2.2 Der Ausschnitt macht's - Vom Papprahmen zur digitalen Bildverarbeitung

1 2.2 Der Ausschnitt macht's - Vom Papprahmen zur digitalen Bildverarbeitung Am Rechner hergestellte Bildmontage, auf Pierluigis Foto "Sophia Loren ...
Author: Britta Kaufer
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2.2 Der Ausschnitt macht's - Vom Papprahmen zur digitalen Bildverarbeitung

Am Rechner hergestellte Bildmontage, auf Pierluigis Foto "Sophia Loren bei Dreharbeiten in den Straßen von Trastevere" basierend (Arbeit der Materialienkommission)

Die Verarbeitung von Bildern mit dem Rechner eröffnet scheinbar unbegrenzte und vom Betrachter nicht mehr nachvollziehbare Möglichkeiten der Manipulation. Dies wird besonders deutlich an der digitalen Bearbeitung von Fotografien. Fotografien liefern wie andere Bilder nur Ausschnitte der Wirklichkeit und damit immer bereits eine Interpretation der Wirklichkeit. Diese Einsicht ist grundlegend, um sich mit den technisch erweiterten Möglichkeiten der digitalen Bildverarbeitung auseinander zusetzen.

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2.2.1 Einleitung Dieses Unterrichtsbeispiel ist für den Kunstunterricht der Schuljahrgänge 6 bis 8 in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: 1. Die Einheit kann für sich allein stehen und den Schülerinnen und Schülern einen Einstieg in reflektive und produktive Auseinandersetzungen mit fotografischem Bildmaterial geben. 2. Das Beispiel kann Bestandteil eines aufeinander aufbauenden Unterrichts FILM - FERNSEHEN - VIDEO - COMPUTER sein. Die Erarbeitung der Themen - der Bildausschnitt in der Fotografie und - die Einstellungsgröße in der Fotografie sind Grundlagen für die Behandlung von Ausschnitt, Einstellungsgröße und Montage bei Film-, Fernseh-, Video- und Computerbildern. Das Unterrichtsbeispiel lässt sich verschiedenen Themenkreisen der bestehenden Rahmenrichtlinien zuordnen, so etwa "Etwas sehen und abbilden", "Das Bild als Fotografie" und "Film, Video, Neue Technologien" (vgl. RAHMENRICHTLINIEN FÜR DAS GYMNASIUM, KLASSE 7-10, KUNST). Weitere Themenkreise sind "Grafik", "Zeichnen" und "Fotografie" (vgl. RAHMENRICHTLINIEN FÜR DIE REALSCHULE, KUNST, S. 12 ff.). Die Themenkreise und das Unterrichtsbeispiel machen deutlich, dass traditionelle Unterrichtsinhalte nicht an Bedeutung verlieren, sondern aufgrund einer Veränderung der Bildwelt wichtiger werden. Als Grundlage einer Auseinandersetzung mit den Bildern der Neuen Medien sind sie unverzichtbar. 2.2.2 Schulform, Schuljahrgang, Zeitbedarf, Unterrichtsorganisation Das Unterrichtsbeispiel kann in allen Schulformen ab dem 6. Schuljahrgang durchgeführt werden. Es werden mindestens 3 Doppelstunden benötigt. 2.2.3 Voraussetzungen Weder auf Lehrer- noch auf Schülerseite sind Fertigkeiten im Umgang mit Geräten der Neuen Techniken erforderlich. Exemplarisches Bildmaterial zum Thema "Bildausschnitt" sollte als Dias vorhanden sein. Für den abschließenden Teil des Unterrichtsbeispiels sollte eine Computersimulation auf Diskette oder Video zur Verfügung stehen. Die Schülerinnen und Schüler benötigen herkömmliches Zeichenmaterial, Klebstoff, Schere und eine Kopie des Arbeitsbogens M 2.

