 2011/2012 setzt die Hanseschule in den Jahrgängen 1 und 2 den wissenschaftlich begleiteten und mehrfach evaluierten Lehrgang MATINKO ein. Hierzu haben die Lehrkräfte der Schule an einer ganztägigen Fortbildung teilgenommen

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Fachforum 3

Professionelle Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit – Heterogenität in der frühkindlichen Bildung

Referent:

Mathias Demberger Kita ROKIDS, Jurymitglied „Klasse Kita“

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+HWHURJHQLWlWLQGHUIUKNLQGOLFKHQ%LOGXQJ +HWHURJHQLWlWLQGHUIUKNLQGOLFKHQ%LOGXQJ   'DV3UD[LVEHLVSLHO52.,'6 'DV3UD[LVEHLVSLHO52.,'6

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

  

   

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 Die betriebliche Kindertagesstätte ROKIDS   Die betriebliche Kindertagesstätte ROKIDS    • • •   • • • • • •

Heterogenität Heterogenität 'LHLQGLYLGXHOOH)DFKNUDIW 'LHLQGLYLGXHOOH)DFKNUDIW 'DVLQGLYLGXHOOH.LQG 'DVLQGLYLGXHOOH.LQG   Professionelle Vor- und Nachbereitung Professionelle Vor- und Nachbereitung 5HFKWOLFKH*UXQGODJHQ 5HFKWOLFKH*UXQGODJHQ 'HU0RQDWVSODQ 'HU0RQDWVSODQ 'HU:RFKHQSODQ 'HU:RFKHQSODQ 'LH3URMHNWDUEHLW 'LH3URMHNWDUEHLW 7UDQVSDUHQWH$UEHLW 7UDQVSDUHQWH$UEHLW               

 

 



Die betriebliche Kindertagesstätte ROKIDS 

%HLGHU52.,'6*PE+KDQGHOWHVVLFKXPGLHEHWULHEOLFKH.LQGHUWDJHVVWlWWHGHU526(1*UXSSH LQ 'HXWVFKODQG 6LH LVW HLQH JHPHLQQW]LJH *HVHOOVFKDIW LQ 7UlJHUVFKDIW GHU 526(1 7HFKQRORJ\ DQG5HVHDUFK &HQWHU*PE+ 'LH )|UGHUXQJ GHU .LQGHU HUIROJW LQ]ZHL DOWHUVJHPLVFKWHQ*UXSSHQ XQGLQHLQHU.ULSSHQJUXSSHPLWLQVJHVDPW3OlW]HQ'LH52.,'6*PE+NDQQ.LQGHULP$OWHUYRQ DFKW:RFKHQELV]XVHFKV-DKUHQDXIQHKPHQXQGZLUGELOLQJXDO 'HXWVFK(QJOLVFK JHIKUW   „Mit der Kita wollen wir in die Zukunft unserer Gesellschaft investieren. Je früher man mit einer sinnvollen, strukturierten pädagogischen Arbeit beginnt, desto sicherer ist der Erfolg." (Alfons Rosen)  

 8QVHU 0RWWR Ä6SLHO 6SD‰ XQG GDEHL /HUQHQ³ EHJOHLWHW XQV GDEHL GHQ %LOGXQJVDXIWUDJ DQ .LQGHUWDJHVVWlWWHQXP]XVHW]HQ  52.,'6 VLHKW VLFK DOV HLQH IDPLOLHQXQWHUVWW]HQGH (LQULFKWXQJ GLH JUR‰HQ :HUW DXI HLQH GXUFKGDFKWH )|UGHUXQJ OHJW :LU EHJOHLWHQ GLH .LQGHU DXI LKUHP :HJ GHV +HUDQUHLIHQV XQG XQWHUVWW]HQGLHVHLQLKUHU6HOEVWVWlQGLJNHLWXQGGHU(QWIDOWXQJLKUHU)lKLJNHLWHQ  Wie kam es zu dieser Initiative ROKIDS?  526(1 LVW HLQ PLWWHOVWlQGLVFKHV 8QWHUQHKPHQ PLW EHU  0LWDUEHLWHUQ ZHOWZHLW 6FKRQ IUK ZXUGH HUNDQQW GDVV HV HLQ 6SDQQXQJVIHOG ]ZLVFKHQ GHP %HUXI XQG GHU )DPLOLH JLEW ,Q YLHOHQ )lOOHQKHL‰WGLH(QWVFKHLGXQJIUGLH)DPLOLH±JHUDGHEHL)UDXHQ±HLQH(QWVFKHLGXQJJHJHQGHQ %HUXI  $X‰HUGHP ZDU 526(1 VHOEVW PLW GHU 3UREOHPDWLN NRQIURQWLHUW GDVV YLHOH TXDOLIL]LHUWH 0LWDUEHLWHULQQHQ GDV 8QWHUQHKPHQ IU GHQ (U]LHKXQJVXUODXE E]Z GLH (OWHUQ]HLW YHUODVVHQ KDEHQ XQG HUVW QDFK GUHL -DKUHQ RGHU EHL PHKUHUHQ .LQGHUQ  DXFK VSlWHU ZLHGHU LQ GHQ %HUXI ]XUFNNHKUHQ NRQQWHQ 'LHVHV EHGHXWHW IU 526(1 GDVV GLH 0LWDUEHLWHULQ GHU 0LWDUEHLWHU GUHL -DKUHRGHUOlQJHUPLWGHQ$UEHLWVLQKDOWHQQLFKWLQ.RQWDNWZDUNHLQH:HLWHUELOGXQJHQJHPDFKWKDW XQG GHU 6WDQG GHU 7HFKQLN LQ GLHVHU =HLW ZHLW IRUWJHVFKULWWHQ LVW 526(1 ZLOO KLHU GLH %UFNH VFKODJHQ XQG HV GHQ 0LWDUEHLWHULQQHQ XQG 0LWDUEHLWHUQ HUP|JOLFKHQ IUK]HLWLJ ZLHGHU DP %HUXIVOHEHQ XQG GHQ GDPLW YHUEXQGHQHQ (QWZLFNOXQJHQ WHLO]XKDEHQ $XFK HLQH 7HLO]HLWEHVFKlIWLJXQJ YHUKLOIW GD]X GDVV GDV :LVVHQ GHU 0LWDUEHLWHULQ  GHV 0LWDUEHLWHUV NRQWLQXLHUOLFK DXI GHP DNWXHOOHQ 6WDQG EOHLEW XQG GHU .RQWDNW ]X GHQ .ROOHJLQQHQ  .ROOHJHQ DXIUHFKWHUKDOWHQ ZLUG 'DV NRQWLQXLHUOLFKH :DFKVWXP GHU 526(1 *UXSSH XQG GLH KLHUPLW YHUEXQGHQH6XFKHQDFK)DFKNUlIWHQIKUWHVRPLW]XGLHVHU,QLWLDWLYH  52.,'6JLEW(OWHUQGLH&KDQFHPLWJXWHP*HZLVVHQLKUHQ%HUXIZHLWHUQDFK]XJHKHQ       61 



