4

DICHTEMESSUNG NACH DER GAMMA-GAMMA-METHODE

4 Dichtemessung nach der Gamma-Gamma-Methode 4.1 Aufgabe In einer Sondierungsbohrung (Endtiefe z = 3.4 m) ist die Gesteinsdichte d in Abhängigkeit von der Tiefe z zu bestimmen. Im Bohrlochverlauf stehen unter der Lockergesteinsbedeckung Auffüllungen und stark zersetzter Gneis an. Die Dichte des ungeklüfteten Freiberger Graugneis beträgt d = 2.7 · 103 kg/m3 . Die Messungen werden mit einer in der Ingenieurgeophysik üblichen kleinkalibrigen Gamma-Gamma-Sonde ausgeführt. Vor der Bohrlochmessung ist eine Kalibrierung der Sonde an Gesteinsmodellen mit bekannten Dichten erforderlich. 4.2 Grundlagen des Messverfahrens Die Dichtebestimmung mit der Gamma-Gamma-Methode gehört zu den Standardverfahren in der geophysikalischen Bohrlochmessung. Neben Aussagen zur Lithologie lassen sich Gesteinskennwerte wie Porosität / Klüftigkeit und Durchlässigkeit aus den gemessenen Dichten ableiten. Das Verfahren findet außerdem bei der Erkundung geschütteter Halden und Dämme, zum Nachweis von Kluftzonen und zu Baugrunduntersuchungen Anwendung. Das Grundprinzip der Gamma-Gamma-Methode beruht auf atomphysikalischen Wechselwirkungsprozessen zwischen der Gamma-Strahlung einer künstlichen radioaktiven Quelle und den Atomen der am Gesteinsaubau beteiligten Elemente. Diese Wechselwirkungsprozesse verursachen eine Energieabnahme (Absorption) der Gamma-Strahlung beim Gesteinsdurchgang. Die Reststrahlung (gestreute Gamma-Strahlung) wird an einem Detektor (Zählrohr, Szintillationszähler) registriert. In Abhängigkeit von der kinetischen Energie der Gamma-Strahlung Eγ und der Kernladungszahl Z der Atome des Absorbers (Gestein) sind folgende Wechselwirkungsprozesse möglich : • Photo-Effekt: Eγ = 0.01 ... 0.04 MeV ; Wechselwirkung zwischen Gamma-Quanten und Hüllenelektronen der Atome (elastischer Stoßprozess); Elektronenanregung und vollständige Energieabsorption der GammaQuanten. • Compton-Effekt: Eγ = 0.2 ... 2 MeV ; elastischer Stoßprozeß zwischen Gamma-Quanten und Hüllenelektronen der Atome; Elektronenanregung und Streuung der Gamma-Quanten verbunden mit Energieabsorption. • Paarbildungseeffekt: Eγ = 1.02 ... 100 MeV; Wechselwirkung zwischen Gamma-Quanten und Atomkernen; Freisetzung von Positron-Elektron-Paaren und vollständige Energieabsorption der Gamma-Quanten. In den Sonden werden monoenergetische Gamma-Strahlungsquellen der radioaktiven Elemente Co-60 mit Eγ = 1.17 MeV oder Cs-137 mit Eγ = 0.66 MeV genutzt. Damit wird die Energieabsorption der Gamma-Quanten im Gestein durch den Compton-Effekt und somit von der Elektronendichte de bestimmt (s. Abb. 1). Für die mathematische Beschreibung der Energieabnahme von Gamma-Strahlung in Materie gilt das Absorptionsgesetz: I = I0 e−σ x

(1)

I0 - Intensität der Quelle, I - gemessene Intensität nach Durchgang der Quellenstrahlung im Gestein, σ - Absorptionskoeffizient für den Compton-Effekt, x - Weglänge der Gamma-Quanten im Gestein. Zwischen dem Absorptionskoeffizienten σ für den Compton-Effekt und der Elektronendichte de des Absorbermaterials besteht folgender Zusammenhang: σ = σ0 N(Z/A)de

(2)

σ0 = 6.662 · 10−29 m2 - atomarer Streuquerschnitt,

1

4.2

Grundlagen des Messverfahrens

4

DICHTEMESSUNG NACH DER GAMMA-GAMMA-METHODE

Kernladungszahl Z

100

Paarbildungseffekt

80

Photo-Effekt

60 40

Compton-Effekt

20

Eg(Cs-137) 0 0.01

0.1

Eg(Co-60) 1

10

100

Eg in MeV

Abbildung 1: Wechselwirkungsprozesse in Abhängigkeit von der Gamma-Strahlungsenergie und der Kernladungszahl

