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Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen Der Minister • t • Ministerium für Inneres und Kommunales NRW, 40190 Düsseld...
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Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen

Der Minister •

t



Ministerium für Inneres und Kommunales NRW, 40190 Düsseldorf

An die P räsidentin des Landtags Nord rhein-Westfalen Platz des Landtags 1 40221 Düsseldorf

15. Oktober2015 Seite1 von1

Telefon 0211871-3218

LANDTAG fJC2DRHEIN-WESTFALEN

Telefax 0211871-3231

1 G. WAHLPERIODE

VORLAGE für die M itglieder d esinnenausschusses

16/3299 Ag

Bericht zur Untersuchung im Auftrag des Polizeipräsidenten Köln "Wertevorstellungen, Rituale und interne Strukturen im SEK Köln" (Stand September 2015)

Anlagen: - 60 -

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, Dienstgebäude:

zum TOP 1 2 der Sitzung des Innenausschu sses vom 24.09.201 5

Friedrichstr.62-8 0 40217 Düsseldorf

übersende ich Ihnen als Anlage den Bericht des Direktors LKA N RW a.

D.

Herr Gatzke "Wertevorstellungen, Rituale und interne Strukturen

im SEK Köln".

Lieferanschrift: Fürstenwall129 40217 Düsseldorf

Telefon 0211 871�01

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1

Ralf Jäger M d L

Telefax 0211871-3355 [email protected] . www.mik.nrw.de

Öffentliche Verkehrsmittel: Rheinbahnlinien703, 706, 712, 713, 725,835,836, NE 7, NE8 Haltestelle: Kirchplatz

www.koeln.polizei.nrw.de





POLIZEI Nord rhei n-Westfa len Köln

bürgerorientiert . professionell' rechtsstaatlich .-' ;� �-

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Wolfg ang G atzke Direktor LKA NRW a. D. Köln, im September 2015

Inhalt 1

Ausgangslage

2

Auftrag

3

Rahmenbedingungen

4

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. . . . . . . . ......

3.2

Personalmaßnahmen

3.3

Medienlage

3 .4

Interne Öffentlichkeitsarbeit

3 .5

Sonderinspektion aller Spezialeinsatzkommandos N RW

3 .6

Parlamentarische Befassung

Methodik

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Straf- u nd Disziplinarverfahren

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Method isches Konzept .

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4.3

Strukturierte Interviews

4.4

Abschluss der Informationserhebung

Organisationskultur

. . . ...... . . .. . .

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. . . ... ...

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.............. . . . .... . . . . . . . . .

Wertehaltung und -orientierung

6 8 8

10 11

..... .......

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12 1 2.

; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

. ................. ........ . . . . . . . . ..... .............. . . . . .. . . . . ..........

......... . . . .. . . .. . .. . . . ......

6

:. . . . . . . . . ........ . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . ..... 1 2

.................... . · ...... ... .............. .. . . . . .. . . . . . . . .... . . . .. . . . .

Dokumentenanalyse

. 5.1 . 1

. .. . . . . . .....

. . ................. . . . . . . ... . .... . . . . . . . . . ................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............... . .....

4.2

5.1

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................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . ........... . . . . . . . . . . . . ... .... . . . . . . . .. . . . . . . . .

4

,. . . . . . . . ., . . . . . . . . . . . . . . . . ,......... 5

3.1

4.1

5

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. .............. . . . . . .......... .. . .......... . . .

...... ......... . . . ...

15 17

:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... 1 7

. .... . ....... .. . . . . . . . . . . .

.

... . . . . ...

:. . . . . . . . . . . . . . . . ...... 1 7

Verfassungsrechtliche Grundsätze, Gru nd- und Wertevorstellungen der Polizei Nordrhein-Westfalen . I ndikatoren

. 5.1 .3

Führungsleitsätze, Positionspapiere, Dienstkun de und . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fortbildu ng

...

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........ ....... ................. ......

5.1 .4

Rechtstreue

5 . 1 .5

Gewaltaffinität u nd Gewaltanwendu ng

5 . 1 .6

Trennungsprozesse u nd Konflikthandhabung

5.1 .7

Gemeinschaftsveran staltungen und familiäre Verankerung

. ..... .. . .... . . . . . . . . . .

.

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;..........................1 8

5 . 1 .2

....

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.......... . . . . . . . . ......

18 .

19

27

.... . . . . . . . . . . . ......... . . .............. . . . . . . .............

. . . . . . ... . . . . . .. . . . . .

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.....................

. .................... ... . . . . ...

.........

31

37

.42 2

5.2 •

..

6

Gruppen kohäsion, Rituale, Corporate Identity u nd Corporate Design .44

5.2.1

Gruppen' k ohäsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44'

5.2.2

Rituale

5.2.3

Corporate Identity u nd Corporate qesign

....... ................... . . . . .. . ............... ...................... . . .. . . . . .. . ..... . .....

Prozesse und Strukturen 6.1

Personalauswahl

...................

.............

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6.1 . 1

Gruppenbeamte SEK .

6.1 .2

Führu ngskräfte SEK

6.2

Aus- und Fortbildung

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51

. , .63 ..

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73 73

: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

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: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 .

............ . . . . ....

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. . . . . .. . .

. . . 79 .

.

6.2.1

Einführungsfortbildung SEK

6.2.2

Dezentrale Fortbildung SEK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

6.2.3

Führungsfortbildung

6.3

Personalverwendung

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: . . . . . . . . . 79

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88

6.3. 1

Eingliederungsverfahren für Nachwuchskräfte

6.3.2

Kommandoübergreifende Verwendungen

6.3.3

Diagonaler Aufstieg

-6.3.4

Poolbildung

6.3.5

Rotation . . . . . . . . . . . . . .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

6.4

............

.......................

Personalführung . .

.

...... . . . . . . . . .... . ..

...

. . .

. ..... .

Mitarbeiter- und Kritikgespräche

6.4.2

Führu ngsfeedback .

. .. . .

.......................

Zusammenarbeit und Führung

. . ..

.

.

....

.. . .. .

6.5.2

Führungsstruktur

6.5.3

Zusammenarbeit.

.

.

........

.

7

Bemerkung zum Abschluss . . .

8

Literaturverzeichnis und Quellenverzeichnis

.

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88

-.. 89

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92 95

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99

1 02

. . . 1 03 ..

..

· 1 03

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. . . . . . .. . .

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Personaleinsatz und -entwicklung h . D .

.

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6.5.1

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, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . .99

6.4.1

6.5

. . ....... . .

. . . ... . . . . ............. ..

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.............. . .

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83

.. .

...............

. . ..............

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1 07

. 1 09 ..

. . .. . . ............

111

....................................... 1 1 3 3

,

1

Ausgangslage

Nach einem Ende Mai 201 5 zunächst als vertraulich geführtem ersten· Gespräch erhob ein Angehöriger des Spezialeinsatzkommandos des Polizeipräsidiums Köln am 1 6.06.201 5 gegenüber der PersonalsteIle . seiner Behörde schwerwiegende Vorwürfe gegen Angehörige seines ehemaligen Kommandos. Im

Rahmen

eines

-

bereits

ein

Jahr zurückliegenden

-

dreitätigen

Betriebsausfluges im Ausland seien an lässlich einer dienststelleninternen "Probezeitbeendigung" mit ihm und einem weiteren Beamten im Rahmen eines Aufnahmerituals unerträgliche Spiele durchgeführt worden. So hätten er und der zweite Beamte u. a. da.uerhaft mit Handschellen an eine Holzkiste gefesselt in Indianerkostümen u nd Perücken über zwei Tage . lang, traktiert mit Alkohol, schikanöse körperliche Übu ngen erledigen müssen, u. a. habe das D uschen u nd der Toilettengang angekettet zu zweit erfolgen müssen . Nach Rückkehr an den Standort hätten sich die demütigenden Abläufe - Essen einer

ekelerregend

schmeckenden

Eismischung

vom

Schoß

eines

Kommandoangehörigen und Einflößen einer Schnaps-/Biermisch u ng ü ber den . Schnorchel einer Taucherbrille - bis hin zum körperlichen Erbrechen fortgesetzt. Er habe diese Abläufe als in hohem Maße erniedrigend empfu nden, sich diesen aber nicht widersetzt, da er befürchtet habe, dann nicht in das Kommando aufgenommen, sondern ausgeschlossen zu werden . Seine nachfolgende interne Kritik an den Abläufen habe dazu gefü hrt, dass die Kommandoangehörigen die weitere Zusammenarbeit mit ihm verweigert und sich ihm gegenüber auch nach Umsetzung in ein anderes Kommando in einer Weise verhalten hätten, die als Mobbing zu bezeichnen ist.

4

Polizeipräsident Albers u ntersagte am 1 9.06.201 5 u nmittelbar nach Kenntnis des Vorgangs fü r das fragliche SEK - bis auf weiteres - die Wahrnehmung von •

Einsätzen . Etwa zeitgleich war eine auf Veranlassung des Polizeipräsidenten eingeleitete verwaltungsinterne Prüfung eines weiteren das SEK Köl n betreffenden Vorgangs abgeschlossen . Danach lagen Hinweise vor, dass es im Zusammenhang mit einer Übung von Führungskräften der Sp�zialeinheiten Köln am 22 .08.201 4 zur Verabschiedung des ehemaligen Le�ters der Spezia leinheiten - man hatte gemeinsam den Pylon der Severinsbrücke bestiegen, was durch einen Polizeihubschrauber fotografiert worden war - zu einer u nzulässigen Verquickung . von persönlichen und dienstlichen . I nteressen gekommen war. Dieser Vorgang war bereits intensiv und kritisch durch die Kölner Medien aufgegriffen u nd kommentiert worden1 und hatte am 1 9.06.201 5 zu einer ersten Kleinen Anfrage eines Landtagsabgeordneten geführt.2 Die Vorgänge zu beiden Sachverhalten waren am 1 9. bzw. 23.06.20 1 5 der Staatsanwaltschaft Köln zugeleitet worden. · I m Rahmen einer Pressekonferenz nahm der Polizeipräsident am 23.06.2015 zu beiden Vorgängen Stellung. Dabei machte er sehr deutlich, dass er die Vermischung dienstlicher und privater I nteressen nicht akzeptieren u nd es n icht dulden werde, wenn Menschen in seiner Behörde gedemütigt und in ihrer Würde verletzt würden.