Die individuelle Fachkraft :LUDOOHYHUIROJHQJHPHLQVDPDXIJHVWHOOWH=LHOH6FKZHUSXQNWH5HJHOQXQG1RUPHQ  'LH SlGDJRJLVFKHQ XQG RUJDQLVDWRULVFKHQ ,QKDOWH ZHUGHQ LQ Z|FKHQWOLFKHQ 7HDPVLW]XQJHQ JUXSSHQLQWHUQ EHVSURFKHQ (EHQVR IKUHQ ZLU DOOH  7DJH HLQ Ä0HHWLQJ³ GXUFK DQ GHP DOOH 0LWDUEHLWHULQQHQ WHLOQHKPHQ XP DNWXHOOH ,QIRUPDWLRQHQ VRZLH bQGHUXQJHQ XQG ZLFKWLJH (QWVFKHLGXQJHQEHVSUHFKHQ]XN|QQHQ+LHUEHLLVWHVXQVZLFKWLJDXIJHVFKORVVHQIUQHXH,GHHQ XQG $QUHJXQJHQ ]X VHLQ VRZLH WROHUDQW ZHUWVFKlW]HQG XQG JJI GHPRNUDWLVFK YRU]XJHKHQ =XVlW]OLFKQXW]HQZLUHLQPDOLP-DKUHLQHQ7DJXPXQVHUHSlGDJRJLVFKH$UEHLW]XHYDOXLHUHQ 

RessourcenvielfaltLQQHUKDOEGHV)DFKSHUVRQDOV 8P PLW TXDOLIL]LHUWHQ XQG PRWLYLHUWHQ )DFKNUlIWHQ ]X DUEHLWHQ VROOWHQ IROJHQGH)UDJHQEHUFNVLFKWLJWZHUGHQ   :HOFKH7DOHQWHRGHU,QWHUHVVHQKDEHQGLH)DFKNUlIWH"  :HOFKHV)DFKZLVVHQEHVLW]HQGLH)DFKNUlIWHEHUHLWV"  1DFK GHU $XVZHUWXQJ N|QQHQ GLH 6FKZHUSXQNWH V\VWHPDWLVFK JHSIOHJW XQG JHQXW]W ZHUGHQ-H QDFK *U|‰H GHV 7HDPV VROOWHQ QLFKW PHKU DOV ]ZHL 6FKZHUSXQNWH SUR )DFKNUDIW Ä:HQQ P|JOLFK JUXSSHQEHUJUHLIHQG³YHUWHLOWZHUGHQXPNRQVWUXNWLYDQGHU:HLWHUHQWZLFNOXQJ]XDUEHLWHQ  %HLVSLHOHIUHLQHJHOXQJHQH7UDQVSDUHQ]XQG$UEHLWVHUOHLFKWHUXQJLP7HDP  'LH )DFKNUlIWH N|QQHQ JH]LHOW LKUHQ 6FKZHUSXQNW EHUDUEHLWHQ XQG GHP 7HDP YRUVWHOOHQ VRZLH]XU'LVNXVVLRQDQUHJHQ  'DV $QOHJHQ HLQHV 2UGQHUV HUP|JOLFKW DOOHQ )DFKNUlIWHQ VLFK VFKQHOO HLQIDFK XQG EHUVFKDXEDU 3UD[LVDQUHJXQJHQ VRZLH SlGDJRJLVFKH =LHOH XQG +LQWHUJUQGH DQ]XHLJQHQ XQGPLWGHQ.LQGHUQXP]XVHW]HQ Verwirklichung von Einrichtungspolitik und –zielen  'XUFK GLH6SH]LDOLVLHUXQJVWHKHQ JXW DXVJHELOGHWH $QVSUHFKSDUWQHU IU GLH YHUVFKLHGHQVWHQ %HODQJH GHU (OWHUQ (U]LHKHU XQG 3UDNWLNDQWHQ VRZLHEHL GHU(YDOXLHUXQJ GHU .RQ]HSWLRQ]XU9HUIJXQJ   'HV:HLWHUHQZHUGHQUHJHOPl‰LJH MitarbeitergesprächeJHIKUWXPGDV:RKOEHILQGHQXQGGLH .RPPXQLNDWLRQ ]X JHZlKUOHLVWHQ VRZLH GLH (IIHNWLYLWlW XQG 4XDOLWlW GHU $UEHLW ]X VLFKHUQ XQG ZHLWHU]XHQWZLFNHOQ  :DVOlVVWVLFKHUUHLFKHQ"  9HUZLUNOLFKXQJGHUNRQ]HSWLRQHOOHQ8PVHW]XQJ  6WHLJHUXQJGHU=XIULHGHQKHLWXQG*HVXQGKHLW  /HLVWXQJVVWHLJHUXQJXQG0RWLYDWLRQ  7UDQVSDUHQ]XQG.ODUKHLWGHULQQHUEHWULHEOLFKHQ$EOlXIH  )HKOHUYHUPHLGXQJVWDWW)HKOHUNRUUHNWXU  =HLWHUVSDUQLVGXUFK6WUXNWXU  )HHGEDFNGXUFKGHQ9RUJHVHW]WHQ  'LH )DFKNUDIW KDW QDFK $XVKlQGLJXQJ GHV %RJHQV HLQH :RFKH GLH *HOHJHQKHLW VLFK PLW ,KUHU EHUXIOLFKHQ %HILQGOLFKNHLW JH]LHOW DXVHLQDQGHU ]X VHW]HQ ,P $QVFKOXVV GDUDQ ILQGHW HLQH $XVZHUWXQJPLWGHP9RUJHVHW]HQVWDWW  62 