N = 6.022 · 1026 kmol −1 - AVOGADRO-Konstante, Z - Kernladungszahlzahl der Atome, A - relative Atommasse. Für die gesteinsbildenden Elemente bis zur Kernladungszahl Z = 30 beträgt das Verhältnis Z/A etwa 0,5 und die Elektronendichte de ist identisch mit der als Quotient aus Masse und Volumen definierten Dichte d. Eine Ausnahme bildet der Wasserstoff mit Z/A = 1, so daß bei wasserführenden Gesteinen (hoher Wasserstoffgehalt) eine Lithologiekorrektur LK erforderlich ist (vgl. Tab. 5.1). Die Dichte d ergibt sich aus der Elektronendichte de und der Lithologiekorrektur LK nach: d = de − Lk

(3)

Material

Lk in 103 kg/m3

Material

Lk in 103 kg/m3

Süßwasser

0.11

Mergel

-0.01

Salzwasser

0.12

Dolomit

-0.01

Braunkohle

0.06

Kalkstein

0

Sand

0

Gips

0.05

Ton

0

Steinsalz

-0.09

Tabelle 1: Lithologiekorrektur für einige Stoffe

Unter der Annahme Z/A = 0.5 folgt aus den Gln. (1, 2) der Zusammenhang zwischen der Intensität I der gemessenen Gamma-Strahlung nach Durchdringen des Gesteins und der Dichte d: I = I0 e−adx

(4)

mit a = 0.5σ0 N (Konstante). Die beiden Unbekannten d und x in Gl.(4) erfordern eine Kalibrierung der Meßsonde an Gesteinsmodellen mit bekannten Dichtewerten.

2

4.3

Durchführung

4

DICHTEMESSUNG NACH DER GAMMA-GAMMA-METHODE

4.3 Durchführung Das Prinzip der Dichtebestimmung mittels Gamma-Gamma-Messungen in Sondierungsrohren (Gestänge) ist in Abb.2 schematisch dargestellt. Die Gamma-Strahlungsquelle (Cs-137; Halbwertszeit T1/2 = 33 a; Eγ = 0.66 MeV; I0 = 200 MBq = 2 · 10−8 s−1 ) wird erst unmittelbar vor der Messung unter Beachtung des Strahlenschutzes mit der Sonde verbunden und der Transportbehälter auf das obere Verrohrungsende aufgesetzt. Über der Quelle befindet sich ein Zählrohr mit Bleiabschirmung, das die im Gestein gestreute Gamma-Strahlung detektiert. Die registrierten Impulse werden verstärkt und über ein Kabel dem Impulszähler zugeführt. Das Spacing L (Abstand QuelleDetektor) der eingesetzten Sonde beträgt 0.2 m. Der Sondenbezugspunkt 0 (Sondenpunkt für die Messwertzuordnung) befindet sich in der Mitte zwischen Quelle und Zählrohr. Die Anzahl der pro Zeiteinheit t registrierten Impulse in min−1 wird als Impulsrate N bezeichnet; sie ist der Intensität I der gestreuten Gamma-Strahlung direkt proportional. Für die Kalibrierung und die Bohrlochmessung kommt das gleiche Sondierungssrohr zur Anwendung; das Eisenrohr besitzt einen Innendurchmesser von 21 mm und einen Außendurchmesser von 27 mm. Die Sonde hat einen Durchmesser (Kaliber) von 16 mm.

Impulszähler Kabel

Transportbehälter

27mm-Eisenrohr

Zählrohr G-G-Sonde

Bleiabschirmung Cs-137 Quelle

Abbildung 2: Versuchsaufbau

4.4 Kalibrierung Vor der Bohrlochmessung ist die Kalibrierung der Gamma-Gamma-Sonde für das verwendete Sondierungsrohr erforderlich. Dazu werden die Impulsraten N an Gesteinsmodellen mit bekannten Dichten gemessen. Zur Anwendung kommen im Praktikum: • Wasser: d = 1.11 · 103 kg/m3

3

4.5

Bohrlochmessung

4

DICHTEMESSUNG NACH DER GAMMA-GAMMA-METHODE

• Sand: d = 1.60 · 103 kg/m3 • Sandstein: d = 2.11 · 103 kg/m3 (Modell Wasser: Lithologiekorrektur Lk = 0.11 · 103 kg/m3 ) An jedem Gesteinsmodell erfolgen i = 3 Messungen der Impulsrate N mit einer Meßzeit von t = 1 min, woraus der Mittelwert N sowie die Standardabweichung s nach Gl.(5) berechnet wird. Die Standardabweichung ist ein Maß für die Streuung der Messwerte Ni um N auf Grund der Statistik radioaktiver Prozesse. v u 3 u u ∑ (Ni − N)2 t (5) s = i=1 n−1 Ni - Einzelmessung der Impulsrate, N - Mittelwert der Impulsrate, n - Anzahl der Messungen. Es ist folgendes Protokoll für die Kalibrierung der Gamma-Gamma-Sonde anzulegen: Modell

d in 103 kg/m3

Wasser

1.11

Sand

1.60

Sandstein

2.11

Ni in min−1

N in 103 kg/m3

s in min−1

Tabelle 2: Protokoll der Kalibrierung; 27mm-Eisenrohr

Aus den Messwerten wird die Kalibrierungskurve d = f (N) und ihr Streubereich s (Abb. ??) abgeleitet. Der Zusammenhang zwischen Dichte und Impulsrate für die verwendete Gamma-Gamma-Sonde lässt sich durch folgende logarithmische Funktion beschreiben: d = A0 + A1 ln N