2

Auftrag

I m Rahmen der Pressekonferenz kündigte der Polizeipräsident an, u nabhängig von Straf- u nd Disziplinarverfahren im Rahmen einer Organisationsuntersuchu ng die Wertehaltung und Rituale im SEK Köln u ntersuchen lassen zu wollen u nd stellte mich als die Person vor, die damit beauftragt werde.

1

2

Kölner Stadtanzeiger 201 5b. Landtag NRW 201 5a.

5

Den Untersuchungsauftrag konkretisierte er mit Schreiben vom 26.06.201 5. Danach bin ich aufgefordert zu untersuchen , welche Wertehaltung, Werteorientierung und Rituale im SEK Köln bestehen

u nd

ob

diese

verfassungsrechtlichen

Grundsätzen ,

insbesondere aus Art. 1 · GG und Art. 3 3 GG und den Grund- und Wertevorstellungen der Polizei NRW entsprechen inwieweit Strukturen des SEK Köln Missstände beg ünstigt haben und gegebenenfalls Maßnahmen zur Veränderung der Situation vorzuschlagen. Meine E rkenntnisse sind in einem schriftlichen Bericht vorzulegen. Für die Dauer meiner Beauftragung stellte der Polizeipräsident

mir einen

organisations- u nd fachkundigen Beamten des Polizeipräsidiums Köln

zur

Verfügung,

der

der

mich

bei

der

Vorbereitung

und

Umsetzung

Untersuchungssch ritte in sachgerechter Weise unterstützte. 3 Darüber hinaus initiierte

und

organisierte

dieser

die

notwendige

Zuarbeit

anderer

Organisationseinheiten der Behörde. Der Sachverhalt, der den Anstoß zur Beauftragung der Untersuchung gegeben hat, war ausdrücklich nicht Gegenstand der Untersuchung. Die dazu während des Untersuchungszeitraums bekannt gewordenen I nformationen sind in die Bewertu ng

der

in

der Untersuchung

getroffenen . Feststellungen

nicht

eingeflossen.

3

Rahmeribedingungen

3.1

Straf- und Disziplinarverfahren

Die Staatsanwaltschaft Köln leitete nach Vorlage der Vorgänge wegen des Sachverhalts "Aufnahmeritual und Mobbing" ein Ermittlungsverfahren gegen 3

Jansen, Jörg, EPHK, Sachgebietsleiter ZA 25.

6

sieben Angehörige des SEK Köln wegen Verdachts der Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung und des Mobbings ein . Bei den Beschu ldigten handelte sich um den zum Zeitpunkt des Aufnahmerituals amtierenden , zwischenzeitlich zu einer anderen Behörde versetzten Kommandoführer des SEK, eine ehemalige Führungskraft sowie Gruppenbeamte des Kommandos. Wegen des Vorgangs "Severinsbrücke" wurde das Verfahren gegen fünf weitere Beamte wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet. Dabe� handelt es sich um den ehemaligen Leiter der Spezialeinheiten, einen weiteren Beamten des . höheren Polizeivollzugsd ienstes, der zu einer anderen Polizeibehörde versetzt wurde, sowie den gegenwärtigen Leiter der· Spezialeinheiten , den für die Spezialeinsatzkommandos

und

die

Verhandlungsgruppe

zuständigen

Gruppen leiter und einen Führungsbeamten des gehobenen Dienstes. Diese waren

auch

als

Ansprechpartner

für

d ie

Umsetzung

der

Organisationsuntersuchung von wesentlicher Bedeutung. Die polizeilichen E rmittlungen wurden im Einvernehmen mit dem MIK NRW mit Verfügung des Landeskriminalamtes NRW zeitnah dem Polizeipräsidium Düsseldorf ü bertragen. Auf An regu ng der Staatsanwaltschaft Köln ü bertrug die Generalstaatsanwaltschaft Köln d ie weitere Bearbeitung der Verfahren mit Wirkung vom 29.06.201 5 der Staatsanwaltschaft Aachen . Neben dem Strafverfahren leitete der Polizeipräsident unter Datum des 24.06.20 1 5 gemäß § 1 7 LDG N RW Disziplinarverfahren gegen die am Vorgang "Aufnahmeritual und Mobbing" beteiligten Beamten ein u nd setzte sie nach § 22 LDG N RW zunächst bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus. Nach

einigen

Wochen

der

Ermittlungen

ging

am

1 0.08.20 1 5

beim

Polizeipräsid ium Köln die Einstellu ngsverfügung der Staatsanwaltschaft Aachen nach § . 1 7011 StPO zum Ermittlungsverfahren "Aufnahmeritual u nd Mobbing" ein . Verfolgbare Straftaten lagen trotz weitgehender Bestätigung des Sachverhalts nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht vor. Damit lebten die ruhenden Disziplinarermittlungen wieder auf. Der Bitte des Polizeipräsidenten, d ie weitere Bearbeitung der Diszi plinarverfahren einer 7

4

anderen Behörde zu übertragen , hat das Ministerium für I nneres u nd Kommunales N RW (M I K NRW) entsprochen. I n Abstimmung mit dem MIK NRW hat deshalb am 1 4.08.201 5 das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung u nd Personalangelegenheiten

N RW

(LAFP

N RW)

die · Fortfü hrung

der

Disziplinarverfahren an sich gezogen.4

3.2

Personalmaßnahmen

Nach weiterer Prüfung der Sachlage löste der Polizeipräsident am 1 5.09.201 5 das SEK 3 auf u nd teilte den betroffenen Beamten seine Entscheidung mit. Vier Beamte des Kommandos werden danach nicht mehr in einem SEK eingesetzt, fünf anderen wird in Abstimmung mit dem M I K NRW die Möglichkeit angeboten, ihre Tätigkeit in dem SEK eines anderen Standortes fortzusetzen.5 Am 1 7.09.201 5 gab der Polizeipräsident darüber hinaus bekannt, dass der Leiter der Spezialeinheiten im Zusammenhang mit dem Vorgang "Severinsbrücke" auf eine andere Funktion wechseln werde. Der bisher für das SEK und die Verhandlungsgruppe zuständige Gru ppen leiter werde seine Funktion mit dem für das Mobile Einsatzkommando u nd die Technische Einsatzgruppe zuständigen Gruppen leiter tauschen . 6

3.3

Medienlage

I n den Tagen

nach

der Pressekonferenz am 23.06.201 5 berichteten

Fernsehsender sowie örtliche . u nd überregionale Printmedien über beide Sachverhalte außerordentlich intensiv und zunehmend reißerisch. So wurde aus "Mobbingvorwürfen" und "demütigenden Aufnahmeritualen" schließlich der "Folterskandal in Köln".

LAFP NRW 201 5. 5 WDR 201 5. 6 RP. On li ne 201 5.

4

8

In I nterviews gegenüber Printmedien begründete ein als Polizeiforscher bezeichneter Professor für Polizeiwissenschaften der Akademie der Polizei Hamburg, warum "demütigende Aufnahmerituale beim SEK lebensnotwend ig" seien u nd e rläuterte "Angst, Scham, Unterwerfung - das schweißt zusammen" .? Auf Grundlage von Angaben eines angeblichen ehemaligen SEK-Beamten aus Köln

ü ber Vorfälle aus lange zurückliegenden Jahren berichtete eine

. Boulevardzeitung unter der Sch lagzeile ;,Wir standen ü ber dem Gesetz" ü ber bizarre Aufnahmerituale, Straftaten , Drogengeschäfte und den Su izid eines Beamten des SEK Köln wegen Mobbings.8 Vielfach war die Berichterstattung mit Angriffen auf die Amtsführung des Polizei­ präsidenten verbunden.9 Die Anwältin eines der Beschuldigten kritisierte in der Presse die Tätigkeiten im Rahmen

der

durch

den

Polizeipräsidenten

beauftragten

Organ isationsuntersuchung und bezeichnete "Befragungen der SEK-Männer durch

den

Sondererrnittler

außerhalb

des

Disziplinarverfahrens"

als

"rechtswidrig" .10 Nach Einstellung des Strafverfahrens "Aufnahmerituale und Mobbing" durch die Staatsanwaltschaft Aachen am 1 0.08.201 5 war die Medienberichterstattung zunächst von der über die Medien ausgetragenen Auseinandersetzung zwischen den Rechtsanwältinnen des beschuldigten Kommandoführers sowie des "Opfers" geprägt. Nach Bekan ntwerden weiter Einzelheiten der Abläufe im Rahmen der Sitzung des Innenausschusses des Landtages NRW am 27.08.201 51 1 wurden vor allem die Forderungen nach disziplinarischen und organisatorischen Maßnahmen im SEK Köln transportiert. Die am 1 5.09.20 1 5 erfolgte Auflösung des SEK 3, das im Rahmen einer anschließenden Abschiedsfeier u nter der Überschrift "Abschied mit Kettensäge" Behr 201 5. Express.de 201 5. Kölner Stadtanzeiger 201 5a. 10 Focus online 201 5. . 11 Ministerium für Inneres und Kommunales NRW 201 5c. 7

8 9

9

kolportierte Verhalten der Kommandomitglieder i n ihrer Unterkunft sowie die im Hinblick auf die Leitung der Spezialeinheiten getroffenen Personalrnaßnahmen waren erneut Gegenstand intensiver Med ienberichterstattung , 12