Teambuilding  'DV 7HDPEXLOGLQJ VSLHOW EHL 52.,'6 HLQH ]HQWUDOH 5ROOH XP GLH SRVLWLYH $UEHLWVDWPRVSKlUH XQG GHQ=XVDPPHQKDOWLP7HDP]XIHVWLJHQ   ,Q UHJHOPl‰LJHQ Kleinteamgesprächen PLW GHU /HLWXQJ N|QQHQ XQWHU GHP7KHPDÄ=XVDPPHQDUEHLW³JUXSSHQG\QDPLVFKH3UR]HVVHEHVSURFKHQ XQG P|JOLFKH .RQIOLNWH LP 9RUIHOG YHUPLHGHQ ZHUGHQ +LHUEHL LVW HV UDWVDPGDV*HVSUlFK]ZHLPDOLP-DKUXQGQDFK%HGDUIGXUFK]XIKUHQ    'DV HUVWH .OHLQWHDPJHVSUlFK KDW VLFK DOV SRVLWLY EHZlKUW JHJHQ (QGH GHV .DOHQGHUMDKUHV GXUFK]XIKUHQGD]X%HJLQQGHVQHXHQ.LQGHUWDJHVVWlWWHQMDKUHVLP$XJXVW|IWHUQHXH.OHLQWHDPV GXUFK 3HUVRQDOZHFKVHO HQWVWHKHQ 1DFK HLQ SDDU 0RQDWHQ LVW GLH .HQQHQOHUQSKDVH DEJHVFKORVVHQZREHLVLFKJHUDGHGDQQHUVWH.RQIOLNWHDQEDKQHQN|QQHQ  'DV ]ZHLWH .OHLQWHDPJHVSUlFK KDW VLFK 0LWWH GHV -DKUHV FD 0DL-XQL EHZlKUW +LHU NDQQ GDQQ DXFKQRFKPDOEHUGLH(LQKDOWXQJXQG%HUFNVLFKWLJXQJGHUIHVWJHKDOWHQGHQ$EVSUDFKHQDXVGHP HUVWHQ*HVSUlFKHYDOXLHUWZHUGHQ  'HV :HLWHUHQ KDEHQ ZLU SRVLWLYH (UIDKUXQJHQ GDPLW JHPDFKW GDVV GLH )DFKNUlIWH JOHLFKJHVWHOOW VLQGXQGQLFKWLQ(UVWXQG=ZHLWNUDIWDXIJHWHLOWVLQG Mitarbeiterbefragungen  'LH MitarbeiterbefragungVROOGD]XEHLWUDJHQGLH$UEHLWV]XIULHGHQKHLWXQGPRWLYDWLRQVRZLHGLH 4XDOLWlW GHU $UEHLWVDEOlXIH ]X HUPLWWHOQ 'LH (UJHEQLVVH N|QQHQ VR HIIHNWLY IU 9HUEHVVHUXQJVSUR]HVVH JHQXW]W ZHUGHQ (LQH UHJHOPl‰LJH :LHGHUKROXQJ GHU %HIUDJXQJ HUP|JOLFKW GDUEHU KLQDXV HLQH ODQJIULVWLJH %HZHUWXQJ YRQ 9HUlQGHUXQJHQ DXV GHU 0LWDUEHLWHUSHUVSHNWLYH  %HLGHU'XUFKIKUXQJGHU0LWDUEHLWHUEHIUDJXQJVROOWHQIROJHQGH'LQJHEHUFNVLFKWLJWZHUGHQ   (VLVWIUHLZLOOLJ  'DV$XVIOOHQJHVFKLHKWDQRQ\P  (VGDUIQXUHLQ)HOGSUR)HVWVWHOOXQJDQJHNUHX]WZHUGHQ  $QGHU$XVZHUWXQJQLPPWGLH/HLWXQJXQGHLQH0LWDUEHLWHULQDXVGHP7HDPWHLO  'LH(UJHEQLVVHGHU$XVZHUWXQJZHUGHQGHP7HDPYRUJHVWHOOW  8P HLQH 7UDQVSDUHQ] DQ]XVWUHEHQ XQG 8QNODUKHLWHQ ]X EHVHLWLJHQ VROOWHQ QHJDWLYH %HUHLFKH DXI Ä,VW 6WDQG³ ZLH RGHU ZDV ZLUG EHUHLWV JHPDFKW  JHPHLQVDP PLW GHP 7HDP HUDUEHLWHW XQG IHVWJHKDOWHQ ZHUGHQ =XP $EVFKOXVV ZLUG GDQQ HLQH HUQHXWH DQRQ\PH 0LWDUEHLWHUEHIUDJXQJ GXUFKJHIKUWXPHLQHÄNRUUHNWH³XQGÄNODUH³$XVZHUWXQJYRUQHKPHQ]XN|QQHQ  6ROOWHQ GDQQ ZHLWHUKLQ LQ HLQLJHQ %HUHLFKHQ 9HUEHVVHUXQJVEHGDUI EHVWHKHQ NDQQ VLFK LQ HLQHU ZHLWHUHQ7HDPVLW]XQJPLW9HUEHVVHUXQJVYRUVFKOlJHQEHVFKlIWLJWZHUGHQ      

