Sozialpsychologie II: Interindividuelle Prozesse Wintersemester 2015/2016 Prof. Dr. Roland Deutsch
Gliederung 12.10.15 19.10.15 26.10.15 02.11.15 09.11.15 16.11.15 23.11.15 30.11.15 07.12.15 14.12.15 04.01.16 11.01.16 18.01.16 25.01.16 01.02.16 08.02.16
Generelle Einführung Aggression I Aggression II Hilfeverhalten Enge Beziehungen Konformität und Minderheiteneinfluss Normen und Verhalten Interaktion in Gruppen Gruppen und soziale Identität Interaktion zwischen Gruppen JAHRESWECHSEL Verbesserung von Intergruppen-Beziehungen Umgang mit Ungerechtigkeit und Diskriminierung Angewandte Sozialpsychologie Puffertermin Rekapitulation und Konsultation zur Prüfung ab 06.02. vorlesungsfreie Zeit
Kernprüfungszeit: Mo, 08.02.2016 bis Sa, 05.03.2016 Sozialpsychologie 2 /// WiSe 15-16 /// Aggression 2
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Was können Sie heute lernen?
• Kann man Wut abreagieren und sinkt dadurch die Aggressionsbereitschaft? • Welche Rolle spielen Frustration und negativer Affekt für Aggression? • Welche Denkverzerrungen führen zu aggressivem Verhalten? • Machen gewalttätige Filme und Spiele gewalttätig?
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Die heutige Vorlesung
Psychologische Prozesse: • • • •
Frustration und negativer Affekt Kognition und Aggression Lernen und Aggression Katharsis
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Frustrations-Aggressions-Hypothese
Dollard, Doob, Miller, Mowrer & Sears (1939): • Frustration = Zielblockierung • Frustration verursacht Aggression • Aggression ist durch Frustration verursacht • Bestrafungsangst hemmt aggressives Verhalten • Verschobene Aggression: Aggression richtete sich gegen anderes Ziel als die Frustrationsquelle
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Nach Berkowitz (1989)
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Frustrations-Aggressions-Hypothese Studie Geen (1968): • Vpn sollen Puzzle in Anwesenheit anderer Person lösen und können danach Mitspieler bestrafen • UV: Lösbarkeit des Puzzles (lösbar, unlösbar, Mitspieler stört, Mitspieler beleidigt)
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Aus Berkowitz (1998)
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Frustrations-Aggressions-Hypothese
•
•
Beobachtung: Frustration verstärkt Aggression auch dann, wenn sie aus der Aufgabe folgt. Unschuldige Person wird mehr bestraft. Interpretation: Frustration erzeugt „irrationale“, feindselige Aggressionstedenz
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Aus Berkowitz (1998)
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Kognitiv-Neoassoziationistisches Modell
Erweiterung der Frustrations-Aggressionstheorie durch Berkowitz (z.B. 1993, 1998): 1. Verallgemeinerung der Auslöser: Negativer Affekt (durch Frustration, Schmerz, Lärm, Hitze, Gestank) löst Aggressionsbereitschaft aus 2. Abgeschwächte Kausalität: Negativer Affekt à Aggressionsbereitschaft, nicht Aggression 3. Gene, Lernen und situationale Hinweisreize: Sie bestimmen, ob Kampf oder Flucht auftritt
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Berkowitz (1998) Krahe (2007)
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Der Waffeneffekt Berkowitz & LePage (1967): • Vpn sollen Problem lösen und erhalten Feedback von „Partner“ in Form von Stromschlägen • Danach „Revanche“ • UV1: Schockintensität des Feedbacks des Partners • UV2: Objekt nahe Generator (Waffe des Partners vs. andere Waffe vs. kein Objekt vs. Badmintonschläger) • AV: erteilte Anzahl an Schocks
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Der Waffeneffekt
• •
Beobachtung: Bei provozierten Vpn steigt Aggression, wenn mit Aggression assoziierte Objekte anwesend sind Interpretation: Duch negativen Affekt ausgelöste Aggressionneigung führt nicht zwangsläufig, sondern meist in Kombination mit anderen Auslösern zu Aggression
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Die heutige Vorlesung
• • • •
Frustration und negativer Affekt Kognition und Aggression Lernen und Aggression Katharsis
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Soziales Lernen
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Soziales Lernen Erkenntnisse aus „Bobo-Doll“ Studien (z.B. Bandura et al. 1963):
Imitation wahrscheinlicher, wenn Modell: à à à à
Intelligent sozial positiv bewertet hoher sozialer Status dem Beobachter ähnlich
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Vermittelnde Prozesse:
à à à à
S-R-K Wissen Enthemmung Emotionale Erregung Aufmerksamkeit auf Werkzeuge
Tedeschi & Felson (1994)
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Mediengewalt • 58% aller TV-Sendungen in den USA enthalten Gewaltdarstellungen • Bis zum Alter von 12 Jahren haben Kinder in den USA 100.000 Gewalttaten im Fernsehen gesehen à Welchen Effekt hat das?