3.4

Interne Öffentlichkeitsarbeit

Zeitgleich . mit

der

Pressekonferenz

Polizeipräsident behördenintern

am

23.06.201 5

verdeutlichte

der

in einem sog. ,;pp . Memo", einem im

Polizeipräsidium Köln gebräuchlichen Mitarbeiterbrief des Behörden leiters, seine Position zu den Vorwü rfen. Die Führungskräfte der Behörde informierte er in zeitnahen Besprechungen . Dass in dem "PP Memo" von Missständen, dem Verstoß gegen Grundprinzipien der Menschenrechte u nd "Tätern" die Rede war, führte behörden intern zu dem Vorwurf der Vorverurteilung und zog die Verbreitung des Flugblattes einer Polizeigewerkschaft mit der Überschrift "Unschuldsvermutung gilt auch für SEK­ Beamte" nach sich . In einer Veranstaltung am 25.06.201 5 mit allen anwesenden SEK-Beamten und den Führu ngskräften der Spezialeinheiten legte der Polizeipräsident persönlich seine Betroffenheit ü ber die schwerwiegenden Vorwürfe, seine Position sowie seine Handlungsmotive und -schritte dar. Anschließend hatte ich Gelegenheit, meine Aufgabe und Rolle klarzustellen u nd um die Bereitschaft zur Mitwirkung in dem anstehenden Untersuch ungsprozess zu werben. Die Führu ngskräfte des SEK erarbeiteten in den Folgetagen ein Positionspapier zu den von ihnen in Aufgabenwahrnehmung und Zusammenarbeit vertretenen Werten und Prinzipien. Dieses wu rde nach einem gemeinsamen Gespräch mit dem Polizeipräsidenten mit einem Begleittext des Leiters der Direktion Besondere Aufgaben am 1 5.07.20 1 5 im Intranet des Polizeipräsidiums Köln veröffentlicht.

12

SZ.de 201 5.

10

Mit Datum vom 1 6.07.201 5 wandte sich der Polizeipräsident in einem erneuten "PP Memo" mit einem Dank fü r die vielfältig geleistete gute Arbeit an die Mitarbeiter der Behörde, betonte die Notwendigkeit der Aufklärung der Vorwürfe und warb dafür, Fehler als Chance zu begreifen und mit Blick in die Zukunft aus ihnen zu lernen . " I m Zuge des weiteren Verlaufs der Untersuchung habe ich in Abstimmung mit dem Direktionsleiter Besondere Aufgaben sowie der Leitung der Spezialein heiten die Angehörigen des SEK sowie die Führungskräfte der anderen Einheiten am 31 .07.201 5 ü ber bisherige U ntersuchungsschritte informiert und weitere Gesp räche und I nterviews mit Führungskräften der anderen Einheiten sowie Gruppenangehörigen des SEK angekündigt. Nach der Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens schlossen

sich

Führu ngskräften

Informationsgespräche der

Behörde

des

sowie

mit

Polizeipräsidenten den

mit

den

Führungskräften

der

Spezialeinheiten an. Mit der Veröffentlichu ng seiner schriftlichen kurzen Presseerklärung im I ntranet der Behörde machte der Polizeipräsident erneut deutlich , dass er derartige Rituale, wie sie Gegenstand des Strafverfahren waren , in

seinem Hause nicht dulde und die ruhenden disziplinarrechtlichen

Ermittlungen nunmehr wieder aufgenommen würden .

3.5

Sonderinspektion aller Spezialeinsatzkommandos NRW

Vor dem Hintergrund der gegen das SEK in Köln erhobenen Vorwürfe ordnete der I nnenminister des Landes N RW mit Erlass vom 23.06.20 1 51 3 vorsorglich eine Sonderinspektion aller Spezialeinsatzkommandos in Nordrhein-Westfalen an und beauftragte damit die Direktoren des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD N RW) sowie des LAFP N RW. Zu den von mir konzipierten Untersuchungsfeldern u nd Fragestellungen sowie den im Rahmen der, Inspektion vorgesehenen Inspektionsfeldern erfolgte

13

Ministerium für Inneres und Kommunales NRW 201 5b.

11

zwischen dem Direktor' des LZPD und mir frühzeitig ein allgemeiner I nformationsaustausch.

3.6

Parlamentarische Befassung

Unter dem Datum 1 9.06.201 5 sowie 29.06.201 5 stellte ein Abgeordneter des Landtags N RW Kle.ine Anfragen zum Sachverhalt "Severinsbrücke", die durch den Innenminister am 29.07.201 514 und am 27.07.201 515 beantwortet wurden. Eine weitere Kleine Anfrage vom 26.06.201 5 zum Thema "Medienberater des PP", beantwortete das M I K NRW mit Datum 27.07.201 5. Zum Sachverhalt "Aufnahmeritual. und Mobbing" ging durch . den g leichen Abgeordneten am 29.06.201 5 · eine erste Kleine Anfrage ein, die der I n nenminister am 28.07.20 1 5 beantwortet hat. 16 Eine weitere Kleine Anfrage zur "Dienstauffassung des Kölner PP" folgte. Am 27.08.201 5 befasste sich der I nnenausschuss des Landtages NRW auf Grundlage eines Berichts des Min isters für In neres u nd Kommunales vom 25.08.20 1 5 erstmalig mit den "Vorkommnissen beim Kölner SEK". Der Bericht gab wesentliche I nhalte der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Aachen wieder. Die M itglieder des Innenausschusses machten in der Diskussion deutlich, dass das festgestellte Verhalten disziplinarische u nd organisatorische Konsequenzen nach sich ziehen müsse.

4

Methodik.

4.1

Methodisches Konzept

Die Untersuchung fußt methodisch vorrangig auf den I nstrumenten der Dokumentenanalyse sowie strukturierter, weitgehend narrativer . I nterviews. I n

14 15 16

Landtag NRW 201 5c. Landtag NRW 201 5b. Landtag NRW 201 5d.

12

geringem Umfang kommen Aspekte der teilnehmenden Beobachtung hinzu . Der Anspruch einer den wissenschaftlichen Anforderungen gerecht werdenden Arbeit verbindet sich damit nicht. Nach einem ersten I nformationsgespräch mit dem Polizeipräsidenten u nd Führu ngskräften Regelungen

der.

und

Spezialeinheiten

sonstige

Unterlagen

wurden auf

untersuchu ngsrelevante

Landes,

Behörden-

u nd

Dienststellenebene beigezogen und ausgewertet, der Kreis erster Gesprächs­ bzw. I nterviewpartner festgelegt sowie vorläufige I nterviewleitfäden erarbeitet. Diese wu rden sukzessive fortentwickelt, weitere Zielgruppen für I nterviews identifiziert sowie ergänzende Controllingdaten oder Einzelvorgänge in die Analyse einbezogen . Ergänzend zu der Analyse der U nterlagen sowi� den I nterviews wu rden im Rahmen einer Begehung allgemein zugängliche Bereiche und Gruppenräume in der Liegenschaft der Spezialeinheiten in Augenschein genommen u nd ihre Gestaltung

erörtert.

Darüber· hinaus

war

die

Teilnahme

an

einer

Dienstbesprechung der Führungskräfte am 04.08.20 1 5 möglich.

4.2

Dokumentenanalyse

Um Anhaltspunkte fü r Wertevorstellungen und die Werteorientieru ng in den S EK Köln

festzustellen,

Führungsleitsätze,

wurden

-

soweit

Positionspapiere

zur

in

der

Behörde

Wertehaltung,

vorhanden

Regelungen

zur

Zusammenarbeit und Führung, z. B. zu Mitarbeitergesprächen , formalisierten Kritikgesprächen und Führungsfeedback, dazu vorhandene Controllingdaten sowie Stellungnahmen zu Einzelthemen . der Organisationskultur, z. B . zu Abschottungstendenzen oder zum Umgang mit Tätowierungen, beigezogen. Anhaltspunkte für eine stabile oder weniger ausgeprägte Rechtstreue als Ausdruck einer sich im Verhalten manifestierenden Wertebindung wurden durch die Feststellung und Auswertung von Beschwerden gegen SEK-Beamte oder gegen sie anhängig gewesener Straf- oder Disziplinarverfahren gewonnen. Ergänzend wurden Anträge auf die Genehmigu ng von Nebentätigkeiten auf 13

Auffälligkeiten ü berprüft sowie Art und Anzahl einfacher Regelverletzungen , z. B . Verstöße gegen interne Regelungen, durch Auswertung der Protokolle der O rganisationsleiterbesprechungen

(OlB-Protokolle) · der

Spezialeinhe.iten

einbezogen . I n Anbetracht des Anknüpfungssachverhaltes wurde über die PersonalsteIle erhoben, in wie vielen Fällen und aus welchen Gründen in den zurückliegenden 1 5 Jahren Beamte aus den Spezialeinheiten Köln, insbesondere aus dem SEK ausgeschieden sind. Die Analyse der Unterlagen sollte Ansatzpunkte bieten, möglichen zweifelhaften Fällen mit der Frage nachzugehen , ob Mobbing als struktu relle Verhaltensweise zur Konfliktlösung bzw. Trennung von einzelnen Beamten erkennbar ist. Da verbale Rohheit und ü berschießende Gewalt im Einsatz I ndiz für eine ' Fehlentwicklung polizeilicher Werteverankeru ng sein kön nen, wurden auch Einsatzdokumentationen auf entsprechende mögliche Sachverhalte überprüft und exemplarisch Einsatz- und Ermittlungsunterlagen beigezogen, ausgewertet und zur Grund lage nachfolgender I nterviews gemacht. Angesichts der Medienberichterstattung über angebliche strafrechtlich relevante Sachverhalte in der länger zurückliegenden Vergangenheit wurden auch dazu noch vorhandene Ermittlungsunterlagen beigezogen u nd ausgewertet. I n die Analyse einbezogen wurden ebenfalls wissenschaftliche u nd sonstige Fachveröffentlichungen, die sich mit "Cop-Culture" u nd Polizeikultur, der Aufarbeitung von Fehlentwicklurigen in polizeilichen Dienststellen in Köln und dem Wandel der Polizeikultur befassen. Im Hinblick auf für den Untersuchungsauftrag relevante Prozesse u nd Strukturen im SEK Köln wurden darüber h inaus die behördeninternen Regelungen zur Personalauswahl fü r Führungskräfte des gehobenen Dienstes (g . D.) , für deren Aus- und Fortbildung sowie zu Fragen der Personalverwendu ng und -führung ausgewertet . und im Abgleich zu dem · ebenfalls beigezogenen Erlass