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Das individuelle Kind  'HQ$QIRUGHUXQJHQGHVQLHGHUVlFKVLVFKHQ2ULHQWLHUXQJVSODQHVHQWVSUHFKHQGIKUHQZLUIUMHGHV XQVHUHU.LQGHUHLJHQVHQWZRUIHQH(QWZLFNOXQJVE|JHQXPHLQH]XYHUOlVVLJH%HXUWHLOXQJ]XJHEHQ XQGGLHGDUDXVHQWVWHKHQGH(QWZLFNOXQJGHV.LQGHVJH]LHOWDQUHJHQ]XN|QQHQ  ,Q GHQ (QWZLFNOXQJVEHUHLFKHQ Sprache, kognitive Entwicklung, Sozialverhalten, mathematisches Verständnis, Grob- und Feinmotorik, visuelle- auditive- & taktile Wahrnehmung, Körperschema, Umgebungsbewusstsein, lebenspraktischer Bereich und Spieltätigkeit ZLUG GHU (QWZLFNOXQJVVWDQG GHV .LQGHV IHVWJHKDOWHQ 9RUOLHEHQ 7DOHQWH XQG %HVRQGHUKHLWHQ VRZLH )|UGHUP|JOLFKNHLWHQ N|QQHQGDQQPLWGHQ(OWHUQJHPHLQVDPEHVSURFKHQZHUGHQ  'HU (QWZLFNOXQJVERJHQ HQWKlOW MH QDFK $OWHU XQWHUVFKLHGOLFKH (QWZLFNOXQJVDXIJDEHQ 'LH DXIJHIKUWHQ (QWZLFNOXQJVDXIJDEHQ ZHUGHQ LP $OOWDJ YRQ GHQ (U]LHKHULQQHQ EHREDFKWHW XQG VFKULIWOLFKIHVWJHKDOWHQ  'LH 'XUFKIKUXQJ XQG $XVZHUWXQJ ILQGHW GXUFK XQVHUH TXDOLIL]LHUWHQ )DFKNUlIWH LQQHUKDOE HLQHV 0RQDWV QDFK MHGHP *HEXUWVWDJ GHV .LQGHV VWDWW 'HU 6FKXONLQGERJHQ ZLUG LP )HEUXDU IU DOOH ]XNQIWLJHQ6FKXONLQGHUHUDUEHLWHW  %HL GHU (UVWHOOXQJ XQVHUHU (QWZLFNOXQJVE|JHQ EH]LHKHQ ZLU XQV ]XP HLQHQ DXI GLH (QWZLFNOXQJVWDEHOOH YRQ 3URI 'U %HOOHU XQG ]XP DQGHUHQ DXI GLH (UIDKUXQJVZHUWH YRQ XQVHUHQ NRPSHWHQWHQ)DFKNUlIWHQ

Rechtliche Grundlage zur Verfügungszeit Ä   'HU *UXSSHQOHLWXQJ XQG GHQ =ZHLWNUlIWHQ LQ GHQ *UXSSHQ LVW HLQH 9HUIJXQJV]HLW YRQ LQVJHVDPW PLQGHVWHQV  6WXQGHQ MH *UXSSH Z|FKHQWOLFK IU 9RU XQG 1DFKEHUHLWXQJ GHU *UXSSHQDUEHLW VRZLH IU GLH =XVDPPHQDUEHLW GHU 0LWDUEHLWHULQQHQ XQG 0LWDUEHLWHU GHU .LQGHUWDJHVVWlWWH XQWHUHLQDQGHU PLW GHQ (U]LHKXQJVEHUHFKWLJWHQ 6FKXOHQ XQG DQGHUHQ (LQULFKWXQJHQVRZLHIUGLH0LWZLUNXQJEHLGHU$XVELOGXQJ]XJHZlKUHQ³  $XVGHP*HVHW]EHU7DJHVHLQULFKWXQJHQIU.LQGHU .L7D* LQGHU)DVVXQJYRP)HEUXDU zum 05.05.2011 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe, VWHKW XQWHU †  ± )UHLVWHOOXQJVXQG9HUIJXQJV]HLWHQLQ.LQGHUWDJHVVWlWWHQ)RUWELOGXQJ

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Der Monatsplan: Der Monatsplan bietet eine fachliche Hilfe, dem Orientierungsplan für Bildung und Erziehung gerecht zu werden. Es werden Bildungsziele festgehalten und Angebote für das individuelle Kind/ Kinder geplant. Beispielsweise können so Talente gezielt gefördert oder gemiedene Bereiche der Kinder attraktiv gemacht werden. Die Fachkräfte in der Kindertagesstätte können einer hohen Der Monatsplan: Belastung ausgesetzt So müssen Sie beispielsweise viele Termine koordinieren und Erzie'LH )DFKNUlIWH LQ GHUsein. .LQGHUWDJHVVWlWWHN|QQHQHLQHU KRKHQ %HODVWXQJ DXVJHVHW]W VHLQ 6R PVVHQ 6LHmitEHLVSLHOVZHLVH YLHOH 7HUPLQH NRRUGLQLHUHQ (U]LHKXQJVIUDJHQ PLW GHQ (OWHUQ hungsfragen den Eltern besprechen. EHVSUHFKHQXQGJOHLFK]HLWLJHLQHP|JOLFKHKRKH/DXWVWlUNHGHU.LQGHUYHUDUEHLWHQ Durch den Monatsplan bekommen die Fachkräfte mehr Entlastung. Sie profitieren so von einem 'XUFK GHQ 0RQDWVSODQ (QWODVWXQJ 6LH SURILWLHUHQ VR YRQ HLQHP visuellen Überblick, um EHNRPPHQ die VielzahlGLH an )DFKNUlIWH AbsprachenPHKU gerecht zu werden. Diese können, selbst YLVXHOOHQhEHUEOLFNXPGLH9LHO]DKODQ$EVSUDFKHQJHUHFKW]XZHUGHQ'LHVHN|QQHQVHOEVWGXUFK durch Krankheit einer Fachkraft, nicht untergehen. .UDQNKHLWHLQHU)DFKNUDIWQLFKWXQWHUJHKHQ  Unsere Fachkräfte Monatsplan fürfür diedie pädagogische Vor-VorUnsere Fachkräfte arbeiten arbeiten seit seitdem demJahr Jahr2009 2009mit miteinem einem Monatsplan pädagogische und Nachbereitung. Nachbereitung. Dieser Dieser wurde wurde kontinuierlich kontinuierlich weiterentwickelt. weiterentwickelt. und  52.,'6 ZLFKWLJ GLH %LOGXQJVVFKZHUSXQNWH wie mathematisches Sprache, mathematisches ROKIDS istLVWes HV wichtig, dass GDVV die Bildungsschwerpunkte wie Sprache, GrundGrundverständnis, Naturwissenschaft/Technik, Kunst, Fähigkeiten, kognitive Fähigkeiten, lebenspraktische verständnis, Naturwissenschaft/Technik, Kunst, kognitive lebenspraktische KompeKompetenzen, Grunderfahrungen, Bewegung/Gesundheit sowie soziales Lernen  JH]LHOW tenzen, ethischeethische Grunderfahrungen, Bewegung/Gesundheit sowie soziales Lernen gezielt umgeXPJHVHW]WZHUGHQ setzt werden.