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2.2.4 Lernziele Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass - Fotos - wie alle Bilder - nur Ausschnitte aus einem größeren Zusammenhang zeigen, - in Ausschnitten nur einzelne Momente von Wirklichkeit gezeigt werden können und damit andere Momente verdrängt werden, - durch Hinzufügen eines situativen Kontextes der Grad der Eindeutigkeit gesteigert werden kann, - beim Herstellen von Bildern die Ausschnittwahl entschieden werden muss, - Ausschnitte Rückschlüsse auf den (räumlichen) Standort und den (geistigen) Standpunkt zulassen, - Computersimulationen nur scheinbar nicht dem Prinzip der Ausschnitthaftigkeit unterliegen. 2.2.5 Sachinformationen Bilderkonsum von Jugendlichen Neue Technologien werden auf dem Mediensektor zu noch nicht übersehbaren Änderungen von Qualität und Quantität des Bildangebotes führen (FEUERSTEIN S. 110). Gleichzeitig wird, durch das Fernsehen seit Jahren vorangetrieben, "das Aufnehmen von Bildinformationen zur zentralen Wahrnehmungsaktivität vieler Menschen" (ISSING S. 16) werden. Schon heute hat ein Jugendlicher beim Eintritt ins Erwachsenenalter, d. h. mit 18 Jahren, ca. 6 000 Stunden seines Lebens vor dem Fernseher verbracht (vgl. AKTUELL KONTROVERS S. 61 und 64). In der gleichen Zeit dürfte er mindestens 100 000 Fotos bzw. fotoähnliche Bilder gesehen haben. Eine solche Menge von unbewegten und bewegten Bildern kann nicht ohne Einfluss auf die Wahrnehmung von Wirklichkeit bleiben. Vortäuschung objektiver Wirklichkeit Heinrich Böll schrieb 1964 im Vorwort zur ersten Weltausstellung der Fotografie: "Die große Täuschung der Photographie liegt in der Vortäuschung objektiver Wirklichkeit." Diese Aussage fußt auf der z. T. noch heute verbreiteten Ansicht von dem, was Fotografie und in der Nachfolge Film-, Fernseh- und Computerbild zu leisten vermögen. Die hohe Anzahl von Livesendungen im Fernsehen unterstreicht, dass beim Zuschauer ein Gefühl des "Dabeiseins" vorhanden ist. Er wird zum "Augenzeugen", der auf den Schauplätzen der Welt an allen "wichtigen" Ereignissen scheinbar teilnehmen kann. Auch aufgeklärte Zuschauer erkennen das Fernsehen als eine wichtige Informationsquelle an, und es ist in dieser Funktion auch nicht mehr wegzudenken. "Information", "die informierte Gesellschaft" sind dann auch die Schlagworte, mit denen die Neuen Techniken vorangetrieben werden. Insbesondere Jugendlichen ist aber häufig nicht gegenwärtig, dass alle diese Bilder prinzipiell nur Ausschnitte zeigen. Außer der scheinbar objektiven Wiedergabe von Wirklichkeit bewirken Bilder der technischen Medien auch eine Emotionalisierung des Betrachters. "Der amerikanische Psychologe Johnson forderte seine Studenten auf, Gesichtern auf Fotos die Augen auszustechen. Die Versuchspersonen folgten widerstrebend, doch sie weigerten sich ausnahmslos, wenn sie an das Bild

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ihrer eigenen Mutter kamen" (KLANT S. 19). Im Jahre 1896 rutschten die Besucher von Kinovorstellungen der Gebrüder Lumiere vor Schreck von ihren Sitzen, als sie in dem Filmstreifen "Die Ankunft eines Zuges auf dem Bahnhof glaubten, ein wirklicher Zug würde auf sie zufahren.