14

"Spezialeinheiten und -kräfte"17 sowie dem Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Evaluation der Spezialeinheiten"18 zur Grundlage weiterführender Interviews gemacht. Einbezogen wurden auch die landesweiten Regelung'en zu Auswahl, Aus- und Fortbildung, Personalverwendung und -entwicklung der Führungskräfte des höheren Dienstes (h. 0.) der Polizei.19

4.3

Strukturierte Interviews·

I m Verlauf der Untersuch ung wurden insgesamt 29 Einzel- sowie 1 6 Gruppen interviews geführt, die abhängig von dem Fortgang der Untersuchung sowie von Funktion und

Einblick der Personen

in die thematischen

Fragestellungen nach Struktu r und Inhalt unterschiedliche Schwerpunkte hatten. Die Teilnahme an den Interviews stand den angesprochenen Personen jeweils frei. Darüber hinaus waren erläuternde · Gespräche zu Auftrag und Ziel der Untersuchung sowie zu den nötigen Arbeitsschritten zu führen, z. B . mit Vertretern des Personalrates und der darin vertretenen Gewerkschaften sowie den in Supervisionsprozesse eingebundenen Angehörigen der Polizeiseelsorge. Die ersten I nterview� wurden mit den Führungskräften h. D. der Spezialeinheiten sowie dem Direktionsleiter Besondere Aufgaben zu der ebenen übergreifenden Zusammenarbeit, die behördliche Verankerung der Spezialein heiten, die Einschätzung der Werteorientierung der SEK und die Kenntnis von Ritualen gefüh rt.

Die

Führungskräfte

haben

die

Untersuchung

und

damit

in

Zusammenhang stehende Schritte von Beginn an dauerhaft, vorbehaltlos und offen unterstützt. Im weiteren Verlauf schlossen sich Gruppen- und Einzelinterviews zu weiteren Indikatoren an, z. B. · zu Rechtstreue, dem Umgang mit Konflikt- und 17 Innenministerium NRW VS-NfD- 2008. 18 AG Evaluation der Spezialeinheiten VS-NfD- 2014. 19

Ministerium fOr Inneres und Kommunales NRW 201 1 a.

15

von Wei

Trennungsprozessen, einer möglicherweise problematischen Gruppenkohäsion , Mobbing oder erkennbarer Gewaltaffinität. I n den Kreis der I nterviewpartner wurden durchgängig alle in den letzten fünf . Jahren ausgeschiedenen Führu ngskräfte h. D. sowie Kommandoführer S E K einbezogen. Mit den gegenwärtig verantwortlichen sieben Führungskräften g. D. Kommandoführern , stellvertretendem Kommandoführer u nd Einsatzführern wurden vier Gruppeninterviews, jeweils in unterschiedlicher personeller Zusammensetzuhg , geführt. Auf Wunsch der Führungskräfte war in den ersten . Terminen ein Mitglied der Personalvertretu ng zugegen . Die zunächst gezeigte Skepsis und Zurückhaltung in den I nterviews wich in den weiteren Terminen u nd machte einer intensiven

und offenen

Diskussion

P latz,

so dass d ie

Führungskräfte auf eine weitere Teilnahme der Personalvertretung verzichteten . Die Angehörigen der Führu ngsstelle S E zeigten sich i n einem Gruppeninterview insgesamt offen und gesprächsbereit. Dem gegenüber blieb die Resonanz auf ein Gesprächsangebot an die Gruppenmitglieder der Kommandos SEK verhalten . An einem Gespräch , zu dem Angehörige aller drei Kommandos eingeladen waren, beteiligte sich bei zwölf anwesenden Personen nur ein Drittel. Der Bitte um Einzelinterviews zu jeweils die Person betreffenden Themen leisteten andererseits alle angesprochenen Personen Folge. Von einer gezielten Gesprächsaufnahme mit Angehörigen des SEK 3 wurde wegen der laufenden Straf- und Disziplinarverfahren abgesehen , zumal bekan nt war, dass diese nach anwaltlicher Beratung auch Gespräche im Rahmen der Untersuchung grundsätzlich ablehnten. Weitere I nterviewpartn·er waren Führungskräfte der Verhandlungsgruppe und der 1V!0bilen Einsatzkommandos, Polizeiführer der Phasen 1 und 2 aus Köln und einer andern Polizeibehörde, Vertreter vOn sachbearbeitenden Dienststellen , sowie Beamte in der Vorbereitung auf den Laufbahnabschn itt

111,

die in den

Wochen zuvor bei den SEK Köln hospitiert haben. In ihren I nterviews sollte insbesondere der Sicht von außen auf das SEK nachgegangen werden . 16

Schließlich wurden im Rahmen von zwei kurzen Interviews mit Personen aus dem persönlichen Umfeld von Beamten des SEK eine wiederholt angesprochene familiäre Verankerung der Gruppen sowie deren Blick auf die SEK hinterfragt. Die insgesamt gewonnenen Eindrücke wurden in I nterviews mit einem Polizeipraktiker sowie zwei Vertretern 'der Polizeiwissenschaft20, die jeweils mit Fragen der Struktur- und Kulturentwicklung der Polizei befasst waren , reflektiert.

4.4

Abschluss der Informationserhebung

Die Phase der I nformationserhebung durch Beiziehung und Analyse von Unterlagen und Dokumenten sowie durch die geführten Interviews wurde in einem Gruppengespräch mit den anwesenden Beamten der Leitung der Spezialein heiten und der Führungskräfte SEK am 09.09.2015 abgeschlossen. Die am 1 5.09.201 5 getroffenen Personalmaßnahmen haben daher keinen Eingang mehr in die im Rahmen der Untersuchung getroffenen Feststellungen u nd deren Bewertung gefunden. Deshalb ist darauf h inzuweisen , dass in dem Bericht auch in den Themenfeldern, in denen die personellen Veränderu ngen unmittelbare Auswirku ngen haben Führungssituation

im

SEK

(Nr.

6. 1 .2),

Rotation

(Nr.

6.3.5)

u nd

ebenenü bergreifende Zusammenarbeit (Nr. 6.5.3), - die Situation vor dem 1 5.09.20 1 5 zugru nde gelegt ist u nd reflektiert wird.

5

Organisationskultur

5.1

Wertehaltung und··orientierung

20

Sehrendes, Udo, LPO a.O. (Sehrendes 201 4). Or. Oübbers, Carsten, POR, pp Köln. Prof. Or. Sehr, Rafael, Akadem ie Polizei Hamburg.

17

..

5.1.1 Verfassungsrechtliche Grundsätze, Grund- und Wertevorstellungen der Polizei Nordrhein-Westfalen

Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist d ie Polizei als Teil der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz gebunden . Erste und oberste Verpflichtung aller staatlichen Gewalt ist es nach Art. 1 Abs. 1 GG, die Würde des Menschen zu achten und zu sch ützen. Die daraus abgeleiteten Grundrechte binden die Polizei in ihrer Aufgabenwahrnehmung

als

unmittelbar

geltendes

Recht.

Auch

im

I nnenverhältnis entfalten sie u nmittelbare Wirkung . Nach den hergebrachten Grundsätzen 'des Berufsbeamtenturns, die ihre verfassu ngsrechtliche Grundlage in Art. 33 GG finden , besteht die Verpflichtung zu einem achtungs- u nd vertrauenswürdigen Verhalten, das den Erfordernissen des Berufes gerecht wird . Die Gru ndsätze für Zusammenarbeit u nd Führung im Geschäftsbereich des I nnenmin isteriums21 konkretisieren die daraus erwachsenden Anforderungen mit dem Ziel, auf der Grundlage der Achtung der Würde des Menschen eine Verwaltungskultur gegenseitiger Achtung, gegenseitigen Vertrauens und partnerschaftlicher Zusamm e narbeit zu entwickeln. Sie binden nach § 4 Abs. 3 GO KPB· NRW alle Beschäftigten der Kreispolizeibehörden .22

5.1.2 Indikatoren

Erste Anhaltspunkte zur Feststellung der Wertehaltung und --orientieru ng von Angehörigen einer Organ isation bieten zunächst in der Organisation formu lierte Grundpositionen , z. B . Führungsleitsätze und Verha ltenskodices. Diese können im Rahmen einer Organisationsuntersuchung in . weiterführenden qualitativen Interviews beleuchtet und h insichtlich ihrer Wirksamkeit hinterfragt werden. Wertehaltungen manifestieren sich letztlich in Verhalten. Deshalb kommt weiteren Indikatoren besondere Bedeutung zu , die sic h aus dem Abgleich von dargestellter Wertehaltung und wahrnehmbatem Verhalten ableiten lassen. Dabei kann sich das Verhalten einerseits in scheinbar objektiven statistischen 21 22

Innenministerium NRW 2004, S. 7. Ministerium für Inneres und Kommunales NRW 201 1 b.

18

oder Controllingdaten widerspiegeln; andererseits bedarf es der eher subjektiven Verhaltenswahrnehmung durch Andere. In beiden Fällen bleibt Raum für I nterpretationen.

5.1 .3 Führungsleitsätze" Positionspapiere, Dienstkunde und Fortbildung

5.1 .3.1 Feststellungen Führungsleitsätze der Polizei Köln

I n Konkretisierung der Regelungen zu Führu ngs- u nd Steuerungsverantwortung von Vorgesetzten nach § 4 Abs. 1 , 2 GO KPB NRW sind im Polizeipräsidium Köln seit März 201 2 in einem behördeointernen Prozess erarbeitete Führu ngsleitsätze verabschiedet. Darin sind in kurzen , einprägsamen Sätzen Verhaltensmaxime formuliert, die fü r Führungskräfte der Behörde handlungsleitend und bindend sind.