'HU Monatsplan ZLUG LQ GHU 9HUIJXQJV]HLW JHPHLQVDP LP MHZHLOLJHQ Der *Monatsplan wird in der Verfügungszeit gemeinsam im jeweiÄ*UXSSHQWHDP³ HUVWHOOW XQG IU GLH DQVWHKHQGH :RFKH NRPSOHWW ligen „Gruppenteam“ erstellt und für die anstehende Woche komplett HUDUEHLWHWGDPLWGLH.LQGHUVLFKDP0RQWDJHLQHQ:RFKHQEHUEOLFNDXI erarbeitet. Hier fließen natürlich N|QQHQ auch die +LHU Wünsche undQDWUOLFK Ideen derDXFK Kin- GLH GHP :RFKHQSODQ YHUVFKDIIHQ IOLH‰HQ dern sowieXQG die ,GHHQ TalenteGHU der.LQGHUQ Fachkräfte mitGLH ein.7DOHQWH Jeder Tag wird geplant, PLW :QVFKH VRZLH GHU )DFKNUlIWH was -HGHU aber nicht es gemacht werden gemachten HLQ 7DJheißt, ZLUG dass JHSODQW ZDV DEHU QLFKW muss! KHL‰W Die GDVV HV JHPDFKW ZHUGHQ JHPDFKWHQ 3ODQXQJHQ N|QQHQ PlanungenPXVV können 'LH jederzeit situa­tionsbedingt geändert werden.MHGHU]HLW VLWXDWLRQVEHGLQJWDXIGHP:RFKHQSODQGHU.LQGHUJHlQGHUWZHUGHQ Die Schwerpunkte stellen Angebote dar, die die Kinder im Freispiel annehmen können. Auch hier %HLVSLHOHLQHV:RFKHQWDJHVLP0RQDWVSODQ werden die Kinder motiviert, liebevoll unterstützt und von der Fachkraft beobachtet. Die BeobachBesonderheit: )DFKNUDIW; LRS -> Rechenschwäche -> besondere Begabungen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Referentinnen: Michaela Rastede, Koordination ZuP Friederike Steinhaus, Abteilungsleitung Gymnasium Oberschule an der Koblenzer Straße Koblenzer Straße 15 28325 Bremen Tel. 0421/361 3029 E-Mail: [email protected]



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Allgemeine Schuldaten • • • • • • • • • •

Gegründet 1973 Renovierung seit 2006 ca. 550 Schüler und Schülerinnen 45 Lehrer und Lehrerinnen; 5 Sozialpädagogen, Honararkräfte 80 % Migranten aus über 40 Nationen Schulzentrum der Sekundarstufe 1 4-Zügigkeit Gymnasium mit bilingualem Zweig; Sekundarschule; Oberschule (seit diesem Schuljahr) 3 Profile (Bilingualität, Ökologie, Ökonomie) Ganztagsschule

EINE SCHULE FÜR ALLE Aufgaben der Inklusionspädagogen des ZuP

• Entfernung von Barrieren, die einen zieldifferenzierten, vielfältigen und gemeinsamen Unterricht für alle Kinder verhindern • Fordern und Fördern im multiprofessionalen Team • Beraten 

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Konkrete Umsetzung • Jahrgangsteams • Organisationsformen der (Hoch)Begabungsförderung

• Stundentafel – exemplarisch, Jg. 5 • Dem Einzelnen gerecht werden • Gestaltung der Profile

Exemplarische Stundentafel für Jg. 5

9.30 - 9.45 9.45 - 10.05 10.05 – 11.35

11.35 – 11.55 11.55 – 13.25 13.25 – 14.20 14.20 – 15.50

DI

Studierzeit Wochenvorbereitung Arbeitspläne ENG

DO

FR

NW

MI Offener Anfang Morgenkreis Studierzeit DEU

MAT

ENG

WU

DEU

MAT

ENG

Frühstück Hofpause KU/ MUS/ DAR Profilorientierungsphase

BG/ ISL/ PHI

KU/ MUS/ DAR

MAT

MAT

WU

ENG

NW / Öko W AT

8.30 – 9.30

MO

BILI

Zeitraster 7.45 – 8.15 8.15 - 8.30

Hofpause MAT SPO SWI

Lehrer

DEU

DEU

NW

WU

DEU

ENG

WAT

SPO

WAT

Kulturprojekte Werkstatt



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NW

Klassenrat

Mittagspause mit Mittagessen sowie Beschäftigungsangeboten SPO

Erläuterungen

Sozialpädagogen KL / CoKL SelbstständigeArbeit an Wochenplänen / Hausaufgaben der Basiskompetenzfächer (Fachl.)

Studierzeit: individualisiertes , kompetenzorientierte s Lernen

Rotationsprinzip Jeder Schüler erhält Einblick in die Profilprojekte in 5.1. mit abschließender Profilberatung

5.1 statt Profile Soziale Kompetenzen

Fachlehrer u. Sonderpäd./ integrierter Förder-/ Forderunterr. Klassenlehrer/ CoKL

Kernunterricht: instruktiv, kooperativ, prozessorientiert „Lernen am gemeinsamen Gegenstand“

Sozialpädagogen Lehrer/ außerschulische Partner/ Sozialpäd.

Oberschule an der Koblenzer Straße - Lehrer im Team -

5a

Lehrer Jg. 5

5b

5r 5s

Profile

Grundsätze: î Alle 3 Profile sind kompetenzorientiert / Niveau

î î î î î î î î î î

• Orientierungsphase • vergleichbare Strukturen / Standards • ergebnisorientiertes Arbeiten (Präsentationen, Portfolio)

Projektstruktur Ergebnisse sind nützlich für die Schule Methodenvielfalt Curriculum: Spezialisierung (kein Förderunterricht !) Orientierungsphase (Profilprojekte 5.2 bis 6.2) Erfahrungen / Anforderungen kennenlernen / Stärke + Schwäche Portfolio + Beratung ൺ Entscheidung Profilphase (ab 7.1 bis 10.2) Ggf. Wechsel nach Klasse 8 möglich Zeugnisvermerk: …“2, 3, 4 .. Jahre das Profil besucht“!