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Bartholow & Anderson, 2002
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Mediengewalt
Danach spielen Kinder miteinander und werden beobachtet
Aggression im Spiel in Abhängigkeit vom Geschlecht und gesehenem Film 6,0
Dauer aggressiver Reaktionen
Studie Liebert & Baron (1972): Kinder sehen entweder A) Szene aus gewalttätigem Film B) Aufregende, aber nicht gewalttätige Sportszene
5,2 5,0 4,0 3,1 3,0 2,0
2,0
Mädchen Jungen
1,6
1,0 0,0 Sport
Gewalt Film
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Mediengewalt
Übersicht Bushman & Anderson (2001) • Aggressionsfördernde Wirkung in einer Vielzahl von Studien nachgewiesen. • Metaanalysen zeigen experimentelle Effektstärken um r = 0.25 • Medienberichte stehen in schwachem Zusammenhang mit wissenschaftlicher Evidenz
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Bushman & Anderson, 2001
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Mediengewalt
• Unmittelbare Imitation Gewaltdarstellung in Medien
• Stellvertretendes Lernen sensu Bandura • „Cultural Spillover“
aggressiveres Verhalten
• Priming • Desinsibilisierung • Unrealistische Angst Sozialpsychologie 2 /// WiSe 15-16 /// Aggression 2
Tedeschi & Felson (1994)
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Gewalttätige Computerspiele • 84% amerikanischer Teenager spielen regelmäßig • Verhalten wird geübt • Spiele teils sehr fiktiv, teils sehr realistisch à Wie wirkt sich das auf Aggression aus?
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Bartholow & Anderson, 2002
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Gewalttätige Computerspiele Metaanalyse Anderson et al. (2010) • Metaanalyse über 136 Publikationen mit 381 unabhängigen Datenpunkte und 130.296 Versuchspersonen • Kinder vs. Erwachsene • Männer vs. Frauen • Experimente vs. Längsschnitt vs. Querschnitt • Fokus auf methodisch besonders gute Studien • Analysierte AVn: - Körperliche Aggression - Aggressive Gedanken - Aggressiver Affekt - Körperliche Erregung - Prosoziales Verhalten - Empathie / Abstumpfung Sozialpsychologie 2 /// WiSe 15-16 /// Aggression 2
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Effect size and 95% CI Design
N
K
Point estimate
LL
(two-tailed) UL
raw (2010) Metaanalyse Anderson etBestal.
Experimental 2,513 Longitudinal 4,526 Cross-sectional 14,642 Total within Körperliche Total between Aggression: Overall 21,681
Experimental Longitudinal Cross-sectional Total within Total between Overall
Experimental Longitudinal Cross-sectional Total within Total between Overall
z
p
27 12 40
.210 .203 .262
0.172 0.175 0.247
0.248 0.231 0.277
10.512 13.787 32.291
.000 .000 .000
79
.244
0.231
0.256
36.422
.000
10.512 4.974 18.732
.000 .000 .000
1 4 20 26 1 28
2,513 4,429 11,809
27 12 36
.210 .075 .171
Best partials 0.172 0.248 0.045 0.104 0.154 0.189
18,751
75
.154
0.140
0.168
21.118
.000
10.538 14.812 46.412
.000 .000 .000
7 4 77 89
49.838
.000
89
3,464 5,513 59,336
45 14 81
.181 .198 .189
Full sample 0.148 0.213 0.172 0.223 0.181 0.196
68,313
140
.189
0.182
0.196
1
4 7 4 11
Note. Effect sizes measured as r. CI # confidence interval; LL # lower limit; UL # upper limit. Sozialpsychologie 2 /// WiSe 15-16 /// Aggression 2
erator, and this clouded interpretation. Three of the four VGVspecific studies were from the West, but only two of the eight
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.001 and .005, respectively). Neither th ments nor the physical versus mixe
Metaanalyse Anderson et al. (2010) Körperliche Aggression: • Keine Unterschiede in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter oder kulturellem Hintergrund • Effektstärke ist vergleichbar mit dem Einfluss von Kondomgebrauch auf HIV-Übertragung (Anderson & Bushman, 2001) Effektstärken der anderen AVn: • Aggressive Gedanken: r = .175*** • Aggressiver Affekt: r = .124*** • Körperliche Erregung: r = .184*** • Prosoziales Verhalten: r = -.110*** • Empathie: r = -.194*** ***: p < .001 Sozialpsychologie 2 /// WiSe 15-16 /// Aggression 2
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Gewalttätige Computerspiele Zusammenfassung
• Gut belegte Effekte in Metaanalysen • Aber: Möglicherweise stärkerer Effekt... - bei Männern (Bartholow & Anderson, 2002) - gegen unbelebte Objekte (Anderson & Bushman, 2001) - auf Kognition (Anderson & Bushman, 2001) • Experimentell induzierte Effekte vermutlich sehr kurzlebig (