Sie

betreffen

z.

B.

die

Vorbildfunktion ,

d ie

wertschätzende

Zusammenarbeit, Aspekte der Information, Beteiligung u nd Delegation sowie die mitarbeiterbezogene Förderung, Forderung und, Unterstützung, zudem die eigene

Fortbildung

und

Entwicklung der Fü hrungskräfte.

Vergleichbare

konkretisierende Leitsätze für die Beschäftigten der Behörde insgesamt liegen nicht vor. Die Führungskräfte der Spezialeinheiten haben die Führungsleitsätze in ihrer Organisationsleiterbesprechung am 1 1 .09.20 1 2 erörtert. Der darin abgefragte Bedarf, sie speziell in einem gemeinsamen Workshop für alle Führu ngskräfte der Spezialein heiten zu erörtern , wurde nicht gesehen, da sie auf Ebene der Gruppen besprochen werden sollten. Alle Führungskräfte haben in diesem Prozess ihre Bereitschaft bekundet,

die für sie

handlungsleitende Wirksamkeit der

Führungsleitsätze durch Unterschrift zu bestätigen. Davon wurde aber Abstand genommen , da die Auffassung bestand , wichtiger als ein deklaratorischer Akt sei es, sie im täglichen Führungsverhalten zu leben. Nach Verfügung des leiters der Spezialeinheiten wurden die Führu ngsleitsätze als Anlage zum Protokoll in die Ordner der OlB-Protokolie eingeordnet, d ie in 19

jeder Organisationseinheit ausliegen. Es wurde - anders als in anderen . Organisationseinheiten der Behörde - bewusst darauf verzichtet, sie in dem allgemein zugänglich Bereich in der Liegenschaft der Spezialeinheiten gerahmt auszuhängen. Positionspapier des SEK Köln aus Juli 201 5

Nach Bekanntwerden des auslösenden Sachverhalts, der damit einhergehenden internen Öffentlichkeitsarbeit und den Reaktionen der Medien sahen sich die Führungskräfte des SEK Köln und die Leitung der Spezialeinheiten veran lasst, ' ihre Haltung zu den Werten und Prinzipien , für die sie einstehen, in einem an die Koliegenschaft im Polizeipräsidium Köln gerichteten internen Positionspapier darzulegen.

Dieses Positionspapier wurde

nach

Erörterung

mit

dem

Behörden leiter, auf dessen Wunsch ergänzend die Bind ung der dort genannten Werte an die Würde des Menschen aufgenommen wurde, mit einem Begleittext des Leiters der Direktion Besondere Aufgaben im Intranet veröffentlicht. Das Positionspapier benennt auf der Basis der Menschenwürde die Werte " Respekt,

Ehrlichkeit,

Teamfähigkeit,

Verantwortungsbewusstsein,

Professionalität, Entschlossenheit, Zuverlässigkeit, Fleiß, Mut, Leistungsfähigkeit u nd

Kritikfähigkeit

sowie

das

Prinzip

der

Rechtsstaatlichkeit"

als

handlungsleitend. Daneben wird vor dem Hintergrund der vorangegangenen Ereignisse von den Verfassern einerseits die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, sich jederzeit für das eigene tatsächliche Handeln zu verantworten, andererseits die Erwartung formuliert,

dass

auch

ihnen

Professionalität

und

Neutralität

unter

Berücksichtigung der Rechtsstaatlichkeit entgegengebracht werden. Der Leiter der Direktion Besondere Aufgaben tritt in seinem begleitenden Schreiben dem durch die mediale Darstellung entstand�rien Eindruck, die SEK würden "über dem Gesetz stehen" und permanent gegen Dienstvorschriften verstoßen , mit dem Hinweis entgegen, er habe diesen Eindruck aus nahezu

20

täglichem Erleben u nd- zahlreichen , durchaus brisanten Einsätzen mit den SEK eindeutig nicht. "Wertevertrag" der SEK im Rahmen der Einführungsfortbildung

I n ihrem Positionspapier haben' die Führungskräfte SEK auf einen "Wertevertrag" hingewiesen, der jährlich zu Beginn der Einführungsfortbildung von allen teilnehmenden Angehörigen der SEK erarbeitet, unterzeichnet und visualisiert in der Liegenschaft der Fortbildungsstelle für Spezialeinheiten in Seim ausgehängt wird. Dieser begleitet die Kräfte während ihrer Ausbildung und weiteren Tätigkeit. Dazu . h aben sie eine Übersichtsfotografie des Flures zur Verfügung gestellt, auf der verschiedene derartige "Werteverträge" erkennbar sind, u nd eine Kopie der im Rahmen der Einführungsfortbildung SEK NRW

I

Visualisierung

des "Wertevertrages"

Darauf sind . unter den

Oberbegriffen

"Fachliche

Kompetenz,

beigefügt. Soziale

ZUZ 201 2 erarbeiteten

Kompetenz,

Persönliche

Kompetenz und Disziplin" eine Vielzahl von erforderlichen Eigenschaften und Werten zusammengeführt, die mit dem aktuell erarbeiteten Positionspapier korrespondieren . Positionspapiere 2013 zur Arbeitsgruppe Evaluation der Spezialeinheiten

In

Ergebnispapieren

eines

Workshops,

die

201 3

maßgeblich

von

Führungskräften der Spezialeinheiten Köln erarbeitet wurden und in den Bericht der landesweiten . Arbeitsgruppe Evaluation der Spezialeinheiten Eingang gefunden haben, sind für Führungskräfte und Einsatzbeamte der SEK · erfolgssichernde Kompetenzen beschrieben. u nd mit einem Wertegerüst u nterlegt. Diese weisen ebenfalls korrespondierende . Werte auf, z. B . Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Selbstlosigkeit, Respekt u nd Disziplin . In weiteren Stellungnahmen des SEK Köln zu den in der Arbeitsgruppe "Evaluation der Spezialeinheiten" behandelten Vorwürfen der "Abschottung" und "Verselbständigung"

von - SEK

wird

begründet

ausgeführt,

insbesondere innerhalb der S EK Gefahrengemeinschaften

dass

sich

mit starkem 21

Zusammengehörigkeitsgefühl bilden , diese jedoch nicht in Subku lturen mit einem von der übrigen Polizei negativ abweichendem Werte- u nd Normenverständnis einmü nden. Logo des SEK 2



" Phoenix" und Erläuterung

I m Gruppenraum des SEK 2 hängt u nter dem auf die Wand gemalten Logo des nach Auflösung 2004 im Jahr 201 0 wieder neu eingerichteten Kommandos eine Erläuterung des neu entwickelten. Gruppenlogos aus. Dieses stellt den mythologischen Vogel "Phoenix" dar, der sich aus der Asche erhebt; er hält Schwert u nd Waage der Justitia in den Klauen. In der textlichen Erläuteru ng dazu wird vor dem Hintergrund der Geschichte des Kommandos darin zunächst die antike · Bedeutung des "Phoenix" als Symbol für die Wiedergeburt, die U nsterblichkeit und das Feuer angesprochen. Als Fabelwesen werden ihm die Attribute Mut, Weitblick u nd Kraft zugeordnet, die auch das SEK fü r seine Aufgabenwahrnehmung benötigt. Schwert u nd Waage der Justitia sollen nach der Erläuterung die Durchsetzung des Rechts mit der nötigen Härte, aber auch die sorgfältige Abwägung der Sachlage, Gerechtigkeit, und die Wahrung der Verhältnismäßigkeit als hand lungsleitende Werte symbolisieren und dem Schutz der freiheitlich demokratischen Rechtsord nung dienen . Dieses auf Initiative von einem Angehörigen des SEK 2 im Jahr 201 0 erstellte Logo u nd die Erläuterung dazu fand in dem damit einher gehenden Diskussionsprozess, des Kommandos breite Zustimmung. Haltung der Führungskräfte

Die Führu ngskräfte des h. D. wie auch d ie Führu ngskräfte des gehobenen Dienstes (g . D.) bekennen sich in den Gesprächen und Interviews ausdrücklich zu einer auf den Grund- und Wertevorstellungen von Art. 1 Abs. 1 GG .

basierenden , von Vertrauen, Achtung und Kollegialität getragenen Führung u nd Zusammenarbeit. Sie führen erläuternd an, dass gerade die Besonderheit der 22

Aufgabe der Spezialeinheiten u nd die Notwendigkeit einer verlässlichen Zusammenarbeit im Team in einer Gefahrengemeinsch aft eine derartige Zusammenarbeit u nd Führung sowie das gegenseitige Einstehen füreinander erfordern. Die Fü hru ngsleitsätze sind den Führungskräften präsent. Diese bezeichnen sie als die Grundlage ihres Führungsverhaltens. Sie n utzen die dazu behö rdlich vorgesehenen Führungsinstrumente.23 ,Nach

Wahrnehmung

der

Führungskräfte

sind

die

in

dem

aktuellen

Positionspapier der SEK besch riebenen Werte für diese handlungsleitend und die Grundlage für die Professionalität und Leistungsstärke der Einheiten in ihrer polizeifachlichen Aufgabenwahrnehmung.