89

Anhang 1: Kompetenztrainingswochen • Jahrgang 5: Sozialtraining • Jahrgang 6: Methodenkompetenz • Jahrgang 7: Kommunikationskompetenz • Jahrgang 8: Teamkompetenz • Jahrgang 9/10: Verstetigung Medienkompetenz; Präsentationstechniken

Anhang 2: Jahrgangsprojekte • Jahrgang 5: Stadtwaldspiele • Jahrgang 6: Der Natur im Stadtteil auf der Spur • Jahrgang 7: Mobilität im Alltag • Jahrgang 8: Bremen – Stadt am Fluss m it Meeresnähe • Jahrgang 9: Bewerbungstrainingstage • Jahrgang 10: Schülerfirma 

90

Ganztagsschule

• Drei Jahrgänge an drei Tagen • Rhythmisierung des Unterrichts • Förderkonzept (individ. Förderpläne, Umgang mit Heterogenität, offene Aufgabenkultur, Vielfalt in den Methoden etc.) • Ostercamp • Lernwerkstatt • Werkstätten • Projekte • AG-Bereich • Mensa

Fördermöglichkeiten • Enrichment (Anreicherung • Pull out

• Drehtürmodell

• Compacting (Verdichtung)

• Akzeleration (Beschleunigung) • Wahlangebot • Freie Arbeit



24

91

Die Hamburger LAU – Studie (Lehmann 2001; Vieluf 2003) Schularten in Hamburg: Grundschule, Hauptschule, Realschule, Integrierte Haupt- und Realschule, Integrierte Gesamtschule, Gymnasium

Zentrale Befunde: „So zieht sich als roter Faden durch die LAU-Studien, dass die

Gegenwart leistungsstärkerer Schülerinnen und Schüler durchgehend zu höheren Lernfortschritten der leistungsschwächeren Schülerinnen und Schüler führt, ohne dass ein Nachteil für die leistungsstärkeren Schülerinnen und Schüler die Folge sein muss.“ (Vieluf 2003, S. 38)



„Bemerkenswerterweise fallen die Leistungszuwächse bei den leistungsheterogenen Klassen sogar höher aus als bei den leistungshomogenen Klassen“



(Beck u.a. 2007, S. 207)



92

Anhang

Presse Referenten und Mitwirkende Teilnehmerliste

93

94

Die UN-Konvention zur Frage der Inklusion hat die Frage nach der Wertschätzung der Vielfalt auf die Agenda gebracht. Die Forderung nach selbstverständlicher Teilhabe für jeden Menschen bei aller Unterschiedlichkeit fordere die Pädagogen zuallererst als Menschen, hieß es. Auf die eigene Einstellung komme es an; das habe dann auch Folgen für Funktion und Fachlichkeit. Die Bildungskonferenz, so der Landrat, sei dabei eines von mehreren Angeboten für Austausch und Vernetzung in der Bildungslandschaft. Ministerialdirigent Heiner Hoffmeister, der ein Grußwort des niedersächsischen Kultusministeriums überbrachte, stellte dem Landkreis personelle Unterstützung bei der Aufgabe in Aussicht, die Akteure auch künftig zusammenzuführen. Dass die kommunalen Träger an der Seite der Pädagogen mit im Boot seien, sei ein richtiges und wichtiges Signal, bemerkte der Erste Stadtrat Jörg Fanelli-Falcke gegenüber unserer Zeitung. Impulsvorträge und Fachforen Dabei arbeitete sich die jüngste Konferenz mit zwei Impulsvorträgen und fünf Fachforen bemerkenswert wenig an den unverändert schwierigen Rahmenbedingungen ab. Keine ideologischen Grabenkämpfe um die x-te Schulform-Reform und kaum Klagen über leere Kassen: Das Hauptaugenmerk galt vielmehr der eigenen Profession und den möglichen Ansätzen, in Schulen und Kitas produktiv mit Heterogenität umzugehen. Der Bremer Lehrer und Personalentwickler Uwe Gonschorek bilanzierte als Moderator: „Ein Rollenwechsel steht an. Die Herausforderung - das sind wir selbst, nicht die Kinder.“ Vieles werde gerade in Deutschland gerne schematisiert oder über einen Kamm geschoren, so Gonschorek. Es komme für die Lehrkräfte darauf an, sich täglich neu zu dem zu verhal-

Von Bernhard Komesker Landkreis Osterholz. „Wo sich nichts bewegt, da bewegt sich auch nichts.“ Mit aufmunternden Worten beendete Landrat Jörg Mielke die vierte Bildungskonferenz des Landkreises. Einen ganzen Tag lang hatten sich fast 100 Pädagogen und Träger-Vertreter aus Schulen und Kindergärten mit dem Leitmotiv „Vielfalt als Chance“ befasst. Und am Ende schien im Bredbeck-Pavillon tatsächlich etwas in Bewegung gekommen zu sein. Im Alltag, so der Tenor, komme es zuerst auf die Haltung der Lehrer und Erzieher an.

ten, was doch eigentlich immer schon da war: die Unterschiedlichkeit der Menschen. Das sei eine Sisyphus-Arbeit, die sich aber lohne. Wenn es den Pädagogen gelinge, die Heterogenität erfolgreich zu nutzen, dann werde es auch überflüssig, einzelne Gruppen etwa als Ausländer oder Behinderte weiter zu stigmatisieren. „Kinder gehen mit dem Anderssein völlig normal um“, betonte Gonschorek. Erst die Haltung der Erwachsenenwelt lehre sie Vorbehalte. Anregungen hatten am Vormittag die Vorträge von Professor Matthias von Saldern (Universität Lüneburg) und Falko Peschel (Bildungsschule Harzberg) geliefert. Beide schilderten anschaulich und praxisnah die Chancen der verschiedenen Begabungen und Bedürfnisse. Peschel propagierte dazu das Konzept des individuellen, selbstregulierten Ler-