(6)

Mittels einer Regressionsanalyse sind aus den drei Wertepaaren (N; d) die Koeffizienten A0 , A1 und der Korrelationskoeffizient R2 für die Kurvenanpassung zu bestimmen. Mit der Kalibrierungskurve können aus den gemessenen Impulsraten in der Bohrung Dichtewerte berechnet werden. 4.5 Bohrlochmessung Die Gamma-Gamma-Sonde wird über das Sondierungsrohr ins Bohrlochtiefste eingebracht und die Impulsraten mit einem Punktabstand von 0.2 m (Sondenbezugspunkt 0 beachten!) bis 0.3 m unter Rasensohle bestimmt. An jedem Punkt erfolgt eine Messung mit t = 0.5 min. Es ist folgendes Protokoll anzulegen, wobei die Lithologiekorrektur vernachlässigt wird (d = de ). Tiefe in m

N in min−1

∆N in min−1

d in 103 kg/m3

Tabelle 3: Protokoll der Bohrlochmessung

4

∆dB in 103 kg/m3

4.6

Fehlerbetrachtung

4

DICHTEMESSUNG NACH DER GAMMA-GAMMA-METHODE

2.4

d in 103 kg/m3

2

1.6

d = f ( ln N) 1.2

N 0.8 4000

6000

8000

10000

s

12000

N in min-1

Abbildung 3: Schematische Kalibrierungskurve für die Dichtemodelle

Aus der aufgenommenen Dichte-Tiefen-Kurve sind Schichtgrenzen auszugliedern. Die Schichtgrenzen werden durch die Wendepunkte im Kurvenverlauf festgelegt. Als Kriterium für die Relevanz einer Dichtegrenze im Untergrund soll der Dichteunterschied zwischen zwei Schichten (di+1 − di ) = ∆d ∗ den zweifachen Betrag des Dichtefehlers ∆dB (Kap. 5.6) übersteigen. 4.6 Fehlerbetrachtung Der Fehler ∆d für die in der Bohrung ermittelten Dichtewerte besitzt zwei Anteile: • Dichtefehler ∆dK aus der Kalibrierung, • Dichtefehler ∆dB aus der Bohrlochmessung. Zur Vereinfachung wird der Dichtefehler der Kalibrierung vernachlässigt (∆dK = 0) und nur der Fehler aus der Bohrlochmessung betrachtet. Der Dichtefehler ist dabei von statistischen Fehlereinflüssen bei der Ermittlung der Impulsrate N abhängig; ∆dB ergibt sich mit Gl. (6) zu: ∂d ∆N ∆dB = (7) ∂N mit ∆N - statistischer Fehler der Impulsrate. Da bei der Bohrlochmessung an jedem Tiefenpunkt nur eine Messung der Impulsrate N erfolgt, kann nur ein Erwartungswert der statistischen Streuung ∆N unter der Annahme einer Normalverteilung nach Gl.(8) abgeschätzt werden: √ ∆N ≈ N (8) Die Berechnung des Dichtefehlers ∆dB erfolgt mit Gl.(7) für jede Tiefe. 4.7 Praktikumsprotokoll Beschreiben Sie die Messausrüstung zur Gamma-Gamma-Dichtebestimmung und die geologisch- geotechnische Zielstellung des Versuchs.

5

4.7

Praktikumsprotokoll

4

DICHTEMESSUNG NACH DER GAMMA-GAMMA-METHODE

• Messprotokoll und Darstellung der Kalibrierungskurve; Ermittlung der Koeffizienten A0 , A1 und des Korrelationskoeffizienten R2 der Kalibrierfunktion. • Messprotokoll und Dichte-Tiefendarstellung der Bohrlochmessung; Festlegung von Dichtegrenzen unter Beachtung von ∆d ∗ ≥ 2∆dB ; wie verhält sich der Dichtefehler mit steigenden Dichtewerten? • Geologisch-geotechnische Interpretation der erhaltenen Dichte-Tiefen-Kurve. • Wie lässt sich die Genauigkeit der Dichtebestimmung mit der Gamma-Gamma-Methode erhöhen?

6