Feststellungen,

die

nachhaltige

Zweifel an einem auf Art. 1 GG basierenden Wertegerüst aufkomme n lasse n , oder Anhaltpunkte für subkulturelle Entwicklungen schildern die Führungskräfte nicht. Hinsichtlich der in dem Positionspapier genannten ' Werte "Ehrlichkeit" u nd "Loyalität" und der Frage, ob in einem Konfliktfall im Wertekanon die Bind ung an Recht

u nd

Gesetz

oder

der

Zusammenhalt

der

Gruppe

in

der

Gefahrengemeinschaft überwiegt, weisen die Führungskräfte auf die Aussage in dem

Positionspapier hin,

dass

die SEK sich

als Angehörige

einer

rechtsstaatlichen Polizei selbstverständlich jederzeit für ihr tatsächliches Handeln verantworten . Sie führen dazu Beispiele an, in denen Beamte des SEK ,nach Schusswaffengebrauch24 oder dem Einsatz des Hundes, ' der in einer Erpressungslage eine Person verletzt hat, die sich letztlich als nicht tatbeteiligt herausgestellt habe, durch offenes Aussageverhalten uneingeschränkt zu der Sachverhaltsaufklärung beigetragen haben. In einem anderen Interview mit einem ehemaligen Gruppenbeamten des SEK Köln werden gravierende Regelverstöße, z. B. überschießende Gewalt im Einsatz, als nicht akzeptabel bezeichnet und Reaktionen bis zum Ausschluss aus

23 24

Näheres unter Nr. 6.4. Näheres unter Nr. 5.1 .5.

23



der Gruppe angesprochen, die aus der Rechtsverpflichtung erwachsende Erstattung einer Anzeige jedoch nicht. I n der Gruppendiskussion mit Angehörigen der drei Kommandos S E K reflektieren diese wesentlich auf das mit dem Logo des SEK 2 "Phoen ix" verbundene Werte konstrukt. Örtliche Fortbildung und Dienstkunde

I n der polizeilichen Ausbildung ist der Beschäftigung mit Grundfragen der Ethik ein geringer Stundenansatz gewidmet. Doch ist eine umfassende Beschäftigung mit den Grundrechten elementarer Bestandteil der Ausbildung u nd fü hrt zu einer festen Implementierung im Wertekanon der Polizisten. 25 Ethische Aspekte werden in zentralen Fortbild ungsveranstaltungen dann mitbearbeitet, wen n das Sparin ungsfeld zwischen Gewaltgebrauch Gewaltmissbrauch

thematisiert

wird.26

So

weisen

im

und

zentralen

Fortbildungskalender der Polizei N RW z. B. die Kalenderblätter für die Führu ngsfortbildungen I und

11

neben vielen anderen auch die Themen "Ethik"

und "Führungsethik" aus. Für Angehörige der Spezialeinheiten sind in den zentralen zweitägigen Fortbildungsveranstaltungen ,

die

dem

allgemeinen

fachbezogenen

Erfahrungsaustausch dienen , neben anderem auch "ethisch / psychologische Problemfelder" ausgewiesen.27 Diese werden nach Teilnehmeraussagen ,im Rahmen des Programms wegen als. vorrangig angesehener anderer Themen aber kaum behandelt. Veranstaltungen , die ethische Fragen oder die berufliche aufgabenbezogene Werteorientierung behandeln, werden landesweit im Rahmen der örtlichen Fortbildung nur in eingeschränktem Umfang angeboten. Dabei kommt der organisatorischen Verzahnung von polizeilichem Training und berufsethischer

Polizeiseelsorge N RW 201 4, S. 1 9. Ebd . , S . 1 7. 27 z. B. Zentrale Fortbildung LAFP NRW -1 70899-002-51 -5 1 .

25 26

24

Reflektion sowie der Vermittlung berufsethischer Orientierung durch Führu ng eine nicht unwesentliche Bedeutung

ZU.28

I n der Behörde Köln hat eine regelmäßige anlassunabhängige Befassung mit Fragen von Ethik und handlungsleitenden Werten im Rahmen örtlicher Dienstkunde oder Fortbildungsveranstaltungen generell oder speziell für Angehörige der SEK nicht festgestellt werden können. Die im Präsidium tätigen Polizeiseelsorger haben jedoch auf Wunsch der Führungskräfte der S pezialeinheiten erste moderierte Gruppengespräche vorrangig unter den Aspekten Supervision und Entlastung - mit den Kommandos geführt, die zukünftig mit einer stärkeren Ausrichtung auf Werteorientierung u nd ethische Grundpositionen fortgeführt werden sollen.

5.1.3.2 Bewertung

Konkrete Anhaltspunkte für eine Wertehaltung und Werteorientierung von Angehörigen des SEK Köln, die den verfassungsrechtlichen Grundsätzen aus Art. 1 GG Und Art. 33 GG sowie den Grund- u nd Wertevorstellungen der Polizei NRW zuwider laufen, haben sich nach den getroffenen Feststellungen insgesamt nicht ergeben. Die Wahrnehmung von Führu ngsaufgaben durch die Führu ngskräfte der Spezialeinheiten und der SEK vermittelt - auch ebenenübergreifend - den Eindruck,

dass · ihr

Handeln

durchgängig

von

den

vereinbarten

Führungsleitsätzen und der diesen zugrunde liegenden Wertehaltung getragen ist. Sie ist - das wurde in den Interviews deutlich - in der konkreten Ausprägung nach

Persönlichkeit

und

den

Rahmenbedingungen

der

jeweiligen·

Führungsebene u nterschied lich. Die genannte Grundhaltung manifestiert sich auch in einer von allen Gesprächs­ und I nterviewpartnern attestierten , stets auf Verhältnismäßigkeit bedachten

28

Polizeiseelsorge NRW 2014, S. 27.. 25

Wahrnehmung der polizeilichen Einsatzaufgabe. Für diese Haltung spricht auch - das schriftliche Statement des Leiters der Direktion Besondere Aufgaben. Eine derartige grundsätzliche Werteorientierung kan n auch - soweit im Rahmen dieser

Untersuch ung

aufgrund

nur

eingeschränkter

Wahrnehmungsmöglichkeiten feststellbar :. fü r die Ebene der Gruppenbeamten angenommen werden . Dies stützt sich auf die - wen n auch mit nur wenige n Gruppenbeamten geführte Diskussion zu dem Wertekonstrukt des "Phoenix" sowie auf die von Beamten des Laufbahnabschnitts 111 aus Hospitationen geschilderte

Wahrnehmung

des

von

Gemeinschaftssin n ,

positivem

Zusammenhalt und hoher. Fehlerkultur geprägten Umgangs in Training und Einsatz. Für eine Einschätzu ng dervorrangigen Verhaltensorientierung der Kräfte im Falle denkbarer Regel- bZw. Werteverletzungen im SEK fehlt es letztlich an einer ausreichenden Grundlage. Ob in einem konkreten Fall tendenziel1. die Loyalität gegenüber dem Recht stärker wiegt als die gegenü ber der Gruppe, kann nicht bewertet werden . Der in diesem Zusammen hang vorgetragene Einwand von Führu ngskräften SEK, dass es zu Regel- u nd Werteverletzu ngen nicht komme und sich die Frage daher nicht stelle, greift nicht durch . Für die Aufgaben- und

Einsatzwahrnehmu ng

in

den

Spezialeinheiten,

insbesondere in den S EK, sind die Teamarbeit in einer Gefahrengemeinschaft mit einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl, erforderlichenfalls der Einsatz von körperlicher bis hin zu tödlicher Gewalt, aber auch das Risiko von Verletzung oder Tod der eigenen · Person oder des Kollegen prägend. Dies erfordert eine stabile Werteorientierung. Auch im Falle einer Rechtsverletzung durch einen Angehörigen der Gruppe bedarf es eines klaren Wertegerüstes. Maßnahmen der örtlichen Fortbildung oder interne moderierte Veranstaltungen greifen diese Themen bislang nicht auf. Angezeigt erscheint daher eine wiederkehrende Befassung mit den damit verbundenen ethischen Fragen und Problemstellungen, um

das Wertegerüst

nachhaltig zu

stärken

u nd

darauf

aufbauende

. Handlungsroutinen zu entwickeln.

26

. Weitere Aspekte zu Feststellung und Bewertu ng der Werteorientierung des SEK Köln ergeben sich aus dem folgenden Abschnitt. •

5.1 ;3.3 Empfehlungen

Es wird angeregt, -

I

für das SEK relevante ethische Problemstellungen und Grundsatzfragen der Werteorientierung auf örtlicher Ebene in geeigneten, wiederkehrenden Veranstaltu ngsformaten für das SEK aufzugreifen.

5.1 .4 Rechtstreue

5.1 .4.1 Feststellungen Straf- und Disziplinarverfahren

Die Zahl der in den letzten Jahre n gegen Angehörige der Spezialeinheiten Köln eingeleiteten Straf- und Disziplinarverfahren ist gering. Gegen Beamte des SEK Köln sind seit 201 o keine Strafverfahren anhängig gewesen. Auch Disziplinarverfahren wurden in den zurückliegenden drei Jahren gegen Beamte des SEK nicht eingeleitet. Im Jahr 201 2 wurde lediglich ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten zu Ende geführt, das seinen U rsprung 2008 in der sog. "Libyen-Affäre" hatte. In einem Fall erfolgte im Jahr 201 1 wegen des Verdachts dienst- u nd strafrechtlicher Verfehlungen die Umsetzung eines Beamten des SEK in eine andere Dienststelle; die Ein leitung eines Strafverfahrens wu rde seitens der Staatsanwaltschaft infolge eines Beweismittelverwertungsverbotes abgeleh nt. Aus gleichem Grund unterblieb die Einleitung eines Disziplinarverfahrens . Gegen einen Beamten des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) wird. seit November

201 4

ein

Strafverfahren

geführt.