nens in einer Gemeinschaft (Offener Unterricht). Von Saldern verwies die Idee einer homogenen Lerngruppe ins Reich der Fiktionen - ohne die Befürchtungen der Beteiligten im Angesicht von Heterogenität vom Tisch zu wischen. In den anschließenden Workshops am Nachmittag wurden weitere Brückenschläge zwischen Theorie und Praxis versucht. Die Studienrätin Rosemarie Wolf von der IGS Garbsen informierte beispielsweise über kooperatives Lernen und damit verbundene Unterrichtsmethoden, bei denen die Kinder voneinander lernen. Schulleiter Rainer Kudlek und Förderschullehrerin Kirsten Heinze von der Grund- und Hauptschule in Winsen/Luhe schilderten den Inklusionsprozess an ihrer Schule, der im kommenden Schuljahr zur Auflösung der Sprachheilklassen führen werde. Dabei bilden Teamarbeit im Kollegium sowie Zielvereinbarungen mit dem einzelnen Schüler wichtige Bausteine. Die Schulsozialarbeit müsse allerdings besser ausgestattet werden. Matthias Demberger, Leiter der Betriebs-Kita „Rokids“ im emsländischen Lingen, lenkte den Blick auf die Ressourcenvielfalt im Erzieherinnenteam. Er halte nichts von Alleskönnern, sondern empfehle, die Stärken jeder einzelnen Betreuungskraft systematisch zu pflegen und zu nutzen. Sein Ansatz beruht auf professioneller Vor- und Nachbereitung, individuellen Entwicklungsprofilbögen für jedes Kind sowie auf Transparenz und Verbindlichkeit in der Elternarbeit. Wie die Pädagogen ihre jeweiligen individuellen Stärken finden und im Berufsalltag einbringen können, das zeigte im vierten Workshop der Motivationstrainer Wilfried Beckwermert. Der Coach aus Emsdetten vollführte mit den Teilnehmern erhellende interaktive Übungen im emotionalen Training und Mentaltraining, die ganz offensichtlich auch noch einigen Spaß machten. Die Sonderpädagogin Michaela Rastede und die Leiterin des Gymnasialzweigs an der Bremer Oberschule an der Koblenzer Straße, Friedrike Steinhaus, richteten den Blick auf die besonderen Bedürfnisse auch von Hochbegabten. „Wir müssen Schule so ausgestalten, dass jeder seinen Platz findet“, forderte Rastede. Ein Hauptansatzpunkt sei dabei das Kollegium und dessen Bereitschaft, sich vom defizitären Blick zu verabschieden und in Fortbildungen regelmäßig dazuzulernen. Weser Kurier, 4. 6. 2011

Unterwegs zur Inklusion: Bildungskonferenz „Vielfalt als Chance“ thematisiert Haltung der Lehrer und Erzieher

Pädagogik als Frage der Einstellung

Presse

 95

96

97

Referenten und Mitwirkende der 4. Regionalen Bildungskonferenz des Landkreises Osterholz Prof. Dr. Mattias von Saldern Leuphana Universität Lüneburg Scharnhorststr. 1, C1.207 21335 Lüneburg

Tel.: 04131 677-1624 Fax: 04131 677-1637 E-Mail: [email protected] Internet: www.leuphana.de

Dr. Falko Peschel Bildungsschule Harzberg Am Harzberg 1 32676 Lügde

Tel.: 05282 969790 Fax: 03212 1021778 E-Mail: [email protected] Internet: www.Bildungsschule-Harzberg.de

Rosemarie Wolf Integrierte Gesamtschule Garbsen Meyenfelder Str. 8-16 30823 Garbsen

Tel.: 05131 707-103 Fax: 05131 707-150 E-Mail: [email protected] Internet: www.igs-garbsen.de

Rainer Kudlek Kirsten Heinze Hanseschule Winsen Fuhlentwiete 17 21423 Winsen

Tel.: 04171 78132104 321 Fax: 03212 1021778 E-Mail: [email protected] Internet: www.hanseschule-winsen.de

Mathias Demberger RTRC Germany ROKIDS GmbH Am Seitenkanal 8 49811 Lingen (Ems)

98

Tel.: 0591 9136-560 Fax: 0591 9136-121 E-Mail: [email protected] Internet: www.roseninspection.net

Wilfried Beckwermert Mental- und Emotionaltraining Rabenstr. 59 48282 Emsdetten

Tel.: 02572 5929 Fax: 02572 954535 E-Mail: [email protected]

Michaele Rastede Friederike Steinhaus Oberschule Koblenzer Str. (OSK Bremen) Koblenzer Str. 15 28325 Bremen

Tel.: 0421 361-3029 Fax: 0421 361-15463 E-Mail: [email protected] Internet: www.szk-bremen.org

Uwe Gonschorek Sicht.weise Nienburger Str. 36 28205 Bremen

Tel.: 0421 444 980 Fax: 0421 444 995 E-Mail: [email protected] Internet: www.gonschorek-sichtweise.de

Dr. Markus Stöckl Amt für Bildung Landkreis Osterholz Osterholzer Str. 23 27711 Osterholz-Scharmbeck

Tel.: 04791 930-385 Fax: 04791 930-11385 E-Mail: [email protected] Internet: www.landkreis-osterholz.de

Unser besonderer Dank gilt: MD Heiner Hoffmeister vom Niedersächsischen Kultusministerium für die Eröffnungsrede und Grußworte des Kultusministers, dem Tagungshaus Bredbeck für die gute Betreuung, allen Referenten und Moderatoren für Ihre Arbeit und allen Teilnehmenden für ihr Interesse, die damit an der Realisierung mitgewirkt und zu dem guten Gelingen der 4. Regionalen Bildungskonferenz im Landkreis Osterholz beigetragen haben. 99

Teilnehmerliste  

Vorname

Name

Institution

Fachforum

1

Heike

Adams

Ev.-luth. Kiga Wallhöfen

3

2

Hanna

Ahrens

Landkreis Osterholz

3

3

Kerstin

Albes-Bielenberg

Integrierte Gesamtschule OsterholzScharmbeck

1

4

Fred

Baltrusch

Gesamtschule am Wällenberg

5

5

Marion

Bauer

Dammschule Schwanewede

 

6

Ulrike

Baumheier

Stadt Osterholz-Scharmbeck

1

7

Wilfried

Beckwermert

Referent

4

8

Christine

Beulshausen

Volkhochschule Lilienthal-GrasbergWorpswede-Ritterhude e.V.

 

9

Gisela

Biedermann

Grundschule Ohlenstedt

1

10

Jutta

Boencke

Grundschule Heilshorn

4

11

Ingrid

Braach

Landkreis Osterholz

3

12

Olaf

Brammer

Bildungswerk Osterholz e.V.