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Im Jahre 1984 steigen erwachsene, vollausgebildete amerikanische Militärpiloten schweißgebadet nach überstandenen schweren Luftkämpfen aus ihrem Trainingssimulator. Ihre "Wahrnehmungs-, Verarbeitungs- und Handlungskapazität" war während des laufenden Vorgangs derart "in den maschinellen Prozess integriert, dass das Bewusstsein kaum eine Chance zur Distanz" hatte (FEUERSTEIN S. 110). Durch die Bildproduktion der Neuen Medien werden Vortäuschung objektiver Wirklichkeit und Emotionalisierung des Betrachters verstärkt und bestimmen dessen Einstellung und Verhalten den Medien gegenüber noch nachhaltiger. Diese Eigenarten werden in besonderer Weise durch den Hersteller der Bilder gesteuert, der bestimmte Ausschnitte zur Verfolgung seiner Ziele und Interessen einsetzt. Im engeren Sinn meint der Begriff Bildausschnitt die Funktion des Bildrahmens. Aus einer Fülle möglicher Einstellungsgrößen und Einstellungsinhalten wählt der Bildproduzent einen oder mehrere aus. Die Wahl des Ausschnitts bedeutet eine Entscheidung für eine bestimmte Aussage. Sie offenbart in allen Fällen einen bestimmten Blick auf die Welt und damit eine bestimmte Art von Weltdeutung. Durch die Bildproduktion mit Hilfe Neuer Techniken werden die Möglichkeiten der Arbeit mit Bildausschnitten außerordentlich erleichtert und erweitert. Beliebige Details können am Bildschirm schnell ausgeschnitten, verändert, miteinander kombiniert und zu neuen Bildern zusammengesetzt werden, an denen der Vorgang des Ausschneidens, Veränderns oder Kombinierens durch den Betrachter nicht mehr nachvollzogen werden kann. Während bei diesen Möglichkeiten die Ausschnittbildung noch zweidimensional ist, ermöglicht die Computersimulation* Ausschnitte zu bilden, die sich auch auf Raum und Zeit beziehen. Bei vordergründiger Betrachtung scheinen Computersimulationen dem Prinzip der Ausschnitthaftigkeit nicht zu unterliegen, da der Betrachter in der Lage ist, beliebige Ausschnitte im Ausgabemedium selbst hervorzurufen. Sie ist jedoch durch das der Simulation zugrundeliegende Programm auch hier vorgegeben. Entsprechend der Intention des Unterrichtsbeispiels zeigen die fünf Abbildungen der folgenden Seite Ausschnitte im einfachen Sinn. Am Ausgangsfoto Pierluigis "Sophia Loren bei Dreharbeiten in den Straßen von Trastevere" (vgl. M 1) können Folgen der Ausschnittbildung exemplarisch verdeutlicht werden.

* Dazu gehören Auto- und Flugsimulatoren, aber auch viele Computerspiele. Diese sind den

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Schülerinnen und Schülern häufig

bekannt.

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Es zeigt sich, wie durch Verändern des Ausschnitts der Sinngehalt einer Abbildung völlig verändert wird. Das Ausgangsbild (vgl. M 1) enthält in komprimierter Form bereits wichtige Hinweise zum Problem der medial vermittelten Wirklichkeit. Wir sehen den Fotografen (links), den Star (rechts) und das Publikum in Gestalt des älteren Mannes. Der Betrachter des Bildes hat den Anblick des Fotografen, der die Szene aufnimmt. So gesehen kann dieses Foto als Metapher für die fotografische Darstellung von Wirklichkeit stehen, indem es uns verschiedene Ebenen von Wirklichkeit und deren unterschiedlicher fotografischer Vermittlung zeigt. Die inhaltliche Aussage der fünf Abbildungen ist unterschiedlich: 'Was Inhalt wird, entscheidet sich durch den Ausschnitt ... Mit der Veränderung der Einstellungsgröße bzw. Vergrößerung oder Verringerung des Kameraabstandes vom Aufnahmegegenstand ändern sich die Ausschnittwirkungen in dem Sinne, dass jeweils mehr oder weniger bestimmte Effekte aus dem breiten Spektrum der Ausschnittseffekte bestimmendes Gewicht erhalten." (DADEK S. 54) Diese Feststellung Dadeks beruht auf der Einsicht, dass der Zuschauerblick auf dem Foto dem Blick der Kamera auf die real existierenden Objekte entspricht. Der Wahl des Ausschnitts kommt also zuerst eine hinweisende Funktion zu. Hier liegt ein genereller Unterschied zur Sehweise des menschlichen Auges.