Das

dazu

eingeleitete 27

. Disziplinarverfahren ist ausgesetzt, der Beamte in eine andere Dienststelle umgesetzt. I m Zusammenhang mit strafrechtlichen Vorwürfen, die nicht mit seiner dienstlichen Tätigkeit in Zusammenhang . stehen, wurde ein Beamter der Technischen Einsatzg ruppe (TEG) 201 0 suspendiert. Er schied nach dem Verlust der Beamtenrechte 201 2 au? dem Polizeidienst aus. Beschwerden

Ausweislich

der · Controllingdaten

des

Beschwerdemanagements

auf

Behördenebene sind im Jahr 20 1 3 insgesamt . 525 Beschwerden gegen Bedienstete des Polizeipräsidiums Köln eingegangen , im Jahr 201 4 waren es 577 Beschwerden. Der Großteil davon entfiel auf die personalstärkste Direktion

Gefahrenabwehr I Einsatz, in der u. a. Wach- und Wechseldienst der Behörde organisiert ist. Gegen Bedienstete der Direktion Besondere Aufgaben gingen 201 3 nur 2 1 , im Jahr 201 4 insgesamt 44 Beschwerden ein. Diese richteten sich ausnahmslos gegen Kräfte der Bereitschaftspolizei und des Polizeigewahrsamsdienstes. Gegen Kräfte der Spezialeinheiten lagen in diesen Jahren keine Beschwerden vor. Für das Jahr 201 5 werden bislang 1 7 Beschwerden für die Direktion Besondere Aufgaben verzeichnet; davon ist eine gegen Kräfte des SEK gerichtet. Diese ist unbegründet.29 Regelverletzungen

Ausweislich der Sichtung der OlB-Protokolle für die Jahre 201 1 bis 20 1 5 wurden in den Organisationsleiterbesprechungen der Spezialeinheiten vereinzelt die Zahl von Verkehrsordnungswidrigkeiten unter Nutzung von Sonderrechten, Verkehrsunfälle mit Dienstkraftfahrzeugen, . Verstöße gegen

29

die . interne

Näheres unter Nr. 5. 1 .5. 28

Parkordnung oder der Verlust von Ausrüstungsgegenständen, wie z. B. von Ladekabeln , Bettlaken oder eines Zeiss-Fernglases, thematisiert. Ob in Verlust geratene Ausrüstungsgegenstände wieder . aufgefunden werden, ist den Protokollen regelmäßig nicht zu entnehmen. Ein behördenweites Controlling ü ber Verkehrsord nungswidrigkeiten besteht nicht. Im Bereich der Spezialeinheiten ist die Feststellung der Anzahl und die Zuord nung der Anzeigen zu den verschiedenen Einheiten der Spezialeinheiten über Listen, die in der Führungsstelle Spezialeinheiten geführt werden, möglich . Auffälligkeiten werden nach Darlegu ng der Führungsstelle u nd von Vorgesetzen zum An lass fü r Rückkopplungsgespräche genommen. Anzeigen ü ber Verkehrsordn u ngswidrigkeiten werden mit entsprechenden Stellungnahmen des Fahrers und der Vorgesetzten auf dem Dienstweg dem Leiter der Spezialeinheiten mit einem Entscheidu ngsvorschlag vorgelegt. Schreiben an die zuständige Behörde werden von ihm gezeichnet. In Einzelfällen hat es nach · Darlegung der Führungskräfte an einer Grundlage fü r die I nanspruchnahme von Sonderrechten gefehlt, so dass der Verursacher das Bußgeld zu entrichten hatte. Vorgänge ü ber Verkehrsunfälle werden gemäß d em in der Behörde geregelten Verfahren

unter

Beteiligung

und

Beifügung

von

Stellungnahmen

der

Vorgesetzten durch die zuständigen Dienststellen der Direktion Zentrale Aufgaben

bearbeitet.

Sie sind

nach Auskunft von

Vorgesetzten

u nd

Führu ngsstelle unauffällig. Nebentätigkeiten

Seit 201 0 wurden für 1 3 Beamte des SEK sowie den Leiter der Spezialeinheiten Nebentätigkeitsgenehmigungen Tätigkeiten

erstreckt

sich

erteilt. von

Die

der

Bandbreite

der genehmigten

Betreuungsfunktion

fü r

einen

Familienangehörigen ü ber LE�h raufträge bis zur Tätigkeiten als Fitnesstrainer oder fü r Fahrdienst, Personalbetreuung bzw. Logistik.

29

Zah l und Tätigkeitsfelder der erteilten Genehmigungen in den anderen Organ isationsein heiten wurden nicht erhoben. Die Sichtung der Vorgänge zeigt, dass Unklarheiten im H inblick auf die zur Genehmigung vorgelegten Tätigkeiten durch Rückfragen der Führungsstelle der Spezialeinheiten , . von Vorgesetzten oder der Genehmigungsstelle nachgegangen wird . Genehmigungen für Tätigkeiten im Sicherheitsgewerbe sind nicht erteilt. Ein regelmäßiges Controlling zu Zahl und Tätigkeitsfeldern der Genehmigungen auf

Ebene

der

Behörde,

der

Direktionen ,

oder

nachgeordneter

Organisationseinheiten existiert nicht.

5.1 .4.2 Bewertung

Die außerordentlich geringe Anzahl von Straf- und Disziplinarverfahren gegen Angehörige der Spezialeinheiten insgesamt sowie des SEK insbesondere vermittelt ein positives Bild. Unterstrichen wird dies durch das generelle Fehlen von Be.schwerden in den letzten zwei Jahren. Auch das Aufkommen an Verkehrsunfällen sowie das vereinzelte Fehlen von Ausrüstungsgegenständen werden angesichts der besonderen Bedingungen der Aufgabenwahrnehmung nicht als auffällig bewertet. Angesichts dieser besonderen Bedingungen ist es jedoch angezeigt, einen regelmäßigen

Überblick ·

ü ber

Stand

u nd

Entwicklung

von

Verkehrsordnungswidrigkeitsanzeigen in den Spezialeinheiten zu gewährleisten , u m erforderlichenfalls sachgerecht reagieren zu können. Dies erscheint durch die in der Führungsstelle geführten Listen hinreichend gewährleistet. Mit

nahezu

einem

Drittel

der

Beamten

des

SEK,

die

über

eine

Nebentätigkeitsgenehmigung verfügen, ist dieser Anteil nicht unbeachtlich hoch . Einzelne genehmigte Tätigkeiten legen eine erhöhte Aufmerksamkeit nahe.

30

5.1 .4.3 Empfehlungen

Es wird angeregt, die Zahl und Tätigkeitsfelder der für Angehörige der Spezialeinheiten erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen zu erheben, in erforderlichen Fällen zu prüfen und ein jäh rliches Controlling zu gewährleisten.

5.1 .5 G ewaltaffinität und G ewaltanwendung

5.1 .5.1 Feststellungen G ewalt als Teil der Aufgabe

Spezialeinheiten werden zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie zur Abwehr von gegenwärtigen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person eingesetzt, wenn dafür speziell gesch ulte und , ausgestattete Einsatzkräfte erforderlich sind. SEK sind dabei insbesondere zur Durchführung von Zugriffs- u nd Schutzmaßnahmen einzusetzen , wen n Täter oder Störer bewaffnet oder gewalttätig sind . 30 Diese Aufgabe und der konkrete Einsatzauftrag bestimmen Einsatztaktik und · Maßnahmen der SEK. Diese sind darauf ausgerichtet, das Einsatzziel u nter Nutzung des Moments der Überraschung sowie mittels konsequenten Einsatzes techn ischer Hilfsmittel, erforderlicher körperlicher Gewalt oder von Waffen zu erreichen . Widerstand soll von vornherein unterbunden oder ohne eine Gefährdung von Unbeteiligten, Zielpersonen oder Einsatzkräften . ü berwunden werden. In der Öffentlichkeit werden Auftreten und Einsatz der SEK vielfach als martialisch und brachial wahrgenommen. Den Kräften SEK wird in der

. 30

Innenministerium NRW VS-NfD- 2008. 31

öffentlichen ' Wahrnehmung eine gewisse Nähe und Bereitschaft zur Gewalt zugeordnet. 31 Professionalität der Aufgabenwahrnehmung

. Auftreten und Einsatzwahrnehmung des SEK Köln werden von allen in den Interviews befragten Polizeiführern , Vertretern sachbearbeitender Dienststellen , benachbarter Kräfte im E insatz und externen Beobachtern als ausgesprochen professionell und beanstandungsfrei beschrieben . Planung

und

Vorbereitu ng

von

Einsätzen

einschließlich

erforderlicher

Aufklärungsmaßnahmen erfolgen danach . sachgerecht. In der Beratung des Polizeiführers werden regelmäßig alternative Konzepte dargelegt und die Frage des

notwendigen

Gewalteinsatzes sowie damit verbundener möglicher

Gefährdungen oder Schäden erörtert. Der Einsatz von Mitteln der Gewalt ist nach den Ausführungen der Polizeiführer taktisch und rechtlich begründet und wird , wenn er vom Polizeiführer akzeptiert u nd freigegeben ist, den Vorgaben entsprechend umgesetzt. Sofern es im Einzelfall zu einer Planabweichung gekommen ist, war diese einer für den Polizeiführer nachvollziehbaren Lageänderung geschuldet. Tendenzen zu einer Verselbständigung oder Eigenmächtigkeit der SEK werden nicht berichtet. Wiederholt haben Interviewpartner darauf hingewiesen, dass Kräfte des SEK Köln ' unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit Handlungsalternativen zur Vermeidung gewalt- oder risikobehafteter Maßnahmen vorgeschlagen haben , z. B.

wenn bei der Festnahme eines bewaffneten Täters in einem Haus'oder einer

Wohnung Unbeteiligte oder Kinder anwesend sind . Dies korrespondiert mit Aussagen der Führungskräfte h. D. der Spezialeinheiten, wonach in den letzten Jahren in Diskussionen mit Führu ngskräften und Gruppenbeamten des SEK den Themen Verhältnismäßigkeit der Mittel und

31 Behr 201 5. 32

Suche nach den geringsten Eingriffsmöglichkeiten eine besondere Bedeutung beigemessen wurde. Im Rahmen von internen Einsatznachbereitungen wird von Außenstehenden bei dem SEK eine hohe Fehlerkultur wahrgenommen ; Diese ist nach den Aussagen von Angehörigen des SEK vor allem auch dem eigenen . Selbstanspruch im I nteresse

einer

ständigen

Verbesserung

der

Leistungsfähigkeit gleichzeitiger Reduzierung der Eigengefährdung geschuldet. .

unter

Anwendung von G ewalt

Führungskräfte und Gruppenbeamte des SEK stellen in den · Interviews ein konsequentes, aber sehr auf die Anwendung der notwendigen Gewalt begrenztes Handeln der SEK .in Einsatzsituationen dar. Grundlage dafür ist nach ihren Ausführungen die Professionalität ihres Handeins mit eingeübten und standardisierten taktischen Abläufen sowie trainierten, im Grundsatz schonenden Eingriffstechniken. Das Denken u nd Handeln der SEK im Einsatz ist nach Auffassung von Führungskräften h. D. insgesamt durch intensives Training, taktisches Vorgehen unter Beachtung der Eigensicherung, Professionalität und die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geprägt. Der schlagartige und punktuelle Einsatz ohne persönliche Vorkontakte zu Zielpersonen oder zu einem Konflikt fördernden Milieu sowie das Fehlen einer sich aus einer Einsatzeskalation entwickelnden besonderen Emotionalität werden als weitere Faktoren genannt, die überschießende Gewaltanwendung verhindern . Darüber

hinaus

schließen

nach

Schilderungen

des

SEK

auch

ihr

. Selbstverständnis und damit eine gewisse "Arroganz der Professionalität" eine über

das

Einsatzziel

hinausgehende,

nicht

mehr

erforderliche

oder

ü berschießende Gewalt grundsätzlich aus.