2

13

Ulrike

Chantelau

Grundschule Sandhausen

2

14

Karin

Dahl

Grundschule Grasberg

 

15

Mathias

Demberger

Referent / Kita ROKIDS

3

16

Anna-Maria

Deutsch

 

 

17

Christiane

Ebrecht-Hansen

Grundschule Ritterhude

 

18

Martina

Ehlers

Ausschuss für Bildung u. Erziehung, Stadt OHZ

 

19

Yunes

Emir

Kreisschülerrat

2

20

Jörg

Fanelli-Falcke

Stadt Osterholz-Scharmbeck

5

21

Susanne

Fedderwitz

Stadt Osterholz-Scharmbeck

2

22

Elisabeth

Fischmann

Findorffschule Grasberg

4

23

Jörg

Fitzer

Ganztagsschule Lilienthal Haupt- und Realschule

1

24

Arwed

Gmyrek

Landkreis Osterholz

1

25

Christel

Gödeke

Kiga Berliner Straße

3

100

 

Vorname

Name

Institution

Fachforum

26

Uwe

Gonschorek

Moderator / Sicht.weise

 

27

Marianne

Grigat

 

 

28

Minou

Hamedani

Kita Trupermoorer Kinderkahn

3

29

Heiko

Hartwig

Gemeinde Grasberg

 

30

Heide

Haslop

Stadt Osterholz-Scharmbeck

1

31

Dieter

Heinrich

ABÖE e.V.

2

32

Kirsten

Heinze

Referentin / Grundschule Winsen

2

33

Marianne

Helmke

Berufsbildende Schulen OsterholzScharmbeck

1

34

Heiner

Hoffmeister, MD

Nieders. Kultusministerium

 

35

Kornelia

Horack

Kinderspielkreis Südwede

3

36

Marion

Hüsemann

Grundschule Beethovenschule

 

37

Esther

Kagel

Kiga Moormannskamp

4

38

Kurt

Klepsch

 

 

39

Ute

Köpel-Nass

Schule am Klosterplatz

 

40

Tine

Kopsch

Schule am Klosterplatz

1

41

Kathrin

Kraatz

1

42

Carsten

Krause

Ganztagsschule Lilienthal Haupt- und Realschule Haupt- und Realschule OsterholzScharmbeck

43

Dietmar

Krause

Findorffschule Grasberg

1

44

Miriam

Kruse

Grundschule Worpswede

5

45

Rainer

Kudlek

Referent / Grundschule Winsen

2

46

Sabine

Lange

Schule am Klosterplatz

 

47

Pamela

Langer

Grundschule Beethovenschule

2

48

Ute

Licht

Schule am Klosterplatz

1

49

Marion

Lilje

Kita Auf der Wurth

3

50

Martina

Lischner

Trupermoorer Kinderkahn

3

 

101

 

Vorname

Name

Institution

Fachforum

51

Claudia

Luer

Grundschule Neuenkirchen

2

52

Gerhard

Luhrmann

Gemeinde Schwanewede

2

53

Clemens

Lüllmann

Dammschule Schwanewede

 

54

Bernd

Lütjen

Samtgemeinde Hambergen

 

55

Alexandra

Maaß

Grundschule Buschhausen

 

56

Jana

Mahlstedt

Grundschule Pennigbüttel

2

57

Simone

Meyerdierks

Kiga SOS-Kinderdorf

3

58

Dr. Jörg

Mielke, Landrat

Landkreis Osterholz

 

59

Gertrud

Milthaler

Gymnasium Ritterhude Schulzentrum Moormannskamp

4

60

Mari

Nagaoka

Tagungshaus Bredbeck

4

61

Ellin A.

Nickelsen

Gesamtschule am Wällenberg

5

62

Nele

Ohlsen

Grundschule Wallhöfen

 

63

Annette

Otto

Volkshochschule Osterholz-Scharmbeck/Hambergen/Schwanewede e.V.

1

64

Afra

Pankoke

Kiga Berliner Straße

3

65

Falko

Peschel

Bildungsschule Harzberg

 

66

Katrin

Preckwinkel

Grundschule Wallhöfen

 

67

Nina

Prigge-Sczypka

Grundschule Wallhöfen

 

68

Elke

Ramm

Berufsbildende Schulen OsterholzScharmbeck

4

69

Michaela

Rastede

Referentin / Oberschule Koblenzerstr.

5

70

Bernhard

Rausch-Döbbelin

Christoph - Tornée - Schule

 

71

Monica

Röhr

 

2

72

Martina

Rolfs

Kiga Moormannskamp

3

73

Petra

Röpken

Niedersächsische Landesschulbehörde

5

74

Sabine

Santjer

Grundschule Hüttenbusch

2

75

Renate

Schiefler

Landkreis Osterholz

 

102

 

Vorname

Name

Institution

Fachforum

76

Elke

Schnakenberg

 

 

77

Herbert

Scholz

 

2

78

Karl

Schönemeier

 

 

79

Felicitas

Schönwetter

Berufsbildende Schulen OsterholzScharmbeck

 

80

Heinz-Bolko

Schottke

 

 

81

Sonja

Schulz

Grundschule Ritterhude

2

82

Heike

Schumacher

Landkreis Osterholz

1

83

Arne

Segelken

Landkreis Osterholz

 

84

Marc

Seis

Haupt- und Realschule OsterholzScharmbeck

 

85

Eckhard

Starke

 

 

86

Friederike

Steinhaus

Referentin / Oberschule Koblenzerstr.

5

87

Dr. Markus

Stöckl

Landkreis Osterholz

5

88

Heike

Stück

Grundschule Ohlenstedt

1

89

Anna Elisabeth

Suerken

Grundschule Scharmbeckstotel

2

90

Christine

Töller-Weingart

Grundschule Worphausen

2

91

Prof. Dr. Matthias

von Saldern

Uni Lüneburg

 

92

Anta

Webel

Schule am Klosterplatz

1

93

Britta

Weidling

Landkreis Osterholz

4

94

Julia

Weisfeld

Landkreis Osterholz

5

95

Susanne

Westphal

Gymnasium Osterholz-Scharmbeck

5

96

Björn

Wicke

Spielkreis Ohlenstedt

3

97

Jutta

Winter

Berufsbildende Schulen OsterholzScharmbeck

3

98

Sybille

Winter

Nieders. Landesschulbehörde

1

99

Rosemarie

Wolf

Referentin / GS Garbsen

1

103

Landkreis Osterholz Osterholzer Straße 23 27711 Osterholz-Scharmbeck Telefon 04791 930-0 Telefax 04791 930-358 E-Mail [email protected]