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Vom Papprahmen zur digitalen Bildverarbeitung Dieses sieht zwar auch immer nur Teile der Umwelt, jedoch ohne scharfe Randabgrenzung. Hinzu kommt, dass sich das Auge permanent bewegt und praktisch in Bruchteilen von Sekunden einen Gesichtskreis von mehr als 180° bestreichen kann. "Das natürliche optische Weltbild ist so unlimitiert." (DADEK S. 54) Die bewusste Auswahl von (Bild-)Ausschnitten dagegen, die allein durch den Hersteller erfolgt, eröffnet diesen vielfältige Möglichkeiten der Beeinflussung bis hin zur Manipulation. Der Ausschnitt wird bestimmt von der Darstellungsabsicht, aber auch von den zur Verfügung stehenden Materialien und Techniken. "J. Mander verweist bei den Gefahren des Fernsehens vor allem darauf, dass das Fernsehen nicht die volle Wirklichkeit der Umwelt einschließlich der Mitmenschen erschließe, sondern nur einen sehr ausgewählten Ausschnitt aus dieser Umwelt, dabei aber auch noch diesen Ausschnitt so verfälsche, dass ein Wahrnehmen der wirklichen Welt, vollends ein Erkennen und Verstehen derselben unmöglich sei." (KEILHACKER S. 132) Fotos, die nur einen Ausschnitt von vielen möglichen zeigen, sind für viele Deutungen offen, und eine vordergründige Ähnlichkeit mit den abgebildeten Objekten sagt wenig über diese selbst aus. "Die Lage wird dadurch kompliziert, dass weniger denn je eine einfache "Wiedergabe der Realität' etwas über die Realität aussagt. Eine Fotografie der Kruppwerke oder der AEG ergibt beinahe nichts über diese Institute." (BRECHT S. 171) Aussagen von Bildern werden zuerst von Interessen, Anschauungen und Vorstellungen ihres Herstellers bestimmt. Bilder können in ihrer Ausschnitthaftigkeit dazu dienen, sowohl den räumlichen als auch den ideellen Standort des Herstellers festzumachen. Aber auch der Betrachter selbst tritt Bildern mit bestimmten Interessen entgegen. Für ihn kann ein Bild eine andere Bedeutung erlangen, als vom Hersteller ursprünglich intendiert. 2.2.6 Unterrichtsverlauf 2.2.6.1 Struktur des Unterrichtsbeispiels Die Phasen 1 bis 5 bauen aufeinander auf. Die Skizzen ergänzender Unterrichtsvorschläge dienen der Vertiefung und Anwendung. Phase 1:

Klärung des Begriffes "Bildausschnitt" am Beispiel eines Fotos.

Phase 2:

Ein vorgegebenes Bilddetail wird in einen größeren Bildzusammenhang gebracht (praktische Schülerarbeit).

Phase 3:

Vergleich zwischen Schülerarbeiten der 2. Phase und dem Originalbild, aus dem das Detail stammt.

Phase 4:

Übertragung der bisher gewonnenen Erkenntnisse auf ein Bildbeispiel aus den Massenmedien.

Phase 5:

Diskussion und Erweiterung des Ausschnittbegriffs anhand einer Computersimulation.

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2.2.6.2 Beschreibung der Unterrichtsphasen Phase 1 Den Schülerinnen und Schülern wird ein Ausschnitt aus einem Foto (M 1 oben) gezeigt. Sie beschreiben kurz, was auf dem Foto zu sehen ist (ein älterer Mann, faltiges Gesicht, lächelnd, Nickelbrille, Baskenmütze, alter Anzug, weißes Hemd, Schlips). Anschließend wird die Frage gestellt: Worüber freut sich dieser Mann? Die Schülerinnen und Schüler denken sich einige mögliche Begründungen aus und tragen diese vor. Im Gespräch sollen die Schülerinnen und Schüler darauf kommen, dass es etwas außerhalb des vorliegenden Bildes geben müsse, über das der Mann sich freut. An dieser Stelle wird der Begriff "Bildausschnitt" erarbeitet. Bildausschnitt: Jede Fotografie zeigt nur einen Ausschnitt aus einem größeren Zusammenhang. Phase 2 Aufgabenstellung: Versucht, den Mann zeichnerisch zu ergänzen und in einer Umgebung darzustellen, die dem Betrachter Eures Bildes deutlich macht, worüber der Mann sich freut! Materialien: Arbeitsbogen M 2 (Bildausschnitt in drei verschiedenen Maßstäben) Zeichenblatt DIN A3, Bleistifte, Buntstifte, Kreiden, Schere, Klebstoff Mögliche Vorgehensweisen: - Auswahl der richtigen Ausschnittgröße aus dem Arbeitsbogen - Übertragung des Bildausschnittes durch Ab-/Durchzeichnen oder - Übertragung durch Ausschneiden und Aufkleben Phase 3 Die Schülerinnen und Schüler erzählen kurze Geschichten zu ihren Bildern, dabei werden ihnen die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten des vorgelegten Bildausschnittes deutlich. Sie erkennen außerdem, dass auf dem vorgelegten Fotoausschnitt etwas fehlen muss, was die Eindeutigkeit erhöhen könnte. Der Bildzusammenhang, in den sie den Mann eingeordnet haben, legt Zeugnis davon ab, wie sie den Mann und sein Befinden eingeschätzt haben. Im Anschluss an diese Diskussion wird das Originalfoto (M 1 unten) präsentiert. Unter folgenden Fragestellungen kann das Foto untersucht werden: Frage 1: Frage 2: Frage 3: Frage 4:

Welche Absichten kann der Fotograf mit der Wahl seines Bildausschnittes verfolgt haben? Welche unterschiedlichen Absichten können der abgebildete Fotograf und der Fotograf des Bildes gehabt haben? Wie verändert sich der Inhalt des Bades durch die Wahl des Bildausschnittes (Vorlage zur praktischen Arbeit)? Sind die von den Schülerinnen und Schülern gezeichneten Bildvorstellungen jetzt falsch?

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Phase 4 Anhand der beiden Fotos (M 3), die dasselbe Gebäude zeigen, soll den Schülerinnen und Schülern demonstriert werden, wie man durch die unterschiedliche Wahl des Bildausschnitts und des Standortes beim Fotografieren bewusst einen Ausschnitt von Wirklichkeit entsprechend seinen eigenen Zielvorstellungen unterschiedlich darstellen kann. Mögliche Vorgehensweise: Beschreibung und Bewertung des unteren Bildes von M 3 mit der Fragestellung: Würdet Ihr hier Urlaub machen wollen? Anschließend Vorführung des oberen Bildes von M 3. Im anschließenden Vergleich der beiden Bilder werden die Schülerinnen und Schüler darauf hingewiesen, dass auf beiden Fotos dasselbe Hotel gezeigt wird. Das Erstaunen darüber soll zu der Frage führen: Wie wurden die Fotos aufgenommen? Die Antwort darauf sollen die Schülerinnen und Schüler selber finden. Als Hilfe kann man ihnen entweder eine vorbereitete Skizze geben oder anhand einer Tafelzeichnung die Vorgehensweise erläutern.

So kam der "Schwindel" zustande: Man hält die Kamera so tief, dass der obere Rand des abschüssigen Strandes die Gleise verdeckt.

Fragen, die geklärt werden sollten: Wie ist der Fotograf jeweils vorgegangen? Wo hat er gestanden? Welche Geländeformen können die erste Aufnahme begünstigt haben? -38-