33

Fälle einer über das notwendige Maß hinausgehenden Gewalt wurden von Angehörigen de$ SEK - mit Ausnahme eines Falles, der von einem ehemaligen ' Kommandoführer aus der Zeit des Aufbaus des SEK angesprochen wurde - nicht berichtet. . Auch langjährig als Polizeiführer tätige Beamte haben keine Feststellungen oder Wahrnehmungen von u nverhältnismäßiger oder ü berschießender Gewalt des SEK geschildert; sie haben keine Ken ntnis von entsprechenden Vorwürfen nach Einsätzen oder von sonstigen Auffälligkeiten. Gesprächspartner aus den benachbarten Einheiten des SEK, die die Kräfte des SEK in der unmittelbaren Zusammenarbeit

in

Einsatzlagen

erleben,

bestätigen

das

geschilderte

Gesamtbild . Andere Wahrnehmungen haben auch die Beamten nicht gemacht, die bei dem SEK Köln hospitiert haben . Dem langjährigen

Leiter der für die Bearbeitung von Beamtendelikten

zuständigen Kriminalinspektion, d er über persön liche Erfahru ngen in der Bearbeitung von Strafverfahren gegen Beamte des SEK Köln aus den Jahren bis 2004 verfügt, sind entsprechende Strafverfahren seit 2004 n icht erinnerlich . Die

Vorgangsverwaltung weist entsprechende Vorgänge nicht aus. Der Frage nach möglichen Fällen überschießender Gewalt im Einsatz wurde ergänzend durch Sichtung von · Einsatzdokumentationen des SEK Köln nachgegangen. In Einzelfällen wurden danach Einsatzakten beigezogen u nd . ausgewertet. Aus der Auswertung ergab sich lediglich zu einem Einsatz am 09.07.20 1 5 der Hinweis auf eine Beschwerde gegen Beamte des SEK Köln. Näher betrachtet wurde ebenfalls der Schusswaffengebrauch gegen einen Suizidenten am 1 9.02.20 1 5 , bei dem dieser zu Tode kam. Zu beiden Einsätzen wurden

ergänzend Interviews mit dem Polizeiführer und Beamten der Sachbearbeitung geführt.

34

Beschwerde wegen überschießender Gewalt

Am 09.07.20 1 5 drangen Beamte des SEK Köln in einem Ermittlungsverfahren ..

der Kreispolizeibehörde

Düren

wegen

Bandendiebstahls und

illegalem

Waffenbesitz schlagartig unter Einsatz einer Ramme in das Anwesen einer Sinti­ Familie ein, nahmen einen Tatverdächtigen fest, fixierten ihn und übergaben ihn an Kräfte der Sachbearbeitung. I n dem Haus wurden darü ber h inaus die Frau und die Tochter des Tatverdächtigen mit mehreren kleinen Kindern angetroffen. I n der Folgewoche trug die Tochter des Tatverdächtigen in einer Beschwerde an den Westdeutschen Rundfunk (WDR) vor, ihr Vater sei von den Beamten des S E K ins Gesicht geschlagen und gefesselt auf dem Boden liegend getreten worden. Sie selbst sei mit einem Schusswaffe bedroht, ausgelacht, verbal diskriminiert und schließlich mit Kabelbinder gefesselt aus dem Haus gefüh rt worden. Der WDR sah von einer Berichterstattung ab, die Staatsanwaltschaft nahm ein dort eingegangenes gleichlautendes Beschwerdeschreiben zu den Akten. Nach

den

mit

dem

Polizeiführer,

der

Sachbearbeitung

und

dem

O bjektverantwortlichen geführten Interviews sind der Tatverdächtige u nverletzt d urch Kräfte des SEK ü bergeben u nd Gewalthandlungen sowie d iskriminierende . Äußerungen während ihrer Anwesenheit nicht ytahrgenommen worden. Die Tochter ist durch Beamte der Sachbearbeitung ungefesselt nach draußen gefü hrt worden. Beschwerden wegen einer u nsachgemäßen Behand lung haben der Tatverdächtige oder seine Tochter zu diesem Zeitpunkt nicht vorgebracht. Zwei am Einsatz beteiligte Beamte der Bereitschaftspolizei Köln haben u nmittelbar danach Anzeige gegen die Tochter w�gen Beleidigung und Bedrohung erstattet. Sie hat die Beamten als "Scheiß Nazis" beschimpft u nd gedroht, dem Beamten , der ihr eine Waffe vor die Brust gehalten habe, "einen Kopfschuss zu verpassen". Die Beschwerde an den WDR ist erkennbar u nbegründet.

35

Schusswaffengebrauch g egen einen Suizidenten

Der

polizeiliche

Einsatz

am

1 9.02.2015

diente dem Auffinden

einer

professionellen Cannabisplantage in dem ländlichen Anwesen eines legal mit Jagdwaffen ausgestatteten Tatverdächtigen . Eindringen , Festnahme und Sicherung des Tatverdächtigen durch Kräfte des SEK verliefen planmäßig . N�ch Ü bergabe an die Sachbearbeitung konnte sich der Tatverdächtige ü berraschend in den Besitz eines versteckt abgelegen Revolvers setzen und richtete die Waffe gegen seinen Kopf. Als er ankündigte u nd offensichtlich ansetzte, sich selbst zu töten, gab ein Beamter des SEK einen gezielten Schuss auf die Hand ab u nd traf diese. Dennoch hat sich aus der Waffe des Tatverdächtigen noch ein Schuss gelöst, der ihn im Kopfbereich traf u nd zu schwerwiegenden Verletzungen führte, an deren Folgen er später starb. Die eingesetzten Beamten des SEK nahmen bis zum Eintreffen der Notärztin lebenserhaltende Maßnahmen vor. Sie machten gegenüber der eingesetzten Mordkommission Angaben zum Geschehensablauf. Die Staatsanwaltschaft sah keine Veranlassung zur Einleitung eines E rmittlungsverfahrens gegen den Schützen.

5.1 .5.2 Bewertung

Die

Anwendung

von

Gewalt

ist

regelmäßig

notwendiger

Teil

der'

Aufgabenwahrnehmung des SEK. Nach den getroffenen Feststellungen wird die einsatzbezogene Aufgabenwahrnehmung durch das SEK Köln - insbesondere auch aufgrund der ü bereinstimmenden Angaben der nicht den Spezialeinheiten angehörenden I nterviewpartner des Polizeipräsidiums Köln · u nd anderer Polizeibehörden - als sachgerecht und angemessen bewertet. Sie erweist sich demnach

als

professionell, ·.

diszipliniert

und

dem

Grundsatz

der ·

Verhältn ismäßigkeit verpflichtet.

36

Anhaltspunkte für eine unangemessene, übersch ießende oder sachwidrige Anwendu ng von Gewalt haben sich weder in dem Beschwerdesachverhalt noch im Falle des Schusswaffengebrauchs gegen einen Suizidenten ergeben .

5.1 .5.3 Empfehlungen

Es besteht keine Veranlassung, Empfehlungen abzugeben .

5.1 .6 Trennungsprozesse und Konflikthandhabung .

5.1 .6.1 Feststellungen Ausscheiden aus dem SEK Köln

Führungskräfte des SEK Köln berichten ü bereinstimmend, dass nach der Einführungsfortbildung neu ausgebildete Beamte eine Phase der Integration in das jeweilige Kommando durchlaufen. Dabei kann sich herausstellen , dass sich ein

Beamter trotz

der in

der

Einführungsfortbildung

nachgewiesenen

Leistungsfähigkeit in konkreten Einsatzsituationen als n icht stressstabil, den taktischen Anforderungen nicht gewachsen oder im Extremfall durch Angst als nur eingeschränkt handlungsfähig e rweist. Auch soziale und Verhaltensaspekte können demnach eine uneingeschränkte Fähigkeit zur Zusammenarbeit in Frage stellen . Vereinzelt ist in derartigen Fällen nach den Ausführu ngen von Führungskräften die Umsetzung eines Beamten von einem Komr:nando in ein anderes geeignet, in einer anderen Gruppenkonstellation eine I ntegration zu ermöglichen . Dazu wu rden erfolgreiche Beispiele genannt. Andererseits wird die Ausgliederung von Beamten aus dem SEK im Einzelfall dennoch als erforderlich geschildert. Ausweislich der U nterlagen der PersonalsteIle sind in der Zeit vom 01 .09.2000 bis zum 30.06.20 1 5 insgesamt 65 Beamte aus dem S EK ausgeschieden, davon .

28 bereits während der Einführungsfortbild ung. Dies ist der Tatsache geschuldet, 37

von

VJertE.