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Phase 5 Nachdem die Schülerinnen und Schüler bisher erkannt haben, wie mit Ausschnitt und Perspektive Bilder in ihrer Aussage beeinflusst werden können und welche Folgen für den Betrachter daraus entstehen, sollen sie nun mit Hilfe von M 3 Antworten auf die Frage finden: Wie muss Bildmaterial über das Hotel Guillem beschaffen sein, damit sich der Urlauber ein möglichst genaues Bild über sein zukünftiges Urlaubsdomizil machen kann? Zur Lösung dieser Frage müssen die Schülerinnen und Schüler alles nennen, was auf der Abbildung vorhanden sein muss: - z. B. Meer, Strand, Palmen, Eisenbahn, Straße, Hotel (u. U. von vorn und hinten), Sportplätze - ggf. andere störende oder begünstigende Faktoren. Außerdem müssen sie nach einer möglichen Darstellungsform suchen, die alle diese Darstellungsinhalte zeigen kann: - z. B. mehrere Fotos, Film, Video, dreidimensionales Modell, Diashow, Computersimulation. Die vorgeschlagenen Darstellungsformen werden auf Vor- und Nachteile untersucht. Bildbeispiele sollten vorhanden sein oder von den Schülerinnen und Schülern gesucht oder gesammelt werden (z. B. eigene Fotos einer Hotelanlage, Prospekte, Ausschnitte aus einer Fernsehsendung über Reisen, Videoband eines Reiseveranstalters, Sandkastenmodell einer Landschaft aus der Geographie). Im Gespräch sowie durch die direkte Anschauung der Beispiele können die Schüle- rinnen und Schüler lernen, dass die Ausschnitthaftigkeit auch in den Medien Film/Video anzutreffen und am geringsten beim dreidimensionalen Modell ist. Veränderte Sehweisen bei einem dreidimensionalen Modell Der Betrachter kann um das Modell herumgehen und so - aus verschiedenen Perspektiven blicken, - hinter die Objekte schauen. - sich eigene Ausschnitte suchen. An dieser Stelle sollte auf einem Rechner oder zumindest in Form eines Videobandes eine Landschafts- oder Architektursimulation vorgeführt werden*. Die Schülerinnen und Schüler können an ihr eine Möglichkeit erkennen, wie Betrachter durch interaktives Eingreifen (Bedienung durch Tastatur, Joystick oder Maus) Ausschnitte auf einem Bildschirm selbst hervorrufen können. Dadurch kann ein genaueres und vielfältigeres Bild als durch ein statisches Foto gegeben werden. In einem abschließenden Gespräch über das neue Darstellungsverfahren "Computersimulation" soll den Schülerinnen und Schülern deutlich werden, dass auch hier, trotz der Menge unterschiedlicher Ansichten, nur ein Ausschnitt aus einem größeren Zusammenhang zu sehen ist. Was rechts oder links vom Hotel liegt, kann in der Simulation nur dann sichtbar werden, wenn es vom Programm auch ausdrücklich vorgesehen ist. * Ein kurzes Beispiel einer Architektursimulation befindet sich auf dem Videoband "Entwicklung der Computergrafik", FWU Nr. 42 00 499, hrsg. vom Institut für Film und Bild, Grünwald 1986. Hierbei handelt es sich um eine Drahtgittersimulation der

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Innenstadt von Chicago.

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2.2.7 Skizzen ergänzender Unterrichtsvorschläge Unsere Schule Darstellung des Schulgebäudes unter bestimmten Zielaspekten (z. B. Schule im Grünen, Betonburg). Zielaspekte ergeben sich aus der Situation und den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler selbst oder können in Form einer rollenspielartigen Situation erarbeitet werden. Fotografische oder zeichnerische Darstellung des Schulgebäudes und seiner Umgebung unter Einsatz bestimmter Bildausschnitte und bestimmter Perspektiven. Unter Umständen kann vorhandenes Material vorher untersucht werden, (vgl. VOLLMERS S. 123 ff.) Mein Heimatort Analyse von Touristikprospekten oder Ansichtskarten des Heimatortes. Entwicklung von Alternativen unter Berücksichtigung spezifischer Bedürfnisse oder besonderer Zielgruppen. Auseinandersetzung mit bildhaften Darstellungen der eigenen städtebaulichen Umgebung unter besonderer Berücksichtigung des Einsatzes fotografischer Bildausschnitte in Reiseprospekten etc. Artikulierung eigener Ansichten über den Heimatort und fotografische oder zeichnerische Darstellung aus der Sicht von Schülerinnen und Schülern der Schuljahrgänge 7/8. (vgl. KAMPF-JANSEN S. 16 u. S. 74-77) Beide ergänzenden Unterrichtsvorschläge können auch mit traditionellen Mitteln durchgeführt werden.

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Bildausschnitt aus PIERLUIGI: "Sophia Loren bei Dreharbeiten in den Straßen von Trastevere"

PIERLUIGI: "Sophia Loren bei Dreharbeiten Straßen von Trastevere"

aus: Weltausstellung der Photographie, Hamburg 1973

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Material 2

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Material 3

Sandstrand 30 Meter vor der Tür schwärmt "gut" vom Hotel Guillem in Malgrat an der Costa Dorada. Angesichts dieses Bildes denkt man unwillkürlich an Frieden, Stille und Meeresrauschen, aus: Stern 23/1972

So jedoch sieht die Wirklichkeit aus: Dicht am Haus vorbei läuft eine auch nachts befahrene Eisenbahnlinie, aus: Stern 23/1972

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